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in Aurich
Aurich (Kreisstadt,
Ostfriesland)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt
Hier: Berichte zu einzelnen Personen aus
der jüdischen Gemeinde
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Aurich wurden in jüdischen Periodika
gefunden.
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.
Hinweis: die Texte auf dieser Seite
müssen teilweise noch abgeschrieben und mit Anmerkungen versehen werden,
können jedoch durch Anklicken der Textabbildung bereits gelesen werden.
Auf dieser Seite stehen keine Texte zu den Rabbinern, Lehrern und anderen Kultusbeamten
der Gemeinde, siehe hierzu die Seite
- Zur Geschichte des Rabbinates, der
jüdischen Lehrer und weiterer Kultusbeamten sowie des jüdischen Schulwesens in
Aurich
Übersicht:
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Die Bedeutung der Familie des Hofjuden
Aaron Abraham Beer für die Geschichte Ostfrieslands und der Stadt Aurich (Beitrag
von J. Heymann 1928)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
9. Februar 1928: "Die Bedeutung der Familie des Hofjuden
Aaron Abraham Beer für die Geschichte Ostfrieslands und der Stadt Aurich.
Zum Jahrzeit am 20.Schewat. Dargestellt nach den Akten des
Staatsarchivs Aurich und Hannover. Von Jos. Heymann, Frankfurt am Main
(Urenkel des Beer).
Das natürliche Band zwischen dem einzelnen und der Volksgesamtheit ist
seine Familie; sie übernimmt es, dem einzelnen den Volkscharakter
aufzudrücken und in ihren Familiengliedern Glieder des Volkes zu
erziehen. Wo also aus solchen Gott geweihten Familien ein Volk besteht, wo
der Gottesdienst in reicher, reiner Strömung alle Familien beseelt, da
ist des Volkes Bild: segensvoller Baum, - Wurzel und Krone: Gott und
Gesetz: - in gesegneten Familienzweigen des Ganzen verjüngtes Bild
wiederholend, und doch nicht sich lossagend, vielmehr die Kräfte jedes
einzelnen wieder dem ganzen zuführend; da steht jedem einzelnen die Familie
als Bürge und Gewährleistung für Bestimmung und Lebensaufgabe; da wird
Volksgeist Familiengeist, des einzelnen Weihe ist zur Familie und wie die
Familie dem Volke verpflichtet ist, so ist's der einzelne der Familie: S.
R. Hirsch Chaurew § 715.
Manche interessante Geschichtsepochen bleiben in ewigem Dunkel verhüllt,
bis es gelingt dank mündlicher Überlieferung in einzelnen Familien die
Dämmerung zu lichten und so ein klares Bild des betreffenden
Zeitabschnitts zu gewinnen. Wie S. R. Hirsch es so treffend sagt:
Geschichtliche Tatsache ist Erwählung Israels durch Gott zu Trägern und
Verwirklichern der Tauroh (Tora). Aber jede geschichtliche Tatsache kann
nur im Augenblick ihres Geschehens erfasst werden; den spätern, die auf
dieselbe Tatsache ihr Leben aufbauen sollen, muss sie verbürgt
überliefert werden (Chaurew § 714).
So wird eine Folge von Geschlechtern Träger und Erfüller des heiligen
göttlichen Willens.
Wenn es unseren Ahnen infolge des schweren Drucks dunkler Jahrhunderte
nicht gegönnt war, den Gang der Ereignisse schriftlich aufzuzeichnen, so
sollten wir wenigstens, die wir doch lichtere Zeiten erleben, wenn wir die
Geschichte durchforschen, uns zum Bewusstsein bringen, dass wir ein Glied
in der Kette von Geschlechtern sind, ein Glied der Überlieferungskette in
Sprache, Erfahrung und Wissen, der Kette, deren Ringe Jahrhunderte
sind.
Als Träger und Erfüller des Gottesgesetzes im eigenen Leben, als
Vertreter und Denkmal für dieses Gesetz gegen außen, sind wir zum Volk
berufen worden.
So ist es ein unsichtbares Band - die heilige Flammenglut des göttlichen
Sinaigesetzes - das uns mit unseren Vätern verbindet.
Du aber, Jisroels Jünger, Jungfrau Jisroels, auf deine Väter und Mütter
blicke hin! Sieh wie sie Jahrhunderte herab Schmach und Hohn, Elend und
Tod duldeten, die Seele aushauchend, sich glücklich priesen. Tauroh
(Tora) und Taurohgeist rein den Enkeln vererben zu können; - wie sie
durch alle Länder, durch alle Zeiten wandernd, in jedem Lande, in jeder
Zeit nur ihrer Tauroh lebten, und nicht untergingen, und lebten, ja leben
in der durch sie erhaltenen Tauroh, leben in dem Leben, das dir noch aus
der Tauroh erblühen soll. Dann schlage sie auf, die Tauroh, - lerne sie,
begreife sie, begreife deinen ewigen Mensch - Jisroel-Berufung reihe dich
in deiner Zeit, trotz deiner Zeit, mit deiner Zeit, mit allem was sie
versagt der Erfüllung ewiger Tauroh.' Chaurew § 73.
Im 17. Jahrhundert haben wir noch keine genaueren Überlieferungen über
die Lebensverhältnisse der Juden Ostfrieslands, erst in der Mitte und
gegen Ende dieses Jahrhunderts liegen uns Urkunden vor, die zu einigen
Schlussfolgerungen Berechtigung geben. So ist die ganze Judenansiedlung in
Aurich auf den Anschluss an die Privilegierung eines einzelnen Juden als
Hofjuden zurückzuführen. Den Inhalt dieser Privilegien bilden die sog.
Schutzbriefe oder Generalprivilegien. Aus diesen geht hervor, dass die
Juden in Ostfriesland noch zur Zeit des einheimischen Fürstengeschlechts
der Cirksenas das Privileg erhalten haben, einen Landesrabbiner zu halten.
Er führt den Titel eines 'Landesparnaß'. Es steht ihm die
Gerichtsbarkeit erster Instanz über alle Juden Ostfrieslands zu.
Allerdings gibt es von dieser Gerichtsbarkeit des Landrabbiners und
Landparnaß, der in Aurich seinen Sitz hat, zwei Ausnahmen. Einmal hatte
die Gemeinde Emden das Recht der
Anstellung |
eines
eigenen vom Landrabbiner unabhängigen Rabbiners, andererseits hatte die
Gemeinde Neustadt-Gödens bis gegen Ende
des 18. Jahrhunderts das Recht, bei Streitigkeiten zwischen dem jüdischen
Gerichtshof zu Emden und zu Altona zu
wählen. Der erste Landparnass war der fürstlich ostfriesische
Hofjude Aaron Abrahams Beer; es scheint, dass diese Familie Beer, die 1686
von Frankfurt am Main kam, ein Zweig der mächtigen Familie Haas-Kann ist,
deren gemeinschaftlicher Stammvater der fromme Vorsteher S. Haas war. Die
Familie gehörte jedenfalls zu den reichsten und angesehensten Familien
Frankfurts.
Die ersten Nachrichten über die Familie des fürstlich ostfriesischen
Hofjuden Aaron Abraham Beer, die im Staatsarchiv zu Aurich beruhen,
stammen aus dem Jahre 1686. Es sind u.a. von dem Landesherrn ausgestellte
Wechsel. Inwieweit diese Familie Beer mit dem Juden Isaac zur Kanten
Frankfurt am Main, von dem ebenfalls Dokumente aus dem Jahre 1686 im
Staatsarchiv Aurich liegen, in Beziehung stand, dürfte in A. Dietz:
Stammbuch des Frankfurter Juden Frankfurt am Main 1907 Nr. 37, 39 und 293
manch Interessantes zu finden sein.
Auffallend ist jedenfalls auch die Tatsache, dass gerade um die Zeit 1686
herum viele angesehene Frankfurter Familien Frankfurt am Main verließen.
So zum Beispiel Samson Raphael Hirschs Ahnen, die 1680 von Frankfurt am
Main nach Altona wanderten, ebenso wie die Familie Abraham Beer,
die 1686 von Frankfurt am Main nach Aurich kam. Es dürften wohl
wirtschaftliche und politische Motive in beiden Fällen für die
Auswanderung maßgebend gewesen sein, hervorgerufen durch die Wirren und
Nachwegen des 30-jährigen Krieges.
1693 erscheint Beer als Hofjude; 1733 d.h. nach Abschluss der
fürstlichen Zeit und zu Beginn der preußischen Entwicklung tritt Beer
als einer der Gläubiger beim fürstlichen Konkurse auf.
Er ist nun interessant, zu sehen, wie vielgestaltig die Aufgaben sind, die
der Landesparnass zu erfüllen hat und welche zahlreichen Ämter in dieser
Funktion eines Landesrabbiners damals mitenthalten sind. Die Juden durften
nach jüdischen Zeremonien leben, zu diesem Behufe einen Rabbiner
anstellen, der frei von Schutzgeld bleibt. Unter Hinzuziehen zweier
jüdischer Männer als Schiedsrichter soll er nach jüdischer Ordnung schlichten.
Das Protokoll darüber hat er der vorgesetzten Behörde einzusenden. Der
Rabbiner verhängt Brüche (Geldstrafen), von denen zwei Drittel der
fürstliche Oberrentmeister bekommt. Kein Jude darf ferner sich
unterstehen bei Strafe von 20 gs von dem einen Ort nach dem andern ohne
fürstlichen Konsens sich zu begeben oder ein Spezialgeleit ohne Vorwissen
des Hofjuden Aaron Abraham Beer bei Strafe von 100 sgs. Dieser
Hofjude darf niemand für sich gestatten, von einem Orte zum andern zu
reisen und sich niederzulassen oder jemand verschweigen, der zuzieht. Der
Hofjude hat jährlich im April eine Spezifikation aller im Lande wohnenden
Juden der ihm vorgesetzten Behörde, zu bergeben, damit dieselbe davon ein
richtiges Register (Steuerregister) halten lassen kann.
So geht es aus einem Generalprivileg Georg Albrecht vom September 1708
hervor." |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 23. Februar 1928: "Die Bedeutung der Familie des Hofjuden
Aaron Abraham Beer. Zum Jahrzeit am 20. Schewat. Dargestellt nach den
Akten des Staatsarchiv Aurich und Hannover. Von Jos. Heymann, Frankfurt am
Main (Urenkel des Beer). (Schluss)
Wertvolle Ergänzungen zu diesem Generalprivileg sind nach dem
Generalgeleitsbrief des letzten Fürsten Carl Edzard vom 12. Juni 1734 zu
entnehmen. Auch hier steht wieder der Hofjude Aaron Abraham Beer
und sein Sohn Abraham Beer an erster Stelle. In diesem Geleitsbrief heißt
es unter anderem:
a) über die Stellung des Hofjuden.
Wir geruhen in Gnaden, dem gealteten Hofjuden Aaron Abraham Beer seinen
jüngsten Sohn Abraham Beer als Hofjude, Parnass, Rabbi und Richter zu
adjungieren und nach seinem erfolgten Todesfall zu substituieren unter
Direktion des Vaters. Die sämtliche Judenschaft im Lande, außer in
Emden, soll ihn als ihren vorgesetzten Parnass, Rabbi und Richter
erkennen, respektieren und der Billigkeit nach Gehorsam leisten.
b) Über die Jurisdiktion desselben (Judengericht). Der Rabbi soll mit
Zuziehung zweier jüdischer Männer, die zwischen den Juden vorfallenden
Streitigkeiten über jüdische Zeremonien, wie auch in erster Instanz
in bürgerlichen oder Zivilsachen, und insonderheit Injurien, nicht aber
kriminal- und peinlichen Sachen nach jüdischer Ordnung schlichten, auch
die Mutwilligen und Widerspenstigen nach Befinden in eine Geldstrafe
(Brüche) verurteilen oder gar in den Bann tun mögen, jedoch, dass
von den diktierten Brüchen zwei Drittel unfehlbar an unsere Ober-Rentei
eingeliefert, ein Drittel aber den Armen der Juden zum Besten verbleiben
solle. Der Hofjude hat das Protokoll einzusenden, dass der Anteil vom
fürstlichen Rechnungsamt kontrolliert wird.
c) Spezialgeleit gibt es für Einheiratende (mit gleichzeitigem
Heiratskonsens) und Selbstständigmachung am Platze, vermittelst durch die
Hand des Hofjuden gegen 6 Taler Gebühr.
d) Betteljuden sind nur mit Ausweis des Hofjuden als Einsammler
wohltätiger Kollekten geduldet, sonst bei Strafe des Staupenschlagens
ausgeschlossen.
Dass der Fürst dieser Familie Beer ein unbegrenztes Vertrauen schenkte,
bedarf wohl keiner Betonung, ihre Vermittlung in Darlehenssachen nahm man
besonders gerne in Anspruch. Im Jahre 1710 gehen Beschwerden bei dem
Fürsten seitens der Krämergilde erst allgemein, dann gegen den Hofjuden
Aaron Abraham Beer ein. Der Fürst weist aber jedes Mal die
Beschwerdeführer ab. Der kluge und hochgebildete Beer bringt als Argument
vor, 'dass in Ostfriesland die mit Geleit versehenen Juden und in specie
in dieser Stadt Aurich in unvordenklicher Posession des freien Handels und
Wandels sich jederzeit befunden haben.' Dieses treffende Argument weist
sich als durchschlagend.
Aus einem Schutzbrief, der 1740 dem Hoffaktor Levi Beer vom damaligen Fürsten
Carl Elzard ausgestellt wurde, ist zu entnehmen, dass Beer den ehrenden
Auftrag erhielt, für die fürstliche Familie einen Kasten Silbergeschirr
nach Aurich zu bringen. Wieder ein Be- |
weis
für das absolute Vertrauen, das man dieser Familie schenkte. Natürlich
wusste die Familie auch dieses Vertrauen in vollstem Maße zu
würdigen.
Nach dem Erlöschen des ostfriesischen Fürstenhauses - also auch nachdem
Friedrich der Große Ostfriesland seinem Staat eingefügt hatte - blieb
die Institution des Landesparnass bestehen. Das Amt vererbte sich von dem
Vater auf den Sohn. Dieser Isaac, Sohn des obengenannten Abraham Beer war
der letzte Landparnass und Landrabbiner in Aurich, und wurde im Jahre 1777
von der preußischen Regierung eingesetzt. Besonders bewegte Zeiten hatte
dieser Landrabbiner miterlebt, war doch während seiner Amtszeit Ostfriesland,
einmal (1807) holländisch, während der Kontinentalsperre französisch
und schließlich wieder preußisch. Als Ostfriesland zu Holland gekommen
war, wurden die Juden Ostfrieslands dem jüdischen Konsistorium in
Amsterdam unterstellt. Dadurch wurde Isaac Beer von der holländischen
Regierung pensioniert. Sein Amt als Rabbiner von Aurich versah er dennoch
weiter. Seine Pension betrug 500 Gulden von der holländischen Regierung.
Bald folgte der holländischen Regierung die französische. Die Gelder
jedoch waren immer von den ostfriesischen Gemeinden aufzubringen. Infolge
der Kriegswirren, besonders aber infolge der Kontinentalsperre, war der
blühende Handel der Stadt Emden stark mitgenommen worden. Die
wirtschaftliche Lage der kleineren Bezirksgemeinde hatte sich dadurch
stark verschlechtert, ja viele Gemeinden waren durch die politischen
Verhältnisse in eine furchtbare Notlage versetzt
worden.
Der Landesrabbiner Isaak Beer hatte daher einen Kampf um seine Pension auszufechten;
die verarmten Gemeinden suchten sich von ihrer Verpflichtung zur Zahlung
der Pensionsgelder frei zu machen, während Isaac Beer seine Rechte
geltend machte und mit Hilfe der Regierung seine rückständige Pension
eintreiben musste. Weitere Einzelheiten über diesen Kampf sind im
'Israelit' 1909 Nr. 46 und 48 an Hand der Akten (gez. Des. 104II 4B Aurich
Generalia Nr. 3 des Staatsarchivs Hannover) durch Abraham Löb dargestellt
worden. Welche wirtschaftliche Notlage damals in einigen Gemeinden
geherrscht haben muss, erhellt aus einem Bericht, wonach z.B. von Norden
zwei Drittel der dortigen Familien ganz verarmt waren und die christliche
Gemeinde zu Norden 100 Rtl. zum Unterhalte brotloser Juden beisteuerte.
Selbst die sonst so reiche Judengemeinde Aurich hatte eine Menge
unvermögender brotloser Mitglieder zu unterhalten.
Trotz all dieser wirtschaftlichen Nöte und all der sonstigen Argumente
sich von den Beiträgen zur Pension zu befreien, entschied die Regierung
stets zu Gunsten des ehemaligen Landrabbiners. Es heißt in dem letzten
richterlichen Entscheid, dass weder de Gemeinde zu Aurich noch die
übrigen Gemeinden in Ostfriesland von der Verpflichtung zur Versorgung
des bejahrten Landrabbiners entbunden werden können.
Sämtliche Gottesdienste der jüdischen Gemeinde Aurich wurden bis zu der
im Jahre 1811 erfolgten Einweihung der neuerbauten Synagoge im Hause der
alten Parnass-Familie Beer (heute die Lage des Kaufhauses 'Schürmann,
Wilhelmstraße 10) abgehalten.
Ein Enkel des Beer ist mein Urgroßvater Samuel Calmer Heymann, der
in über 60-jähriger Tätigkeit in mustergültiger Weise das Amt eines
Vorstehers der jüdischen Gemeinde in Aurich bekleidete. Gleichzeitig war
er Vorsteher für das gesamte Armenwesen Ostfriesland und den
Armenverband.
Das Gemeinde-Schul-Synagogenwesen in Aurich stand damals in höchster
Blüte und es gab zu jener Zeit keinen jüdischen Metzger in Aurich, der
nicht Schabbos geschlossen hatte.
In der Zeit 1841-47 fungierte als Landrabbiner kein Geringerer als Samson
Raphael Hirsch; fast jede Woche hatte Samuel Calmer Heymann
persönliche Verhandlungen mit S.R. Hirsch über Fragen, die das
Synagogen-, Schul- und Armen-Wesen angingen. Innige treue Freundschaft
verband alsbald meinen Urgroßvater mit S.R. Hirsch und ich behalte mir
vor, an anderer Stelle darzustellen, wie hier Vorsteher und Landrabbiner
verständnisvoll und mit Erfolg für die heilige Institutionen des
Gemeinwohls Hand in Hand arbeiteten.
Samuel Calmer Heymann war bei Arm und Reich geschätzt, von Juden und
Nichtjuden gleich geachtet, weil er ohne Rücksicht auf Person oder Stand
nur im Interesse des Gesamtwohls seine erfolgreiche, segensreiche
aufopfernde Tätigkeit entfaltete.
Samuel C. Heymann ist der erste Jude Ostfrieslands, der in Würdigung
seines selbstlosen Schaffens für Gemeinde- und Armen-Wesen 1873 den
Kronenorden erhielt. Nach dem Tode des Isaac Beer wurde das
Landrabbinat von Aurich nach Emden verlegt. Welche inneren und äußeren
Gründe dabei vorherrschten und welche Persönlichkeiten auf Beer folgten,
behalte ich mir vor, an anderer Stelle ausführlicher an Hand der
archivalen Quellen darzustellen." |
Über
den aus Aurich stammenden französischen Baron Liefmann Calmer (geb. 1711 in
Aurich, seit 1769 in Paris, gest. 1784 in Paris)
Anmerkung: vgl. den englischen
Wikipedia-Artikel Liefmann Calmer
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 23. Juni 1885: "Paris, 14. Juni (1869). In diesen
Tagen erschien von Leon Kahn eine Geschichte der jüdischen Gemeinde von
Paris: Histoire de la Communauté de Paris; les professions manuelles et
les institutions de patronage. Paris, A. Durlacher, éditeur, 1885.
Interessant sind die Angaben aus dem Jahre 1809, die wir hier nach dem
Arch. isr. verzeichnen. Im gedachten Jahre bestand die Gemeinde bereits
aus 2908 Seelen. Von diesen waren 421 Personen mit dem Kleinhandel, 43 mit
dem Großhandel, und darunter 4 Bankiers, beschäftigt. Ein Advokat, 5
Musiklehrer, 7 Sprachlehrer, 4 Zöglinge der Polytechnischen Schule, 230
Handwerker und Arbeiter in den verschiedensten Gewerben. Unter den
öffentlichen Ämtern sieht man nur einen Namen: den des Postdirektors
Alkan. Von diesen 2908 Personen waren 1324 in Paris geboren; die übrigen
meist aus Lothringen und Elsass gekommen; Deutschland hatte 99 Personen,
Holland 53, Polen 37 und Jamaika 4 geliefert. - Es ist auch der zweite
Jahrgang des von H. Prague herausgegebenen 'Annuaire des Archives
Israélites' erschienen, in welchem Isidore Löb eine interessante
Abhandlung über einen jüdischen, französischen Baron im 18.
Jahrhundert, Liefmann Calmer, gegeben hat. Dieser war 1711 in Aurich
(Hannover) geboren, hatte sich im Haag ansässig gemacht und ließ sich
1769 in Paris nieder, wo er naturalisiert wurde. ER musste wohl hier dem
Könige als Armeelieferant bedeutende Dienste geleistet haben. Einen Blick
in die 'gute, alte Zeit' eröffnet uns die Friedhofsangelegenheit. Man
bestattete die Toten gegen Entgelt in einen Garten, der zu einer Herberge
gehörte, und wurden nicht selten Rinder und Pferde auf den Gräbern
getötet. 1770 und 1775 suchte Calmer um die Erlaubnis nach, einen
jüdischen Friedhof anzulegen; aber er wollte unumschränkter Herr
darüber sein, und die portugiesischen Juden hintertrieben es deshalb. Die
Syndiken der verschiedenen jüdischen Gemeinden in Paris traten am 27.
Oktober 1778 zu einer Konferenz über diese Angelegenheit zusammen. Ein
Akt wurde unterzeichnet; aber nochmals brachen die Zwistigkeiten zwischen
Calmer und den portugiesischen Juden aus. Die letzteren kaufen endlich
1780 für 3000 Livres einen Platz, der allein der portugiesischen Gemeinde
gehören sollte. Da entschlossen sich die Aschkenasim, auch einen Platz zu
erwerben. Calmer machte selbst bei dem Minister die größten
Anstrengungen, die zu hintertreiben. Es gelang ihm je3doch nicht, und die
Aschkenasim legten einen eigenen Friedhof an. Im Jahre 1804 wurde der
jüdische Friedhof auf dem Père Lachaise eröffnet, und damit waren jene
Zwistigkeiten am Ende." |
Zum Tod von Elias Cohen
(1865)
Anmerkung: das Gedicht ist mit einem Akrostichon versehen: die linken
Anfangsbuchstaben der Zeilen ergeben - von oben nach unten gelesen - den Namen
des Verstorbenen.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
5. April 1865:
"Nachruf an den früh entschlafenen Kaufmann Herrn Elias Cohen in
Aurich.
'Licht ist ausgesäet dem Gerechten, und denen, die redlichen Herzens
sind, Freude.' Psalm 97,11.
Es strahlte zu der Edeln Freud' ein Stern so wundermild, so
rein,
Licht überallhin sendend, lieblich Licht, gleich gold'nem
Sonnenschein:
In tausend trübe Herzen senkte still er Trost und Lieb' und
Frieden -
Als Stern erhab'ner Menschlichkeit wollt' still
beglücken er hienieden -
Still ward's! sein Aug', einst voller Geist, umhüllten ganz
nun finst're Schleier....
Cherubim und Seraphim beteten - sein Blick ward immer
freier...
O tönt, ihr Engelschöre, tönt fort in heiligen Gebeten! -
Hört ihr? Mein Vater, Vater!' ruft's, wie zu Elias, dem Propheten
-
Es ist der Armen Nachruf, deren Dankestränen nach
Äonen
Noch glänzen als die schönsten Perlen in der Frommen Ehrenkronen!
-
Halle an der Saale. N.Kr." |
Kaufmann
Samuel Calmar (Calmer) Heymann wird auszeichnet (1873)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. April 1873:
"Dem Banquier Emil Meyer hierselbst (sc. Hannover) ist nachträglich,
als Anerkennung seiner Verdienste um die Verpflegung der verwundeten
Soldaten, und dem Kaufmanne Samuel Calmar Heymann in Aurich, Aus
Anlass seines jüngst stattgehabten fünfzigjährigen Dienstjubiläums als
Vorsteher der israelitischen Gemeinde daselbst, der Kronenorden vierter
Klasse verliehen worden." |
|
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. April 1873:
"Aus Ostfriesland, 9. April (1873). Des Kaisers und Königs
Majestät haben dem 82-jährigen Kaufmanne Samuel Calmer Heymann zu
Aurich, anlässlich seines fünfzigjährigen Amtsjubiläums als
Vorsteher der dortigen israelitischen Gemeinde, den königlichen
Kronenorden vierter Klasse zu verleihen geruht, und zwar, wie es in den
Gratulationsschreiben des königlichen Oberpräsidiums der Provinz
Hannover, der königlichen Landdrostei und des Magistrates zu Aurich
heißt, für die während jenes langen Zeitraumes der Gemeinde, und somit
der Stadt und dem Staate, geleisteten treuen Dienste. B.F." |
Obergerichtsanwalt
Seckels wurde zum Bürgervorsteher gewählt (1874)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 22. Dezember 1874: "In Aurich wurde am 17. dieses
Monats der Obergerichtsanwalt Seckels von sämtlichen Wahlberechtigten bis
auf einen zum Bürgervorsteher
erwählt." |
Goldene
Hochzeit von Bäckermeister Buß und seiner Frau (1897)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 29. Januar 1897: "In Aurich (Ostfriesland) feierten
die Eheleute Bäckermeister Buß und Frau ihre goldene Hochzeit und
der Ehemann zugleich das 50-jährige Meisterjubiläum. In diesen 50 Jahren
war er ohne Unterbrechung der Koscherbäcker der israelitischen Gemeinde.
Eine Deputation derselben überreichte dem Jubelpaare an ihrem Ehrentage
einen prachtvollen silbernen Tafelaufsatz, und der Sängerchor brachte ihm
frühmorgens ein Ständchen. Es gibt doch auch noch in Ostfriesland, wo
der Antisemitismus besonders wüst betrieben wird, friedlichen Verkehr
zwischen Christen und Juden." |
Zum Tod von Rieke Sternberg geb. Simon
(1897)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. September
1897: "Aurich, 15. September (1897). Am 13. dieses
Monats hat ein Herz voll edler Menschenliebe zu schlagen aufgehört. Frau
Rieke Sternberg geb. Simon, wurde aus diesem Leben in ein besseres
Jenseits abberufen. Ihren Kindern ist die heißgeliebte Mutter und dem
hochbetagten Gatten die treue Gefährtin des Lebens entrissen worden.
Durch ihr ruhiges Wesen, Biederkeit ihres Charakters und wahre
Herzensfrömmigkeit wusste sich die Heimgegangene die Liebe Aller in hohem
Grade zu erwerben; denn mild und versöhnlich, wohltätig und human waren
die Grundzüge ihres Lebens. Und nicht allein bei Glaubensgenossen,
sondern in der ganzen Stadt erfreute sie sich der größten Hochachtung.
Davon legte ihr Leichenbegängnis das beste Zeugnis ab. Die ganze Gemeinde
und viele Andersgläubige waren herbeigeeilt, um der Verblichenen die
letzte Ehre zu erweisen. Am Friedhofe sprach der Prediger in
gedankenreichen Worten und wies noch einmal auf die Vorzüge der
Entschlafenen hin. Sie ruhe in Frieden!" |
Zum Tod von Moses V. Leers
(1898)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 24. Januar 1898: "Aurich, 18 Januar (1898). 'Wehe um
die, welche dahinschwinden und nicht mehr aufzufinden sind'. Dieses
Midraschwort zu Paraschat Waere hatten wir Ursache, auf den Hingang
des Moses V. Leers anzuwenden. Mit ihm hat ein an Tugenden reiches,
durch Liebe und Verehrung verschöntes Leben abgeschlossen, das es wohl
verdient, in diesen geschätzten Blättern der weiteren Öffentlichkeit
als Muster hingestellt zu werden. - In seinem Hause der friedliebende,
treue Gatte, der liebevolle Erzieher seiner Söhne und Töchter, war er in
der Gemeinde die Verkörperung der altjüdischen Sitte, der strengen
Pflichterfüllung. In Anerkennung seiner Verdienste verlieh ihm unser hochwürdiger
Landrabbiner Dr. Löb in Emden - sein Licht leuchte - zu
seinem 85-jährigen Geburtstage die Chower-Würde. Der edle Tote
war aber auch von echter Gottesfurcht erfüllt und handelte ganz im
Sinn des ein Freund bin ich allen die dich fürchten. Bis vor zwei
Monaten besuchte er täglich früh und spät die Synagoge und freute sich,
den Schaliach Zibur (Vorbeter) vertreten zu können. Wie leid tat
es ihm, dass er den letzten Fasttag nicht halten durfte! Wie streng hielt
er Schabbat und Feiertag! Wie hütete er sich, außerhalb der Sukka
etwas zu genießen! Gottes Schickungen, die auch ihm nicht erspart
blieben, ertrug er in jüdischer Ergebung. Er war ein Freund der Tora und
ihrer Vertreter. Gewissenhaft in seinem geschäftlichen Verkehr, hatte er
einst die hohe Ehre, des Besuches des hochseligen Kaisers Friedrich, der
sich als Kronprinz seine Antiquitäten ansah. Ganz besonders hat er
sich um die hiesige Gemeinde dadurch verdient gemacht, dass er mit einigen
anderen wackeren Männern den Wohltätigkeits- und Beerdigungsverein ins
Leben gerufen. Seit der Gründung stand er dem wohltätig wirkenden Verein
als erster Vorsteher mit völliger Hingebung, Ausdauer und treuester
Pflichterfüllung vor. Er griff bei den Pflichten gegenüber den Toten selbsttätig
ein und sorgte für eine würdige, feierliche Bestattung der Toten. Die
Armen hatten in ihm einen warmen Fürsprecher und willigen Helfer. Dabei
war er anspruchslos und bescheiden, gegen sich streng und enthaltsam,
gegen andere nachsichtig und mild. Bis zu seinem 85. Jahre war er rüstig,
frisch und täglich seinem Geschäfte obliegend. Da befiel ihn die
Schwäche, der er nicht mehr Herr zu werden vermöchte. Aber getreulich
verrichtete er die Tefilot und Berochot. Geistig klar, bis zum letzten
Atemzuge, der überraschend schnell vollzogen war. Wie ein Patriarch hat
er gelebt, wie ein Patriarch ist er dahingeschieden, wenige Stunden vor
Sabbat. (Er war Mose und damit:) Seiner Botschaft und Frömmigkeit
blieb er getreu vom Anfang bis zum Ende. Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
80.
Geburtstag von Wolff Sternberg (1899)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 13. Januar 1899: "In Aurich feierte am 7. dieses
Monats eines der ältesten Gemeindemitglieder, Herr Wolff Sternberg,
seinen 80. Geburtstag in voller Frische und wurde bei diesem Anlasse
vielfach ausgezeichnet. Möge dem wackeren Manne, der sich aus
bescheidenen Verhältnissen durch rastlosen Eifer zu hochangesehener
Stellung emporgearbeitet, beschieden sein, noch lange die Früchte seines Schaffens
zu genießen." |
Die Witwe des Bankiers Aron Cohen übersiedelt mit ihrem Sohn
nach Frankfurt (1901)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 22. August 1901: "Aus Ostfriesland. In diesen Tagen
hat die Witwe des Bankiers Aron Cohen seligen Andenkens mit ihrem Sohne
die Gemeinde Aurich verlassen, um nach Frankfurt am Main überzusiedeln.
Wer die Verhältnisse in der Gemeinde Aurich kennt, weiß, was ihr de
Familie Cohen seit Generationen gewesen und welch' unersetzlichen Verlust
sie durch den Wegzug der letzten Vertreter derselben in ihrer Mitte zu
beklagen hat. Denn diese hochangesehene Familie, die stets eine Zierde des
Landrabbinats Emden bildete, war nicht nur n materieller, sondern noch
mehr in ideeller Beziehung eine Hauptstütze für ihre Heimatgemeinde.
Ihrem aufopferungsvollen, selbstlosen Wirken und ihrem großen Einfluss
ist es wesentlich zu verdanken, dass die 90 Familien zählende Gemeinde
Aurich noch heute den Charakter einer Heiligen Gemeinde hat, in den
meisten Häusern noch altjüdisches Leben zu finden und kein Geschäft am
Sabbat dort geöffnet ist.
Wenn auch der Wegzug des Frommen aus der Stadt ein Kennzeichen macht,
der Wegzug einer solch tonangebenden, in allen jüdischen Tugenden
vorbildlichen Familie nicht ohne Einfluss bleiben wird, so hoffen wir
doch, dass die Gemeinde, durch die stete Rückerinnerung an dieselbe, der
sie zu Dank verpflichtet ist, und gestärkt durch die Einwirkung ihrer
berufenen Führer, die deren Spuren folgen mögen, den frommen Charakter
bewahren wird, der sie bisher vorteilhaft in hiesiger Gegend ausgezeichnet
hat." |
Zum Tod
von Abraham Heymann (1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Dezember
1901: "Berlin, 2. Dezember (1901). Hierselbst verstarb im
Alter von 73 Jahren Herr Abraham Heymann aus Aurich, der sich
behufs einer Operation hierher begeben hatte. Der Verstorbene ragte durch
seine außerordentliche Frömmigkeit und durch seinen seltenen Charakter
leuchtend hervor. Er war Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Aurich und
leistete auch hier Vorzügliches. Sein Andenken sei zum Segen."
|
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Dezember 1901: "Aurich
(Ostfriesland). Die Notiz Ihres Berliner Korrespondenten in Nr. 96 Ihrer
geschätzten Zeitschrift vom 5. Dezember dieses Jahres, enthält insofern
einen Irrtum, als der verstorbene Kaufmann Abraham Heymann (Secher
Zadik liwrocho = das Andenken an den Gerechten ist zum Segen) niemals Vorsteher
der Gemeinde war. Dieses Ehrenamt hat vielmehr sein verstorbener Vater,
der Kaufmann Samuel Calmer Heymann seligen Andenkens, mehr als 60
Jahre lang bekleidet. Derselbe wurde kurz Rebbe Sanwel genannt und ist
noch heute unter dieser Bezeichnung weit über die Grenzen Ostfrieslands
hinaus in lebendiger Erinnerung. Seine humanitären Bestrebungen, bei
deren Betätigung er Unterschiede der religiösen Bekenntnisse nicht
kannte, sind überall anerkannt worden und haben einen Legendenkreis
gezeitigt, bei welchem auch manches Übertriebene unterlaufen ist. Wegen
seiner hervorragenden Verdienste war er mit dem Königlich-Preußischen
Kronenorden dekoriert.
Seine Bestrebungen wurden kräftig unterstützt und gefördert durch
seinen einzigen Sohn, den jetzt verstorbenen Herrn Abraham Heymann.
Öffentliche Ehrenämter hat dieser aber niemals bekleidet. Sein Ehrgeiz
strebte nicht nach solchen, sondern das Studium unserer heiligen Lehre,
die Vertiefung in dieselbe war die einzige Beschäftigung, welcher er sich
neben seinen Berufsgeschäften widmete. Da der Tag nicht reichte, machte
er die Nacht zum Tage und hat wohl die meisten Nächte in dem ihm vom
Vater überkommenen Bes ha-Midrasch zugebracht. Seine größte Freude war,
sich hier mit Lamdonim zu unterhalten, mit ihnen und von ihnen zu 'lernen'
und mancher durchreisende Fremde wurde von ihm veranlasst, länger zu
verweilen und mit ihm Tora zu lernen.
In uneigennützigster Weise führte er die Geschäfte der Gemeinde,
übernahm die Führung der Kassen- und Rechnungsverhältnisse, versah die
Funktionen eines Bal Kre, sowie an hohen Feiertagen diejenigen des Chasens
(Vorbetens). Er lebte nach dem 'Bibelworte 'hishalech lefonai' [vor Gott
wandeln] und hat gleich unserem Stammvater Abraham, nach dem er
genannt war, seine eigenen Kinder gemallt (beschnitten), obgleich er nicht
berufsmäßiger Mohel (Beschneider) war, lediglich um auch die größte
Mizwoh ausgeübt zu haben.
In seiner Trauerrede hob auch Herr Dr. Reuß sehr treffend hervor: 'Er war
der letzte Vertreter aus jener Vergangenheit, in welcher noch Liebe zur
Tora, Liebe zu religiösen Funktionen die Gemeindeangehörigen erfüllt'.
Mit seinem Heimgange gehört jene Zeit des lebendigen Interesses für die
Erfüllung und uneigennützige Betätigung der Mizwos und Maasim-Tauwim
für einen großen Teil unseres Volkes leider der Vergangenheit an." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Dezember
1901: "Nachruf.
Vor kurzem verschied in Berlin der Kaufmann Herr Abraham Heymann.
Derselbe bekleidete in hiesiger Gemeinde mehrere Ehrenämter und gehörte
seit einer Reihe von Jahren der Vertretung derselben an. Wir betrauern in
dem Verblichenen einen Kollegen, der stets das wärmste Interesse an allen
Angelegenheiten und Institutionen der Gemeinde bewies und mit großer Selbstlosigkeit
und bewundernswürdiger Aufopferung für das Wohl der Gemeinde tätig war.
Wahre Frömmigkeit und tiefe Gelehrsamkeit zeichneten ihn besonders
aus.
Sein Andenken werden wir in Ehren halten.
Der Vorstand der Synagogengemeinde Aurich." |
94. Geburtstag der Witwe von Abraham Hartog geb.
Seckels (1903)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
16. Februar 1903: "Aurich (Ostfriesland). Am 10. Dezember
(1903) starb hier Frau Witwe Abraham Hartog geb. Seckels, im 94.
Lebensjahre. Die Verstorbene war eine gottesfürchtige Jüdin, die ihre
Kinder streng-religiös erzogen hat. Ihre Seele sei eingebunden in den
Bund des Lebens." |
Zum
Tod von Gertrude Knurr geb. Heymann (1903)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. August 1903: "Aurich.
Am 18. August wurde unter Teilnahme eines großen Trauergefolges der
irdische Teil einer wichtigen und bescheidenen Frau, der Frau
Gertrude (Gutraut) Knurr geb. Heymann, der Erde zurückgegeben. Damit
ist ein Menschenleben abgeschlossen, das, von echter Gottesfurcht
erfüllt, die frommen Sitten und Gebräuche der guten alten Zeit bis in
das hohe Alter von 81 Jahren bewahrte. Jederzeit hat die Entschlafene die Toraschüler
geschätzt und unterstützt. Ihrem 'Obersten' (= Gott) hat sie freudig
gedient, sein Haus (= Synagoge) eifrig besucht, so lange es ihre Kraft
gestattete, auch an den Wochentagen mit Aufrufung der Tora. Sechzig
Jahre lang hat sie zum Tag, an dem die Tora gegeben wurde (=
Sukkotfest) das Gotteshaus festlich mit Tannengrün und Blumen
geschmückt, ihrer Körperleiden nicht achtend, selbst noch im vorigen
Jahre. In altjüdische Weise hat sie Wohltätigkeit geübt. Die
blanken, neuen Geldmünzen, die im Geschäfte ihrer Söhne eingingen,
wanderten in ihre besondere Kasse, woraus sie die Pflicht von der Wohltätigkeit
im Verborgenen erfüllte. Gern nahm sie Gäste auf, kein
Bittender verließ ungesättigt und mit leeren Händen ihr Haus. Viel und
gern las sie in jüdischen Erbauungsbüchern, deren Inhalt ihr stets
geläufig war. Nun sieht sie vor ihrem 'alten Buchhalter im Himmel', der
sie das Verdienst ihres frommen Wandelns genießen lassen möge. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
80. Geburtstag von Hannchen Wolff, Vorsteherin des Frauenverein mit Einweihung einer
von ihr gespendeten Torarolle (1910)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 9. September
1910: |
|
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. September
1910: |
Abschiedsfeier des Montefiore-Vereins für Ludwig
Gordon (1911)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
11. Mai 1911: |
Zum Tod von Hannchen Wolff (1918)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 22. Februar
1918: |
50-jähriges Bürgerjubiläum von Kaufmann Simon
Hoffmann, Mohel in der Gemeinde (1920)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
12. August 1920: |
25-jähriges Amtsjubiläum von Abraham von Dyk als
Gemeindevorsteher (1920)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 23. Dezember 1920: |
Im
Ersten Weltkrieg hatte die Familie Samuel Wolf sechs Söhne im Feld (1924)
Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 24. April 1924: "1000 Mark
Belohnung setzte
im 'Münchener Beobachter' der bekannte deutschvölkische Führer Dietrich
Eckardt für den aus, der ihm eine jüdische Mutter benennen würde,
die drei Söhne auch nur drei Wochen im Schützengraben aufzuweisen
hätte. Durch diese höhnische Auslobung wollte Eckardt 'beweisen', dass
die jüdischen Soldaten im großen Kriege ihre Pflicht schmählich
vernachlässigt hätten und sich, wie er und seine Freunde tagtäglich
verbreiten, in der Etappe statt im Schützengraben breit machten.
Eckardt erlebte einen bösen Reinfall!
Rabbiner Dr. Freund in Hannover benannte zwanzig Mütter seiner
Gemeinde, die den Anforderungen entsprachen. Und als Eckardt sich die
1000.- Mark zu zahlen weigerte, verurteilte ihn das Landgericht München
zur Zahlung. Die Beweisaufnahme ergab, dass in Hannover allein 20
jüdische Familien vorhanden waren, die drei Söhne und mehr drei Wochen
gleichzeitig im Felde hatten und aus anderen Orten Deutschlands wurde eine
lange Liste von jüdischen Familien vorgelegt, welche gleichzeitig
sieben, ja sogar acht Söhne vor dem Feinde hatten.
Die Liste begann: Frau Therese Kraemer in Crailsheim
hatte acht Söhne im Felde.
Frau David Hirschberg in Zwesten,
Post Borken, hatte sieben Söhne im Felde.
Familie L. Caminer in Charlottenburg, Kurfürstendamm 61, hatte sieben
Söhne im Felde.
Frau Delphine Loeb in Worms,
Karmeliterstraße 2, hatte sechs Söhne im Felde.
Familie Samuel Wolf in Aurich hatte sechs Söhne im Felde.
Familie Arnold Visser in Emden,
Etzardstraße 4, hatte sechs Söhne im Felde.
Familie Meyer in Steinfurt hatte sechs Söhne im Felde.
Familie Marx in Linz am Rhein hatte sechs
Söhne im Felde.
Simon Freising aus Sülzburg hatte
fünf Söhne im Felde." |
Zum Tod von Abraham Knurr (1924)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 22. Mai 1924: |
Widerliches
Verhalten von Stahlhelm-Leuten gegenüber Levy A. Wolff bei der Schifffahrt nach
Borkum (1924)
Artikel in "Israelitisches Familienblatt" vom 6. November 1924: "Stahlhelm
Ostfriesland besiegt einen einzelnen Mann. Am 7. September 1924 fuhr
Herr Levy A. Wolff aus Aurich nach Borkum. Er benutzte das gleiche
Schiff wie die Stahlhelm-Verbände Ostfrieslands, die anlässlich des
Deutschen Tages nach Borkum fuhren. Kaum vom Außenhafen Emden abgefahren,
belästigte man Herrn Wolff mit den schmutzigsten Anwürfen, die dann zuletzt
dahin ausarteten, dass einer der Haupträdelsführer einen Strick holte
und unter Hurra-Rufen einer Menge von Stahlhelm-Mitgliedern rief: 'Kommt,
wir wollen den Juden ersäufen!' Da trat einer von der Schiffsmannschaft
dazwischen und verbat sich dieses Benehmen einem ruhigen Passagier
gegenüber. Er forderte sie auf, den Strick wieder an Ort und Stelle zu
bringen, da er zu den Utensilien des Schiffes gehöre, und er sonst
Strafantrag wegen Diebstahls stellen werde. Nur dem Dazwischentreten diese
Schiffsangestellten ist es zu verdanken, dass man Wolff nicht über Bord
geworfen hat. Doch die Beschimpfungen nahmen noch kein Ende, selbst als er
das Schiff viel später verließ, als die übrigen Passagiere. Die
Stahlhelmleute bildeten ein Spalier, durch das Herr Wolff gehen musste. Auch
hierbei war er den widerlichsten Beschimpfungen ausgesetzt. Ein Borkumer
Bürgern nahm sich seiner an." |
Über den in Aurich geborenen Lehrer und Schriftsteller Isaac
Herzberg (1927)
Vgl. auch Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Isaak_Herzberg; Isaak Herzberg starb am 6.
November 1936 in Kassel.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Juni
1927: "Kassel, 6. Mai. Der bekannte Lehrer und Schriftsteller
Isaak Herzberg, früher in Bromberg, jetzt in Kassel, vollendet am 18.
Juni sein 70. Lebensjahr. Isaak Herzberg wurde am 18. Juni 1857 in Aurich
(Ostfriesland) geboren, besuchte hier die jüdische Volksschule und bezog
dann 1872 die jüdische Lehrerbildungsanstalt zu Hannover, die er nach
bestandener Lehrerprüfung Ostern 1875 wieder verließ. Der junge, kaum 18
Jahre alte Lehrer kam zuerst nach Lingen (Ems), wo er eine Volks- und
Religionsschule neu zu begründen hatte. Sodann kam er nach Meppen und
Diepholz, woselbst er überall das Amt eines israelitischen
Volksschullehrers, Vorbeters und Predigers versah. Während seines
Aufenthaltes in Meppen trat Herzberg zuerst in die größere Öffentlichkeit
als Mitarbeiter und später als Redakteur des damals in Bonn erschienenen
Blattes 'Der israelitische Bote'. Im Jahre 1886 wurde Herzberg nach
Hohensalza (Inowrazlaw) berufen. Die mit einem solchen Stellenwechsel vom
Westen Deutschlands nach dem Osten verbundenen Schwierigkeiten hat Herzberg
bald überwunden. Seine hervorragende schriftstellerische Begabung führte
dazu, dass er ihn Hohensalza die Schriftleitung des dortigen Tageblattes
übernahm. Außerdem wurde er Mitarbeiter sämtlicher Poesner und Bromberger,
sowie verschiedener andere auswärtiger politischer Zeitschriften. Am 1. Juni
1890 übersiedelte Herzberg dann als erster Religionslehrer an die Bromberger
Gemeinde Religionsschule. In Bromberg wusste Herzberg sich allmählich eine
hervorragende Stellung im Gemeindeleben zu erringen. Er begründete einen
jüdischen Männergesangverein, wurde in den Vorstand fast sämtlicher Vereine
gewählt, und führte mehrere Jahre den Vorsitz im Jugendverein, der sich mit
Beginn der polnischen Herrschaft auflöste.
Die Hauptbedeutung Herzbergs aber liegt auf schriftstellerischem Gebiete,
auf dem er eine ganz außergewöhnliche, fruchtbare Tätigkeit entfaltet hat.
Wir nennen von seinen pädagogischen Schriften: 1. Ez Chajim.
Hebräische Lesefibel 2. Vokabularium zum Gebetbuch, Übungsbuch für den
ersten Unterricht im Übersetzen, 4. Saron. Neue israelitische
Jugendbücherei, 6 bände. Von seinen Geschichtswerken, die er in
Gemeinschaft mit Rabbiner Dr. Heppner, früher in Koschmin, jetzt in
Breslau, herausgibt, sind zu nennen: 1. Aus Vergangenheit und Gegenwart der
Juden und der jüdischen Gemeinden in den Posener Landen, bisher 23 Hefte, 2.
Geschichte der Juden in Bromberg, 3. Geschichte der Juden in Posen, 4.
Geschichte der Juden in Hohensalza. An belletristischen Schriften
sind von Herzberg nicht weniger als 22 erschienen. Wir nennen davon: 'Auf
falschen Faden', 'Hillel, der Babylonier', 'Moses Mendelssohn', 'Die Schuld
der Väter', 'Zwei jüdische Eintagskönige im alten Polen', 'Die
Tscherkessenbraut', 'Vergeltung', Ringende Gewalten' und verschiedene
andere. Unendlich groß ist die Zahl seiner Abhandlungen verschiedenen
Inhalts, die in den jüdischen Zeitschriften erschienen.
Seit dem Jahre 1921, wo Herzberg infolge des Herrschaftswechsel seine
Stellung aufgeben musste, lebt er in Kassel im wohlverdienten Ruhestand,
sich einer vollen körperlichen und geistigen Rüstigkeit erfreuen. Alles
Gute bis 120." |
|
Artikel
in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 17.
Juni 1927: |
80. Geburtstag von Bäckermeister i.R. Magnus von der Walde
(1928)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
17. Mai 1928: "Aurich, 10. Mai (1928). Am 19. Mai feiert Herr Magnus
von der Walde im Kreis seiner Kinder, Enkel und Urenkel seinen 80.
Geburtstag in voller Frische und Rüstigkeit. Herr von der Walde war 50
Jahre lang Bäckermeister in unserer Stadt und galt als besonders tüchtig
in seinem Fache; erst seit einigen Jahren lebt er im wohlverdienten
Ruhestande. Er hat den Feldzug von 1870.71 mitgemacht und gehört zu den
ältesten Mitgliedern des Kriegervereins. Der Bund jüdischer
Frontsoldaten hat ihn zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Wir wünschen ihm: '(Gott)
gebe es und vermehre bis 120 die Jahre". |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 18. Mai 1928: |
Zum Tod von Lesser Heymann (1928)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 28. Juni 1928: |
Zum Tod von Simon Hoffmann (1929)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
6. Juni 1929: |
70. Geburtstag von Lippmann Knurr
(1929)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8.
August 1929: |
Auszeichnung zum 70. Geburtstag vom Lippmann Knurr
(1929)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 22. August 1929: |
70. Geburtstag von David A. Wolff
(1930)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 24. April 1930: |
Zum Tod von Selly Wolff (1930)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
11. September 1930: |
Zum Tod von Zwi Hoffmann (1930)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
4. Dezember 1930: |
40-jähriges Jubiläum von Minna Wallheimer als
Vorsteherin des Wohltätigkeitsvereins (1931)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 22. Januar 1931: |
Zur Beisetzung von Susanna Hoffmann geb. Leers
(1931)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12.
März 1931: |
70. Geburtstag des Gemeindevorstehers Abraham van Dyk
(1931)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 27. August 1931: |
Über das Ostfriesische Kinderheim von Emmy Wolffs (1931)
Artikel und Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 4. September 1931: |
Zum Tod von Regine Wallheimer geb. Samson
(1931)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 24. September 1931: "Aurich, 14. September (1931). Am 2.
Tag der Selichot ist eine unterer besten Frauen von uns gegangen,
unsere Kehillo (Gemeinde) betrauert in dem Heimgang der Frau Regina
Wallheimer geb. Samson eine Frau, in der noch der Geist unserer
Stammmütter lebte. Das Herz, das in Liebe brannte für ihren Gatten und
ihre Kinder, das Freud und Leid ihrer jüdischen Brüder und Schwestern
mitfühlte, das Herz versagte zuletzt seinen Dienst. Ein langes
Krankenlager, ein schweres Ringen mit dem Tode füllte ihre letzten
Lebensmonate aus, bis sie dann Haschem (Gott) von ihrem Leiden
befreite. Ein arbeitsreiches Leben ist damit beendet, ein Leben, das ganz
ausgefüllt war von Wohltätigkeit. Als Vorsteherin des Jüdischen
Frauenvereins hat sie Tag und Nacht im Dienst der heiligsten und
schwersten Mizwo (religiösen Weisung) gestanden, hat Liebe erwiesen den
Toten und Lebenden, hat Freude durch ihre feinfühlige Art der Teilnahme
verdoppelt. Ihre ganze Größe aber zeigte sich in ihrem Hause, wo sie
erst so recht ihre jüdischen Frauentugenden enthalten konnte. Einer Sarah
gleich, hat sie dem von den gleichen Idealen beseelten Gatten geholfen,
sein Haus zu seinem Hause Awrohoms (= Abrahams) zu machen. Gastfreundlich
waren stets die Türen ihres Hauses geöffnet, auch materielle Wohltätigkeit
übte sie bis über die Grenzen ihres Können aus, immer in dem
Bewusststein, dass sie mehr die Nehmende dabei ist, als die Gebende, unerschütterliches
(Gott)vertrauen machte ihr selbst die schwersten Opfer leicht,
dieses felsenfeste G'ttvertrauen war es ja auch, das sie in ihrer langen
Leidenszeit immer wieder aufgerichtet hatte. Mittelpunkt ihrer Familie war
sie nicht nur in hauswirtschaftlicher Beziehung, sondern auch in
religiöser Beziehung hat sie es verstanden, ihrem Hause die Weihe eines Kleinen
Heiligtums zu geben. Als Zeichen, wie man in weiten Kreisen die
Heimgegangene in ihrem Werte zu schätzen wusste, darf das unabsehbare
Trauergefolge angesehen werden, das die Entschlafene zur letzten
Ruhestätte geleitete. Im Hause und am offenen Grabe würdigte Herr
Lehrer Moses die Verdienste der Verstorbenen, nach ihm beklagte Herr Landerabbiner
Dr. Blum - Emden in bewegten Worten
den Verlust, den die Gemeinde erlitten hat.
So wird das Andenken dieser wahrhaft frommen Frau im Gedächtnis aller
derer, die sie kannten, stets fortleben. Ihre Seele sei eingebunden in
den Bund des Lebens." |
70. Geburtstag von Minna Wallheimer
(1933)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 19. Oktober 1933: "Aurich (Ostfriesland), 10. Oktober
(1933). Am Schabbat Bereschit beging in seltener Frische des
Geistes und Körpers Fräulein Minna Wallheimer von hier ihren 70.
Gebuzrtstag. Die Jubilarin ist seit mehr denn 40 Jahren 1. Vorsitzende des
hiesigen Malbisch Arumim und hat darin Segensreiches geschaffen,
weshalb ihr auch vor zwei Jahren in Anerkennung ihrer Verdienste eine
Ehrenurkunde überreicht wurde, In allen Wohlfahrtsangelegenheiten steht
sie an erster Stelle. Ihre selbstlose, sich für Wohltätigkeit
aufopfernde Tätigkeit, ihr bescheidenes und vornehmes Wesen haben ihr die
Sympathie nicht nur unserer Gemeinde, sondern auch weiter Kreise
außerhalb derselben gesichert. (Alles Gute) bis 120 Jahre."
|
Zum Tod
von Abraham van Dyk (1934)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. November
1934: "Aurich, 19. November (1934). Noch zittert der Schmerz
über den herben Verlust unseres unvergesslichen Lehrers Benjamin Wolff - das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen - in uns nach, noch ist diese
tiefe Wunde im Herzen unseres Gemeindelebens nicht vernarbt, als schon
eine neue Trauerbotschaft uns heimsuchte. Wieder hat der unerbittliche Tod
am 5. Kislew eine andere Säule unserer Gemeinschaft mit Abraham van Dyk
hingerafft. Weit über die Grenzen unserer engen Heimat hinaus war er
bekannt, schätzte und liebte man ihn. Durch sein jüdisches Fühlen und
Arbeiten hat er Großes in unserer Gemeinde geleistet, deren Traditionen
hochzuhalten er als heiligste Pflicht betrachtete. Er war eine nicht
alltägliche Erscheinung. Mit seinem scharfen Geiste hat er Tora
und jüdische Wissenschaft nicht nur gelernt, sondern sie auch gelehrt. So
ist es denn auch zu begreifen, dass sich durch die übergroße Beteiligung
an der Beerdigung am 7.Kislew die Wertschätzung des Verstorbenen
auch öffentlich zeigte. In dem Gotteshause, wohin auch die Wirksamkeit
desselben durch sein Amt als erster Vorsteher fällt und woselbst die
sterbliche Hülle aufgebahrt ward, fand eine ergreifende Gedenkfeier
statt. Als erster Redner gab der Prediger der Gemeinde, Herr Lehrer Moses,
ein abgerundetes Lebensbild des Entschlafenen. 38 Jahre stand van Dyk an
der Spitze unserer Gemeinde. Bei ihm fand jeder stete Hilfsbereitschaft,
seine Freundlichkeit und Geduld waren erhebend. Wenn auch seine
übergroße Bescheidenheit jedes Lob ablehnte, so konnte er es doch nicht
verhindern, dass ihm schon in jungen Jahren der Chower (Titel des
Ehrenrabbiners) zu seinem siebzigsten Geburtstage vor drei Jahren der Morenu-Titel
(Rabbiner) verliehen wurde. Auch Herr Landrabbiner Dr. Blum, Emden
war aus der Ferne herbeigeeilt, m dem bewährten Kämpfer für Tora
und Wahrheit herzliche Abschiedsworte zuzurufen, während Herr
Jakob Wolff dem Vorgänger bewegt aufrichtige Worte des Gedenkens widmete.
Namens des Talmud Tauroh-Vereins, dessen Gründer der Verstorbene war,
sprach Herr Simon Samson. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Über die Verdienste des Gemeindevorstehers Abraham
van Dyk (1936)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
17. Dezember 1936: "Ergänzung. Im Artikel über Aurich
in der Illustrierten Beilage zur jüngsten Nummer ist nachzutragen - was
durch irrtümliche Weglassung einiger Zeilen versäumt worden ist - dass
neben dem Lehrer und Prediger Benjamin Wolff der verdiente Vorsteher der
Gemeinde Abraham van Dyk ein Menschenalter seine besten Kräfte
darein gesetzt hat, die Gemeinde in religiösen Bahnen zu leiten und sie
auf der Höhe zu erhalten. Der Sohn des verdienten Parneß, Herr Karl
van Dyk, sowie andere Nachkommen des im Aufsatze genannten Samuel
Calmar Heymann - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -
gehören heute noch zu den führenden Männern der Gemeinde und des
Vorstandes." |
Zum Tod von Levi Heymann in Amsterdam, Enkel von
Samuel Calmer Heymann in Aurich (1937)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
17. Juni 1937: Levy Heymann - das Andenken an den Gerechten ist
zum Segen.
Aus Amsterdam kommt die Nachricht, dass Levi Heymann, der dort
bei seinem Sohne zu Besuch weilte, nach kurzer Krankheit abberufen wurde.
Die Kunde löste in unserer Gemeinde und darüber hinaus in der
Frankfurter Judenheit tiefe Trauer aus: Levi Heymann entstammte einem
guten, jüdischen ostfriesischen Geschlechte. Sein Großvater, Samuel
Calmer Heymann - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -
wirkte in Aurich als Vorsteher der jüdischen Gemeinde und Leiter
des gesamten Armenwesens in Ostfriesland bis zu seinem mit 92 Jahren
erfolgten Tode im Jahre 1883. Levi Heymann, mit seiner seltenen
Ehrlichkeit und Gradheit der Gesinnung, mit seiner glühenden Liebe zur
Thora und allen jüdischen Dingen, war eine Verkörperung aller guten
Traditionen, die jene alte Führerdynastie der Beer und Heymann
in Ostfriesland auszeichneten. An der Seite der gleichgearteten Gattin,
einer würdigen Tochter aus dem bekannten Hause Perlstein in Kopenhagen,
führte er ein jüdisches Haus, aus dem in Tora und Gottesfurcht gefestigte
Söhne hervorgingen, und Töchter, die an der Seite frommer Männer ihre
eigenen Häuser im Sinne der Eltern führen. Eine markante
Persönlichkeit, der von Jugend auf aus jenem Brunnen schöpfte, der im
Wochenabschnitt als der Brunnen, den die Fürsten gegraben haben; die
Edlen im Volk haben ihn gegraben mit dem Zepter (4. Mose 21,18)
bezeichnet wird, was Levi Heymann, und neben der Familie wird ein großer
Kreis von treuen Freunden und Verehrern es beweinen, dass der liebe
väterliche Freund, der vom reichen Schatz seiner jüdisch-historischen
Erinnerungen so gern spendete, nicht mehr zu uns wiederkehren
wird.
Die Bestattung fand auf dem jüdischen Friedhof in Amsterdam unter großer
Beteiligung statt. Möge Gott der Gattin und der weiteren Familie
seinen Trost angedeihen lassen und den Kindern die Kraft verleihen, das
gute, fromme Werk des Vaters in ihren Häusern lebendig zu erhalten. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Leben."
|
Zwei Mädchen aus Aurich suchen Brieffreunde
(1937)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
11. Februar 1937: "Ich wünsche Briefwechsel.
Grete Samson, Aurich (Ostfriesland), Wallstraße 22 (15 Jahre) mit
gleichaltrigem Mädel aus Deutschland (am liebsten Frankfurt am Main oder
Hamburg) sowie mit einem Mädel aus England (am liebsten London).
Rita Wolff, Aurich (Ostfriesland), Osterstraße 27 (15 Jahre) mit
gleichaltrigem Jungen, der nach Erez Israel auswandern
will." |
75. Geburtstag von Amalie Wolff geb. Fromm
(1937)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 25. November 1937: "Aurich, 12. November (1937).
Am Heiligen Schabbat Paraschat Toledot konnte in seltener Frische Frau
Amalie Wolff geb. Fromm, ihren 75. Geburtstag begehen. Tochter von
Rabbiner Seligmann Fromm - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -,
war sie würdige und gleichstrebende Gattin unseres unvergesslichen
Lehrers Benjamin Wolff - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -,
und ist selbst ein Muster von Gottesfurcht und Opferbereitschaft. Diese
Eigenschaften brachte Herr Lehrer Moses beim Morgengebete in einer
kurzen Ansprache zum Ausdruck. Am Nachmittag verlegte die Agudas
Jisroel-Ortsgruppe die 'Stunde der Tauroh' (Tora) in die Wohnräume
der Jubilarin. In beredten Worten führte Herr Simon Samson aus,
dass absichtlich diese Stunde hierher gehöre, da doch aus diesem Hause
jahrzehntelang Tauroh (Tora), Awaudo (Gottesdienst) und Wohltätigkeit
ausgegangen ist. Ebenso fand der erste Vorsitzende, Herr Karl v. Dyk,
ehrende Worte für die Jubilarin vom Talmud Thora-Verein aus, dessen
geistiger Urheber Ruhelehrer Wolff - er ruhe in Frieden - war. In kurzen
Worten dankte der Sohn, Wilhelm Wolff, zur Zeit Kantor und
Baal-Koreh der Gemeinde, im Namen der Mutter für die ehrenden Worte und
guten Wünsche. (Alles Gute) bis 120 Jahre." |
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen des Manufakturwarengeschäftes A. S. Heymann (1889 / 1900)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juni 1889:
"Auf sofort suche ich für mein Manufakturwarengeschäft, welches an
jüdischen Feiertagen geschlossen, einen fixen Verkäufer, sowie einen
Lehrling unter günstigen Bedingungen.
A.S. Heymann, Aurich." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 31. Mai 1900:
"Für mein Samstags und an allen sonstigen jüdischen Feiertagen
streng geschlossenes Manufaktur-Geschäft suche auf sogleich einen
Lehrling oder Volontair. Freie Station im Hause
A.S. Heymann, Aurich, Ostfriesland." |
Anzeige des Manufaktur- und Konfektionsgeschäftes A. van Dyk
(1901)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
8. Juli 1901:
"Für mein Samstags und Festtage streng geschlossenes
Manufakturwaren- und Konfektionsgeschäft suche ich per bald oder
später einen
Lehrling.
A. van Dyk, Aurich (Hannover). |
Anzeige von M. Goldschmidt
(1901)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
8. September 1901:
"Tüchtiges, zuverlässiges junges
Mädchen
wird zur Besorgung der Küche und etwas Hausarbeit sofort gesucht. Zweites
Mädchen vorhanden. Offerten mit Gehaltsansprüchen und Zeugnissen
erbeten.
M. Goldschmidt, Aurich in Ostfriesland". |
Verlobungsanzeige für Jette geb.
Plaut und Levy Wallheimer (1924)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Juli 1924: "Gott
sei gepriesen. Die Verlobung ihrer Kinder Jette und Levy beehren sich
anzuzeigen: M. Plaut und Frau Berta geb. Katzenberg - Frau Bertha
Wallheimer geb. Hahn:
Jette Plaut - Levy Wallheimer: Verlobte. Guxhagen bei Kassel -
Aurich (Ostfriesland). Tamus 5684." |
Eine Praxis für einen jüdischen Chirurgen in
Aurich ist erwünscht (1927)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 29. Dezember 1927: "Aurich, 12. Dezember (1927). In
Aurich (Provinz Hannover) besteht eine aussichtsreiche
Niederlassungsmöglichkeit für einen jüdischen, möglichst religiösen
Arzt, erwünscht Chirurg. Passendes Haus in guter Lage bei sehr günstigen
Bedingungen vorhanden. Aurich ist Regierungssitz, hat Landgericht,
Gymnasium, landwirtschaftliche Schule und Ausstellungshallen für ganz
Ostfriesland. Bedeutende Umgegend." |
Verlobungs-
und Hochzeitsanzeigen von Melanie
Nussbaum und Erich Knurr (1934/1935)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. September 1934: "Gott
sei gepriesen.
Melanie Nussbaum - Erich Knurr. Verlobte.
Heilbronn a. N. /Achtungsstraße 19 - Mainstockheim -
Aurich
/Ostfriesland.
Empfang: In Heilbronn: Simchat Tora 5695 und Schmini Azeret /
1. und 2. Oktober 1934.
In Aurich: am Heiligen Schabbat mit der Toralesung Bereschit / 6.
Oktober 1934". |
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Anzeige in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. März 1935:
"Erich Knurr - Melanie Nussbaum zeigen ihre Vermählung
an.
Aurich - Ostfriesland - Heilbronn a.N.
/ Mainstockheim.
Trauung: Dienstag, 5. März, in Hannover, Restaurant de Vries,
Herschelstraße 35." |
Anzeige einer koscheren Pension in Aurich
(1937)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
11. März 1937: "In Aurich/Ostfriesland.
Aufenthalt für Dauerpensionäre. Haus mit großem Garten, ruhige
Lage.
Streng rituelle Verpflegung. Mäßige reise. Zentralheizung - Bad.
Anfragen unter 3735e an die Expedition dieses Blattes". |
Todesanzeige
für die in Theresienstadt umgekommene Henny Knurr geb. Bienheim (1945)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 28. September 1945:
"Erst heute erhielten wir die traurige Nachricht, dass unsere gute
Tante,
Frau Henny Knurr geb. Bienheim (früher Aurich in
Ostfriesland)
im Alter von 80 Jahren in Theresienstadt im Jahre 1942 gestorben
ist.
Ihr Leben war voller Güte und Selbstaufopferung.
Harry Knurr 720 W. 181 St. N.Y.C.
Erich Knurr 609 Monroe Street Montgomery,
Ala.
Lea Sternberg geb. Knurr 1550 Main Street Baton Rouge,
La.
Herman Knurr 724 North 22nd Street Baton Rouge,
La." |
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