Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


Eingangsseite

Aktuelle Informationen

Jahrestagungen von Alemannia Judaica

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft

Jüdische Friedhöfe 

(Frühere und bestehende) Synagogen

Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale in der Region

Bestehende jüdische Gemeinden in der Region

Jüdische Museen

FORSCHUNGS-
PROJEKTE

Literatur und Presseartikel

Adressliste

Digitale Postkarten

Links

 

  
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"  
zurück zur Übersicht "Synagogen in Hessen"  
Zur Übersicht "Synagogen im Kreis Groß-Gerau"   
    

Wallerstädten (Stadt Groß-Gerau, Kreis Groß-Gerau)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde                
    
In Wallerstädten bestand eine jüdische Gemeinde bis Ende des 19. Jahrhunderts. Erstmals werden in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts jüdische Familien am Ort genannt. Aus dem Jahr 1739 wird die Geburt eines Sohnes des Schutzjuden Josef Löw zu Wallerstädten berichtet. 1740 bekam Feist Löw in Wallerstädten einen Sohn. Dem Götschel Feist werden 1752, 1757 und 1758 Söhne geboren. 
    
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich wie folgt: 1830 33 jüdische Einwohner, 1895 17, 1905 12 (1,2 % von insgesamt 991 Einwohnern).
   
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule, ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Groß-Gerau beigesetzt. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinat Darmstadt.  
Von den Gemeindevorstehern wird genannt: um 1888/92 G. Oppenheimer.    
  
1933 lebten noch acht jüdische Personen in Wallerstädten, die zur Gemeinde in Groß-Gerau gehörten. Es handelte sich um die Familien Oppenheimer (drei Personen) und Rohrheimer (bis zu neun Personen). Gustav Oppenheimer war Inhaber eines Landprodukten-, Spezerei- und Textilhandels (Kirchgasse 6). Beim Novemberpogrom 1938 wurde sein Besitz geplündert. Familie Rohrheimer lebte Am Hanfgraben. 
        
Von den in Wallerstädten geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Rosalie Blatt geb. Hirsch (1882), Dina Oppenheimer geb. Kron (1864), Gustav Oppenheimer (1862), Gustav Oppenheimer (1893), Jenny Oppenheimer (1889), Lina (Linchen) Rohrheimer (1860), Salomon Rohrheimer (1864), Dora Weinberger geb. Oppenheimer (1885).    
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde    
  
Berichten zu einzelnen Personen der jüdischen Gemeinde    
Der aus Wallerstädten stammende Heinrich Hirsch berichtet über seine Motivation zur Übernahme von Ehrenämter (Artikel von 1932)   

Anmerkung: Heinrich Hirsch ist am 23. Juli 1866 in Wallerstädten geboren und am 26. November 1937 in Frankfurt gestorben. Er war in Groß-Gerau als Fabrikant in der Fa. H. Hirsch Söhne Wein- und Obstbrennerei, Fabrik feiner Liköre, Weinessig-Fabrik tätig. Weitere Informationen (und ein Foto) zu ihm und seiner Familie in der Seite http://www.erinnerung.org/gg/haeuser/ab7.html 

Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 21. Oktober 1932: "Ein offenes Wort. Der Vorsitzende der Ortsgruppe Groß-Gerau des Centralvereins, der Fabrikant Heinrich Hirsch, wurde kürzlich durch Überreichung der Goethe-Plakette besonders geehrt. Bei der feierlichen Übergabe hielt Heinrich Hirsch eine Ansprache, in der er unter anderem ausführte:
'Nach dem Schillerschen Satz: 'Ein offenes Herz zeigt auch eine offene Stirn', will ich die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, um einmal vor der Öffentlichkeit zu erklären, warum ich so viele Ämter übernommen habe. Ich bin in Wallerstädten geboren und bis zu meinem zwölften Lebensjahr dort aufgewachsen. Die Schule habe ich in Groß-Gerau, später in Darmstadt besucht. Grundsätze meines Lebens waren die Worte: 'Tue Recht und scheue niemand ' sowie 'Liebe deinen Nächsten wie dich selbst', die von alters her Grundsätze meiner Familie waren. Lange Jahre habe ich mit Menschen ohne Unterschied der Konfession verkehrt und nicht gewusst, dass man einen Menschen wegen seiner Konfession ansehen würde. In den Jahren 1882 bis 1885 habe ich in Hessen-Kassel eine Lehrzeit durchgemacht. Dort kam im Jahre 1883 eine Welle von Antisemitismus auf, und damals habe ich zum ersten Male kennengelernt, was das ist. Als junger Mensch von 17 Jahren habe ich darunter gelitten, nach meiner Rückkehr in die Heimat im Jahre 1885 hat diese Welle nicht aufgehört, besonders in Trebur und im Odenwald, wohin mich das Geschäft führte. Das hat mich immer mehr betrübt, erniedrigt und gequält. Und damals habe ich mir dann vorgenommen zu zeigen, dass auch die Juden ihre Pflichten als deutsche Staatsbürger zu erfüllen wussten. Deutsche Staatsbürger sind schon meine Vorfahren gewesen; auch meine Urgroßeltern haben in Wallerstädten gewohnt. Das ist das Schlimmste, wenn ein Mensch seine Pflicht erfüllt und wegen seiner Konfession verachtet wird. Mancher wird fragen, ob diese Ausführungen hierher gehörten. Ich habe, was schon lange das Herz bewegt, nicht mit ins Grab nehmen mögen; da ich es ausgesprochen habe wird mir leichter. Seit ihr zehnten stehe ich im öffentlichen Leben. Seit 19:02 Uhr gehöre ich dem Vorstand des Militärvereins an, im Jahre 19:03 Uhr wurde ich Vorstandsmitglied der Hassia, dann sind mir noch viele Ämter und Ehren zugefallen, unter anderem die Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer, im Gemeinderat, im Aufsichtsrat der Volksbank sowie in meinen Berufsverbänden. Ich habe stets meine Pflicht erfüllt, und ein Mensch, der Pflichtgefühl hat, wird auch seinen Mann stellen. So ist es auch mir ergangen; ich habe nur noch den einen Wunsch, dass es uns doch bald wieder besser gehen möge, zum Segen des Deutschen Vaterlandes..     

    
 
  
    
Zur Geschichte der Synagoge    
             
    
Am 9. Juli 1864 erhielt Feist Hirsch die Genehmigung, auf dem Grundstück Sanddeich 1 ein Wohnhaus für die israelitische Gemeinde zu erbauten. 1865 wurde dieses Haus als jüdisches Gemeindezentrum erstellt, in dem eine Synagoge (mit Frauenempore) und die Wohnung für den Lehrer (im Dachgeschoss) eingebaut waren. In einem Anbau von 1869 wurde ein rituelles Bad eingerichtet. 

Bereits um 1895 wurde auf Grund der zurückgegangenen Zahl der jüdischen Einwohner die Synagoge geschlossen. 1897 baten Gerson und Max Oppenheimer um die Genehmigung zum Verkauf der Synagoge, da die Gemeinde damals nur noch aus drei Männern bestand. 1898 ist das Gebäude an eine nichtjüdische Familie verkauft worden, die es zu einem Wohnhaus umbaute

     
In den folgenden Jahrzehnten erfuhr das Gebäude weitere Umbauten. In der Zeit des Zweiten Weltkrieges wurde das Dach des Hauptgebäudes durch einen Bombeneinschlag im benachbarten Friedhof stark beschädigt. Noch während des Krieges wurde mit dem Wiederaufbau des Dachstuhls begonnen, der bei dieser Gelegenheit um Dachgauben erweitert wurde. Nach 1945 wurde ein Anbau zur Einrichtung eines Badezimmers und eines Heizungsraumes erstellt. Das Gebäude ist als Wohngebäude erhallten.        
     
     
Adresse/Standort der Synagoge Sanddeich 1      
     
     
Fotos
(Quelle: Obere Zeilen: Schleindl S. 341; Fotos von 2007: Hahn, Aufnahmedatum 6.7.2007)  

Fassadenansicht und Querschnitte   Wallerstaedten Synagoge 146.jpg (135722 Byte) Wallerstaedten Synagoge 143.jpg (113589 Byte)
  Fassade der Synagoge    Querschnitte  
     
Grundrisse Wallerstaedten Synagoge 145.jpg (128933 Byte) Wallerstaedten Synagoge 144.jpg (140452 Byte)
    Grundriss des Erdgeschosses  Grundriss des Dachbodens 
        
        

Das ehemalige Synagogengebäude 2007  
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 6.7.2007) 

   
Wallerstaedten Synagoge 140.jpg (70524 Byte) Wallerstaedten Synagoge 141.jpg (75927 Byte) Wallerstaedten Synagoge 142.jpg (78227 Byte)
Das ehemalige 
Synagogengebäude
   
Das ehemalige Synagogengebäude: im
 Vergleich mit der Darstellung oben (Fassade)
 sind erhalten: Doppelfenster im
 Dachgeschoss, umlaufendes Fundament 
des Erdgeschosses und die Dachform (ohne Gauben) 
Anbau an das ehemalige 
Synagogengebäude (erstellt nach 1945 zur
 Einrichtung eines Badezimmers
 und eines Heizungsraumes) 
   
     
     
Das Synagogengebäude im Herbst 2016 
(Fotos von Birk Kröger, Wallerstädten)  
 Wallerstaedten Synagoge 2017021.jpg (68782 Byte) Wallerstaedten Synagoge 2017022.jpg (68004 Byte) 
  Das Gebäude ist vom Umbau während und nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt (Dach, Gauben s.u.)  
     
Wallerstaedten Synagoge 2017020.jpg (38395 Byte) Wallerstaedten Synagoge 2017023.jpg (60934 Byte) Wallerstaedten Synagoge 2017024.jpg (68646 Byte)
Die im Gebäude mittig platzierte Säule ist noch aus 
Synagogenzeiten, steht jedoch inzwischen zur
 Hälfte in einer Trockenbauwand  
Anbau von 1869 zur Einrichtung des rituellen Bades 
(auf dem Dach noch die Bieberschwänze von 1869)  
   
   
           

       

     
Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Stadt Groß-Gerau  
bulletWebportal HS 010.jpg (66495 Byte)Webportal "Vor dem Holocaust" - Fotos zum jüdischen Alltagsleben in Hessen mit Foto zu Wallerstädten (Familie Goldberger in Groß-Gerau mit dem in Wallerstädten lebenden Ernst Schiff)     

Quellen:  

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Groß-Gerau 
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs (innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41              
Zu Groß-Gerau ist (nur) vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,379  Geburtsregister der Juden von Groß-Gerau  1736 - 1766; enthält: Verzeichnis der geborenen Söhne von Juden; enthält auch Angaben zu Klein-Gerau und Wallerstädten   
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2753494   

 Literatur:  

bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 161. 
bulletAngelika Schleindl: Verschwundene Nachbarn. Jüdische Gemeinden und Synagogen im Kreis Groß-Gerau. Hg. Kreisausschuss des Kreises Groß-Gerau und Kreisvolkshochschule. Groß-Gerau 1990. 

   
     

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge   

              

 

Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an Alemannia Judaica (E-Mail-Adresse auf der Eingangsseite)
Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020