Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Ketsch mit
Brühl (Rhein-Neckar-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In dem bis zum Anfang des
19. Jahrhunderts zum Hochstift Speyer gehörenden Ketsch bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1937. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück.
Erstmals werden 1727 Juden am Ort genannt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1825 24 jüdische Einwohner (3,6 % von insgesamt 670 Einwohnern); höchste
Zahl um 1853 mit 44 jüdischen Einwohnern, 1871 39, 1875 20 (1,3 % von 1.560),
1887 18,
1900 27 (1,1 % von 2.349), 1892 24 (in 5 Familien), 1897 33 (von insgesamt 2140
Einwohnern), 1898 31 (in 5 Haushaltungen), 1899 28 (in sechs Haushaltungen),
1901 28 (in fünf Haushaltungen), 1910 26 (0,9 % von 2.943).
Zur jüdischen Gemeinde in Ketsch gehörten auch die wenigen im benachbarten Brühl
lebenden jüdischen Einwohner. Hier wurden erstmals 1900 fünf jüdische
Einwohner gezählt (1910: sechs, 1925 vier, 1933 sechs).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde ein Betsaal (Synagoge),
vermutlich auch einen Raum für den Religionsunterricht der Kinder. Die Toten
der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof
in Wiesloch beigesetzt. Einen eigenen Lehrer hatte die Gemeinde zu keiner
Zeit. Zeitweise hat der Schwetzinger Lehrer die Gemeinde in Ketsch
mitbetreut, 1887/1888 war es Lehrer Strauß aus
Neidenstein, der in Ketsch den jüdischen Religionsunterricht erteilte. Um
1892/1898 unterrichtete Lehrer Eichstetter aus
Schwetzingen die jüdischen Kinder in
Ketsch (1897 fünf Kinder, 10ß1 acht Kinder). Damals wird als Kantor/Vorbeter in
Ketsch ein Herr Rubin genannt. Als Rendant wird 1901 L. Metzger genannt.
1827 wurde die Gemeinde dem Rabbinatsbezirk Heidelberg zugeteilt.
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1892/1901: S. Rhein, N.
Frank und G. Kauffmann.
Die jüdischen Familien waren im Leben des Dorfes weitestgehend integriert. Ein
jüdischer Einwohner war nach 1900 Mitglied des Bürgerausschusses (für die
demokratische Partei), ein anderer war 1908 Mitbegründer der freiwilligen
Feuerwehr. Mehrere jüdische Einwohner waren Mitglieder der örtlichen Sport-
und Kulturvereine.
Um 1924, als noch 16 jüdische Einwohner in Ketsch gezählt wurden (0,4 %
von 3.622 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Karl Rhein und Jonas
Kaufmann. Zur Gemeinde gehörten auch die vier in Brühl lebenden jüdischen
Einwohner. 1932 waren die Gemeindevorsteher weiterhin Karl Rhein (1.
Vors.) und Jonas Kaufmann (Schriftführer). Als Religionslehrer der Kinder der
Gemeinde und als Schochet kam regelmäßig Lehrer Heinrich Bloch aus Schwetzingen
nach Ketsch. Freilich gab es im Schuljahr 1931/32 nur ein Kind in der Gemeinde
in Religion zu unterrichten.
1933 gehörten jüdischen Familien noch ein Manufakturwarengeschäft,
eine Lebensmittelhandlung und ein Textilgeschäft. Bis 1932 bestand die Ziegelei
von Gustav Kaufmann; er hatte auch eine Rheinkiesbaggerei.
1933 wurden noch 13 jüdische Einwohner gezählt. Auf Grund der Folgen
des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien
sind mehrere von ihnen in den folgenden Jahren ausgewandert bzw. in andere
Orte verzogen. Im März 1933 wurde Artur Metzger (Angehöriger der
kommunistischen Partei), verhaftet und für 10 Monate in das KZ Kislau
eingeliefert. Bis 1938 konnte eine Familie nach Südafrika, eine andere in die
USA emigrieren. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge und die
Wohnung von Max Kaufmann (Träger der badischen Verdienstmedaille und des EK
II) verwüstet. Er war bereits mehrfach verhaftet worden. In Brühl
wurde das Geschäft der Familie Rhein (Gemischtwarenladen direkt gegenüber dem
Rathaus) demoliert, das Mobiliar auf die Straße geworfen und angezündet. Die
drei Frauen Rhein verkauften darauf ihr Anwesen unter Wert und siedelten nach
Mannheim über, von wo sie später deportiert und in Auschwitz ermordet wurden.
Von den 1933 in Ketsch lebenden jüdischen Einwohnern wurden fünf im Oktober
1940 (von anderen Orten aus) in das KZ Gurs in Südfrankreich verschleppt. Dort
ist Friederike Kaufmann umgekommen, Sara Marx in Noe; Lina Goldschmidt ist in
Gurs verschollen.
Von den in Ketsch geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Rosa Sofie Adler geb.
Rubin (1893), Frieda Bermann geb. Frank (1883), Johanna Blum geb. Rhein (1889),
Lina Goldschmidt geb. Rhein (1901), Erna Isaak geb. Metzger (1900), Friederike
Kaufmann (1877), Henriette Lorch (1885), Sara Marx (1875), Sigmund Marx (1858),
Arthur Metzger (1899), Siegmund Metzger (1903), Lena (Lenchen) Rhein (1894),
Thekla Rosenthal geb. Metzger (1908), Selma Rubin (1901), Emma (Emmy) Simon geb.
Rhein (1887), Beate (Beatrice Beatrix) Türkheimer geb. Kaufmann (1905, später
wohnhaft in Ludwigshafen).
Aus Brühl sind umgekommen: Frieda Rhein geb. Kahn (1880), Lena (Lenchen)
Rhein (1894; geb. in Ketsch, später in Brühl wohnhaft) und Martha Rhein
(1921).
Seit 1998 erinnert ein - allerdings sehr unscheinbarer - Gedenkstein an einem
Parkplatz gegenüber dem Rathaus in Brühl an die umgekommenen Mitglieder der
Familie Rhein. Am 20. Februar 2014 wurden für Frieda, Lena und Martha
Stein in Brühl "Stolpersteine" verlegt: Artikel
im morgenweb.de vom 7.2.2014) sowie
Artikel im morgenweb.de vom 22.2.2014 sowie Artikel
in MRN-News.de vom 26.2.2014. .
Anmerkung: es gab als jüdischen Familiennamen den Namen (vermutlich
Herkunftsname) "Ketsch", u.a. in Gernsheim.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers und Vorbeters (1853
/ 1854)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 5. März 1853 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Bei
der israelitischen Gemeinde Ketsch ist die Stelle eines
Religionslehrers und Vorbeters erledigt, mit welcher ein Gehalt von 135
fl. nebst freier Wohnung, dem üblichen Schulgelde und den von jener
Stelle abhängigen Gefällen verbunden ist.
Die Bewerber haben sich binnen sechs Wochen unter Vorlage ihrer
Rezeptionsurkunden und der Zeugnisse über sittlichen und religiösen
Lebenswandel bei der Bezirkssynagoge Heidelberg zu melden.
Falls sich kein rezipierter Schulkandidat melden sollte, können auch
andere taugliche Subjekte nach erstandener Prüfung bei dem
Bezirksrabbiner zur Konkurrenz zugelassen werden." |
|
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 18. Oktober 1854 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Vakante Schulstellen. Die mit einem festen Gehalte von 135
fl. und einem jährlichen Schulgelde von 48 kr. für jedes die
Religionsschule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon abhängigen
Gefällen verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde
Ketsch ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen mittelst des
betreffenden Bezirksrabbinats sich anher zu melden.
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- und Rabbinatskandidaten können
auch andere inländische befähigte Subjekte, nach erstandener Prüfung
bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
"Makkabäerfeier" zum
Chanukkafest der zionistischen Ortsgruppe Schwetzingen (mit Hockenheim, Ketsch
und Reilingen) (1902)
Artikel
in "Jüdische Rundschau" vom 9. Januar 1903: "Mannheim, 29. Dezember 1902.
Die hiesige Ortsgruppe hielt am Sonntagnachmittag in
Schwetzingen eine Makkabäer-Feier
ab. Erschienen waren alle jüdischen Familien dieser Stadt sowie viele von
Hockenheim, Ketsch und
Reilingen. Namens der Veranstaltung
begrüßte Julius Wertheim die Anwesenden, worauf der Vorstand der
Schwetzinger Gemeinde, Herr Samuel
Levi dankte. Nach dem Prolog, den Frl. Kaufmann - Ketsch gesprochen
und nach Entzünden des Chanukkalichtes hielt unser Gg. Eichstetter -
Schwetzingen, den wir seit dem
Mannheimer Delegiertentag, dem er als Gast beiwohnte, zu den unsrigen
zählen, eine zündende Ansprache an die vollzählig vertretene Jugend, der
sich mit einigen Worten der Leiter der Versammlung, Gg. Wertheim anschloss.
Wunderbar vorgetragenen Lieder aus jüdischen Motiven, von Frl. Betti Hanf
und Klaviervorträge der Frl. Eugenie Hanf -
Schwetzingen und Alexander -
Hockenheim leiteten zu der Festrede
ein, die unser Gg. Julius Simon - Mannheim in formvollendeter Weise hielt.
Tosender Beifall lohnte die klaren Ausführungen des Redners. Vorträge
humoristischer Art unseres Gg. Traub, wiederholte musikalische Darbietungen
oben erwähnter Damen wechselten mit weiteren Ansprachen ab. Alles in allem:
wir haben einen Nachmittag verbracht, auf den wir mit Stolz blicken dürfen.
Wir werden uns freuen, Ihnen in Kürze den Gesamtvorstand unserer neuen
Ortsgruppe Schwetzingen -
Hockenheim - Ketsch -
Reilingen mitzuteilen. " |
Prozess vor dem Amtsgericht
Schwetzingen um eine "deutsch-völkische" Veranstaltung mit Beteiligten aus
Schwetzingen und Ketsch (1921)
Anmerkung: drei jüdische Gemeindeglieder aus Schwetzingen (Altwarenhändler
Leopold Springer und Zigarrenfabrikant Ernst Heß) und Ketsch (vermutlich Max
Kaufmann) waren von Vertretern des Deutsch-völkischen Schutz- und Trutzbundes
wegen angeblicher Störungen usw. einer Veranstaltung angeklagt worden; der
Prozess endet in geradezu peinlicher Weise für die Vertreter des "Schutz- und
Trutzbundes". Zu dieser antisemitischen Gruppierung vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutschvölkischer_Schutz-_und_Trutzbund; zu
dem Redner Jürgen von Ramin (1884-1962):
https://de.wikipedia.org/wiki/Jürgen_von_Ramin. Zu Gustav Meyrink siehe
https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Meyrink und sein Werk "Der Golem"
https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Golem. Gustav Meyrink war allerdings
nicht, wie der Staatsanwalt sagte, ein Sohn des Königs von Bayern, sondern ist
1868 in Wien als unehelicher Sohn des württembergischen Staatsministers Karl von
Varnbüler und der Hofschauspielerin Marie Meyer geboren.
Artikel in "Israelitisches Familienblatt" vom 30. Juni 1921: "Schwetzingen.
(Ein deutsch-völkischer Prozess). Vor dem hiesigen Amtsgericht wurde
gegen vier Angeklagte aus Schwetzingen
und Ketsch verhandelt wegen Nötigung, öffentlicher Beleidigung unter
Ruhestörung. Der Anklage gegen den Schlosser Franz Platscheck, den
Althändler Leopold Springer und den Fabrikanten Ernst Heß lag
eine von dem Geschäftsführer des Deutsch-völkischen Schutz- und
Trutzbundes, Apotheker Ernst, erstattete Anzeige zu Grunde. Es
handelt es sich um Vorgänge in einer Versammlung, die der deutsch-völkische
Schutz- und Trutzbund auf den 9. November vorigen Jahres nach Schwetzingen
einberufen hatte und in der Freiherr Jürgen von Ramin reden sollte.
Die Versammlung war gegen 1 Mark Eintrittsgeld jedem zugänglich. Mit
Rücksicht auf die Wühlarbeit, die von deutsch-völkischer Seite einige Zeit
vorher durch Plakate jeden Formats geleistet wurde - es handelte sich um die
bekannten antisemitischen Hetzblätter - und des Rufes, der Freiherrn von
Ramin vorausging, hatten sich zu dieser Versammlung auch Gegner eingefunden,
darunter die vier Angeklagten. Nach Schilderung der Zeugen war der Auftakt
der Versammlung auf der einen Seite das Verlangen einer Bürowahl zur
Sicherung einer Diskussion, auf der deutsch-völkischen Seite der Ausspruch 'Juden
sind keine Deutsche'. Das provozierte, es gab lärmende Gruppen, der
Versammlungsleiter bemühte sich, eine einleitende Ansprache zu halten, drang
gegenüber den Zurufen aber nicht durch, und schließlich kam der Redner des
Abends an das Rednerpult, um mit seinen Ausführungen zu beginnen. Da sich
aber die Plänkeleien noch nicht gelegt hatten, gelang es ihm nicht, zu Wort
zu kommen. Auf der einen Saalseite wurde die Marseillaise angestimmt und
darauf zündete sich Freiherr Jürgen von Ramin eine Zigarre an und drehte
doch Versammlung, die aus 3-400 Teilnehmern bestand, ostentativ seine
Kehrseite zu. Das war Öl ins Feuer, die Erregung wuchs, es kamen Rufe
wie der 'Das will ein Offizier sein' und 'Das will ein Deutscher sein'.
'Holt ihn herunter'. Eine Anzahl Leute sprang aufs Podium, und Herr von
Ramin wurde herunter- und hinausgedrängt. Mit der Versammlung war es dann
vorbei. Die Trutzbündler riefen den Staatsanwalt um Schutz an, und auf ihre
Aussagen gründete sich dann eine Anklage, die gegen Platzeck auf Nötigung
(Herunterzerren des Freiherrn von Ramin) lautete, gegen Springer und Hess
auf Anstiftung der Ruhestörung (durch Einreden auf Arbeiter, wie die Anklage
sagt), gegen Kaufmann auf öffentliche Beleidigung unter der Beschuldigung,
dass er 'Deutsche Schweine und deutsche Hunde' gerufen habe, und auf
Ruhestörung. Die Anlage fiel völlig zusammen, die Staatsanwaltschaft wurde
von den Vertretern des deutsch-völkischen Schutz- und Trutzbundes völlig im
Stich gelassen, die eidlichen Aussagen der Belastungszeugen brachten einen
Rückzieher nach dem andern. Die Angeklagten wurden sämtlich
freigesprochen unter Aufbürdung der Kosten auf die Staatskasse. In
seinem Plädoyer führte der Vertreter der Staatsanwaltschaft aus,
Ramin habe sich in nicht qualifizierbarer Weise benommen. Der
Staatsanwalt sehe sich heute von den großspurigen Herren, die die Anzeige
gemacht und unterstützt hätten, verlassen und müsse die Beurteilung in das
Ermessen des Gerichts stellen. Zum Schluss gab es noch ein ergötzliches
Intermezzo. Apotheker Ernst erbat sich das Wort. In wenigen Sätzen
wollte er das Judentum kennzeichnen. Er wolle einige Sätze aus dem Roman
'Golem' des Juden Meyrink vorlesen. Und er las. Und dann sagte ihm
der Staatsanwalt - in aller Öffentlichkeit natürlich - dass besagter Gustav
Meyrink, den Ernst als bestes Beispiel für die Schlechtigkeit der Juden
hinstelle, ein Sohn des Königs von Bayern sei. Tableau!" |
Kriegsauszeichnungen für Max
Kaufmann (1916 / 1917)
Mitteilung
in "Israelitisches Familienblatt" vom 20. Januar 1916: "Ketsch (Baden).
Max Kaufmann, Gefreiter in einem Artillerieregiment, erwarb sich die
Badische Silberne Verdienstmedaille. " |
|
Mitteilung
in "Israelitisches Familienblatt" vom 15. Februar 1917 zur Verleihung des
Eisernen Kreuzes II. Klasse: "Ketsch am Rhein. Unteroffizier
Max Kaufmann, Inhaber der Badischen Verdienstmedaille." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Max Kaufmann sucht für sein Möbel-,
Manufaktur- und Ausstattungsgeschäft eine Mitarbeiterin (1910)
Anzeige
in "Israelitisches Familienblatt" vom 5. Mai 1910: "Suche sofort
Fräulein, womöglich nicht über 20 Jahre, aus gutbürgerlicher jüdischer
Familie, zur Unterstützung meiner Frau im Geschäft und Haushalt, ebenso eine
schöne Schrift erwünscht. Familienanschluss, Samstags und Feiertags
größtenteils geschlossen. Offerten mit Gehaltsansprüchen und Photografie an
Max Kaufmann,
Möbel-, Manufaktur- und Ausstattungsgeschäft,
Ketsch bei Schwetzingen in Baden. " |
Verlobungsanzeige von Beate
Kaufmann (Ketsch) und Gregor Türkheimer (Ludwigshafen, 1923)
Anmerkung: Gregor Türkheimer und Beate geb. Kaufmann wurden nach der
Deportation 1942 in Auschwitz ermordet. Genealogische Informationen siehe
https://www.geni.com/people/Gregor-T%C3%BCrkheimer/6000000083047921924.
Über die Lebensgeschichte von Beate Türkheimer geb. Kaufmann siehe
Beitrag von Erhard
Schnurr (eingestellt als pdf-Datei; Teilkopie aus einer Dokumentation,
welche die Familie Kaufmann aus Ketsch beschreibt).
Anzeige
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 29. Juni 1928:
"Beate Kaufmann - Gregor Türkheimer.
Verlobte. Juni 1923.
Ketsch am Rhein -
Ludwigshafen am Rhein."
|
Zur Geschichte des Betsaales/der Synagoge
Bereits um 1750 bestand ein Betsaal
(Synagoge), dessen Standort nicht mehr bekannt ist. Zeitweise besuchten auch die
Juden aus Schwetzingen die Ketscher Synagoge. Da um 1800 nur zwei jüdische
Familien am Ort lebten, besuchten diese nun die Gottesdienste im Schwetzinger
Betsaal. 1824 verlangten die Juden in Ketsch die Wiedererrichtung ihrer früheren
Synagoge. Diese sei zwischenzeitlich nur deswegen in Abgang geraten, weil
Meinungsverschiedenheiten die Mitglieder der Gemeinde vom Besuch der
Gottesdienste fernhielten. Die Antragsteller, voran die ortsältesten Israeliten
Bär und Rhein, beriefen sich auf das frühere Bestehen einer Synagoge am Ort,
aber auch darauf, dass diese damals sogar von den Schwetzinger Juden besucht
worden sei. Darauf wurde die Einrichtung einer Synagoge in Ketsch wieder
genehmigt. Als Gebäude eignete sich das 1775 erbaute Haus Hockenheimer Straße
42 (früher Hausplatz Nr. 71), das im Besitz des jüdischen Gemeindeglieds Herz
Lorch stand. Der Gottesdienstraum an der bruchseitigen Giebelfront des Gebäudes
nahm etwa ein Viertel des Hauses ein. Wie regelmäßig nach dem Rückgang der jüdischen
Gemeindeglieder gegen Ende des 19. Jahrhunderts und bis in die 1930er-Jahre noch
Gottesdienste in der Synagoge gefeiert werden konnten, ist nicht bekannt.
Jedenfalls wird es sehr schwierig geworden sein, die notwendige Zehnzahl der jüdischen
Männer zusammen zu bekommen.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge verwüstet.
Da die jüdische Gemeinde nur noch Miteigentümerin des Gebäudes war, konnte
eine Inbrandsetzung des Hauses nicht vorgenommen werden. Das Eigentum an der
Synagoge wurde im März 1939 vom Oberrat der Israeliten verkauft.
Das Gebäude der ehemaligen Synagoge wurde vor einigen
Jahren abgebrochen, das Grundstück ist noch unbebaut.
Fotos
Historische Fotos:
Historische Fotos sind nicht bekannt, eventuelle
Hinweise
bitte an den Webmaster von Alemannia Judaica, Adresse siehe Eingangsseite |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Aus der Darstellung von
Robert Fuchs s. Lit.: |
|
|
|
Skizze der
Synagoge |
Ortsplan von Ketsch mit Eintragung von
Synagoge
und ehemaligen jüdischen Häuser |
|
|
|
Foto um 1985
(Foto: Hahn) |
|
|
Das Gebäude der ehemaligen Synagoge
Hockenheimer Straße 42 |
|
|
Fotos 2003
(Fotos: Hahn) |
|
|
|
Die ehemalige Synagoge ist
inzwischen abgebrochen |
Hinter dem Bretterzaun stand
die
ehemalige Synagoge |
|
|
|
Foto April 2010
(Foto: Michael Ohmsen) |
|
|
Hinter
dem Bretterzaun stand die ehemalige Synagoge |
|
|
|
|
|
|
Gedenken in
Brühl
(Foto von Michael Ohmsen, Mai 2011;
vgl. Fotoseite
mit Fotos zu Brühl) |
|
|
|
Gedenkstein
an einem Parkplatz gegenüber dem Rathaus in Brühl mit der Inschrift:
"1938
- 1998. Zum Gedenken an Frieda, Lena und Martha Rhein und
an alle Opfer von Verfolgungen. Gemeinde Brühl - 9. November 1998"
Zu diesem Stein werden am 20. Februar 2014 drei
"Stolpersteine" in Brühl verlegt. |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 152-153. |
| Robert Fuchs: Die Kirchengeschichte von Ketsch, 3. Abschnitt: die ehemalige
israelitische Gemeinde Ketsch. o.J. |
| Albrecht Lohrbächer: Sie gehörten zu uns. Geschichte und
Schicksale der Schwetzinger Juden. 1978. S. 56.60-61. |
| Joseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern -
Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from
their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem
1986. S. 472-473. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007.
|
| Reimer Schölermann: Gegen das Vergessen. Brühl
2013.
Die 20-seitige Publikation, die im Rathaus von Brühl erhältlich ist,
ist dem Gedenken der jüdischen Familie Rhein und der anderen Brühler Opfer
der NS-Zeit gewidmet. Dazu ein Presseartikel von Ralf Strauch:
"Von angesehenen Bürgern zu Verfolgten" in der "Schwetzinger
Zeitung" vom 6. November 2013: in morgenweb.de
vom 6.11.2013 |
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|