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Uhingen (Kreis
Göppingen)
Jüdische Geschichte
Übersicht:
Zur jüdischen Geschichte
in Uhingen
In Uhingen gab es zu keiner Zeit eine jüdische
Gemeinde. Auch wurden bei Volkszählungen im 19./20. Jahrhundert
keine jüdischen Einwohner erfasst.
Am Ort bestanden jedoch zwei bedeutende Textilfirmen im Besitz jüdischer
Fabrikantenfamilien:
 | 1894 wurde die Mechanische Weberei
M. Rothschild & Söhne gegründet, in der bis zu 400 Personen
Arbeit fanden. Gründer waren Moritz Rothschild (gebürtig aus
Nordstetten)
und sein Sohn Harry. Zunächst hatte Moritz Rothschild in der Bahnhofstraße
in Göppingen sogenannte Webzettel hergestellt, die an Handwerker in
Hattenhofen und auf der Schwäbischen Alb ausgegeben wurden. Durch diese
Familienarbeit kam das junge Hausunternehmen wirtschaftlich vorwärts.
1894 wurde mit dem Bau einer Fabrik in Uhingen begonnen. Die
Spinnweberei spezialisierte sich auf Schuhfuttergewebe und wurde bald
führend. 1896 wurde eine Baumwollspinnerei in
Waldkirch im Elzachtal
erworben. Die beiden Unternehmen wurden aufeinander abgestimmt. Neben Schuhfutter
wurden auch Gewebe für die Berufskleidung hergestellt.
1900 übernahm der zweite Sohn von Moritz - Willy Rothschild - den
Reiseverkauf. Die Gesamtleitung der Firma lag nun in den Händen von Harry
Rothschild.
Die Firma florierte. 1913 gab es 292 Webstühle; eine Erweiterung auf
700 Webstühle war geplant. Das bereitgestellte Geld wurde damals in
Kriegsanleihe angelegt und ging verloren. Nach Kriegsende begann der
Neuaufbau der Firma.
1924/25 arbeiteten in Uhingen wieder mehr als 300 Mitarbeiter an 292
Webstühlen wie vor dem Ersten Weltkrieg. 1926 zog sich Harry
Rothschild aus der Firmenleitung zurück; sein Sohn Dr. Harry Rothschild
übernahm die Firmenleitung.
Seit 1933 gab es Bemühungen der Nationalsozialisten, die Firma zu
"arisieren". 1936 übernahm die Firma Walter Otto in Klingenstein
zu einem Preis das Unternehmen, der dem tatsächlichen Wert in keiner Weise
angemessen war. 1937 emigrierte Dr. Harry Rothschild in die USA, andere
Familienmitglieder sind gleichfalls ausgewandert (Artur Rothschild 1938 in
die Schweiz, dann nach Buenos Aires; Arthur H. Rothschild gleichfalls in die
USA).
Im Zweiten Weltkrieg war die Fabrik völlig stillgelegt, die
Maschinen wurden abgebaut. Nach 1945 erfolgte ein mühsamer Neuaufbau der
Firma. Als Spinnweberei Uhingen GmbH kam die Fabrik nach Klärung des
Restitutionsverfahren 1950 wieder in den Besitz der Familie Rothschild
(Standort der Firma Ulmer Straße 27). Im Sommer 1950 beschäftigte die
Spinnweberei etwa 400 Personen.
Aktuelle Informationen: Website der
Firma Spinnweberei Uhingen GmbH
|
 | Von 1913 bis 1932 bestand am Ort die Firma
Württembergische Gardinenweberei Uhingen, L. Joseph & Cie,
in der bis zu 500 Personen Arbeit fanden. Besitzer der Firma war der
Fabrikant Joseph Joseph in Stuttgart. Die Gardinenweberei befand sich
im heutigen "Gerber Park" Uhingen. Auf einer Informationstafel der
"Route der Industriekultur" ist zu lesen:
"Die Ursprünge: Die Gardinenweberei. Das heutige Gerber Park
Areal mit Brauhaus, Hotel und Gastronomiebetrieben geht auf ein altes
Industriequartier zurück. Auf diesem Areal entlang eines noch heute
existierenden, von der Fils abgeleiteten Kanals stand einst Württembergs
einzige Gardinenweberei. Geheimkommerzienrat Fritz Blezinger und Gustav
Gradner von der benachbarten Bleicherei Uhingen gründeten die Weberei im
Jahr 1896.
1908 wurde die Weberei an das Unternehmen L. Joseph & Co. Stuttgart
übergeben. 1913 entstand hieraus die Württembergische Gardinenweberei L.
Joseph & Co. Aktiengesellschaft. In Uhingen stellte die Weberei
englische Tüllgardinen her; in Stuttgart befanden sich Verwaltung, Lager
und Konfektion der Gardinen.
Die maschinelle Herstellung von Gardinengewebe ist äußerst kompliziert und
für damalige Zeiten 'ein Wunderwerk der Technik'. Die aus England
stammenden Webmaschinen, sogenannte Bobbinet-Maschinen (engl. bobbin =
Klöppel, vgl. Wikipedia-Artikel
"Bobinet"), waren verwandt mit den Jacquard Webmaschinen (vgl.
Wikipedia-Artikel
"Jacquardwebstuhl"), mit denen man
beliebige Muster weben konnte.
Trotz der guten technischen Ausstattung musste die Württembergische
Gardinenweberei im Jahr 1932 Konkurs anmelden. Die Firma wurde
liquidiert." |
Berichte aus der
jüdischen Geschichte in Uhingen
Anzeigen jüdischer
Gewerbebetriebe
Anzeige der Württembergischen Gardinenweberei L.
Joseph & Co. Stuttgart - Uhingen (1926)
Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 1. Januar 1926:
"Württembergische Gardinenweberei
L. Joseph & Co., Aktiengesellschaft Stuttgart.
Fabrik u. Kontor: Stuttgart - Weberei: Uhingen (Württemberg)". |
Sonstige Berichte
Jüdische Jugendvereine treffen sich
auf der Nassach-Mühle bei Uhingen (1924)
Anmerkung: Der Einladende und zugleich Referent ist Theodor Rothschild,
damaliger Leiter des israelitischen
Waisenhauses "Wilhelmspflege" in Esslingen. Beim zweiten Referenten handelt
es sich um den späteren Rabbiner Emil Schorsch (1899
Hüngheim - 1982 Vineland New Jersey USA).
Dieser wurde von 1915 bis 1920 in Esslingen zum Volksschullehrer ausgebildet. Er
studierte ab 1922 an den Universitäten Breslau und Tübingen (in seiner Tübinger
Studienzeit fand der Gautag in der Nassachmühle statt). Emil Schorsch heiratete
später mit Fanny Rothschild eine Tochter Theodor Rothschilds (Kinder:
Hanna und Ismar).
Weitere Informationen
https://de.wikipedia.org/wiki/Emil_Schorsch und zum Sohn
https://de.wikipedia.org/wiki/Ismar_Schorsch.
Ort des Treffens war im heutigen Uhinger Ortsteil "Nassach-Mühle" das Gebäude
der ehemaligen Mahlmühle/Papierfabrik, in dem noch in den 1930er-Jahren ein
Kurheim ("Kurhaus Nassachmühle" eingerichtet war, vgl. kurze Geschichte
https://de.wikipedia.org/wiki/Nassachtal/Diegelsberg.
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs"
vom 15. Juli 1924: "Vereinsanzeigen.
Landes-Verband der jüdischen Jugendvereine Württembergs.
Am 3. August findet unser 4. Gautag statt und zwar auf der Nassach-Mühle im
Schurwald. Station ist Uhingen bei Göppingen. Er findet bei jeder Witterung
statt.
I. Verhandlungen. 1. Stand der jüdischen Jugendbewegung in Württemberg
(Rothschild, Esslingen).
2. Die religiösen Strömungen in der jüdischen Jugendbewegung (Schorsch,
Tübingen).
3. Aussprache.
II. Einige Aufführungen von Jugendgruppen.
III. Gemeinsame Spiele und Gesänge. Beginn punkt 10 Uhr. Alle
Jugend ist herzlich willkommen.
Esslingen, 6. Juli 1924. Rothschild." |
Fotos
Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Ortschronik der Gemeinde Uhingen. 1975 S.
418-419.424-428. |
 | Jakob Toury: Jüdische Textilunternehmer. 1984 S.
190.196.215. |
 | Publikation der Stadt Uhingen (Hrsg.): Historische
Orte & Route der Industriekultur. 40 S. 1. Auflage 2019.
Online
einsehbar. |

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