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Wohra (Gemeinde
Wohratal, Kreis Marburg-Biedenkopf)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Wohra bestand eine kleine jüdische
Gemeinde bis nach 1933 (Filialgemeinde zu Halsdorf).
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. 1742
ließ sich Hiskia Meyer mit seiner Frau am Ort nieder. 1761 wurde sein Sohn
David Hiskias in den Schutz aufgenommen. Die Söhne Hiskias waren: Wolf Hiskias
(später Kugelmann), Mayer David (später Buchheim) und Baer Hiskias (später
nach Josbach verzogen). Anfang des 19. Jahrhunderts wird neben den Genannten
auch Levi Buchheim erwähnt (gest. 1835); er könnte ein weiterer Sohn von David
Hiskias gewesen sein.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1835 11 jüdische Einwohner, 1861 44, 1905 49.
1858 werden die folgenden Familien genannt: Wolf Kugelmann (Viehhandel,
Großhandel, mit Frau und vier Kindern), Joseph Kugelmann (Viehhandel,
gleichfalls Großhandel, mit Frau und drei Kindern), Mayer Kugelmann
(Viehhandel, mit Frau und einer Tochter). 1869 werden folgende sechs Familien
genannt: Wolf Kugelmann, Joseph Kugelmann, Salomon Buchheim, Meier Kugelmann,
Aaron Kadden, Witwe von Hiskias Kugelmann.
Die in den Orten Ernsthausen, Halsdorf, Josbach
und Wohra lebenden jüdischen Personen/Familien bildeten eine gemeinsame
Gemeinde mit Sitz in Halsdorf. Erst ab 1900
gab es eigenen Gottesdienst in Wohra (siehe unten). Die Toten der
jüdischen Gemeinde wurden zunächst in Hatzbach,
seit 1903 auf dem jüdischen Friedhof in Halsdorf
beigesetzt.
Um 1924 gehörten die in Wohra lebenden 43 jüdischen Personen weiterhin zur
Hauptgemeinde in Halsdorf. Die jüdischen
Einwohner waren im allgemeinen Leben des Ortes und im Vereinsleben weitestgehend
integriert. Jüdische Einwohner waren aktive Mitglieder im Gesangsverein,
Kriegerverein und Sportverein.
1932
lebten noch 36 jüdische Personen in Wohra.
1933 lebten noch etwa 35 jüdische Personen in Wohra. In den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Den Familien Levi
Buchheim, Aron Adolf Kadden sowie zwölf weiteren jüdischen Einwohnern gelang
die Auswanderung. Die übrigen wurden deportiert und ermordet. Max
Buchheim (geb. 1900) wurde im Zusammenhang mit der "Euthanasie"-Aktion
ermordet (vermutlich in Hadamar), Max Kugelmann (geb. 1901) wurde gleichfalls im
Zusammenhang mit der "Euthanasie"-Aktion ermordet; angeblich ist er am
17. März 1942 in Cholm/Lublin, einer Tarnadresse der Berliner "Euthanasie"-Zentral
gestorben, jedoch war er damals bereits längere Zeit tot.
Von den in Wohra geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Herz Buchheim
(1855), Max Buchheim (1899), Meier Buchheim (1865), Minna Bär geb. Kadden
(1894), Bertha Freudenthal geb. Buchheim (1893), Gustine Isenberg geb. Kugelmann
(1889), Helene (Ella) Joseph geb. Buchheim (1889), David Kadden (1869), Rosa
(Rosalie) Kadden (1900), Veilchen Kadden (1888), Alfred Kugelmann (1893), Bertha
Kugelmann geb. Kugelmann (1894), Blanka Kugelmann geb. Bär (1896), Else
Kugelmann geb. Katz (1894), Franziska Kugelmann geb. Marx (1869), Herbert
Kugelmann (1888), Hermann Kugelmann (1892), Hilde Kugelmann (1928), Hiskias
(Hermann) Kugelmann (1864), Ida Kugelmann geb. Kugelmann (1894), Isaak Kugelmann
(1860), Isaak Kugelmann (1886), Josef Kugelmann (1895), Katinka Kugelmann
(1889), Marli Kugelmann (1933), Martin Kugelmann (1924), Max Kugelmann (1901),
Senta Kugelmann (1930), Betti Levi geb. Kadden (1896), Minna Portmann geb.
Kadden (1871), Fanny (Frommet) Rothschild geb. Kugelmann (1857), Klara Simon
geb. Kugelmann (1857), Hedwig Stern geb. Kadden (1897).
Hinweis: Ein Gedenkstein für die ermordeten
Mitglieder der jüdischen Gemeinden Wohra und Halsdorf
steht am Gebäude der Gemeindeverwaltung Wohratal in Wohra, Halsdorfer Straße
56 (siehe Fotos unten).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
In jüdischen Periodika des 19./20.
Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in Wohra
gefunden. |
Zur Geschichte der Synagoge
Im 19. Jahrhundert wurden - zumindest nach der Einrichtung
einer neuen Synagoge 1839 - die Gottesdienste in Halsdorf
besucht. In Wohra wurden vermutlich seit den 1860er-Jahren in einem zu
einem Bauernhof gehörenden Gebäude Gottesdienste abgehalten. 1876 wurde
dieses Gebäude von Josef Kugelmann gekauft. 1905 wird das Gebäude
erstmals als Synagoge bezeichnet. Wenige Jahre zuvor (um 1900) war es um ca. 10
Meter auf ein Gartengrundstück verlegt worden, um dem Nachbarn freie Durchfahrt
zu seiner Scheune zu ermöglichen. Nach der Verlegung wurden die Empore
eingebaut und die Decke wie auch die Wände künstlerisch bemalt. In den Jahren 1923/24
(Einweihung im August 1924) erfolgten starke bauliche Veränderungen -
vermutlich ein teilweiser Neubau -, da das Gebäude undicht und winddurchlässig
war. Der Tora-Schrein wurde an die Stelle des bisherigen Eingangs gerückt.
Anstatt nach Südosten ergab sich nun eine Ausrichtung der Synagoge nach
Nordosten. Das Gebäude nach dem Umbau seinen Haupteingang an der Südostseite;
der Zugang zur Frauenempore erfolgte über eine an der Nordwestseite angebaute
Treppe.
Über die Benutzung der Synagoge von Seiten der Gemeindeglieder gibt es
unterschiedliche Berichte. Nach A. Schneider wurde der Gottesdienst in der
Synagogengemeinde wechselweise in der Hauptsynagoge in Halsdorf,
in Josbach und in Wohra abgehalten.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die
Inneneinrichtung der Synagoge größtenteils zerstört.
Das Synagogengebäude blieb erhalten, kam in Privatbesitz und wurde als
Abstellraum verwendet. 1992 wurde das Gebäude abgetragen, um in Giessen als
Zentrum der dortigen jüdischen Gemeinde wieder aufgebaut zu werden.
Seit 1996 erinnert ein Gedenkstein in Wohra an die frühere jüdische
Gemeinde:
Adresse/Standort der Synagoge: Biegenstraße
4
Fotos
(Quelle: obere Zeile Altaras 1994 S. 92, zweite Zeile: Gemeinde
Wohratal; untere Zeile: Helmut Hermann, Wohratal)
Die ehemalige Synagoge in
Wohra
im Januar 1988 |
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Blick auf die
Nordwestseite mit dem
früheren Eingang zur Frauenempore
(ohne die
einstige Außentreppe) |
Blick von Süden |
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Die in Gießen wieder
aufgestellte
und als Synagoge verwendete Synagoge |
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Gedenkstein am Gebäude der
Gemeindeverwaltung
(Fotos: Helmut Hermann, Wohratal) |
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Inschrift:
"Die Gemeinde Wohratal erinnert sich ihrer Einwohner, die von
Handlangern der menschenverachtenden Gewaltherrschaft des Nazi-Regimes
zwischen 1933 und 1945 wegen ihrer Volkszugehörigkeit, ihres Glaubens,
ihrer Überzeugung oder ihres Widerstandes verfolgt, vertrieben,
verschleppt, gefoltert und ermordet wurden. Mehr als ein Drittel der
Mitglieder der jüdischen Gemeinden Wohra und Halsdorf ließ ihr Leben.
Die jüdischen Gemeinden existieren nicht mehr. Die Wohraer Synagoge wurde
1992 von der jüdischen Gemeinde Giessen in ihr Gemeindezentrum nach
Giessen umgesetzt. Die Opfer mahnen uns: Wehret den Anfängen!
1994." |
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 317-319 (einige Informationen
innerhalb des Abschnittes zu Halsdorf). |
| Noch kein Abschnitt zu Wohra in: Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988. |
| Ausführlicher Abschnitt in dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 91-95. |
| dies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007² S.
248-251. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 164-165. |
| Kein Abschnitt zu Wohra in: Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch). |
| Barbara Händler-Lachmann / Ulrich Schütt:
"unbekannt verzogen" oder "weggemacht". Schicksale der
Juden im alten Landkreis Marburg 1933-1945. Marburg 1992. |
| Barbara Händler-Lachmann / Harald Händler
/Ulrich Schütt: 'Purim, Purim, ihr liebe Leut, wißt ihr was Purim
bedeut?' - Jüdisches Leben im Landkreis Marburg im 20. Jahrhundert. Marburg
1995. |
| Alfred Schneider: Die jüdischen Familien im
ehemaligen Kreise Kirchhain. Beiträge zur Geschichte und Genealogie der
jüdischen Familien im Ostteil des heutigen Landkreises Marburg-Biedenkopf
in Hessen. Hrsg.: Museum Amöneburg. 2006.
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n.e.
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