Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden zunächst vermutlich in (Haigerloch-)Weildorf
und Mühringen beigesetzt. Seit der Mitte
des 17. Jahrhunderts bestand ein eigener Friedhof in Hechingen (Lage am sogenannten "Galgenrain"
zwischen Hechingen und Sickingen; Flurstück 1903; bereits dazugekauft zu einer
künftigen Erweiterung war das Waldstück 1902; Fläche 47,45 a). 1907 wurde
eine Friedhofshalle erbaut, deren Inneneinrichtung 1939/40 zerstört wurde.
Heute befindet sich in ihr eine Gedenktafel mit den Namen von 22 aus Hechingen
verschleppten jüdischen Personen.
Der Friedhof wurde auch nach 1945 mehrfach belegt (1958, 1995 und seit 2002 von
den wenigen, in Hechingen wieder lebenden jüdischen Familien).
Aktuelle Hinweise:
März 2017: Der
jüdische Friedhof wird in den kommenden Jahren (bis 2021) saniert, vor allem
werden die Umfassungsmauern hergestellt. Die Finanzierung der etwa eine halbe
Million Euro umfassenden Maßnahmen übernehmen gemeinsam die Stadt Hechingen,
die Denkmalstiftung und das Land Baden-Württemberg. Mit der Sanierung soll
langfristig das Abrutschen des über dem Friedhof liegenden Hanges verhindert
werden.
Siehe Pressemitteilung
in der "Hohenzollerischen Zeitung" vom 3. März 2017.
Juni 2018:
Schändung des Friedhofes
- Bitte des Polizeireviers Hechingen vom 13. Juni 2018 wegen "Sachbeschädigung
auf dem jüdischen Friedhof.
Hechingen-Sickingen (ots) - In der Nacht von Freitag auf Samstag haben
unbekannte Täter auf dem jüdischen Friedhof in Sickingen einen Grabstein
umgestoßen und einen zweiten über die Friedhofsbegrenzung geworfen. Der
umgestoßene Grabstein zerbrach, der fliegende Grabstein beschädigte die
Friedhofsmauer. Zur Höhe des entstandenen Sachschadens gibt es noch keine
Schätzungen. Das Polizeirevier Hechingen hat nach der am Dienstag erfolgten
Ermittlungen wegen Sachbeschädigung aufgenommen und nimmt sachdienliche Hinweise
zu der Straftat entgegen (Telefon 07471 9880 0)."
Die Lage des Friedhofes
Lage des jüdischen Friedhofes Hechingen
(durch
Pfeil markiert) (Topographische Karte aus den 1970er-Jahren)
Lage des jüdischen Friedhofes
in Hechingen auf dem dortigen
Stadtplan: oben anklicken und unter
"Behörden und öffentliche
Einrichtungen" weiterklicken zu
"Friedhof, israel."
Link zu den Google-Maps
(der grüne Pfeil markiert die Lage des Friedhofes)
Links: Grabstein für Julius
Koch
aus Cannstatt (1816-1895)
Grabstein links für Sarah
Liebmann
geb. Wallersteiner (1806-1875)
Teilansicht im neueren
Teil des Friedhofes
Sanduhren als Symbole
des
zerrinnenden Lebens
Tafel auf dem Grabstein
für Baruch Mayer (1813-1900)
Grabstein links
für Jakob Löb und Rebecka Löb geb. Wolf, rechts für Jakob Weil
und Henriette Weil geb. Levi
Teilansicht im neueren
Teil des Friedhofes
Grabstein im Vordergrund
für Dr. Ernst Rosenfeld (gest. 1995)
Grabstein für Rabbiner
Dr. Samuel Mayer (1807-1875)
Grabstein für Arthur Fauser (1923-2002)
Bisher letzte Beisetzung
im Juni 2003
Der Friedhof in Herbst 2003 und im
Winter 2004
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 13.10.2003; Fotos mit *) vom 26.12.2004)
Die Kaullastraße erinnert an
die Hoffaktorenfamilie
Kaulla; über die Straße
'Am Fichtenwald' kommt man
zum Friedhof
Die Friedhofsmauer
Das Eingangstor
Blick zur Friedhofshalle
Die Friedhofshalle vom
Friedhof aus gesehen*
Teilansicht*
Grabsteine
im alten Teil
Im alten Teil des Friedhofes,
zahlreiche Grabsteine liegen auf dem Boden
- von Moos überwachsen*
Blick auf die Gräber
der
Familie Kaulla
In der Mitte das Grab der Hoffaktorin "Madame Kaulla"
Im neueren Teil
des Friedhofes
Grabstein für Rabbiner Dr.
Samuel Mayer
(letzter Hechinger Rabbiner, gest. 1875)
Im neueren Teil
Grabstein für Baruch Mayer
Neuere Gräber
Grab von Arthur Fauser*, der
letzte jüdische Hechinger aus der alten Gemeinde;
tragischerweise
gestorben bei den Renovierungsarbeiten in der ehemaligen Synagoge
Haigerloch (zum Anklicken: Artikel in der Hohenzollerischen
Zeitung vom 8.2.2002)
Grab für einen jungen
russischen
Emigranten*, 2003 gestorben
Ältere Fotos (Fotos: Hahn, entstanden Mitte der 1980er-Jahre; untere drei
Zeilen: Fotos: R. Klotz, 1984)
Eingangstor zum Friedhof
Teil der Umfassungsmauer
Friedhofshalle
Blick über den älteren Teil des Friedhofes
Alter Grabstein
Grabinschrift für Baruch Mayer
Die Kaulla-Grabstätte
Grabsteine im neueren Teil
Geschichte und Natur reichen sich die Hand
Blick über den älteren Teil des Friedhofes
Einzelne
Grabsteine
Grabstein für Rabbiner Dr.
Samuel Mayer
Grabstein für Sarah Liebmann
geb. Wallersteiner (1806-1875)
April 2011:Friedhof muss auf Grund von Hang-Rutschungen
geschlossen werden
Artikel von Susanne Mutschler im "Schwäbische Tagblatt"
(Tübingen) vom 2. April 2011 (Artikel):
"Das Haus des Lebens ist zu. Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof wackeln bedenklich. Der jüdische Friedhof in Hechingen besteht seit 350 Jahren. Vor kurzem wurde
'das Haus des Lebens', wie die Juden ihre Friedhöfe nennen, geschlossen. Die Erosion hat die alten Grabsteine ins Rutschen gebracht und drückt auf die Friedhofshalle.
Hechingen. Bereits im vergangenen Herbst war das lauschig am Waldrand gelegene Areal plötzlich zu – die Öffnungszeiten waren eh begrenzt: Als die Hechinger Stadtführerin Hanne Grunert einigen der Teilnehmer der Tagung
'Juden in der Textilindustrie' den jüdischen Friedhof zeigen wollte, stellte sie fest, dass dieser von der Hechinger Stadtverwaltung auf unbestimmte Zeit geschlossen worden war.
'Niemand konnte mir sagen, ob er jemals wieder öffnet', erzählt sie. Für sie ist der Friedhof
'ein ganz besonderer Ort – ein wunderschöner stiller Platz, an dem sich die ganze Geschichte der jüdischen Gemeinde ablesen lässt'.
'Ein rührend Bild irdischer Vergänglichkeit, stiller Abgeschiedenheit und sanfter
Wehmut', hatte einst Samuel Mayer, der letzte Rabbiner Hechingens, formuliert. Er starb 1875 und ist einer der über 1000 Toten, die der jüdische Friedhof birgt. Rund 650 Grabsteine, die meisten aus Sandstein, sind erhalten.
Mitte des 17. Jahrhundert hatten die Hechinger Juden die Erlaubnis bekommen, ihre Verstorbenen weit außerhalb der Stadt am Hang des verachteten Galgenberges zu begraben. Weil das Gelände zur Allmende gehörte, mussten sie Pacht dafür bezahlen. 1764 gestattete Fürst Joseph von Hohenzollern, dass die Juden einen Zaun um ihr Gräberfeld zogen. Der Galgen auf dem Hügel wurde erst unter der Herrschaft von Fürst Hermann Friedrich Otto (1798 – 1810) entfernt. Damals bekam der jüdische Friedhof auch eine Außenmauer. 1907 wurde die von Friedrich Wilhelm Laur entworfene Friedhofskapelle mit Kuppeldach gebaut. Im Sommer erhebliche Schäden festgestellt. Im Sommer 2010 stellten Peter Blumhagen vom Hechinger Friedhofsamt und der Hechinger Statiker Sigurd Dehn bei einem Kontrollgang über den jüdischen Friedhof
'erhebliche Schäden' fest. Blumhagen hatte ein technisches Prüfgerät dabei, eine Art Stoßsimulator, mit dem er die Standfestigkeit der Grabmale testete. 60 der Grabsteine reagierten darauf mit Wackeln.
'Wenn einer der Steine umfällt, dann sind wir dran', so erklärt der Beamte, was man im Verwaltungsdeutsch unter Verkehrssicherungspflicht versteht.
Noch schlimmer steht es um die Außenmauern des Friedhofs und die Kapelle neben dem Eingangstor. Die Fundamente seien seit Jahren durch die Erosion unterspült und hätten sich
'hangseits' gesetzt, erklärt Dehn. In den Wänden und dem Kuppeldach hätten sich bereits so breite Risse geöffnet, dass
'man die Hand hineinstecken kann'. Es bestehe die Gefahr, dass sich das Gebäude weiter senke und es –
'nicht heute und wahrscheinlich auch nicht morgen' – ganz zusammenbrechen werde.
'Wir mussten den Friedhof sperren, es ist einfach zu gefährlich für die
Leute', sagt Verwaltungsmann Blumhagen. Klärende Gespräche mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft (IRG) in Stuttgart, der rechtlichen Eigentümerin des Hechinger Friedhofs, hält er für dringend nötig.
'Die Sache beschäftigt uns schon seit langem.' Allein die Grabsteine wieder aufzurichten und mit neuen Fundamenten gegen das Abrutschen zu sichern, würde rund 24 000 Euro kosten. Das Unterfangen der Außenmauer und der Friedhofshalle könnte bis zu einer halben Million Euro teuer werden, hat er vorausschauend ausgerechnet.
Der jüdische Friedhof in Hechingen ist denkmalgeschützt. Formalrechtlich habe er bei der Denkmalbehörde denselben Status wie etwa ein Kriegerdenkmal. Die Hechinger Stadtverwaltung sei nur zur Gartenpflege verpflichtet.
Gleichzeitig ist Blumhagen bewusst, dass es zur jüdischen Vorstellung von ewiger Ruhe passt, wenn die Grabmale verwittern und überwuchert werden. Sie dürften abbröckeln, sich im Laufe der Zeit senken und vielleicht sogar ganz zum Liegen kommen.
'Ein jüdischer Friedhof ist eine Ruhestätte für die Ewigkeit, kein Park', bekräftigt auch Klaus Neuberger, Sekretär bei
der Stuttgarter Israelitischen Religionsgemeinschaft.
Jene habe außer dem Friedhof in Hechingen weitere 53 jüdische Begräbnisstätten in ihrer Obhut. Alle Friedhöfe der im Holocaust ausgelöschten Gemeinden in Baden-Württemberg seien in den Besitz der Stuttgarter Religionsgemeinschaft übergegangen, weiß Neuberger. Mit ihren derzeit 3300 Mitgliedern könne die kleine Stuttgarter Gemeinde die Instandhaltung aller Friedhöfe nicht leisten. Man sei schon froh, wenn jeder Friedhof einmal im Jahr besucht werden könne. Landesrabbiner kennt die Problematik. Landesrabbiner Nethanael Wurmser kennt die
'schwierige Bodenbeschaffenheit' auf dem Hechinger Judenfriedhof. Auch wenn ihm noch kein offizielles Gutachten vorliegt, weiß er,
'dass es kostspielig werden wird'. Es gehe nicht nur um kleine Mäuerchen, der ganze Hang stehe unter Druck, und man dürfe keine Zeit versäumen.
'Wenn da nichts passiert, kann der ganze Berg herunterkommen', fürchtet er.
Trotzdem ist Nethanael Wurmser überraschend zuversichtlich. 'Wir werden die nötigen Dinge
machen', verspricht er."
September 2011:
Artikel zum "Europäischen Tag der
jüdischen Kultur" über den Zustand des Friedhofes
Artikel von Ernst Klett in der
"Hohenzollerischen Zeitung" (Südwestpresse) vom 3. September
2011: "Jüdischer Friedhof verfällt". Link
zum Artikel; auch als
pdf-Datei eingestellt.
Frühjahr 2011:
Der Friedhof ist in sehr schlechtem Zustand
Nach dem obigen stehenden Pressebericht vom
April 2011 ist
der Friedhof seit Frühjahr 2011 durch Hangrutschungen für Besucher
geschlossen. Beim Besuch des Friedhofes fiel eine offenbar
seit Jahren nur sehr spärliche Pflege des Friedhofes auf. Bei der
Friedhofspflege wurde in Hechingen jahrelang kaum mehr als "Dienst nach
Vorschrift" gemacht.
Im
älteren Friedhofsteil sind Dutzende von Grabsteinen umgestürzt und
werden nicht mehr aufgerichtet.
Viele
weitere Steine sind vom unmittelbaren Umstürzen bedroht.
Es werden keine
Sicherungsmaßnahmen ergriffen.
Viele
Grabsteine überwuchern von Efeu und
Gestrüpp. Es ist keine Pflege
erkennbar.
Auch im
neueren Friedhofsteil werden umgestürzte Grabsteine nicht aufgerichtet
und
überwuchern mit Moos und Efeu
Überwucherungen
im neueren Teil. Dringende
Pflegemaßnahmen sind erforderlich
Die
obere Mauer des Friedhofs ist an mehreren Abschnitten bereits eingestürzt
Juni 2013:
Der jüdische Friedhof wird wieder instandgesetzt
Pressemitteilung vom 26. Juli 2013 (Quelle:
"Schwarzwälder Bote", Artikel):
"Hechingen. Die Stadt restauriert den jüdischen Friedhof
Hechingen. Der jüdische Friedhof in Hechingen soll Zug um Zug wieder zugänglich gemacht werden. Die stufenweise Restaurierung beginnt am Montag.
Aus Gründen der Verkehrssicherheit ist der jüdische Friedhof seit einigen Jahren für Besucher gesperrt. Sorgen bereiten die Standsicherheit einzelner Grabsteine, die Schäden an der Umfassungsmauer und zum Teil der Baumbestand.
Den Friedhof zumindest teilweise wieder zugänglich zu machen, ist das Ziel der Stadt. Bürgermeisterin Dorothea Bachmann traf sich bereits im vorigen Jahr mit Landesrabbiner Netanel Wurmser und jetzt ein weiteres Mal, um die Möglichkeiten auszuloten. An der Besprechung nahmen auch Fachleute teil. Die Arbeiten wurden erörtert und beschlossen.
Am Montag, 30. September, wird mit der Instandsetzung begonnen: Die Revierförsterei wird eine ganze Reihe pilzbefallener Eschen fällen und das Buschwerk zurückschneiden. Als nächstes stehen die Standsicherheitsprüfung und gegebenenfalls die Sicherung der Grabsteine bevor. Aufwändiger wird die Sanierung der im Hangbereich zum Teil eingestürzten Friedhofsmauer, die abschnittsweise über mehrere Jahre restauriert werden soll.
Für die Instandsetzung hat das Land Baden-Württemberg in diesem Jahr einen Zuschuss in Höhe von 42.000 Euro bewilligt. Für die Sanierung der Mauer sollen weitere Fördermittel beantragt werden.
Der jüdische Friedhof am Fichtenwald wurde wahrscheinlich Mitte des 17. Jahrhunderts angelegt. 1764 erteilte Fürst Joseph Wilhelm die Erlaubnis, den Friedhof einzuzäunen, im Jahr 1800 wurde die Friedhofsmauer fertig gestellt.
Heute hat der Friedhof mehr als 1000 Grabsteine. Gräber und Grabsteine auf jüdischen Friedhöfen werden nicht eingeebnet oder abgeräumt. Grund ist der jüdische Glaube an die Auferstehung der Toten nach dem Eintreffen des Messias." .
Seit Dezember 2013: Der
jüdische Friedhof ist wieder zugänglich
Artikel im "Schwarzwälder Boten"
vom 13. Dezember 2013 (Link
zum Artikel): "Hechingen Der jüdische Friedhof ist wieder offen
Hechingen - Jahrelang war er gesperrt, nun steht die stimmungsvolle Anlage wieder Besuchern offen: Der jüdische Friedhof von Hechingen ist zugänglich. Sicherheitsgründe hatten die Stadt dazu bewogen, den Friedhof zu sperren. Der Zustand einzelner Grabsteine, der Wege und besonders der Bäume bargen Gefahren für Besucher. Im September einigten sich bei einem Ortstermin mit Fachleuten die Vertreter der Stadt und der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg auf einen Maßnahmenkatalog, um den Friedhof zu sanieren. Jetzt ist ein erster Abschnitt abgeschlossen, der den Friedhof wieder gefahrlos begehbar macht, teilt die Stadt mit.
Die Revierförsterei hat zusammen mit Baumkletterern dem Eschenwildwuchs der letzten Jahrzehnte ausgelichtet. Die Esche gilt momentan als Problembaum für die Forstleute. Ein spezieller Pilz lässt Kronen und Äste absterben. Totes Holz zu entfernen, war eine schwierige Arbeit für die Forstwirte. Die Äste und Stämme durften ja nicht auf die Grabsteine fallen.
Mitarbeiter des Betriebshofs legten einen Hackschnitzelweg entlang der unteren Friedhofsmauer an, stutzte die Hecken und schnitt Gräber frei. Ein Garten- und Landschaftsbaubetrieb sanierte eine Mauer innerhalb des Friedhofs, ein
Steinmetzbetrieb prüfte die Standsicherheit der Grabsteine. Bernd Lübbe vom städtischen Sachgebiet Friedhofswesen und Revierförster Rainer Wiesenberger koordinierten die Arbeiten. Der Friedhof kann über einen Rundweg begangen werden. Seit viele Bäume gefällt sind, biete sich eine verblüffende Übersicht über die Friedhofsanlage mit ihren rund 1000 alten Grabsteinen. Hinweis: Der Schlüssel für die Friedhofspforte kann nach Voranmeldung beim städtischen Bürger- und Tourismusbüro, Telefon 07471/940-211 bis -214, ausgeliehen werden."
Juni 2018:
Erneute Schändung des Friedhofes
Artikel von Hardy Kromer im "Zollernalbkurier"
vom 13. Juni 2018: "Unbekannte werfen auf dem Jüdischen Friedhof mit
Grabsteinen.
Schierer Vandalismus oder gezieltes Werk von Antisemiten? Die Freveltat am
Hechinger Stadtrand Galgenrain löst in jedem Fall blankes Entsetzen aus.
Es ist wieder passiert: Wie zuletzt vor 25 und vor 28 Jahren ist der
Jüdische Friedhof Hechingen von bislang unbekannten Tätern geschändet
worden. In der Nacht von Freitag auf Samstag machten sich die Freveltäter
auf dem abgeschieden am Hechinger Stadtrand in Richtung Sickingen gelegenen
Friedhof an ihr Werk. Täter zerstören Grabsteine. Sie stießen einen Grabstein um und
zerstörten ihn dadurch. Einen zweiten, kleineren Grabstein warfen sie über
die an dieser Stelle schon frisch sanierte Friedhofsmauer und beschädigten
dadurch ebendiese. Anders als bei ähnlichen, früheren Taten hinterließen die
Täter diesmal keine Schmierereien, die auf eine rechtsradikale Gesinnung
hindeuten. Israelitische Religionsgemeinschaft: 'furchtbar!' Michael Kashi,
Vorstandsmitglied der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg, der
der Friedhof gehört, braucht jedoch keine Hakenkreuze, um gezielten
Antisemitismus zu erkennen. 'Man sieht, dass das jemand absichtlich gemacht
hat', sagte er im Gespräch. 'Das erleben wir leider immer wieder und
überall.' 'Furchtbar' nennt Kashi, was in Hechingen passiert ist, und merkt
nüchtern an: 'Nicht alle Menschen auf der Welt müssen Juden mögen. Aber was
haben ihnen die Toten getan?' Dass man die Toten nicht einfach in Frieden
lassen könne, dafür hat er absolut kein Verständnis. Noch einmal:
'Furchtbar!' Auch der neue Hechinger Bürgermeister Philipp Hahn hat die Tat
kommentiert: 'Das Bewusstsein für die jüdische Vergangenheit in Hechingen
ist mir und dem Gemeinderat ein wichtiges Anliegen. Ein solcher Vandalismus
ist zu verabscheuen.' Die Polizei ermittelt. Entdeckt worden war die Schändung am Samstag
von Mitarbeitern der Spezialfirma Kiris-Bau aus Freudenstadt, die derzeit im
Auftrag der Stadt Hechingen die bröckelnde Umfassungsmauer saniert. Die
Israelitische Religionsgemeinschaft, die von der Stadt informiert wurde, hat
umgehend bei der Hechinger Polizei Anzeige gegen Unbekannt erstattet – auch
wenn Michael Kashis Hoffnung, dass die Täter geschnappt werden, eher gering
ist. 'Vor ein paar Monaten', erzählt er, 'wurde die Fassade der Synagoge in
Ulm beschädigt. Dort gibt es sogar eine Videoüberwachung, und trotzdem wurde
die Tat bislang nicht aufgeklärt.' Die letzten Grabschändungen, an die sich
Kashi erinnert, waren vor Jahresfrist in Sontheim bei Heilbronn,
sinnigerweise an Adolf Hitlers Geburtstag, und 2007 in Freudental im Kreis
Ludwigsburg. In der Gemeinde, in der seinerzeit Dorothea Bachmann
Bürgermeisterin war, ging man ebenfalls von einer rechtsradikalen
Täterschaft aus. Morgen wird Landesrabbiner Netanel Wurmser in Hechingen
erwartet, um sich ein Bild von den Schäden zu machen. Der Besuchstermin
stand freilich schon vor der Freveltat fest und dient in erster Linie der
Besichtigung des Sanierungsfortschritts. Auch Vertreter des
Landesdenkmalamts und der Stadt Hechingen werden draußen am 'Galgenrain'
dabei sein."
Link zum Artikel
Zum
Foto: eine Gruppe von Studierenden aus Tübingen besucht unter Leitung von Dr.
Frowald Gil Hüttenmeister den Friedhof in Hechingen. Quelle: hier
anklicken
Otto Werner: Synagogen und jüdischer Friedhof in Hechingen.
Schriftenreihe des Vereins Alte Synagoge Hechingen. Bd. 1. Hechingen/Albstadt
1996. 211 Seiten.
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