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für Rabbiner Wormser 1890 s.u.)
Gersfeld (Kreis
Fulda)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Gersfeld bestand eine jüdische Gemeinde bis 1942. Ihre Entstehung
geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. 1730 wurden vier
jüdische Familien mit neun Familienangehörigen am Ort gezählt (Familienvorstände:
Jud Salomon, Jud Jacob, Jud Marthgen, Jud Hirsch; s.u. Lit. M. Imhof 400
Jahre S. 30/31). In der Zeit des Siebenjährigen
Krieges (1762-1763) werden sechs jüdische Familien am Ort genannt. Die meisten
Familien lebten damals in der "Judengasse", der späteren
"Hochstraße". Da sich in der Judengasse auch die Synagoge befand,
lebten bis zum 20. Jahrhundert hier mehrere jüdische Familien.
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19. Jahrhundert wie
folgt: 1800 50 jüdische Einwohner, 1871 119 (7,7 % von insgesamt 1.542
Einwohnern), 1885 91 (6,4 % von 1.402), 1895 104 (7,0 % von 1.476), 1905 114
(7,9 % von 1.440).
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Gersfeld auf
insgesamt 19 (bzw. 21 mit zwei Nachträgen bis 1823) Matrikelstellen die
folgenden jüdischen Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen und
Erwerbszweig): David Hirsch Stern (Viehhandel), Maier Michel Kupfer (Viehhandel,
Schnittwarenhandel), Kusel Moises Barth (Viehhandel), Abraham Moises Nußbaum
(Viehhandel), Maier Joseph Karpf (Handel mit rohem Leder), Witwe von Michel
Salomon Gerber (Spezerei- und kurzer Warenhandel), Hirsch Nathan Grünbaum
(Viehhandel), Moses Nathan Raab (Viehhandel), Seckel Salomon Kießmann
(Viehhandel), Seckel Kalmann Hommel (Vieh- und Spezereihandel), Maier David
Feuerstein (Vieh- und Spezereihandel), Moses Maier Tannbaum (Viehhandel), Baer
Maier Blumhof (Viehhandel), Juda Maier Baumann (Viehhandel), Moses Juda Roßkopf
(Pferdehandel), Juda Katz Waldhaus (Viehhandel), Abraham Katz Sichel (Waren- und
Viehhandel), Kalmann Juda Lamp (Viehhandel), Salomon Juda Weinberg (Viehhandel),
Moses Hommel (Feldbau, seit 1822), Abraham Morgenroth (Feldbau, seit 1823).
Die jüdischen Familien lebten auch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
und Anfang des 20. Jahrhunderts vor allem vom Viehhandel (zwölf teilweise
bedeutende Unternehmen) sowie vom Textilhandel. Mehrere Einzelhandelsgeschäften
in der Stadt wurden von ihnen eröffnet und bis nach 1933 geführt.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Israelitische
Elementarschule (Schulhaus Hochstraße 10, 1815-16 erbaut, bis Dezember 1933)
und ein rituelles Bad. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden auf dem Friedhof
in Weyhers beigesetzt.
Von 1840 bis 1892 war Gersfeld Sitz eines Distriktrabbinates. Einziger
Inhaber des Rabbinates war Rabbiner Samuel Wormser (geb. 1807; Sohn des
'Judenschulmeisters' Gabriel Wormser in Urspringen;
Samuel Wormser war Rabbiner in Gersfeld von 1840 bis zu seinem Tod 1892, siehe
die Berichte unten). Bereits 1866, als das Gebiet des Rabbinatsbezirkes zwischen
Bayern und Preußen aufgeteilt wurde, zeichnete sich die Auflösung des
Rabbinates ab. Dennoch blieb das Rabbinat bis zum Tod des Rabbiners bestehen.
Nach Auflösung des Bezirksrabbinats Gersfeld 1892 kam die Gemeinde zum
Provinzialrabbinat Fulda. Die bayerischen Gemeinden, die bis dahin zum
Rabbinatsbezirk Gersfeld gehört hatten (Bad
Brückenau, Oberelsbach,
Unterleichtersbach,
Geroda, Platz,
Riedenberg,
Schondra, Zeitlofs,
Mellrichstadt, Mühlfeld,
Mittelstreu, Oberstreu,
Reyersbach, Bastheim,
Oberwaldbehrungen, Nordheim
v.d. Rhön, Hausen, Willmars, Weimarschmieden),
kamen zum Distriktsrabbinat Bad
Kissingen.
Erster Lehrer an der 1832 begründeten jüdischen Israelitischen Elementarschule
war Moses Wechsler aus Wüstensachsen
(er war bereits seit Ende des 18. Jahrhunderts Lehrer in Gersfeld, nahm 1817 den
Namen Wechsler an).
Die Zahl der Schüler schwankte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
zwischen 20 und 28; 1905 besuchten 15 jüdische Kinder die Elementarschule, 15
weitere die höheren Schulen. An weiteren Lehrern ist bekannt: nach Wechslers
Tod 1837 bis 1851 Joseph Strauß. Sein Nachfolger war Simson Reuß.
Ein kurzes Zwischenspiel gab Michael Goldberg (1868/69), seit 1869 versah
Moses Windmüller die Lehrerstelle. Nach der
Ausschreibung der Stelle 1878 (siehe unten) folgte 1879 Aron Roßmann, der 42 Jahre
(bis 1921) in Gersfeld als Lehrer tätig war (gestorben 1929 siehe Bericht
unten). Nachfolger Rossmanns wurde Lehrer Simon Katz (bis zur Aufhebung
der Schule 1933).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Willi Hommel
(geb. 2.5.1896 in Gersfeld, gef. 19.4.1916), Hermann Lorsch (geb. 22.12.1881 in
Alsfeld, gef. 3.8.1915), Hermann Oppenheimer (geb. 5.10.1890 in Gersfeld, gef.
15.9.1914), David Wahlhaus (geb. 8.8.1893 in Gersfeld, gef. 15.9.1914), Jakob
Julius Weinberg (geb. 18.4.1893 in Gersfeld, vor 1914 in Herborn wohnhaft, gef.
15.11.1914) sowie Simon Weinberg (geb. 7.10.1895 in Gersfeld, vor 1914 in
Kitzingen wohnhaft, gef. 22.1.1917). Ihre Namen stehen auf dem Gefallenendenkmal
der Stadt.
Um 1924, als 120 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (in 33
Familien, von 1.634 Einwohnern), bildeten den Gemeindevorstand: Moses Morgenroth
I und Louis Hommel. Als Kantor, Lehrer und Schochet war weiterhin Simon Katz
angestellt. Er unterrichtete an der israelitischen Volksschule damals 11 Kinder.
An jüdischen Vereinen bestanden: der Brautausstattungsverein Hachnossath
Kallah (1924 unter Leitung von Louis Hommel, 14 Mitglieder).
1933 lebten 114 jüdische Personen in der Stadt. In den folgenden Jahren
ist ein großer Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden
Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Immer
wieder kam es zu Misshandlungen jüdischer Einwohner - Gersfeld war eine
Hochburg der Nationalsozialisten. Bereits im Februar 1933 herrscht
Pogromstimmung in der Stadt: in jüdischen Wohnhäusern wurden die Fenster
eingeworfen; jüdische Personen wurden brutal überfallen und verletzt (siehe
Bericht unten). Im Dezember 1933 wurde ein jüdisches Ehepaar und die
Familie des Viehhändlers Max Weinberger von drei maskierten Gestalten
niedergeschlagen. Am 26. Dezember 1933 gab es einen Überfall auf die Familie
des Bäckers Abraham Selig. Luise Morgenroth wurde wegen einer Bemerkung über
den Nürnberger NSDAP-Parteitag misshandelt. Der bereits 1924 genannte
Gemeindevorsitzende Moses Morgenroth I (von Beruf Viehhändler) blieb
Vorsitzender des Gemeinde bis zu ihrer Auflösung. Auswandern konnten 15
Personen nach Palästina, 6 in die USA, 12 nach Südafrika, 2 nach Ecuador/Südamerika
1 nach England, 2 nach Frankreich, 2 in die Schweiz. Die meisten übrigen jüdischen
Einwohner verzogen innerhalb Deutschlands, 18 nach Fulda, 16 nach Frankfurt.
Drei jüdische Familien blieben in Gersfeld und wurden von hier im September
1942 deportiert.
Anmerkung: Hinweis auf
Dokumente, die
vom Bürgermeisteramt Gersfeld 1962 an den
International Tracing Service geschickt wurden mit Angaben zu einzelnen
deportierten Personen aus Gersfeld (pdf-Datei).
Über die Ereignisse beim Novemberpogrom 1938 siehe unten bei der
Synagogengeschichte.
Von den in Gersfeld geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Bertha Friedberger
geb. Hommel (1860), Rosa Grünbaum geb. Morzenrath (1884), Erna Grünebaum
(1918), Adelheid Haas geb. Wahlhaus (1871), Selma Haas geb. Goldner (1902),
Jettchen Hart geb. Hammel (1858), Josef Karpf (1873), Lina Katz geb. Strauss
(1904), Mali Katz (1927), Lehrer Simon Katz (1893), Markus
Katzmann (1870), Regina Katzmann geb. Hecht (1877), Johanna (Janchen) Lorsch
geb. Katzmann (1877), Louis (Löser) Morgenroth (1878), Luise Morgenroth (1882),
Moses Morgenroth (1863), Rosa Morgenroth geb. Kaufmann (1887), Irmgard Neumann
(1924), Louise Nußbaum geb. Wahlhaus (1879), Irmgard Scheier (1922), Berta
Sichel geb. Weinberg (1895), Frieda Simon geb. Oppenheimer (1892), Karoline
Stern geb. Morgenroth (1866), Fanny Vasen geb. Barth (1859), Abraham J. Wahlhaus
(1882), Alfred Wahlhaus (1933), Fränze Wahlhaus (1925), Paula Wahlhaus geb.
Goldmeier (1897), Selmar Wahlhaus (1923), Isaac Weinberg (), Mina Weinberg geb.
Rosenstock (1866), Herrmann Weinberger (1936), Manfred Weinberger (1927), Max
Weinberger (1888), Rosa Weinberger geb. Oppenheimer (1894), Siegbert Weinberger
(1924), Rosa Wetzlar geb. Rosenstock (1871).
Von 1945 bis 1947 gab es vorübergehend in Gersfeld wieder eine jüdische
Gemeinde, die von Überlebenden des Holocausts aus Osteuropa (sogenannte
Displaced Persons) gegründet wurde. Die Gottesdienste wurden in der ehemaligen
jüdischen Schule in der Hochstraße 10 gefeiert. In der Jugendherberge befand
sich der 'Kibbuz Buchenwald', der vermutlich von Überlebenden des KZ Buchenwald
gegründet wurde, die sich auf die Auswanderung nach Palästina vorbereiteten.
Das Ende der jüdischen Gemeinde Gersfeld und des Kibbuzes Buchenwald kam mit
der Gründung des Staates Israel, wohin die meisten der DPs hin auswanderten.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle(n) des Elementar-/ Religionslehrers, des Vorsänger
und des Schochet 1878 und 1921
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. November 1878: "Die hiesige
Elementarschulstelle, mit Vorsängerdienst, ist erledigt und soll bis zum
1. Dezember diesen Jahres besetzt werden. Das Einkommen beträgt jährlich
900 Mark bar nebst freier Wohnung und Beheizung und sind viele
Nebenverdienste in Aussicht.
Qualifizierte Bewerber wollen sich mit ihrem Gesuche baldigst wenden an
Lokalschulinspektor Herr Distrikts-Rabbiner Wormser dahier oder an den Unterzeichneten.
Kultus-Vorstand David Karpf in
Gersfeld an der Rhön". |
Auf die Ausschreibung der Stelle hin bewarb
sich erfolgreich Aron Roßmann, der bis 1921 Lehrer in Gersfeld
blieb. Erst danach erfolgte die nächste Ausschreibung der Stelle. |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Februar 1921: "Die Elementarlehrerstelle der israelitischen Kultusgemeinde Gersfeld
ist am 14. April diesen Jahres neu zu besetzen. Reflektiert wird auf guten
Vorbeter und Schauchet.
Bewerbungen sind an den Unterzeichneten einzureichen.
Gersfeld (Rhön), 16. Februar
1921. Maier Wahlhaus,
Kultusvorstand". |
Anmerkung: auf diese Ausschreibung hin bewarb sich Simon
Katz, der bis zur erzwungenen Schließung der jüdischen Schule Ende
1933 in Gersfeld blieb. Simon Katz ist am 18. Januar 1893 in
Rhina geboren und war verheiratet mit Lina
Katz geb. Strauss, die am 25. Februar 1904 in
Geroda geboren ist. Die beiden verzogen von Gersfeld am 9. April 1934
nach Frankfurt am Main. Sie wurden am 22. November 1941 ab Frankfurt
nach Kowno (Kauen) deportiert und am 25. November 1941 ermordet.
|
Lehrer Jakob Strauß wird in Gersfeld genannt (1841)
Liste
im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs
Bayern" vom 11. Juni 1841: genannt wird als Israelitischer Schullehrer
/Vorbereitungslehrer in Gersfeld Jakob Strauß. |
Lehrer Aron Roßmann geht in den Ruhestand (1921)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. April 1921:
"Gersfeld, 26. März (1921). Nach mehr als 50-jähriger
Amtstätigkeit, von denen 42 auf die hiesige Kultusgemeinde entfallen,
tritt der Lehrer der hiesigen israelitischen Gemeinde, Aron Roßmann,
trotz körperlicher und geistiger Rüstigkeit am 1. April auf Grund des
neuen Pensionsgesetztes in den Ruhestand. Durch stets gewissenhafte
Ausübung all seiner dienstlichen Obliegenheiten in Schule und Gotteshaus
hat er sich die Wertschätzung sämtlicher Ortsbewohner und seiner
Vorgesetzen zu erwerben und zu erhallten verstanden." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Mai 1921:
"Gersfeld, 3. April (1921)..." Es erschien noch einmal
derselbe Artikel wie am 7. April 1921. |
Zum Tod von Lehrer Aron Roßmann (1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. August 1929: "Gersfeld,
30. Juli (1929). Einen großen Verlust hat unsere Gemeinde durch den Tod
des seit 8 Jahren im wohl verdienten Ruhestand lebenden Lehrers Aron
Roßmann erlitten. Vierzig Jahre hat er als tüchtiger Lehrer und
Vorbeter in unserer Gemeinde gewirkt und es verstanden, durch seine
Vorbild als Jehudi das religiöse Leben zu erhalten und zu
vertiefen. Seinem einfachen, bescheidenen Wesen war der Wunsch
entsprungen, bei seiner Beisetzung keinerlei Trauerrede zu
veranstalten. - Unter uns wird sein Andenken als das eines wahrhaft
Frommen noch lange zum Segen fortdauern. Das Andenken an den Gerechten
ist zum Segen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
|
Artikel in der "Jüdischen
Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 23. August 1929: "Gersfeld. Im Alter von 74
Jahren starb nach kurzer Krankheit der seit 8 Jahren im Ruhestand lebende
Lehrer Aron Roßmann. Vierzig Jahre hat er das Amt des Lehrers und
Vorbeters in Gewissenhaftigkeit und Treue verwaltet und durch sein
bescheidenes, friedfertiges Wesen das leuchtende Vorbild allen
Gemeindeangehörigen gegeben. Seiner Einfachheit und Schlichtheit
entsprang auch die letztwillige Verfügung, dass an seinem Grabe keine
Trauerrede gehalten werden dürfte. Das Andenken des um die Erhaltung des
religiösen Lebens verdienten wackeren Mannes wird von der dankbaren Gemeinde
stets in Ehren fortbestehen." |
Aus der Geschichte des Rabbinates in Gersfeld
Schmähbriefe gegen den Rabbiner (1863)
Anmerkung: auf Grund der Darstellung lässt sich vermuten, dass die Briefe
aus liberalgesinnten Kreisen der Gemeinde verschickt wurden, die die
konservativ-orthodoxe Linie ihres Rabbiners nicht unterstützen wollten. Diese
Spannung wird auch im Bericht unten (von 1869) deutlich, als der Vorstand einen
"liberal geprägten" Lehrer einstellt, mit diesem jedoch schlechte
Erfahrungen macht.
Bericht
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Mai 1863: "Aus dem Rhönbezirke.
In der dritten Woche des Monats April wurden wir Israeliten des Rhönbezirks
in eine sehr düstere Stimmung versetzt; denn mit größter Entrüstung
erhielten wir die Nachricht, dass in dem Orte Gersfeld, wo der Sitz
unseres Herrn Rabbiners Wormser ist, Schmähbriefe gegen denselben gelegt
waren, durch die dessen Namen verunglimpft werden sollte; allein um so
viel höher steigt derselbe nun bei uns in seinem Werte, weil die Quelle
dieses sehr gemeinen Benehmens sich gar leicht erraten lässt. Die Sünde
schleicht im Finstern, der redliche und rechtschaffene Mann wählt nur die
öffentlichen und geraden Wege. Ohne aber weitläufig zu werden, rufen wir
unserem Herrn Rabbiner zu, sich hierdurch ja nicht beirren zu lassen und
gegen alle Eingriffe, gegen alle Verfälschung
unserer Heiligen Tora sowie gegen das Abbringen eines jeden Minhag
(d.h. Abbringen von einer Tradition) mit aller Energie aufzutreten, denn
schon ist es soweit in unserem Rhönbezirke gekommen, dass man sich nicht
scheut, öffentlich nichtkoscheren
Wein zu trinken, am Schabbat
aus dem abgegrenzten Bereich zu gehen und zu tragen etc.
Wir aber rufen unserem Herrn Rabbiner die Worte zu, welche der Herr zu
seinem Propheten gesprochen: "Und du
Menschensohn, fürchte dich nicht vor ihnen, und vor ihren Worten fürchte
dich nicht, und vor ihrem
Angesicht fürchte dich nicht (Ezechiel
2,6)." |
Bericht über eine Lehrerkonferenz unter Rabbiner Samuel Wormser
(1864)
Bericht
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. September 1864: "Von der
Rhön.
Auch in diesem Jahre wurde am 17. August von dem Distrikts-Rabbiner
Wormser in Gersfeld eine Lehrerkonferenz daselbst abgehalten, und obgleich
die meisten Beteiligten einen langen und beschwerlichen Weg zu machen
hatten, wurde die Konferenz dennoch von sämtlichen Lehrern mit Freuden
besucht. Nach gemütlicher Begrüßung der Lehrer unter sich sowohl, wie
von Seiten des Vorstandes, sprach dieser, bevor zur Besprechung der
Konferenzgegenstände geschritten wurde, sich ungefähr also aus: 'Wenn
auch durch den sichtlich zunehmenden Materialismus der Zeit die Geistes-
und Herzenspflege der Jugend immer weniger Anerkennung findet, namentlich
auf dem Lande, wo die Intelligenz immer mehr Boden verliert, und ihre Jünger
immer weniger werden, und man nur gerne noch begreift, was man greifen
kann – so lassen wir uns dennoch durch diese ominösen und in der Tat
traurigen Erscheinungen der Zeit unseren Beruf nicht verleiden, und möge
Sie, meine Herren, die Mühe und Plage nicht verdrießen, die durch die
heute hier tagende Konferenz Ihnen verursacht wird! Suchen wir uns
gegenseitig aufzumuntern im frommen Hinblick zur allweisen Vorsehung, die
für die ganze Schöpfung väterlich sorgt, und keines ihrer Geschöpfe
vergisst! Suchen wir uns aufzumuntern, als Männer zu arbeiten im
Weinberge des Herrn und unsern Berufspflichten fromm und gottergeben
obzuliegen, bis wir von denselben abgerufen werden! Es scheint fast, als
ob die Gottheit wolle, dass das Gute unter Schmerzen erst gedeihen solle.
Und unser Beruf ist Gottes. Seien wir nur desselben uns stets bewusst!
Unser Tagwerk ist ein segensreiches, unsere Arbeit ist des Herrn. Die
Seelen der Jugend zu Gott zu führen, Erkenntnis zu streuen in die Herzen
der Kinder Gottes, den Odem zu pflegen, den der Herr in die Menschen
gehaucht, das ist viel und weit mehr, als die Schätze der Reichen und Großen.
Gegenseitige Aufmunterung sei unser Losungswort, und wenn wir diese
erreicht haben, so war das schon der Mühe wert, eine Konferenz gehalten
zu haben. Der Beruf eines Lehrers ist mit dem eines Rabbiners identisch,
beide Faktoren haben die Religion zu pflegen, und beide finden so selten
Anerkennung von ihren Religionsgenossen. Lassen wir uns nicht beirren in
unserer Wirksamkeit; mit des Sehers Blick, der in die Zukunft gerichtet
ist, gehen wir freudig und besonnen zur Besprechung der uns gestellten
Aufgaben über!'
Zur Beratung waren folgende 3 Punkte aufgestellt: 1) Wie ist der
Religionsunterricht in der Elementarschule zu behandeln, wenn er durch den
Elementarunterricht nicht in den Hintergrund gedrängt werden soll? 2) Ist
die Kenntnis des jüdischen Kalenders (Luach), beziehungsweise
unserer Zeitrechnung als ein obligater Gegenstand der Religionsschule zu
betrachten, und wie ist die Verfahrungsart hierbei zu behandeln? 3) Worin
liegt der Grund, dass die meisten Religionslehrer oft nur getrübten Mutes
ihren Berufspflichten obliegen?
Ad 1 erklärten sich sämtliche Lehrer einstimmig dahin, der Lehrer müsse,
je mehr es zuweilen durch die nicht selten maßgebenden Prüfungen der
christlichen Inspektoren den Schein hat, dass die Präpoderanz der Schule
in den Elementargegenständen liegt, um so mehr dem Lehrgegenstande der
Religion seine ganze Aufmerksamkeit zuwenden, und habe die Pflicht, wie er
die Überzeugung hat …, dass eine Schule, so sie nicht in der Religion
ihre Grund- |
lage fände,
ihre besten Früchte verwelken zu sehen, gezwungen sei, diese auch der
Jugend beizubringen, wozu ihm Mittel genug in die Hand gegeben sind.
Ad 2 war man darin einverstanden, diesen Gegenstand dem
Religions-Unterrichte beizuzählen, und dass bei dem jüdischen
Schreibunterricht die Schüler das hebräische Datum gebrauchen sollen. Ad
3 fand man den Grund in der geringen Besoldung des Lehrers einerseits,
wodurch derselbe ein sorgenvolles und oft kummervolles Leben hat,
andererseits in der Ausschließung von allen Unterstützungen seitens des
Staates, worüber bei der höchsten Stelle Schritte geschehen sollen.
-
Schließlich teile ich Ihnen noch ein Faktum mit, aus dem Sie, geehrter
Herr Redakteur, unsere trüben Landverhältnisse zur Genüge bemessen können.
Als vor Kurzem unser ehrwürdiger Herr Distrikts-Rabbiner Wormser um eine
bescheidene Aufbesserung seiner spärlichen Besoldungen, die jährlich nur
450 Gulden beträgt, nachsuchte, wodurch ein Kultusmitglied eine jährliche
Mehrausgabe von höchstens 6-8 kr., sage mit Worten sechs bis acht
Kreuzern hätte, trat die Gemeinde Gersfeld, in welche der Sitz des
Rabbiners ist, und die zu den wohlhabendsten des Distrikts zählt, in den
Vordergrund und erklärte sich bei Gericht einstimmig – dagegen. Was
sollen nur erst andere Angestellte erwarten, wenn man einem Manne, dessen
kleiner Finger stärker ist, als die Lende des Anderen, der in seinem
Berufe auch seinen Feinden gegenüber makellos dasteht, nach 24jährigen
gewissenhafter Wirksamkeit (als Jubiläumsgeschenk) eine so kleine
Forderung abschlägig zurückweist? Was können erst die jungen Bäumlein
hoffen, wenn selbst die ehrwürdige Eiche nicht verschont bleibt? Steht ja
diese Kränkung der Gemeinde Gersfeld gegen ihren Rabbiner nicht
vereinzelt da, doch – sapienti sat! Hoffen wir, dass solche
Erscheinungen nie mehr vorkommen, und dass sie Leute endlich einsehen möchten,
welchen Vorteil ihnen die Schulen und deren Leiter bringen!" |
Zusätzlich eingestellt die Mitteilung: Moses
Wormser aus Gersfeld wird Religionslehrer und Vorsänger in Zeitlofs (1867)
Anmerkung: bei Moses Wormser wird es sich um einen Sohn von Rabbiner Samuel
Wormser handeln, zumal zum 50. Dienstjubiläum des Rabbiners im Jahr 1890 sein
12-jähriger Enkel Isak Wormser aus Zeitlofs genannt wird (siehe Bericht unten).
Somit dürfte Moses Wormser bis mindestens 1890 in Zeitlofs geblieben
sein.
Anzeige im "Königlich Bayerischen Kreis-Amtsblatt von
Unterfranken und Aschaffenburg" vom 30. Januar 1867: "Durch
Regierungs-Entschließung vom 19. Januar laufenden Jahres ad Nr. 11321 ist
die von der israelitischen Kultusgemeinde Zeitlofs,
königlichen Bezirksamts Brückenau, beschlossene Übertragung ihrer
Religionslehrer- und Vorsängerstelle an den israelitischen
Schuldienst-Exspektanten Moses Wormser aus Gersfeld in
provisorischer Weise genehmigt worden." |
Politische Umwälzungen (1867)
Bericht in
der Zeitschrift "Chananja vom 1. Februar 1867: "Ein eigenes Geschick steht
dem Distriktsrabbiner Wormser in Gersfeld bevor. Der Sprengel desselben
bestand aus den Gerichtsbezirken Brückenau, Mellrichstadt, Bischofsheim
v.d. Rhön, Gersfeld und Weichers (d.i. Weyhers) mit dem
Herrschaftsgerichte Tann. Die drei letzteren Bezirke sind von Preußen
annektiert worden, die ersteren sind Bayern verblieben.
Wie wird es mit dem Rabbinatsdistrikte? Wie mit dem Distrikts-Rabbiner?
Die Gemeinden des Bezirkes sind nicht so wohlhabend, dass der eine Teil für
sich die Kosten bestreiten kann und man ist auf den Ausgang sehr gespannt." |
Schilderung der Gemeindeverhältnisse (1868)
Bericht in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1868: "Von der Rhön.
Wenn man schon lange von unseren Bergen keine Nachrichten in diesem geschätzten
Blatte gelesen, so ist die Ursache, weil des Erfreulichen nicht viel zu
berichten ist. – Auch bei uns wird leider das Religiöse immer mehr eine
Modeware, die je nachdem sie gefällt, Absatz findet, und bei dem überhand
nehmenden Materialismus, will man nur greifen, was man greifen kann. In
dem östlichen Teile der Rhön gibt es noch wenige Gemeinden, in welchen
außer dem 9. Aw an den
Fasttagen wejachel
(2. Mose 35,1 - 38,20) gelesen
werden könnte, an vielen Orten ist von Sabbat zu Sabbat die Synagoge
geschlossen.
Ein freundlicheres Bild bietet uns der westliche Teil. Gersfeld, der Sitz
des Rabbiners, auf die Nachbargemeinden Einfluss übend, folgt großenteils
der orthodoxen Richtung; es wird dort auch Wohltätigkeit geübt. Es
besteht daselbst durch Vermittlung des Rabbiners ein Armenverein schon über
ein Jahr, der leider jetzt, weil der Hausbettel dadurch nicht aufhört,
trotz der Gegensprache des Rabbiners sich wieder auflösen wird. Durch den
Abzug seines noch bayrischen Lehrers, hat die Gemeindevertretung freilich
ohne alle vorherige Erkundigung einen Herrn als Lehrer und Vorsänger aus
Westfalen kommen lassen; man hat diesen Herrn gewählt, weil er Musik und
Französisch zu unterrichten versteht. Herr G. hat nach seinem eigenen
Geständnis nur deklamierend aus der Tora vorgelesen, macht kein Hehl
daraus, dass er sich bis jetzt nur rasiert habe, indem er sich im Hause
des Vorstehers, wo die Gemeinde später zur Besprechung über die
Anstellung des Lehrers sich versammelte, öffentlich rasieren ließ.
Doch Musik und Französisch sind nicht so veraltet wie das Religiöse, gehören
vielmehr zu den beliebten Bedürfnissen der Jetztzeit; übrigens soll Herr
G. versichert haben, dass er, solange er in Gersfeld sein werde, sich
seinen Bart stehen und sich nicht rasieren lassen werde…
Gelegentlich eine Mitteilung, die ich einem guten Freunde zu verdanken
habe, und die ich der Sache willen referiere. Herr Rabbiner Wormser hielt
den 5. diesen Monats eine Lehrerkonferenz, und ehe das gegebene Thema
besprochen wurde, hielt derselbe folgende Ansprache an die versammelten
Lehrer: Wie im vorigen Jahre beginnen wir auch unsere jetzige Konferenz
mit dem Zurufe: Gott Euch Allen zum Gruße. Es war dies der traute Gruß
der Väter im heiligen Lande, und ist auch jetzt noch der Gruß aller
Menschen, die in Liebe und Wohlwollen sich begegnen. Befassen wir uns
nicht mit den brennenden Fragen, die an dem religiösen Horizont Israels
als schwarze Wolken auf- |
steigen,
und die noch niemals Israels heiligen Boden erquicklich
befeuchteten.
Es ist das Israels tausendjähriger Fluch, dass seine Einreißer und Zerstört
aus seinem eigenen Schoße kommen, und nicht selten von denjenigen, die
sich als die Diener der Religion gerieren. Solche Erscheinungen auf dem
Gebiete der Religion, und wenn sie auch nur vorübergehend sein werden,
sind immerhin beklagenswert.
Eine andere, wenn auch nicht von dem Judentum hervorgerufene, darum doch
nicht minder beklagenswerte Erscheinen ist, dass durch die immer stärker
werdende Übersiedlung von dem Lande in die Stadt für Synagoge und Schule
der Landgemeinden immer mehr Gefahr droht, sodass deren Existenz hie und
da in Frage kommt. Dieser von uns im vorigen Jahre ventilierte Übelstand
ist neuerdings in einem geschätzten Organ besprochen worden, allein die
desfalls angegebenen Abhilfsmittel gehören nach dem eigenen Geständnis
des Berichterstatters in das Reich der pia
desideria (frommen Wünsche); das einzige Mittel wodurch diesem Übelstande
großenteils gesteuert werden könnte, scheint mir zu sein, wenn im
Bewusststein Israels Zusammengehörigkeit, die Gemeindevertretung in den
Städten von den Zuzüglern aus dem Lande nur den Mehrbetrag ihrer früheren
Steuerpflicht auf dem Lande zu den Kultuslasten heranzögen, den übrigen
Teil aber in die Gemeindekasse
zurückfließen ließe, wo eben die Übersiedler früher ansässig waren.
Aber hinc illae lacrimae
('daher die Tränen'; lateinische Redewendung, gemeint: darin liegt
der eigentliche Grund)), und diese Tränen der Zeit werden noch so lange
nicht aufhören zu fließen als noch Egoismus, Eigennutz, Selbstvergötterung
den Impuls aller Lebensbewegungen bleiben, und, wir können es uns nicht
verhehlen, das jetzige Israel ist wohl noch reich an weichen, warmen,
barmherzigen, aber leider arm an edlen Seelen. Doch schweifen wir nicht zu
weit ab.
Es wurde dann die eigentliche Konferenzaufgabe besprochen, auf die wir
hier jedoch nicht näher eingehen können." |
Der Gemeindefriede wird
vorübergehend durch einen neu eingestellten Lehrer gestört (1869)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. November 1869: "Gersfeld.
Von unserer Gemeinde wurde nur höchst selten in jüdischen Blättern
berichtet, es ereignete sich fast nie etwas Außergewöhnliches, was der
öffentlichen Besprechung würdig wäre. In der Gemeinde herrschte
fortwährend Frieden, unser orthodoxer Rabbiner, der bereits seit 29
Jahren segensreich dahier wirkt, hatte sich stets der Liebe und Achtung
der Gemeindeglieder zu erfreuen, denn er leitete die Gemeinde und
überwachte die religiösen Institutionen immer mit der größten
Gewissenhaftigkeit und ermüdete nie in der Erfüllung seiner Pflichten.
Das Alles hat sich im Laufe des verflossenen Jahres geändert, seitdem der
Vorstand einen Herrn Goldberger aus Westfalen als Lehrer und Vorsänger
angestellt. Dessen Bestreben war es hauptsächlich, gegen den Herrn
Rabbiner aufzutreten. Er lasse sich beim Toravorlesen nicht korrigieren,
erklärte er öffentlich, er sei nur da um das Volk aus seiner Dummheit
herauszubringen; er musizierte am Sabbat, das Verbot des Musizierens,
behauptete er, sei nur ein örtlicher Minhag (Brauch). In der
Schule erzählte er den Kindern, Israel sei früher das auserwählte Volk
gewesen, aber jetzt nicht mehr. Auf eine Belehrung von Seiten des
Rabbiners ging er nicht ein.
Trotz alledem wusste er sich bei dem Vorstande zum Liebling zu machen,
gerade weil er religionswidrige Dinge beging. Bei einer
Gemeindeversammlung erklärte der Rabbiner, dass er, so lange Herr
Goldberger als Vorbeter fungiere, den Gottesdienst nicht besuchen könne,
man möge ihm eine Torarolle aus der Synagoge geben, um einen
Privatgottesdienst einrichten zu können; aber dies wurde
verweigert.
Wie sehr der Rabbiner Recht hatte, so zu verfahren und das größte
Misstrauen in den Lehrer zu setzen, beweiset, dass eines schönen Morgens
Herr Goldberger verschwunden, d.h. nach Amerika abgereist war, nachdem er
zuvor von bewährten Zeugen überführt worden, dass er seine
Schülerinnen zu unsittlichen Dingen missbraucht hatte!!!
Hoffen wir, dass der Vorstand bei der Wiederbesetzung der Stelle auf eine
Persönlichkeit reflektiert, die bei Religiosität sich bemühen wird
stets in Einklang mit dem Rabbiner zu
leben." |
Rabbiner Wormser setzt sich für eine Spendensammlung zugunsten der hungernden
Juden in Persien ein (1872)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Februar 1872:
"Von der Rhön. Als kaum in Deutschland der Hilferuf unserer
hungernden Glaubensbrüder in Persien durch dieses geschätzte Blatt
vernommen ward, ließ der hochwürdige Herr Rabbiner Wormser in Gersfeld,
der stets bemüht, Hungernde im Stillen zu sättigen, Notleidenden nach
Kräften zu helfen, ein eigenhändiges Zirkular an sämtliche
Kultusvorstände seines Bezirkes ergehen, in welchem herzzerreißend die
große Not unserer darbenden Brüder in Persien geschildert, die
dringendste Bitte an alle Gemeindemitglieder gestellt wird, nach Kräften
Gaben zu spenden, dass Keiner, mit dem Namen 'Israelit' sich nennend, Hand
und Herz hier verschließen möge, alle Vorstände aufgefordert werden,
alsbald in ihren Gemeinden Kollekten für genannten Zweck zu veranstalten,
mit dem Bemerken, dass der Herr Rabbiner gern bereit sei, Spenden
entgegenzunehmen. Wir hoffen nun, dass die so dringende Bitte unseres
verehrten Herrn Rabbiners gewiss bei allen Israeliten des Bezirks Gersfeld
gerne erfüllt ward, dass durch sie reichliche Gaben für unsere in Kummer
und Drangsal lebenden Brüder gespendet wurden und werden, dass hierdurch
nicht nur zur Linderung des Elendes unserer bedauernswerten Brüder
beigetragen wird, sondern auch, dass der ehrwürdige Herr Rabbiner Wormser
hierdurch seine edle Tat und Absicht, die stets nur zur Ehre Gottes,
herrlich gekrönte sehe, und rufen wir zum wiederholten Male allen
Israeliten des Gersfelder Distriktes zu: 'Sammelte gerne zum zweiten und
dritten Male für unsere hungernden Brüder in Persien, denn sehr groß
ist ihre Not! 'Verhärtet nicht eure Herzen und verschließt nicht eure
Hände (vor euren dürftigen Brüdern)' (nach 5. Mose 15,7) - 'es
bezahlt euch der Ewige Eure Taten und Euer Lohn sei vollkommen
(vor dem Ewigen) (nach Ruth 2,12)." |
Programm zum 50-jährigen Dienstjubiläum des Rabbiners
Wormser (1890)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" am 6. März 1890: "Zu der am 10. März
diesen Jahres zu Gersfeld v.d. Rhön stattfindenden 50jährigen Jubiläumsfeier
des Herrn Distrikt-Rabbiners Wormser zu Gersfeld ladet freundlichst ein
und bittet um allseitige Beteiligung der Fest-Ausschuss.
Festprogramm:
1. Empfang der Gäste im Gasthause 'zum Stern' dahier.
2. Festgottesdienst in der Synagoge, geleitet von Herrn
Provinzial-Rabbiner Dr. Cahn. Beginn 11 Uhr.
3. Überreichung der Ehrengeschenke im Festsaale.
4. Nach Beendigung des Gottesdienstes Festessen im Festsaale (2
Uhr).
5. Gesellige Unterhaltung." |
Bericht über die Feierlichkeiten zum 50.
Dienstjubiläum von Rabbiner Wormser (1890)
Bericht in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. März 1890: "Aus der Rhön. Dass
auch in unseren kalten Bergen die Herzen noch warm schlagen für alles
Gute und Edle, das zeigte sich deutlich bei der Feier des 50jährigen
Dienstjubiläums, welches unser verehrter Herr Rabbiner Wormser – sein
Licht leuchte – am 10. März diesen Jahres zu Gersfeld beging. Gewiss
eine höchstseltene Feier! Ist es doch nur Wenigen vergönnt, bis ins hohe
Greisenalter mit jugendlicher Kraft und Ausdauer durch des Allmächtigen
Gnade ein so verantwortungsvolles Amt zu bekleiden und treu zu verwalten!
So war es denn auch vorauszusehen, dass man zur festlichen Begehung des
Ehrentages unseres Herrn Rabbiners sicher auf allgemeine Beteiligung
rechnen durfte, wenngleich dieselbe verhältnismäßig nur sehr kurze Zeit
vorher projektiert war. – Schon der Vorabend der eigentlichen Feier
hatte die bereits eingetroffenen Festgäste, meist Lehrer des
Rabbinatsbezirks, zu gemütlichem, geselligen Beisammensein im Gasthofe 'zum Stern', dem Festlokale, vereint, Es war der Vorgenuss des
morgigen Tages. Dieser führte in den frühesten Stunden von Nah und Fern
die Lehrer des Rabbinatssprengels und Deputierte fast sämtlicher
Gemeinden an den Festort, wo durch die trefflich organisatorische Tätigkeit
des Vorsitzenden vom Festkomitee, des Herrn Lehrer Levi zu Riedenberg,
bereits alle näheren Vorbereitungen zur Feier in geschickter Weise
getroffen waren. Um 11 Uhr begann der Festgottesdienst. Bereits eine
Stunde vorher war die höchst geschmackvoll dekorierte Synagoge, ein
herrlicher Neubau, bis auf den letzten |
Platz gefüllt.
Die Spitzen der Behörden, voran der Herr Landrat, die Beamtenwelt, sowie
zahlreiche nichtjüdische Ein- und Umwohner Gersfelds hatten sich hier mit
den übrigen Verehrern des Jubilars in schöner Einmütigkeit zu dieser
seltenen Feier zusammengefunden. Ein offizieller Festzug zur Synagoge
wurde auf Wunsch des bescheidenen Jubilars vermieden. Feierliche Stille
herrschte im Gotteshaus, als die Hochwürden Provinzialrabbinen Dr. Cahn
– sein Licht leuchte – Fulda und Dr. Munk – sein Licht leuchte –
Marburg, den greisen Jubilar in der Mitte, eintraten. Der Synagogenchor
begrüßte sogleich denselben, mit einem gut vorgetragenen Baruch
Haba. Nach Rezitation der Psalmen 111 und 112 bestieg Herr
Provinzialrabbiner Dr. Munk die Kanzel, um – in Vertretung seines
Kollegen Herrn Dr. Cahn, der wegen Heiserkeit am lauten Reden verhindert
war – die Festpredigt zu halten. Und wahrlich, Herr Dr. Cahn hätte
keinen würdigeren Vertreter wählen können! In meisterhafter, fast ¾-stündiger
Rede wusste Herr Dr. Munk die Aufmerksamkeit der Versammelten zu fesseln,
und gar manches Auge wurde feucht, als der gewandte Redner die volle
Bedeutung der Feier, als eine gerechte und der Sache würdige, klarlegte.
Anknüpfend an die Bemerkung des Midrasch zur Stelle … des laufenden
Wochenabschnittes, dass unter den dreierlei Namen, die dem Menschen
beigelegt werden, derjenige der beste ist, den man sich selbst gibt, führte
der Redner des weiteren aus, wie wahr und richtig dieser Midraschspruch
auf den ganzen Lebenswandel des Gefeierten anzuwenden sei, da der Jubilar
ganz aus eigenem Wirken und Streben das geworden, was er heute ist, wie er
in seiner Jugend, wo ihm die Sonne des Glückes keineswegs gelächelt,
mutig den Kampf mit allen Entbehrungen und Hindernissen aufgenommen und
sich so zu einer Achtung gebietenden Lebensstellung emporgeschwungen habe.
Aber auch bei seinem gesamten amtlichen Wirken habe ihn dieser freudige
Schaffensgeist immer beseelt, sodass er stets für die gerechte Sache die
gerechten Mittel fand, um nach göttlichem Willen seinem
verantwortungsvollen und pflichtenschweren Berufe vollends gerecht zu
werden; und es erfüllte ihn der
Geist Gottes denn nur von göttlichen Geiste erfüllt und gestählt
ist es ihm gelungen, nicht nur um es
mit Gold und Silber zu machen die leichteren Amtspflichten treulich zu
erledigen, sondern auch siegreich den Kampf mit den zahllosen
Schwierigkeiten und Widerwärtigkeiten zu bestehen, wie solche besonders häufig
einem Seelsorger unserer Tage unliebsam sich bieten. Redner schloss mit
dem tief gefühlten und |
von den
Anwesenden mitgefühlten Wunsche, dass dem ehrwürdigen Greise noch lange
Jahre das Glück beschieden sein möge, in Rüstigkeit seinem Amte
vorzustehen. Herr Dr. Cahn ließ es sich nicht nehmen, das nun folgende
Gebet für den Landesvater selbst vorzutragen. Nach Rezitation der Psalmen
116, 117 und 118 schloss der Synagogenchor mit einem Halleluja
den erhebenden und feierlichen Festgottesdienst. Rührend war jetzt der
Anblick, wie der geehrte Jubilar von allen Seiten, besonders von seinen
lieben Kindern, die herzlichsten Gratulationen entgegennahm. Im Festlokale
überreichte Herr Lehrer Weiler aus Wüstensachsen
als Senior der Lehrerschaft das Festgeschenk, bestehend in einem eleganten
silbernen Sederservice aus der Silberwarenfabrik Posten Witwe zu Frankfurt
am Main. Der Jubilar dankte mit wenigen aber herzlichen Worten für alle
die liebevolle Aufmerksamkeit, die man ihm für den heutigen Tag
entgegengebracht, die er aber keineswegs verdient habe, die Pflichterfüllung
ja nicht ei Verdienst zu nennen sei. In sinniger Weise knüpfte nun Herr
Dr. Cahn eine Betrachtung an das Sederservice, indem er vom baldigen
Pessachfeste auf die Festesfeier anspielte und überreichte dem Jubilar im
Namen der Stadt Fulda eine Widmung im Prachteinband. Nachdem das
Minchagebet verrichtet war, begann das Festessen, wobei es natürlich
nicht an Toasten fehlte. Wir heben zunächst den von echtem Patriotismus
durchglühten Toast auf Kaiser Wilhelm II. hervor, den Herr Dr. Cahn
ausbrachte. Der Sohn des Jubilars, der Waisenhausdirektor zu Dinslaken,
dehnte seine Tischrede zu einer förmlichen Predigt
aus, wies trefflich in seiner Betrachtung über … und über das strenge
Verbot der Einzelzählung Israels auf die darin ausgesprochene Idee der
Zusammengehörigkeit unserer Glaubensbrüder in Freud und Leid hin und
schloss dementsprechend mit einer Sammlung für die Armen
im heiligen Land. Als
ehemaliger Lehrer vergaß der nunmehrige Direktor aber auch nicht, die
Verdienste und die hohe Bedeutung der jüdischen Lehrer für Israels
Jugend in das rechte Licht zu stellen. Als Vertreter der Enkel des
Jubilars feierte in gebundener Rede der 12jährige Isak Wormser von
Zeitlofs die Tugenden des Großvaters, dessen Lebensabend sie noch lange
erheitern möchten. Eine Unzahl von Glückwunschschreiben aus Nah und Fern
war angekommen und kamen über 40 Telegramme zur Verlesung. Das Tischgebet
verrichtete der Jubilar selbst. In ungezwungener, gemütlicher
Unterhaltung blieben nun die Festteilnehmer in heiterer Stimmung bis spät
in die Nacht beisammen. Jeder hatte beim Scheiden das Bewusstsein, einer
wahren Freude über eine Mizwa
(Weisung) beigewohnt zu haben. Möge unser greiser Seelenhirt da Glück
haben, noch eine lange Reihe von Jahren, als 'stolze Zier' in unserer
Mitte zu 'blühen' und zu wirken!
A.M. in Z.
(Auch wir senden Herrn Rabbiner Wormser – sein Licht leuchte – zu
seinem stattgehabten 50jährigen Dienstjubiläum unsere herzliche
Gratulation mit dem Wunsche, dass es ihm vergönnt sein möge, seine
segensreiche Wirksamkeit ungeschwächt bis ins höchste menschliche Alter
fortsetzen zu können. Die Redaktion des 'Israelit u. Jeschurun'.)" |
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Rechts: Widmungsblatt
von Provinzialrabbiner Dr. Cahn und
der Israelitischen Gemeinde in Fulda
(vgl. Bericht oben):
"Als Zeichen der Hochachtung und Verehrung
Seiner Höchwürden Herrn Distrikts-Rabbiner Wormser zu
Gersfeld
zu seinem 50jährigen Jubiläum.
Fulda, 18. Ador 5650 - 10. März 1890.
Das Provinzial-Rabbinat und die Israelitische Gemeinde zu
Fulda."
(erhalten von Amichai Dreifuss) |
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Moses Wormser aus Gersfeld wird Religionslehrer und
Vorsänger in Zeitlofs (1867)
Anzeige im "Königlich Bayerischen Kreis-Amtsblatt von
Unterfranken und Aschaffenburg" vom 30. Januar 1867: "Durch
Regierungs-Entschließung vom 19. Januar laufenden Jahres ad Nr. 11321 ist
die von der israelitischen Kultusgemeinde Zeitlofs, königlichen
Bezirksamts Brückenau, beschlossene Übertragung ihrer Religionslehrer-
und Vorsängerstelle an den israelitischen Schuldienst-Exspektanten Moses
Wormser aus Gersfeld in provisorischer Weise genehmigt
worden." |
Gabenverzeichnis für Rabbiner Wormser und seine
Dankesanzeige
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. März 1890: "Gabenverzeichnis zu
Gunsten des 50jährigen Jubiläums des Herrn Distrikts-Rabbiners Wormser
zu Gersfeld a.d. Rhön.
Rabbiner Dr. Grünebaum in Ansbach 10, Lehrer Wechsler in
Aschbach
4, Rabbiner Dr. Neustadt in Breslau 5, Kultusgemeinde Brückenau 16.30,
Freiherr Jacob von Mayer in Coburg 25, Lehrer Heß in
Ermreuth 3, Lehrer
Halle in Geroda 5, Kultusgemeinde Gersfeld 30, Rabbiner Dr. Koref in
Hanau
40, Hauptlehrer Eschwege in Höchberg 5, Lehrer Strauß in
Kitzingen 4,
Kultusgemeinde Mellrichstadt 10, Kultusgemeinde
Nordheim a.d. Rhön
10.80, Kultusgemeinde Oberelsbach 7.50.
Riedenberg: Isaak Edelstein 3,
Löb Edelstein 1, Frl. Hannchen Edelstein 1, Jakob Engel 3, Viktor Engel
2, Jakob Goldbach 2, Frl. Lina Goldbach 2, Maier Goldbach 10, Salomon
Goldbach 5, Fr. Nanni und Hirsch Hecht 3, Maier Hecht 2, H. Michaelowsky
2, Gideon Sitzmann 2, Maier Sitzmann 4, Viktor Sitzmann 2, Frl. Fanny
Strauß 1 und Lehrer Levi 25.
Kultusgemeinde Schmalnau 40, Kultusgemeinde
Steinach a.d. Saale 16.85,
Kultusgemeinde Tann a.d. Rhön 29,80, Lehrer Eschwege in
Thüngen 2,
Kultusgemeinde Willmars 4, Kultusgemeinde
Wüstensachsen 25, Seminarlehrer
Weisbart in Würzburg 2, Kultusgemeinde
Zeitlofs 15.50, Nathan Grünebaum
in Züntersbach 4. Summa Mark
387.25.
Allen Freunden, den verehrlichen Teilnehmern und den Leitern des Festes,
Herrn Dr. Cahn – sein Licht
leuchte – Provinzialrabbiner zu Fulda und Herr Dr. Munk – sein Licht leuchte - Provinzialrabbiner zu Marburg, dankt bestens
und fleht den Segen des Allgütigen für sie an.
Das Fest-Komitee". |
Öffentliche Danksagung von Rabbiner Wormser |
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. März 1890: "Öffentliche
Danksagung. Da es mir nicht möglich ist, für die vielen Beweise
inniger Teilnahme zu meinem fünfzigjährigen Amtsjubiläum jedem einzeln
zu danken, sage ich hiermit Allen, die mich an diesem Tage erfreut haben,
besonders dem Festkomitee, dem Rabbinat Fulda für die überreichte
kunstvolle Adresse,
sowie den Herren Dr. Cahn – Fulda und
Dr. Munk – Marburg meinen
herzlichen Dank.
Gersfeld im Adar des Jahres 5650. Wormser, Distriktsrabbiner". |
Zum Tod von Rabbiner Samuel Wormser (1892)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. April 1892: "Gersfeld. Mittwoch verschied Herr Distrikts-Rabbiner Wormser – das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen -. Der Verstorbene hat gewünscht,
dass die jüdischen Zeitungen nur diese kurze Notiz bringen, ohne ein Wort
des Nachrufs, wie auch jede Trauerrede erbeten ist. Seine früheren Schüler
hingegen möchten einen biblischen
Schiur (Lernstunde) lernen." |
|
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. April 1892:
"In Gersfeld verschied Herr Distrikts-Rabbiner Wormser
am vorigen Mittwoch." |
|
Nekrolog |
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Mai 1892: "Nekrolog. Anfangs April brachten diese Blätter die traurige Kunde
von dem Ableben des Gersfelder Distriktrabbiners Wormser – das Andenken
an den Gerechten ist zu Segen -. Der ausdrückliche Wunsch des
bescheidenen Entschlafenen verbot der kurzen Notiz einen wohlverdienten
Nekrolog beizufügen. Heute, nachdem die Trauertage verflossen, können
wir es uns jedoch nicht versagen, des edlen Toten nochmals in kurzen
Worten zu gedenken.
Was Rabbiner Wormser für die große Welt gewesen, das aufzuführen ist
wohl unnötig. Jedermann weiß, mit welch aufopfernder Liebe er vierzig
Jahre lang sich den Sammlungen von Beiträgen für palästinische Zwecke
unterzogen. Selbst hervorgegangen aus einer wenig bemittelten
Lehrerfamilie, kannte er aus eigener früherer Erfahrung das Herz der bedürftigen
Armen und nie verließ ein Armer unbeschenkt sein Haus und ohne, dass der
Verschiedene ihn nach Maßstab der eigenen Vermögensverhältnisse
beschenkt hatte. Trotz des bescheidensten Gehalts überwies der Edle seine
Trauungsgebühren meist der verschämten Armut, sich persönlich nur das
unumgänglich Notwendigste gönnend. Obwohl er durch seine 50jährige
Amtstätigkeit zur Überweisung der 'Ludwigsmedaille' berechtigt war,
machte er von einer diesbezüglichen Bewerbung keinen Gebrauch.
Zu Urspringen in Unterfranken
geboren, erreichte Rabbiner Wormser – das Andenken an den Gerechten
ist zum Segen – das hohe Alter von 85 Jahren. Der Verstorbene
hinterließ 6 Kinder, von denen einer, Herr Lehrer Leopold Wormser der rührige
Direktor des Dinslaker Waisenhauses ist. Gott möge die trauernden
Hinterbliebenen trösten. Die Gersfelder Gemeinde aber, deren Seelenhirt
der Verblichene während seiner ganzen Amtsdauer war, ist durch doppelte
Weise Gelegenheit geboten, ihren heimgegangenen Rabbiner zu ehren und zwar
einerseits durch Beherzigung der Lehren und des Lebens desselben und
andererseits, indem sie der Witwe desjenigen, der so lange für sie
gearbeitet – den Abend ihres Lebens durch ausreichende Pension
erheitern." |
Konsequenzen des Todes von Rabbiner Wormser für das
Rabbinat (1893)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. März 1893: "Gersfeld, 4. März
(1893). Das Ableben des Distrikt-Rabbiners Wormser hatte die Auflösung
des 52 Jahre bestandenen Rabbinats Gersfeld zur Folge. Die bayerischen
Kultusgemeinden, welche zum hiesigen Rabbinatsbezirk gehörten, wurden in
das Distrikts-Rabbinat Kissingen einbezogen und verblieben noch die preußischen
israelitischen Gemeinden Gersfeld, Tann a.d.
Rhön, Wüstensachsen und Schmalnau
-Hettenhausen -Weyhers, welche auf den Anschluss an ein in
Hessen
gelegenes Rabbinat angewiesen waren. Nunmehr ist auch diese Frage
entschieden. In der vergangenen Woche fand vor dem königlichen
Landratsamt dahier durch je zwei Vertreter der betreffenden
Kultusgemeinden die Wahl eines Rabbiners statt und wurde als solcher Herr
Provinzialrabbiner Dr. Cahn in Fulda gewählt, dem hiermit die Wahrnehmung
der religiösen Angelegenheiten und die seelsorgerliche Leitung übertragen
ist. Ein die Rechte und Pflichten des Rabbiners bestimmender Vertrag wird
der königlichen Regierung zu Kassel behufs Genehmigung zur Vorlage
gebracht werden." |
Weitere Berichte aus der
Gemeinde
Bericht eines jüdischen Erholungssuchenden aus Gersfeld 1930
- mit Beschreibung des Hotels Grünebaum
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. August 1930: "Brief aus der
Rhön.
Es ist Tischobeaw (9. Aw =
Fasttag zur Erinnerung an die Tempelzerstörung) Nachmittag. Großen
Geistern sagt man nach, dass sie am besten mit hungrigem Magen geschrieben
haben, da Sattheit nicht gut für den Geist sei. Ich maße mir nicht an,
zu den Großen zu gehören, wohl aber zu denen, die zur Zeit hungrigen
Magens sind und bei dieser Gelegenheit möchte ich Betrachtungen darüber
anstellen zu Nutz und Frommen aller Erholungsbedürftigen, denen es so
geht wie mir. Sie möchten ausspannen. Schön soll es sein, aber –
kosten nicht viel. Diese Armen im Beutel möchte ich kostenlos beraten und
ihnen sagen, dass ich in Gersfeld in der Rhön ein derartig ideales Plätzchen
gefunden zu haben glaube, das den an ihn gestellten Ansprüchen in jeder
Weise gerecht wird. Man kann ruhig sagen, es ist von verschiedenen Seiten
zu erreichen, sowohl durch Bahn als auch durch Postomnibusverbindung;
liegt mitten im Herzen Deutschlands und ist berühmt – (soweit es dies
aber noch nicht sein sollte, es durch mich werden soll) – durch seine
erstklassige Verpflegung in der Metzgerei, Pension oder wenn man sogar
sagen will, in dem Hotel Grünebaum, dem erstklassigsten und einzigen
Unternehmen dieser Art am Platze, das, ausgestattet wie ein städtischer
Betrieb, sogar mit Kühlraum – für seine Gäste sorgt. Da wetteifert
die ganze Wirtsfamilie miteinander in der Sorge um das Wohl ihrer Leute.
Mama Grünebaum zerbricht sich von früh bis spät den Kopf, was sie noch
und noch in ihre Treuumsorgten hineinpropfen kann. Papa Grünebaum, ein
stiller aber nichtsdestoweniger lieber Mann, oder gerade deshalb so
beliebt, kommt bloß auf ausdrückliches Bitten auf den Platz, berät aber
dann Interessenten umso besser. Ein erstklassiger Einkäufer der zum 'Dickwerden für Gäste' (soweit sie es werden wollen, wenn sie sich
nicht durch doppelte Fleischportionen, sondern von allem Guten doppelt
reichen lassen) auch notwendigen Kälber usw. ist der Sohn des Hauses. Er
spricht außer Deutsch noch Englisch, Französisch und sogar etwas
Spanisch, ist imstande, die größte Gästeversammlung wirklich geistreich
und gut zu unterhalten und wo immer er erscheint, herrscht Frohsinn. Die Gäste
rekrutieren sich aus allen Lagern und Gegenden und sind trotzdem alle
harmonisch aufeinander abgestimmt. Sie stellen sogar Rekorde im Szemiraus-Singen
(Liedersingen) auf, wer die meisten und schönsten Nigunim
(Lieder ohne Worte) zu bringen versteht. Andererseits dürfen alle, wenn
auch schon ziemlich abgetragenen und aus der Mode gekommenen Kleider Revue
passieren, man braucht sich also zu einem Aufenthalt hier nicht extra neu
einzukleiden. Gersfeld zählt ca. 30 jüdische Familien. Eine große
Anzahl derselben stellt sich gern zur Aufnahme von Fremden aus der
Pension, die dort keinen Platz mehr zum Schlafen finden, zur Verfügung.
Die Ortsansässigen sind stolz auf ihre so schöne Schule (= Synagoge) und
können dies auch ruhig sein. Schabbosnachmittag können sie dieselbe aber
nicht schnell genug verlassen. Sie schenken sich sogar den im Sommer in
anderen Kehillaus (jüdische Gemeinden) üblichen jeweiligen 'Perek'.
Dann eilen sie, wir mir gesagt wurde, geschlossen hinaus in das grüne
Freier, die herrliche Gottesnatur. Da winkt die Wasserkuppe, der Reesberg,
die Schwedenschanze, der Wachtküppel, die Eube und wie all die schönen
Berge, die bezwungen werden wollen, mit Namen alle heißen. Wer sich aber
andere Kehillaus (jüdische
Gemeinden) in der Nähe von hier ansehen will, wie Wüstensachsen, Fulda
usw., der findet Postauto- und Bahnverbindung dahin. Er kann nach
dreiviertelstündiger Wanderung von Fulda aus das jüdische Landgut Rötges
besichtigen, wenn er sich vorher ankündigt. Mehrstündige Fußwanderungen
über Berg und Tal bis Wildflecken und von da aus per Bahn nach Brückenau
ist auch möglich, ganz abgesehen von dem wundervollen Skigelände im
Winter. Wer
hier baden will, kann dies sogar mit Sole und Moor tun, und wer nicht weit
gehen will, der kann schon nach 5 Minuten immer wieder eine Bank, mit oder
ohne Sonne, je nach eintretendem Bedarf finden. – Ich denke, ich habe
alles, was ich Schönes von hier zum Ausdruck bringen wollte, gesagt und
hoffe, dass viele, die dadurch Lust bekommen sollten, sich von der
Richtigkeit dieser Behauptungen zu überzeugen, mir begeistert zustimmen
werden nach hier verlebtem Urlaub." |
|
Werbung der Pension Grünebaum für
Wintersport in Gersfeld und hausgemachter Landwurst |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Januar 1925:
"Wintersport in Gersfeld (Rhön). Pension Grünebaum
unter Aufsicht
Seiner Ehrwürden Herrn Rabbiner Dr. Kahn, Fulda.
Bekannt gute
Verpflegung.
Mäßige Preise.
P.S. Empfehle gleichzeitig Postkolli Ia. Landwurst à 18 Mark.- franco". |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. August 1924:
"Luftkurort Gersfeld - Rhön. Pension Grünebaum
unter Aufsicht Seiner Ehrwürden Herrn Rabbiner Dr. Kahn, Fulda.
Vorzügliche Verpflegung. Volle Pension pro Tag Mark 6.-.
Emanuel Grünebaum, Gersfeld Rhön." |
|
Anmerkung zur nächsten Anzeige: nach den
obigen Anzeigen von 1924 und 1925 hatte Rabbiner Dr. Leo Kahn aus Fulda
die rituelle Aufsicht über die Pension Grünebaum in Gersfeld. 1929 wurde
von der Pension ein neuer ritueller Aufseher (Schaumeres)
gesucht: |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Mai 1929: "Für
meinen Pensionsbetriebe suche einen streng frommen erfahrenen Schaumeres.
Meldungen, Zeugnisse und 1a Referenzen an Pension Grünebaum Gersfeld
(Rhön)." |
"Winterlager" einer jüdischen Jugendgruppe
in der Jugendherberge in Gersfeld (1928)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Wiesbaden und
Umgebung" vom 6. Januar 1928: "Unser Winterlager. Von
Lutz Capell.
Bei Sprühregen und Glatteis fuhren wir am 22. Dezember hier
los - nach Gersfeld - in unser Winterlager. - Zum Winterlager
gehört allerdings auch die Reise dahin - und da erlebten wir auch schon
allerhand. Außer über das Wiedersehen mit unseren Wetzlarern und
Frankfurtern, freuten wir uns noch über einen lieben Glaubensgenossen,
der sich gedrungen fühlte, einen unserer kleinen Jungens beim
Bahnvorstand anzuzeigen, weil er über die Schienen gegangen war, mit der
Bemerkung: 'Juden brauchen sich nicht überall hervorzutun'. - Das sagte
er allerdings nur dem höchlichst erstaunten Jungensführer, den er zu
diesem Zweck rücklings überfallen und am Rockkragen festgehalten hatte.
- Anstatt uns darüber aufzuregen, lachten wir und - na ja - die Jugend
von heute. Also - wir kamen froh und quietschfidel in Gersfeld an.
- Zum Unterschied von daheim war hier anstatt des Glatteises
zentimeterhoher matschiger Schnee - matschig zwar, aber immerhin Schnee!
Gleich vor dem Bahnhof versuchten einige ihre Schlitten ungeachtet der
unter Wickelgamaschen, Breeches und Knickerbockers verborgenen Beine der
kleineren Jungens, die daheim so fürsorglich eingemummelt worden waren.
So kamen wir denn mit Kind und Kegel - mit Schlitten und Skiern in der
Jugendherberge an, die (uns zu Ehren?) mit einem großen Hakenkreuz
verziert war. Nichtsdestotrotz waren die Leute dort sehr freundlich. Im
Mädelsschlafsaal gab's einen herrlich beheizten und wärmenden Ofen und
25 1/2 Decken, die wir alle mit Beschlag belegen durften. Nebenan bei den
Jungens war's weniger schön, die hatten keinen Ofen, sondern nur einen
kleinen, umso mehr rauchenden Herd - und so viele freie warme Decken wir
wir hatten sie auch nicht - aber wir waren gutmütig und gaben ihnen
welche ab! Neben dem Mädelsschlafraum war ein Schuppen - da hielten die
Skier ihren Winterschlaf - denn die brauchten wir wirklich nicht! - Am
ersten Mitte hatte je der drei Backschaften (so waren wir eingeteilt)
versucht, ein zusammenhängendes Stück Schnee zu finden, um darauf die
verschiedenen Schneekünste zu probieren. Am besten hatten wir's noch in
der Rodelbackschaft - die anderen konnten mit ihren Skiern auf dem kleinen
Hügel vor der Herberge recht wenig anfangen und zum Weiterwandern war es
schon zu spät. Als wir uns um 5 Uhr am Kaffeetisch versammelten, war
unser Winterlager zu Ende. Es begann nur der Hauptteil, das (verfrühte)
Osterlager. Der Schnee schmolz immer mehr und am nächsten Morgen konnte
man ohne Mantel auf grünen Wiesen spazieren gehen. Das taten wir denn
auch ausgiebig; allerdings nahmen wir, zum Schutz gegen den drohenden
Regen, unsere Windjacken mit. So stiegen wir denn in den Wäldern herum -
einmal war's ein Geländespiel, bei dem man gut auf- |
passen
musste, ein anderes Mal krabbelten wir durch Dick und Dünn auf die
Wasserkuppe und flogen beinahe ohne Flugzeug wieder herunter - so blies
der Wind da droben! - Wenn es dunkel wurde, gingen wir in die warme
Herberge zurück - da wurde dann 'Feierabend' gemacht - die
Chanukkalichter angezündet, gespielt, erzählt und vorgelesen! - Auch
'Vereine' wurden in unserem Winterlager gegründet - es gab da einen A.K.,
was der bezwecken wollte, konnte ich nur raten - soviel ich merkte, sollte
das A wohl der erste Buchstabe des Wortes 'ärgern' - na - dass die Leute
sich nicht selbst ärgern wollten, ist wohl klar. - Ein zweiter 'Verein'
war das 'Olymp'. Seine Mitglieder fanden sich bei jeder Gelegenheit auf
höchstmöglicher Basis zusammen. Man saß auf Treppen, Leitern,
Schränken und ließ von da höchst vergnügt die Beine über den Köpfen
der anderen baumeln. Diese Sache hatte ganz besondere Vorzüge, besonders,
dass man gemeinsame Gelage abhielt - wozu jeder 'Olympier' nach Können
beisteuerte. Zusammenstellungen wie: Pfefferkuchen mit Ölsardinen sollen
da nicht unbekannt gewesen sein. - Am ersten Weihnachtstag kam dann unser
Bundesleiter, dessen ästhetisches Gefühl durch solche Dinge beleidigt
wurde, und brachte durch eine kräftige Hilfeleistung unsere 'Fresskasse'
auf nie geahnte Höhen. Wir waren nun in der Lage, nachdem wir noch einige
finanzkräftige Leute angebettelt hatten, uns die herrlichsten Dinge der
ersten und einzigen Konditorei Gersfelds zu kaufen. Durch solche und
ähnliche Handlungen neidisch gemacht, gründete der Restder
Winterlager-Bewohner ein Konkurrenzunternehmen, 'Walhall' genannt. Sie
handelten aber ziemlich 'unfair', schröpften ihre Leute allzu sehr und luden
einige Mitglieder des 'Olymp' zu einem heimlichen 'Fraß' ein, um sie vor
verschlossenen Türen mit dem Ruf: 'Kommt zum Essen, wenn ihr könnt!', zu
begrüßen. - Am zweiten Weihnachtstag stiegen wir auf den Kreuzberg -
guckten uns den Nebel von oben an und beschlossen, von nun an noch fauler
zu werden. Man beschränkte seine Arbeit am letzten Tage auf Schlafen,
Essen und Herumstrolchen. Wir spazierten bei herrlichstem Regenwetter in
Gersfeld herum und amüsierten uns köstlich. Dienstag machten wir dann
Schluss wegen Überanstrengung der Lach- und Kaumuskeln. - Hoffentlich
wird's das nächste Mal wieder so schön!" |
Pogromstimmung
in Gersfeld (Februar 1933)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Februar 1933: "Fulda.
In Gersfeld in der Rhön wurden an einem der letzten Abende in
mehreren jüdischen Geschäftshäusern die Fensterscheiben eingeschlagen.
Ein Jude, der die Verfolgung der Täter aufnehmen wollte, wurde durch
Messerstiche verletzt. Am Samstagmittag drangen SA-Leute in das Haus des
angesehenen Kaufmanns Bachrach und verletzten in in Gegenwart seiner
Familie so schwer, dass er sich in ärztliche Behandlung begeben musste.
Die Hetze in Stadt und Umgebung hat bereits eine wahre Pogromstimmung und
eine Panik unter den Juden erzeugt." |
Meldungen zu einzelnen Gemeindegliedern
Samuel Hommel von Gersfeld, Religionslehrer in
Baiersdorf, wechselt nach Schweinfurt (1867)
Anzeige im "Königlich Bayerischen Kreis-Amtsblatt von
Unterfranken und Aschaffenburg" vom 4. Mai 1867: "Durch
Regierungs-Entschließung vom 25. April laufenden Jahres Nr. 20643 ist die
von der israelitischen Kultusgemeinde Schweinfurt
beschlossene Übertragung ihrer Religionslehrer- und Vorsänger-Stelle an
den Religionslehrer Samuel Hommel von Gersfeld, zur Zeit in Baiersdorf,
genehmigt worden." |
Zum Tod von J. B. Kupfer (1872)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. März 1872: "Gersfeld,
23. Februar (1872). Einen herben Verlust hat die hiesige Gemeinde
erlitten. Gestern starb nach langen Leiden der allgemein geachtete Herr
J.B. Kupfer dahier, der zu den besten seines Volkes zählte. Herr Kupfer
gehörte zur orthodoxen Judenheit, und je schmerzlicher wir es in unserer
Zeit fühlen, wenn die Frommen dahinschwinden, die Reihen der Gerechten
gelichtet werden, so ist dieser Todesfall für die Gemeinde umso
bedauernswerter, als der Verblichene zu den Wohlhabenden derselben
gehörte. Herr Kupfer war zwar kinderlos, aber durch seine wohltätigen
Stiftungen hatte er sich ein ewiges Denkmal errichte, das besser ist, als
alle in Stein und Erz gegrabenen Monumente." |
Zum Tod von Isaak Karpf (1879)
Bericht in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1879: "Nachruf! Isaak
Karpf, geboren in Gersfeld an der Rhön, seit den fünfziger Jahren in Nürnberg
wohnend und einer bedeutenden Zigarrenfabrik als Mitchef vorstehend, ein
frommer und religiöser Mann, der es mit Gott und den Menschen ehrlich und
gut meinte, ein treuer Gatte, liebevoller Vater, teilnehmender Verwandte
und hingebender Freund, war leidend und zum fünfwöchentlichen
Kurgebrauche im Bad Kissingen. Nachher wollte er sich noch eine Erholung
und 14tägige Nachkur bei seinen Kindern in Blankenburg a.Harze gönnen.
Kaum einige Tage dort angekommen, machte ein Herzschlag seinem viel
bewegten leben, fern von Frau und Kindern, die seine Genesung hofften, ein
plötzliches schnelles Ende. Freitagmittag um drei Uhr am dritten diesen
Monats wurde in Halberstadt dessen irdische Hülle, begleitet von Rabbiner
Dr. Auerbach, von seinen zwei ältesten Söhnen, zwei Schwiegersöhnen,
einem Neffen und dem größten Teile und der Elite der Gemeinde zur Erde
bestattet. Da der Verblichene sehr religiös war, auch seinen Kindern eine
religiöse Erziehung geben ließ und so gewissenhaft sein Maiserbuch, wie
sein Hauptbuch führte, für seine beiden verheirateten Töchter sich
religiöse Schwiegersöhne aussuchte, ein Mitbegründer der
Adas-Jisroel-Gemeinde (gemeint: orthodoxe Gemeinde) war, so war die
Leichenrede eine äußerst würdige und trostreiche. Seine Familie
verliert an ihm einen treuen Gatten, liebenden Vater; Verwandte und
Freunde einen teilnehmenden Berater und Helfer; sein weit verzweigtes
Geschäft eine tüchtige Arbeitskraft. Nun ruht er in fremder, kühler
Erde, fern von der Heimat und seinen Lieben.
Sein Name bleibt jedoch zum
Segen. Gott aber, der Vater der Witwen und Waisen, tröste und beschütze
die so sehr des Trostes bedürftige Familie, und sei fortan ihr Vater,
Helfer und Freund! Seine Seele ruhe in Frieden und die Erde sei ihm
leicht. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Jeanette Weinberg (1909)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 19. November
1909: "Gersfeld a. Rhön. 'Esches chajil', das hohe
Lied des jüdischen Idealweibes, das der Hausherr vor Beginn des ersten
Sabbatmahles nach traditionellem Brauche rezitiert, singt Strophe für
Strophe das Lob einer Frau unserer Gemeinde, Frau Jeanette Weinberg Wwe.,
die letzten Samstag im hohen Greisenalter ihr arbeits- und segensreiches
Leben beschlossen hat. Auch bei dieser prächtigen Frau war kein
Augenblick des Tages ungenützt, und nur die Weihe des Sabbats bot ihrem
rastlosen Schaffen halt. Auch sie leitete Gottesfurcht, auch ihr Mund
sprach nur Worte der Weisheit, auch ihre Hand war stets bereitwillig den
Armen geöffnet. Lebensklug, fleißig und gut und als eine gewissenhafte
Beobachterin des unscheinbarsten jüdischen Brauches steht Frau Jeanette
Weinberg allen, die sie kannten, vor Augen, und in dieser harmonischen
Ganzheit des jüdischen Idealweibes wird sie weiter leben und wirken,
nachdem ihre sterbliche Hülle uns verlassen hat." |
Zum Tod der
aus Gersfeld stammenden Witwe Adelheid Stern geb. Gerber
(1924)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28.
August 1924: "Fulda, 25. Juli (1924). In der Nacht zum
Schabbat Behar schloss hier Frau Witwe Adelheid Stern geb. Gerber
im 85. Lebensjahre ihre müden Augen. Von Jugend an war ihr ganzes
Schaffen und Streben in erster Linie der genauesten Befolgung auch der
kleinsten Mizwoh gewidmet und in ihrer Heimatstadt Gersfeld war sie
schon als junges Mädchen als Trägerin edler jüdischer Tugenden bekannt
gewesen. In ihrer Ehe war sie ihrem Gatten eine wahrhafte wackere Frau,
von der man mit Recht ausrufen durfte und sie stand noch in der Nacht auf.
In aller Sorge um den Alltag aber hat sie in unerschütterlicher
Gottesfurcht jedes Gebot des jüdischen Pflichtenkreises geübt. Und als
sie nach dem Tode ihres Gatten von Hammelburg
nach Fulda zu ihren Kindern
übersiedelte, war auch hier der Kreis ihrer Verehrer und Bewunderer bald
ein großer geworden. Und in der Tat war es staunenswert und rührend
zugleich, wie diese Frau als 83-jährige das Gebot des Krankenbesuches und
der wahrhaften Wohltätigkeit übte, wie sie in den Slichaustagen (Slichot-Tage)
allmorgendlich in 'Schul' zu sehen war. Aber auch zu Hause sah man sie in
ihren Greisentagen nicht müßig sitzen und wenn sie sich nicht im
Haushalt noch irgendwo nützlich machen konnte, so las sie in irgendeinem
Buch, sei es Mossad oder Psalmen. All diese Eigenschaften
der heimgegangenen echten und treuen Jüdin schilderte Herr
Provinzialrabbiner Dr. Leo Cahn, Fulda,
in ergreifenden Worten bei der Beisetzung. Ihre Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Mathilde Oppenheimer (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juni 1928: "Gersfeld
(Rhön), 21. Mai. Eine Eschet Chajil (wackere Frau) in der wahrsten
Bedeutung des Wortes, Frau Witwe Mathilde Oppenheimer, hauchte vor kurzem
in Mainstockheim, wo sie bei
ihrer Tochter zu Besuch weilt, im 73. Lebensjahre ihre reine Seele aus.
Ihr Haus war ihre Welt, in der sie in streng religiöser Weise lebte und
wirkte. Ihre Güte und Milde, ein Ausfluss der edlen Gesinnung erwarb ihr
viele Freunde. Vor dem Trauerhause pries Herr Lehrer Friedmann in
formvollendeter, inhaltsreicher Rede den ausgezeichneten Charakter der
bedeutenden Frau. Der Sohn der Verblichenen dankte mit bewegten Worten
für die den Kindern in reichem Maße erwiesene Liebe und Treue. Auch Herr
Lehrer Katz in Gersfeld - die Dahingeschiedene wurde nach Weyhers
bei Gersfeld überführt - fand schöne Worte des Gedenkens für die
selten gottesfürchtige Frau. Ihre Seele sie eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Zum Tod des aus Gersfeld stammenden Sanitätsrates Dr. Salomo Weinberg (1931;
bis 1911 Arzt in Gersfeld, danach in Herborn)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Januar 1931:
"Herborn, 16. Januar (1931). Am 12. Januar verschied hier
unerwartet im 66. Lebensjahr - aus einem selten arbeitsreichen und
fruchtbaren Wirken jäh hinweggerissen - der praktische Arzt, Sanitätsrat
Dr. Salomo Weinberg.
Der Verblichene, einem angesehenen gesetzestreuen Haus in Gersfeld (Rhön)
entstammend, übte zuerst seine Praxis in seinem Heimatsorte aus und
siedelte dann vor 20 Jahren nach Herborn über. Schön früh erwarb er
sich durch seine ungewöhnliche berufliche Tüchtigkeit, verbunden mit
hohen menschlichen Qualitäten, in seltenem Maße die Achtung und das
Vertrauen seiner Mitbürger. Trotz seines anstrengenden Berufes eignete er
sich schon in jungen Jahren ein großes religiöses Wissen an, sodass ihm
schon bald die Chowerwürde zuteil wurde.
Mit Dr. Weinberg ist ein Mann dahingegangen von eigenem Gepräge, eine
geschlossene Persönlichkeit, ein fester Charakter, der, in sich beruhend,
still und gerade seinen Weg ging. Treue zum Gesetze in sich und über
sich, Gewissenhaftigkeit und Ehrfurcht, das machten das Wesen dieses
Mannes aus. Aus dieser Grundhaltung heraus versteht sich - nur einem nicht
tief genug gehenden, unverständlich - die Synthese von streng
gesetzhaftem naturwissenschaftlichem Handeln, die auch im kleinsten Detail
zur gewissenhaften Durchführung der Gebote und Vorschriften der
jüdischen Lehre führt.
Tiefe Religiosität erfüllte die Seele dieses adligen und starken
Menschen, dessen seltener kritischer und überlegener Geist demütig Halt
machte vor den Rätseln des Unerforschlichen. Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen der Brot- und Feinbäckerei A. Selig (1902 / 1904)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1902: "Ein
kräftiger Junge
kann gründlich und unentgeltlich die Brot- und
Feinbäckerei erlernen.
Näheres A. Selig, Gersfeld an der Rhön." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 24. August 1903: "Ein tüchtiger
Bäckergehilfe und Lehrling
wird sofort gesucht. A. Selig, Bäckerei, Gersfeld
(Rhön)" (nicht Rhein) |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. April 1904: "Ein
kräftiger Junge
kann unter günstigen Bedingungen bei mir sofort
in die Lehre treten.
A. Selig, Bäckerei. Gersfeld (Rhön)." |
Anzeige von Frau J. Weinberg - Matzen gesucht
(1905)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 19. Mai 1905: "Zu kaufen gesucht.
30 Pfund gut gebackene Mazzes.
Offerten mit Preisangabe an Frau J. Weinberg, Witwe,
Gersfeld an der Rhön." |
Werbung für Gersfeld (1905)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 23. Juni 1905:
"Bädernachrichten. Gersfeld, das so herrlich in
der waldgekrönte Rhön gelegene Städtchen, findet von Jahr zu Jahr immer
mehr die Beachtung, die es als Luftkurort verdient. Es ist namentlich
Nervösen sehr zu empfehlen." |
Anzeigen des Restaurants von David Hommel (1903 / 1905)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 25. Juni 1903:
"Höhenluftkurort Gersfeld (Rhöngebirge).
Streng rituelle Küche. - Ganze Pension pro Tag Mark 4.-.
David Hommel, Gersfeld." |
|
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 30. Juni 1905:
"Höhenluftkurort Gersfeld (Rhöngebirge). Gute Bedienung. Mäßige
Preise. Beste Referenzen. Vorzügliche,
streng rituelle Küche. David Hommel." |
|
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Juni 1906:
"Höhenluftkurort Gersfeld (Rhöngebirge).
Gute Bedienung. Mäßige Preise. Beste Referenzen. Vorzügliche, streng
rituelle Küche. David Hommel." |
Verlobungsanzeige von Pauline Pfeuffer und Moritz
Katz (Giebelstadt / Gersfeld) (1911)
Die
Anzeige erschien in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5.
Oktober 1911:
Pauline Pfeuffer - Moritz Katzmann. Verlobte
Giebelstadt, Bayern. Gersfeld,
Rhön". |
Lehrstellensuche von Markus Katzmann (1915)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Januar 1915:
"Suche für meinen 14jährigen Sohn, der 3 Jahre höhere Schule
besucht hat, zu Ostern Lehrstelle in Samstag und Feiertage
geschlossenem Geschäft.
Markus Katzmann, Gersfeld, Rhön." |
Anzeige der Handlung Oscar Liebstädter
(1921)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juni 1921: "Aromatischen
Rasier-Ruder im Gebrauch angenehm und gefahrlos. Dose von 350 gr.
Inhalt Mk. 8,- 8 Dosen geben ein Postkolli. Versand gegen Nachnahme
ab Hier. Probedosen umsonst und portofrei, empfiehlt Oscar
Liebstädter, Gersfeld, Rhön." |
Hochzeitsanzeige von David Wahlhaus und Therese geb. Katz (1923)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Juni 1923: "David
Wahlhaus - Therese Wahlhaus geb. Katz. - Vermählte - Gersfeld -
Sontra. Trauung: Sonntag, 7. Juni, Deutsches Haus, Fulda." |
Hochzeitsanzeige von Leopold Wahlhaus und Betty geb.
Goldner (1925)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1925: "Leopold
Wahlhaus - Betty Wahlhaus geb. Goldner.
Vermählte. Gersfeld, 2. August 1925.
Trauung: Hotel Birkenruth, Fulda, Sonntag, 2. August, mittags 12 1/2
Uhr." |
Verlobungsanzeige von Gitta Rothschild und Moses Morgenroth
(1929)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. April 1929: "Gitta
Rothschild - Moses Morgenroth.
Verlobte. Zwingenberg - Gersfeld." |
Verlobungs- und Hochzeitsanzeigen von Sussmann Moses
und Elly geb. Goldner (1930)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 16. Mai 1930:
"Wir haben uns verlobt
Elly Goldner Sußmann Moses
Gersfeld Rhön - Frielendorf
Bezirk Kassel". |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 19. Dezember 1930:
"Sussmann Moses Elly Moses geb. Goldner
Vermählte
Frielendorf / Gersfeld, den
25. Dezember 1930." |
Hochzeitsanzeige für Betti Freund und Nathan Haas
(1931)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. August 1931:
"Betti Freund - Nathan Haas zeigen ihre - Gott sei gepriesen -
Dienstag, 5. Elul (18. August) 1 Uhr, Synagoge Herzog-Rudolf-Straße
stattfindende Trauung an.
München Klenzestraße 30 - Gersfeld (Rhön)." |
Goldene Hochzeit von Juda Wahlhaus und Veilchen geb. Wahlhaus in Petach Tikwa
(1937)
Mitteilung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Oktober 1937:
"Goldene Hochzeit: Juda Wahlhaus und Frau Veilchen geb. Wahlhaus, Gersfeld,
jetzt Petach Tikwah, Rechow Nordau. Im Monat Marcheschwan." |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine erste Synagoge
wurde in der früheren "Judengasse" (Hochstraße) Ende des 18.
Jahrhunderts erbaut. Sie ist 1814 abgebrannt. Eine zweite Synagoge wurde
1816 erbaut. Auch sie ist Anfang Mai 1886 ein Opfer des Feuer geworden, wie
einem Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" zu entnehmen ist:
Brand der Synagoge 1886
Bericht
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Mai 1886: "Gersfeld (Rhön), 8.
Mai (1886). Gestern Abend um 7 Uhr entstand ein Feuer in einer Scheune,
das binnen kurzer Zeit acht Hauptgebäude, worunter die Synagoge, das
israelitische Schulhaus, die Tabakfabrik von Karpf und Frank und 5
Nebengebäude in Asche legte. Erst gegen 10 Uhr galt die
Gefahr für beseitigt. Der entstandene Schaden entzieht sich vorläufig
jeder Berechnung; von besonders erheblichem Werte waren die in der
Tabakfabrik aufgespeicherten Vorräte an Zigarren und Tabak, von denen
auch nicht das Geringste gerettet werden konnte. Die Ersatzpflicht trifft
die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank und die Magdeburger
Versicherungsgesellschaft. Das Feuer soll von einem 10jährigen Knaben
gelegt worden sein." |
1887 wurde eine neue Synagoge in maurischem Stil erbaut. Das
Gebäude hatte 84 Männer- und 40 Frauenplätze.
Aus der Geschichte der Synagoge
wird einmal als besonderem Höhepunkt von der Einweihung einer neuen Torarolle
im Juni 1926 berichtet:
Einweihung einer neuen Torarolle 1926
Bericht in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Juli 1926: "Gersfeld, 22. Juni
(1926). Im einfach, aber sinnig geschmückten Gotteshause wurde die
Einweihung eines neuen Sefer gefeiert. Nach dem Absingen einiger Psalmen
wurden alle Torarollen ausgehoben, die neuen Torarollen
hereingeholt und die Zeremonie wie am (Feiertag) Simchat Tora vorgenommen, worauf Herr Provinzialrabbiner Dr. Cahn
– Fulda das Mi Scheberach-Gebet
für die Gemeinde sprach. Auf das Einheben der Torarollen folgte das Mincha-Gebet,
und nun erreichte die schlichte Feier ihren Höhepunkt in der
eindrucksvollen, tief durchdachten und doch volkstümlich gehaltenen
Predigt unseres Herrn Rabbiners. Die Feier nahm einen erhebend schönen
Verlauf. Nach Beendigung des Gottesdienstes vereinigte ein geschmackvoll
zubereitetes Gastmahl einen großen Teil der Gemeinde in der Restauration
des Herrn Grünebaum, wobei ebenfalls Worte der Tora mit hebräischen Gesängen abwechselten.
Hervorgehoben sei aus der Ansprache des Herrn Lehrers Katz, dass durch den
Sammeleifer der Kinder selbst bei geringer Beitragsleistung schon der größte
Teil des Betrages für das Sefer
aufgebracht worden ist. Gar zu schnell verflossen bei solcher Anregung die
Nachmittagsstunden und hinterließen in uns den nachhaltigen Eindruck
einer Freude über eine Weisung." |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde
die gesamte Inneneinrichtung der Synagoge geschändet und zerstört. Die
Gebetbücher und Ritualien wurden auf die Straße geworfen. Dann wurde Feuer
gelegt. In der Chronik der Stadt Gersfeld findet sich handgeschrieben folgender
Eintrag von Altbürgermeister S.: "Am Morgen des 10.11. 1938 wurde die
ganze Schuljugend von ihren Lehrern zu und in die Synagoge geführt, um
ehrfurchtsvoll die große Tat der Zerstörung eines Gotteshauses zu
bewundern!".
Das Grundstück der ehemaligen Synagoge ist heute unbebaut. Ein Gedenkstein
zur Erinnerung an die jüdische Gemeinde befindet sich seit Juni 2003 am
Eingang der Hochstraße.
Adresse/Standort der Synagoge: Hochstraße
10-12 (ehemals Judengasse) - der Gedenkstein zur Erinnerung an die
jüdischen Gemeinden ist auf der dem Synagogengrundstück gegenüberliegenden
Seite am Eingang der Hochstraße
Fotos
(Quelle des historischen Fotos: Arnsberg Bilder S. 72)
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Gersfeld |
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs
(innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus
hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar:
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41
Zu Gersfeld sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,364 Geburts-, Trau- und Sterberegister der
Juden von Gersfeld/Rhön 1811 - 1875: Jüdisches
Geburtsregister 1811 - 1870, Jüdisches Trauregister
1816 - 1869, Jüdisches Sterberegister 1811 - 1875, Auflistung
der Zeugen bei der Beerdigung verschiedener Gemeindemitglieder; darin auch
unvollständiges alphabetisches Namensverzeichnis zu einem unbekannten
Register https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2100841 |
|
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Weyhers |
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs
(innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus
hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar:
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41
Zu Weyhers sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,803 Gräberverzeichnis des jüdischen Friedhofs
in Weyhers, aufgenommen 1936 von Jacob Leopold, Lehrer in Ingolstadt
1858 - 1935; enthält ein Verzeichnis der Verstorbenen, geordnet nach
Gräberfeldern und Grabnummern auf dem jüdischen Friedhof in Weyers;
enthält auch Angaben zu Personen aus Gersfeld, Hettenhausen,
Lütter, Poppenhausen, Schmalnau, Wüstensachsen
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v5319785
HHStAW 365,804 Gräberverzeichnis des jüdischen Friedhofs
in Weyhers 1900 - 1936: enthält ein Verzeichnis der
Verstorbenen, geordnet nach Gräberfeldern auf dem jüdischen Friedhof in
Weyhers; enthält auch Angaben zu Personen aus Gersfeld, Hettenhausen,
Schmalnau und Wüstensachsen
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v290091
|
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 251-254. |
| ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder -
Dokumente. S. 72. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 20-21. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 417-418. |
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 95-96. |
|
Juden in Deutschland und 1000 Jahre Judentum in Fulda.
hrsg. von Michael Imhof. Zukunft Bildung Region Fulda e. V.
Erschienen im Michael Imhof Verlag
Petersberg 2011.
24 x 30 cm, 440 Seiten, 700 S/W und 200 Farbabbildungen, Hardcover. ISBN 978-3-86568-673-2
(D) 44,00 € CHF 62,90 (A) 45,25 € .
Zu Gersfeld Beitrag von Michael Imhof S. 314-321. |
| Michael
Imhof: 400 Jahre Juden in der Rhön. Herausgegeben von Zukunft Bildung Region Fulda e. V.
21 x 29 cm, 344 Seiten, 562 Farb- und 59 S/W-Abbildungen, Klappenbroschur. ISBN 978-3-7319-0476-2
(D) 39,95 €, (A) 41,10 €, CHF 45,90.
Erschienen im Michael Imhof-Verlag.
Informationsseite
zur Publikation mit Downloads und "Blick ins Buch"
|
|
Michael
Imhof: Juden in der Rhön. Jubiläumsausgabe 1700 Jahre jüdisches Leben
in Deutschland. Hrsg. von Zukunft Bildung Region Fulda e.V.
2. erweiterte Neuauflage des
oben genannten Buches.
21 x 29 cm, 424 Seiten, über 689 Farb- und 40 SW-Abbildungen.
Klappenbroschur. ISBN 978-3-7319-1176-0. 39,95 €.
Erschienen im Michael Imhof-Verlag.
Informationsseite zur Publikation mit Downloads und "Blick ins Buch"
Seit 400 Jahren waren Juden in den Landstädten und Dörfern der hessischen
Rhön urkundlich verbürgt. Ende des Mittelalters und noch zu Beginn der
Frühen Neuzeit aus ihren angestammten Wohngebieten vertrieben, fanden viele von ihnen auf den Territorien von Ritterschaften und der Universität Würzburg auch in der Rhön eine neue Bleibe. Erst mit der rechtlichen Gleichstellung der Juden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte für sie ein wirtschaftlicher und sozialer Prozess ein, der den Namen Emanzipation verdient. In den Gemeinden der Rhön wurden sie zu wesentlichen Wegbereitern der Moderne. Dieser Entwicklung stellte sich ein zunehmender Antisemitismus schon in der Kaiserzeit entgegen. Als mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 der Judenhass zum Regierungsprogramm wurde, begann auch für die in der Rhön lebenden Juden eine Zeit der Demütigungen und Verfolgungen mit dem Ziel ihrer Vertreibung und
Vernichtung.
Rezension von Jutta Hamberger in den Osthessen-News vom 18. Oktober 2021:
https://osthessen-news.de/n11655845/aufwuehlende-spurensuche-in-der-rhoen-michael-imhoff-juden-in-der-rhoen.html.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Gersfeld
Hesse-Nassau. Established around 1750, the community numbered 119 (8 % of the
total) in 1871. A new synagogue (its third) was built after a distrous fire in
1886. Jews played a major role in commerce and were elected to the town council.
Nazi violence and boybott measures reduced their number from 114 (7 %) in
1933 to 20 on Kristallnacht (9-10 November 1938), when the synagogue was
destroyed. At least 39 Jews emigrated (15 to Palestine). Some of the 56 who
moved to other German towns later perished in death camps. Jewish survivors of
the Buchenwald concentration camp, housed in Gersfeld after Wordwar II mostly
left for Israel in 1948.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|