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Zur Übersicht über die jüdischen
Friedhöfe im Oldenburger Land und in Ostfriesland
Löningen (Kreis
Cloppenburg, Niedersachsen)
Jüdische Geschichte / Jüdischer Friedhof
(die Seite wurde erstellt von Martin J. Schmid,
Oldenburg)
Zur Geschichte jüdischer Einwohner
Die Anwesenheit von Juden in Löningen lässt sich seit
1735 belegen (der Jude Abraham Jacobs erhält Schutzgeleit). 1749
erhielt die Witwe des Abraham Jacob die Erlaubnis zum Tabakhandel; sie heiratete
um diese Zeit den Joseph Sander(s). 1771 beschwerten sich die nichtjüdischen Kaufleute des
Ortes über den ausgedehnten Handel dieses Joseph Sander(s). 1781 kam es zu einer
Beschwerde des Löninger Rates über die Handelstätigkeit der inzwischen zwei
Schutzjuden, da sie den christlichen Händlern "die Nahrung vor der Nase
wegnehmen". 1795 gab es weiterhin zwei jüdische Familien am Ort,
neben der Witwe des inzwischen auch verstorbenen Joseph Sander(s) der 1773
aufgenommene Philipp Moses.
Im 19./20. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1822 13 jüdische Einwohner, 1837 12 (von insgesamt 5583 Einwohnern),
1840 zehn, 1850 sieben, 1861 sechs. Bei den beiden jüdischen Familien in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts handelte es sich um die Familien der Schutzjuden
David Cohen und Samuel Herz. 1846 übernahm den Schutz des Samuel Herz sein
Stiefsohn Bern(h)ard Philippsohn. Beide Familien lebten von der Schlachterei
sowie vom Fell- und Häutehandel. In den 1840er-Jahren bemühten sich David
Cohen und sein Sohn Jacob, die Konzession für einen Ellen- beziehungsweise
Manufakturwarenhandel zu erhalten. Sie scheiterten am Widerspruch der
nichtjüdischen Kaufleute. 1848 musste sich während der Revolutionszeit Jacob
Cohen vor einem tätlichen Angriff in ein Gasthaus retten; er wurde
zumindest von einem Teil der Bevölkerung geschützt und in sein Haus
zurückgeleitet, das er jedoch damals noch nicht offiziell bewohnen durfte, da
er keinen eigenen Schutzbrief hatte. Cohen verzog schließlich nach
Quakenbrück. 1876 verzog die letzte seiner Schwestern vom Ort. Danach
lebten mehrere Jahre keine Juden mehr in Löningen. Von 1886 bis 1895 war
Emil Weinberg Richter am Amtsgericht Löningen.
Die jüdischen Familien am Ort hatten außer dem Friedhof vermutlich keine
Einrichtungen. Zeitweise wird in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein
jüdischer Lehrer genannt (1824 Isaac Hartog van Minden aus Amsterdam; 1826/27
Baruch Kaim aus Warschau; 1827/28 Eduard Kruschevil aus Sachsen-Coburg). Sie gehörten im 19./20. Jahrhundert zur Synagogengemeinde in
Cloppenburg und mit dieser Gemeinde zum Landrabbinat
Oldenburg.
Seit 1921 war Julius Steinburg (geb.
1868 in Haselünne) als Kaufmann in Löningen tätig. Steinburg lebte zusammen
mit seiner Schwester Amalie (Malchen; geb. 1876 in Haselünne) im eigenen Haus
in der Tabbenstraße; beide waren unverheiratet. Steinburg war am Ort als
verlässlicher und umgänglicher Handelsmann bekannt und beliebt. Nach 1933 war
er vielen Repressalien durch die Löninger Nationalsozialisten ausgesetzt. So
durfte er nicht mehr von hiesigen Ärzten behandelt werden. Beim Novemberpogrom
1938 versuchte ein Trupp Löninger SA-Leute, das Haus und den Viehstall
Steinburgs mit Gewalt zu stürmen. Einige Tage zuvor waren Steinburg und seine
Schwester bereits gezwungen worden, ihr Haus zu verlassen und in den Viehstall
umzuziehen. Julius und Amalie Steinburg wurden in das Gefängnis des
Amtsgerichtes verbracht. Später konnten sie in ihr Haus zurückkehren, waren
jedoch auf Grund fehlender Mittel gezwungen, ihr Haus im Januar 1939 zu
verkaufen. Sie verzogen in das elterliche Haus nach Haselünne, bis sie dieses
Haus im Januar 1942 verlassen mussten. Sie zogen nach Alfhausen. Julius
Steinburg erkrankte schwer und starb am 4. Februar 1942 im Jüdischen
Krankenhaus in Hannover. Amalie Steinburg wurde 1942
deportiert.
Das Haus der Familie Steinburg in Haselünne (Tabbenstraße 5) ist seit 1958 Pfarrhaus der
Ev.-Luth. Dreifaltigkeitsgemeinde zu Haselünne. Eine Gedenktafel am Haus -
angebracht von der Ev.-Luth. Dreifaltigkeitsgemeinde, der Stadt Haselünne und
dem Heimatverein im Jahr 2000 - erinnert an die Familie Steinburg und die
Schicksale der Familienmitglieder.
Zur Geschichte des Friedhofes
Ein erster Nachweis für einen jüdischen Friedhof in Löningen stammt aus dem Jahr
1747. Hier wurde anlässlich der Bestattung des oben genannten Abraham Jacobs
Klage erhoben, dass seine Ehefrau während der katholischen Frühmesse die Bestattung durchführen ließ. Zuvor hatte sie bei dem Richter quasi um
"Begleitschutz" gebeten, da anzunehmen war, dass die Durchführung am Sonntag Tumulte auslösen würde. Fünf Monate nach der Bestattung ihres Ehemannes wurde sie durch die Hofkammer freigesprochen,
"da sie ihren Mann nach jüdischem Gesetz und ohne Mutwillen während der Kirchzeit beigesetzt
habe".
Auch im provisorischen Güterverzeichnis aus dem Jahr 1840 wird der
Friedhof genannt; als Flurbezeichnung wird "auf´m Palmberg" angegeben. Diese Flurbezeichnung kann
"in Verbindung [gebracht werden] mit dem in der Nähe am Windmühlenweg liegenden Judenfriedhof vor 230 Jahren angelegt, auf dem die Leichen der Löningen Juden im Jahrhundert zwischen 1750 und 1850 bestattet
wurden".
Im Jahr 1935 wird dem jüdischen Viehhändler Clemens Imbusch vorgeworfen, das Grundstück des Friedhofes in ungerechtfertigter Weise bebaut und zu landwirtschaftlichen Zwecken in Anspruch genommen zu haben. Es wird ihm entsprechend untersagt.
Nach im Jahr 1937 beantragte der oben genannte jüdische Kaufmann Julius Steinburg einen Zuschuss für die Instandsetzung des jüdischen Friedhofes bei der Gemeinde. Der Gemeinderat lehnte jedoch diese Bitte ab mit dem Hinweis,
"dass die Gemeinde keiner Kirchengemeinde irgendwelche Zuschüsse gewähre" [Jansen 1998].
Nach 1945: In einem Verzeichnis aus den 1950er-Jahren wird als Eigentümer
"Imbusch, Clemens (früher jüdische Kultusvereinigung, Synagogengemeinde Cloppenburg e.V.)"
und als "Lage: rechts an der Straße von Löningen nach Lindern, etwa 150 m nördlich der
Eisenbahn" angegeben. Wann das Grundstück überbaut wurde ist unbekannt. Auf einer Karte aus dem Jahr 1972 ist das Grundstück mit Wohnbebauung versehen.
Lage des Friedhofes
Ecke WIndmühlenweg / Linderner Straße
Link zu den Google-Maps
(der grüne Pfeil markiert die Lage des Friedhofes)
Größere Kartenansicht
Fotos
(Fotos: Martin Schmid, Oldenburg; Aufnahmen vom September 2012)
Karten
mit eingezeichneter
Lage des Friedhofes |
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Quelle
der Karte: Alfred
Benken: Volkstum
und Landschaft: Sonderbeilage der
Münsterländischen Tageszeitung, Nr. 50,
28.02.1990; nach (veränderter) Vorlage
einer Katasterkarte um 1860. |
Quelle: Jansen, Margaretha:
Löningen in Vergangenheit
und Gegenwart, 1988, S. 666 |
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Das Friedhofsgrundstück
im Herbst 2012 |
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Vom
Friedhof ist nichts mehr zu erkennen |
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Haus der Familie Steinburg
in der Tabbenstraße 5 in Löningen |
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Haus Tabbenstraße 5
in Löningen |
"Stolpersteine" für
Julius Steinburg (1868)
und Amalie Steinburg (1876) |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Werner Meiners: Nordwestdeutsche Juden zwischen
Umbruch und Beharrung: Judenpolitik und jüdisches Leben im Oldenburger Land
bis 1827. Hannover 2001 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission
für Niedersachsen und Bremen 204). |
 | Harald Schieckel: Die Juden im Oldenburger Münsterland. Teil II.
In: Jahrbuch für das Oldenburger Münsterland 1975. S. 77-79 (online
zugänglich). |
 | Herbert Obenaus (Hg.): Historisches Handbuch der
jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen. Wallstein-Verlag.
Göttingen 2005 Bd. 2 S. 422-429 (innerhalb des Abschnittes zu Cloppenburg). |
 | Rudolf Thomann: Die Löninger Juden Julius und Malchen Steinburg. Einblicke
in ihr Leben, in ihre Behandlung durch einige Löninger und in ihr
Ende.
Beitrag
online zugänglich (über eingestellte pdf-Datei). |
 | ders.: PPT-Präsentation (10 Folien
ohne Text) zum "Leben
der Löninger Juden" (downloadbar). |

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