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Zur jüdischen Geschichte in Fulda bis 1938/45
Fulda (Kreisstadt)
Jüdische Geschichte nach 1945 / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Fulda konnte nach Ende der NS-Zeit bereits Ende Mai
1945 wieder ein erster Gottesdienst abgehalten werden. Die neue "Jüdische
Gemeinde in Fulda" wurde im September 1945 begründet. In der Folgezeit
lebten etwa 300 bis 350 jüdische Personen in Fulda, die aus den verschiedenen
Lagern kamen. Die meisten waren "Displaced Persons" (DPs) aus Polen,
Rumänien, Lettland, der Tschechoslowakei usw. Nur 70 Personen waren bereits vor
der NS-Zeit in Deutschland, 10 davon in Fulda.
Erster Gemeindevorsitzender war (bis 1947) Chilek (Hilary) Gomulenski (wanderte
nach Israel aus). Zweiter Vorsitzender war der Architekt Albert Hadda aus
Breslau (später Frankfurt am Main); Sekretär der Gemeinde war Hans Neumann.
1948 nannte sich die Gemeinde "Jüdische Kultus-Gemeinde Fulda. 1940 bis
1950 verließen - insbesondere nach Gründung des Staates Israel - die meisten
der Gemeindemitglieder Fulda: etwa 90 wanderten nach Israel aus, 105 in die USA,
16 nach Kanada, einzelne nach Australien, Südamerika, England, Holland und
Schweden. Wenige aus Polen stammende Personen kehrte nach Polen zurück (März
1949).
In den 1950er- und 1960er-Jahren lebten nur etwa 40 jüdische Personen in
Fulda. Es gab kein regelmäßiges Gemeindeleben. Vorsitzender der Gemeinde war
(seit 1953) Hans Neumann (geboren 1902 in Breslau, emigrierte 1937 nach
Spanien, war Soldat im 2. Weltkrieg bei der französischen Armee und der
Fremdenlegion; seit dem 1. Mai 1945 in Fulda). 1966 gab es zehn jüdische Kinder
in der Stadt, die wöchentlich einmal Religionsunterricht von Frankfurt aus
erhielten.
In den 1990er-Jahren erhielt die Gemeinde kräftigen Zuwachs durch
jüdische Personen/Familien, die aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion
(GUS-Staaten) zugezogen sind. Die Gemeinde - eine nach orthodoxem Ritus
geführte Einheitsgemeinde im Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen -
hat derzeit etwa 450 - 500 Mitglieder (2010). Gemeindevorsteher ist nach dem langjährigen Vorsitz durch Linde
Weiland seit Anfang 2007 ist Roman (Reuven) Melamed.
Berichte aus der jüdischen Gemeinde
März 2007:
Einweihung einer neuen Torarolle
(Quelle: Jüdische Gemeinde Fulda) |
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Feierliche
Prozession zum Einzug der Torarolle |
Rede des Gemeindevorsitzenden
Roman Melamed |
Rede von Frau Linde Weiland,
ehemalige Gemeindevorsitzende |
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Sitzend auf den
Fotos: im Hintergrund Rabbiner Tomer Tov aus Basel,
rechts des
Toraschreines Rabbiner Schlojmo Freyshist aus Kassel |
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Bericht vom 19. März 2007 über
die Einweihung einer neuen Torarolle: "Es war ein ganz und gar ungewöhnliches Ereignis, das sich am gestrigen Sonntagnachmittag im jüdischen Gemeindezentrum abspielte. Und die Anwesenheit von etwa 100 Mitgliedern der Gemeinde, auswärtigen Besuchern sowie des katholischen Bischofs Heinz Josef Algermissen und des evangelischen Dekans Bengt Seeberg machten dies umso deutlicher: Gefeiert wurde die Übergabe und Vollendung einer neuen Torarolle. Diese
'Gebetsrolle' aus Pergament enthält den Text für fünf Bücher Mose und gilt als der wertvollste Besitz jeder jüdischen Gemeinde. Eigens aus Basel reiste ein Rabbiner an, der die neue Tora-Rolle
'fertig schrieb' und damit 'vollendete'.
Diese 'Vollendung' ist ganz genau vorgeschrieben und dauerte fast eine Stunde, denn die Tora wird
'unfertig' gebracht. Was fehlte waren die letzten zwölf Buchstaben des 5. Buch Mose. Und diese müssen exakt geschrieben werden, die Schreibweise jedes einzelnen Buchstabens mit einem richtigen Gänsekiel ist genau festgelegt. Der kleinste Schreibfehler würde die betroffene Rolle für den rituellen Gebrauch untauglich machen. Übrigens: die zwölf Buchstaben ergeben die Worte:
'Vor den Augen von ganz Israel'. Ein solcher Anlass ist nicht nur sehr selten, sondern eine Tora-Rolle kostet ca. 12.000 Euro. Ermöglichst wurde die Anschaffung dieser dritten Tora-Rolle für Fulda durch die Fuldaer Rotarier, die kürzlich eine Spende von 10.000 Euro machten.
Als Zeichen der großen Verehrung der Juden für das Wort Gottes werden die Tora-Rollen mit üppiger Pracht verziert und ausgestattet. Die Tora-Rolle wird auf zwei Stäbe aufgewickelt, ein solcher Stab wird als Baum des Lebens (Ez Chajim) bezeichnet. Die Rolle selbst ist mit einem speziellen Tuch (Mappa) umhüllt, darüber deckt sich der reichbestickten Mantel (Me'il), auf dem die Worte
'Höre Israel - mit großer Liebe hast du uns geliebt' zu lesen sind.
Geschmückt werden die Tora-Rollen mit einem Schild (Tass), beliebte Motive darauf sind der Löwe, das Symbol des Stammes Juda, und die beiden Säulen Boas
('in ihm ist Kraft') und Jachin ('er steht fest'), die an der Vorhalle des Ersten Tempels standen. Der Deuter (Jad), ein Stab, an dessen Ende sich eine kleine Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger befindet, dient als Lesehilfe. Außerdem wird auf diese Weise vermieden, daß die kostbaren Handschriften vom Finger des daraus Vorlesenden berührt und nach längerem Gebrauch beschädigt werden. Zum weiteren Schmuck der Rollen dienen eine Krone (Kether) oder – je nach Anlaß – ein Aufsatz (Rimonim = Granatäpfel) von unterschiedlichster Ausführung, meist versehen mit Glöckchen – als Reminiszenz an die Kleidung der Hohenpriester, die ebenfalls mit Glöckchen verziert war.
Tass, Jad, Kether und Rimonim sind meist aus Silber gefertigt. Zur Herstellung der etwa ein Meter hohen Tora-Rollen dürfen vom Schreiber (Sofer) nur speziell für diesen Zweck von Hand gefertigte Pergamente aus der Haut rituell reiner Tiere, Gänsekiele und Tinten ohne metallische Zusätze verwendet werden. Die Tora-Lesung (hrv{h [ayrq, Keriat ha-Tora) geschieht viermal wöchentlich: am Schabbat im Schacharit- (Morgen) und Mincha- (Mittag) –Gebet, sowie am Montag und Donnerstag beim Morgengebet. Hinzu kommen auch noch die hohen Fest- und Feiertage, an denen ebenfalls aus der Tora gelesen wird.
Und nach dem feierlichen Akt in der viel zu kleinen Synagoge im 1. Stock zogen die Gemeindemitglieder um das jüdische Gemeindezentrum, sangen und klatschten vor Freude. Die neue Tora-Rolle wurde dabei
'wie eine Braut' zweimal um das Haus getragen.
'Ich wünsche mir, dass es die jüdische Gemeinde noch lange gibt' sagte Linde Weiland, die vor wenigen Wochen nach nach über 20-jähriger Tätigkeit das Amt der Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde abgegeben hat. Grüße des jüdischen Landesverbandes überbrachte auch Esther Haß (Kassel), die von einem
'neuen Schatz Israels' sprach, der jetzt seinen Platz im Fuldaer Tora-Schrein finde. |
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September
2008: Besuch einer Grundschulklasse in
der Synagoge in Fulda |
Artikel (ic) in der "Fuldaer Zeitung" vom 5. Oktober 2008 (Link
zum Artikel):
"Grundschule Eckweisbach besuchte Synagoge in Fulda.
FULDA/ECKWEISBACH Einen etwas anderen Religionsunterricht erlebten die Schüler der Klasse vier der Grundschule Eckweisbach.
Sie besuchten die Synagoge in Fulda und konnten dabei Neues erfahren über die Thora, das Beten, die Gemeinde, die Synagoge und die Geschichte der Juden in Fulda..." |
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Mai
2010: Die jüdische Gemeinde bekommt
ein neues Jugendzentrum |
Artikel von Daniela Petersen in
der "Fuldaer Zeitung" vom Mai 2010 (Artikel):
"Jüdische Gemeinde Fulda bekommt Jugendzentrum.
FULDA Bei der Jüdischen Gemeinde Fulda wird allerhand umgebaut. Die Jugendlichen bekommen ein Jugendzentrum, und für die älteren Mitglieder soll ein Aufzug samt barrierefreiem Zugang zur Synagoge entstehen..."
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Februar 2017:
Schüler besuchen die Synagoge
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Artikel in den "Osthessen-news.de"
vom 11. Februar 2017: "FULDA Trialog der Kulturen. Besuch in der
Synagoge: Einblicke von Bar Mizwa bis Mazzot
Im Religionsunterricht der Klasse 6 der Winfriedschule wurde das Thema
Judentum behandelt. Die wichtigsten Informationen zur ältesten
monotheistischen Religion, wurden von den Schülerinnen und Schülern
erarbeitet und in Gestalt eines Info-Plakates präsentiert. Einer der
Mitschüler wird demnächst seine 'Bar Mizwa' feiern, ein Fest der Mündigkeit
im Glauben, vergleichbar mit der Firmung bzw. Konfirmation im Christentum.
Dies ist der willkommene Anlass, mit dieser Klasse die Synagoge in Fulda zu
besuchen. Solche Begegnungen knüpfen an die Projekte an, die die
Winfriedschule als Schule des 'Trialogs der Kulturen', gefördert von der
Herbert Quandt-Stiftung, durchgeführt hat. Ziel ist es, durch persönliche
Begegnung und das Gespräch von Menschen der drei großen Weltreligionen,
Judentum, Christentum und Islam, zu einem friedlichen Miteinander in Respekt
und Freiheit beizutragen. In einer Welt, die immer stärker die Konfrontation
betont und zu gewalttätigen Konflikten neigt, wird der Versuch gewagt,
religiöse und kulturelle Differenzen als Bereicherung wahrzunehmen. Durch
den Vorsteher der jüdischen Gemeinde, Roman Melamed werden die Schüler
herzlich empfangen und über die aktuelle Situation des jüdischen
Gemeindelebens in Fulda informiert. Bei dem Vortrag im Gemeinschaftsraum,
werden dann einige grundlegende Merkmale des jüdischen Lebens heute
vorgestellt. Die Bedeutung der Thora, der Speisevorschriften, der ethischen
Prinzipien wie des in Jahrtausenden gewachsenen jüdischen Brauchtums werden
lebendig vermittelt. Es gibt reichlich Gelegenheit, persönliche Fragen
beantworten zu lassen. Der Besuch des kleinen Museums und Archivs stimmte
die Gruppe nachdenklich. Die hier aufbewahrten Gegenstände aus der langen
Geschichte jüdischen Lebens in Fulda spiegeln auch die Katastrophen und das
Grauen wider, das die einst hier lebenden Fuldaer Juden erlitten haben.
Pokale, die von den sportlichen Erfolgen jüdischer Sportvereine zeugen,
gemahnen gleichzeitig an die Auslöschung des einstigen jüdischen Lebens. Das
angekohlte Türschloss der einstigen Synagoge Fuldas hat auch einen Platz in
diesem Museum gefunden. Es wurde von einer Familie, die gerade noch vor der
Vernichtung in die USA flüchten konnte, als Erinnerungsstück 'gerettet' und
vor ein paar Jahren der jüdischen Gemeinde hier wieder für das Museum
geschenkt. Als Abschluss des Besuchs versammeln sich die Jugendlichen im
eigentlichen Gebetsraum, in der Synagoge. Alle männlichen Besucher
respektieren den jüdischen Brauch, aus Ehrfurcht vor Gott das Haupt zu
bedecken und setzen eine Kipa oder Mütze auf. Roman Melamed erklärt die
Einrichtung der Synagoge: Vorne befindet sich der Schrein, in dem die Thora
aufbewahrt ist, auf dem Vorhang stehen die Anfangsworte der zehn Gebote. Es
gibt eine besondere Sitzordung für Männer und Frauen beim Gottesdienst. Im
Gottesdienst spielen das Gebet und die Lesung aus der Thora die wichtigste
Rolle. Einer der Mitschüler wird hier anlässlich seiner Bar Mizwa einen
ausgewählten Text aus der Tora, auf Hebräisch, der Gemeinde vorlesen. Er
wird gebeten, doch schon mal das Lesen vor der Klasse zu probieren. So wird
das 'Sch‘ma Jissraeil..', das 'Höre Israel' , das die Einzigkeit Gottes ins
Zentrum des Glaubensbekenntnisses stellt, von Jakob auf hebräisch
vorgetragen. Dieser Moment bleibt den Klassenkameraden besonders in
Erinnerung. Roman Melamed überreicht Lehrer Raimund Roth noch eine große
Packung 'Mazzot' aus Israel. Diese ungesäuerten Brote spielen bei der Pesach
Feier, die an den Auszug aus Ägypten erinnert, eine wichtige symbolische
Rolle. Alle sind schon begierig darauf zu 'kosten', wie diese Mazzot wohl
schmecken. Aber das wird uns für die Abschlussrunde in der Mensa der Schule
aufgehoben. Auf dem Heimweg wird noch einmal an der Stelle verweilt, an der
früher die Synagoge Fuldas stand, die 1938 in der Pogromnacht durch
Brandstiftung vernichtet wurde: Heute 'Am Stockhaus'. Raimund Roth liest
kurze Auszüge aus Augenzeugenberichten von damals vor und erinnert an das
Schicksal der jüdischen Bürger Fuldas , die in Vernichtungslager deportiert
und ermordet wurden. 'Das sind ja ganze Familien!", so der erschütterte
Ausruf einer Schülerin, als sie die Namenstafel der Opfer an diesem Ort
liest."
Link zum Artikel |
Zur Geschichte der Synagoge
1945 bis 1950 wurden die Gottesdienstes im früheren
jüdischen Schulgebäude (jüdische Volksschule, erbaut 1898-1900, Texte siehe
auf einer Seite
mit Texten zur Geschichte der Rabbiner und Lehrer in Fulda) abgehalten. Nach
Abwanderung der meisten jüdischen Gemeindeglieder 1950 kam kein regelmäßiger
Gottesdienst zustande. Das frühere jüdische Schulgebäude wurde verkauft und
später u.a. als städtische Hilfsschule verwendet.
1987 konnte das frühere jüdische Schulgebäude wiederum durch die
jüdische Gemeinde übernommen werden. Im Mai 1987 wurde im 1. Stock des Gebäudes
wiederum ein Betsaal eingerichtet (48 Plätze). Das übrige Gebäude dient als
Kultur- und Gemeindezentrum der jüdischen Gemeinde Fulda. Neben den Verwaltungsräumen
besteht eine Dauerausstellung zur Geschichte der jüdischen Gemeinde sowie eine
Bibliothek.
Die Fenster der Synagoge im ersten Stock sind mit imposanten Glasmalereien mit
Motiven aus der hebräischen Bibel ("Altes Testament")
geschmückt.
Seit einiger Zeit besteht der Plan zum Bau einer neuen Synagoge in Fulda.
Der Bau soll auf dem Platz neben dem bisherigen Gemeindezentrum geplant.
Adresse/Standort der Synagoge: Von
Schildeckstraße 13
Fotos
(Quelle: Foto links: Zentralrat siehe bei Links; Foto
rechts: osthessen-news)
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 233-235 (zur Gemeinde nach 1945). |
| Hans-Jürgen
Hoppe: Das jüdische Fulda. Ein historischer Stadtrundgang.
Rhön-Verlag Hünfeld-1994 (mit zahlreichen Literaturhinweisen). |
| Juden in Deutschland
und 1000 Jahre Judentum in Fulda.
hrsg. von Michael Imhof. Zukunft Bildung Region Fulda e. V.
Erschienen im Michael Imhof Verlag
Petersberg 2011.
24 x 30 cm, 440 Seiten, 700 S/W und 200 Farbabbildungen, Hardcover. ISBN 978-3-86568-673-2
(D) 44,00 € CHF 62,90 (A) 45,25 € |
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