Israelitische Kultusgemeinde Konstanz:

Besucherandrang beim „Europäischen Tag der jüdischen Kultur 2008“

 

Der „Europäische Tag der jüdischen Kultur 2008“ in Konstanz wurde am 7. September bereits zum vierten Mal von der Israelitischen Kultusgemeinde Konstanz und der Stadt Konstanz gemeinsam veranstaltet. Erstmals konnte die nur zwei Wochen zuvor eingeweihte Mikwe zur Besichtigung geöffnet werden, die die Familie Nissenbaum errichtete und die sie allen Juden in Konstanz zur Verfügung stellt.

 

Fast pausenlos führten Benjamin Nissenbaum, der Erste Vorsitzende der Kultusgemeinde, und sein Bruder Gideon, beide bestens in religionsgesetzlichen Fragen bewandert, die Besucher nach der Veranstaltungseröffnung um 11 Uhr durch das neue Ritualbad, dessen Schönheit rundum Begeisterung auslöste. Als zahlreiche Interessierte noch am späten Nachmittag zur Mikwe drängten, um über die religiösen Vorschriften und die baulichen Voraussetzungen informiert zu werden, übernahm Benjamin Nissenbaums Sohn Julien souverän zusätzliche Führungen durch das Bad. Insgesamt besichtigten in 20 Gruppen mit jeweils 10 Teilnehmern 200 Personen die Mikwe, die nach dem jüdischen Namen des Gemeindegründers  Sigmund Nissenbaum sel.A. „Shimon Ben Jehuda Laib“, benannt wurde. Eine Ausstellung mit Material des Landesamts für Denkmalpflege Baden-Württemberg zu den Funden der mittelalterlichen Mikwe am Fischmarkt, dokumentiert von Dr. Jochem Pfrommer, und zur Baugeschichte des  neuen Ritualbades in der Sigismundstraße führte die Besucher in die Vergangenheit und die Gegenwart jüdischen Lebens in Konstanz.

 

Obwohl Programmpunkte wie die Vorträge in der Synagoge, Erläuterungen in der Dr.-Erich-Bloch-und-Lebenheim-Bibliothek und eine Friedhofsführung auch in den Vorjahren angeboten wurden und obwohl es in Konstanz noch eine externe Veranstaltung mit jüdischen Themen gab, war das Interesse und der Andrang in der Israelitischen Kultusgemeinde ungebrochen und übertraf sogar noch die Besucherzahlen vom vergangenen Jahr. Von 11.00 Uhr am Vormittag bis weit nach 17.00 Uhr fanden die Gäste, darunter auch aus Stuttgart, St. Gallen und Basel, den Weg in die Sigismundstrasse.

 

Hier startete der Historiker und Stadtführer Daniel Gross auch mit über 90 Teilnehmern eine zweistündige Führung zum Thema „Juden im Konstanz des Mittelalters“.

 

Peter Stiefel, der Zweite Vorsitzende, konnte unterdessen in der Synagoge, wo er zweimal vor jeweils über 70 Personen Einführungen in die jüdische Tradition und Religion gab, und bei der Führung über den jüdischen Friedhof wieder zahlreiche Fragen der Gäste beantworten. Peter Stiefels ungezwungene und humorvolle Art vermittelte den über 150 Besuchern einen lebendigen Einblick in  jüdisches Leben und weckte auch das Interesse an der Judaica-Bibliothek, die die Israelitische Kultusgemeinde seit über 25 Jahren als Leihbücherei für die Gemeindemitglieder, aber auch für die Bevölkerung offen hält. Hier stellte Bibliotheksleiter Thomas Uhrmann viermal den Bestand vor und gab damit insgesamt etwa 120 Bücherfreunden Erläuterungen zum Talmud, der Basis der rabbinischen Literatur. Bereits nach seiner Eröffnungsrede am Vormittag und nach der Führung in der Mikwe mit Benjamin und Gideon Nissenbaum, hatte sich auch der Konstanzer Bürgermeister Kurt Werner ausführlich und mit großem Interesse in der Bibliothek informiert. Er zeigte sich beeindruckt vom Einsatz der Familie Nissenbaum und vom ehrenamtlichen Engagement der Gemeindemitglieder für das jüdische Leben in Konstanz.

 

In seiner Begrüßungsrede hatte Werner betont, dass die Einweihung der Mikwe vierzehn Tage zuvor nicht nur für die Israelitische Kultusgemeinde ein ganz besonderes Ereignis gewesen sei, sondern auch für die Stadt Konstanz, in der es seit dem Mittelalter kein jüdisches Ritualbad mehr gegeben habe. Er freue sich, dass die Gemeinde in Zusammenarbeit mit der Stadt wieder ein interessantes Angebot für den „Europäischen Tag der jüdischen Kultur“ zusammengestellt habe. Vor allem wünschte sich der Bürgermeister zum Abschluss seiner Rede eine breite Aufgeschlossenheit für die jüdische Kultur.

 

„Was braucht eine jüdische Glaubengemeinschaft? Eine Synagoge, eine Mikwe, einen Friedhof und eine Judaica-Bibliothek!“ So begann Benjamin Nissenbaum seine Eröffnungsansprache, in der er die lange Baugeschichte der Mikwe Revue passieren ließ. „Mit diesem Tag möchten wir der breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, etwas über unsere Bräuche und Traditionen zu erfahren. Judentum, so der Erste Vorsitzende der Kultusgemeinde, bedeute vor allem Erinnerung und Tradition. Mit den Worten „Wir zeigen ihnen, dass Juden in Konstanz auch in der Öffentlichkeit ein aktives Leben führen“ lud Nissenbaum zu einem koscheren Buffet und zu einem vielseitigen Tag ein, der in sieben Stunden rund 400 Besucher angezogen hat.