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Baden-Württemberg
Biberach (Kreisstadt)
Jüdische Geschichte
Übersicht:
Zur jüdischen Geschichte
in Biberach
In Biberach waren Juden im Mittelalter, im 16. Jahrhundert und
seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ansässig. Zur Bildung einer
jüdischen Gemeinde mit eigenen Einrichtungen ist es vermutlich zu keiner Zeit
gekommen.
Im Mittelalter werden - mit Unterbrechungen - Juden zwischen 1298 und 1427 in der Stadt genannt.
Zwei Häuser, die auf den Grundstücken Schulstraße 15 und 19 standen, waren
zeitweise in jüdischem Besitz. 1298 und 1308 werden Joseph und sein
Schwiegersohn Mans von Biberach als Führer der Augsburger Judengemeinde
genannt. Während der Pestzeit kam es auch in Biberach zu einer Judenverfolgung.
Zwischen 1355 und 1357 wurde ein Jude Enslin von Biberach in Augsburg genannt.
Anfang des 15. Jahrhunderts lebten keine Juden in der Stadt. 1427 wurde ein Jude
Vifflin von Biberach genannt.
Eine Ansiedlung der Juden im 16. Jahrhundert endete mit der Ausweisung
1589.
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebten wiederum wenige
jüdische Personen / Familien in der Stadt. Die Zahl der jüdischen Einwohner
entwickelte sich nach den Ergebnissen der Volkszählungen wie folgt: 1871 vier
jüdische Einwohner, 1875 22, 1880 12, 1885 acht, 1890 19, 1895 acht, 1900 elf,
1905 14, 1910 15, 1925 3.
An ehemaligen Gewerbe- und Handelsbetrieben des 19./20. Jahrhunderts im
Besitz jüdischer Familien sind bekannt:
- Manufakturwaren- und Textilgeschäft L.H. Wallersteiner (1890-1913, Marktplatz
16),
- Textilwarengeschäft (Damen- und Herrenkonfektion sowie Kurz-, Weiß-
und Wollwaren) Fa. Dahlberg & Bergmann, Inh. Bernhard Bergmann (1913-1936, Marktplatz 33),
- Kaufhaus
"Kronenladen" (seit 1919), Inh. Jakob Bernstein (gest. 1924) und sein
Schwiegersohn Max Michaelis (1930-1936, Hindenburgstraße 15),
- Viehhandlung Benedikt Kaufmann (Kaufmann war Pächter des späteren
Stadthofes in Biberach, wo er mit Julius Dollinger einen Viehhandel betrieb).
1933 wurden mindestens neun jüdische Einwohner in der Stadt gezählt.
Unter ihnen waren:
- die Mitglieder der Familie Bernhard Bergmann: Bernhard Bergmann (geb.
1879 in Freudenberg) und seine Frau Berta geb. Gutenstein (geb. 1877 in Isingen)
mit den Kindern Hans David (geb. 1907) und Alfred (geb. 1908, war als Reisender
und Verkäufer tätig); Bergmann musste 1936 sein Geschäft schließen; die
Familie ist emigriert (nach Südafrika bzw. Alfred Bergmann nach
Kolumbien).
- die Mitglieder der Familie Max Michaelis (Max Michaelis musste am 30.
April 1936 sein Geschäft aufgeben; Kinder: Silvia, geb. 1907, Thea, geb. 1909,
Margit, geb. 1911 und Jürgen später Georg, geb. 1925); die Familie ist
emigriert (in die USA).
- Mathilde Brosins geb. Michaelis (geb. 1901), die in sogenannter
"Mischehe" lebte und 1936 in Biberach starb.
- In Stuttgart lebte das Ehepaar Benedikt Kaufmann (geb. 1880 in
Affaltrach) und Frieda geb. Marx (geb. 1888 in
Burgpreppach); Frieda Kaufmann
starb unmittelbar vor der Deportation am 14. November 1941 in Stuttgart an
Suizid; ihr Mann wurde 1942 nach Izbica deportiert und ermordet. Das Ehepaar
lebte zuletzt in Stuttgart (Hermannstraße 16), wo für beide sog.
"Stolpersteine" verlegt sind (Link).
Von den in Biberach geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945": Benedikt Kaufmann (1880),
Frieda Kaufmann geb. Marx (geb. 1888 in
Burgpreppach, später wohnhaft in Biberach und Stuttgart).
Spuren der Verfolgungszeit 1933 bis 1945. In einem ehemaligen Kriegsgefangenenlager auf dem Gelände der heutigen Bereitschaftspolizei an der Birkenharder
Straße (Anhöhe nordwestlich von Biberach an der Straße nach Birkenhard bzw.
Munderkingen) wurden im November 1944 149 orientalische Juden aus Tripolis (Bengasi) eingesperrt, darunter 29 Kinder, 56 Frauen und 64 Männer. Im
Januar 1945 kamen 133 Pers. aus dem KZ Bergen-Belsen, vorwiegend holländische Juden dazu, darunter 26 Kinder, 39 Männer und 68 Frauen. Beide Gruppen waren in schockierendem, halbverhungertem und verlaustem Zustand. Die in dieser Zeit in Biberach
gestorbenen Juden wurden 1945 auf dem jüdischen Friedhof in Laupheim
beigesetzt (arthur Nathan, Franz Lassally, John Hasenberg, Leon Julius Redner,
Herrmann Feinstein, Elazar Schönberg, Dierck Simon Lengedyck). Nach dem Einmarsch der Franzosen am
23. April 1945 bezogen sie bis zu ihrer Genesung und Entlassung das
Jordanbad bei Biberach. Der hier 1947 verstorbene Leopold Caspary wurde gleichfalls in Laupheim beigesetzt.
Zur Geschichte des "Jordanbades" am DP-Camp siehe den Artikel
von Jim G. Tobias: "Schwäbisches Sanatorium verwandelte sich in Kibbuz:
Jüdische Kinder und Jugendliche im DP-Camp Jordanbad" vom 23. August
2009 bei haGalil.com.
An die Geschichte der Familien Bergmann und Michaelis, die 1936 bzw. 1938
Biberach verließen, erinnern seit 2012 Gedenktafeln vor ihren
Wohnhäusern am Marktplatz und in der Hindenburgstraße.
Berichte aus der
jüdischen Geschichte in Biberach
Vortrag von Rabbiner Weimann (Buchau)
in Biberach (1878)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. Dezember
1878: "Aus Württemberg, 9. Dezember (1878). In Biberach, einem
Städtchen ohne jüdische Einwohner, veranstaltete die dortige
Bürgergesellschaft wissenschaftliche Vorträge. Den ersten Vortrag hielt
Rabbiner Weimann in Buchau und wählte hierzu vor seinem christlichen
Auditorium ein Thema, über das trotz der vielen hierüber erschienenen
populären Schriften von Deutsch, Stern, Wünsche u.a. noch so viele
falsche Ansichten sich zeigen, 'den Talmud', Die Versammlung war sehr
zahlreich, insbesondere auch von Damen besucht und war dem Redner, der
besonders die ethischen und patriotischen Stellen des Talmuds hervortreten
ließ, für seine Belehrung sehr dankbar; der Vorsitzende der Gesellschaft
gab diesem Gefühle Ausdruck." |
Fotos
Fotos zur
jüdischen Geschichte in Biberach liegen nicht vor. |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November 2011:
Schüler gestaltet Erinnerungsarbeit in der
Stadt |
Artikel von Gerd Mägerle in der
"Schwäbischen Zeitung" vom 18. November 2011: "Schüler
erinnern an jüdische Familien.
Gymnasiasten des Bischof-Sproll-Bildungszentrums wollen im Main 2012
Gedenktafeln anbringen..."
Link
zum Artikel - auch als
pdf-Datei eingestellt |
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August 2016:
Ausstellungswand in der Stadtbücherei |
Mit einer Ausstellungswand erinnerte die
Stadtbücherei Biberach an den 75. Jahrestag zum "Ausschluss von
jüdischen Mitmenschen aus Leibbibliotheken während des
Nationalsozialismus". Gezeigt wurden Medien zum Holocaust, zum
Zweiten Weltkrieg und Biografien von Überlebenden. Die Ausstellung war
bis 30. September 2016 in der Stadtbücherei zu sehen. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Germania Judaica Bd. II,1 S.79-80; Bd. III,1 S. 112-113. |
 | Helmut Veitshans: Die Judensiedlungen der
schwäbischen Reichsstädte und der württembergischen Landstädte im
Mittelalter. 5 S. 28-29; |
 | Reinhold Adler: Zur Geschichte der Juden in Biberach, in: Zeit und Heimat,
Beilage zur Schwäbischen Zeitung Biberach vom 25. Februar 1972. |
 | Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des
Widerstandes und der Verfolgung. 5,2 S. 195-198. |
 | Reinhold Adler/Joachim
Guderlei, Das "Lager Lindele" im Zweiten Weltkrieg. In: BC – Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach. 2. 1984.
vgl. online Artikel von Reinhold Adler: Das
Lager Lindele und der jüdische Friedhof (in Laupheim) im Zweiten Weltkrieg
und in der Nachkriegszeit. |
 | Hans-Otto Binder: Biberach in der Zeit der Weimarer
Republik und der nationalsozialistischen Diktatur. In: Dieter Stievermann
(Hrsg.): Geschichte der Stadt Biberach. Stuttgart 1991. |

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