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Röhrenfurth (Stadt
Melsungen, Schwalm-Eder-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Röhrenfurth bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1895. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück. Die jüdischen Familien wohnten insbesondere in der ehemals sogenannten
"Judengasse".
1820/21 wurden 37 jüdische Einwohner gezählt (10,5 % von insgesamt 397
Einwohnern). Mitte des 19. Jahrhundert wurde die Höchstzahl jüdischer
Einwohner erreicht (1861: 77 jüdische Einwohner), um danach aus Aus- und
Abwanderung zurückzugehen. 1905 wurden noch 22 jüdische Einwohner gezählt,
1924 12, 1932 12.
Bereits 1825 sollte die jüdische Gemeinde Röhrenfurth mit derjenigen in
Melsungen vereinigt werden. Dagegen waren
jedoch die in Röhrenfurth damals wohnenden jüdischen Einwohner mit dem
Hinweis, dass der Weg nach Melsungen zu weit sein. 1889 erfolgte
ein neuer Antrag, nun durch den damaligen jüdischen Gemeindevorsteher in
Röhrenfurth Seligmann Speyer. Damals lebten nur noch drei (steuerpflichtige)
Mitglieder (Familien) in Röhrenfurth und drei Witwen. Die jüdische Gemeinde
Melsungen lehnte mit Hinweis auf den Platzmangel in ihrer Synagoge jedoch ab.
1895 schließlich konnte die Vereinigung zwischen Melsungen und Röhrenfurth
vollzogen werden. Inzwischen waren alle wohlhabenderen jüdischen Einwohner von
Röhrenfurth verzogen. Nur noch einige weniger bemittelte jüdische Personen
lebten am Ort.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden bis 1860
auf dem jüdischen
Friedhof in Binsförth, dann im jüdischen Friedhof
in Melsungen beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war
zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet
tätig war. So wird als solcher um 1865 A. W. Katz genannt (Quelle).
1933 lebten noch 12 jüdische Personen in Röhrenfurth, die inzwischen
zur jüdischen Gemeinde in Melsungen
gehörten.
Im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom
1938 wurden Moritz und Salli Kleeblatt sowie der damals 16-jährige Walter
Kleeblatt in das KZ Buchenwald verschleppt und erst Wochen später wieder
freigelassen. 1939 mussten die hier noch lebenden jüdischen Einwohner im
Gebäude der ehemaligen, inzwischen zu einem Wohnhaus umgebauten Synagoge
zusammenziehen.
Anmerkung: im Anhang der Liste des Bürgermeisteramtes
Guxhagen von 1962 über die "Juden, die am 31.1.1933 und später in
Guxhagen (und Umgebung) wohnhaft waren" (pdf-Datei
der an den International Tracing Service mitgeteilten Liste) werden
zehn
Personen aus Röhrenfurth genannt.
Von den in Röhrenfurth geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Moses Abt (1870),
Else Elfriede David (1910), Hilde David (1880), Johanna
David geb. Lehrberger (1885), Levi David (1875), Jettchen (Henriette, Jette)
Hammerschlag geb. Levy (1856), Recha Katz geb. Kleeblatt (1891), Moritz Kleeblatt (1892), Paula
Kleeblatt geb. Mittel (1898), Rosa Kleeblatt geb. Neuhaus (1897), Ruth Kleeblatt
(1931), Salli Kleeblatt (1894), Sava Rahel Kleeblatt (1939), Simon Kleeblatt (1888),
Albert Levy (1867), Leopold Levy (1877), Moritz Levy (1875), Sina (Dina) Levy
(1877), Abraham Speier (1868).
Berichte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod des aus Röhrenfurth stammenden Lehrers Salomon
David (1930 in Kassel)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 2. Mai 1930: "Lehrer S. David. Am
Dienst dieser Woche verschied hier (sc. in Kassel) der pensionierte Lehrer
Salomon David nach längerem, schweren Leiden im 71. Lebensjahr. Geboren
in Röhrenfurth, erhielt er seine Ausbildung in Malsfeld
bei dem frommen und gelehrten Privatmann Bensew, dessen Vorbild ihn stets
leitete. Nach Absolvierung des hiesigen Lehrerseminars war der Verstorbene
in Jesberg, Hofgeismar
und Ziegenhain tätig. Seine in sich
geschlossene ruhige Natur und seine streng religiöse Lebensführung
verschafften ihm Anerkennung bei seinen Mitbürgern und Behörden. Seinen
Sarg umstanden viele Lehrer und Freunde. Still wie er gelebt, wurde er zu
Grabe geleitet. Secher zadik livrocho - das Gedenken an den
Gerechten ist zum Segen." |
Zum Tod des letzten Gemeindemitgliedes, des früheren
Vorbeters der Gemeinde, Kaufmann Noa Kleeblatt (1929)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 15. Februar 1929: "Röhrenfurth. Hier
verstarb im Alter von 74 Jahren der Kaufmann Noa Kleeblatt, das
letzte Mitglied der einst in Röhrenfurth bestehenden jüdischen Gemeinde.
Jahrzehntelang hat er als Vorbeter an den hohen Feiertagen seine Kräfte
der Gemeinde zur Verfügung gestellt, auch dann, als die Röhrenfurther
K'hilla (Gemeinde) aufgelöst wurde und die Mitglieder sich der Melsunger
Gemeinde anschlossen. Die zahlreiche Beteiligung auch aus Kreisen der
christlichen Bevölkerung legte Zeugnis ab, welcher Verehrung und
Wertschätzung sich der Verstorbene überall erfreute. Am Grabe hob Herr
Lehrer Löwenstein die Tugenden desselben hervor. Vor allen Dingen
zeichnete er sich durch seine Anspruchslosigkeit und Bescheidenheit aus.
Das Andenken des Gerechten sei zum Segen." |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine Synagoge war
vorhanden. Sie ist vermutlich 1829 eingerichtet worden, nachdem sich die Röhrenfurther
Juden erfolgreich gegen eine Zuteilung zur Gemeinde in Melsungen gewehrt hatten.
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts konnten keine Gottesdienste mehr abgehalten
werden, da es keine zehn jüdischen Männer mehr am Ort gab. Möglicherweise
waren in den folgenden Jahren noch an Feiertagen gemeinsam mit auswärtigen Gästen
Gottesdienste möglich.
1921 wurde das Synagogengebäude zu einem Wohnhaus umgebaut. 1939
wurden in diesem Gebäude die in Röhrenfurth noch lebenden jüdischen Personen
einquartiert. Das Gebäude ist bis zur Gegenwart erhalten.
Adresse/Standort der Synagoge: Zum
Breitenbach 2
Foto
(Quelle: Foto: Hahn, Aufnahmedatum 16.6.2008)
Das Gebäude der ehemaligen
Synagoge im Juni 2008 |
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 65-67 (innerhalb des Abschnittes
zu Melsungen) |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 178-179. |
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