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"Synagogen im Stadtkreis Wiesbaden"
Breckenheim (Stadt
Wiesbaden)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Breckenheim bestand eine jüdische
Gemeinde bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Zur Gemeinde gehörten auch die in
Langenhain und Wildsachsen (heute: Stadtteile von Hofheim
am Taunus) sowie in Medenbach (heute: Stadt Wiesbaden) lebenden jüdischen
Personen. Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts gehörten die und Breckenheim und
Langenhain lebenden jüdischen Personen zur Gemeinde in Wallau
(in Medenbach und Wildsachsen werden keine jüdischen Einwohner mehr genannt).
Die ältesten bekannten Schutzbriefe für Juden / Jüdische Familien in
Breckenheim sind von 1721.
1774 gab es neun jüdische Familien am Ort, 1782 38 jüdische Einwohner,
1794 40.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1843 32 jüdische Einwohner. Weitere Zahlen liegen nicht vor.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(Religionsschule), möglicherweise auch ein rituelles Bad. Um 1821 wurde der
Religionsunterricht durch einen Lehrer aus dem "Ausland" erteilt; ab
1842 bestand ein Schulverband mit Wallau.
Anfang des 19. Jahrhunderts gehörten Breckenheim, Medenbach usw. zur
Landrabbinat der damaligen Herrschaft Eppstein. Rabbiner war Moyses Löw. Mitte
des 19. Jahrhunderts war der Rabbiner aus Wiesbaden für den Bereich zuständig.
Bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts sind mehrere jüdische Einwohner
Breckenheims vom Ort verzogen (in die Städte Wiesbaden, Frankfurt usw.) oder
auch ausgewandert. Nach New York kam Benjamin Löwenstein, der sog.
"Kupferkönig", der der Gemeinde in Wallau und anderen Gemeinden noch
größere Spenden zukommen ließ.
Einzelne Familien blieben bis nach 1933 in Breckenheim, u.a. zwei Familien Kahn,
an deren Geschichte seit Januar 2009 auf dem Bürgersteig vor den Häusern Alte Dorfstraße
31a und Pfanngasse 1 sog. "Stolpersteine erinnern".
Gustav Kahn (geb. 1899 in Breckenheim, Haus Alte Dorfstraße) war seit 1930 mit
Betti geb. Joseph (aus Wiesloch) verheiratet und war mit seinem Bruder Max
Inhaber eines Handelsgeschäftes für Frucht und Futtermittel. 1937 bekam Betti
Zwillinge, wurde aber in keinem Krankenhaus mehr aufgenommen; die Zwillinge
verstarben direkt nach der Geburt. Im September 1937 emigrierte das Ehepaar in
die USA. Adolf Kahn (geb. 1861 in Breckenheim, Haus Pfanngasse 1) war seit 1893 mit Rosa
geb. Blumenthal verheiratet; ihr Sohn Max ist 1894 in Breckenheim geboren (verh.
seit 1931 mit Lina geb. Hausmann; Tochter Edith ist 1933 geboren). Die Familie
hatte einen Getreidehandel, den sie 1934 aufgeben musste. Im Februar 1937
emigrierten alle fünf Personen in die USA.
Quelle: Beitrag "Verlegung
von Stolpersteinen in Breckenheim" in: "Erbenheimer Anzeiger"
vom 30.1.2009 (übernommen aus der Sammlung
von Presselartikel des Aktiven Museums Spiegelgasse in Wiesbaden).
Anzeige zur "Goldenen Hochzeit" vom Adolf
Kahn und Rosa geb. Blumenthal (1943)
Anzeige
in der amerikanisch-jüdischen Zeitschrift "Der Aufbau" vom 19.
Februar 1943:
"Wir feiern das Fest der Goldenen Hochzeit am 22. Februar 1943.
Adolf Kahn und Frau Rosa geb. Blumenthal
vormals Breckenheim bei Wiesbaden. 412 East 51. Str., New York
City." |
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Gemeindebeschreibung von Wallau mit Hinweisen auf die jüdische Geschichte von
Breckenheim 1936
Artikel im
"Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" im Juni 1936: "Wallau. Altes Dorf mit kaum 1000 Seelen, von Wiesen und Feldern
umgeben. Der erste Jude schon 1536 ansässig; später ansehnliche
Judengemeinde, die 1701 das Grundstück, auf dem die Synagoge steht, wohl
auch das Haus selbst, denn dieses stand damals sicherlich schon erwerben
konnte. Heute nur noch etwa 20 Seelen. Die jetzige Synagoge erstand 1885
und birgt als sehenswerte alte Holzschnitzerei einen mindestens 200 Jahre
alten, 1.80 m hohen Chanukkaleuchter aus der Synagoge Breckenheim.
Aus Wallau stammte R. Chajim Leser Wallau, treuer Anhänger des
bedeutenden Spätkabbalisten R. Nathan Adler in Frankfurt, und gleich
diesem mit dem Banne des Frankfurter Rabbinats bedroht. Er konnte sich
aber in Frankfurt behaupten und wirkte dort etwa 1780 bis 1800 sogar als
Rabbinats-Assessor. Heute gehören alle Gemeinden des ‚blauen Ländchens’
(Anmerkung: Die Bauern des Ländchens trugen frühe blaue Kittel, ihre
Frauen blaute Röcke. Gewaschen wurde überall am selben Tage. Die an den
Leinen trockenen Kittel und Röcke ließen das ganze Ländchen blau
erscheinen) nördlich und südlich der Frankfurter Straße zu Wallau
und halten dort ihren Gottesdienst. Von ihnen besaß nur Breckenheim
Selbständigkeit und etwa 250 Jahre hindurch eigene Synagoge, deren
Inventar und Memorbuch (von 1746) heute in Wallau sind, und die selbst
heute Bauwerkstatt des Baumeisters Ph. Becht ist. Aus Breckenheim
kam der Kupferkönig Benjamin Löwenstein in New York, dem manche bürgerliche
Gemeinden und Vereine des Ländchens sowie die Israelitische
Kultusgemeinde Wallau beträchtliche Spenden verdanken. Heute leben keine
100 jüdische Seelen im Ländchen mehr. Erwähnt sei noch eine, vielleicht
auf deutschem Boden die letzte Legende um einen Juden, den Lehrer und Schächter
Hirsch Falk, gestorben 1891 in Wallau. Ihm wollte auf nächtlichem
Waldwege eine Erscheinung sein zur gleichen Zeit zur Welt kommendes Kind für
Gold abkaufen. Falk lehnte ab und blieb lieber ein armer Mann. Als Bestätigung
jenes Erlebnisses sei nach Falks Heimkehr ein schwarz umrandeter Kreis auf
seinem Tisch sichtbar geworden. Der Tisch steht noch im Hause der Enkelin
Hirschs, Frau Selma
Levy geb. Falk, in Wallau. Ein Gedicht ‚Das Gold im Walde’ von C.C.
Wendel schildert das Erlebnis. – Von Wallau eine Viertelstunde südwärts
auf dem Fußpfad längs des Wickersbaches und man ist an der gefährlichsten
Stelle der im übrigen hervorragenden Autostraße Frankfurt – Wiesbaden,
dem ‚Wandersmann’. Hier starb eine bedeutende Führerpersönlichkeit
der Frankfurter jüdischen Jugend, Dr. Ernst Wolf, als Opfer eines
Unfalls. Von hier ¾ Std. (3 km) bis zur Straße nach der Domäne
Mechtildshausen, da ½ Std. südwestabwärts liegt. Hier hielt Barbarossa,
der ja, wenngleich in bester Absicht, die Bezeichnung ‚Kaiserliche
Kammerknechte’ für die Juden schuf, 1184 einen seiner glänzendsten Fürstentage
ab…" |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine Synagoge beziehungsweise ein Betraum war in Breckenheim
vorhanden. Nach dem Anschluss an Wallau wurden die Kultgegenstände aus der
Breckenheimer Synagoge nach Wallau gebracht, darunter ein Memorbuch von 1746 und
ein alter, 1.80 m hoher, holzgeschnitzter Chanukkaleuchter.
Adresse/Standort der Synagoge: Alte
Dorfstraße (Recherchen von Fritzsche/Bartelt unter Lit.)
Fotos
Fotos oder
Darstellungen zur jüdischen Geschichte in Breckenheim sind nicht
vorhanden;
über Hinweise oder Zusendungen freut sich der Webmaster der
"Alemannia Judaica";
Adresse siehe Eingangsseite. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 337-340 (innerhalb des Abschnittes zu
Wallau). |
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Wolfgang
Fritsche/Frank Bartelt: Jüdische Familien in Wiesbaden
1818-1946 Band 1: Breckenheim/Delkenheim. 194 S. zahlr. Abb. Thorsten Reiß
Verlag 2017. ISBN 978-3-942902-11-3. 28.-- €.
Informationen auf Verlagsseite
Buchvorstellung von Sylvia Winnewisser im Wiesbadener Tagblatt vom
16. April 2018: "Wiesbaden. Neue Buchreihe über jüdische Wiesbadener
Familien.
WIESBADEN - 'Wir haben den ehrgeizigen Plan, die weiße Karte mit Farbe
auszufüllen.' Frank Bartelt und Wolfgang Fritzsche stellten in der
Landesbibliothek ihr Buch, den ersten Band einer Reihe über jüdische
Familien in Wiesbaden von 1818 bis 1946, vor. Die ersten beiden Flecken auf
der Wiesbadenkarte, die das Cover des Buches ziert, sind ausgefüllt:
Breckenheim und Delkenheim.
Drei Jahre Arbeit und das Sammeln von Personendaten stecken darin. Nun sind
15 Familien, etwa 500 jüdische Personen, darin aufgeführt, die allesamt in
den beiden damals noch unabhängigen Orten geboren wurden, geheiratet haben
und dort gestorben sind. In beiden Orten sind jüdische Familien bis in die
Mitte des 17. Jahrhunderts nachweisbar. Viele davon hatten den Ort während
des 30-jährigen Krieges verlassen und waren danach zurückgekehrt. 'Die Juden
lebten in diesen Gemeinden meist als Händler oder Kaufleute', so Bartelt,
der als freiberuflicher Kunsthistoriker arbeitet und bereits die Daten von
18 000 Juden in Wiesbaden gesammelt hat. Der für das Buch gewählte, viel
spätere Zeitrahmen hat seine Gründe. Eine der Hauptquellen sind die
Standesmatrikel oder Personenstandsregister, die in Nassau ab 1818
systematisch angelegt wurden. Das zeitliche Ende der Sammlung des Buches
wurde in die Zeit gelegt, als in Wiesbaden die jüdische Gemeinde gegründet
wurde. Weitere Quellen waren neben Hessischem Staatsarchiv und Stadtarchiv
Personen, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts geboren sind und Daten
liefern konnten, Verfolgte, die Nachfahren von Holocaust-Überlebenden, oder
solche, die Ende des 19. Jahrhunderts nach Übersee ausgewandert waren. Einer
dieser Nachfahren, John Paul Lowens, gründete in New York das Familienarchiv
die Ernest-Löwenstein-Sammlung und konnte zum Buch wichtiges Material
beisteuern, vor allem Fotos. Nachlässe und Testamente, in denen alle
Nachfahren benannt wurden, lieferten weiteres. So erfuhr man zum Beispiel
von der Existenz eines Betraumes in Breckenheim in der Alten Dorfstraße.
Nicht zuletzt der Fund einer Genisa (ein vermauerter Hohlraum im Haus zur
Aufbewahrung jüdischer Schriften) aus dem Jahr 1832 im Haus der Familie
Kehrmann in Delkenheim 2005 lieferte historische Schriftstücke, die auch
Aufschluss über familiäre Zusammenhänge gaben."
Link zum Artikel |
n.e.
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