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Friedhöfe in der Region"
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jüdischen Friedhöfe im Kreis Mayen-Koblenz
Koblenz (Rheinland-Pfalz)
Jüdischer Friedhof
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Siehe Seite zur Synagoge in Koblenz (interner
Link)
Zur Geschichte des Friedhofes
(Text von Helene Thill, Koblenz)
Im Jahre 1281 hatte Erzbischof Heinrich von Vinstingen gegen
den Willen der Koblenzer Bürgerschaft Juden in der Nähe seiner Burg (Heute:
Münzgasse) angesiedelt. Vorher gab es in Koblenz auch schon Juden, was Benjamin
von Tudela ebenfalls bestätigt.
Die Jüdische Gemeinde kaufte im Jahre 1303 vom Koblenzer Bürger Sifrid
von Montabur und dessen Ehefrau Mechtild einen halben Morgen Weingarten, in der
Mulde gelegen, um ihn als Friedhof zu benutzen. Das Original dieses Kaufbriefes
legte die Jüdische Gemeinde während des Prozesses gegen die Familie
Umbscheiden im Jahre 1822 vor.
Nachdem 1418 die Juden aus dem Erzstift vertrieben worden waren, fiel der
Begräbnisplatz an den Kurfürsten und Landesherrn Otto von Ziegenhain, der
schon vor seiner Ernennung immer in Geldnöten war. Er gab ihn als Lehen weiter
an die Familie des Gotthard Sack von Dieblich, die ihn als Viehweide nutzte. Die
Grabsteine wurden als Baumaterial u.a. als Fundament im Anbau des Chores der
Koblenzer Liebfrauenkirche benutzt. Bei Grabungen in den Jahren 1962 und 1979
fand man mehrere Leichensteine und befestigte einen an die Innenwand der
Liebfrauenkirche. Er trägt die Inschrift: "Zeuge ist dieser Wälzstein und
Zeugin die Stele, die aufrichtete der fromme und willige Ehemann zu Häupten der
frommen und züchtigen Ehefrau Chana, der Tochter des Herrn Jehuda, die
verschied am 8. Tammus, am 6. Tag (= Freitag) 1149 im Garten Eden. Amen.
Sela". Somit ist anzunehmen, dass der heutige Friedhof schon vor der
Beurkundung existierte, was die Jüdische Gemeinde immer wieder betonte. Nach
der Rückkehr im Jahre 1592 erhielten die Juden wieder durch ein
landesherrliches Edikt das Recht, einen Totenacker zu erwerben.
Die jüdische Pietät hat dann dazu geführt, dass der Friedhof gegen eine
Abgabe wieder als Begräbnisplatz benutzt werden durfte. Zwischen 1592 und 1657
aber beerdigten die Juden ihre Toten in der Umgebung von Koblenz. So ist z.B.
der bekannte Rabbiner R. Wolf Coblenz am 29. Tewet 1610 in Arzheim (heute ein Stadtteil
von Koblenz) beerdigt worden (siehe Memorbuch von Koblenz und Memorbuch von
Ehrenbreitstein). Am 23. Juni 1638 bestätigt das Domkapitel den Vertrag mit
Anna Margaretha von Moelmaritz, wonach der "Kirchhof" den Juden
zurückgegeben wird; dafür zahlt die Gemeinde 9 Gulden (4 Taler) an den Kellner
von Koblenz.
Erst nach Abschluss des Vertrages mit der Familie Schütz von Holzhausen, welche
am 8. Dezember 1655 mit dem Grundstück belehnt worden war, ist der Platz
wieder als Friedhof benutzt worden. Für jede Leiche musste jetzt bezahlt werden
und zwar 2 Florin für die Leiche eines Erwachsenen und einen Florin für die
eines Kindes, obgleich der Friedhof eigentlich Eigentum der Jüdischen Gemeinde
war. Mehrfach gab es deswegen Prozesse: z.B. in den Jahren 1746 und 1775, in
welchen die Gemeinde zur Zahlung angehalten wurde.
Am 23. Mai 1668 übertrug der Erzbischof Carl Casper, der den Friedhof
für eine andere Sache eingetauscht hatte, diesen auf den Kanonikus Langmehser
und die Erben des G. Gamen.
Als nach der Französischen Revolution die Franzosen in Koblenz die
Herrschaft übernahmen und der letzte Kurfürst Clemens Wenzeslaus, ein Sohn
August des Starken von Sachsen, nach Augsburg geflüchtet war, wurde die Zahlung
der Friedhofsabgabe durch das napoleonische Dekret vom 9. Vendemiare XII (=
1805) abgeschafft.
1822 verklagte die Familie Umbscheiden, welche sich als Eigentümerin des
jüdischen Friedhofes betrachtete, die Gemeinde auf Nachzahlung und
Weiterzahlung der Abgaben. Der Prozess aber wurde zu Gunsten der Jüdischen
Gemeinde entschieden.
Moses Seligmann, Vater des späteren Koblenz-Kölner Bankiers Leopold Seligmann
hatte 1803 für 1200 Frc. neben dem Friedhof noch eine Domäne für die
Jüdische Gemeinde dazugekauft, welche 1831 zur Hälfte wieder verkauft wurde,
weil mit dem Erlös das Krankenhaus in der Görgenstraße finanziert werden
sollte.
Auf dem Friedhof beerdigten bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts auch die an
der Mosel wohnenden Juden aus Dieblich, Kobern usw. ihre Toten.
Am 6. November 1880 wurde Rabbiner Lewin beauftragt, alle noch lesbaren
Grabsteine aufzunehmen und zu nummerieren. Diese Arbeit war am 19. Mai 1885
beendet. Ein Beerdigungsbuch, das seit dieser Zeit bis 1942 geführt wurde,
befindet sich heute in Jerusalem.
1922 errichtete die Jüdische Gemeinde auf dem Friedhof ein Ehrenmal mit
den Namen von 23 Gefallenen des Ersten Weltkrieges. Dieses wurde zwischen 1940
und 1945 vollständig zerstört. Seit 1947 steht an dieser Stelle ein
Denkmal ohne Namen für die in der NS-Zeit ermordeten jüdischen
Koblenzer.
Da der jüdische Friedhof 1922 voll belegt war, hat man eine Hälfte des
Grundstücke fast 2 Meter hoch mit Erde aus einem Baugebiet in Koblenz-Lützel
aufgeschüttet. Die alten Grabsteine begrenzte bis ungefähr 1941 die
Kastanienallee im Mittelteil des Totenhofes.
Diese Grabsteine verarbeite man zum Teil während der NS-Zeit zu Treppenstufen
für das Nationalsozialistische Mütterheim in Koblenz. Auf Befehl der
französischen Besatzungsmacht wurden die noch sichtbar beschriebenen Steine
nach 1945 aus den Treppenstufen herausgelöst und auf den Friedhof
zurückgebracht. Andere Grabsteine, wie z.B. der von Rabbiner Dr. Moritz Singer,
wurden von Steinmetzen bearbeitet und dabei die obere hebräische Inschrift
abgeschliffen (Anmerkung: Moritz Singer ist der Vater von Dr. Kurt Singer,
Abiturient des Koblenzer Göttesgymnasiums, Leiter des Jüdischen Kulturbundes /
Berlin während der BS-Zeit). Der letzte Koblenzer Rabbiner war Dr. Max
Vogelstein von 1935 bis 1937.
Heute steht der Friedhof unter Denkmalschutz. Der älteste Grabstein ist der von
Coblenz Simeon, Sohn des Saul Benjamin, gestorben am 24. Adar 5417 (= 1657), der
im Memorbuch von Ehrenbreitstein verzeichnet ist.
Aus der Geschichte des Friedhofes
Grabsteine des Friedhofes wurden in der NS-Zeit zum
Hausbau verwendet (1950)
Artikel in der "Zeitschrift "Der Aufbau"
vom 1. September 1950: "Jüdische Grabsteine als Treppenpflaster.
'In Koblenz sprechen die Steine nicht, sie schreien', schreibt ein
Besucher der Stadt. Unter Hitler wurde in der Vorstadt Lützel ein
sogenanntes Frauenschaftshaus erbaut, das die Bombardements überstanden
hat. Es ist ein ungewöhnlich prächtiges Gebäude im Nazistil. Als der
Besucher, Mordechai Bernstein, die Treppen hochstieg, sah er, dass sie mit
jüdischen Grabsteinen gepflastert waren. Voller Empörung las er
Inschriften wie 'Ruhe in Frieden', 'Ruhe in Eden'. Bernstein wurde sofort
bei den Behörden vorstellig, denen es nach fünf Jahren noch nicht
eingefallen war, die Grabsteine wieder auf den Friedhof zu bringen. Die
Stadtverwaltung Koblenz hat bisher nichts unternommen, um die Schändung
wieder gut zu machen." |
Interner Link: Dokumentation
des jüdischen Friedhofes von Dieter Peters (pdf-Datei)
Hinweis: in der ehemaligen Trauerhalle des
Friedhofes wurde nach 1945 die Koblenzer Synagoge eingerichtet, siehe Seite
zur Synagoge in Koblenz.
Lage des Friedhofes
Schlachthofstraße 5/Schwerzstraße
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Lage des jüdischen Friedhofes
in Koblenz auf dem dortigen Stadtplan: links anklicken und im
Verzeichnis der "Behörden und öffentl. Einrichtungen" zu
"Friedhof, jüd." |
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 18.8.2006)
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Hinweistafeln am
Friedhofseingang |
Teilansichten |
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Teilansichten |
Segnende Hände der Kohanim |
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Grabstein für Dr. Moritz
Singer,
Rabbiner in Koblenz (1854-1900) |
Grabstein für Salomon
Friedberg, Lehrer
und Kantor in Koblenz (gest. 1905) |
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Grabsteine aus der
Zeit von 1657 bis 1838, aufgereiht in der Kastanienallee
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Grabstein für Josef Landau,
gest. 25.9.1831,
mit Levitenkanne |
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Drei Fotos zu den
neueren und neuesten Gräber |
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Denkmal für die
in der NS-Zeit ermordeten jüdischen Koblenzer |
Gedenkinschriften im
Eingangsbereich |
Links und Literatur
Links:
Literatur / CD:
| Germania Judaica II,1 S. 407-414, III,1 S. 624-632. |
| Maren Heyne: Stille Gärten - beredte
Steine. Jüdische Friedhöfe im Rheinland. Bonn 1994 S. 119-122. |
| Norbert
A. Heyeckhaus: Koblenz - Neuwied. Eine fotografische
Gesamtdokumentation der Friedhöfe Koblenz und Neuwied-Niederbieber. Nähere
Informationen. |
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