Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Freudenstadt (Kreisstadt)
Jüdische Geschichte 

Übersicht:

bulletZur Geschichte jüdischer Einwohner    
bulletAus der Geschichte der jüdischen Einwohner     
Zu einzelnen Personen      
Dokumente, Anzeigen und Presseartikel    
bulletFotos   
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    
bulletLinks und Literatur   

  

Zur Geschichte jüdischer Einwohner    
   
In dem 1599 durch Herzog Friedrich I. von Württemberg gegründeten Freudenstadt wird erstmals 1624 ein jüdischer Bewohner genannt. Es war Elia Jude zu Freudenstadt, der gegen den Juden Wolf aus Poltringen (Gemeinde Ammerbuch, Kreis Tübingen) einen Rechtsstreit auf höchster Ebene führte. Jud Wolf hatte ein herzogliches Privileg im Blick auf die von 1622 bis 1628 betriebene Silbermünzstätte des Silberbergwerkes im Stadtteil Christophstal. Elia Jude zu Freudenstadt stand unter dem persönlichen Schutz des Herzogs und besaß in der Stadt das Bürgerrecht (Quellen für den Rechtsstreit: Universitätsarchiv Tübingen 87/6, fol. 373ff; Hinweise hierzu von Ulrich Müller, Freudenstadt). 

Erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zogen in Freudenstadt wieder einige jüdische Personen/Familien zu, ohne dass es zur Gründung einer jüdischen Gemeinde bekommen ist. Eine der ersten Familien war die des Kaufmanns Paul Pick, dessen Eltern Richard und Anna Pick in Freudenstadt zugezogen sind. Paul Pick betrieb in der Stadt einen kleinen Laden, verzog später nach Stuttgart und kam nach der Deportation mit seiner Frau Emma geb. Baum 1944 in Riga beziehungsweise im KZ Stutthof ums Leben. Auch seine Schwester Johanna, die später in Freiburg verheiratet war, kam nach der Deportation nach Gurs 1940 ums Leben.  
  
Die Zahl der jüdischen Einwohner in Freudenstadt entwickelte sich wie folgt: erstmals 1871/1880 2 jüdische Personen in der Stadt,  1885/90 5, 1895 11, 1900 9, 1905 17, 1910 13, 1925 7, 1933 6 jüdische Einwohner (nach den Volkszählungsergebnissen in diesen Jahren). Die in Freudenstadt lebenden jüdischen Personen waren offiziell der jüdischen Gemeinde in Horb angeschlossen. 
 
In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg war seit 1907 die streng koscher geführte "Villa Germania" beziehungsweise seit 1911 das "Hotel Teuchelwald" von A. Kulb eine hervorragende Adresse für jüdische Kurgäste in der Stadt. Dazu kam 1914 die Pension Goldschmidt und in den 1920er-/Anfang 1930er-Jahren das Hotel "Villa Regina" 1933 Inhaberin Frl. H. Kohn). 
Die Geschwister Kahn eröffneten ein Warenhaus in der Stadt (1907 genannt). 
   
An ehemaligen, bis nach 1933 bestehenden Dienstleitungs- und Handelsbetrieben im Besitz jüdischer Personen sind bekannt: Praxis Dr. Karl Beer (Lauterbadstraße 77), Kur-Pension Dr. Carl Beer (Zeppelinstraße 5, heutiges Hotel Hohenried), Viehhandlung Salomon und Wilhelm Levi (Stuttgarter Straße 45, Gebäude abgebrochen), Kaufmann Manfred Weil (Badstraße 59, abgebrannt 1945), Mehlgroßhandlung Simon Weil (Dammstraße 6).
   
Von den in Freudenstadt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Paul Pick (1894), Johanna Weinheim geb. Pick (1895). 
  
Nach 1945 bestand in Freudenstadt das Gästehaus von Fritz und Emmi Haas, in dem von 1953 bis 1993 zahlreiche jüdische Gäste beherbergt wurden (siehe unten).  
   
    
    
Aus der Geschichte der jüdischen Einwohnern  
   
Zu einzelnen Personen  
Über Dr. Carl Beer (1885-1969)    

Freudenstadt Carl und Fanny Beer um 1960.jpg (398551 Byte)Aus dem Beitrag von G. Hertel (siehe Lit.): "Der Freudenstädter Dr. Carl Beer war Sanitätsoffizier des 1. Weltkrieges. Er war im Ersten Weltkrieg nach Freudenstadt ins Lazarett gekommen und betreute später dort deutsche Verwundete. Im Lazarett lernte er seine spätere Frau, eine Freudenstädterin, kennen. Diese tapfere Frau ist ihrem Mann in den schweren Zeiten zur Seite gestanden und hat ihn nie verlassen. Dr. Beer hat in Freudenstadt Minderbemittelte stets ohne Honorar behandelt, ja sogar Lebensmittel Notleidenden gebracht... 1945 ist er wieder zurückgekommen und konnte noch einige Jahre in Freudenstadt als Arzt tätig sein. Die Bevölkerung wählte ihn 1946 mit der zweihöchsten Stimmenzahl auf der Liste der SPD in den Gemeinderat."
Das Foto links zeigt Carl und Fanny Beer um 1960 in Freudenstadt (Quelle: Stadtarchiv Freudenstadt).   
Weitere Informationen (erhalten von Ulrich Müller, Freudenstadt): Dr. Carl Beer (geb. 19. Februar 1885 in Liptó Szent Miklós/Ungarn, heute Liptovský Mikuláš/Slowakei; sein Urgroßvater war Salomon Ullman, geb. 1797 in Fürth) wuchs zusammen mit seinem jüngeren Bruder Oskar in Berlin auf. Nach dem Abitur studierte er Medizin in Berlin und Freiburg i.Br.; nach Abschluss des Medizinstudiums wurde er Facharzt der inneren Medizin. 1910 ließ er sich in Berlin taufen. Er war verheiratet mit Fanny geb. Reichert (geb. 3. Januar 1894 in Freudenstadt, evangelisch; vgl. oben). Die beiden lebten in Freudenstadt in der Lauterbadstraße 73. Nach dem Novemberpogrom 1938 wurde er in das KZ Dachau eingewiesen, wo er bis Mitte Dezember 1938 festgehalten wurde. 1944/45 war Dr. Beer als "Krankenbehandler" für die noch in Nürnberg und Fürth ansässigen jüdischen Einwohner. Ein schwerer Luftangriff auf Nürnberg verhinderte im Februar 1945, dass Carl Beer und die anderen in "Mischehe lebenden Nürnberger Juden" noch nach Theresienstadt deportiert wurden. Nach dem Einmarsch der US-Armee in Nürnberg war Dr. Beer in Nürnberg der erste Internist für Nürnberg und Fürth. Er kehrte dann nach Freudenstadt zurück. Fanny Beer starb 1864, Dr. Carl Beer 1969. Nach ihm ist in Freudenstadt eine Straße benannt. 
Vgl. Artikel vom 22. August 2014 im "Schwarzwälder Boten": "Freudenstadt - 'Was wär', wenn Dr. Beer nicht wär'?..."      

 
Bericht des Sohnes von Paul Pick über seine Eltern und die eigene Lebensgeschichte 

Aus dem Buch "Lebenszeichen: Juden aus Württemberg nach 1933" Gerlingen 1982 S. 243: "Richard L. Pick. Sierra Leona 770. Mexico 10 D.F. berichtet: Eltern: Paul Pick, 1894 in Freudenstadt geboren, Inhaber eines kleinen Kaufhauses, im Juni 1944 im Konzentrationslager Riga ermordet, und Emma Pick geb. Baum, 1896 in Stuttgart geboren, im Dezember 1944 im Konzentrationslager Stutthof ermordet. Ich, Richard L. Pick, bin 1921 in Söllingen geboren und arbeitete bei der Auswanderungsstelle für Württemberg und Hohenzollern vor meiner Emigration im Juli 1941. Drei Jahre Dienst in der US-Army während des Zweiten Weltkriegs, seit 1947 Hersteller von Damenkonfektion in Mexico City. Heute wird dieses Unternehmen vom Schwiegersohn geleitet, während ich mich auf dem Gebiet von Investments betätige, im Baugeschäft dilettiere und an der Universität Volkswirtschaftliche Vorlesungen halt. Ich gehöre dem Vorstand der Beth Israel Community Center in Mexico City an. Meine Frau Lore geb. Steiner, ist 1923 in Stuttgart geboren; sie arbeitete bis vor kurzem als Entwerferin und Musterherstellerin in unserem Betrieb."  

  
  
Dokumente, Anzeigen und Presseartikel  

Anzeige des Warenhauses der Geschwister Kahn (1907)      

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Juli 1907: "Zum baldigen Eintritt wird ein 
Mädchen
 
nicht unter 15 Jahren aus guter Familie, in die Lehre gesucht, eventuell als angehende Verkäuferin. Kost und Logis im Hause. Offerten erbitten 
Warenhaus Geschwister Kahn, Freudenstadt in Württemberg
."         

   
Eröffnung der Pension Villa Germania (1907) 

Freudenstadt Israelit 04071907.jpg (65738 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juli 1907: "Eröffnung Anfangs Juli. Freudenstadt Württemberg. Schwarzwald. 740 m ü. d. Meer. Direkte Schnellzugsverbindung von Stuttgart aus ca. 2 Stunden. Streng Koscher
Pension Villa Germania. Staubfreie Lage, unmittelbar am Wald. Komfortabel eingerichtete Fremdenzimmer. Elektrisches Licht. Referenz Seiner Ehrwürden Herr Dr. Kahn, Esslingen sowie andere orthodoxe Rabbiner. 
Inhaber: A. Kulb."  

   
Bericht über die Villa Germania in Freudenstadt in der orthodoxen Zeitung "Der Israelit" (1907)  

Freudenstadt Israelit 25071907.jpg (41903 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Juli 1907: "Aus Württemberg, 23. Juli (1907). In Freudenstadt, dem bekannten Luftkurort im württembergischen Schwarzwald, ist am Anfang dieses Monats von Herrn A. Kulb von Stuttgart eine unter zuverlässiger Aufsicht stehende rituelle Pension eröffnet worden. Die Pension des Herrn Kulb befindet sich in der Villa Germania und untersteht dem Verein zur Förderung ritueller Speisehäuser in Hamburg." 

   
Anzeigen für die "Villa Germania" 1908/09  

Freudenstadt Israelit 04061908.jpg (52682 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juni 1908: "Freudenstadt - Württembergischer Schwarzwald. Hotel und Pension. Streng Koscher. A. Kulb. Telefon No. 86. Villa Germania, herrliche Lage am Walde, bedeutend vergrößert."
  
Freudenstadt Israelit 01071909.jpg (51034 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Juli 1909: "Höhenluftkurort I. Ranges. Freudenstadt, ca. 800 m über dem Meere. Hotel und Pension - koscher - Villa Germania direkt am Wald.  A. Kulb. Telefon 86. Neugebauter Speisesaal im Garten mit herrlicher Aussicht ins Murgtal. - Anerkannt gut geführt Küche. Elegant möblierte Zimmer in und außer dem Hause."   

  
Anzeigen für das Hotel und Kurhaus Teuchelwald (1911)  

Freudenstadt Israelit 27071911.jpg (70304 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juli 1911: "Freudenstadt. Sommer- und Winterkurort. Hotel und Kurhaus Teuchelwald. Telefon 168. Besitzer A. Kulb.  Haus vornehmsten Ranges. Große Gesellschaftsräume zur Abhaltung von Festlichkeiten, Konversationsräume, Schreib- und Lesezimmer, Vestibül, Apartments, Schlafzimmer mit Privatbädern, Lift, Zentralheizung, große Terrasse, 60 Betten, Eigene Konditorei mit Café, hochmodern ausgestatteter Hotelwagen am Bahnhof." 
  
Freudenstadt FrfIsrFambl 10051912.jpg (128618 Byte)Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 10. Mai 1912: "Freudenstadt. Hotel und Kurhaus Teuchelwald - Koscher -. 
Haus allerersten Ranges. 60 Fremdenbetten, Aufzug, Dampfheizung, Konversationsräume, Schreib- und Lesezimmer, große Gesellschaftsräume, Konditorei und Café. Prospekte durch den Besitzer: 
A. Kulb. Telefon 168."  

  
Vorübergehend (1913) gibt es keine rituell geführte Pension in Freudenstadt - Einladung nach Triberg (1913)    
Anmerkung: das Hotel und Kurhaus Teuchelwald, das 1912 noch mit "koscher" geworben hat, hatte inzwischen geschlossen. 

Artikel in "Neue Jüdische Presse" vom 22. August 1913: "Allgemeine Mitteilungen. Einen vollwertigen Ersatz für Freudenstadt, in dem man nicht mehr rituell leben kann, bietet Triberg. Auf der Höhe der weltberühmten Schwarzwaldberge - 750 m hoch - gelegen, bietet es Wanderlustigen eine große Anzahl von Ausflügen. Derjenige, der jedoch Ruhe sucht, findet nach kurzer tapferer Steigung gut gepflegte, sich überall hinziehende ebene Wege und reichlich Sitzgelegenheit. Allein der Aufenthalt an den weithin bekannten Wasserfällen spendet durch die staubfreie würzige Luft der diese umgebenden Wälder Gesundheit in reichem Maße. Täglich Konzerte, Natur- und Kurpark sorgen für Abwechslung, und ein Feuerwerk mit italienischer Nacht an der Wasserseite ist ein grandioses Schauspiel. Das jüdische Restaurant in Triberg liegt in den bewährten Händen des Herrn F. Kahn aus Basel."     

   
Anzeigen der Pension Goldschmidt (1914 / 1916)     

Freudenstadt Frf IsrFambl 25071914.jpg (60749 Byte)Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 25. Juli 1914: "Freudenstadt. Württembergischer Schwarzwald. Pension Goldschmidt. Eröffnung Mitte Mai 1914. Elegante Zimmer, vorzügliche Küche, großer, schattiger Garten. Angenehmer Aufenthalt! Zivile Preise!".
  
Freudenstadt FrfIsrFambl 12051916.jpg (53132 Byte)Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. Mai 1916: "Freudenstadt. Württembergischer Schwarzwald. Höhenluftkurort 740 m über dem Meere. Pension Goldschmidt. Telefon 239. Ruhiger angenehmer Aufenthalt bei guter Verpflegung. Großer Garten - Zivile Preise - Keine Kurtaxe. Eröffnung 15. Mai." 

      
 Bericht über das rituell geführte (koschere) Hotel "Villa Regina" (1931) sowie Anzeige (1933)      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. August 1931: "Freudenstadt (Schwarzwald), 3. August (1931). Wer in der jetzigen Zeit noch das Glück hat, sich einige Tage Erholung zu gönnen, wird besonders erfreut sein, wenn er in einem gut geleiteten, unter Aufsicht stehenden Hotel, nicht nur Genüsse für den Körper, sondern auch solche für den Geist findet. - Es war etwas Erhebendes, hier den gedankenvollen Vortrag des Herrn Dr. jur. Lewkowitz aus Breslau, der in dem bekannten jüdischen Hotel 'Villa Regina' über 'Marxismus und Nationalismus vom Standpunkt der Juden' sprach, zu hören. Formvollendet in der Diktion, prächtig mit prägnanter Kürze schilderte der für die jüdische Sache so begeisterte Redner den jüdischen Nationalismus den zahlreich Erschienenen. Leider muss man mit großem schmerzlichen Bedauern feststellen, dass von den vielen jüdischen Kurgästen, die zur Zeit sich hier aufhalten, man die meisten in jenen Hotels findet, die ihnen weder geistig jüdische, noch physisch jüdische Nahrung bieten. Wie glücklich könnten unsere jüdischen Hoteliers an allen Badeplätzen auch in unseren Großstädten sein, wenn nur ein Zehntel aller Glaubensgenossen diese Gaststätten aufsuchten. Das Beste, das in den jüdischen Hotels geboten wird, beachtet man kaum, gar oft wird das weniger Wertvolle der anderen mit besonderer Propaganda verbreitet. 
Die jüdische Zeitung hat die Pflicht, immer wieder das große jüdische Publikum auf jene jüdischen Hotels komfortabel ausgestattet, sondern auch den Ansprüchen des religiösen Juden entsprechen. Mit besonderem Stolz kann 'Villa Regina' in Freudenstadt (Schwarzwald) ein solches genannt werden."    
 
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Juli 1933: "KOSCHER Hotel-Pension Regina  Freudenstadt. 
Inhaber Frl. H. Kohn
/ direkt am Hochwald  empfiehlt sich für den Sommer-Aufenthalt".       


Kennkarte von Leopold Fellheimer 

Freudenstadt Dok 05.jpg (166691 Byte)Leopold Fellheimer (geb. 27. September 1860 in Stuttgart), lebte 1938 als Privatmann in Freudenstadt und ließ sich hier die Kennkarte ausstellen. 
Leopold Fellheimer war verheiratet mit Helene geb. ? (geb. 20. Januar 1865, gest. 14. Juni 1914 und im Israelitischen Teil des Pragfriedhofes in Stuttgart beigesetzt). Er starb am 25. November 1941 und wurde neben seiner Frau im Israelitischen Teil des Pragfriedhofes beigesetzt (siehe J. Hahn: Pragfriedhof Israelitischer Teil S. 66).     

 
 
Nach 1945: Gästehaus für jüdische Kurgäste von Fritz und Emmi Haas  
  

Aus dem Nachruf von Ulrich Müller im "Schwarzwälder Boten" (Lokalausgabe Freudenstadt) vom 18. Dezember 2018 zum Tod von Emmi Haas: "Ein Herz für Gäste - Abschied von Emmi Haas in großer Liebe und Dankbarkeit. Aus dem Saarland, aus Freudenstadt und aus anderen Orten waren am 8. Dezember im Martin-Haug-Stift in Freudenstadt Besucher zusammengekommen um mit einer Trauerfeier von Emmi Haas, die im Alter von 96 Jahren verstorben war, Abschied zu nehmen. Wenige Jahre nach Gründung des Staates Israel, hatte sie zusammen mit ihrem Mann in der Kolpingstraße in Freudenstadt ein Gästehaus für jüdische Gäste eröffnet. Es sollte ihr Lebenswerk werden.
Emmi Haas - Freudenstadt. Einer Initiative des Kreis- und Stadtarchivs Freudenstadt und der Freudenstädterin Christa John war es zu verdanken, dass im November 2012 anlässlich des 90. Geburtstages von Emmi Haas die Geschichte und Vorgeschichte des Gästehauses Haas und seiner jüdischen Gäste ins Licht der Öffentlichkeit gelangte und dokumentiert wurde. In seiner Ansprache anlässlich der Trauerfeier berichtete Pfarrer i. R. Ulrich Müller zunächst von den Startschwierigkeiten der jungen Ehe. Für die aus dem Saarland stammende katholische Emmi Marx und den Freudenstädter Kaufmannssohn Fritz Haas war im September 1947 in Freudenstadt zunächst nur eine standesamtliche Eheschließung möglich. Der Grund: Bereits 1931 war die gesamte Familie Haas (7 Personen) aus der Evangelischen Kirche ausgetreten. Eugen Haas, der Vater von Fritz Haas, las Hitlers 'Mein Kampf' sehr früh mit einem geradezu prophetischen Scharfblick. Er war entsetzt, dass die Evangelische Kirche den 'Wolf im Schafspelz' nicht erkannte. Emmi Haas erklärte im Jahr 2012 in einem Gespräch wie es dazu kam: Die Liebe zu Israel hatte mein Mann schon von seinen Eltern her. Sie nahmen das Wort des Apostels Paulus, dass Gott sein Volk nicht verstoßen hat, sondern es wieder sammelt und in sein Land zurückführt, ganz ernst. Und Emmi Haas fügte hinzu: Den größten 'Schatz', den ich im Hause Haas entdeckt habe, ist die Bibel! Man las die Bibel in der biblisch begründeten Hoffnung, dass sich das jüdische Volk wieder sammeln und in das Land der Väter zurückkehren werde. Um mir die Ernsthaftigkeit dieser Hoffnung, die ihr begegnet war zu vermitteln, fügte sie hinzu: Im Elternhaus meines Mannes hat man auf den Knien gebetet. Für ihren Abschied hatte sich Emmi Haas Worte aus dem Buch des Propheten Jesaja. Kap. 43,1+2 gewünscht. Pfarrer Müller bemerkte dazu: Was für Israel 'Erlösung' bedeutet, hat Emmi Haas selbst ein wenig miterlebt. Sie berichtete mir: Am 14. Mai 1948 wurde durch David Ben Gurion die Gründung des Staates Israel ausgerufen. Als diese Nachricht tags darauf im deutschen Rundfunk ausgestrahlt wurde, ging ein Leuchten über das Gesicht meines Schwiegervaters, wie wenn er im Lotto das große Los gezogen hätte und er rief zu meinem Mann: 'Fritz! Jetzt braucht man uns nicht mehr!' Damit wollte er sagen: Was wir Jahrzehnte gehofft haben, beginnt sich zu erfüllen.
Mit der Gründung des Staates Israel begann für das junge Paar Emmi und Fritz Haas ein neuer Lebensabschnitt! 1953 reiste Emmi Haas nach Israel. In Haifa traf sie Juden, die aus Deutschland stammten und die - trotz allem was war - ihre einstige Heimat wieder besuchen wollten. Der Schwarzwald und sein Klima, fand bei ihnen höchste Priorität. Sie suchten jedoch ein Gästehaus, dessen Betreiber keine Nazis waren. Und so reisten sie zu Familie Haas nach Freudenstadt - und fanden dort noch viel mehr: Ein gastfreundliches Haus mit Liebe zu Israel. Das sprach sich herum. Hunderte von jüdischen Gästen, ganz überwiegend aus Israel, aber auch aus den USA, aus der Schweiz, aus Frankreich und aus Deutschland wohnten von 1953-1993 im Gästehaus Haas in Freudenstadt, von wo aus sie Tagesausflüge und Wanderungen in den Schwarzwald unternahmen. Im Rückblick auf ihr Leben sagte Emmi Haas 2014: 'Mein Leben wurde durch die jüdischen Kurgäste und ihr Schicksal geprägt, ihr Schicksal hat unser Leben verändert.' – Briefe, Karten und Eintragungen im Gästebuch zeigen, was für ein großes Herz Emmi Haas für ihre Gäste hatten. Dies kam auch in der Trauerfeier zum Ausdruck, die von Liedern aus Israel umrahmt war, vorgetragen von Constanze Emele, Gesang, begleitet von Werner Finis, Klavier.
Zu den ca. 180 namentlich erfassten Gästen zählten u.a.:
- Meta Holland, Cincinatti/USA (1978): Dear Emmy & Fritz, man trifft im Leben nicht viele Menschen, wo man beim ersten Blick fühlt, die sind für uns… dieses Glück haben wir gefunden euch zu treffen.
- Dr. Martin Alterthum, Petach-Tikwah, Israel (1967): Eintrag im Gästebuch in Hebräisch: Die Gerechten aller Völker haben Anteil am ewigen Leben.
- Dr. Henry Ehrenberg (Ehrensenator der Universität Tübingen), Pforzheim (1978). Er konnte kurz vor Kriegsende aus dem KZ Buchenwald fliehen. Lud das Ehepaar Haas des Öfteren in die „Traube“ in Tonbach ein.
- Hilde Katzenstein, Frankfurt /M. (1977): Ihnen begegnet zu sein war mir ein Gewinn und gibt mir den Glauben an die Menschheit wieder.
-Dr. Elias Auerbach, Haifa (1970): Wir wissen die warme Atmosphäre der Zuneigung in Ihrem Hause sehr zu schätze. Das übrige tut der Schwarzwald! (37 Briefe von ihm befinden sich im Zentralarchiv in Heidelberg"    

  Rechts Emmi Haas - in den Bücherregalen zahlreiche
 Publikationen zu jüdischen Themen und Israel
   

- Ulrich Müller: Ein Herz für Gäste - Abschied von Emmi Haas in großer Liebe und Dankbarkeit (pdf-Datei)  
- ders.: Gästehaus Haas - Gästeliste 1953-1993 (pdf-Datei)
- ders.: Eine Israelreise weckt das Interesse (pdf-Datei) 

  
   
   
Fotos   

  Einige Fotos zur jüdischen Geschichte werden bei Gelegenheit ergänzt. Über Zusendungen 
freut sich der Webmaster von "Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite.
     

  
  
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

November 2015: In Freudenstadt sind keine "Stolpersteine" für jüdische Personen zu verlegen   
Artikel im "Schwarzwälder Boten" vom 19. November 2015 (nur auszugsweise zitiert)
"Recherchen werden eingestellt. Freudenstadt - 'Stolpersteine' gib es in vielen Städten in Deutschland....   Nach den Nachforschungen des Stadtarchivs sei schnell klar geworden, dass es aus Freudenstadt wohl keine jüdischen Opfer des Nationalsozialismus gab, betonte Petra Weinbrecht. Dies betätigte Stadtrat Friedrich Volpp (Freie Wählervereinigung), der in der Arbeitsgruppe mitarbeitete. 1933 habe es in ganz Freudenstadt nur acht Bürger mit jüdischer Abstammung gegeben, ergänzte er... In Freudenstadt habe man deshalb die Recherche auf politisch Verfolgte, Euthanasieopfer und Homosexuelle ausgedehnt, so Petra Weinbrecht weiter. Dazu seien sogar internationale Suchdienste, beispielsweise des Roten Kreuzes, eingeschaltet worden. Auch mit dem Rexinger Synagogenverein habe es eine Besprechung gegeben. Eingeschaltet habe man zudem das Dokumentationszentrum der Gedenkstätte Grafeneck, das Staatsarchiv Sigmaringen und die Gemeinde Zwiefalten, wo zur NS-Zeit eine psychiatrische Anstalt war... 
Weinbrecht dankte der Arbeitsgruppe und vor allem Anja Staubitz vom Stadtarchiv für ihre mühevollen Recherchen. Doch immer wieder sei man in Sackgassen gelaufen. Die Gründung eines Vereins oder einer Organisation, die sich des Themas annimmt, sei nicht in Sicht. "Wir haben wirklich versucht, dem Antrag gerecht zu werden", betonte Oberbürgermeister Julian Osswald. Doch keiner von der Stadtverwaltung könne diesen Aufwand leisten. Stadtrat Friedrich Volpp ergänzte, dass man immer noch tätig werden könne, falls sich neue Anhaltspunkte ergeben. Auch Stadträtin Bärbel Altendorf-Jehle von der Bürgeraktion, die seinerzeit den Antrag gestellt hatte, zeigte sich mit der Einstellung der Recherchen einverstanden. "Wir können auch ohne 'Stolpersteine' zufrieden sein, meinte sie. Stadträtin Carola Broermann schlug vor, an bestimmten Plätzen Tafeln mit Namen von ehemaligen Bürgern, die in der NS-Zeit verfolgt oder verschleppt wurden, aufzuhängen. Auch so eine Tafel müsse Kriterien erfüllen, sah OB Osswald diese Idee eher kritisch. Stadträtin Esther Kießling von der Bürgeraktion schlug vor, im Museum im Stadthaus rein informell eine Liste mit den Namen aufzuhängen."   
Link zum Artikel     

  
  

Links und Literatur

Links:   

bulletWebsite der der Stadt Freudenstadt  

Literatur:  

bulletGerhard Hertel: Die Judenfrage in Freudenstadt, in: Freudenstädter Heimatblätter 17,2 (1986).  

      
        

                   
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Stand: 30. Juni 2020