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Marköbel mit
Hirzbach (Gemeinde
Hammersbach, Main-Kinzig-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Marköbel bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/39. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück. Jedoch werden bereits in früheren Jahrhunderten jüdische
Personen am Ort genannt: in Windecken wird 1412
Joselin Wonnecker erwähnt, der nun in Marköbel leben soll. 1588 gab es zwei "Schutzjuden" am Ort,
die vor allem vom Geldhandel lebten. In Mansbach
wird 1599 Abraham, Sohn des Saul genannt, der wenig später nach Marköbel
gezogen ist.
1632 gab es vier jüdische Familien an Marköbel. 1691-92 wird Jud Löb genannt. In der
Mitte des 18.
Jahrhunderts gehörten 33 jüdische Personen zu der Gemeinde; mehrere davon
lebten im benachbarten Hirzbach.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: 1835 79 jüdische Einwohner, 1861 73 (6,6 % von insgesamt 1.113
Einwohnern), 1871 88 (7,8 % von 1.127), 1885 91 (7,8 % von 1.162), 1895 56 (4,5
% von 1.244), 1905 70 (5,7 % von 1.233). Die jüdischen Familien lebten vor
allem vom Viehhandel sowie vom Handel mit Textilien und
Landesprodukten/Lebensmitteln. Einige waren als Metzger tätig. Seit Mitte des
19. Jahrhunderts hatten mehrere von ihnen Läden und Handlungen am Ort
errichtet.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule
(Religionsschule), ein
rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde
war ein Lehrer (Religionslehrer) angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war
(vgl. Ausschreibungen der Stelle unten). Zeitweise übernahmen auch auswärtige
Lehrer den Unterricht der Kinder und andere Aufgaben (Schächten), wie aus der Ausschreibung der
Lehrerstelle für Windecken 1901 (siehe
unten) deutlich wird bzw. aus der Angabe von 1924, wonach der Lehrer von
Assenheim in Marköbel unterrichtete. Die Gemeinde gehörte zum
Provinzialrabbinat Hanau.
Um 1924, als 66 jüdische Einwohner gezählt wurden (4,8 % von
insgesamt 1.374 Einwohnern), war Vorsteher der Gemeinde Siegfried
Lichtenstein. Als Vorbeter/Kantor war Siegfried Löbenstein tätig, als Lehrer
und Schochet Lehrer Markus aus Assenheim. Er unterrichtete damals acht Kinder
der Gemeinde in Religion. 1932 waren die Gemeindevorsteher Louis
Lichtenstein (1. Vors.) und Max Fuld (2. Vors.). Im Schuljahr 1931/32 erhielten
noch drei Kinder der Gemeinde Religionsunterricht vor Ort.
1933 lebten noch 46 jüdische Personen in Marköbel (3,1 % von
insgesamt 1.476 Einwohnern). Es waren insgesamt 16 Familien: Gottfried Appel,
Marx und Sally Fuld, Julius und Seligmann Katz, vier Familien Lichtenstein, drei
Familien Löwenstein, Max Reichenberg, Leopold Stern sowie Julius und Leopold
Stern. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Insgesamt gelang 20
Personen die Auswanderung (in die Vereinigten Staaten, nach Palästina/Israel,
nach Südafrika).
Die übrigen verzogen in größere Städte, insbesondere nach Frankfurt. Beim
Novemberpogrom 1938 kamen SA-Leute aus Altenstadt (Wetterau-Kreis) nach
Hammersbach. Sie zerstörten die Synagoge (s.u.) und drangen in das Haus der
Familie Lichtenstein in der Rüdigheimer Straße ein, wo sie die Einrichtung
zerschlugen und die Bewohner misshandelten. Die jüdischen Männer wurden
verhaftet und - zusammen mit den jüdischen Männern aus Höchst a.d.Nidder,
Himbach und Hainchen - in das Amtsgerichtsgefängnis nach Altenstadt gebracht.
Wenige Tage später wurden diese Männer in das KZ Buchenwald eingeliefert. Nach
ihrer Rückkehr verließen auch die letzten jüdischen Familien den Ort (bis Mai
1939).
Von den in Marköbel geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Gottfried Appel und seine
Frau Melitta Appel geb. Löwenstein (wohnten in der Nordstraße 14), Max Fuld
und seine Frau Bertha Fuld geb. Löbenstein (Manufakturwarengeschäft in der
Hauptstraße 14), Gerty Katz geb. Weichsel und Sohn Semy Katz, Julius Lichtenstein
(1893) und Sohn Herbert Lichtenstein (Rüdigheimer Straße 2), Eduard Lichtenstein und
seine Frau Lina Lichtenstein geb. Zimmermann (1869) sowie Rosa Lichtenstein (Rüdigheimer
Straße 3), Abraham Löbenstein (Ringstraße 19), Helene Löbenstein geb.
Reinhardt und Tochter Fanny Löebenstein (Hauptstraße 30), Max Reichenberg und
seine Frau Else Reichenberg geb. Hecht (Hauptstraße 15), Leopold Stern und
seine Tochter Hedwig Stern (Hauptstraße 31).
Außerdem sind aus Marköbel umgekommen: Selma Elsoffer geb. Lichtenstein
(), Paula Heller geb. Stern (), Anselm Katz (1867), Samuel Katz (1880),
Franziska Lederer geb. Katz (1872), Seligmann Löbenstein (1882), Johanna Mayer
geb. Lichtenstein (1868), Mathilde Nachmann geb. Katz (1877), Blanka Rosenfeld
geb. Strauss (1908), Ida Strauss (1902).
Anmerkung: die Auswertung der Listen ist noch nicht
abgeschlossen.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers, Vorsängers und Schächters
1893, 1901 und 1904
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Oktober 1893:
"Bekanntmachung!
In der Synagogengemeinde Marköbel ist die Stelle eines
Religionslehrers, Vorsängers und Schächters mit einem festen jährlichen
Gehalte von 600 Mark, freier Wohnung, Heizung und einem Nebeneinkommen von
ungefähr 300 Mark sofort zu besetzen. Bewerber haben sich unter
Beifügung der Abschriften ihrer Zeugnisse bis zum 20. Oktober an das
unterfertigte Amt zu wenden.
Hanau, den 22. September 1893.
Das Vorsteheramt der Israeliten: Dr. Koref." |
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Nachfolgende Ausschreibung bezieht sich
auf die Lehrer- und Vorbeterstelle in Windecken
- der Lehrer dort sollte auch für Unterricht und Schächten in Marköbel
zuständig sein. |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. März 1901: "Die
erledigte Lehrer- und Vorsängerstelle bei der Synagogengemeinde zu Windecken
soll wieder besetzt werden. Mit derselben ist ein fixer Gehalt von 600
Mark jährlich nebst freier Wohnung, sowie ein Einkommen von ungefähr 400
Mark für Schächten verbunden. Dem Anzustellenden soll auch die Erteilung
des Religionsunterrichtes und die Ausübung der Schächtfunktion in Marköbel, wofür ein Gehalt von Mark 250 beziehungsweise ein Einkommen
von ungefähr 150 Mark angesetzt ist, übertragen werden. Bewerber um
diese Stelle wollen ihre Meldungsgesuche mit den erforderlichen Zeugnissen
versehen, bis zum 18. März einreichen.
Hanau, 28. Februar 1901. Das Vorsteheramt der Israeliten: Dr. Bamberger." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Oktober 1901:
"Die Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle
für die Synagogengemeinde Marköbel ist alsbald zu besetzen. Das Gehalt
beträgt Mark 600 und das Einkommen für die Ausübung der
Schächtfunktion Mark 400. Bewerber wollen ihre Meldungsgesuche mit den
erforderlichen Zeugnissen versehen bis zum 10. November anher
einreichen.
Hanau, 14. Oktober (1901).
Das Vorsteheramt der Israeliten: Dr. Bamberger |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. September 1904:
"Die Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle für
die Synagogen-Gemeinde Marköbel ist alsbald zu besetzen. Das Gehalt
beträgt Mark 700. Nebeneinkommen Mark 100, Einkommen aus dem
Schächterdienst Mark 300 und Wohnungsentschädigung Mark 50. Bewerber
wollen ihre Meldungsgesuche mit den erforderlichen Zeugnissen versehen,
bis zum 1. Oktober anher einreichen.
Hanau, 5. September (1904).
Das Vorsteheramt der Israeliten: Dr. Bamberger." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen von Metzgermeister Abraham Lichtenstein (1901 /
1902)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1901:
"Suche
per sofort einen tüchtigen Metzgerburschen bei guter Bezahlung und
dauernder Stellung.
Abraham Lichtenstein, Metzgermeister,
Marköbel bei Hanau". |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 9. Oktober 1902: "Suche zum baldigen, eventuell
sofortigem Eintritt einen tüchtigen Metzgergesellen bei gutem
Lohn, dauernder und angenehmer Beschäftigung. Abraham Lichtenstein,
Metzger, Marköbel bei Hanau."
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Anzeige der Bäckerei Max Reichenberg (1906)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Juni 1906:
"Suche für sofortigen Eintritt einen Gesellen und einen Lehrling.
Schabbos und Jontof (Feiertag) streng geschlossen.
Max Reichenberg, Bäckerei, Marköbel bei Hanau a.M." |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarte
des in Marköbel
geborenen Manfred Fuld |
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Kennkarte (ausgestellt
in Mainz 1939) für Manfred Fuld (geb. 13. März 1905 in Marköbel),
Kaufmann. |
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Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war vermutlich ein Betraum in einem der
jüdischen Häuser vorhanden.
In der später erbauten Synagoge gab es 38 Plätze für die Männer, 18 für die
Frauen.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge durch SA-Leute aus Altenstadt
(Wetterau-Kreis) durch Brandstiftung bis auf die Grundmauern zerstört. Die
Brandruine wurde wenig später abgebrochen.
Adresse/Standort der Synagoge:
Nordstraße 13
Fotos
Es sind noch keine
Fotos zur jüdischen Geschichte in Marköbel vorhanden;
über Hinweise
oder Zusendungen freut sich der Webmaster der "Alemannia
Judaica", Adresse siehe Eingangsseite. |
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. |
| Keine Artikel bei Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988. Dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. Dies. Neubearbeitung der Bände
2007². |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 208-209. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 504. |
| 1150 Jahre Marköbel. 850 Jahre Baiersröderhof. Hg.
Gemeindevorstand der Gemeinde Hammersbach. 1989. Darin: Rudolf W. Sirsch:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde, und Dirk-Jürgen Schäfer:
Das Schicksal der Marköbeler Juden im Dritten Reich.
Dieser Beitrag konnte noch nicht ausgewertet werden.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Markoebel (now
part of Hammersbach) Hesse-Nassau. Numbering 33 in 1750, the Jewish community
grew to 91 (8 % of the total) in 1885 but thereafter declined to 46 in 1933. The
Nazis destroyed the synagogue and by May 1939 all the Jews had left.
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