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Münnerstadt (Kreis
Bad Kissingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur jüdischen Geschichte
in der Stadt
In der den Grafen von Henneberg gehörenden Stadt
Münnerstadt gab es nur im Mittelalter eine jüdische Gemeinde. In dem um
1200 zur Stadt erhobenen Siedlung konnten sich im Laufe des 13. Jahrhunderts
Juden ansiedeln, die jedoch am 20. April 1298 Opfer der sogenannten
Rintfleisch-Verfolgung wurden. In den Jahrzehnten danach konnten sich wieder
einige jüdische Familien/Personen in der Stadt niederlassen und eine Gemeinde
bilden. Bei der Judenverfolgung in des Pestzeit 1348/49 wurde diese wiederum
vernichtet.
Auch im 15. Jahrhundert lebten einige Juden in der Stadt: 1409 wurde ein der
Ermordung eines Christenkindes angeklagter Jude verbrannt. 1442 schuldete das
Hochstift Würzburg, dem zeitweise die Hälfte der Stadt gehörte, einem
Münnerstädter Juden 30 Gulden.
Im 19./20. Jahrhundert haben sich dauerhaft keine jüdischen Familien /
Personen in der Stadt niedergelassen (zu Familie Selly Gutmann siehe unten). Das Gymnasium der Stadt wurde allerdings
von jüdischen Schülern von Gemeinden aus der Umgebung besucht. Der
Religionsunterricht wurde durch einen jüdischen Religionslehrer erteilt
(1897 durch Lehrer Bergenthal aus Neustadt an der Saale, siehe Bericht
unten).
Über die Familie Gutmann in
Münnerstadt
Selly (Seligmann) Gutmann, der am
27. Oktober 1856 in Bad Neustadt
geborene Sohn von Moses Gutmann
(geb. 19. August 1813 ebd., gest. 25. November 1866 ebd.) und Sophia
geb. Berliner (aus Westheim bei Hammelburg, gest. 23. August 1875)
ließ sich in Münnerstadt nieder und gründete 1876 hier das Bekleidungshaus S.
Gutmann
(Anger 13).
Selly Gutmann heiratete am 10.September 1891 Margarete geb. Michel (geb.
18. Dezember 1866 in Schwürbitz bei Lichtenfels), die
römisch-katholisch war. Die elf Kinder des Ehepaares wurden katholisch
getauft; Selly Gutmann wird im Familienstandsbogen als "freiygläubig"
geführt. Selly Gutmann starb am 14. Mai 1918 und wurde in Münnerstadt
beigesetzt; seine Frau starb am 1. November 1947 (das Grab Gutmann im
allgemeinen Friedhof der Stadt wurde inzwischen aufgelöst). Nach dem Tod von Selly
Gutmann wurde das Bekleidungshaus (bzw. Kurzwaren-Geschäft) von vier der
elf Kinder von Selly Gutmann weitergeführt; es lief auf den Namen von Olga
Gutmann.
Da Münnerstadt in der NS-Zeit nach vorliegenden Berichten einen Bürgermeister hatte, der die Hand über seine Gemeinde hielt, traf es die Familie
in der NS-Zeit offenbar nicht so schlimm wie an vielen anderen Orten.
Dennoch versuchten SA-Leute zeitweise, einen Boykott des Geschäftes des
"Juden Gutmann" durchzuführen.
Aus
der Familie wurde der Sohn Leopold Gutmann (geb. 15. Januar 1909 in
Würzburg) deportiert und in Auschwitz 1942 ermordet.
Ein Schwiegersohn von Selly Gutmann, der Gymnasiallehrer Otto Lehmann
wurde in der NS-Zeit mit Berufsverbot belegt, da er sich nicht von seiner Frau Jette geb.
Gutmann trennen wollte.
Nach Kriegsende 1945 wurde der Sohn Eugen Gutmann vom amerikanischen
Militär als vorläufiger Bürgermeister von Münnerstadt
eingesetzt. Er hatte das Amt bis 1946 inne.
(Informationen zur Familiengeschichte von Sabine Exner) |
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Siehe zu Familie Gutmann und zur jüdischen
Geschichte in Münnerstadt Artikel in der
"Main-Post":
- vom 3. September 2013: "Sonderausstellung zum jüdischen
Leben in Münnerstadt..."
http://www.mainpost.de/regional/bad-kissingen/Muennerstadt-Tag-des-offenen-Denkmals;art433641,8312005
- vom 6. November 2013: "Gedenken an jüdische
Mitmenschen in Münnerstadt".
http://www.pfiffikus.mainpost.de/regional/bad-kissingen/Pogromnacht-Gedenken-Grabstein-Pennigbuettel-Altstadtverein;art433646,7773869
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Berichte zur jüdischen Geschichte
Jüdische Gymnasiasten erhalten Religionsunterricht durch
den jüdischen Lehrer aus Neustadt
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23.Dezember 1897:
"Aus Unterfranken, 23. Dezember (1897). Am Königlichen Gymnasium zu
Münnerstadt, woselbst keine Israeliten wohnen, das aber von sieben
israelitischen Schülern aus der Umgegend besucht wird, hat das
Königliche Staatsministerium auf Antrag des Herrn Distrikts-Rabbiners
Bamberger zu Kissingen israelitischen Religionsunterricht eingeführt und
die Erteilung desselben, da der Herr Rabbiner dieselbe nicht übernehmen
konnte, dem Religionslehrer Bergenthal in Neustadt
an der Saale, das mit Münnerstadt Bahnverbindung hat,
übertragen.
Für diese Fürsorge, dass auch den wenigen israelitischen Schülern der
Religionsunterricht nicht mangle, der nunmehr auf Staatskosten erteilt
wird, sei der höchsten Stelle der wärmste Dank
ausgesprochen." |
Weitere Spuren der jüdischen Geschichte
In Münnerstadt wurden vor einiger Zeit bei
Straßenbauarbeiten drei jüdische Grabsteine unbekannter Herkunft entdeckt.
Sie wurden 2013 nach sorgfältiger Restaurierung in Absprache mit dem
Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden in Bayern im
"Novizengarten" aufgestellt. Die Inschriften sind stark
verwittert. Ein Grabstein hat noch drei lesbare Zeilen, die in der
deutschen Übersetzung lauten: "David, Sohn des Am", die
dritte Zeile "aus Ansbach". Der zweite Grabstein, der
wohl für ein Mädchen bzw. eine junge Frau angefertigt wurde, lässt sich
auf Kislew 5568 nach der jüdischen Zeitrechnung datieren, d.h. auf
Dezember 1807. |
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Ein mittelalterlicher jüdischer Friedhof
(bis zum 14. Jahrhundert) lag unterhalb des Oberen Tores in Richtung der Talgärten. |
Zur Geschichte der Synagoge
Über die Geschichte der mittelalterlichen Synagoge liegen keine weiteren
Informationen vor-
Standort der mittelalterlichen Synagoge:
Finstere Gasse
Foto
Standort der
mittelalterlichen Synagoge
(Quelle für das Foto: Stadt Münnerstadt,
www.muennerstadt.de bzw.
http://www.muennerstadt.de/html/stadtrundgang.html
(Station 16)) |
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Die auf dem Grundstück der
mittelalterlichen
Synagoge stehende, im 16. Jahrhundert
erbaute
Kelterhalle des Klosters, danach Bierkeller |
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19./20. Jahrhundert: das
Geschäft von Selly Gutmann
(Fotos erhalten von Sabine Exner) |
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Lage des Anwesens |
Das Bekleidungshaus S. Gutmann
um 1900 |
50-jähriges
Geschäftsjubiläum in den 1920er-Jahren |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,2 S. 559; III,2 S. 908. |
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