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Kairlindach (Markt
Weisendorf, Kreis Erlangen-Höchstadt)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Kairlindach bestand eine jüdische Gemeinde bis um
1900. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. 1675
wollten sich die beiden Juden Leö (Löw) und Schimmel aus Neuhaus in
Kairlindach niederlassen. Sie beabsichtigten, eine öde Brandstätte am Ende des
im Dreißigjährigen Krieges abgebrannten Dorfes zu erwerben und dort ein Haus
bauen. Beide boten einen guten Kaufpreis und erhielten daher von der
Ortsherrschaft die Genehmigung zur
Niederlassung, zumal es keine christlichen Käufer für
die Brandstätten gab. Weitere jüdische Familien erhielten in den folgenden
Jahrzehnten das
Recht zu Niederlassung. 1697 waren drei Häuser im Ort in jüdischem Besitz.
1705 zahlten die sieben israelitischen Haushalte jeweils 6 Gulden Schutzgeld im
Jahr. 1717 wurden bereits 65 jüdische Einwohner in 14
Familien gezählt. Bis 1728 war die Zahl der jüdischen Familien auf sieben
zurückgegangen, um danach wieder anzusteigen: 1736 10, 1763 13 und 1771 14 jüdische
Familien (beziehungsweise Haushaltungen).
Bereits 1717 wird ein Vorsänger
und Schächter genannt, gleichfalls 1776, als von einem jüdischen "Schulmeister"
und seiner Frau die Rede ist, womit ebenso ein Vorsänger gemeint war, der auch die
Kinder der Gemeinde unterrichtete.
Die jüdischen Familien lebten bis zur ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts überwiegend vom Handel mit Schnittwaren, Hopfen und Vieh,
einige auch teilweise von der Landwirtschaft. Dazu kamen einige Handwerker
(Wagner, Schuhmacher).
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19. Jahrhundert
wie
folgt: 1811 wurden 76 jüdische Einwohner in Kairlinbach gezählt (29,6 % von
insgesamt 257 Einwohnern), 1840 87 (26,3 % von 331), 1852 74 (25,3 % von 293),
1861 54, 1875 37 (12,8 % von 288), 1880 15 (5,3 % von 285) und 1892 noch zwei
Familien, 1900 9 (3,4 % von
261). Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts waren viele jüdische Einwohner in die
umliegenden Orte und Städte verzogen, vor allem nach Fürth und Erlangen.
An Einrichtungen verfügte die Gemeinde über eine Synagoge (s.u.),
zeitweise eine Religionsschule und ein rituelles Bad. Die Gemeinde war bis 1845 dem Rabbinat
Adelsdorf, dann dem Rabbinat Ühlfeld zugeteilt. Die Toten wurden im
jüdischen Friedhof in Zeckern beigesetzt.
Bis heute ist hier u.a. das Grab von Elieser Levi Weinmann aus Kairlindach
erhalten (gest. 1887). Einen eigenen Religionslehrer, der zugleich als Vorbeter und Schächter
fungierte, hatte die Gemeinde nur bis in die 1830er-Jahre angestellt. Im Blick auf den Unterricht der jüdischen
Kinder gab es einen längeren Streit mit der jüdischen Gemeinden im
benachbarten Weisendorf. Die Kairlindacher jüdischen Familien weigerten
sich, ihre Kinder nach Weisendorfer in eine dort geplante jüdische Konfessionsschule zu schicken, weshalb 1813
behördlicherseits verfügt worden war, dass die Weisendorfer nur eine
Religionsschule einrichten konnten, und ihre Kinder die
protestantische Schule zu besuchten hatten. Ab 1840 besuchten die
jüdischen Kinder aus Kairlindach immerhin den Religionsunterricht in Weisendorf
(von 1840 bis 1866 war dort Jonathan Uffenheimer Religionslehrer).
Das Ende der jüdischen Gemeinden war im Laufe der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts
absehbar. In Spendenlisten der jüdischen Gemeinden erscheinen ab 1885 noch die
Namen von Gerson Meinhardt (Mainhard, 1885/1886), Babette Weinmann (heiratet
1887 Albert Krailsheimer), H. Naftali (1892/1893), M. Kalmus (1895), J. Kalmus
(1898/1901). Zeitweise wurde noch über eine Zusammenlegung der jüdischen
Gemeinden Weisendorf und Kairlindach nachgedacht. 1894/1900 waren jedoch nur
noch zwei jüdische Familien mit zusammen neun Personen am Ort, darunter die
Familie von Schächter Weimann. 1901 wurde kein jüdischer Einwohner
mehr gezählt.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
In jüdischen Periodika des 19./20.
Jahrhunderts wurden - außer Nennungen von Personen in Spendenlisten z.B.
der Zeitschrift "Der Israelit" - noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in Kairlindach gefunden. |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war wohl eine Betstube in einem der jüdischen
Häuser eingerichtet. 1766 erwarb die jüdische Gemeinde zwei Kammern im
Haus von Joseph Süßlein, die über eine Stiege erreichbar waren. Diese wurden
zu einer Synagoge umgebaut.
1832 plante die jüdische Gemeinde den Bau einer neuen Synagoge und
erwarb zu diesem Zweck einen Bauplatz am Ende des Dorfes (alte Haus-Nr. 24 1/2,
Plan Nr. 69). Aus finanziellen Gründen und durch die sich in den folgenden
Jahren zunehmende Aus- und Abwanderung jüdischer Einwohner wurde der Plan nicht
mehr verwirklicht. Auf dem Grundstück wurde 1870 eine "Wohnung mit
Badeanstalt für israelitische Frauen" (nicht ein rituelles Bad)
errichtet. Nach Auflösung der jüdischen Gemeinde kam dieses Gebäude 1901 an
die jüdische Gemeinde in Adelsdorf, die es 1902 an Privatleute verkaufte, von
denen es zwei Jahre später abgebrochen wurde.
Die 1766 eingerichtete Synagoge blieb bis 1878/80 Zentrum des jüdischen
Gemeindelebens. 1880 wurde das Anwesen an einen nichtjüdischen Ortsbewohner
verkauft. Nach mehrfachem Eigentümerwechsel steht das Gebäude seit
einigen Jahren leer und ist inzwischen in einem sehr schlechten baulichen
Zustand. Ein neuer Eigentümer, der es instandsetzen lässt, wird seit längerem
gesucht.
Adresse/Standort der Synagoge: Haus Nr. 24 (sog.
Sänger-Haus)
Fotos
(Quelle der Fotos: obere Zeile links aus Guth s.Lit. S. 369; rechts Schwierz
s.Lit. S. 163; untere Zeile: Fotos links/Mitte von Christian Keck, Foto rechts
von 2022 von Jürgen Hanke, Kronach).
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Das ehemalige
Synagogengebäude (links 1940, rechts 1987) |
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Das ehemalige
Synagogengebäude Ende 2007 - das Dach ist erneuert; erste
Restaurierungsmaßnahmen wurden durchgeführt. |
Das Gebäude 2022 |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 164. |
| Johann Fleischmann (Hg.): Mesusa 2. Spuren
jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Mühlhausen
2000. |
| ders.: Mesusa 3. Spuren
jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Die
jüdischen Friedhöfe von Zeckern, Walsdorf, Aschbach, Uehlfeld,
Mühlhausen, Lisberg, Burghaslach und Reichmannsdorf. Mühlhausen 2002. |
| Klaus Guth (Hg.) u.a.: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken
(1800-1942). Ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988. Zu
Kairlindach S. 216-222.
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