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"Synagogen im Main-Kinzig-Kreis"
Oberzell (Gemeinde
Sinntal, Main-Kinzig-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(erstellt unter Mitarbeit von Michael Kühlthau,
Sinntal-Sterbfritz)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Oberzell bestand eine jüdische
Gemeinde bis um 1930. Ihre Entstehung dürfte auf das 17. Jahrhundert zurückgehen.
Die jüdischen Familien wohnten im Bereich des "Jürre Küppel" (=
Judenhügels). Ende des 17. Jahrhunderts soll bereits eine größere jüdische
Gemeinde vorhanden gewesen sein.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1835 54 jüdische Einwohner, 1861 43, 1905 35.
An Einrichtungen bestanden am "Jürre Küppel" eine Synagoge
(s.u.) sowie im selben Gebäude eine Religionsschule und ein rituelles Bad.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gesamtgemeinde war Ende des 19.
Jahrhunderts gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde in Züntersbach ein
Religionslehrer angestellt. Der Lehrer hatte seinen Wohnsitz in Züntersbach und
kam zweimal wöchentlich zum Unterricht der Kinder nach Oberzell (siehe
Ausschreibungstexte unten von 1884/85). Die Toten der Gemeinde wurden auf dem
jüdischen Friedhof in Altengronau
beigesetzt. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Hanau.
Um 1924, als noch 20 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (2 % von
etwa 1.000 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Israel Rosenbaum
und Samuel Aronsohn.
Seit etwa 1930 wurde die Gemeinde in Oberzell aufgelöst und die hier noch
lebenden jüdischen Einwohner der Gemeinde in Heubach
zugeteilt. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1938 wohnten noch
vier jüdische Personen in Oberzell.
Von den in Oberzell geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Judit Allmeyer geb. Aronsohn (1914), Adele
Aronsohn (1925), Samuel Aronsohn (1882), Thekla Aronsohn geb. Hecht (1890), Dora
Blum geb. Goldschmidt (1897), Manuel Max Goldschmidt (1890), Rosa Grünfeld geb.
Hecht (1885), Lazarus Hecht (1875), Lina Hecht geb. Goldschmidt (1871), Mayer
Max Hecht (1881), Henriette Jonas geb. Hecht (1876), Alexander Kahn (1865),
Jenny Kugelmann geb. Goldschmidt (1894), Jettchen (Jetty) Levi geb. Rosenbaum
(1871), Jenny Moritz geb. Goldschmidt (1893), Israel Rosenbaum (1873, später
Karlstadt), Israel Rosenbaum (1876, später Frankfurt), Joseph Rosenbaum (1880),
Lina Rosenbaum geb. Hecht (1873), Meta Steinberger geb. Goldschmidt (1895),
Fanni Wertheim geb. Goldschmidt (1862).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers 1884/1885 - gemeinsam mit der
Gemeinde Züntersbach
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juni 1884:
"Bekanntmachung. Die Religionslehrerstelle zu Züntersbach mit
Oberzell wird hiermit ausgeschrieben. Der jährliche fixe Gehalt beträgt
550 Mark nebst freier Wohnung und 5 Meter Brennholz sowie 150 Mark
gesichertes Nebeneinkommen. Der Lehrer hat auch die Vorbeter- und
Schächterfunktion zu übernehmen und wöchentlich zweimal in dem eine
halbe Stunde entfernten Oberzell den Unterricht zu erteilen. Bewerber um
diese Stelle haben sich mit Vorlegung ihrer Zeugnisse binnen 4 Wochen an
das unterfertigte Amt zu wenden.
Hanau, den 12. Juni 1884.
Königliches israelitisches Vorsteheramt. Hamburger." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. September 1885:
"Bekanntmachung. Für die Synagogen-Gemeinden Züntersbach und
Oberzell soll ein Religionslehrer und Vorsänger gegen den Bezug eines
jährlichen Gehaltes von 550 Mark, gesichertes Nebeneinkommen von 150
Mark, zusammen 700 Mark, freier Wohnung und 5 Meter Brennholz bestellt
werden. Der Lehrer hat seinen Wohnsitz in Züntersbach, wo er auch den
Vorsängerdienst zu versehen hat. Bewerber wollen ihre Besuche mit
Abschriften der erforderlichen Zeugnisse innerhalb 3 Wochen anher
einsenden.
Hanau, 31. August 1885.
Das Vorsteheramt der Israeliten: Dr. Koref." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen / Stellensuchen zweiter jüdischer Frauen aus
Oberzell (1897)
Anzeigen in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Oktober 1897:
"Haushälterin!
Ein erfahrenes Fräulein, welches perfekt kochen und
einen feinen Haushalt zu führen versteht, sucht Stelle als Haushälterin
in einem jüdischen Hause. Offerten u. E.G. 350 Postlagernd Oberzell bei
Sterbfritz, Regierungs-Bezirk Kassel.
Eine durchaus perfekte Köchin sucht Stelle in einem feinen israelitischen
Hause. Mehrjährige Zeugnisse stehen zu Diensten. Offerten unter L.G. 200
Postlagernd Oberzell bei Sterbfritz, Regierungsbezirk
Kassel." |
Zur Geschichte der Synagoge
In einem der jüdischen Häuser am "Jürre Küppel"
wurde die Synagoge eingerichtet. Das Gebäude stammt nach Angaben bei Paul
Arnsberg mit Hinweis auf eine Jahreszahl am Haus aus dem Jahr 1638, nach
Angaben bei Thea Altaras "angeblich aus dem Ende des 17.
Jahrhunderts", als bereits eine größere jüdische Gemeinde in Oberzell
vorhanden war. Es handelt sich bei dem Gebäude um einen zweigeschossigen
Fachwerkbau mit rechteckigem Grundriss. Das Gebäude enthielt rechts vom
ehemaligen, in der Mittelachse sitzenden Eingang den Betsaal mit Empore, links
die Schulstube und Lehrerwohnung (über zwei Geschosse verteilt) und im Keller
das rituelle Bad.
Das Gebäude kam 1938/39 in den Besitz einer nichtjüdischen Familie und wurde
zu einem bis heute bestehenden Wohnhaus
umgebaut.
Adresse/Standort der Synagoge: Kirchbergstraße
4, unweit der Kirche des Ortes
Fotos
(Fotos: Aufnahme 1985 bei Altaras s. Lit. [1988] S. 157;
Aufnahmen von 1984 und 2006 von Michael Kühlthau, Sinntal-Sterbfritz;
Aufnahmen 2007: Hahn, Aufnahmedatum 31.5.2007):
Das Gebäude der ehemaligen
"Synagoge"
bzw. Haus des Betsaales ("Judenschule") |
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Das
Gebäude im Juli 1985,
Umbaumaßnahmen, vor allem im Bereich
des
ehemaligen Betsaals rechts des
Einganges werden vorgenommen |
Aufnahme von 1984
(M. Kühlthau) |
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Die ehemalige Synagoge
nach Abschluss
der Umbauten und Renovierungen |
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Aufnahme von 2006 (M.
Kühlthau) |
Aufnahme von 2007 |
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Blick zum "Jürre
Küppel"
(= "Judenhügel") |
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Aufnahme von 1984 (M.
Kühlthau) |
Aufnahmen von 2006
(M. Kühlthau) |
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Frühere jüdische
Wohnhäuser |
Steiler
gepflasterter Weg am "Jürre Küppel",
der jüdische Wohnbereich
im Dorf war
links des Weges, der im Zusammenhang
mit der Dorferneuerung
neu gerichtet
wurde (2007) |
Ortstermin mit
Bürgermeister Carsten Ullrich
und Mitgliedern des Ortsbeirates am
"Jürre
Küppel", dazu
Bericht
aus den Kinzigtal-Nachrichten vom 11. Mai 2007
(pdf-Datei) |
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Erhaltene hebräische
Portalinschrift an einem der früheren jüdischen Häuser |
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Aufnahmen
von 2006 (M. Kühlthau) |
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Hebräische
Inschrift, Lesung aber nicht eindeutig, möglich wäre: Schimon Sohn
des Menachem (??) mit Jahreszahl 1812, aber "n" bei Schimon
nicht eindeutig und ein "s" nach Menachem ist nicht recht zu
erklären, vielleicht für "Segal" = Levi ?; bessere Vorschläge
für die Lesung des Inschrift bitte an den Webmaster von Alemannia Judaica
einsenden: Adresse siehe Eingangsseite |
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Begräbnisstätte der
Oberzeller Juden:
der Friedhof in
Altengronau |
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Grabstein für Else
Goldschmidt aus
Oberzell
(1900-1918) |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Juli 2017:
In Oberzell werden erste
"Stolpersteine" verlegt
Anmerkung: In Oberzell wurden sechs "Stolpersteine" verlegt
zur Erinnerung an Mitglieder der Familie Aronsohn in der Sinntalstraße
34. Es wurden Gedenksteine verlegt für Samuel Aronsohn (1882
- ermordet 1944), Thekla Aronsohn geb. Hecht (1890 - ermordet 1944),
Judith Allmeier geb. Aronsohn (1914 - ermordet nach Deportation 1942),
Frieda Aronsohn verh. Halberstadt (1918, 1939 nach England emigriert),
Adolf Abraham Aronsohn (1918, 1939 nach Palästine emigriert), Adele
Aronsohn (1925 - ermordet nach Deportation 1943). |
Artikel von Lisa-Marie Weitzel in der
"Fuldaer Zeitung" vom 2. Juli 2017: "Oberzell ist erstes
Bergwinkel-Dorf, in dem Stolpersteine verlegt wurden..."
Link
zum Artikel |
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Fotos von der Verlegung
der
Stolpersteine am 29./30. Juni 2017
(Fotos: Michael Kühlthau) |
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Empfang für Mitglieder
der
Familie Halberstadt am 29.6.2017 |
Gunter Demnig bei der
Verlegung
am 30.6.2017 |
Die verlegten
Stolpersteine
für die Familie Aronsohn |
Gruppenfoto vor Haus
Sinntalstraße 34
davor die Stolpersteine |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971Bd. I S. 364: kurze Angaben unter
"Heubach". |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 157. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 137. |
| dies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007² S.
340. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 225-226. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch). S. 437 (unter Heubach). |
| Michael Kühlthau: Die Geschichte der Oberzeller
Juden. Beitrag von 2016 für die Chronik der Gemeinde Oberzell im
Jubiläumsjahr 2017: eingestellt
als pdf-Datei. |
n.e.
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