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Jüdische Geschichte
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Übersicht:
Zur jüdischen Geschichte
in Elzach
In Elzach gab es zu keiner Zeit eine jüdische
Gemeinde. Nur wenige jüdische Einwohner lassen sich nachweisen.
Im
Mittelalter finden sich keine Nachweise für jüdische Einwohner in der Stadt
(Stadtrechte ab ca. 1290).
Im 19. Jahrhundert wurden bei den Volkszählungen 1880 fünf, 1885 vier
jüdische Einwohner gezählt, wobei es sich auch um Personen gehandelt haben kann,
die am Tag der Volkszählung zufällig in Elzach ortsanwesend waren. Zuvor (bis
zur Volkszählung 1875) und danach (ab der Volkszählung 1890) werden keine
jüdischen Einwohner in der Stadt genannt.
Im 20. Jahrhundert war ab 1919 der Tierarzt Dr. Bruno Türkheimer
in Elzach tätig. Er lebte mit seiner Familie im Haus Freiburger Straße 6. Bruno
Türkheimer ist am 15. Januar 1891 in
Münzesheim als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren. Am Ersten Weltkrieg
nahm er als Kriegsfreiwilliger teil und wurde mit dem EK II und der Badischen
Verdienstmedaille ausgezeichnet. Ende 1918 wurde er zum Tierarzt der Stadt
Elzach berufen. 1920 heiratete er Paula geb. Mayer (geb. 1896 in der Südpfalz).
Das Ehepaar hatte zwei Kinder: Elfriede Liselotte (geb. 13. August 1922 in
Elzach) und Fred Günter (geb. 27. März 1925 in Elzach). Dr. Türkheimer war in
Elzach sehr beliebt. Erst in der NS-Zeit kam es auch zu zunehmenden
Repressalien. Beim Novemberpogrom 1938 kam es zu einer "Judenaktion" gegen die
Familie von Dr. Türkheimer. Er wurde verhaftet und in das KZ Dachau deportiert.
Nach seiner Rückkehr verließ die Familie Türkheimer Elzach und emigrierte nach
San Francisco/USA. Dr. Türkheimer und seine Frau kamen auch nach 1945 nicht mehr
nach Elzach zurück. Dr. Bruno Türkheimer ist am 24. August 1967 in San Francisco
gestorben, seine Frau am 19. Dezember 1984.
An Dr. Türkheimer erinnert seit 1996 am Haus Freiburger Straße 6 eine
Gedenktafel, die 2016 durch eine neue Tafel ersetzt wurde. Gleichfalls ist
eine Straße in Elzach nach Dr. Türkheimer benannt.
Von den in ... geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):
Presseberichte zur
Geschichte der Familie Türkheim
November 2016:
Publikation über das Schicksal der
Familie Türkheimer |
Artikel von Bernd Fackler in der "Badischen
Zeitung" vom 28. November 2015: "Es war ein dunkler Tag für Elzach
Heiko Haumanns Buch 'Eine 'Judenaktion' 1938 in Elzach': Das Schicksal der
Familie Türkheimer, Einblicke ins Elzach der 1930er Jahre.
ELZACH. 10. November 1938: 'Da muss wohl ein böser Mann wohnen?', wenn
man ihm die Fensterscheiben einschmeißen darf, dachte sich der elfjährige
Erich Schätzle, der dabei war. 'Man mag sich wundern, wie (sich) all diese
Begebenheiten so klar in meiner Erinnerung festgehalten haben, doch sind sie
zu traurig, um vergessen zu werden... es blieb diesen Halunken vorbehalten,
diese Schandtat in Elzach zu begehen...' (Brief von Dr. Bruno Türkheimer,
San Francisco, an Elzachs Bürgermeister Adolf Rapp, 18. März 1952). Die
'Demonstration' am 10. November 1938, einen Tag nach der berüchtigten
'Reichskristallnacht', samt eingeschlagenen Fensterscheiben am Wohnhaus des
jüdischen Tierarztes Dr. Bruno Türkheimer, dessen Verhaftung und zeitweilige
Haft im Konzentrationslager Dachau: Darüber ist – an sich ja schon
bemerkenswert – mehrfach berichtet und geschrieben worden, auch in der BZ
und wohl am ausführlichsten von Bruno Türkheimers Berufskollegen, dem
Veterinär Eberhard Mäder, 1993 im Kreisjahrbuch 's’eige zeige': 'Dr. Bruno
Türkheimer. Das Schicksal eines jüdischen Tierarztes in Elzach unter der
Hitlerdiktatur'. Jetzt also legte, mit der Stadt Elzach als Herausgeber, der
einheimische Historiker Heiko Haumann das Buch 'Eine ’Judenaktion’ 1938 in
Elzach. Die Ausschreitungen gegen die Familie Türkheimer ' vor. Auf 136
Seiten – davon alleine 60 mit kopierten Original-Dokumenten – wird Elzachs
'schwarzer Tag' eingehend beleuchtet und noch weit mehr. Das Buch wurde in
der Heimatkundlichen Sammlung der Stadt vorgestellt – unter viel Interesse
bei allen Altersstufen, auch von Elzachern, die 1938 Kind oder Jugendliche,
also Zeitzeugen waren. Ein junger Besucher, der Elzacher Student Sebastian
Kempchen, kam sogar extra deshalb mit dem Fernbus aus Berlin her und fuhr
gleich am anderen Morgen zurück. Für den Heimatgeschichtlichen Arbeitskreis
sagte der Vorsitzende Philipp Hässler: 'Man sollte meinen, 70 Jahre nach
Kriegsende ist die Beschäftigung mit der Zeit des Nationalsozialismus eine
Selbstverständlichkeit. Dass gerade kleine Städte sich oft aus vermeintlich
nachvollziehbaren Gründen schwertun – auch Elzach tat sich schwer – das ist
so. Umso mehr ist das Engagement der Stadt, sich diesen Themen zu stellen,
zu würdigen. Und dass sich mit Heiko Haumann der profundeste Experte unserer
Mitbürger damit auseinandersetzt, ist ein Segen.' Für die Stadt sagte
Bürgermeister Roland Tibi: 'Nur wenn wir selbst durch die Erkenntnisse aus
diesem Buch hinter die Ereignisse und deren Steuerung durch die NSDAP, die
Motive der Handelnden und rücksichtslose Einzelinteressen blicken können,
sind wir in der Lage, künftiges Unrecht zu erkennen und zu vermeiden. Es war
schockierend, was sich am 10. November 1938 in Elzach abspielte: Ein
beliebter Bürger wurde verhaftet. Wir wollen nicht mit dem Finger auf
damalige Täter zeigen, aber wachsam sein, zumal das im Buch Geschilderte –
leider – aktuell geworden ist, siehe Fremdenfeindlichkeit'. Was sich damals
ereignete, das zeigte der Autor, indem er aus dem Buch Passagen vorlas und
diese kommentierte. Gleich zu Beginn erwähnte er auch, dass es in Elzach
seit einigen Jahren eine Erinnerungstafel an Dr. Türkheimer gebe am Haus, in
dem er wohnte (Freiburger Straße, Haus Kellermann, heute Morseck) sowie eine
Dr.-Bruno-Türkheimer-Straße. Haumann ging weit über die Geschehnisse vom 10.
November 1938 hinaus, als – im Zuge der von den Nazis in ganz Deutschland
durchgeführten Pogromnacht mit Synagogenverbrennungen, Misshandlungen und
Verhaftungen von Juden(9. November 1938) – es auch in Elzach eine von NSDAP
und SA organisierte 'Demonstration' gab – zum Haus Türkheimer (den einzigen
Juden weit und breit) , wo die Fensterscheiben eingeworfen wurden,
Türkheimer selbst verhaftet, und ins KZ Dachau deportiert. Dort wurde er
schwer misshandelt, kam aber zurück und konnte mit seiner Familie noch in
die USA ausreisen, wo er 1967 starb. Obwohl er also den NS-Terror überlebt
hatte und auch in San Francisco weiter an seinem 'lieben Elzach' hing, kam
er nie mehr zurück, denn die 'Judenaktion' 1938 hatte ihn zu schwer
getroffen. Haumann beschränkt sich aber nicht auf jenen 10. November: Woher
kam die Familie Türkheimer, wie kam sie nach Elzach, wie lebte sie hier?
Welche politischen Hintergründe hatte die ’'Judenaktion', wer war dafür
verantwortlich, wie wurde sie nach 1945 juristisch aufgearbeitet? Wie wirkte
sich in Elzach die NS-Herrschaft aus? Wie spitzte sich die Lage für die
Türkheimers und Verwandten zu? Schließlich: Wie geht Elzach mit der
Erinnerung um? Eine Riesenarbeit, auch für einen routinierten Historiker,
allein schon die Anmerkungen zeigen es. Das alles ergibt eine Fülle von
Fakten und, natürlich, auch Namen. Mögliche Spielräume – ja, auch in der
Diktatur (!) –, Verantwortlichkeiten, aber auch persönlicher Egoismus und
das kleinstädtische Milieu mit seinen Vorurteilen werden aufgezeigt – auch
als Mahnung für heute und später: 'Es ist geschehen und kann deshalb wieder
geschehen' (Primo Levi). Aber ohne besserwisserisches Fingerzeigen des heute
Lebenden – Haumann: 'Jeder soll sich sein eigenes Urteil bilden.'
Das Buch: Heiko Haumann: Eine 'Judenaktion' 1938 in Elzach. Die
Ausschreitungen gegen die Familie Türkheimer – Hintergründe, Verantwortung,
Folgen (Herausgeber: Stadt Elzach), Verlag Regionalkultur, 136 Seiten, ISBN
978-3-89735-926-0."
Link zum Artikel |
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November 2016:
Eine neue Gedenktafel wird am
früheren Haus von Dr. Türkheimer angebracht |
Pressemitteilung der Stadt Elzach vom 8.
November 2016: "Gedenken an den früheren Elzacher Tierarzt Dr. Bruno
Türkheimer. Enthüllung einer neuen Gedenktafel
Vor einigen Jahren wurden in Elzach bestimmte Häuser nach wichtigen
Ereignissen benannt. Um das Andenken an unseren früheren Mitbürger Dr. med.
vet. Bruno Türkheimer wach zu halten, war im Rahmen dieser Aktion am Haus
Freiburger Straße 6, in dem Dr. Türkheimer mit seiner Familie von 1919 –
1938 lebte, im Rahmen eines feierlichen Aktes eine Erinnerungstafel
angebracht worden. Die Tafel musste inhaltlich (unter anderem aufgrund einer
falschen Datumsangabe) überarbeitet werden. Herr Prof. Dr. Heiko Haumann hat
die Geschichte anhand historischer Fakten aufgearbeitet und aufgezeigt, was
sich damals tatsächlich zugetragen hat. In einem Buch, das jedermann
zugänglich ist, wurde dieses Ereignis festgehalten. Die Fachbereichsleiterin
für Geschichte am Schulzentrum Oberes Elztal, Frau Andrea Knödler, hat im
Rahmen eines Projekts zum Thema 'Judenverfolgung in Elzach' mit der Klasse 9
Werkrealschule und der Klasse 10 Realschule in Zusammenarbeit mit Prof. Dr.
Haumann dieses Ereignis aufgegriffen und einen Vorschlag für die
Neugestaltung der Gedenktafel Dr. Bruno Türkheimer erarbeitet. Mit der
Enthüllung der neuen Tafel wird über ein Stück der dunkelsten Geschichte
Elzachs informiert. Schüler und Jugendliche hatten damals im Auftrag die
Fensterscheiben des Anwesens Dr. Türkheimer eingeworfen. Ziel der Aktion war
es, die Juden zu vertreiben. Es ist wichtig, so Bürgermeister Roland Tibi,
aufzuklären und die Dinge beim Namen zu nennen, damit sich jeder ein Bild
machen kann. Insbesondere junge Menschen sollen anhand von Fakten erfahren,
was damals geschehen ist und erkennen, wie manipuliert werden kann.
Bürgermeister Roland Tibi stellte einen aktuellen Bezug zur Flüchtlingskrise
und zur Einschränkung der freien Berichterstattung in vielen Teilen der Welt
her. Bürgermeister Roland Tibi dankte Prof. Dr. Haumann für die fachliche
Begleitung des Projekts und Unterstützung bei der Neugestaltung der
Gedenktafel sowie dem Schulzentrum Oberes Elztal für die hervorragende
Aufarbeitung des Themas Judenverfolgung in Elzach im Rahmen des
Geschichtsunterrichts. In einer kurzen Zeremonie, der mit Frau Hilda
Morseck, der heutigen Eigentümerin des Hauses Freiburger Straße 6, und Herrn
Heinz Moser auch zwei Zeitzeugen beiwohnten, wurde die neue Gedenktafel
enthüllt. Damit wird die Bedeutung dieses Ereignisses dauerhaft wach
gehalten."
Link zur Pressemitteilung der Stadt Elzach |
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November 2018:
Ein Enkel des früheren Elzacher
Tierarztes Bruno Türkheimer besucht Elzach |
Artikel von Marie Winterhalter und Philipp
Häßler in der "Badischen Zeitung" vom 22. November 2018: "80 Jahre nach
der dunkelsten Stunde
Elzach. Fred Türkheimer, Enkel des früheren Elzacher Tierarztes Bruno
Türkheimer, besuchte Elzach .
ELZACH. Besuch aus den USA in Elzach: Fred Türkheimer und seine
Lebensgefährtin Linda wurden von Bürgermeister Roland Tibi im Heimatmuseum
empfangen. Fred ist der Enkel von Bruno Türkheimer (1891–1967) und seiner
Paula (1896–1994), die als Juden vor 80 Jahren, am 10. November 1938, im
Gefolge der Reichspogromnacht im 'Dritten Reich' mit ihren Kindern Fred
Günter und Elfriede aus Elzach vertrieben wurden und nach San Francisco
emigrieren mussten. Im Museum trug sich Fred Türkheimer in das Gästebuch der
Stadt Elzach ein. Die Familie Bruno Türkheimer lebte bis zu ihrer
Vertreibung anerkannt und geachtet in Elzach. Die Repressalien gegenüber der
jüdischen Bevölkerung in Deutschland fanden in der Reichspogromnacht am 9.
November 1938 ihren vorläufigen 'Höhepunkt'. Tags drauf kam es in Elzach zu
der 'Judenaktion': Das Wohnhaus der Türkheimers in der Freiburger Straße 6
wurde von Elzacher Kindern und Jugendlichen 'belagert', unter Anleitung
örtlicher NSDAP-Parteifunktionäre, Hitlerjugend, Lehrern und Bürgermeister
Emil Riegger. Auf Festnahme und Drangsalierung folgte die Emigration in die
USA. Nach anfänglichen Schwierigkeiten konnte Bruno Türkheimer dort wieder
als Tierarzt arbeiten. Im Dezember 1995 billigte der Elzacher Stadtrat
einstimmig, eine Straße nach Dr. Bruno Türkheimer zu benennen (im Wohngebiet
Sonnhalde) und am ehemaligen Wohnhaus der Familie an der Freiburger Straße 6
eine Gedenktafel anzubringen.
Seit 2015 liegt eine Monographie von Prof. Heiko Haumann vor, die
Hintergründe, Verantwortung und Folgen dieser 'Judenaktion' von 1938
untersucht ('Die 'Judenaktion' 1938 in Elzach. Die Ausschreitungen gegen die
Familie Türkheimer – Hintergründe, Verantwortung, Folgen. Elzach, 2015).
Bruno und Paula Türkheimer kehrten nie wieder nach Elzach zurück, wie ihre
Kinder ließen sie den Kontakt zu Verwandten und Freunden aus der alten
Heimat jedoch nie ganz abreißen. Nachdem Enkel Fred Türkheimer vor über 40
Jahren schon einmal für längere Zeit in Elzach war, besuchte er bereits 2017
das Städtchen. Das Buch von Heiko Haumann hat er mit großem Interesse
verfolgt und durch Gespräche mit dem Autor und der Familie Moser erfuhr er
auch manch Neues über das Leben und das Leid seiner Familie. Fred lebt
mittlerweile in Seattle im Nordwesten der USA und einige Monate im Jahr in
Alaska. Dort arbeitet er als Hochseefischer. Seine Cousine Linda, Tochter
von Elfriede Türkheimer, lebt heute noch in San Francisco. Beim Besuch im
Museum waren sich alle Anwesenden einig, wie wichtig es ist, über das
Geschehen vom November 1938 zu sprechen. Die Menschen, welche diese
dunkelsten Jahre deutscher Geschichte miterlebten, werden immer weniger.
Umso wichtiger ist es, das Erinnern an Unrecht und Verbrechen am Leben zu
erhalten und nicht den Mantel des Schweigens darüber zu legen, gerade in
Zeiten von zunehmendem Antisemitismus und rhetorischer Entgleisungen von
Unbelehrbaren. Die Offenheit und Unvoreingenommenheit des Besuchs aus den
USA und das große Interesse an Elzach und seiner Geschichte sollte für uns
alle Vorbild sein."
Link zum Artikel |
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Fotos
Fotos der
Gedenktafel usw. werden noch erstellt |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Hundsnurscher/Taddey Jüdische Gemeinden in Baden.
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Heiko Haumann: Die 'Judenaktion' 1938 in Elzach.
Die Ausschreitungen gegen die Familie Türkheimer – Hintergründe,
Verantwortung, Folgen. Hrsg. von der Stadt Elzach 2015. Verlag
Regionalkultur, 136 Seiten, ISBN 978-3-89735-926-05. |
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