Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Heringen (Werra) (Kreis Hersfeld-Rotenburg)
Jüdische Geschichte 
(erstellt unter Mitarbeit von Wolfgang G. Fischer)  

Übersicht:

bulletZur jüdischen Geschichte in Heringen 
bulletBerichte aus der jüdischen Geschichte in Heringen   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

   
Hinweis: Heringen (Werra) sollte nicht verwechselt werden mit Heringen (Gemeinde Hünfelden), wo es eine kleine jüdische Gemeinde gab.  
   
   
Zur jüdischen Geschichte in Heringen              
     
In Heringen lebten in der Zeit vom 16. bis zum 20. Jahrhundert wenige jüdische Personen / Familien. In einem Beitrag von Wolfgang D. Fischer (siehe unten, Beitrag zu Schutzjud Daniel Levi) liest man über die erste Erwähnung eines jüdischen Einwohners in einer Amtsrechnung von 1592, aus der hervorgeht, dass ein vermutlich kurz vorher zugezogener "Jacob der Jud" bis auf weiteres jährlich 5 Gulden Schutzgeld zu zahlen hatte. 1640 wird berichtet, dass kein Jude mehr im ganzen Amt leben würde, nachdem der in Heringen wohnhaft gewesene "Friedelmann" heimlich weggezogen und 11 Gulden 7 Albus Schutzgeld schuldig geblieben sei. Um 1670 wird der Schutzjude Manes in Heringen genannt, der 1693 einer derjenigen Einwohner war, die Branntwein brennen durften. 1690 wird mit dem Juden Hertz ein Vertreter der späteren Familie Bacharach genannt. In dieser Zeit zog auch ein Jude namens Sußmann Rot am Ort zu. 1697 folgte der "Jude und Schutzverwandte" Hehle aus Schweinsberg, um 1705 Aaron Hammelburg aus Niedenstein.    
   
In der Mitte des 18. Jahrhunderts werden die Schutzjuden Daniel Levi, Hertz und Calmann Bacharach am Ort genannt. Daniel Levi hatte einen Schutzbrief von 1736, seine (vermutlich zweite) Frau hieß Peß, seine sechs Kinder Isaak, Jonas, Elckell, Feyell, Melech und Salomon. Nur Isaak als der vermutlich älteste Sohn erhielt 1764 einen Schutzbrief für Heringen, wo er noch 1807 genannt wird. 
  
Im benachbarten Friedewald lebte im 18. Jahrhundert der Jude Meyer Levi mit einem Schutzbrief von 1732.  
   
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war eine "Judenschule" (Betraum) in einem heute noch stehenden Haus vorhanden.              
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: Zahlen liegen noch nicht vor.
  
Über die jüdischen Familien in Heringen um 1850 siehe den Beitrag von Wolfgang D. Fischer (Literaturliste).    
   
An Einrichtungen war möglicherweise in einem der jüdischen Häuser ein Betraum vorhanden. Die aus den jüdischen Familien Verstorbenen wurden im jüdischen Friedhof in Vacha beigesetzt.   
  
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Hermann Dessauer (geb. 21.2.1898 in Heringen, gef. 5.10.1917; Hinweis von Markus Streb vom 14.7.2017; Hermann Dessauer wird in einigen Darstellungen fälschlicherweise als Gefallener aus Heringen bei Limburg genannt). 
  
1933 wurden noch 17 jüdische Einwohner gezählt. In den folgenden Jahren sind die meisten von Ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien aus Heringen verzogen oder ausgewandert. So sind die Familien Dessauer bereits 1933 beziehungsweise 1935 aus dem, Ort verzogen. Helmut Dessauer emigrierte mit seiner Frau und dem Sohn Gerhard in die Niederlande, von wo aus sie 1943 ab Westerbork in das Vernichtungslager Sobibor deportiert wurden. Beim Novemberpogrom 1938 kam es zu Ausschreitungen gegen die letzte jüdische Familie in Heringen, die Familie Bacharach. Auch die Bacharachs hatten den Umzug nach Frankfurt schon geplant, zumal die Töchter von der Volksschule verwiesen worden waren und eine spezielle "Judenklasse" in Vacha besuchen mussten. Beim Pogrom wurde das Geschäft von Joseph Bacharach überfallen, die Türen, Fenster, Schaufenster und die Hofeinfriedung zerstört. Joseph Bacharach wurde in "Schutzhaft" genommen und über Kassel in das KZ Buchenwald verbracht. Mitte Dezember 1938 konnte die Familie nach seiner Rückkehr aus Buchenwald nach Frankfurt umziehen, wo Joseph Bacharach am 29. Mai 1940 verstarb, möglicherweise an den Folgen der KZ-Haft oder auf Grund einer erneuten Gestapohaft. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof an der Frankfurter Rat-Beil-Straße beigesetzt. Seine Frau und die beiden Töchter wurden in das Ghetto Minsk deportiert und sind umgekommen. 
  
Von den in Heringen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Joseph Bacharach (1880), Hannelore (Lore) Bacharach (1930), Meta Bacharach geb. Katz (1895), Ruth Bacharach (1928), Minna Braun geb. Dessauer (1890), Gerhard Dessauer (1927), Helmut Dessauer (1900), Nathan Dessauer (1895), Paula Dessauer geb. Baumgart (1899), Simon Dessauer (1893), Ursula Babette Dessauer (1924). 
 
Zu den aus Heringen umgekommenen Personen vgl. weitere Angaben in der Website hassia-judaica.de : 
http://www.hassia-judaica.de/Orte/Heringen/Holocaustopfer/Heringen_Holocaustopfer.pdf   
  
1988 wurde auf dem neuen Friedhof in Heringen (Vachaer Berg) eine Gedenktafel mit den Namen der aus Heringen umgekommenen jüdischen Personen enthüllt. Die Gedenktafel trägt die Inschrift: "Zum Gedenken an unsere Heringer Mitbürger, die dem menschenverachtenden Naziregime zum Opfer gefallen sind ... [es folgen die Namen und Lebensdaten] ... Wir alle, ob schuldig oder nicht, ob alt oder jung, müssen die Vergangenheit annehmen. Wir alle sind von ihren Folgen betroffen und für sie in Haftung genommen. (Bundespräsident Richard von Weizsäcker). Ihre Seelen seien eingebunden in den Bund des Lebens. Heringen, den 9. November 1988."      
   
   
   
Berichte aus der jüdischen Geschichte in Heringen             

In jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in Heringen gefunden.    

   
   
   
Fotos    

 Gedenkstätte und Gedenktafel auf dem
neuen Friedhof
(Fotos: Hahn, Aufnahmen vom 23.10.2019)
    
   Gedenkstätte mit Namenstafeln für Gefallene
der Weltkriege aus Heringen und der Tafel für
die jüdischen Opfer der NS-Zeit
 Gedenktafel für die jüdischen Opfer
der NS-Zeit
 

       

      
Links und Literatur

Links: 

bullet

Website der Stadt Heringen    

Literatur:  

bulletWolfgang G. Fischer: Das Testament des Schutzjuden Daniel Levi in Heringen aus dem Jahre 1786. In: Heimatkalender Hersfeld-Rotenburg Bd. 30 1986. S. 65-66. Online eingestellt.  
bulletders.: Die jüdischen Familien in Heringen an der Werra um 1850. In: Heimatkalender Kreis Hersfeld-Rotenburg. Bd. 31 1987. S. 51-56. 
bulletders.: Das Novemberpogrom in Heringen. In: Mein Heimatland. Zeitschrift für Geschichte, Volks- und Heimatkunde. 1988.  
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 61-62.  

   
     

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020