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Flacht mit
Niederneisen und Oberneisen (VG
Hahnstätten, Rhein-Lahn-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(erstellt unter Mitarbeit von Abraham Frank, Jerusalem
[geb. 1923 in Flacht])
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Flacht (mit Niederneisen) bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis
1938/39. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück. Die ältesten bekannten jüdischen Einwohner sind sind: Mortje (Martgen,
Marx, ca. 1648 bis nach 1713), der seit 1706 in Niederneisen und Holzheim lebte:
er erscheint in den Familienstammbäumen der Familien Frank, Heimann und Marx
als ältester bekannter Vorfahr (siehe Stammbäume unten); Aaron (Arndt,
vor 1681 bis etwa 1710 in oder bei Diez), dessen Sohn Moses Aaron (etwa 1687 -
1755 in Flacht) einer der Vorfahren der Flachter Familie Arfeld ist (siehe
Stammbaum unten).
Die Flachter Gemeinde war Anfang des 19. Jahrhunderts noch selbständig (1821).
Einige Jahre später (1843) war sie an Diez angeschlossen, unterhielt
als Filialgemeinde jedoch einen eigenen Gottesdienst
("Winkelgottesdienst"). 1928 erlangte die Gemeinde
nochmals bis nach 1933 die Selbständigkeit.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: in Flacht 1843 29 jüdische Einwohner, 1871 34 (5,6 % von insgesamt 603
Einwohnern), 1885 29 (4,8 % von 603), 1895 34 (5,4 % von 627), 1905 34 (5,1 % von
664), 1910 32 (4,9 % von 660); ausführlichere Tabelle bei Kuhmann s. Lit. S.
29.
Unter den vier jüdischen Familien in Flacht 1821 war Isaak Michel (geb.
1790), der 1841 den Familiennamen Isaac Frank angenommen hatte. Er genoss
großes Ansehen bei den christlichen Bauern am Ort, da er lesen und schreiben
konnte und seine Fähigkeiten auch ihnen zur Verfügung stellte. Die anderen
drei Familien - die Brüder Nathan Abraham, Isaak Abraham und Löw Abraham sowie
Abraham Isaak - nannten sich mit Familiennamen nun Aarfeld (bzw. Arfeld).
Zur jüdischen Gemeinde Flacht gehörten die meiste Zeit auch die in Niederneisen und
Oberneisen lebenden jüdischen Personen. In Niederneisen wird 1694
Jude Scheyer genannt (Kuhmann s.Lit. S. 15), 1706 der bereits oben
genannte Mortje; 1714 waren zwei jüdische Familien am Ort. 1821 lebten in Niederneisen zwei, in
Oberneisen eine jüdische Familie, die damals zur Gemeinde in Flacht gehörten.
1843 waren die in beiden Orten lebenden jüdischen Personen der Gemeinde in Hahnstätten
angeschlossen. Mitte der 1920er-Jahre gehörten sie wiederum zur Flachter
Gemeinde.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine jüdische Schule (Religionsschule), ein rituelles Bad (in
Niederneisen) und ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde, insbesondere zum
Religionsunterricht der Kinder, kam ein auswärtiger, gewöhnlich der Diezer
jüdische Lehrer nach Flacht; der letzte Lehrer war Nehemias Alt, der seit 1908
(oder schon zuvor) bis kurz vor seinem Tod 1933
Lehrer in Diez
war. 1864 waren elf jüdische Kinder in Flacht zu unterrichten; im
Schuljahr 1931/32 waren es sieben Kinder, die damals zweimal wöchentlich
zum Religionsunterricht nach Diez wanderten. Die Gemeinde gehörte zum
Rabbinatsbezirk Diez, beziehungsweise nach
dessen Auflösung 1860 zum Rabbinatsbezirk (Bad) Ems (später
Ems-Weilburg).
1925 lebten 35 jüdische Personen in Flacht (5,1 % von insgesamt 692
Einwohnern). 1932 war Gemeindevorsteher
der inzwischen vier Jahre selbständigen Gemeinde Elias Hahn. Die jüdischen Familienvorsteher waren als Viehhändler, als Textil- und
Kolonialwarenhändler und Metzger tätig; mehrere hatten offene Handlungen und
Läden am Ort eröffnet. Die meisten der jüdischen Familien hatten auch kleine
Äcker und Hausgärten und befassten sich mit Vieh- und Hühnerzucht.
Nach 1933 ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder (1933: 29 Personen) auf Grund der Folgen des
wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Bereits 1935 wurde eine
Beerdigung (von Norbert Arfeld) durch Mitglieder der NSDAP in Parteiuniform
erheblich gestört. Diese hatten sich in der Nähe des Sterbehauses aufgestellt,
worauf keiner der christlichen Nachbarn mehr wagte, an der Beisetzung
teilzunehmen. 1936 verließen sechs jüdische Einwohner, 1938 neun und 1939 elf
den Ort, die meisten zogen nach Frankfurt am Main und andere Städte; einigen
gelang es, in die USA oder nach Palästina zu emigrieren. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
völlig verwüstet.
Torarollen, Gebetbücher und andere Ritualien wurden auf die Straße geworfen,
der Friedhof wurde verwüstet, die erwachsenen jüdischen Männer wurden in
Konzentrationslager verschleppt. Julius Saalberg wurde Anfang 1939 im KZ
Buchenwald erschossen.
Von den in Flacht geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", ergänzt durch Namen des
Gedenksteines auf dem Friedhof): Otto Alfred Arfeld (1907),
Therese Frank (), Albert Grünebaum (1892), Brunhilde Grünebaum (), Hedwig Grünebaum geb. Löwenberg (1892), Margot
Karoline Grünebaum (1922), Arthur Grünfeld (1894), Edith Grünfeld (1929),
Ernst Grünfeld (1922), Gertrud Grünfeld geb. Horwitz (1898), Hans S. Grünfeld
(1919), Elias Hahn (), Ricka Hahn (), Ida Hirschmann (), Elfriede Horwitz (1904), Johanna Horwitz geb.
Bachenheimer (1869),
Karoline Löwenberg (1883), Berta Löwenstein geb. Saalberg (1884), Irma
Löwenstein (1912), Julius Saalberg (1885).
Aus Niederneisen sind umgekommen: Babette Herrmann geb. Arfeld (1855),
Frieda Mendel geb. Herrmann (1884), Max Mendel (1890).
Aus Oberneisen ist umgekommen: Berta Nachmann geb. Adler (1879).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Die Juden in Flacht wollen eine selbständige Gemeinde
bilden (1914)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 13. März 1914: "Die Juden in Flacht betreiben gegenwärtig
den Austritt aus der Kultusgemeinde in Diez, um sich selbständig zu
machen. In zwei Versammlungen wurde dieser Antrag aber von den Diezer
Mitgliedern, die die Mehrheit haben, abgelehnt. Die Entscheidung hat
nunmehr die Regierung zu treffen." |
Berichte
zu einzelnen Familien/Personen aus der jüdischen Gemeinde
Aus den Stammbäumen der Familien Arfeld, Frank, Marx und
Heimann
(erhalten von Abraham Frank, Jerusalem, © Abraham Frank und Gerhard
Buck)
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"The Arfeld Family
of Flacht" |
"The Family Tree of
Abraham Frank" |
"The Marx, Heimann and
Frank families
in Niederneisen and Flacht" |
Über Abraham Frank (geb. 1923 in Flacht)
Abraham
Frank, Jerusalem (auf dem Foto während einer Studienwoche im Kloster
Denkendorf im Februar 2002), ist am 24. Dezember 1923 in Flacht
geboren. Er besuchte von 1928-32 die evangelische Volksschule in
Ludwigsburg und 1934-36 das Karlsgymnasium in Stuttgart, musste dann die
Schule "aus rassischen Gründen" verlassen. Nach Einwanderung in
Erez Jisrael Besuch von Volksschulen in Tiberias und Afulah, worauf er in
einer Schreinerei lernte; 1946-50 Angestellter in verschiedenen
Buchhandlungen; von 1950-82 im Rahmen der zionistischen Weltorganisation (Jewish
Agency) in USA, Kanada, England und Israel, zuletzt als Leiter der
Einwanderungsabteilung für Nordamerika erzieherisch und administrativ tätig.
1982-86 Funktionär des Irgun Merkas Europa (Organisation der mitteleuropäischen
Einwanderer in Israel) und als Kulturreferent und Redaktionsmitglied der
"Mitteilungsblattes" tätig. Mitglied des Board des Leo Baeck
Instituts in Israel; Mitarbeiter an den Gedenkbüchern für die zerstörten
jüdischen Gemeinden in Hessen und Nordrhein-Westfalen, die von der Yad
Vashem Holocaust Memorial Authority herausgegeben werden; freiwilliger
Mitarbeiter an der Restaurierung und Dokumentation jüdischer Friedhöfe
im süddeutschen Raum; verheiratet mit Rita geb. Scherl (geb. 1925). Das
Ehepaar hat drei Kinder (Dr. Ariel Joel Frank, geb. 1951; Elieser, geb.
1956 und Judith verh. Schachter, geb. 1966) und lebt in Jerusalem. |
Weitere Informationen
zu Abraham Frank auf einer pdf-Datei (Quelle: www.irgun-jeckes.org) |
Zur Geschichte der Synagoge
Spätestens seit Anfang des 19. Jahrhunderts war eine
Betstube in einem privaten jüdischen Wohnhaus eingerichtet.
1848 wollten die jüdischen Einwohner von Flacht und Niederneisen eine
Synagoge in Flacht erbauen. Damals lebten an beiden Orten zusammen 40 Personen,
was ausreichend für eine eigene Gemeinde gewesen wäre. Der Antrag wurde von
den Behörden angelehnt. Auch 1862/64 wurde ein ähnlicher Antrag abgelehnt. So
wurde weiterhin Gottesdienst in der vorhanden Betstube abgehalten.
1890 konnte die Gemeinde ein Haus erwerben und darin zwei Räume aus
Synagoge herrichten. 1928 konnte im Haus Hauptstraße 35, das die Gemeinde
von der Familie des verstorbenen Michel Adler geerbt hatte, eine
Synagoge einrichten. Der Lehrer und Kantor Simon Spier von Wesel hat die
Einweihung vorgenommen. Dieses Haus ist als Wohnhaus erhalten.
Adresse/Standort der Synagoge:
Hauptstraße 35
Fotos
Das Synagogengebäude in
der Hauptstraße
(Fotos erhalten von Familie
Abraham Frank, Jerusalem) |
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1928 konnte in diesem Haus
eine Synagoge eingerichtet werden |
Haus der Familie
Frank
in Flacht (um 1928 mit der Familie
vor dem Haus) |
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Familie Leopold Frank
mit Frau und Kindern |
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Gedenkstein für die in der
NS-Zeit umgekommenen jüdischen Einwohner
auf dem jüdischen Friedhof in Flacht
(Foto erhalten von Familie
Abraham Frank, Jerusalem) |
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
November 2018:
Verlegung von Stolpersteinen in
Flacht und Oberneisen
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Am 2. November 2018 wurden in Flacht
durch den Künstler Gunter Demnig "Stolpersteine" verlegt. Vor der ersten
Verlegung sprach der Ortsbürgermeister, danach wurde ein erster
"Stolperstein" für Julius Saalberg in der Hauptstraße 14 mit einer Verlesung
der Kurzbiographie verlegt. Weitere Steine wurden verlegt für Hermann
Bruchhäuser (Hauptstraße 17), für Gertrud, Arthur und Edith Grünfeld
(Hauptstraße 45a). Anschließend wurde in Oberneisen (Grabenstraße 11) ein Stein für
Maria Weyl gelegt.
Vgl. Artikel "Stolpersteine wirken gegen das Vergessen" in der Website der
Ortsgemeinde Oberneisen: https://www.oberneisen.de/news/1/472731/nachrichten/stolpersteine_wirken_gegen_das_vergessen.html?browser=1 |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Leopold Frank: Die Juden von Flacht bei Diez. In:
Diezer Heimatblätter Nr. 8 1961 S. 21-22. |
| ders.: Loschen Hakodesch. Jüdisch-deutsche Ausdrücke,
Sprichwörter und Redensarten der Nassauischen Landjuden. 1962. Privatdruck
2. Auflage 1993. |
| Abraham Frank: Geschichte der jüdischen Gemeinde in
Flacht. In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit
in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor
und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für
politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad
Kreuznach. 7. Jahrgang, Ausgabe 1/1997 Heft Nr. 13 S. 24-25. Online
zugänglich (pdf-Datei). |
| ders./Gerhard Buck: The Frank and Arfeld families of
Flacht and Niedernhausen. Biographies and genealogical charts. 2005. |
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 177-178. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 539-540. |
| Gedenkstätten zu den Verbrechen des Nationalsozialismus
im Rhein-Lahn-Kreis. Projekt Spurensuche Geschichte in der Heimat.
Leistungskurs Erdkunde/Geschichte, Jahrgangsstufe 12/1992. Gymnasium Diez.
In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit
in Rheinland-Pfalz Heft Nr. 9 - 1/95. Der
Beitrag ist online eingestellt. |
| Joachim Hahn: Jüdisches Leben in Ludwigsburg.
Karlsruhe 1998 S. 388-390 (zu Familie Frank). |
| Wilhelm Kuhmann: Die Juden in Flacht und
Niederneisen - Von den Anfängen bis zum Untergang - mit Auszügen aus
Dokumentationen. Hrsg. von den Gemeinden Flacht und Niedereisen unter den
Ortsbürgermeistern Seifert und Jüngst. 1999. |
| Franz Gölzenleuchter: Sie verbrennen alle
Gotteshäuser im Lande (Psalm 74,8). Jüdische Spuren im Rhein-Lahn-Kreis -
Jahrzehnte danach. Limburg 1998. S. 77-83. |
| Joachim Schlör: Endlich im Gelobten Land. Deutsche
Juden unterwegs in eine neue Heimat. Berlin 2002. Zu Familie Frank: S.
43-50.190-204. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 150 (mit weiteren Literaturangaben). |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Flacht Hesse-Nassau. Despite
repeated efforts (1848-1914), Jews from Oberneisen, Niederneisen, and Flacht
only managed to establish an independent community after Worldwar I. Excluding
members in Hahnstaetten (14), they
numbered 35 in 1925 and dedicated a new synagogue three years later. No more
than a dozen remained on Kristallnacht (9-10 November 1938), when the synagogue
was destroyed. Eighteen perished in the Holocaust.
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