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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Dühren (Stadt Sinsheim, Rhein-Neckar-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Dühren bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis zur
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17.
Jahrhundert zurück. 1699 wird erstmals ein Gewann "Judenkirchhof" am
Eschelbacher Weg genannt, vermutlich ein Hinweis auf einen zeitweisen
Begräbnisplatz der jüdischen Familien am Ort.
1717/18 lebten fünf jüdische Familien in Dühren, zu
Beginn des 19. Jahrhunderts waren es acht Familien.
Im 19. Jahrhundert wurde die höchste Zahl jüdischer
Einwohner um 1822 mit 43 Personen erreicht.
An Einrichtungen hatte die Gemeinde eine kleine Synagoge und ein angebautes Haus für einen
Lehrer/Vorbeter (vermutlich mit einem Raum für den Schulunterricht). Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Religionslehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter (Vorsänger) tätig war (siehe
Ausschreibung der Stelle unten von 1846). Die
Gemeinde gehörte seit 1827
zum Rabbinatsbezirk Sinsheim.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging
die Zahl der jüdischen Einwohner schnell zurück. 1875 waren es noch 19
Personen, zwei Jahre später löste sich die Gemeinde auf.
Berichte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Lehrers und Vorsängers
(1846)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 18. Februar 1846 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"[Bekanntmachung.]. Bei der israelitischen Gemeinde Dühren ist die
Lehrstelle für den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein
Gehalt von 60 fl., nebst freier Kost, sowie der
Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist,
erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter höherer
Genehmigung zu besetzen. Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirkssynagoge Sinsheim zu melden. Auch wird bemerkt, dass im Falle sich weder Schul- noch
Rabbinatskandidaten melden, andere inländische Subjekte, nach
erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner, zur Bewerbung zugelassen
werden." |
Zur Geschichte des Betsaales/der Synagoge
Die jüdischen Familien lebten
großenteils im sogenannten "Judenwinkel", heute "Zum Gässel".
Hier standen mehrere enge, bescheidene Häuschen im Bereich um die Synagoge.
Bereits im 18. Jahrhundert war ein Betsaal
vorhanden. Am 25. April 1822 berichtete der Vorsteher der israelitischen
Gemeinde in einem Schreiben an das Bezirksamt Sinsheim darüber: "Schon
seit sehr langer Zeit bedient sich die hiesige, in jeder Hinsicht geringe
israelitische Gemeinde eines dem Verfalle sehr nahen, engen Zimmers zur Synagoge".
Anlass dieses Schreibens des Gemeindevorstehers war die Bitte an die Behörden,
die Dührener Gemeinde dabei zu unterstützen, dass eine Kollekte zum Neubau
einer Synagoge durchgeführt werden könnte. Die Gemeinde habe bereits
einen kleinen Fond dafür angespart, aber bei der Armut und der geringen Anzahl
der Gemeindeglieder sei dieser bei weitem nicht hinreichend, sodass die Gemeinde
"noch viele Jahre [...] mit der größten Anstrengung" sammeln müsse
und nie im Stande sein werde, aus eigenen Mitteln den Bau zu erstellen.
Bezirksrabbiner Jakob Bamberger aus Sinsheim bescheinigte in einem Beibrief,
dass die israelitische Gemeinde in Dühren wirklich in der Lage sei, eine neue
Synagoge bauen zu müssen und dabei auf auswärtige Hilfe dringend angewiesen
sei. Damals bestand die Gemeinde aus acht Familien mit zusammen 43 Personen. Im
Antrag an die Behörden wies der Synagogenvorsteher darauf hin, dass eine neue
Synagoge mindestens 800 bis 900 Gulden kosten würde, von denen die Gemeinde 300
Gulden beisteuern könnte. Das Direktorium des Neckarkreises lehnte ab, weil die
Gemeinde wenigstens die Hälfte der Baukosten selbst tragen müsse.
Am 9. Mai 1826 bat die Dührener Gemeinde erneut um
Genehmigung zur Durchführung einer Kollekte. Inzwischen konnte die Gemeinde ein
neues Angebot für den Bau eines Synagogengebäude vorlegen, das Zimmermeister
Georg Harter erstellt hatte. Er meinte, dass er ein geeignetes Gebäude mit
sechs Fenstern auf einer Fläche von 18 Schuh (5,4 m) mal 31 Schuh (9,3 m) mit
einem 4 Schuh (1,2 m) tiefen und 3 (0,9 m) Schuh breiten Fundament mit allem,
was dazu gehöre, zum Preis von 582 Gulden und 8 Kreuzern erstellen könne.
Damit reichten nach der Argumentation des Kreisdirektoriums die Eigenmittel der
Gemeinde aus. Tatsächlich wurde am 28. August 1826 vom badischen
Innenministerium "der israelitischen Gemeinde in Dühren eine Kollekte bei
ihren Glaubensgenossen im ganzen Großherzogtum zum Behuf der Erbauung einer
neuen Synagoge" bewilligt. Daraufhin konnte man sich an die Sammlung der
Spenden machen und mit deren Hilfe 1828/29 eine kleine Synagoge erbauen, deren
zugemauerte rundbogige Fenster noch heute auffallen. Mit der Finanzierung war es
dann doch schwieriger als gedacht, da sich Zimmermeister Harter verrechnet hatte
und der Bau insgesamt 811 Gulden und 38 Kreuzer kostete. Im Juli 1830 fehlten
etwa 150 Gulden, die man nur mit großer Mühe über den Verkauf der Synagogenplätze
und durch eine Umlage, verteilt über mehrere Jahre, zusammenbekommen hat.
Nach der Auflösung der jüdischen Gemeinde Dührens 1877
wurde die Synagoge am 12. November 1877 öffentlich versteigert. Die letzten
vier männlichen Mitglieder der Gemeinde traten für die Gemeinde als letzte
Besitzer des Gebäudes auf. Der Verkauf erbrachte 677 Mark 7 Pfennig, die an den
israelitischen Religions- und Schulfonds in Karlsruhe überwiesen wurde. Mit den
Zinsen sollten die noch in Dühren lebenden Armen des israelitischen Gemeinde
unterstützt werden.
Das Synagogengebäude diente von nun an als Heuspeicher, später
auch als Garage. In den 1990er-Jahren wurden fast alle alten Häuser um die
Synagoge abgebrochen, einschließlich des unmittelbar am Synagogengebäude
stehenden Hauses des jüdischen Lehrers. Das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg hat bereits 1982
die Dührener Synagoge für erhaltenswert erklärt. Nur noch sie erinnert an die frühere jüdische Geschichte im "Judenwinkel".
In den Jahren bis 2015 gab es von unterschiedlicher Seite Bemühungen um
den Erhalt der ehemaligen Synagoge in Dühren. Das Gebäude geriet auf Grund der
jahrelangen Vernachlässigung in einen baufälligen Zustand. Schließlich
stimmte das Regierungspräsidium dem Abriss zu. Die Nordseite des Gebäudes
wurde Mitte Juli 2015 fachmännisch abgetragen, die einzelnen Balken
gekennzeichnet, um sie möglicherweise wieder an anderer Stelle aufzubauen (vgl.
Presseartikel unten). Die Pläne mussten aufgegeben werden (siehe Pressebericht
von 2021).
Fotos
Historische Fotos:
Historische Fotos sind nicht bekannt,
Hinweise bitte an den
Webmaster von "Alemannia Judaica",
E-Mail-Adresse siehe Eingangsseite |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Bemühungen
um den Erhalt des Synagogengebäudes
April/Juli 2014:
Das Gebäude befindet sich in erbärmlichem
Zustand |
Artikel in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 17.
April 2014: "Dührener Synagoge: Geschichtliches Kleinod in erbärmlichem
Zustand. In der Dührener Synagoge könnte ein Kirchturmmuseum sein.
Stattdessen regnet's ins Dach..."
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Artikel in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom 12. Juni 2014: "Bleibt für die alte Synagoge in Sinsheim nur der Abriss?
Bauruine und Geldgrab, dafür mit historischer Bedeutung - Keiner weiß so recht, was mit dem Fachwerkgebäude passieren soll..."
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zum Artikel |
Artikel in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom 1. Juli 2014: "Wird die Dührener Synagoge in einen anderen Bau integriert?
Das baufällige Haus sorgte auch im Ortschaftsrat wieder für Diskussionen. Die IG machte einen Vorschlag.
Sinsheim-Dühren. (at). Jahrzehntelang unbeachtet dem Verfall preisgegeben ist die ehemalige Synagoge angesichts ihres drohenden Abrisses jetzt auch im Ortschaftsrat wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Ortschaftsrat und interessierte Bürger diskutieren nun über den kultur- und religionsgeschichtlichen Wert dieses in seiner Bausubstanz maroden Gebäudes, das der jüdischen Gemeinde bis zu ihrer Auflösung 1877 knapp 50 Jahre als Versammlungsort gedient hatte...
"
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August 2014:
Die "Interessengemeinschaft Dührener
Synagoge" kümmert sich um das Dührener Synagogengebäude |
Artikel von Wolfgang Kächele in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom 16. August 2014: "Für alte Dührener Synagoge gibt es neue Fürsprecher
Eine "Interessengemeinschaft Dührener Synagoge" hat sich konstituiert.
Sinsheim-Dühren. Ein großes Loch im Dach, Risse in der Außenmauer und auch innen eher baufällig als gut erhalten. So präsentiert sich im Augenblick die alte Synagoge im
'Gässel'. Um die Unfallgefahr, die von dem Haus ausgeht, zu mindern, hat der Eigentümer nun einen Sperrzaun drum herum aufgebaut. Lange soll dieser Zustand, der auch die Nachbarn beeinträchtigt, allerdings nicht mehr andauern.
'Wir warten auf die Abrissgenehmigung und wollen dann zur Tat schreiten,' hat sich eine "Interessengemeinschaft Dührener
Synagoge' vorgenommen. Dagmar Nerpel, Gerhard Fischer und Harald Seemann sind aktuell die Sprecher dieser Bürgerinitiative..."
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Dezember 2014:
Denkmalschutz ist gegen den Abbruch der
ehemaligen Synagoge |
Artikel in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom 4. Dezember 2014: "Sinsheim: Denkmalschutz schiebt Synagogen-Abriss den Riegel vor
Auch als Getreidelager ist die Synagoge erhaltenswert - unter anderem, weil auch der Umgang mit ihr Geschichte ist.
Sinsheim. (tk) Die verfallene Dührener Synagoge aus dem 19. Jahrhundert darf nun doch nicht abgerissen werden. Der Denkmalschutz ist der Ansicht, dass der schmale hohe Bau schon allein deshalb erhaltenswert ist, weil es sich - so die Interpretation des mit dem Fall betrauten Denkmalschützers Dr. Johann Wilhelm - angesichts der kleinen Größe der Dührener jüdischen Gemeinde um ein umso stattlicheres, selbstbewusstes Bauvorhaben gehandelt hat..."
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April 2015:
Der Verfall des Gebäudes schreitet
voran |
Artikel in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom 14. April 2015: "Die Dührener Synagoge bröckelt immer schneller
Sinsheim-Dühren. (tk) Die ehemalige Synagoge bröckelt weiter vor sich hin. Wie aufmerksame Passanten mitteilen, kamen zum bisherigen großen Loch in der ohnehin provisorischen Dacheindeckung weitere kleinere bis mittlere Löcher und Risse hinzu. Außerdem bröckle es an der Vorderfront des Gebäudes, und im Ort mehrten sich Spekulationen, weshalb sich der Verfall des maroden Gebäudes in jüngster Zeit offenbar dramatisch beschleunigt..."
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Juli
2015: Abbruch des Gebäudes der
Synagoge |
Artikel in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom 11. Juli 2015: "Dührener Synagoge: Plattgemacht und doch gerettet
Sinsheim-Dühren. (tk) Und dann ging doch alles ganz schnell: Kürzlich noch vom Denkmalschutz als ortsgeschichtlich bedeutsam eingestuft und mit einem Rüffel, man hätte das Gebäude besser erhalten müssen, kam jetzt doch die Abbruchgenehmigung für die ehemalige Synagoge.
Dass sich trotzdem ein Weg zur Erhaltung der wesentlichen Gebäudeteile fand - und das kurzfristig - geht zurück auf Grundstücksbesitzer Josef Rausch, eine inzwischen gegründete Bürgerinitiative um Pfarrer Dietmar Coors, sowie Handwerksmeister Peter Keil und Harald Hoffmeister aus Hoffenheim. Keil stellte kurzerhand ein Gerüst und eine kleine Arbeitskolonne zur Verfügung. Hoffmeister - Zimmermannsmeister im Ruhestand - sprang als Bauleiter ein.
Anfang vergangener Woche wurde alles bekannt. Eine Sondersitzung wurde einberufen, wie Gerhard Fischer, Mitglied der Initiative aus Hoffenheim schildert. Fischer und Harald Hoffmeister sind mit Pfarrer Coors befreundet, man kennt sich gut und ein jeder weiß, was der andere kann. Hoffmeister wusste aus Berufserfahrung:
'Ist zu schaffen.' Peter Keil, Inhaber eines Stuckateurbetriebs und Besitzer des benachbarten Bletscherhofs, wird Lagerräumlichkeiten zur Verfügung stellen. Das Vorgehen ist nicht ganz einfach, schildert Harald Hoffmeister.
Erhalten wird das Fachwerk der Vorderfront - und damit das prägendste Gebäudeteil mit den markanten Rundbögen. Mit äußerster Vorsicht werden hierzu von einer kleinen Truppe die Balken - beginnend vom Giebel bis hinunter zum zentralen Stützbalken - von Hand freigeklopft. Dann werden die einzelnen Balken
'für einen Wiederaufbau' nummeriert und auf Grundlage einer Planskizze eingelagert. Den Rest des Abbruchs erledigt ein Bagger.
'Das Gebäude ist kein Denkmal mehr' rückt Hoffmeister zurecht. 'Wir erhalten aber das Wesentliche für die Ortsgeschichte.' Eine Sanierung des Gebäudes hätte über 370.000 Euro Mindestkosten verschlungen, hieß es. Das sei letztlich allen Beteiligten zu viel gewesen.
Ein Wiederaufbau ist fest ins Auge gefasst, allerdings müsse die Initiative zunächst Spenden generieren und Örtlichkeiten suchen. Angedacht ist ein Aufbau auf dem Zimmerplatz, im Pfarrgarten oder anderswo in Dühren."
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August 2016:
Synagogengiebel soll in einer
Kulturscheune verbaut werden |
Artikel von Alexander Becker in
der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 31. August 2016: "Sinsheim-Dühren:
Synagogengiebel geht in Kulturscheune auf
Interessengemeinschaft scheint eine Lösung für das bereits abgerissene
historische Bauwerk gefunden zu haben
Sinsheim-Dühren. 'Was wird aus unserer Synagoge?' fragt sich derzeit die
Interessengemeinschaft 'Dührener Synagoge', ein Zusammenschluss engagierter
Bürger, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Erinnerung an das
mittlerweile nicht mehr existierende Gebäude wach zu halten. 1826 im
Fachwerkstil errichtet, prägte es fast zwei Jahrhunderte lang das Ortsbild
des Stadtteils, bis es vor gut zwölf Monaten aufgrund akuter Baufälligkeit
abgebrochen werden musste. 'Ich bedauere sehr, dass wir das nicht verhindern
konnten', bekundete mit Dagmar Nerpel eine der Vorkämpferinnen ihren Unmut
ob des Verlustes des historischen Sakralbaus. Im Anschluss verschwieg sie
auch nicht, dass man im Grunde durch eine Veröffentlichung in der RNZ
zueinander gefunden habe. 'Bleibt für alte Synagoge nur der Abriss?' wurde
da gefragt, was Dagmar Nerpel seinerzeit ebenso wie das Vorhandensein 'eines
latenten Antisemitismus' vor Ort mit einem klaren 'Nein' innerhalb eines
Leserbriefes beantwortete. Allmählich meldeten sich bei der Lehrerin weitere
Gleichgesinnte, unter ihnen auch der damalige evangelische Pfarrer Dr.
Dietmar Coors, und man beschloss, gemeinsam für den Erhalt der Synagoge zu
kämpfen. Der stand in der Tat lange auf der Kippe. 1982 war das zu diesem
Zeitpunkt bereits mehr als ein Jahrhundert nicht mehr als Synagoge genutzte
Gebäude (die örtliche jüdische Gemeinde hatte sich 1877 aufgelöst) seitens
des Landesdenkmalamtes als erhaltungswürdig eingestuft worden, wobei sich
der zwischenzeitliche Eigentümer mit untragbaren Investitionen konfrontiert
sah. Mehrere angedachte Sanierung- bzw. Nutzungskonzepte später - sowohl die
inwändige Sicherung der Bausubstanz als auch die Einrichtung eines
Kirchturmuhrenmuseums schlugen fehl - gab der Ortschaftsrat schließlich vor
gut zwei Jahren grünes Licht für den Abriss. Ortsvorsteher Alexander Speer
betonte auf Nachfrage, dass man nur unter der Bedingung dem Abbruch
zugestimmt habe, dass der Interessengemeinschaft 'Dührener Synagoge'
genügend Zeit eingeräumt werde, um Entsprechendes in die Wege zu leiten. Die
war letztendlich reichlich vorhanden, da sich eine Person über den
anstehenden Abbruch beschwert und der verantwortliche Entscheider innerhalb
des Regierungspräsidiums Karlsruhe gewechselt hatte. Am 30. Juni letzten
Jahres wurde schließlich der Abbruch genehmigt und umgehend vorgenommen.
Hierbei legte man großen Wert darauf, die markante Giebelwand mit den
seltenen Fachwerkbögen für eine spätere Verwendung zu erhalten. Alle ihre
Bestandteile wurden katalogisiert und auf dem angrenzenden Betriebsgelände
des Stuckateurs Peter Keil eingelagert. 'Er ist ebenfalls Mitglied der
Interessengemeinschaft und wir sind sehr froh darüber, dass er uns den
nötigen Platz zur Verfügung gestellt hat', betonte Dagmar Nerpel. Auch
Ortsvorsteher Speer gehört zu den Mitstreitern und unterstützt die
allmählich gereifte Idee, die Giebelwand der Synagoge in eine auf dem
Dorfplatz zu errichtende 'Kulturscheune' einzuarbeiten. 'Es soll ein Gebäude
sein, das von vielen Dührener Händen erstellt wird', wünscht sich das
Dorfoberhaupt, dem zufolge sich bereits erste Helfer zur Mitarbeit an dem
Gemeinschaftsprojekt von Dührenern für Dührener bereit erklärt haben. Alles
in allem strebt man eine vielseitige Nutzung an: während des Dorffestes der
örtlichen Vereine, des Martinsumzuges der Fördergemeinschaft der
Grundschule, des Himmelfahrtsfestes des Turn- und Sportvereins, der Maifeier
des Gesangvereins, für Lesungen, Konzerte und dergleichen.
Finanziert werden soll die 'Kulturscheune' durch Zuschüsse und Spenden. Dr.
Dietmar Coors hat bereits einige Entwürfe für die 'Kulturscheune' anfertigen
lassen und wird Details hierzu am Montag, 19. September, um 20 Uhr im
Bürgersaal des Rathauses (Karlsruher Straße 54) vorstellen. Dort gibt dann
auch der Beauftragte für das christlich-jüdische Gespräch der evangelischen
Landeskirche in Baden, Prof. Dr. Klaus Müller (Karlsruhe), einen allgemeinen
Überblick zum Umgang mit Synagogen in Baden. Weiterhin nimmt er zu den
örtlichen Ideen Stellung und gibt Ratschläge zu deren Finanzierung. Zur
Abrundung spielen 'I musici di Durina' Klezmermusik, ehe eine Aussprache
folgt."
Link zum Artikel |
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September 2016:
Ideen zu einer "Kulturscheune Alte
Synagoge" werden präsentiert
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Artikel in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom 22. September 2016: "Synagoge Sinsheim-Dühren:
'Judentum gehört nicht ins Museum, sondern in die Gegenwart'
Nutzwert steht bei der alten Synagoge im Vordergrund, mit der 'Kulturscheune
Alte Synagoge' könnten Erinnerung und aktuelle Bedürfnisse in Einklang
gebracht werden.
Sinsheim-Dühren. (abc) Gut ein Jahr ist es her, dass die Mitglieder der
Interessengemeinschaft 'Dührener Synagoge' den Abbruch des Gebäudes
begleitet und dessen Giebelwand eingelagert haben. Jetzt traf man sich, um
das weitere Vorgehen in Anwesenheit zusätzlicher Interessierter zu beraten.
Zunächst lieferte der Beauftragte für das christlich-jüdische Gespräch der
evangelischen Landeskirche in Baden, Prof. Dr. Klaus Müller, einen Überblick
zum Umgang mit Synagogen. 'Ohne Judentum gäbe es kein Christentum', stellte
er klar und betonte, dass es im Kraichgau vor der Pogromnacht 1938 zehn
Synagogen um Sinsheim herum gegeben habe - heute verteile sich diese Menge
auf ganz Baden. In Dühren gab es seit 1877 keine jüdische Gemeinde mehr, die
ehemalige Synagoge wurde als Scheune genutzt und überlebte somit die
'Reichskristallnacht'. Gerade vor diesem Hintergrund sei das Dührener
Synagogenfachwerk ein Zeugnis des gemeinsamen kulturellen Lebens in Dühren
und daher auch absolut erhaltenswert. 'Judentum gehört nicht ins Museum,
sondern in die Gegenwart', sagte Müller, was anschließend auch Ortsvorsteher
Alexander Speer bekräftigte. Er stellte die Idee der 'Kulturscheune alte
Synagoge' im Detail vor, die unter Verwendung der Giebelwand auf dem
Dorfplatz errichtet und für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden
könnte. 'Eigentlich', so das Dorfoberhaupt weiter, 'hätte ich heute gerne
eines der hierfür vorgesehenen Rundbogenfenster als neuen Baustein gezeigt,
aber unser Schreiner ist nicht fertig geworden.' Dr. Klaus Müller lobte die
Idee der Kulturscheune und schlug vor, sich breitflächig um Zuschüsse zur
Finanzierung des Projektes zu bemühen.
Nach musikalischer Überleitung durch Klezmer-Klänge - unter anderem
intoniert durch den ehemaligen Pfarrer Dietmar Coors - wurde das Gehörte und
Gesehene angeregt diskutiert. 'Liegt die Kulturscheune nicht zu nah am
Kindergarten? Und wo soll der Gesangverein während des Maifests sein Essen
frittieren?', fragte zunächst dessen Mitglied Gabriele Kegel. Der
Ortsvorsteher entgegnete , dass durch die Giebelwand der abgebrochenen
Synagoge Höhe und Breite, aber nicht Tiefe vorgegeben seien. Man sei also
absolut flexibel. 'Das Gebäude soll an die jüdische Gemeinde erinnern,
dessen Nutzung aber an erster Stelle stehen', betonte Dietmar Coors nochmals
den Mehrfachnutzen. Diakon Lothar Schindler merkte im Gegenzug an, dass vor
Ort nun eine hervorragende Möglichkeit bestehe, die künftige Kulturscheune
auch als Begegnungsstätte für Gläubige verschiedenster Religionen zu nutzen.
Zwar ging man letztendlich ohne die Verabschiedung eines klaren Konzeptes
auseinander, doch betonte Klaus Müller abschließend, dass vor Ort
glücklicherweise alles andere als Desinteresse an der potenziellen
Kulturscheune herrsche."
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August 2021:
Die Idee einer "Kulturscheune Alte
Synagoge" ist aufgegeben - eine Stele als kleinere Form des Gedenkens wird
diskutiert |
Artikel in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 30. August 2021: "Ein Häuschen
in Moll. Die Geschichte der Dührener Synagoge bis ins Jetzt beschloss den
Kirchen-Kultur-Sommer...
...
Nach dieser Einbettung in einen größeren Rahmen berichtete Nerpel als
Mitglied der Interessengemeinschaft Synagoge, die aus organisatorischen
Gründen in den Ende 2017 gegründeten Bürgerverein für Heimat und Kultur
Düren eingegliedert wurde, von den langwierigen Versuchen, aus den noch
existierenden Überresten der Synagoge ein würdevolles Denkmal zu formen.
Nachdem man den Abriss aufgrund der Baufälligkeit des Gebäudes nicht hatte
verhindern können, lagert man die Balken der Giebelwand ein, um sie später
in die Frontansicht einer letztendlich nicht genehmigten Kulturscheune zu
integrieren.
Bei einer Umlagerung zeigten sich an manchen Holzbalken deutliche
Zerfallserscheinungen, weswegen die aktuellen Pläne den Aufbau einer Stele
mit etwas Fachwerk und Sandsteinen in der Nähe des historischen Brunnens am
Ortsmittelpunkt favorisieren. Die Entscheidung des örtlichen Gremiums hierzu
steht aber noch aus. Vorgesehen ist die Integration eines einzelnen offenen
Rundbogenfensters, dass allen, die das Denkmal betrachten, Durchblick
gewährt." |
Links und
Literatur
Links:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 67-68. |
| Hermann Lau: Dühren. Entwicklung eines Dorfes von 1600 bis 1900.
In: Kraichgau 7 (1981) S. 29-39. |
| Hermann Lau: "Juden", Vorarbeiten zum Ortssippenbuch Dühren
(Kopie von der Verwaltungsstelle Dühren) |
| Wolfgang Vögele: Dühren. Aus der Geschichte eines
Krauchgaudorfes. Sinsheim 1988 (Abschnitt: "Die jüdische
Gemeinde" S. 142-145). |
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|