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Kunreuth (VG
Gosberg, Kreis Forchheim)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Kunreuth bestand eine zeitweise relativ große
jüdische Gemeinde bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Ihre Entstehung geht in
die Zeit des 15./17. Jahrhunderts zurück, als von den Freiherren von
Egloffstein Juden am Ort aufgenommen wurden. 1448 wird erstmals ein Jude
aus Kunreuth genannt, der vor dem Landgericht Bamberg eine Klage einreichte.
Nach der Vertreibung der Nürnberger Juden 1498/99 werden sich weitere jüdische
Familien hier niedergelassen haben. In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges
werden neun jüdische Familien am Ort genannt (1639). Sie bezahlten in diesem
Jahr 21 Gulden und 4 Kreuzer an "Schutzgeldern" an den evangelischen
Pfarrer. 1680 wurden 14 jüdische Familien am Ort gezählt, 1728
waren es 20 Familien.
Ihre Blütezeit hatte die jüdische Gemeinde von der Mitte des 18. bis zur Mitte
des 19. Jahrhunderts. 1767 wurde die Zahl der jüdischen Haushalte von
der Ortsherrschaft auf 28 begrenzt. 1808 lebten neben 355 evangelischen
Einwohnern 135 jüdische. Die höchsten Zahlen liegen von 1811 und 1815 mit 149
beziehungsweise 143 jüdischen Einwohnern hervor. 1846 und 1851 wurden noch 106
beziehungsweise 97 jüdische Einwohner am Ort gezählt. 1848 werden
folgende jüdische Haushaltsvorstände und Hausbesitzer genannt: Männl
Weiderberger (Haus Nr. 23), Levi Machul Ehrenbacher (Krämer, Haus Nr. 24), Levi
Rothenberger (Haus Nr. 28), Levi Hirsch Baireuther (Haus Nr. 33), Philipp Braun
(Handelsmann, Haus Nr. 34). Durch Aus- und Abwanderung der jüdischen
Einwohner (unter anderem nach Fürth) war die Zahl bis 1875 bereits auf 26
jüdische Einwohner zurückgegangen. 1879 wurde die Gemeinde aufgelöst.
1880 lebten in Kunreuth und dem benachbarten Ermreus zusammen noch vier jüdische Personen, 1890
war es in Kunreuth nur noch der jüdische Handelsmann Sigmund Sulzberger. 1914
wurde letztmals ein jüdischer Einwohner gezählt.
Die offizielle Auflösung der Gemeinde wurde erst 1920 vorgenommen.
An Einrichtungen waren eine Synagoge, eine Religionsschule (ab 1830 bis
1876 im Gebäude Badanger 16, siehe Fotos unten) und ein rituelles Bad vorhanden. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden
im jüdischen Friedhof in Baiersdorf
beigesetzt. Zur Besorgung der religiösen Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Religionslehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und als Schächter tätig war.
Von den in Kunreuth geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen ist in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Bertha Weißmann geb.
Braun (geb. 1873 in Kunreuth, später wohnhaft in Bamberg, umgekommen in
1943 im Ghetto Theresienstadt).
Aus der
Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Lehrers, Vorbeters, Schochet
1872 (vermutlich letzte Ausschreibung)
In der Zeitschrift "Der Israelit" erschien am 25. September 1872
folgende Anzeige: "Die Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle
in der israelitischen Gemeinde Kunreuth, Bezirksamt Forchheim in Bayern, ist
erledigt und soll sofort wieder besetzt werden. Die Anstellung ist provisorisch.
Jährlicher Gehalt 200 Gulden rheinisch nebst freier Wohnung. Für Beheizung 40
Gulden. Sonstige Nebeneinkünfte ungefähr 30 Gulden. Bewerber wollen sich bei
dem unterzeichneten Kultus-Vorsteher melden. Kunreuth, den 15. September
1872. Karl Heumann". |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine Synagoge wurde 1728
"beym Steg" erbaut. Sie bestand bis zur Auflösung der Gemeinde 1879.
Im Zusammenhang mit der Auflösung der Gemeinde 1879 wurde das
Synagogeninventar und die Ritualien verkauft. Immerhin waren zuletzt vor allem
noch sieben gut erhaltene Torarollen und wertvoller Toraschmuck vorhanden. Am
23. April 1879 erschien in der Zeitschrift "Der Israelit" folgende
Anzeige:
"Die israelitische Kultusgemeinde Kunreuth bei Forchheim (Bayern),
welche sich in nächster Zeit auflöst, beabsichtigt 7 ganz gut erhaltenen Sifrei
Tora (Torarollen), dann 1 Tass (Toraschild) und Jad
(Torazeiger) von massivem Silber, 2.050 Kgr. schwer, desgleichen 2 Ez Chaiim
(Stäbe, auf die die Torarolle gewickelt ist) zu sehr annehmbaren Preisen zu
verkaufen. Darauf Reflektierende belieben sich an den Unterzeichneten zu wenden.
Karl Heumann."
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Das Synagogengebäude wurde 1908 abgebrochen.
Text der Hinweistafel an der Straße Kirchberg (Nähe Synagogenstandort;
"Kunreuther Spurensuche - Kulturweg Kunreuth"
): "Seit dem frühen Mittelalter lebten Juden auch in Franken.
Erstmals 1298 kommt es in Ostfranken zu Verfolgungen (Pogrome) besonders in den
Städten. In Folge beginnen sich die Juden von den Städten abzuwenden und sich
in Dörfern und Märkten anzusiegeln. Nachdem 1349 in Nürnberg eine blutige
Judenverfolgung auch das jüdische Stadtviertel (den heutigen Hauptmarkt)
zerstört hatte, boten die Herren von Schlüsselberg (Burg Neideck) den
Überlebenden Schutz in ihren Orten. Damit wird erstmals die Funktion des Adels
als Schutzmacht über die Juden in der Region sichtbar.
1548 übertrug Kaiser Karl V. in der Reichspoliceyordnung der
Reichsritterschaft das sogenannte Judenschutzrecht. Dieses bot den Rittern die
Möglichkeit, Juden aufzunehmen und von ihnen Steuern und andere Abgaben zu
erheben, die bald einen beträchtlichen Anteil an den Einnahmen der Reichsritter
ausmachten. Diese Einnahmemöglichkeiten führten auch dazu, dass es in vielen
reichsritterschaftlichen Siedlungen zu einer Politik der Judenansiedlung kam.
Deshalb findet man noch heute in vielen ehemals reichsritterschaftlichen Orten
Spuren von vergangenem jüdischen Leben.
Erste Nachrichten über jüdische Einwohner in Kunreuth gibt es schon Mitte des
15. Jahrhunderts, doch erst während des 30-jährigen Krieges, seit 1638 ist
eine kontinuierliche Ansiedlung belegbar. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts
wuchs daraus eine bedeutende jüdische Gemeinde mit eigener Synagoge und von
1830 bis 1876 mit eigener Religionsschule, jedoch ohne eigenen jüdischen
Friedhof.
Die Juden waren in Kunreuth teilweise Mitglieder der Gemeinde und konnten hier
Grundbesitz erwerben. 1728 sind 13 von 56 Gemeinderechten in jüdischer Hand und
es leben bereits 20 jüdische Familien am Ort. Sie lebten von Klein-, Gewürz-
und Viehhandel, waren Schneider, koscherer Metzger, Krämer, Tuchweber,
Leinweber oder Seifensieder und trugen so zur handwerklich-gewerblichen Vielfalt
Kunreuths entscheidend bei.
1764 wurde eine neue Synagoge beym Steg, also direkt am Trappbach gebaut.
Nachdem 1815 ein Höchststand der jüdischen Gemeinde bestand, begann um 1850 in
Kunreuth, wie in den meisten Dörfern der Fränkischen Schweiz, die Abwanderung
der jüdischen Gemeindemitglieder in die aufstrebenden Städte (vor allem nach
Fürth) und nach Übersee: 1845 gab es noch 106 Juden in Kunreuth, 1880 nur noch
vier Familien, die Kultusgemeinde Kunreuth existierte ab dieser Zeit faktisch
nicht mehr. Der Handelsmann Sigmund Sulzberger ist 1890 Kunreuths einziger Jude.
Als die Kunreuther Judengemeinde 1920 juristisch aufgelöst wurde, war die
Synagoge bereits abgerissen worden."
Adresse/Standort der Synagoge: Alte Haus-Nr.
78 (Plan Nr. 45)
Fotos
(Fotos: Jürgen Hanke, Kronach)
Standort der
ehemaligen
Synagoge |
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Die Synagoge stand auf
dem freien Platz
mit der Zufahrt zu den Garagen (links) |
Hinweistafel am
Kirchberg
(Text siehe oben) |
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Gebäude der ehemaligen
jüdischen Schule |
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Adresse des
Gebäudes: Badanger 16 |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 214. |
| Klaus Guth (Hg.) u.a.: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken
(1800-1942). Ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988. zu
Kunreuth zur kurze Angaben S. 395. |
| "Kunreuth - Ein Dorf und seine Kultur":
Dokumentation vom Tag des offenen Denkmals 2001: online
zugänglich. |
| Private Website mit Seite
zur Geschichte von Kunreuth. |
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