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Schongau (Kreis
Weilheim-Schongau)
Jüdische Geschichte
Übersicht:
Zur jüdischen Geschichte
in Schongau
In Schongau gab es zu keiner Zeit eine jüdische
Gemeinde. Im Mittelalter lassen sich jüdische Einwohner 1292/93 nachweisen.
Erst im 19./20. Jahrhundert zogen wieder einzelne jüdische Personen/Familien zu.
Von 1902 bis 1934 befand sich am Marienplatz in einem der "Schrimpfhäuser" ein
Herrenausstatter-Geschäft der Familie Kugler ("Herren- &
Knaben-Kleider-Magazin"). Inhaber waren Moritz und Rosa Kugler. Moritz (Moise) Kugler
(geb. 27. Juli 1861 in Németkeresztúr, dt. Deutschkreuz, Burgenland/Ungarn)
war Anfang 1902 von Starnberg nach Schongau gezogen, wo er 1905 Rosa geb.
Blumenstein (geb. 15. August 1866 in
Gunzenhausen; Informationen zur Familie Blumenstein:
https://jl-gunzenhausen.de/blumenstein-josef.html) geheiratet hat. Die beiden hatten zwei Söhne: Norbert (geb. 1906
in Schongau)
und Joseph (geb. 23. Oktober 1911 in Schongau).
1933 lebte die Familie Kugler noch in Schongau. Die beiden Söhne Norbert und
Joseph sind im Sommer
1933 nach Frankreich emigriert und schlossen sich später der Résistance an
(siehe unten).
Im November 1935 mussten Moritz und Rosa Kugler
Schongau verlassen, vermutlich auf Druck des damaligen NS-Bürgermeister und
NS-Kreisleiters Georg Sponsel. Sie
zogen nach München (Schmidtstraße 7). Am 5. Juni 1942 wurden sie ab München in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo
sie noch im selben Jahr umgekommen sind: Rosa am 21. Juli 1942, Moritz am 10.
August 1942).
Norbert Kugler trat im Herbst 1936 den Internationalen Brigaden bei und
kämpfte im Thälmann-Bataillon der 11. Brigade. Dann wurde er Stabsoffizier der
45. Division der spanischen Volksarmee. Ende 1938 kehrte er nach Toulouse zurück
und lernte hier die aus Lodz stammende Mira geb. Loevy-Bronner (geb. 30.
April 1917?) kennen, die als
Krankenschwester in einem Feldlazarett gearbeitet hat und zuvor gleichfalls bei
den Internationalen Brigaden tätig war (Miras erster Ehemann war in Spanien
gefallen). In Toulouse konnten beide bei Norberts
Bruder Joseph Kugler unterkommen. Dieser war seit dem 23. April 1935 (in
Straßburg) verheiratet mit
Henriette (Herta) geb. Gerst (geb. 16. Juni 1908 in Algrange, Lothringen
als Tochter von Felix Gerst und der Pauline geb. Jacob). Die beiden bekamen zwei Kinder: Simone, geb.
23. Juli 1937 in Toulouse, und
Roger, geb. 1. Februar 1939 in Toulouse).
1939 wurde Norbert Kugler verhaftet und in
verschiedenen Lagern im Südwesten Frankreichs und in der Normandie interniert,
danach kam er nach Toulouse zurück. 1941 erneut verhaftet, wurde er im Lager
Récébédou interniert, aus dem er entkommen konnte.
Norbert und Mira Kugler wurden nach Lyon geschickt: Er nahm an der Gründung der FTP-MOI-Einheit "Liberté"
in Grenoble teil und wurde einer ihrer Kommandanten. Seine Frau Mira gehörte zu
den Kadern von "Carmagnole", der eng mit "Liberté" in Grenoble verbundenen
Einheit der FTP-MOI in Lyon. Norbert Kugler wurde selbst militärischer Anführer
der Abteilung Carmagnole. 1944 erhielt er den Rang eines Oberstleutnants FFI und
war an der Befreiung von mehreren Städten in Frankreich von der Besatzungsmacht
beteiligt. Für seinen Einsatz im Krieg wurde er unter anderem dadurch geehrt,
dass seit 1982 in Vénissieux eine Straße nach ihm benannt ist "Rue Norbert
Kugler"; vgl. Artikel in "Neues Deutschland" vom 6. September 1982:
"Deutscher Antifaschist in Frankreich geehrt").
Informationen nach
https://maitron.fr/spip.php?article97485&id_mot= .
Siehe auch Wikipedia-Artikel zu Norbert Kugler
https://de.wikipedia.org/wiki/Norbert_Kugler.
Joseph Kugler ist an einem Unfall am 1. Dezember 1948 gestorben. Seine Frau
Henriette Herta starb am 13. Juni 1989 in Toulouse. Ihre Kinder - Simone und Roger - leben (Stand 2021) in
Frankreich. Roger Kugler hat zwei Söhne: Michel (lebt in den USA) und
Jean-Pierre.
Von den in Schongau geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Moritz Kugler
(1861; umgekommen im Ghetto Theresienstadt), Rosa Kugler (1866; umgekommen im Ghetto
Theresienstadt).
Nach 1945 kehrte Norbert Kugler mit seiner Frau Mira vorübergehend für
zwei bis drei Jahre nach Schongau
zurück, verzog jedoch später nach Ost-Berlin, wo er am 4. Mai 1982 verstorben
ist. Mira Kugler flüchtete 1985 aus der
damaligen DDR und nahm wiederum Kontakt mit Schongau auf. Sie zog dann in das
jüdische Altenheim nach München, wo sie gestorben ist.
Zur Geschichte der wenigen anderen in Schongau nach 1945 lebenden jüdischen
Personen vgl. u.a. die Geschichte der Familie Esther und Fred Brauner,
die in Schongau bis 1970 lebte:
https://www.juedische-allgemeine.de/allgemein/masal-tow-2/
Die Verlegung von "Stolpersteinen" sowie die Anbringung einer
Gedenktafel für
die Familie Kugler ist geplant (Stand Februar 2020; vgl. Presseartikel unten).
Fotos/Dokumente
(Quelle: obere Zeile Yad Vashem Jerusalem
https://yvng.yadvashem.org/ / zweite
Zeile:
Datenbank Ghetto Theresienstadt in
https://www.holocaust.cz/de/main-3/;
die weiteren Dokumente und Fotos sind aus Familienbesitz / privat Kugler)
Die 1980 durch den Neffen von
Rosa Kugler
- Emil J. Blumenstein in Sunnybrock Ca./USA - für die
Gedenkstätte Yad Vashem ausgestellten Gedenkblätter für
Moritz Kugler und Rosa Kugler geb. Blumenstein |
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Gedenkblatt für
Moritz Kugler |
Gedenkblatt für
Rosa Kugler geb. Blumenstein |
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"Todesfallanzeigen"
des Ghettos Theresienstadt
für Moritz Kugler und Rosa Kugler geb. Blumenstein (1942) |
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"Todesfallanzeige"
für Moritz Kugler |
"Todesfallanzeige" für
Rosa Kugler geb. Blumenstein |
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Weitere
Dokumente aus den Familie Kugler |
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Seiten aus dem Familienstammbuch (Straßburg) von Joseph Kugler und Henriette
(Herta) geb. Gerst
mit Eintragungen der Heirat (1935) und der Geburten von Simone (1937) und
Roger Felix (1937)
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Bescheinigung der
französischen Nationalität für
Herta geb. Gerst, ausgestellt
Straßburg 24. April 1935 |
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Zertifikat der
Reintegration
für Herta geb. Gerst |
Zertifikat der
Naturalisation
für Joseph Kugler |
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Hochzeitsurkunde für
Norbert Kugler
und Mira (Myriam) Bronner (1940) |
Mira Kugler geb.
Loevy-Bronner
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Familienfoto: von links:
Simone, Norbert,
Joseph, Henriette und Roger Kugler ca. 1941 |
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Führungszeugnis für
Joseph Kugler
vom 1. Oktober 1938 |
Dokumente der
Militärzeit
von Joseph Kugler |
Bescheinigung des
Zentrum der Demobilisierung Toulouse vom 28. Juli 1940 |
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Sterbebescheinigungen
für Joseph Kugler
gest. 1. Dezember 1948 in Le Montat (Autounfall) |
Weitere
Sterbebescheinigung
für Joseph Kugler |
Sterbebescheinigung für
Henriette (Herta)
Kugler geb. Gerst gest. 13. Juni 1989 |
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Weitere
Dokumente:
-
Auszug aus einem Buch des Konzentrationslagers Rieucros mit Eintragung
der dort inhaftierten Mira Loevy-Bronner (geb. 30. April 1918 in Lodz)
(pdf-Datei)
- Vera Goutchkoff (1906-1987)
The
Cup of Astonishment - Traduction de l'ouvrage sur le Camp de Rieucros
(Lozère) par Sandrine Baumle et Jacques Vacquier (pdf-Datei).
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Januar 2020:
Zur Erinnerung an die jüdische
Familie Kugler |
Artikel von Elena Siegl im merkur.de vom 20.
Januar 2020: "Sie hatten ein Geschäft in den Schrimpfhäusern am
Marienplatz. In Schongau soll an die jüdische Familie Kugler erinnert
werden.
Mehrere Jahre lang betrieben Moritz und Rosa Kugler aus Schongau ein
Geschäft am Marienplatz. Im neuen Welf erinnert Altlandrat Leopold Braun an
die jüdische Familie. Stadträtin Bettina Buresch fordert: Das Gedenken
sollte auch im Stadtbild verankert werden.
Schongau – Sie sind als Schrimpfhäuser bekannt, die beiden Gebäude am
Schongauer Marienplatz, die zur Zeit in Baugerüste gehüllt sind. In einem
der Häuser befand sich von 1902 bis 1934 ein Herrenausstatter, betrieben von
Moritz und Rosa Kugler. An die beiden Juden, die im
Konzentrationslager Theresienstadt ums Leben kamen, erinnert heute nichts
mehr in Schongau. Doch das soll sich ändern, findet Stadträtin Bettina
Buresch. Sie forderte in einer Sitzung, dass eine Gedenktafel angebracht
wird. Etwa am ehemaligen Geschäftshaus. 'Das müsste man natürlich mit dem
Eigentümer besprechen', so Buresch. Aber wichtig sei, dass in der Stadt
überhaupt eine sichtbare Form der Erinnerung geschaffen wird. Der Antrag
soll in der öffentlichen Stadtratssitzung am Dienstag, 21. Januar, zur
Abstimmung kommen.
Altlandrat Luitpold Braun hat mit seinem Aufsatz über die Kuglers im
aktuellen Jahrbuch des Historischen Vereins 'Der Welf' dafür gesorgt, dass
deren trauriger Lebensgeschichte Aufmerksamkeit geschenkt wird:
Im Schongauer Melderegister ist vermerkt, dass Moritz Kugler im Januar 1902
von Starnberg in die Lechstadt zog, wo er drei Jahre später Rosa Blumenstein
heiratete. Die beiden bekamen die Söhne Norbert (1906) und Joseph (1911).
Moritz Kugler hatte außerdem eine Tochter aus erster Ehe, die allerdings
schon früh verstarb.
Im November 1935 mussten Moritz und Rosa Kugler Schongau verlassen – wohl
auf Druck des damaligen NS-Bürgermeisters, wie Braun vermutet. Sie kamen
zunächst nach München, 1942 wurden sie ins Konzentrationslager
Theresienstadt in Böhmen deportiert, wo beide noch im selben Jahr starben.
Aufgrund einer Lungenentzündung, heißt es in der Todesfallanzeige von Rosa
Kugler. Bei ihrem Mann soll Altersschwäche die Ursache gewesen sein. Die
Holocaust-Opferdatenbank vermerkt zu beiden 'ermordet'.
Die beiden Kugler-Söhne emigrierten bereits im Sommer 1933 nach Frankreich
und schlossen sich der Résistance an. Joseph fiel 1942 in Toulouse. Norbert
zog nach dem Krieg mit seiner Frau noch einmal nach Schongau, später nach
Ost-Berlin.
Seine Frau Mira flüchtete 1985 aus der DDR, um Hilfe beim damaligen
Schongauer Bürgermeister Luitpold Braun zu suchen. Sie kam auf eigenen
Wunsch ins jüdische Altenheim in München. Die Begegnung und die
Lebensgeschichte ihrer Familie ließ Braun nicht mehr los: 'Im Sommer habe
ich die Geschichte mal so nebenbei erzählt und mir gedacht, dass man sie
eigentlich aufschreiben müsste – denn sonst werden die Kuglers vergessen.'
Doch die Nachforschungen gestalteten sich schwierig. Als Juden wollten sie
in dieser Zeit möglichst keine Spuren hinterlassen, in der Résistance wurde
viel mit Decknamen gearbeitet, erklärt Braun. Zu Beginn hatte er nur seine
Erinnerung an das Gespräch mit Mira Kugler und Erzählungen seines Vaters,
der in etwa so alt wie Norbert war.
Am Wunsch, Fotos von den beiden Kugler-Brüdern zu erhalten, ist er trotz
größter Bemühungen gescheitert. In keinem Stadtarchiv waren mehr welche
hinterlegt. Und das, obwohl in Vénissieux bei Lyon sogar eine Straße nach
Norbert Kugler benannt ist.
Bettina Buresch ist dankbar, dass Braun so akribisch recherchiert hat. 'Ich
bin sehr geschichtsinteressiert und habe mich immer gefragt, wie es hier
wohl damals war. In Kleinstädten ist ja alles viel vertrauter. Gab es hier
jüdische Familien, die dem Dritten Reich zum Opfer fielen?' Die Zeit dürfe
nicht in Vergessenheit geraten, findet sie – gerade auch im Hinblick darauf,
dass die Rechten wieder stärker werden.
Ihren Anstoß, in der Stadt an die Familie Kugler zu erinnern, findet
Luitpold Braun schön. Er neige allerdings eher zu Stolpersteinen, da die
Entscheidung dann nicht vom Hauseigentümer abhängig sei. 'Aber das muss
nicht sein', so Braun. Auch mit einer Gedenktafel, wie Buresch sie
vorgeschlagen hatte, könnte er sich anfreunden.
Der Welf mit dem Aufsatz über die Familie Kugler, ist in der Büchergalerie
Schongau sowie Buch am Bach in Peiting erhältlich."
Link zum Artikel |
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Januar 2020:
Verlegung von "Stolpersteinen" und
Anbringung einer Gedenktafel für Familie Kugler geplant
|
Artikel
von Elke Robert im merkur.de vom 22. Januar 2020:
"Aus dem Stadtrat. Schongau: Stolpersteine und
Gedenktafel beschlossen
In Gedenken an die jüdische Familie Kugler sollen in Schongau Stolpersteine
des Künstlers Gunter Demnig verlegt werden. Zusätzlich soll nach Möglichkeit
eine Gedenktafel an den Schrimpfhäusern angebracht oder alternativ ein
Rosenstock gepflanzt werden. Die Umsetzung könnte allerdings dauern.
Schongau. Der Stadtrat Schongau war sich in seiner jüngsten Sitzung einig:
Gerne wolle man den Antrag von Bettina Buresch umsetzen. Sie hatte in der
Weihnachtssitzung beantragt, das Gedenken an die ermordete jüdische Familie
Kugler im Stadtbild sichtbar zu machen. 'Die Stadt Schongau möge die
Erinnerung an die Familie Kugler bewahren', formulierte es Buresch in ihrem
Antrag. Das Schongauer Ehepaar Moses Moritz und Rosa Kugler, das in Schongau
am Marienplatz im Anwesen Schrimpf (heute Nummer 12) ein Bekleidungsgeschäft
führte, wurde von den Nationalsozialisten entrechtet und 1942 mit nur
wenigen Tagen Abstand in Theresienstadt ermordet. Die Söhne Norbert und
Joseph flohen aus Schongau, kämpften in Frankreich für die Résistance, wobei
der Jüngere, Joseph, ebenfalls 1942 ums Leben kam. Norbert Kugler überlebte
als einziger und kam nach Kriegsende mit seiner jüdischen Ehefrau Mira nach
Schongau zurück, wo sie noch vier Jahre lebten, ehe sie nach Berlin zogen.
Stadt greift den Antrag auf ein Gedenken gerne auf. Den Anstoß für
Bureschs Antrag hatte Altlandrat Luitpold Braun gegeben mit seinem Aufsatz
im jüngsten Jahrbuch des Historischen Vereins Schongau, 'Der Welf'. Braun
war es auch, der in der Stadtratssitzung noch einmal den Lebenslauf der
Familie umriss. 'Wenn ich mein Wissen jetzt nicht weitergebe, geht es mit
mir eines Tages auf den Friedhof und ist vergessen.' Braun hatte bereits von
seinem Vater viel über die Familie Kugler erfahren. Durch Zufall lernte er
dann Mira Kugler kennen, die nach ihrer Flucht aus der DDR 1985 über
Frankreich nach Schongau kam. Sie hatte bei ihm als damaligem Bürgermeister
um Hilfe gebeten bei der Vermittlung eines Platzes in einem jüdischen
Altenheim in München.
Was Mira Kugler erzählte, ließ Braun nicht mehr los. Was Mira Kugler
damals erzählte, sollte Braun nicht mehr loslassen. Beide Brüder seien für
ihren Kampf gegen die Nationalsozialisten geehrt worden, aber an das Ehepaar
selbst erinnere sonst nichts. 'Nach der Kremierung endet die Geschichte,
denn Gräber gibt es nicht', so Braun. Und dies, obwohl vermutlich der
damalige NS-Bürgermeister Schongaus, Georg Sponsel, nicht ganz unbeteiligt
an der Deportation, erst 1934 nach München, dann ins Lager, gewesen sei.
Stadtrat entscheidet einstimmig, das Gedenken an die Familie sichtbar zu
machen. Einstimmig entschied der Stadtrat nun, als Erinnerung an die
Familie sogenannte Stolpersteine in Auftrag zu geben. Im Dezember 2019 waren
es europaweit bereits 75.000 dieser handgefertigten, messingfarbenen
Pflastersteine. Die SN-Redaktion konnte nur kurz mit Künstler Gunter Demnig
sprechen, der seit Anfang des Jahres in Italien weitere Steine verlegt, den
letzten gestern in Palermo. Karin Richert, die für die Inschriften zuständig
ist, verriet, dass das Jahr bereits bis Oktober fertig geplant sei. Für die
Familie Kugler könnten sogar bis zu vier Steine angefertigt werden, hatte
Stadtbaumeister Sebastian Dietrich ausgeführt, was Richert bestätigt. Auch
durchs NS-Regime Vertriebene seien Opfer.
Schicksal wird nicht mit Füßen getreten, sondern man verneigt sich mit
Demut. Der Argumentation von Charlotte Knobloch, Präsidentin der
Israelitischen Kultusgemeinde München, dass man das Gedenken durch das
Betreten der Steine eher beschmutze, das Schicksal mit Füßen trete, wollten
die Schongauer Räte nicht folgen. 'Sie fallen auf, glänzen in der Sonne, und
man muss sich bücken, um die Namen lesen zu können', so Buresch. 'Es ist
eher eine Form von Demut, die man durch die Körperhaltung zum Ausdruck
bringt.' Parallel dazu soll eine Gedenktafel am Marienplatz 12 an die
Familie erinnern, was aber erst in einer Eigentümerversammlung geklärt
werden müsse, denn alle 18 Wohnungen der Schrimpfhäuser seien verkauft, wie
der Investor erklärt. Er wolle versuchen, dies nach Übergabe der Wohnungen
Mitte des Jahres zu thematisieren. Sonst würde ein Rosenstock gepflanzt.
Link zum Artikel |
Vgl. Artikel im "Kreisboten" vom 23. Januar
2020: "'Aus unserer Mitte'. Schongaus Gedenken an Familie Kugler...
Link zum Artikel |
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September 2021:
Verlegung
der "Stolpersteine" für Familie Kugler am 15. September 2021 auf dem
Marienplatz in Schongau |
Artikel von Elke Robert im
"Merkur" vom 16. September 2021: "Opfer des NS-Regimes. Vier
Stolpersteine in Schongau verlegt - 'Es ist wichtig, nicht zu vergessen'
1942 ist das Schongauer Ehepaar Moritz und Rosa Kugler in Theresienstadt
ermordet worden, die Söhne Norbert und Joseph überlebten den Krieg nur, weil
sie rechtzeitig emigrierten. Nun erinnern am Marienplatz Schongau vier
Stolpersteine an das Schicksal.
Schongau – Michel Kugler ist, wie er selbst sagt, kein Mann der großen
Emotionen. Doch sichtbar bewegt nahm der Urenkel des ermordeten jüdischen
Ehepaars Moritz und Rosa Kugler am Mittwoch gemeinsam mit Bürgermeister Falk
Sluyterman die Enthüllung der Stolpersteine am Schongauer Marienplatz vor.
'Ich bin gekommen, um meine Familie bei der Zeremonie zu vertreten und das
Andenken zu ehren', so Kugler, der in Kolumbien lebt. 'Es ist wichtig, nicht
zu vergessen.' Auch bedankte er sich bei der Stadt Schongau und allen, die
etwas dazu beigetragen hätten, für den Wunsch nach Gerechtigkeit.
Bürgermeister Sluyterman hatte sich schon zuvor in seiner Rede gewünscht,
dass sich Michel Kugler wieder in Schongau aufgenommen fühle,
stellvertretend für seine Familie...
... 'Die Stolpersteine sind dort, wo Menschen jeden Tag vorbeikommen, sie
sollen helfen, die Erinnerung an die Familie Kugler zu bewahren und
festzuhalten', so Sluyterman. Er erinnerte an das besondere Datum: Am 15.
September 1935 waren die Nürnberger Rassegesetze erlassen worden, die die
Grundlage für die systematische Ermordung von sechs Millionen Juden
bildeten. In seinem Abschlusswort zitierte Sluyterman den Talmud: 'Ein
Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.'
Altlandrat Luitpold Braun war es gewesen, der durch seine Erinnerung an die
Familie Kugler und seine Recherche für das Schongauer Jahrbuch des
Historischen Vereins 'Der Welf' das Gedenken erst angestoßen hatte. Er
umriss für die Gäste der Feier noch einmal das Leben von Moritz Kugler und
seiner zweiten Frau Rosa Blumenstein, die er 1905 heiratete. Er
verdeutlichte in seiner Ansprache, welche Stellung die Familie in Schongau
hatte. 'Sie waren wirklich angekommen in der Stadt', so Braun, hätten
inmitten der Gesellschaft gelebt. Braun schloss seine Ausführungen, in dem
er den Journalisten Jacques Schuster zitierte: 'Hitler und die Seinen haben
ganze Arbeit geleistet: Sie haben die Juden physisch ermordet und die
Deutschen psychisch.' Musikalisch sorgten die beiden Schongauer Musiklehrer
Manuel Wolf an der Klarinette und Manuel Draxler am Klavier für eine
würdevolle Atmosphäre, unter anderem hatten sie das Thema aus Steven
Spielbergs Film 'Schindler’s Liste' gewählt. Corona hatte die Verlegung der
Stolpersteine – ein Vorschlag von Grünen-Stadträtin Bettina Buresch – lange
verhindert, auch Künstler Gunter Demnig konnte nicht selbst vor Ort sein.
Erinnert wird durch das mittlerweile europaweite Kunstprojekt an die
Vertreibung und Vernichtung aller Opfer des Nationalsozialismus."
Link zum Artikel |
Fotos der "Stolpersteine"
(erhalten von Michel Kugler) |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica Band II,2 S. 748 (Mittelalter).
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| Luitpold Braun: Die Kugler, eine jüdische Familie
aus Schongau. In: Der WELF 19-2019. Jahrbuch des Historischen Vereins
Schongau.
Website des Vereins:
www.historischer-verein-schongau.de. |
| Ingrid Strobl: Die Angst kam erst danach. Jüdische
Frauen im Widerstand 1939-1945. Fischer TB in der Reihe "Die Frau in der
Gesellschaft". 2016. (hier wird auch an die Geschichte von Mira und Norbert
Kugler erinnert). |
| Michael Berger / Gideon Römer-Hillebrecht
(Hrsg.): Jüdische Kämpfer im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Verlag Ferdinand
Schöningh Paderborn 2012. |
| An die Lebensgeschichte von Norbert und Mira Kugler
wird in verschiedenen weiteren Publikationen erinnert (auch in
französischer, spanischer und englischer Sprache):
z.B. Robert Gildea: Fighters in the Shadows. A New History of the French
Resistance. |
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