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Werlau (Stadt
Sankt Goar, VG Sankt Goar-Oberwesel, Rhein-Hunsrück-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In dem in früheren
Jahrhundert zur Grafschaft Katzenelnbogen gehörenden Werlau bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./18.
Jahrhunderts zurück. Bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
sind jüdische Familien als Einwohner von Werlau durch die Gerichtsakten belegt.
Die ersten namentlichen Nennungen sind von 1560 (Jud Scheyer), 1562 (jüdische
Familie Gotschalk), 1567 Gotschalks Sohn Itzig, 1594 (Jud Gumpel zu Werlau),
1596 (Jud Goetz).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1807 32 jüdische Einwohner, 1827 19 (davon drei Schulkinder),
1854 31 (davon acht Schulkinder). 1857 waren die Berufe der
Haushaltsvorsteher: zwei Viehhändler, ein Krämer, ein Metzger, ein Tagelöhner.
Die jüdischen Familiennamen waren in der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts: Adler, Geissel, Heumann, Kahn, Mayer, Rothschild und Wolff.
An Einrichtungen bestanden ein Betraum (s.u.) und eine jüdische Schule
(Religionsschule). Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof
in Bornich beigesetzt. Was die jüdischen Vereine betrifft, so gab es
gemeinsam mit den in Sankt
Goar lebenden Juden eine Beerdigungsbruderschaft (Chewra Kadischa).
1876 waren in der Chewra drei Vertreter aus Sankt
Goar (Leopold Meyer, Samuel Haas und Markus Herz) sowie sechs Vertreter aus Werlau
(Michel Kahn, Süssel Mayer, Isaak Stern, Abraham Adler, Leopold Rothschild und
Israel Isidor). Einen eigenen Lehrer hatte die Gemeinde Werlau zu keiner Zeit.
Der Religionsunterricht wurde durch auswärtige Lehrer abgehalten (um 1924/32
durch Lehrer Hermann Fein aus Boppard).
Die jüdischen Einwohner waren im Leben des Ortes weitestgehend integriert. Sie
engagierten sich im allgemeinen Orts- und Vereinsleben. So gehörten Moses Gerson und Jakob Isidor wie auch Louis und Josef Gottschalk zu den Sangesbrüdern
im Männergesangverein.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Viehhändler
Leopold Gamiel (gef. 8.1.1915), Viehhändler Adolf Adler (gef. 20.1.1916), Viehhändler
Gustav Meyer (geb. 1892, gef. 17.7.1917) und sein Bruder, der Medizinstudent
Siegmund Meyer (geb. 26.2.1893, gef. 18.4.1918). Ihre Namen stehen auf dem
Denkmal für die Gefallenen der Gemeinde Werlau.
Die jüdischen Familienvorsteher waren insbesondere als Viehhändler, einzelne
auch als Kaufleute, Metzger, Bäcker und Schneider tätig. Josef Gottschalk und
Julius Meyer betrieben von 1926 (bis 1936) eine Fremdenpension, die von
erholungssuchenden Gästen vor allem im Sommer gerne belegt wurde (siehe Anzeigen
unten).
1930 lebten noch neun jüdische Familien mit zusammen etwa 30 Personen am
Ort. In den Jahren nach 1933 ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder
auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung
und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert (USA, Argentinien,
Brasilien, Palästina, Südafrika). Beim Novemberpogrom 1938 wurden die
Fenster des Betraumes und der jüdischen Wohnhäuser eingeworfen. Die jüdischen
Männer wurden in das KZ Dachau verschleppt. Die letzten jüdischen Einwohner
wurden im März, April und Juli 1942 von Werlau aus deportiert.
Von den in Werlau geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", ergänzt durch Angaben bei
Doris Spormann, Juden in Werlau S. 73-74): Wilhelmine Berger geb. Stern (1873),
Karl Gottschalk (1917), Jakob Isidor (1881), Moses Isidor (1879), Ernst-Josef
Meyer (1931), Jakob Meyer II (1863), Julie Meyer geb. Berger (1893), Julius
Meyer (1883), Max Meyer (1886), Rosa Meyer geb. Berger (1892), Rosa Meyer geb.
Judas (), Ruth Meyer (1927), Siegfried Meyer (1896), Wilhelm Meyer (1882),
Mathilde Schubach geb. Meyer (1881), Netta Schubach geb. Meyer (1880), Sally
Stern (1878), Selma Stern geb. Meyer (1888), Thekla Stern geb. Mayer
(1879).
In unmittelbarer Nähe des Kriegerdenkmals erinnert seit 1992 ein Gedenkstein
"an die ehemaligen jüdischen Mitbürger von Werlau".
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeine Berichte zur
jüdischen Gemeinde
Gemeindebericht von 1930
Aus einem Artikel im "Israelitischen Familienblatt" vom 19. Juni 1930: "Werlau,
Dörfchen, 210 Meter hoch, auf dem Hunsrück, sehr schön gelegen, mit
prachtvoller Luft, mit Recht als Luftkurort in Mode kommend, mit zäh am
Alten festhaltender Gemeinde von neun Familien, die zum Teil (Willi Meyer,
Julius Meyer, Bäckermeister Gottschalk, Schneidermeister Gottschalk) an
Kurgäste vermieten, alle streng koscher leben und ihren Betsaal fleißig
benutzen. Von dort in 45 Minuten abwärts (von Hitze nach den Rhein entlang
direkt 8 km gleich 2 Stunden aufwärts), liegt Sankt Goar."
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Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Standesamtliche Mitteilungen -
1930/1932
Mitteilung im "Israelitischen Familienblatt" vom 18. Dezember 1930:
Geburtstag: "Werlau, Kreis St. Goae, 24. Dezember 1930: Berta Meyer, 81
Jahre." |
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Mitteilung im
"Israelitischen Familienblatt" vom 17. März 1932: Sterbefall: "Werlau
bei St. Goar/Rhein: Wilhelm Meyer, 84 Jahre." |
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen der Fremdenpensionen Julius Meyer und Jos. Gottschalk (1927 bis 1937)
Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 12. Mai 1927: "Werlau,
15 Minuten vom Rhein. Bietet herrlichen Landaufenthalt für
Erholungsuchende. Pension 5 Mark, Kinder 2,50 Mark.
Frau Julius Meyer Werlau bei Sankt Goar am Rhein." |
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Anzeige im Israelitischen Familienblatt" vom 4. Juli 1935: "Werlau
- Sankt Goar am Rhein Privat-Pension Jos. Gottschalk.
Herrliche Lage und Aussicht auf Rhein und Burgen. Höhenluft. Buchen-,
Tannen-Hochwald. Liegewiese am Hause. Sonnige Zimmer. Pension. Vier
Mahlzeiten, garniertes Frühstück, reichhaltige Verpflegung. Reichsmark 3.50.
Dauerpensionäre Ermäßigung. " |
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Zwei Anzeigen im "Israelitischen Familienblatt" vom 21. Mai 1936:
"Erholungsuchende finden gute Privatpension.
Vier reichliche Mahlzeiten 3,80 Mark. Bad im Hause.
Julius Meyer Werlau bei Sankt Goar am Rhein.
Werlau - Sankt Goar am Rhein. Pension Jos. Gottschalk.
Herrliche Lage und Aussicht auf Rhein und Burgen, sowie schöne Waldungen.
Sonnige Zimmer. Pensionspreis vier Mahlzeiten, garniertes Frühstück,
reichhaltige Verpflegung 3,80 Reichsmark. Liegewiese am Hause." |
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Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 19. August 1937: "Privat-Pension
Willi Meyer Werlau bei Sankt Goar am Rhein Telefon Amt Sankt Goar 183.
Waldreicher, herrlich gelegener Höhenluftkurort. Zimmer mit fließendem
Wasser. Pensionspreis 3.80 Mark bei vier Mahlzeiten. "
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Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 26. August 1937: "Ferien
am Rhein
Pension Jos. Gottschalk Werlau - Sankt Goar.
Herrlich gelegener Höhenluftkurort gegenüber der Loreley, in baldiger
Umgebung. Pensionspreis bei vier reichlichen Mahlzeiten Mark 4.-. Große
Liegewiese am Hause. "
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Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 15.
April 1937: "Werlau bei St. Goar/Rhein. Privatpension Julius Meyer.
Erholungssuchende finden gute Verpflegung, vier reichliche Mahlzeiten 3,80
Mark. Liegewiese am Hause." |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst besuchten die
Werlauer Juden den Gottesdienst in Sankt
Goar, obwohl sie den zahlenmäßig stärkeren Teil der Gemeinde stellten. 1830
versuchten die Werlauer jedoch, sich von St. Goar zu lösen und stellten den
Antrag zum Bau einer eigenen Synagoge in Werlau, der jedoch von Seiten der Behörden
abgelehnt wurde, da die Gemeinde in St. Goar allein nicht lebensfähig gewesen wäre.
Dennoch hielten die Werlauer Juden an ihrem Wunsch fest, unabhängig von Sankt
Goar zu werden, besuchten jedoch bis 1888 die dortige Synagoge. In diesem
Jahr schlossen sich die Werlauer mit der Oberweseler
Synagogengemeinde zusammen und besuchten nun - zumindest teilweise - die dort
erbaute neue Synagoge. Dennoch wurde auch in Werlau ein eigener Betraum
eingerichtet. Nach 1900 wurden zwei Zimmer im Haus der Familie Kuhn (An
der Bach) angemietet und als Betraum eingerichtet. Wie lange dieser Betsaal
genutzt wurde, ist nicht bekannt. In den Jahren vor 1938 war ein Betraum im Haus
der Familie Vollrath in der Bopparder Straße. In der Gemeindebeschreibung von
1930 (siehe oben) wird berichtet, dass die jüdischen Familien Werlaus jedenfalls
ihren Betsaal "fleißig benutzten".
Beim Novemberpogrom 1938 wurde der letztgenannte Betraum in der Bopparder
Straße überfallen und verwüstet.
Adresse/Standort der Synagoge: nach
1900: "An der Bach" - vor 1938: Bopparder Straße
Fotos
Einige Fotos und
Abbildungen zur jüdischen Geschichte finden sich
im Beitrag von Doris Spormann s.Lit. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Doris Spormann: Die Synagogengemeinden in St. Goar
und Oberwesel im 19. und 20. Jahrhundert: Spuren landjüdischen
Gemeindelebens am Mittelrhein. - In: SACHOR. Beiträge zur jüdischen
Geschichte in Rheinland-Pfalz. - 2. Jahrgang, Ausgabe 2/1992 Heft Nr. 3 S. 22-30. -
Ill. Online
zugänglich (pdf-Datei) |
| dies.: Zur Geschichte der Juden in Werlau. In: SACHOR.
Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in
Rheinland-Pfalz Heft Nr. 10 2/95 S. 62-74. Online
zugänglich (pdf-Datei).
|
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 333 (mit weiteren Literaturangaben).
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