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Brandoberndorf mit Kröffelbach
und Kraftsolms sowie Griedelbach
(Gemeinde Waldsolms, Lahn-Dill-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In den Orten Brandoberndorf, Kröffelbach und Kraftsolms
lebten einige jüdische Familien bis 1938/42. Sie bildeten im 19./20.
Jahrhundert eine gemeinsame jüdische
Gemeinde. Die Entstehung der Gemeinde geht in das 18. Jahrhundert zurück.
1757 werden in Brandoberndorf erstmals jüdische Einwohner genannt; 1773
erstmals in Kröffelbach: "Judith des Juden Nathan Frau zu
Cröffelbach" bat damals um eine Ermäßigung des Schutzgeldes für ihre
Familie. 1811 werden in Kröffelbach die beiden Familien des Jud
David (mit Frau Judel und drei Kindern) und des Nathan Abraham (mit Frau Brendel
und vier Kindern) genannt. Sie standen seit 1792 beziehungsweise seit 1803
"unter dem Schutz" am Ort und lebten von Viehhandel.
1848 wird in einem Dokument der Bürgermeisterei Schöffengrund von einer
Synagogengemeinde in Kröffelbach gesprochen, zu der damals auch die
Juden aus Griedelbach und Kraftsolms gehörten. Damals waren die in
Brandoberndorf lebenden Juden noch nicht zur Gemeinde in Kröffelbach zugeteilt.
Die Verstorbenen der jüdischen Familien in Kröffelbach, Kraftsolms und
Griedelbach wurden nach einem Bericht von 1853 mit den aus anderen Orten
Verstorbenen auf dem zentralen Friedhof in Burgsolms
beigesetzt. 1856 wird erstmals davon berichtet, dass auch die Juden aus Brandoberndorf
(im Herzogtum Nassau) zum Synagogenverband Kröffelbach gehören würden. Die
Brandoberndörfer Juden sollten zunächst nach Angaben bei Arnsberg (Bd. I S.
88) "die neue Synagoge in Cleeberg besuchen, was sie ablehnten".
An Zahlen jüdischer Einwohner liegen vor:
in Brandoberndorf: 1843 18 jüdische Einwohner, 1871 16 (2,4 % von
insgesamt 662 Einwohnern), 1885 11 (1,7 % von 664), 1895 14 (2,2 % von 651), 1905:
15 (2,1 % von 718).
in Kraftsolms: 1812 und 1816 4 jüdische Familien mit zusammen 15
beziehungsweise 14 Personen, 1876 4 jüdische Steuerzahler/Haushaltungen.
in Kröffelbach: 1812 und 1816 3 Familien mit 9 beziehungsweise 10
Personen, 1823 11 Personen, 1856 drei jüdische Haushaltungen mit 17 Personen,
1871 20 jüdische Einwohner, 1876 5 jüdische Steuerzahler/Haushaltungen, 1880
10 jüdische Einwohner.
Die jüdischen Familien lebten vom Handel mit Vieh und Waren und von der
Landwirtschaft. Nach Berichten aus Kröffelbach unterschieden sich die
Lebensbedingungen von Juden und Nichtjuden nicht wesentlich.
An Einrichtungen bestanden eine eine Betstube, seit 1895 eine Synagoge in
Kröffelbach (s.u.), eine
Religionsschule (Unterricht der jüdischen Kinder wurde vermutlich im Raum der
Synagoge abgehalten), ein rituelles Bad (?) und ein Friedhof in Brandoberndorf.
Von den Familien in Kröffelbach und Kraftsolms wurde weiterhin der Friedhof in
Burgsolms benutzt (auch Amalie Abraham geb. Bock aus Kröffelbach wurde 1936
oder 1937 noch in Burgsolms beigesetzt). Die Gemeinde gehörte zum
Rabbinatsbezirk Weilburg beziehungsweise, nachdem Weilburg keinen eigenen
Rabbiner mehr hatte zum Rabbinatsbezirk Bad Ems - Weilburg.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus Kröffelbach Gottfried Abraham. Sein Name
steht auf der Ehrentafel am Gefallenendenkmal der Gemeinde.
1932 (die Gemeinde firmierte unter Synagogengemeinde Brandoberndorf)
war Vorsteher der Synagogengemeinde Nathan Abraham.
1933 gehörten zur jüdischen Gemeinde insgesamt etwa 25 bis 28
Personen.
In Kröffelbach noch die beiden jüdischen Familien Frank (Lindenstraße
1) und Abraham (Denkmalstraße 77). In
den folgenden Jahren sind mehrere der
jüdischen Gemeindeglieder in den verschiedenen Orten auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Julius Frank und Hedwig
Reichenberg geb. Abraham konnten in die USA emigrieren, Max und Erna Abraham
nach Brasilien. Es gab zahlreiche Einschränkungen des Lebens am Ort, u.a.
durften seit 1937 die Juden in Kröffelbach nicht mehr das gemeinschaftliche
Backhaus im Dorf benutzen. 1939 verkaufte Familie Frank ihren Hof und den
Grundbesitz und zog nach Frankfurt; das Geld kam freilich auf ein Sperrkonto und
stand der Familie nicht zur Verfügung. Die letzten jüdischen Einwohner in
Kröffelbach mussten im "Judenhaus" in der Hanauer Landstraße 12
zusammen ziehen.
Von den in Brandoberndorf geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):
Beate Abraham (1926), Berthold Abraham (1923), Bertram Abraham (1927),
Edith Paula Abraham (1924), Emmy Abraham geb. Frank (1901), Ferdinand Abraham (1897),
Hedwig Abraham geb. Frank (1899), Nathan Abraham (1894), Siegbert Abraham
(1932), Helene (Ella) Joseph geb. Buchheim (1889), Frieda Joseph geb. Strauss (1887), Joachim
Joseph (1923), Moritz Joseph (1884), Berta (Bertel) Reinthaler geb. Abraham (1922), Joseph Siedenberg
(1868), Moses Siedenberg (1871), Willi Stamm (1934), Filizi Strauß geb. Strauss
(1914), Frieda Strauß geb. Joseph (1886), Milton Strauß (1913).
Aus Kröffelbach sind umgekommen (Angaben ergänzt nach dem Beitrag von Klaus Heuer s.
Lit.): Anna
Abraham geb. Kukoli (1897), Fanny Abraham geb. Lind (1865), Nathan Abraham (1891), Clementine Frank geb. Abraham
(1908), Fanny Frank (1865), Lilly Frank (1932), Martin Frank (1938), Siegfried
Frank (1907).
Aus Kraftsolms ist umgekommen: Franziska Löwenstein (1876).
Aus Griedelbach ist umgekommen: Moritz Simon (1877).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer und Vorbeter
Ein
Vorbeter zu den Hohen Feiertagen wird gesucht (1912)
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 16. August 1912:
"Wir suchen für Roschhaschonoh und Jom-Kippur einen
Vorbeter.
(Bevorzugt Deutscher).
Offerten sind zu richten an
Sigmund Meier, Kultusvorsteher,
Kraftsolms bei Wetzlar." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Verlobungsanzeige für Emmy Frank und Ferdinand Abraham
(1921)
Anmerkung: Die am 31. Januar 1901 in Nieder-Ohmen geborene Emmy Abraham geb.
Frank und der am 30. August 1897 in Brandoberndorf geborene Ferdinand Abraham
emigrierten nach Holland, wurden jedoch am 20. Juli 1943 ab Westerbork in das
Vernichtungslager Sobibor deportiert, wo sie umgekommen sind.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. April 1922: "Statt
Karten! Emmy Frank - Ferdinand Abraham. Verlobte. Nieder-Ohmen
(Hessen) - Brandoberndorf im Taunus." |
Verlobungsanzeige von Hedwig Frank und Nathan Abraham
(1921)
Anmerkung : Die am 24. April 1899 in Nieder-Ohmen geborene Hedwig
Abraham geb. Frank und der am 6. Oktober 1894 in Brandoberndorf geborene Nathan
Abraham wurden 1942 von Frankfurt in das Ghetto Theresienstadt deportiert, von
hier im September beziehungsweise Oktober 1944 nach Auschwitz. Sie wurden beide
in Auschwitz ermordet.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juni 1921:
"Hedwig Frank - Nathan Abraham. Verlobte.
Nieder-Ohmen Kreis Alsfeld - Brandoberndorf im Taunus. Lag B'Omer
5681 (= 26. Mai 1921)." |
Zur Geschichte der Synagoge
Nach einem Bericht von 1856 hatte die Synagogengemeinde
Kröffelbach noch keine eigentliche Synagoge. Die jüdischen Familien hielten
ihren Gottesdienst "in einem auf Kündigung gemieteten engen Stübchen ohne
Empore". Dabei blieb es noch einige Jahre. Es handelte sich beim Haus mit
dem Betsaal um ein altes Fachwerkhaus.
Eine neue Situation stellte sich ein, nachdem 1895 das Haus, in dem sich
die Betstube befand, verkauft worden war. Der neue Besitzer benötigte den Raum
für eigene Zwecke. So stellten die jüdischen Handelsleute Kalman Abraham,
Adolf Abraham und Siegmund Meier von Kröffelbach sowie Karl Meier von
Kraftsolms beim Regierungspräsidenten in Koblenz den Antrag, zum Bau einer
Synagoge eine Hauskollekte durchführen zu können. Der Antrag wurde auf Grund
der geringen Zahl der jüdischen Einwohner in den Orten abgelehnt. Die Behörde
meinte, dass die jüdischen Familien einen Raum in einem anderen Haus zur
Einrichtung einer Betstube finden sollten. Die jüdischen Familien gab nicht auf
und erreichten schließlich durch große eigene Beiträge, durch Spenden und
Zuschüsse der politischen Gemeinden Brandoberndorf, Kröffelbach und Kraftsolms,
dass ein einfaches Synagogengebäude erstellt und am 17. August 1895 durch den
Bezirksrabbiner Dr. Landau aus Weilburg eingeweiht werden konnte.
Die Einweihung der Synagoge in Kröffelbach
am 17. August 1895
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6.
September 1895: "Nassau, 30. August 1895: Am 17. dieses Monats fand
in dem benachbarten Kröffelbach (Kreis Wetzlar) und großer Beteiligung
der Landbevölkerung die Einweihung einer bescheidenen Synagoge statt,
deren Bau die aus nur acht Familien bestehende Gemeinde mit großen Opfern
ermöglicht hat. Die Festpredigt hielt Bezirks-Rabbiner Dr. Landau aus
Weilburg. - Bemerkenswert gerade in unserer Zeit ist der Umstand, dass
nicht nur der Großherzog von Luxemburg (Herzog von Nassau), sondern auch
die politischen Gemeinden Brandoberndorf, Kröffelbach, Kraftsolms, auf
die sich die Gemeinde verteilt, mit ansehnlichen Beiträgen an der Spitze
der Sammelliste stehen." |
Bei der Synagoge handelt es sich um ein kleines
Gebäude im Grundriss von 9,50 m mal 7,50 m. Sie war eingerichtet mit 28
Sitzplatzen für Männer und 16 für Frauen.
Nach 1933 war die Synagoge erstmals
1935 Ziel eines Anschlages: am 30. August 1935 wurde von unbekannten Personen in
der Synagoge eingebrochen. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge von
einem SA-Trupp durch Brandstiftung zerstört. Woher die SA-Leute kamen, ist
nicht bekannt. Die Ruine der ausgebrannten Synagoge wurde abgebrochen, der Platz
eingeebnet.
Seite den 1980er-Jahren befindet sich an der Mauer des Pfarrgartens in der
Oberquembacher Straße - etwa 40 m entfernt vom Synagogenstandort - eine Gedenktafel
zur Erinnerung an die Synagoge mit dem Text: "In Erinnerung an die
jüdischen Mitbürger unserer Gemeinde und an die Synagoge. Siehe, es kommt die
Zeit, spricht der Herr, da will ich mit dem Haus Israel und dem Hause Juda einen
neuen Bund schließen. Jer. 31,31. Das Presbyterium."
Adresse/Standort der Synagoge: Die alte
Betstube befand sich in einem Haus in der Oberquembacher Straße (frühere
Lindenstraße). Die 1895 eingeweiht Synagoge war rechts oberhalb des
evangelischen Pfarrhauses.
Fotos
Die Gedenktafel zur
Erinnerung
an die Synagoge in Kröffelbach
(Foto: Christopher Schmidt) |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 88. |
| Klaus Heuer, Rolf Bangel, Joachim Mutz: Einblicke in die
Geschichte der Kröffelbacher Juden. Online zugänglich
(als pdf-Datei) |
| Klaus Heuer: "Ich bin die Jüdin Clementine
Sara Frank geb. Abraham". Einblicke in die Geschichte der Juden. In:
Gemeinde Waldsolms. Arbeitskreis "Chronik Kröffelbach" (Hg.).
Kröffelbach 1300-2000. Aus der Geschichte eines Dorfes im Solmsbachtal.
Hüttenberg 2000. S. 11-20. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 121. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 400-401. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Brandoberndorf
Hesse-Nassau. The Jewish community numbered 25 (3 % of the total) in 1925.
A synagogue in nearby Kroeffelbach, destroyed on Kristallnacht (9-10
November 1938) served the Jews of Brandoberndorf, Kroeffelbach (five families)
and Kraftsolms (four families). All left by September 1940.
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