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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Dertingen (Stadt Wertheim, Main-Tauber-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
(erstellt unter Mitarbeit von Dieter Fauth,
Wertheim)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts den Grafen von Löwenstein-Wertheim
gehörenden Dertingen bestand eine jüdische Gemeinde bis 1925. Zeugnisse
jüdischer Familien am Ort reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück. Der älteste
Grabstein auf dem jüdischen Friedhof in Wertheim, der für einen Dertinger
Juden gesetzt wurde, datiert von 1699 (nach der Dokumentation des jüdischen
Friedhofes in Wertheim von Emily Rose. Berlin 1997 S. 2 und Nr. 366 Ms.).
1825 wurden 46 jüdische
Einwohner gezählt (5,6 % von insgesamt 825 Einwohnern). Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um 1850 mit 54 Personen
erreicht.
Unter den jüdischen Familien ist vor allem die Familie Schwarzschild zu
nennen, deren Stammvater der ca. 1777/78 in Dertingen geborene Seligmann Jacob
war, der den Namen Schwarzschild angenommen hatte. Von ihm abstammend gibt es
elf Dertinger Urenkellinien, von denen es in drei Linien zu fünf Ermordeten in
der NS-Zeit kam. Weiteres im Beitrag von Dieter Fauth siehe Literatur.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), neben der
sich auch ein rituelles Bad und ein jüdische Schlachthaus befanden (heute
Parkplatz). Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof
in Wertheim beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war
zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorsänger tätig war
(siehe Ausschreibungen der Stelle unten). Die Gemeinde wurde 1827 dem Rabbinatsbezirk
Tauberbischofsheim, später Wertheim
zugeteilt.
Die jüdische Gemeinde wurde 1925 aufgelöst, weil nur noch acht
erwachsene Männer in der Gemeinde waren und dies für keinen regelmäßigen
Minjan mehr in der Synagoge ausreicht. Danach orientierten sich die verbliebenen
jüdischen Familien nach Wertheim.
1933 lebte nur noch eine Familie Schwarzschild am Ort.
Von den in Dertingen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Hilda Hammel geb.
Fleischmann (1897, "Stolperstein" in Wertheim,
Marktplatz 18), Jette Lack geb. Rothschild (1876, "Stolperstein" in
Wertheim, Zollgasse 8), Philipp
Rothschild (1879, "Stolperstein" in Wertheim,
Nebenmaingasse 3-5), Adolf Schwarzschild (1882, "Stolperstein" in
Dertingen, Aalbachstr. 42), Erika Schwarzschild (1913, "Stolperstein" in
Dertingen, Aalbachstr. 42), Karoline (Lina) Schwarzschild
(1879), Sophie Schwarzschild geb. Brückheimer (1881), Klara Thalmann geb.
Fleischmann (1901, "Stolperstein" in Wertheim,
Zollgasse 4). Weitere
Angaben im Beitrag von Dieter Fauth siehe Literatur.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Lehrer und Vorsängers
(1853 / 1855)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 24. September 1853 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Die mit einem festen Gehalte von 135 fl. und einem jährlichen
Schulgelde von 48 kr. für jedes die Religionsschule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon abhängigen
Gefällen, verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde
Dertingen, Synagogenbezirks Tauberbischofsheim, ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen, unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen, mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats, bei der Bezirkssynagoge
Tauberbischofsheim sich
zu melden.
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinatskandidaten, können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 12. Dezember 1855 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Die mit einem festen Gehalte von 40 fl. nebst freier Kost und
Wohnung und einem jährlichen
Schulgelde von 48 kr. für jedes die Religionsschule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon abhängigen
Gefällen verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde Dertingen,
Synagogenbezirks Tauberbischofsheim, ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen, unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen, mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats, bei der Bezirkssynagoge
Tauberbischofsheim sich
zu melden. Bei dem Abhange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinatskandidaten, können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Jüdische Schmiedemeister in Dertingen seit Ende des 18. Jahrhunderts
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. April 1896:
"Von Interesse ist die Nachricht, dass in Dertingen (Amtsbezirk
Wertheim in Baden) seit über 100 Jahre jüdische Schmiede leben, namens
Schwarzschild, die fromm sind und für die Bauern arbeiten außer
Sonnabend und Sonntag." |
Zur Goldenen Hochzeit von Nathan Schwarzschild und Rose geb. Rothschild
(1927)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. November 1927: "Dertingen
bei Wertheim, 7. November (1927). Am 13. November begehen in voller
Rüstigkeit die Eheleute Herr Nathan Schwarzschild, 79 Jahre und Frau Rose
geb. Rothschild, 80 Jahre, das Fest der goldenen Hochzeit. Der Jubilar ist
als Schmiedemeister hier tätig und übt heute noch sein Gewerbe aus. Wir
wünschen den Eheleuten noch ein recht langes Leben bei voller
Gesundheit." |
Zur Geschichte des Betsaals / der Synagoge
1814 wurde eine Synagoge
erbaut, die bis 1925 in Gebrauch war. Über die Baugeschichte der
Synagoge konnten keine Aktenbestände ausfindig gemacht werden. Nachdem die Zahl
der jüdischen Gemeindeglieder auf nur acht zurückgegangen war, wurde die
Synagoge geschlossen, 1926 von der politischen Gemeinde erworben und zu einer
Schule umgebaut (Kochschule für Mädchen, landwirtschaftliche
Fortbildungsschule für Jungen). Seit 1942 diente das Gebäude als
Altersheim des Landkreises Tauberbischofsheim.
Nach 1945 war im Erdgeschoss zeitweise die Postvermittlung des Ortes
eingerichtet. 1956 wurde das Synagogengebäude zu einem bis heute
erhaltenen Wohnhaus umgebaut (Obere Straße 23).
Fotos
Historische Fotos:
Historische Fotos sind nicht bekannt,
Hinweise bitte an den
Webmaster von "Alemannia Judaica", E-Mail-Adresse siehe Eingangsseite |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn) |
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Das durch zahlreiche Umbauten
veränderte ehemalige Synagogengebäude |
dass; Rückseite |
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Vorderseite (Straße) mit
Eingang |
Eingangstor |
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Fotos 2003:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 22.9.2003) |
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Ansichten des
ehemaligen Synagogengebäudes von der Oberen Straße |
Eingangstür von der Oberen
Straße |
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Rückseite
des Gebäudes |
Seitenansicht
von Westen |
Kellereingang von der
Rückseite,
vermutlich Zugang zum rituellen Bad |
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
November 2011:
Vierte Verlegung von "Stolpersteinen"
in Wertheim und Dertingen |
Artikel von Alexander Gutmann in den
"Fränkischen Nachrichten" vom 19. November 2011:
"Stolperstein"-Verlegung: Der Fall der Maria Gegenwarth.
Existenz "beendet".
Wertheim. Bei ihrer anhaltenden Aufarbeitung des Holocausts in
Wertheim sind Dieter Fauth und seine engagierten Laienhistoriker während
der Vorbereitung der vierten 'Stolperstein'-Verlegung auf zwei relativ
außergewöhnliche Fälle gestoßen. Einer ist der der Maria Gegenwarth,
welcher maßgeblich von der Schülerin Jael Steinbach recherchiert wurde,
einer der der Familie Schwarzschild, die in Dertingen gelebt hat..."
Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 66. |
| Dieter Fauth: Die jüdischen Bürger aus Dertingen.
2013. Eingestellt als
pdf-Datei. |
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Dieter Fauth: Wertheim im Nationalsozialismus aus Opferperspektiven.
Gedenkbuch zum Projekt Stolpersteine. Verlag Religion & Kultur. Zell am
Main 2013. Gebundene Ausgabe: DIN A 4; 764 S., ca. 450 Abb. ISBN
978-3-933891-26-6, 48,00 €.
Über das Buch siehe eingestellte pdf-Datei. Bestellmöglichkeit
u.a. über den Verlag www.verlag-religionundkultur.de
Kontakt zum Verfasser über E-Mail
post[et]dieterfauth.de |
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