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Berne (Kreis
Wesermarsch, Niedersachsen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Berne bestand eine jüdische
Gemeinde bis nach 1933. Ein erster Schutzbrief wurden 1771 erteilt (für
Eljukam B. R. Jehuda, ein Schwager von Caiphas Levi in Ovelgönne; Eljukam war Ahnherr
der Familie Koopmann). Es
folgten langsam weitere Zuzüge: 1782 wurde ein Schutzbrief an Joseph Meier erstellt,
wenige Jahre später an Isaac Salomon.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1822 36 jüdische Einwohner (im Amt Berne, aber vermutlich die meisten in
Berne selbst; vier Familien, 1837 41, 1843 39, 1850 28, 1861 42, 1869 zehn
Familien, 1873 64 jüdische Einwohner, 1895 27, 1907 25, 1910 18.
Die jüdischen Familienvorstände waren als Schlachter, Geschäftsleute und
Färber tätig.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(seit 1814 genannt) und ein Friedhof. Die Einrichtungen waren vor 1840
einschließlich einer Lehrerwohnung im Haus des Manleib Insel. 1834 wird der
Schulraum für die damals zehn Schüler der Gemeinde von Landrabbiner Hirsch als
"schön" bezeichnet. Nach dem Bau der Synagoge 1840 wurde auch die
jüdische Schule in das Synagogengebäude verlegt. Die Gemeinde gehörte zum
Landrabbinat Oldenburg.
Bis 1889 war als jüdischer Lehrer am Ort D. Salinger angestellt; er war
zugleich als Kantor und Schochet tätig (vgl. Ausschreibung der Stelle von 1867
s.u.). Danach hatte die Gemeinde keinen eigenen Lehrer mehr; der
Religionsunterricht der jüdischen Kinder wurde nun durch auswärtige Lehrer erteilt
(Oldenburg, Delmenhorst). 1899 gab es in der Gemeinde noch sechs schulpflichtige
Kinder, 1909 zwei Kinder.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Unteroffizier Ernst
Koopmann (geb. 1.3.1891 in Berne, vor 1914 in Göttingen wohnhaft, gef.
25.9.1915; Erinnerungsinschrift auf dem jüdischen Friedhof). Dr. Louis Koopmann (siehe unten) war im Ersten Weltkrieg
im Rang eines Offiziers eingesetzt.
Um 1924, als zur Gemeinde nur noch 11 Personen gehörten (1,6 % der
Einwohnerschaft von etwa 700 Personen) waren die Gemeindevorsteher Leopold
Koopmann und Manuel Insel. 1932 waren die Gemeindevorsteher Dr. Louis
Koopmann (Lange Straße) und Gustav Meyer (ebenfalls Lange
Straße).
1933 wurden noch 14 jüdische Einwohner gezählt, die sich auf drei Großfamilien
verteilten: Familien Insel, Koopmann und Meyer. Kaufmann Manuel Insel
verstarb 1935. Dr. Louis Koopmann (bis 1927 im Staatsdienst als Jurist)
war bis 1933 als anerkannter Landwirt, Viehhändler und Züchter tätig. Nach
1933 wurden alle seine Zuchttiere aus dem Herdbuch gelöscht, sodass sie nur
noch Schlachtwert hatten. 1937 verzog Dr. Koopmann nach Gut Winkel / Spreenhagen
und betrieb dort eine Hachscharah (landwirtschaftlicher Ausbildungsbetrieb für
jüdische Auswanderer). Mit seinem Wegzug erfolgte faktisch die Auflösung der
jüdischen Gemeinde.
Die Witwe Ida Koopmann geb. Meier war Inhaberin eines Web- und
Wirkwarengeschäftes, das 1933 boykottiert wurde. Gustav Meyer war als
Schlachter und Viehhändler tätig; zu seiner Familie gehörten seine Frau Elsa
und die Kinder Hanna und Alfred (alle vier konnten nach Südafrika
emigrieren).
Beim Novemberpogrom 1938 wurde Dr. Koopmann für einige Wochen in das KZ Buchenwald
verschleppt; 1940 konnte er noch in die USA fliehen (gest. 1996 im Alter von 107
Jahren in Miami Beach). Wie fast alle Juden des Landes Oldenburg mussten auch
die in Berne noch lebenden jüdischen Personen ihre Heimat Anfang Mai 1940
verlassen: so kam Ida Koopmann in ein jüdisches Altersheim in Hamburg, von wo
sie später deportiert wurde.
Von den in Berne geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem [siehe Anmerkung unten] und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Clara Examus geb. Meyer
(1877), Grete Insel (1903), Siegfried Insel (1859), Ida Koopmann geb. Meier
(1870), Sara Koopmann geb. Katz (1860), Minna Mosheim geb. Koopmann (1867), Emma
Stern geb. Koopmann (1852).
Alle der genannten Personen sind in Berne geboren (außer Sara Koopmann, die in
Mollenfelde geboren ist), lebten jedoch später an anderen Orten.
In den Listen von Yad Vashem wird Berne mit dem schweizerischen Bern verwechselt
und eine falsche Zuordnung vorgenommen.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1867 / 1879
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. November 1867: "Die Stelle eines Lehrers und Kantors bei der Gemeinde in Berne
ist zu Neujahr oder zum Mai zu besetzen. Gehalt 200 - 225 Thaler
jährlich, Wohnung, Feuerung, Licht frei nebst einigen
Nebeneinkünften.
Anmeldung an Landrabbiner Wechsler in
Oldenburg." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. September
1879: "Die Stelle eines Lehrers und Kantors bei der Gemeinde
in Berne, Großherzogtum Oldenburg, wird zum 1. November erledigt.
Gehalt 800 Mark nebst freiem Mittagstisch, freier Wohnung, Feuerung und
einigen Emolumenten. Anmeldungen unter abschriftlicher Anfügung guter
Zeugnisse nimmt entgegen
Der Vorstand L. Koopmann." |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betraum vorhanden. Er befand sich wie
die jüdische Schule (1814 genannt) im Haus des Manleib Insel. 1834 bezeichnete
Landrabbiner Hirsch den Betraum für zu klein, "so dass auf ein größeres
Lokal Bedacht zu nehmen" sei. Aus der Kritik des Rabbiners am Gottesdienst
als "nicht pünktlich, nicht regelmäßig, nicht würdig" wurden
danach Konsequenzen gezogen. Auch plante man in der Folgezeit eine Synagoge.
Dazu konnten die jüdischen Familien 1838 ein Haus mit Grundstück an der
Hauptstraße des Ortes kaufen. Der Altbau wurde abgebrochen und durch ein neues
Gebäude ersetzt.
Die Synagoge konnte am 18./19. August 1840 durch Landrabbiner Samson
Raphael Hirsch eingeweiht
werden. Dieser beschrieb das neue Gotteshaus als "recht würdig und dem
Zweck entsprechend". Die Sitzbänke in der Synagoge waren entlang den
Außenwänden aufgestellt. Im Toraschrein waren Torarollen
vorhanden.
Nach 1933 wurden auf Grund der zurückgegangenen Zahl der jüdischen
Einwohner wohl kaum noch Gottesdienste in der Synagoge abgehalten. Im Laufe des
Jahres 1938 wurde das Gebäude verkauft. Dadurch blieb es beim
Novemberpogrom 1938 unzerstört. Die noch vorhandenen Ritualgegenstände wurden
allerdings von SA-Trupps aus der ehemaligen Synagoge herausgeschleppt und auf
einem nahen Sportplatz verbrannt.
Das Synagogengebäude wurde nach 1945 (nach Klärung der Eigentumsverhältnisse
1955) komplett entkernt und zu einem Wohnhaus umgebaut. Es steht seit 1955 unter
Denkmalschutz, obwohl es durch die Umbauten nicht mehr als früheres jüdisches
Gotteshaus erkennbar ist. Im Dezember 2016 konnte am Gebäude eine Hinweistafel
anbringen lassen.
Adresse/Standort der Synagoge: Lange
Straße 31
Fotos
(Quelle: historische Aufnahmen: Enno Meyer: Die Synagogen des Oldenburger Landes
s.Lit. S. 17; neueres Foto vom Mai 2011: Martin J. Schmid, Oldenburg)
Die Synagoge in
Berne |
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Im Gebäude ganz
links befand sich
von 1840 bis 1937 die Synagoge |
Ausschnittvergrößerung
des Fotos links |
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Das Gebäude
der
ehemaligen Synagoge
im Frühjahr 2011
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Zwischen den beiden Fenstern des
Erdgeschosses zur Straße sind im Putz die
Umrisse des alten Einganges erkennbar |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Dezember 2016:
Anbringung einer Gedenktafel am Synagogengebäude
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Artikel von Gabriele Bode in der
"Nordwest-Zeitung" vom 27. Dezember 2016: "Historie. Schild zeugt von jüdischem Erbe.
Durch einen frühzeitigen Verkauf fiel die Synagoge zwar nicht der Pogromnacht zum Opfer. SA-Angehörige verwüsteten aber das gesamte Inventar.
Berne 'Was lange währt, wird endlich gut', lautete das Motto nun in Berne. Bei einem erneuten Anlauf wurde das schon lange angestrebte Vorhaben, die ehemalige Synagoge in der Lange Straße 31 mit einer Hinweistafel kenntlich zu machen, endlich in die Tat umgesetzt. Seit Jahrzehnten sei es ein Thema im Berner Rat gewesen, das jüdische Leben in der Gemeinde nicht aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verschwinden zu lassen, erklärte Björn Thümler. Genau wie Karin Logemann gehört er dem Vorstand der Oldenburgischen Landschaft an, die die dazu nötige Hinweistafel finanzierte.
'So ein Schild war schon in den 1990er Jahren in der Diskussion. Aber vom damaligen Eigentümer gab es keine Zustimmung zur
Anbringung', erinnerte Björn Thümler...
Mit der neuen Tafel und den darauf zu lesenden wichtigsten Daten der Synagoge wird nach dem vor kurzem eingeweihten neuen Tor zum jüdischen Friedhof erneut ein Stück von Bernes jüdischer Vergangenheit aufgearbeitet.
"
Link
zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Ingo Hashagen: Bis 1810 Streit um die Beerdigung der
Juden - Aus der Geschichte der Juden in der Wesermarsch. Kreiszeitung
Wesermarsch 4.2.1978. |
| Christa Höxtermann: Juden in der Wesermarsch.
Typoskript Brake 1978. Staatsarchiv Oldenburg Best. 297 A Nr. 171. |
| Gerold Meiners: Stedingen und die Stedinger. Darin:
Die Geschichte der Berner Synagogengemeinde. Bremen 1987. S. 343-370. |
| Werner Vahlenkamp: Judenboykott wurde auch in der
Wesermarsch willig ausgeführt. Nordwest-Zeitung. Wesermarsch-Ausgabe.
10.1.1987. |
| ders.: Jüdische Familien in Berne vor und während des
Nationalsozialismus. Berne 1994 9 S. |
| ders.: Die Synagoge von Berne. In:
Enno Meyer (Hrsg.): Die Synagogen des Oldenburger Landes. Oldenburg
1988. S. 15-17. |
| ders.: Berne. In: Herbert Obenaus (Hg. in
Zusammenarbeit mit David Bankier und Daniel Fränkel): Historisches Handbuch
der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen. 2005. S. 211-215. |
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