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Trittenheim (VG Neumagen-Dhron, Kreis
Bernkastel-Wittlich)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Trittenheim bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis
1937. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück.
Erstmals wird 1702 ein jüdischer Einwohner (Jud Hirtz) genannt. 1715 sind zwei
jüdische Familien, 1787 fünf Familien am Ort. Namentlich genannt werden
zwischen 1818 und 1832: Isaak Samuel, Süskind Israel, Loeb Bonem, Bonem Bonem,
Isaak Koppel, Samuel Richard und Simon Samuel.
Im Laufe des 19. Jahrhundert
nahm die Zahl der jüdischen Einwohner am Ort leicht zu (1808 46, 1833 44, 1843 52 Personen), bis 1865
die höchste Zahl von 65 jüdischen Einwohnern erreicht wurde (von insgesamt
1.036 Einwohnern). Durch Aus- und Abwanderung ging die Zahl der jüdischen
Gemeindeglieder danach wieder zurück (1895 54).
An Einrichtungen bestand
neben der Synagoge (s.u.) eine Religionsschule und ein Friedhof
(seit 1898/99, vorher wurden die Toten der Gemeinde auf dem jüdischen Friedhof
in Leiwen beigesetzt).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Ferdinand Koppel,
Sylvan Koppel und Theodor Koppel. Ihre Namen stehen auf den Gedenktafeln für die
Gefallenen des Ersten Weltkrieges, die bis in die NS-Zeit in der
Laurentiuskapelle aufgehängt waren.
Um 1925, als noch 44 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (4 % von
insgesamt etwa 1.100 Einwohnern), war Vorsteher der jüdischen Gemeinde Isidor
Richard (auch noch 1932). Den Religionsunterricht der damals vier
schulpflichtigen jüdischen Kinder erteilte im Sommerhalbjahr zweimal
wöchentlich der Lehrer Joseph Simon aus Neumagen. An jüdischen Vereinen
wird 1932 der Israelitische Frauen-Verein genannt, der unter Leitung von Frau Samuel
stand.
1933 lebten noch 32 jüdische Personen am Ort. Ein Großteil von ihnen wanderte
in den folgenden Jahren aus oder verzog in andere Städte. Nach der Auflösung
der jüdischen Gemeinde 1937 wurden die hier noch lebenden jüdischen Personen
der jüdischen Gemeinde in Niederemmel zugeteilt. Beim Novemberpogrom 1938 war
die Synagoge bereits verkauft. Jedoch wurden jüdische Wohnungen überfallen und
verwüstet, einige der jüdischen Einwohner misshandelt. Nach den Ereignissen
waren nur noch fünf jüdische Personen am Ort. 1943 wurden die letzten beiden
deportiert.
Von den in Trittenheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Berta Baum geb. Samuel (1903), Therese Kaufmann
geb. Samuel (1869), Bernhard Koppel (1895), Iwan Koppel (1922), Samuel (Sally) Koppel (1884),
Sigismund Koppel (1890), Leon (Leo) Samuel (1909), Marianne Samuel geb. Jakobs (1879),
Moses Samuel (1877), Paul Samuel (1910).
Berichte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Berichte aus der Geschichte der jüdischen
Gemeinde wurden in jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts noch
nicht gefunden. |
Zur Geschichte der Synagoge
Die jüdische Gemeinde hatte spätestens seit ca. 1830 einen Betsaal
in einem jüdischen Privathaus eingerichtet (im Bericht zur Einweihung der
Synagoge 1857 "alte Synagoge" genannt), das vermutlich im
Bereich Moselstraße/Olkstraße lag, wo die meisten jüdischen Familien lebten.
1844 kaufte das jüdische Gemeindeglied Samuel Bonem ein Grundstück zum Bau
einer neuen Synagoge. Die Bauarbeiten begannen im März 1856. Die feierliche
Einweihung der Synagoge war am 27./28. Februar 1857. Dazu waren zahlreiche
jüdische Gäste aus umliegenden Orten nach Trittenheim gekommen. Die Einweihung
nahm Oberrabbiner Kahn aus Trier vor. Ein Bericht wurde in der Trier'schen
Zeitung vom 1. März 1857 erstellt, der in der "Allgemeinen Zeitung des
Judentums" am 20. April 1857 zitiert wurde:
Trier,
31. März (1857). Die Trier'sche Zeitung vom 10. d. Mts. enthält folgenden
Bericht: "Trittenheim (Reg.-Bez. Trier) an der Mosel, 1. März. An den
beiden letztverflossenen Tagen waren wir Zeuge einer schönen Festlichkeit. Die
von der hiesigen Gemeinde mit großen Opfern neu erbaute Synagoge erhielt ihre
Weihe. Dem feierlichen Umzuge aus der alten in die neue Synagoge hatten sich, außer
vielen Glaubensverwandten aus der Nähe und Ferne, auch zahlreiche Angehörige
anderer Konfessionen in brüderlicher Teilnahme angeschlossen. An der Pforte der
neuen Synagoge überreichte ein Mädchen in gemütvoller Ansprache dem Herrn
Oberrabbiner Kahn auf seidenem Kissen den Schlüssel. Der Herr Oberrabbiner
machte hierbei die Überschrift der Synagogentüre: "Gotteshaus zum Gebete für
Alle" zu einer ergreifenden Anrede an die Versammelten. Die würdevollen
Festreden desselben an beiden Tagen überzeugten, dass die jüdische Religion
die erhabensten Lehren über Gott, die Bestimmung des Menschen und dessen
Pflichten gegen die Nebenmenschen, ohne Unterschied des religiösen
Bekenntnisses enthalte. Die ganze Feierlichkeit machte den besten Eindruck auf
die Anwesenden und wird dazu beigetragen haben, die mitunter gegen das Judentum
noch bestehenden Vorurteile zu beseitigen. Einen anerkennenswerten Zug bewährte
die hiesige christliche Bevölkerung, indem sie die zahlreich herbeigeströmten
fremden Israeliten in zuvorkommender Weise bei sich aufnahm". |
Nach dem Bericht befand sich über dem Eingang eine Portalinschrift
(hebräisches Zitat von Jesaja 56,7, übersetzt: "Mein Haus soll ein Bethaus
genannt werden für die Völker"). Auf Ortsansichten Trittenheims aus den
1930er-Jahren ist zu erkennen, dass die Synagoge an der Südseite drei große
Rundbogenfenster hatte, auf der Nordseite zwei querovale oder halbrunde Fenster.
Fast 80 Jahre war die Trittenheimer Synagoge Zentrum des jüdischen
Gemeindelebens am Ort.
Nachdem Mitte der 1930er-Jahre auf Grund des
Wegzuges und der Auswanderung der jüdischen Einwohner die notwendige Zehnzahl
der jüdischen Männer nicht mehr erreicht wurde, wurde die Synagoge geschlossen
und 1936 verkauft. Der neue Besitzer baute sie zu einem Wohnhaus um.
Dadurch geschah dem Gebäude beim Novemberpogrom nichts. Seit einigen Jahren
befindet sich eine Gastwirtschaft in der ehemaligen Synagoge.
Adresse/Standort der Synagoge: Olkstraße 18 (alte Anschrift
1932: Brückenstraße)
Fotos
Historische Ansicht von
Trittenheim mit der Synagoge (Ansichtskarte um 1907)
(Quelle: Christoph Schmitt, Calw) |
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Die ehemalige
Synagoge mit den drei großen Rundbogenfenstern auf der Südseite |
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Blick über die Moselbrücke
Trittenheim
(um 1935) mit der Synagoge in der
Olkstraße (obere
Bildhälfte) |
Das völlig
umgebaute, ehemalige Synagogengebäude im April 2006; auf der
linken Seite sind die unteren Hälften der ehemaligen Rundbogenfenster
erkennbar
(Fotos: Hahn; Aufnahmedatum 18.4.2006) |
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Gedenkplatte für die
Gefallenen des Ersten Weltkrieges
(Quelle: Christoph Schmitt, Calw) |
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Abgebildet ist
eine von drei emaillierten Metallplatten, die um 1919/20 auf Initiative
des früheren Volksschullehrers Pfrang in der Laurentiuskapelle angebracht
wurden. Auf den Tafeln, die schon in der NS-Zeit entfernt wurden und sich
heute in einem Lager der Gemeinde Trittenheim befinden, stehen die Namen
der drei jüdischen Gefallenen: Ferdinand Koppel, Sylvan Koppel und
Theodor Koppel. |
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Aus dem Album
der früheren jüdischen Familie Richard in Trittenheim
(Quelle;
Hinweis von Christoph Schmitt, Calw) |
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Die Fotos sind
aus einem Fotoalbum von Nachkommen der Familie Isidor Richard in
Trittenheim. Er war zeitweise (nach nach 1932) Vorsteher der jüdischen Gemeinde in
Trittenheim, verheiratet mit Aline; ihre Kinder waren Simon, Rosa und Dora. Auf dem
Foto links sind zu sehen: Frau Aline mit den drei Kindern Simon, Dora und
Rosi. Die Fotos Mitte und rechts zeigen den Sohn Simon
Richard; das Foto rechts mit der Moselbrücke in Trittenheim 1935. |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
Hinweis: Drei der Beiträge von Christoph Schmitt sind als
pdf-Dateien eingestellt
| Christoph Schmitt: Spuren einer jüdischen
Vergangenheit - Das Beispiel Trittenheim. In: Sachor Heft 11 Nr. 1/96 S.
26-33. |
| ders.: "Ein Gotteshaus zum Gebet
für Alle". In: Jahrbuch des Kreises Bernkastel-Wittlich 1997. S.
99-103 (pdf-Datei) |
| ders.: Ein verwaister 'guter Ort'. Trittenheims jüdischer
Friedhof 1897-1997. In: Bernkastel-Wittlich Jahrbuch. 1998 S.
252-259. (pdf-Datei)
|
| ders.: Erinnerung an das eigene Fremde. Annäherungen an
die Geschichte des Landjudentums in Trittenheim. Referat, gehalten bei der
Buchpräsentation "Bibliographie zur Geschichte der Juden im Kreis
Bernkastel-Wittlich" in der Synagoge in Wittlich am 15. Juni 2000. In.
Jahrbuch des Kreises Bernkasel-Wittlich 2001 S. 166-175 (pdf-Datei)
|
| Robert Reichard / Thomas Heidenblut:
Synagogen im Landkreis Trier-Saarburg. 2000. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 370-371 (mit weiteren Literaturangaben).
|
| Willi Körtels: Die jüdische Schule in der Region
Trier. Hrsg. Förderverein Synagoge Könen e.V. 2011. Online
zugänglich (pdf-Datei). |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Trittenheim Rhineland. Jews are
mentioned in 1702 and a number of protected Jews were accorded residence rights
up through the late 18th century. A permanent settlement of 46 existed in 1808,
growing to a peak population of 65 (total 1,026) in 1871 and then dropping to 31
in 1932. The community maintained a synagogue from 1857 and a cemetery
(1898-1899), In the Nazi era, a few Jews emigrated and some left for other
places in Germany. In 1936, the synagogue was sold for lack of a preyer quorum (minyan).
A year later, the community was dismantled and attached to Neumagen-Niederemmel
together with other shattered communities. On Kristallnacht (9-10 November
1938), the homes of the remaining Jews were vandalized and in 1943 the last two
Jews were deported to the camps, where they perished together with eight local
Jews.
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