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Selb (Kreis
Wunsiedel im Fichtelgebirge)
Jüdische Geschichte
Übersicht:
Zur jüdischen Geschichte
in Selb
In Selb sind seit Ende des 19. Jahrhunderts wenige
jüdische Personen / Familien zugezogen, ohne dass es zur Bildung eines
jüdischen Gemeinde gekommen ist. Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte
sich wie folgt: 1910 20 jüdische Einwohner (0.2 % von insgesamt etwa 10.500
Einwohnern), 1925 12.
1932 lebten 12 jüdische Personen in der Stadt. Sie waren der jüdischen
Gemeinde in Hof angeschlossen (vgl. unten; Angabe
bestätigt durch: Führer durch die jüdische Gemeindeverwaltung und
Wohlfahrtspflege. 1932 S. 273). Bekannt in der Stadt vor vor allem Kaufmann
Willi Rosenthal und seine Frau, die das Kaufhaus "Thorn" innehatten
(im Badershof).
In der NS-Zeit waren die wenigen jüdischen Einwohner der Stadt
Zielscheibe der Nationalsozialisten. Im Oktober 1936 wurde Max Wolfrum wegen
angeblicher Übertretung der Devisenbestimmungen zu eineinhalb Jahren Gefängnis
und zu einer Geldstrafe vom 20.000 RM verurteilt. Im November 1936 wurde Willy
Rosenthal wegen "unsozialem Verhalten" festgenommen. Im September 1939
wurde der betagt Joca Waldmann verhaftet und nach Nürnberg in das Gefängnis
verbracht. Im Mai 1942 wurde er freigelassen.
Von den in Selb geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Rosa Rosenthal geb.
Birkenstein (1877), Willi Rosenthal (1872), Isidor Waldmann (1871), Erna Ziegler
geb. Rosenthal (1903).
Zur Erinnerung an die Schicksale der genannten vier Personen wurden Ende Juni
2011 sog. "Stolpersteine" in Selb verlegt: für das Ehepaar Rosenthal
im Badershof, für ihre Tochter Erna Ziegler in der Wilhelmstraße und für
Isidor Waldmann in der Hainbergstraße.
Berichte aus der
jüdischen Geschichte in Selb
In jüdischen Periodika des 19./20.
Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in Selb
gefunden. |
Zur jüdischen Gemeinde in Hof gehören auch die in Selb wohnenden jüdischen
Personen (1927)
Bekanntmachung
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 9.
Februar 1927:
"Bekanntmachung über die Erweiterung des Gebietes der
Israelitischen Kultusgemeinden Altenkunstadt, Bayreuth, Burgkunstadt, Hof
und Schwabach.
Die nachstehend aufgeführten Kultusgemeinden haben beschlossen, ihr
Gebiet wie folgt auszudehnen:
...
die Israelitische Kultusgemeinde Hof auf den Landbezirk des
Finanzamtes Hof und die Finanzamtsbezirke Selb, Wunsiedel, Münchberg und
Lichtenberg,
...
Es ergeht hiermit die Aufforderung an alle Religionsgenossen, die in den
von der Ausdehnung betroffenen Gebieten wohnen oder unabhängig vom
Wohnsitz steuerpflichtig sind, etwaige Einsprüche gegen die
Gebietserweiterung bis spätestens 28. Februar 1928 bei der Vorstand der
betreffenden Kultusgemeinde schriftlich oder mündlich einzureichen.
München, 4. Februar 1927. Dr. Neumeyer." |
Fotos
Fotos zur
jüdischen Geschichte in Selb liegen nicht vor. |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Juni 2011:
Verlegung von "Stolpersteinen" in
Selb |
Foto
links von Herbert Scharf: Gunther Demnig beim Verlegen der
"Stolpersteine" in Selb
Artikel von Herbert Scharf in der "Frankenpost" vom 2. Juli 2011
(Artikel):
""Stolpersteine" als Mahnung
Zwei Messingblöcke erinnern seit Freitag vor dem "Badershof" in Selb an das 1942 nach Riga deportierte Ehepaar Rosa und Willi Rosenthal. Der Berliner Künstler Gunter Demnig und Schüler des Gymnasiums verlegen die Mahnmale.
Selb - Es ist fast 70 Jahre her, dass das Selber Ehepaar Rosa und Willi Rosenthal von den Schergen des Naziregimes verhaftet wurde. Vorher war die angesehene Familie in der Stadt integriert und führte mit Erfolg das Kaufhaus "Thorn". Bis die Nationalsozialisten an die Macht kamen. Die Familie Rosenthal wurde 1942 deportiert.
Ob das Ehepaar bereits auf dem Transport nach Riga ums Leben kam oder erst dort, konnte nicht mehr festgestellt werden.
Der Lehrer Thomas Storch und die Schüler des Walter-Gropius-Gymnasiums waren Feuer und Flamme, als sie von der Aktion des Berliner Aktionskünstlers Gunter Demnig hörten, der mit "Stolpersteinen" aus Messing vor den Häusern verschleppter jüdischer Bürger an den Holocaust erinnert - sie beschlossen, den Künstler nach Selb einzuladen.
Völkermord an sechs Millionen jüdischer Mitbürger sei eine abstrakte und unvorstellbare Zahl, sagte Demnig am Abend vor der Verlegung der "Stolpersteine" bei einem Vortrag im Selber Lutherheim. Erst wenn man sich mit konkreten Familien und deren Schicksal befasse, werde das Unrecht und die Dimension der Vernichtung fassbar.
Pädagogen hätten ihn zu Beginn seiner "Stolpersteine"-Aktion gewarnt, das wolle doch niemand mehr hören. Das Gegenteil sei der Fall gewesen. Als sich die Schüler im Unterricht mit den einzelnen Familien befasst hätten, sei es plötzlich ein interessanter und lebendiger Geschichtsunterricht geworden.
Stolpersteine seien nicht zum Stolpern, sondern zum Innehalten und zum Gedenken der Opfer des Naziregimes. Aus Messing, weil sie vom Darübergehen wieder poliert werden. Und unwillkürlich verbeuge sich jeder, der die Inschrift lese, vor den Toten.
Die Idee, diese Steine aus Messing zu verlegen, sei ihm 1993 gekommen, erzählte Demnig. Damals habe er aber nicht gedacht, dass die Aktion solche Dimensionen erreichen würde. In den nächsten Tagen werde bereits der 30 000. Stolperstein in Europa verlegt. Selb sei die 653. Kommune, die mitmache.
Für viele jüdische Überlebende und Verwandte Deportierter sei die Aktion der Anstoß und Grund, dass sie wieder nach Deutschland kommen könnten. Das wiege drei Morddrohungen in den vergangenen zehn Jahren auf.
Am Freitag um 9 Uhr trafen sich nun Schüler des Gymnasiums mit ihrem Lehrer, Studiendirektor Thomas Storch, dem Künstler Gunter Demnig, dem Selber Oberbürgermeister Wolfgang Kreil und weiteren Gästen vor dem "Badershof" in Selb, dem ehemaligen Kaufhaus. Das Verlegen der Messing-Stolpersteine ließ sich der Künstler nicht nehmen. Auf den Steinen ist deutlich die Inschrift zu lesen: die Namen Rosa und Willi Rosenthal, 1877 geboren, 1942 nach Riga deportiert.
Oberbürgermeister Kreil bedankte sich bei den Schülern, ihrem Lehrer und dem Berliner Künstler für die Aktion. Dass es zumindest passiven Widerstand gegen die Judenverfolgung gab, davon erzählte Studiendirektor Storch. Recherchen haben ergeben, dass der "Kaiser-Schmied", der gegenüber wohnte, im Auftrag der Nazis ein Plakat anbringen sollte mit der Aufschrift "Ich kaufe nicht bei Juden". Das habe der Mann verweigert. Von da an aber habe er keine städtischen Aufträge mehr erhalten und sei als einer der ersten in Selb zum Kriegsdienst eingezogen worden. "So etwas darf nie wieder passieren" sagte abschließend ein Sprecher der Schüler, der sich bei dem Künstler und der Stadt bedankte.
Im Anschluss an die Aktion im Badershof wurden zwei weitere "Stolpersteine" verlegt. Der erste erinnert an Erna Ziegler, die Tochter der Rosenthals, die später deportiert wurde und in Auschwitz starb. Der zweite wurde in der Hainbergstraße gesetzt. Dort wohnte ein ungarischer Jude namens Isidor Waldmann, der Handlungsvertreter war. Da sein Wohnhaus nicht mehr steht, liegt der Stein dort, wo das Haus früher stand.
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 149. |
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