Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia
Judaica
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und
bestehende) Synagogen
Übersicht:
Jüdische Kulturdenkmale in der Region
Bestehende
jüdische Gemeinden in der Region
Jüdische
Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur
und Presseartikel
Adressliste
Digitale
Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Unterfranken"
Greußenheim (VG
Hettstadt, Kreis Würzburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Greußenheim bestand eine jüdische Gemeinde bis etwa
1925. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück.
1820
wurden bei der Erstellung der Matrikelliste für Greußenheim neun jüdische
Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen; in Klammer das Alter des Haushaltsvorstehers, die
ersten acht Personen waren alle verheiratet, Kinder werden in der Liste nicht
aufgeführt): Joseph Linz (74), Isaac Horn (62), Marx Fröhlich (42), David
Fröhlich (40), Löw Goldschmitt (40), Aaron Fröhlich (38), Löw Linz (31),
Isaac Goldschmitt (33), Simon Fröhlich (36, ledig). Die Familien
"Fröhlich" schrieben sich zunächst noch "Fröhlig". Als
Erwerbszweig wird bei fast allen "Nothandel mit Vieh und Waren"
aufgeführt; nur Isaac Goldschmitt lebte vom
"Spezereihandel".
1840
lebten laut Pfarrarchiv zehn jüdische Familien mit etwa 40 Personen am
Ort. Auch im Bericht von 1869 (siehe unten) ist von zehn -
"nicht sehr bemittelten" jüdischen Familien die Rede.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule sowie ein rituelles Bad. Die Toten der jüdischen Gemeinde
wurden auf dem jüdischen Friedhof in Laudenbach
beigesetzt.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zumindest
zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig
war.
Um 1924, als noch 11 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (in drei
Haushaltungen; 1,22 % von insgesamt 900 Einwohnern), war (letzter) Vorsteher der
jüdischen Gemeinde ein Herr Linz (vermutlich der unten genannte Julius Linz).
Die Gemeinde war dem Distriktsrabbinat Würzburg zugeteilt. Wenig später wurde
die Gemeinde aufgelöst.
Bis 1936 hatten alle jüdischen Einwohner den Ort verlassen. Unter den
letzten waren Mayer Linz, Nathan Eppstein und Max Simon Fröhlich. Mehrere der
früheren Greußenheimer Juden wurden von anderen Orten aus deportiert, darunter
der Studienrat Dr. Benno Hirnheimer, der in Würzburg an der Israelitischen
Lehrerbildungsanstalt unterrichtet hatte sowie Jette Eppstein geb. Hirnheimer,
die zuletzt in Würzburg (Dürerstraße 20) lebte (Frau des Toraschreibers
Nathan Eppstein, siehe Anzeige unten).
Von den in Greußenheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jette Eppstein geb. Hirnheimer
(1865), Ferdinand
Fröhlich (1898), Rike (Ricka) Fröhlich (1872), Dr. Benjamin (Benno) Jakob Hirnheimer (1897, war Seminarlehrer in
Höchberg), Gitt (Githa)
Hirnheimer geb. Hirnheimer (1862), Jakob Beno Hirnheimer (1897), Sofie Katz geb. Hirnheimer (1898), Julius Linz (1872).
Berichte aus der jüdischen Gemeinde
Berichte aus dem
jüdischen Gemeindeleben
Die
jüdischen Familien in Greußenheim sammeln Spendengelder (1869)
Anmerkung: es ging um einen Aufruf zu Sammlung von Spenden für die von einer
schweren Hungersnot betroffenen jüdischen Gemeinden in
Westrussland
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 28. April 1869: "In Greußenheim bei Würzburg wohnen
10 nicht sehr bemittelte israelitische Familien. Angeregt durch den
Artikel 'Wohltätigkeit' von Maskil el Doll in Nr. 12 und 13 dieses
Blattes, welchen der Vorsteher, Herr Emanuel Hirnheimer, in der
Synagoge vorgelesen hat, haben diese 10 Familienväter 117 fl. 33 kr.
gesammelt und nach Würzburg geschickt. Dies zur Nachahmung!
St." |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Mendel Emanuel Hirnheimer (1898)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. April 1898:
"Greußenheim (Unterfranken). Einen schweren Verlust erlitt unsere
Gemeinde durch das am Schabbat Paraschat Para erfolgte Hinscheiden
des Herrn Mendel Hirnheimer - das Andenken an den Gerechten ist zum
Segen - welcher durch seine aufrichtige Frömmigkeit, hohe
Gelehrsamkeit und seinen biederen Sinn in weiten Kreisen verehrt und
geschätzt wurde. Aus braver, durch ihre Verdienste um Pflege und
Verbreitung von Tora berühmter Familie stammend, besuchte der
Verblichene lange Jahre die Jeschiwa des gelehrten Rabbiners Wechsler - das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen - in Schwabach,
wo er sich jenes große Wissen, jene Anspruchslosigkeit und Bescheidenheit
aneignete, welche ihn während seines ganzen, von Prüfungen und herben
Erfahrungen oft begleiteten Lebens auszeichneten. So trauert nicht nur
seine Familie um den liebevollen Gatten und Vater, sondern sein
Hinscheiden lässt auch eine klaffende Lücke in unserer Gemeinde und im
Kreise aller derjenigen, welche dem edlen Manne im Leben nahe standen und
sein Andenken stets hochhalten werden." |
Angaben zur Person (nach Strätz I S.
134): Mendel Emanuel Hirnheimer, Kaufmann, war verheiratet mit Babette
geb. Goldschmidt. Tochter Jette geb. Hirnheimer war mit Nathan Eppstein
verheiratet, siehe unten) |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige des Sofer (Torarollen-Schreibers) Nathan Eppstein
(1928)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. September 1928:
"Meinen verehrten Kunden teile ich hierdurch mit, dass ich von Greußenheim
nach Heidingsfeld verzogen bin.
Ich halte mich weiterhin für Lieferung von Tefillin, Mesusos usw. und
Sofer-Arbeiten jeder Art in bekannter gewissenhafter Ausführung
bestens empfohlen. (Referenzen orthodoxer Rabbiner stehen zu Diensten). Nathan
Eppstein, Sofer, Heidingsfeld, Johannitergasse 14." |
Angaben zur Person (nach Strätz I S.
134): Nathan Eppstein (geb. 1865 in Mönchsroth als Sohn des
Toraschreibers Simon Eppstein, gest. 1942 in Würzburg), war neben seinen
Tätigkeiten als Toraschreiber als Kaufmann, auch als Hausierer/Reisender
unterwegs. 1891 hatte er ein Kolonialwarengeschäft in Greußenheim
übernommen, 1928 kam er nach Heidingsfeld und war hier auch als
Friedhofspfleger der israelitischen Gemeinde Heidingsfeld tätig. Bis 1938
betrieb er auch einen Hausierhandel mit Wäsche. Seit März 1939 im
Israelitischen Pfründnerheim Würzburg Dürerstr. 20. Seine Frau Jette
geb. Hirnheimer, geb. 1865 in Greußenheim (als Tochter des oben genannten
Mendel Emanuel Hirnheimer) ist 1943 im Ghetto Theresienstadt
umgekommen. |
Zur Geschichte der Synagoge
Die Synagoge wurde um 1850 erbaut. Es dürfte sich um
ein jüdisches Gemeindezentrum mit Synagoge, Lehrerwohnung und Schule gehandelt
haben. Die Synagoge war bis mindestens Anfang der 1920er-Jahre (Auflösung der
Gemeinde 1923) Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens am Ort. 1934
wurde das Gebäude verkauft.
Über mehrere Jahrzehnte wurde das Gebäude als Lagerhalle der Fa. Raiffeisen
verwendet. Inzwischen ist es umgebaut zu einem Wohn- und Geschäftshaus. Eine
Hinweis- oder Gedenktafel ist nicht vorhanden. Von der baulichen Substanz des
ehemaligen Synagogengebäudes dürfte Wesentliches noch erhalten sein. Die
beiden kleinen Giebelfenster dürften auch noch im Original vorhanden
sein.
Adresse/Standort der Synagoge: Raiffeisenstraße 2
Fotos
Die ehemalige Synagoge in
Greußenheim |
|
|
|
|
|
Beim Gebäude der
ehemaligen Synagoge in Greussenheim dürfte es sich - wie in vielen
anderen Orten auch - um ein jüdisches Gemeindezentrum gehandelt haben:
die eine
Hälfte des Gebäudes war Synagoge, die andere Lehrerwohnung und
Schule |
Erkennbar im Giebel: ein
kleines
Giebelfenster, das noch im Original
vorhanden sein dürfte |
|
|
|
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Kein Abschnitt zu Greußenheim bei Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 62. 1992² S. 67. |
| Kein Abschnitt in Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch).
|
| Jutta Sporck-Pfitzer: Die ehemaligen jüdischen
Gemeinden im Landkreis Würzburg. Hg. vom Landkreis Würzburg. Würzburg
1988. S. 65.
|
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 193.
|
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|