Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Schaafheim mit Ortsteil Schlierbach (Kreis Darmstadt-Dieburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge  
   

Hinweis auf online einzusehende Arbeiten von Wolfgang Roth (Schaafheim; pdf-Dateien):   
Spuren von mehr als 250 Jahren jüdischen Lebens in der Gemeinde Schaafheim. Schaafheim 2007. 270 Seiten. Zuletzt bearbeitet am 10.10.2013.    
Die Geschichte der Schlierbacher Juden in den letzten beiden Jahrhunderten. 2004. 
Mikwe in Schaafheim. 2012. Zuletzt bearbeitet am 21.12.2012.   
Rede zum 9. November 1998 in der evangelischen Kirche zu Schaafheim aus Anlass der Enthüllung einer Tafel für die jüdischen Mitbürger von Schaafheim und Schlierbach. 1998. 
Eine kleine Geschichte der Schaafheimer Synagoge aus Anlass des 75-jährigen Gedenkens der Pogromnacht mit Schaafheimer Begebenheiten. 5 Seiten. 2013.    
Jüdische Gemeinde Schaafheim um 1935 und ihr Schicksal. 4 Seiten. 2013.    
Rede zur 75-jährigen Wiederkehr der Pogromnacht am 9. November 1938 aus Anlass der Aufstellung einer Säule aus der ehemaligen Schaafheimer Synagoge. 6 Seiten. November 2013.        
  
Bayerische jüdische Sportvereine vor 1938. 40 Seiten. 2007. Zuletzt bearbeitet am 9.10.2011.   
Jüdischer Sport in Frankfurt am Main vor 1938. 194 Seiten. 2007. Zuletzt bearbeitet am 25.9.2011.   
Jüdischer Sport in Baden und Württemberg bis 1938. 34 Seiten. 2009.

  
Übersicht:  

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Zur Geschichte der Synagoge   
Fotos / Darstellungen 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  
Links und Literatur   

    
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)    
   
In Schaafheim bestand eine jüdische Gemeinde bis nach 1933. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück, doch liegen bereits aus dem 16. Jahrhundert erste Zeugnisse für die Anwesenheit von Juden am Ort vor. Mitte des 17. Jahrhunderts wird ein Schaafheimer Jude genannt, der als Pferdehändler tätig war. Um 1800 lebten in Schaafheim neun jüdische Familien. Damals war Vorsteher der Gemeinde Feist Sohlinger.  

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1815 7 jüdische Familien, 1828 51 jüdische Einwohner, 1861 56 (3,7 % von insgesamt 1.493 Einwohnern), 1880 32 (2,0 % von 1.560), 1900 31 (1,8 % von 1.724), 1900 31 (1,8 % von 1.724), 1910 21 (1,1 % von 1.815). Die Zahl der jüdischen Einwohner ist im 19. Jahrhundert insbesondere durch die starke Abwanderung in die Städte zurückgegangen. Die jüdischen Familien lebten vom Viehhandel, Textilhandel und Getreidehandel (Familie Kassel). Die Familiennahmen der Schaafheimer jüdischen Familien waren insbesondere Fuld, Rothschild, Lehmann und Kassel.     

An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule und ein rituelles Bad (beziehungsweise mehrere Mikwen, siehe Beitrag von W. Roth). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts möglicherweise noch ein Lehrer in der Gemeinde, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Später kamen auswärtige Lehrer (Babenhausen) zum Unterricht in die Gemeinde; das Vorbeten wurde ehrenamtlich durch Gemeindeglieder übernommen. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Babenhausen beigesetzt. Die Gemeinde gehörte zum orthodoxen Bezirksrabbinat Darmstadt II. 
 
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Jacob Rothschild (geb. 22.1.1885 in Schaafheim, gef. 30.9.1918).  
 
Um 1924, als zur Gemeinde noch 18 Personen gehörten (0,9 % von insgesamt 1.916 Einwohnern), war Vorsteher der Gemeinde Leopold Fuld I, Inhaber eines Textil- und Manufakturwarengeschäftes am Ort. Damals gab es noch ein schulpflichtiges jüdisches Kind in der Gemeinde, das seinen Religionsunterricht durch Lehrer Sally Katz aus Babenhausen erhielt. 1932 wird als Gemeindevorsteher noch Leopold Fuld genannt, der allerdings in diesem Jahr gestorben; sein Sohn Julius übernahm das Textilgeschäft. Inzwischen gab es wieder drei schulpflichtige jüdische Kinder in der Gemeinde (davon die beiden Kinder des Viehhändlers Lehmann s.u.). In den 1920er-Jahren gab es noch drei jüdische Viehhändler, zwei waren Textilhändler. 

1933 lebten noch 14 (nach anderen Angaben: 17) jüdische Personen in Schaafheim (0,7 % von 2.001 Einwohnern).
In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Der Viehhändler Leopold Fuld II ist nach Angaben bei Arnsberg bereits 1933 in Buchenwald umgekommen. So konnte der Viehhändler Karlmann Rothschild mit seiner Frau 1939 nach Holland auswandern. 1938 war noch die Familie Lehmann am Ort: der Viehhändler Nathan und seine Frau Luise geb. Siegel mit ihren Kindern Käthe (Jg. 1926) und Manfred (Jg. 1920) sowie eine Tante, Frieda Lehmann geb. Bernei. Die Familie wohnte in der Wilhelm-Leuschner-Straße 14 (Raiffeisenbank, damalige Schulstraße). Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Haus der Familie fast völlig zerstört. Nathan Lehmann und sein damals 18jähriger Sohn Manfred wurden für einige Wochen in das KZ Buchenwald verschleppt. Nach der Rückkehr der beiden Männer versuchte die Familie auszuwandern, was jedoch nur dem Sohn Manfred gelungen ist (über die Niederlande in die USA). Nathan, Luise und Kätze, vermutlich auch die Tante zogen 1941 in den Ortsteil Schlierbach, von wo aus sie am 18. März durch die Gestapo zur Deportation abgeholt wurden.   
  
Von den in Schaafheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Albert Fuld (1876), Leopold Fuld (1872), Max Fuld (1874), Emilie Kaufmann geb. Fuld (1883), Frieda Lehmann geb. Bernei (1890), Käthe Lehmann (1926), Luise Lehmann geb. Siegel (1893), Nathan Lehmann (1890), Jenny Schloss geb. Fuld (1877).   
 
Aus Schlierbach sind umgekommen: Ernst Buxbaum (1906), Rudolf Buxbaum (1902), Sofie Buxbaum geb. Kahn (1868), Emilie Grünebaum geb. Sonn (1887), Karl Kahn (1890), Liesel Kahn (1926), Paula Kahn geb. Lorch (1902), Rosa Kahn (1871), Suse Kahn (1929), Irma Kaufmann (1920), Max Kaufmann (1896), Käthe Lehmann (1928), Luise Lehmann geb. Siegel (1893), Nathan Lehmann (1890), Jenny Morgenthau geb. Sonn (1874), Adelheid Oppenheimer (1875), Max Sonn (1875), Else Strauß geb. Sonn (1884).    
 
Eine Tafel zur Erinnerung an die früheren jüdischen Bewohner Schaafheims wurde 1998 an der Pfarrhofmauer am Treppenaufgang zur Kirche angebracht. Sie enthält die Inschrift "ZUM GEDENKEN AN DIE JUDEN VON SCHAAFHEIM, deren Gemeinde seit dem 16. Jahrhundert bestand. Unsere jüdischen Mitbürger wurden in der Nazi-Zeit 1933-45 entrechtet, vertrieben, verschleppt und ermordet. Ihre Synagoge wurde zerstört. Wir wollen die Erinnerung bewahren. Zur Mahnung an heutige und kommende Generationen, die Würde und die Rechte aller Menschen jederzeit zu achten und zu verteidigen. Schaafheim, den 9. November 1998. Ev. Kirchengemeinde. Gemeinde Schaafheim. Kath. Kirchengemeinde."    (siehe Fotos unten).  
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde       

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Schaafheim wurden in jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts noch keine Berichte gefunden.

    
Nach 1945: Geburtsanzeige einer Tochter von Manfred Lehman und Rose geb. Oppenheim (1949 USA)    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 22. April 1949: 
"We are happy to announce the arrival of our daughter 
Linda Hedy 
on April 9, 1949. 
Manfred and Rose Lehman née Oppenheim
  
1601 W. Philadelphia  Detroit 6, Mich. 
(formerly Schaafheim - Hessen) (formerly Treis - Hessen)".      

         

Kennkarten aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarten zu Personen, 
die in Schaafheim geboren sind
 
 Schaafheim KK MZ Fuld Albert.jpg (95969 Byte)  Schaafheim KK MZ Fuld Karl.jpg (97237 Byte)  Schaafheim KK MZ Fuld Max.jpg (90183 Byte)
  KK (Aschaffenburg 1939) für Albert Fuld (geb.
2. Juni 1876 in Schaafheim), Viehhändler, wohnhaft
 in Großostheim und Aschaffenburg, am 10. 
September 1942 deportiert ab Nürnberg in das 
Ghetto Theresienstadt, wo er am 21. Februar 
1943 umgekommen ist   
 KK (Aschaffenburg 1939) für Karl Fuld  
(geb. 9. Juli 1879 in Schaafheim), Kaufmann,
 wohnhaft in Großostheim, Aschaffenburg
 und Frankfurt am Main, am 21. Juni 1939 
Freitod in Frankfurt   
   
 KK (Aschaffenburg 1939) für Max Fuld (geb. 
21. April 1874 in Schaafheim), Kaufmann, 
wohnhaft in Großostheim und Frankfurt, 
am 18. August 1942 deportiert ab Frankfurt 
in das Ghetto Theresienstadt, wo er am 
18. September 1942 umgekommen ist  
       
Schaafheim KK MZ Kaufmann Emilie.jpg (87087 Byte) Schaafheim KK MZ Kraemer Hannchen.jpg (90062 Byte) Schaafheim KK MZ Lehmann Kaethe.jpg (93177 Byte) Schaafheim KK MZ Lehmann Nathan.jpg (95366 Byte)
 KK (Frankfurt 1940) für Emilie Kaufmann 
geb. Fuld
(geb. 6. Oktober 1877 in Schaafheim),
 wohnhaft in Frankfurt, am 11./12. November 1941
 deportiert ab Frankfurt in das Ghetto Minsk,
 umgekommen     
 KK (Dieburg 1939) für 
Hannchen Körner geb. Rothschild
 
(geb. 5. Oktober 1875 in Schaafheim)  
  
   
 KK (Dieburg 1939) für Käthe Lehmann (geb. 
19. Oktober 1926 in Schaafheim), wohnhaft in
 Schaafheim, Dieburg und Schlierbach, am 25. 
März 1942 deportiert ab Mainz - Darmstadt in 
das Ghetto Piaski, umgekommen  
 KK (Dieburg 1939) für Nathan Lehmann (geb. 
27. August 1890 in Schaafheim), Handelsmann,
 wohnhaft in Hagen in Westf., Schlierbach und
 Dieburg, am 25. März 1942 deportiert ab Mainz 
- Darmstadt in das Ghetto Piaski   
       
Schaafheim KK MZ Lehmann Siegfried.jpg (97999 Byte) Schaafheim KK MZ Lorch Hannchen.jpg (94388 Byte) Schaafheim KK MZ May Johanna.jpg (98268 Byte) Schaafheim KK MZ Schloss Jenny.jpg (94313 Byte)
 KK (Brakel 1939) für Siegfried Lehmann (geb. 1. 
Juni 1888 in Schaafheim), Hausangestellter, 
wohnhaft in Brakel und Schaafheim, deportiert in 
das Ghetto Kowno (Kauen), am 1. August 1944 in 
das KZ Dachau, dann Außenlager Kaufering, wo 
er am 16. Dezember 1944 umgekommen ist  
 KK (Dieburg 1939) für 
Hannchen Lorch geb. Rothschild
 
(geb. 27. Januar 1884 in Schaafheim) 
 
  
    
 KK (Darmstadt-Land) für 
Johanna May geb. Lehmann
 
(geb. 23. August 1888 in Schaafheim)
 
 
   
 KK (Aschaffenburg 1939) für Jenny Schloss geb. 
Fuld
(geb. 26. November 1877 in Schaafheim),
 wohnhaft in Großostheim, Aschaffenburg und
 Frankfurt, am 20. Oktober 1871 deportiert ab
 Frankfurt in das Ghetto Litzmannstadt (Lodz),
 umgekommen  
       
        
 Kennkarten zu Personen, 
die in Schlierbach geboren sind
 
bzw. hier länger gewohnt haben 
 Schlierbach KK MZ Buxbaum Ernst.jpg (95126 Byte)  Schlierbach KK MZ Buxbaum Rudolf.jpg (101831 Byte)  Sickenhofen KK MZ Kahn Karl.jpg (94077 Byte)
   KK (Dieburg 1939) für Ernst Buxbaum 
(geb. 29. Juni 1906 in Schlierbach), wohnhaft 
in Schlierbach, 1942 deportiert in das 
Vernichtungslager Auschwitz, 
ermordet  
KK (Dieburg 1939) für  Rudolph Buxbaum  
(geb. 30. Oktober 1902  in Schlierbach), 
wohnhaft in Schlierbach und Dieburg, am 
25. März 1942 deportiert ab Mainz - Darmstadt in das Ghetto Piaski, umgekommen   
KK (Dieburg 1939) für Karl Kahn 
(geb. 9. August 1890 in Sickenhofen), Kaufmann,
 wohnhaft in Babenhausen und Schlierbach, 
am 25. März 1942 deportiert ab Mainz - Darmstadt 
in das Ghetto Piaski, umgekommen 
       
  Schlierbach KK MZ Kahn Lina.jpg (90132 Byte) Schlierbach KK MZ Kahn Rosa.jpg (90013 Byte)  
   KK (Dieburg 1939) für Lina Kahn 
(geb. 25. Mai 1876 in Schlierbach)
 
  
    
 KK (Dieburg 1939) für Rosa Kahn (geb. 17. 
Februar 1871 in Schlierbach), wohnhaft in Schlierbach
 und Darmstadt, deportiert am 27. September 1942 in 
das Ghetto Theresienstadt, wo sie am 16.
 Januar 1944 umgekommen ist  
 

   

 Kennkarte der aus Auerbach 
stammenden Emilie Fuld geb. Rothschild 
 
 Auerbach KK MZ Fuld Emilie.jpg (101325 Byte)   
    Emilie Fuld geb. Rothschild ist am 15. September 1882 in Auerbach geboren. Sie lebte später in Schaafheim, wo sie mit dem Viehhändler Leopold Fuld II (geb. 24. Oktober 1872 in Schaafheim) verheiratet war. Die beiden hatten zwei Kinder (Julius (geb. 1910), Siegfried (geb. 1917). Leopold Fuld starb am 4. Dezember 1938 im KZ Buchenwald. Die Söhne Julius und Siegfried konnten in die USA emigrieren. Emilie Fuld lebte noch 1940 in Schaafheim, konnte jedoch noch im Januar 1941 zu ihren Söhnen in die USA emigrieren.    

   
   
   
Zur Geschichte der Synagoge        
   
Um 1800 befand sich ein Betraum der jüdischen Gemeinde im Haus des damaligen Vorstehers Feist Sohlinger (Haus Wilhelm-Leuschner-Straße/Ecke Katzengasse). 
 
In den 1830er-Jahren bemühte sich die Gemeinde um den Bau einer Synagoge. Sie entstand 1840/41 im Hof des Anwesens Spitzengasse 3. Das Gebäude hatte einen Grundriss von etwa fünf mal sechs Metern; zwischen den Rundbogenfenstern an der Ostwand stand der Toraschrein. Beim Synagogengebäude handelt es sich ursprünglich um ein Doppelhaus - eine Hälfte gehörte dem jüdischen Gemeindeglied Moses Kassel. 1840 gingen beide Hälften an die jüdische Gemeinde über. Wenig später wurde das Wohnhaus vor der Synagoge, vermutlich aus finanziellen Gründen verkauft. Dadurch stand die Synagoge mitten in einem landwirtschaftlichen Gehöft. Durch ein verbrieftes Wegrecht konnten die jüdischen Familien in Schaafheim dennoch ihre Synagoge besuchen und Gottesdienste abhalten.    
 
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge geschändet und demoliert. Auf Grund der engen Bebauung des Ortes in diesem Bereich wurde sie nicht niedergebrannt. 1939 kam das Synagogengebäude in den Besitz des Landwirtes, dem das die Synagoge umgebende landwirtschaftliche Anwesen gehört. Es diente als Futterstall und war - nach 1945 - "sehr verwahrlost" (Arnsberg II S. 268).  

1953
wurde die ehemalige Synagoge vom neuen Besitzer abgebrochen. 

Interessant die Angaben bei Thea Altaras 1988 S. 134: "Nach Aussage des Besitzers sei das ehemalige Synagogengebäude bereits 1936 von ihm angekauft worden. Er habe es 1953 abreißen lassen, weil er im Hof Platz gebraucht habe. Zum Zeitpunkt des Besuches, August 1985, war nur ein Gespräch mit dem Besitzer, aber keine Besichtigung des Hofgeländes von diesem ermöglicht."  
Dann aber Angaben bei Thea Altaras 1994 S. 115 unter Hinweis auf Quelle: Georg Wittenberger, Babenhausen: "Manfred Lehmann (USA), dessen Vater aus Schaafheim stammte, schreibt 1992 u.a., dass das Synagogengebäude nicht 1936 an einen Privatmann verkauft, sondern 'unter Nazizwang' und ohne Entschädigung ('wir sollten doch noch Entschädigung erhalten') 1939 von seinem Vater abgegeben werden musste."
Auch nach Angaben bei Arnsberg II S. 268 wurde die Synagoge "im Jahre 1939 durch die letzten jüdischen Einwohner verkauft". 

Am ehemaligen Standort erinnert eine Hinweistafel daran, dass es in Schaafheim einstmals eine Synagoge gab. Die Inschrift: "Synagoge. Im Hof dieses Anwesens stand von 1841 bis 1938 die Synagoge der jüdischen Einwohner Schaafheims. Es handelte sich um einen schlichten Bau von ca. 5 x 6 Metern Grundriss."  
  
  
Adresse/Standort der SynagogeSpitzengasse 3 
   
   

Fotos  

Baupläne der Synagoge 
(Scans erhalten von Wolfgang Roth /
 Gemeindearchiv Schaafheim) 
   
Schaafheim Synagoge 1308.jpg (205356 Byte) Schaafheim Synagoge 1309.jpg (135409 Byte) Schaafheim Synagoge 1310.jpg (135830 Byte) Schaafheim Synagoge 1310a.jpg (153211 Byte)
"Durchschnitt": in der Mitte der 
Vorlesetisch (Schulchan) für die
 Toralesung 
Grundriss der Synagoge: in der Mitte ist 
der Vorlesetisch für die Toralesung, 
darunter der Toraschrein eingetragen  
Blick zum Toraschrein mit den nach 
Osten gerichteten Fenstern 
(mit Ausschnittvergrößerung)
     
Lageplan - Urkataster von 1870 
(Scan erhalten von Wolfgang Roth /
 Gemeindearchiv Schaafheim; 
Erläuterung zum Plan gleichfalls von W. Roth)  
Schaafheim Synagoge Lageplan 1870.jpg (112400 Byte)
  Der Ausschnitt aus dem Urkataster von 1870 ist in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet. Die Synagoge war im Innenhof des Anwesens Spitzengasse 3. Der Eingang war in nordwestlicher Richtung vom Hof aus (unterhalb der 391). Der Toraschrein befand sich in nordöstlicher Richtung beim Eingang in das Gehöft von der Spitzengasse (beim "o" der Synagoge).  
     
Fotos     Es sind noch keine Fotos der ehemaligen Synagoge vorhanden; über Hinweise oder
  Zusendungen freut sich der Webmaster der "Alemannia Judaica";
  Adresse siehe Eingangsseite
         
       
Standort der ehemaligen Synagoge
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 17.3.2009)
     
Schaafheim Synagoge 192.jpg (92888 Byte) Schaafheim Synagoge 193.jpg (79047 Byte) Schaafheim Synagoge 191.jpg (66958 Byte)
Blick auf das Anwesen, in dessen Bereich die Synagoge stand mit Hinweistafel: "Synagoge. Im Hof dieses Anwesens stand von 1841 bis 1938 die Synagoge der jüdischen Einwohner Schaafheims. 
Es handelte sich um einen schlichten Bau von ca. 5 x 6 Metern Grundriss."
 

Bis 2013 erhalten im Keller eines Gebäudes auf dem Grundstück der Synagoge;  

Schaafheim Saeule 020.jpg (63964 Byte) Schaafheim Saeule 021.jpg (66391 Byte) Schaafheim Saeule 022.jpg (64973 Byte)
Im Keller des Anwesens Spitzengasse 3 (Grundstück der Synagoge) befindet sich eine Säule, die höchstwahrscheinlich aus der Synagoge stammt. Diese Säule wurde vermutlich nach 1945 in den Keller gebracht 
und stützt heute einen Kamin. Die Fotos wurden von Petra Merkel (Schaafheim) zur Verfügung gestellt.   
     
Weitere Fotos - erhalten im Oktober 2013 von Wolfgang Roth, Schaafheim   
Schaafheim DSCF6888.jpg (210218 Byte) Schaafheim DSCF6889.jpg (126402 Byte) Schaafheim DSCF6897.jpg (186293 Byte)
Bei der Säule handelt es sich vermutlich um eine Säule zur Abstützung der Frauenempore. 
Sie fand sich im Keller mit ihrem Oberteil im Boden, während das Fußteil fehlt. 
Vermutlich Teil der Rundbogenfenster 
der Synagoge
     
Schaafheim DSCF6900.jpg (165240 Byte) Schaafheim DSCF6902.jpg (180717 Byte) Schaafheim P1010500.jpg (214324 Byte)
Vermutlich oberer Teil der Nische
 für den Toraschrein 
Fotos der Bodenplatte, welche in etwa den Standort der ehemaligen Synagoge zeigen,
 links vom Tor aus, rechts von der Hofseite. 
     
     
Seit November 2013 am 
Treppenaufgang zur evangelischen Kirche:
 Säule aus der ehemaligen Synagoge  
(Foto: Eicke Meyer)  
Schaafheim Gedenken 13010.jpg (564353 Byte)
    Die Säulöe aus der ehemaligen Synagoge Schaafheims wurde am 9. November 2013 
feierlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Sie steht seitdem am Treppenaufgang zur 
evangelischen Kirche bei der Gedenktafel.   
        
 Friedhof in Babenhausen, Ruhestätte 
der verstorbenen Juden aus Schaafheim
Babenhausen Friedhof 901.jpg (106789 Byte)   
   Rückseite des Grabsteins von 
Hannche Kassel aus Schaafheim mit
 Namensnennung auf deutsch
  
      
Gedenktafel an der Pfarrhofmauer 
am Aufgang zur Kirche
Schaafheim Denkmal 195.jpg (79833 Byte) Schaafheim Denkmal 196.jpg (73527 Byte)
  Die Gedenktafel befindet sich (von der Kirche aus gesehen) links an der Pfarrhofmauer
         
   Schaafheim Denkmal 193.jpg (128125 Byte) Schaafheim Denkmal 193a.jpg (74461 Byte)
   Inschrift des Gedenktafel siehe oben.
     
Rituelles Bad (Mikwe) 
(Fotos von Wolfgang Roth, 2012) 
Schaafheim Mikwe 820.jpg (245852 Byte) Schaafheim Mikwe 821.jpg (168649 Byte)
   Die erhaltene Mikwe im Scheunenkeller in der Wilhelm-Leuschner-Straße 
     

    
    
Erinnerungsarbeit vor Ort - einige Berichte  

Gedenken in Publikationen der Evangelischen Kirchengemeinde Schaafheim (Quelle: www.evkircheschaafheim.de
Schaafheim Kirchenzeitung  13 2004 S01.jpg (310371 Byte)"Schaafheimer Kirchenzeitung - Gemeindebrief für die Mitglieder der Evangelischen Kirchengemeinde" - Ausgabe 13 im November 2004 Seite 1. Abgebildet ist die Gedenktafel an der Pfarrhofmauer, darunter der Kommentar: "Liebe Leserinnen, lieber Leser! Der 9. November ist ein schicksalsträchtiger Tag für Deutschland. 1998 wurde an der Pfarrhofmauer am Aufgang zur Kirche die oben abgebildete Gedenktafel für die Schaafheimer Juden angebracht. Evangelische und katholische Kirchengemeinde sowie die bürgerliche Gemeinde mahnen darauf heutige und kommende Generationen, die Würde und Rechte aller Menschen zu achten und zu verteidigen. Der Schicksalstag 9. November 1938 traf auch die Schaafheimer Juden. Sie wanderten aus, wurden vertrieben oder kamen in ein KZ, ihre Synagoge wurde zerstört. Diese furchtbaren Ereignisse müssen immer wieder in Erinnerung gerufen werden..."   
Link zu dieser Ausgabe der "Schaafheimer Kirchenzeitung" (pdf-Datei) 
    
Schaafheim Kirchenzeitung 29 2008 S06.jpg (330733 Byte)"Schaafheimer Kirchenzeitung - Gemeindebrief für die Mitglieder der Evangelischen Kirchengemeinde" - Ausgabe 29 im September 2008 mit einem Artikel S. 6 von Petra Merkel zu "9. November - ein geschichtsträchtiges Datum", in dem auch an die Geschichte der Schaafheimer jüdischen Familien erinnert wird. 
Bei Interesse bitte anklicken, Artikel wird nicht abgeschrieben.  
Link zu dieser Ausgabe der "Schaafheimer Kirchenzeitung" (pdf-Datei) 
  
Schaafheim Kirchenzeitung 29 2008 S06a.jpg (50964 Byte)Hinweis in oben genannter "Kirchenzeitung" auf eine Ausstellung in der Alten Kapelle in Schaafheim im November 2008: "Sie waren Einwohner von Schaafheim - Jüdische Mitbürger vor 70 Jahren" - Ausstellungseröffnung am Sonntag, 9. November um 11 Uhr durch Bürgermeister Reinhold Hehmann.
Anmerkung: die Ausstellung wurde durch Werner und Elisabeth Kreh zusammengestellt.
 
Schaafheim Art hgv11.jpg (79697 Byte)Erinnerung an die jüdische Geschichte mit Abbildung der Gedenktafel für die Synagoge   
 
November 2013: Die Säule aus der ehemaligen Synagoge wird als Denkmal aufgestellt     
Eine Säule des Eingedenkens (veröffentlicht am 12.11.2013 00:05 auf echo-online.de)  
 
Schaafheim Kirchenzeitung 49 2013 S12.jpg (86624 Byte)Artikel in der "Schaafheimer Kirchenzeitung" - Ausgabe 49 2013 S. 12: "Eine Säule wird zum Mahnmal. 
Im Keller eines Anwesens in der Spitzengasse, in deren Hof früher die Schaafheimer Synagoge stand, ist eine Säule gefunden worden, die in der Synagoge als Stütze für die Frauenempore diente. Am 9. November 1938, der Reichspogromnacht, wurde, wie die Synagogen überall in Deutschland, auch diese Synagoge demoliert und später abgerissen. In besagtem Keller ist die Säule als Stütze für die Kellerdecke eingebaut worden. Nun wird diese Säule geboren und an der Kirchentreppe neben der bereits vorhandenen Gedenktafel für die Juden Schaafheims als Mahnmal an das zerstörerische und menschenverachtende Nazi-Regime aufgestellt".
(das Foto des Artikels wurde von Eicke Meyer erstellt)    

    
    

Links und Literatur  

Links:  

Website der Gemeinde Schaafheim    

Literatur:  

Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 267-268.
Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 134.
dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 115.    
Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 47-48.  
Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 309-310. 

      
        


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Schaafheim  Hesse. Established in the early 19th century, the Jewish community numbered 94 (about 6 % of the population) in 1871, but dwindled to 14 in 1933. Most Jews left before Worldwar II, 11 emigrating.           
    
      

                   
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Stand: 25. Juni 2015