Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Halle (Kreisfreie Stadt) 
Jüdische Friedhöfe  
  

Zur Geschichte der Friedhöfe      
  
In Halle gab es bereits im Mittelalter einen ersten jüdischer Friedhof, der vermutlich bereits vor 1350 bestand, aber erst 1401 anlässlich einer Erweiterung genannt wurde. Er lag außerhalb der Stadt, unweit des "Judendorfes" beim Kloster Neuwerk (am rechten Saaleufer) auf dem Gelände des später aufgeschütteten Jägerberges und nördlich davon auf dem heutigen Jägerplatz (in nördlicher Richtung bis zur Wall- und Fleischerstraße). Der Friedhof wurde vermutlich bis zur Vertreibung der Juden aus der Stadt 1493 belegt. Beim Bau der Jägerbastion (1534-1537) wurden große Teile dieses Friedhofes vernichtet, der Rest später überbaut. Die Grabsteine wurden zum Bau der Moritzburg verwendet. Bei Baggerarbeiten 1987 wurden auf dem Gelände Gräber entdeckt. Die Gebeine aus 27 Gräbern kamen in den Keller des Museums für Ur- und Frühgeschichte in Halle, obwohl die jüdische Gemeinde der Stadt um eine erneute Beisetzung bat.      
   
Der zweite jüdische Friedhof in der Stadt wurde Ende des 17. Jahrhunderts angelegt. Am 21. Juni 1692 hatte der Kaufmann Assur Marx (lebte von 1699 bis 1730 in dem noch erhaltenen Gebäude Große Märkerstraße 14) für die in Halle lebenden Juden einen Garten zur Anlage eines Friedhofes erwerben können. Auf diesem Friedhof sind in den folgenden Jahren auch auswärtige Juden, die auf der Leipziger Messe verstarben, beigesetzt worden. 1716 konnte er durch Hinzukauf eines Nachbargrundstückes erweitert werden. Bis zur Anlage des neuen Friedhofes Ende der 1860er-Jahre wurde er benutzt. 1937 musste die jüdische Gemeinde einen Teil des Friedhofsgeländes an das Deutsche Reich verkaufen. Ein Teil der Beigesetzten der Fläche wurde auf den neuen Friedhof umgebettet. Auch wurde ein Teil der Grabsteine zum neuen Friedhof gebracht.        
   
Der dritte jüdische Friedhof in Halle ist, nachdem zu seiner Anlage 1864 ein Gelände in der Größe von zwei Morgen erworben wurde, 1869 erstmals belegt werden.  Er war Ende der 1920er-Jahre mit etwa 800 Gräbern voll belegt. Unter den Beigesetzten sind viele bekannte Bürger des halleschen Wirtschaftslebens am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Im Juni 1931 wurde dieser Friedhof erstmals geschändet. Die auf dem Friedhof erbaute Friedhofshalle wird seit der Pogromnacht 1938 (und wieder seit 1953) als Synagoge benutzt (1989-92 restauriert). Die Grabsteine dieses Friedhofes sind noch zum größten Teil erhalten.             
   
1929 wurde der vierte jüdische Friedhof eingeweiht, nachdem im April 1925 ein geeignetes Gelände zu seiner Anlage gefunden werden konnte. Dieser Friedhof ist heute Teil des städtischen Gertraudenfriedhofes. Ein Zaun trennt den Friedhof von dem kommunalen Begräbnisplatz. Die am 20. November 1929 eingeweihte Friedhofshalle war in der NS-Zeit Sammellager für Juden aus Halle, dem Saargebiet, der Pfalz und aus Baden. Von hier aus erfolgten Deportationen nach Theresienstadt und von dort nach Auschwitz. Die Einrichtung einer "Mahn- und Gedenkstätte Jüdischer Friedhof Halle" ist geplant. 
 
 
Aus der Geschichte der Friedhöfe  

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 31. Januar 1919: "Halle a.S., 24. Januar (1919). Ein Opfer der Revolution wurde der 14-jährige Obertertianer Albert Pfifferling, Sohn des Herrn Adolf Pfifferling, hierselbst. Am Sonntag, den 12. Januar, fand eine Kundgebung für die Regierung Ebert-Scheidemann auf dem hiesigen Riebeckplatze statt, und bei dem darauf einsetzenden wilden Schießen traf den unglücklichen Knaben die tödliche Kugel. Die Beerdigung gestaltete sich zu einem ergreifenden Trauerakt. Eine außerordentlich starke Trauerversammlung gab dem unschuldigen Opfer auf seinem letzten irdischen Gange das Geleit. Auch ein Kommando von etwa 20 Matrosen war zur Stelle, deren Führer ein prachtvolles Blumenarrangement, Palme mit Schleife, am Grabe niederlegte. Sämtliche Mitschüler mit ihren Lernern, an deren Spitze der Herr Gymnasialdirektor mit Gattin, nahmen an der Trauerfeier teil. Nach einem einleitenden Trauergesang des Herrn Kantor Neumann sprach Herr Rabbiner Dr. Kahlberg in tief zu Herzen gehender Weise, wobei er sich jeder Anklage gegen die Täter enthielt. Während der Sarg ins Grab gesenkt wurde, flogen zwei Flieger in langsamem Fluge über den Friedhof, der während der Feier unter militärischer Bewachung stand."       
 
Ergänzende Hinweise: es besteht zur Geschichte der aus Datterode stammenden Familie Pfifferling eine Website (erstellt von Gary Samenfeld) mit Informationen zur "History of the Samenfeld/Pfifferling Family" 
Link: http://garysam.typepad.com/history_of_the_samenfeldp/. Der oben genannte Albert Pfifferling war ein Bruder des Großvaters von Gary Samenfeld. Aus der Familie - auch eingestellt in der Website - erhielten wir über Thomas Beck die Todesanzeige für Albert Pfifferling sowie die Traueransprache von Rabbiner Dr. Kahlberg. 
Link zur Übersetzung der Traueransprache in der Website von Gary Samenfeld.          
 Pfifferling Albert Anzeige.jpg (63771 Byte) Pfifferling Albert TA 1919a.jpg (103621 Byte) Pfifferling Albert TA 1919b.jpg (132232 Byte) Pfifferling Albert TA 1919c.jpg (132285 Byte) Pfifferling Albert TA 1919d.jpg (78754 Byte)

  
  
  
Die Lage der Friedhöfe 
    
Zur Lage des mittelalterlichen Friedhofes siehe Beschreibung oben.   
Der zweite Friedhof lag "vor dem Galgtor" auf dem Töpferplan/Martinsberg (heute Wilhelm-Külz-Straße). 
Der dritte Friedhof liegt an der Humboldtstraße 52. 
Der vierte Friedhof liegt an der Dessauer Straße 24.  

Lage der jüdischen Friedhöfe in Halle auf dem dortigen Stadtplan: links anklicken und über das 
Verzeichnis der "Behörden und öffentl. Einrichtungen" zu 
"Friedhof, jüd., Paulusviertel" (= dritter Friedhof Humboldstraße 52) und "Friedhof, jüd., Frohe Zukunft" (= vierter Friedhof, Teil des Gertraudenfriedhofes). Der mittelalterliche Friedhof lag im Bereich (über "Straßenverzeichnis") des Jägerplatzes/Große Wallstraße/Fleischerstraße, der zweite Friedhof im Bereich der Gottesackerstraße/Wilhelm-Külz-Straße.   
    
Halle Friedhof 036.jpg (92358 Byte) Links: Plan des Gertraudenfriedhofes mit Eintragung 
des jüdischen Teiles (an der Dessauer Straße)  
 

    
    
Fotos 
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 14.5.2013)     

Der Friedhof an der Humboldstraße 

   
Halle Friedhof 019.jpg (126254 Byte) Halle Friedhof 016.jpg (117889 Byte) Halle Friedhof 018.jpg (103925 Byte) Halle Friedhof 020.jpg (106005 Byte)
Friedhofsmauer mit 
Blick zum Wasserturm 
Eingang an der 
Humboldtstraße 
Die 1894 errichtete Feierhalle wird seit 1953 
als Synagoge der Halleschen Gemeinde genutzt.   
     
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  Dieses Foto in höherer Auflösung   Dieses Foto in höherer Auflösung 
     
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Dieses Foto in höherer Auflösung    Dieses Foto in höherer Auflösung 
     
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Dieses Foto in höherer Auflösung      
     

Der Friedhof an der Dessauer Straße - Teil des Gertraudenfriedhofes    

 
Halle Friedhof 012.jpg (36993 Byte) Halle Friedhof 035.jpg (85015 Byte) Halle Friedhof 033.jpg (99880 Byte)Halle Friedhof 033a.jpg (49774 Byte)
Historische Aufnahme der Friedhofshalle 
an der Dessauer Straße 
Die Friedhofshalle im Mai 2013 
Dieses Foto in höherer Auflösung 
Die Friedhofshalle mit 
Hinweistafel zur Geschichte
Text der Hinweistafel: "Die Trauerhalle des neuen jüdischen Friedhofs wurde nach einem Entwurf des Leipziger Architekten WIlhelm Haller im expressionistischen Stil errichtet und am 20. November 1929 feierlich eingeweiht. Ab September 1939 war dieses Gebäude nach Umbau Altersheim, Wohnlager und schließlich Sammelpunkt vor den Deportationen in die Vernichtungslager. Für viele Mitglieder der jüdischen Gemeinde zu Halle und weitere Hunderte nach Halle verbrachter Juden wurde dieser Ort zur letzten Station in der Stadt vor ihrem Tod."   
     
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Eingang zum Friedhof  Haus des Friedhofwärters  Teilansicht  
      
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Teilansicht  
  
Hinweistafel: "Urnenruhestätte der jüdischen
 Opfer,  die in den Konzentrationslagern 
getötet wurden"
Noch unbelegte Fläche
 des Friedhofes 
     
     

   
   
Presseartikel zu den Friedhöfen      

Januar 2009: Bericht über einen Rundgang zu den Stätten jüdischer Geschichte in Halle     
Artikel von Martina Springer am 11. Januar 2009 in der "Mitteldeutschen Zeitung" ( www.mz-web.de, Artikel)   
Kulturbau und Todesstätte - Die Trauerhalle auf dem Areal an der Dessauer Straße hat eine wechselvolle Geschichte. 
HALLE/MZ. Jüdisches Leben in Halle - davon zeugen auch Orte der Trauer und des Sterbens. Hallesche Juden haben auf dem Friedhof in der Humboldtstraße und später auf dem an der Dessauer Straße ihre letzte Ruhestätte gefunden. Wenn Rainer von Sivers, Koordinator der Initiative Zivilcourage, während eines Rundgangs zu Stätten des Widerstands und der Vernichtung über jüdisches Leben spricht, dann gehört der Friedhof an der Dessauer Straße dazu. Bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts hatte sich die jüdische Gemeinde um eine neue Friedhofsanlage bemüht. Nach langen Verhandlungen mit der Stadt bekam sie das Areal unmittelbar neben dem Gertraudenfriedhof. Der Leipziger Architekt Wilhelm Haller erhielt den Auftrag, eine Trauerhalle für diesen Friedhof in der damaligen Boelckestraße zu entwerfen. Am 10. Mai 1929 war Baubeginn, nur wenige Monate später, am 20. November 1929, wurde sie eingeweiht. Eine Festschrift würdigte damals die gesamte Anlage als ein bedeutendes Werk der jüdischen Friedhofskultur des 20. Jahrhunderts. Der Friedhof mit Trauerhalle wird als "Bet Olam" (Haus der Ewigkeit) bezeichnet, weil der Mensch nach dem irdischen Tod, so von Sivers, "dem jüdischen Glauben entsprechend ins ewige Leben übergeht". Nur zehn Jahre nach der Errichtung aber wurde die Halle umgebaut - zu einem Alten- und Rückwandererheim, wie es die Nationalsozialisten bezeichneten. Im Klartext hieß das: Die Juden wurden in der Boelckestraße (und anderen Quartieren zum Beispiel in der Humboldtstraße, der Germarstraße, am Großen Berlin und am Harz) konzentriert untergebracht. "Um sie schnell deportieren zu können - in die Vernichtungslager", so von Sivers. Nach und nach mussten sich dort nicht nur hallesche, sondern auch Juden aus anderen Teilen Deutschlands einfinden - und auf ihren Transport in den sicheren Tod warten. 1937 wurde der alte jüdische Friedhof in der Gottesackerstraße, der 1693 angelegt worden war, aufgelöst, die Grabsteine von dort in die Boelckestraße gebracht. Als in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 durch den Hass- und Gewaltausbruch der Nationalsozialisten ungezählte Juden ihr Eigentum und viele selbst ihr Leben verloren, wurde in Halle die Synagoge in der Brauhausstraße zerstört. Die Trauerhalle in der Boelckestraße und das Gemeindehaus in der Germarstraße wurden beschädigt. Jüdisches Leben konnte sich auch in Halle erst nach dem Zweiten Weltkrieg zaghaft wieder entwickeln. Der Friedhof samt der Gebäude wurde nach 1945 erneut jüdisches Eigentum. Der Rundgang führt von diesem Friedhof Dessauer Straße weiter über die Humboldtstraße (dort befindet sich die heutige Synagoge, die 1953 geweiht worden ist) zum Jerusalemer Platz. Es ist der Platz, der seit dem 17. Jahrhundert Standort der jüdischen Synagogen bis zur Zerstörung 1938 war. Seit dem Jahr 1965 erinnern unterschiedliche Mahnmale daran. Während des Rundgangs werden die Teilnehmer auch mit wichtigen jüdischen Mitbürgern der Stadt aus Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft bekannt gemacht. 

      
Zusätzlich eingestellt: Fotos vom "Jerusalemer Platz" in Halle  
Anmerkung: die Gedenkstätte "Jerusalemer Platz" wurde auf dem Grundstück der 1869/70 erbauten und beim Novemberpogrom 1938 durch Nationalsozialisten zerstörten Synagoge in Halle errichtet. In der jetzigen Form stammt die Gedenkstätte von 1987.    

Halle Synagoge 002.jpg (174084 Byte)   Halle Synagoge 003.jpg (159691 Byte) Halle Synagoge 007.jpg (145766 Byte) Halle Synagoge 008.jpg (156026 Byte)
Das Foto in höherer Auflösung  Das Foto in höherer Auflösung     
       
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      Die Gedenktafeln   

          
             

Links und Literatur 

Links: 

Website der Jüdischen Gemeinde Halle     
Website der Stadt Halle   
Gedenkbuch für die Toten des Holocaust in Halle (Projekt des Südstadtgymnasiums in Halle)      
Fotos zum alten jüdischen Friedhof in Halle auch in der Website von Stefan Haas  
http://www.blitzlichtkabinett.de/lost-places/friedhofs-fotografie/friedhöfe-in-sachsen-anhalt/    

Literatur:  

Germania Judaica, II,1 S. 320; III,1 S. 498-507.   
Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Projektleitung: Kathrin Wolff. Gesamtredaktion: Cordula Führer. Berlin 1992.  S. 188-192.   
Michael Brocke/Eckehart Ruthenberg/Kai Uwe Schulenburg: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin). Berlin 1994. 
Michael Brocke/Christiane E. Müller: Haus des Lebens. Jüdische Friedhöfe in Deutschland. Leipzig 2001. S. 404-412.  

    
      

                   
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Stand: 19. Juni 2016