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Trappstadt (VG
Bad Königshofen im Grabfeld, Kreis Rhön-Grabfeld)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Trappstadt (Marktgemeinde seit 1778) bestand eine jüdische Gemeinde bis
1937. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts zurück. 1670/71
wird der kurz zuvor verstorbene Jud Löw zu Trappstadt genannt, dessen
Handelskonzession im Amt Heldburg auf seinen Schwager Isaak Jud und dessen Sohn
Schmuhl übertragen wurde. Auch 1686
werden jüdische Personen am Ort genannt. 1699 wird Jakob Moses von
Trappstadt im Amt Heldburg genannt. Interessant für die jüdische Ansiedlungen
war Trappstadt, das bis zu acht Grundherren (Ganerben) gleichzeitig hatte, durch
die vier Jahr- und Viehmärkte, die hier seit 1778 stattfinden konnten.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1810 22 jüdische Einwohner, 1813 53, 1816 64 (8,9 % von insgesamt
721 Einwohnern), 1830 70, 1832 56, 1837 65 (8,7 % von 750), 1839 69, 1848 60, 1867 65
(9,7 % von 668), 1871 56, 1880 56, 1890 60 (8,9 % von 670), 1900 38 (6,4 % von
587), 1910 26 (4,3 % von 596).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine Religionsschule und ein rituelles Bad. Die Toten der
jüdischen Gemeinde wurden von 1761 bis zur Eröffnung des jüdischen Friedhofes
in Königshofen im Jahr 1921 auf dem jüdischen Bezirksfriedhof
in Kleinbardorf beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war
ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig
war. In der 2. Hälfte
des 19. Jahrhunderts hatten die jüdischen Gemeinden in Bad
Königshofen und Trappstadt denselben Religionslehrer (siehe
Ausschreibungstexte und von 1876 und 1878). Die Gemeinde war dem Rabbinatsbezirk
in Burgpreppach, nach dessen Auflösung dem Bezirk Aschaffenburg
zugeteilt.
Um 1925, als noch 15 jüdische Personen am Ort gezählt wurden, gehörte
diese bereits als Filialgemeinde zur jüdischen Gemeinde in Königshofen.
1933 gab es noch 10 jüdische Einwohner in Trappstadt. In
den folgenden Jahren sind mehrere von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Im Juli 1937 erklärte der
Verband der Bayerischen Israelitischen Gemeinden die jüdische Gemeinde
Trappstadt für aufgelöst (siehe Artikel unten). Die letzten vier in Trappstadt
lebenden jüdischen Personen wurden 1942 deportiert.
Von den in Trappstadt geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Franziska Ackermann
geb. Frank (1867), Klara Ackermann (1899), Max Ackermann (1902), Florchen Adler
geb. Langgut (1889), Selma Baumann geb. Langgut (1896), Selma Holzinger geb.
Oppenheimer (1878), Irma Katz (1891), Julius Katz (1887), Berta Langgut (1899),
Ida Metzger geb. Langgut (1881), Berta Oberbrunner geb. Silbermann (1886), Josef
Oberbrunner (1885), Mathäus Oberbrunner (1896), Regine Oberbrunner (1895), Sara
Rau (1881).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers und
Vorsängers für Königshofen und Trappstadt 1876 und 1878
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Mai 1876:
"Die Stelle eines Religionslehrers und Vorsängers in der hiesigen,
mit der Religionsschulstelle Trappstadt kombinierten Gemeinde ist
zu besetzen. Gehalt Mark 700 bei freier Wohnung und Beheizung.
Bewerbungen mit Zeugnisvorlage an den unterzeichneten Vorstand.
Königshofen (im Grabfeld), 9. Mai 1876. Kohn." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Dezember 1876:
"Erledigte Religionslehrer- und Vorbeter-Stelle in Königshofen im
Grabfeld (Bayern). Fixer Gehalt 700 Mark, Ertrag der Schächterfunktion
300 Mark. Hierauf Reflektierende wollen sich unter Beilage ihrer Zeugnisse
an Unterzeichneten werden. G.J. Einstädter." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Dezember 1878:
"Die kombinierte israelitische Gemeinde Königshofen (Grabfeld) und Trappstadt
(Bayern) sucht einen tüchtigen Religionslehrer und Vorsänger. Gehalt 820
Mark, 3 Raummeter Holz etc. Nur Besitzer von guten Zeugnissen wollen sich
melden mit der Angabe, ob verheiratet oder ledig, Schochet oder nicht.
Russen und Polen finden keine Berücksichtigung. G.J. Einstädter,
Vorstand." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Die Auflösung der
jüdischen Gemeinde zum 1. August 1937
Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1.
August 1937: Bekanntmachung über Auflösung der Israelitischen
Kultusgemeinden Acholshausen und Trappstadt.
Das Präsidium des Rats hat nach Anhörung der zuständigen
Bezirksrabbinate am 9./11./12. Juli beschlossen: Die Israelitischen
Kultusgemeinden
Acholshausen, Rabbinatsbezirk Kitzingen,
Trappstadt, Rabbinatsbezirk Burgpreppach
werden gemäß § 25 der Verbandsverfassung für aufgelöst erklärt.
Dieser Beschluss wird hiermit öffentlich bekannt gemacht unter Hinweis
auf § 25 der Verbandsverfassung, laut welchem gegen den Beschluss jedem
Gemeindemitglied binnen einer Frist von einem Monat nach dieser
Bekanntmachung die Beschwerde zum Landesschiedsgericht des Verbandes
zusteht. Die Beschwerdefrist beginnt mit Veröffentlichung dieser
Bekanntmachung. München, den 19. Juli 1937. Verband Bayerischer
Israelitischer Gemeinden. Dr. Neumeyer". |
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Mitteilung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. August 1937: "München.
Das Präsidium des Rates des Verbandes Bayerischer Israelitischer
Gemeinden hat nach Anhörung der zuständigen Bezirksrabbinate die
Kultusgemeinden Acholshausen
(Rabbinatsbezirk Kitzingen) und Trappstadt (Rabbinatsbezirk
Burgpreppach) als aufgelöst erklärt." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Über die Familie Goldmann aus Trappstadt (zwei Artikel von
2008)
Hinweis: nach neueren Recherchen von Elisabeth Böhrer ist der im Artikel
genannte Joseph Sachs in Rödelmaier
geboren (siehe weitere Informationen auf der
Seite zu Rödelmaier).
Artikel
in der Main-Post (Ausgabe Würzburg) vom 13. März 2008: "Aus dem
Grabfeld nach New York. Gründer der Bank Goldman Sachs.
Trappstadt (gi). In dem kleinen Dorf Trappstadt im Grabfeld kam 1821 Mark
Goldmann als Kind jüdischer Eltern zur Welt. 1848 wanderte er aus
Deutschland aus, gründete 1869 als Marcus Goldman in New York eine Bank.
Dies war die Urzelle von Goldman Sachs, eines heute gigantischen
Unternehmens mit 46 Milliarden Dollar (2007) Umsatz.
Die 67jährige Cordula Kappner erforscht schon seit vielen Jahrzehnten die
Geschichte der Juden im Landkreis Haßberge. Im Rahmen ihrer Recherchen
ist sie auch auf einen Mark Goldmann gestoßen, der die Investmentbank
Goldman Sachs gegründet hat. Als Geburtsort wird in vielen
Veröffentlichungen Burgpreppach (Lkr. Haßberge) und manchmal auch
Burgebrach genannt. Das ließ Kappner keine Ruhe und sie begann mit den
Recherchen.
Im Würzburger Staatsarchiv im jüdischen Standesregister suchte sie nach
dem Namen Goldmann und konnte aber im Verzeichnis für Burgpreppach keinen
Eintrag finden. Dafür entdeckte sie aber den Namen Wolf Goldmann aus Zeil
(Lkr. Haßberge), der später nach Trappstadt ins Grabfeld gezogen ist und
dort mit einer Frau Ella fünf Kinder auf die Welt gebracht hat. Der
älteste Sohn heiß Mark. Als 27jähriger wanderte dieser 1848 nach
Amerika aus und versuchte in den USA sein Glück.
Cordula Kappner kann die Lebensläufe nicht nur von Mark Goldmann belegen,
sondern auch die seiner Geschwister, die teilweise ebenfalls in die USA
ausgewandert sind. Damit beweist sie überzeugend, dass dieser Mark
Goldmann später als Marcus Goldman sich seinen amerikanischen Traum
verwirklicht und die Grundlage für ein gigantisches Bankenimperium
schuf.
Doch zunächst fing er klein an. Er zog mit Pferd und Wagen als Hausierer
über Land und eröffnete dann einen Laden in Philadelphia, bevor er,
mittlerweile verheiratet und Vater von fünf Kindern, nach New York
zurückkehrte. Dort eröffnete er 1869 in der Pine Street ein
Ein-Zimmer-Kontor und macht lukrative Geschäfte mit den
Diamantenhändlern: die Urzelle des heute gigantischen Unternehmens.
Schiff nach Amerika.
Marcus Goldmann heiratete in Amerika Bertha, die ebenfalls im Jahr 1848
mit 19 Jahren aus Bayern nach Amerika ausgewandert war. Sie waren eng
befreundet mit dem Juden Joseph Sachs und dessen Frau Sophia. Joseph Sachs
kommt ebenfalls aus Unterfranken, wie Cordula Kappner herausfand. Er ist
der Sohn eines armen bayerischen Sattlers aus einem Dorf bei Würzburg
(siehe Anmerkung oben). Im
Alter von nur 19 Jahren erteilte er als Hauslehrer der Tochter Sophia des
reichen Würzburger Goldschmieds Bär Unterricht. Beide verliebten sich
ineinander, sehr zum Missfallen ihrer Eltern. Das Paar floh nach
Rotterdam, wo sie 1848 heirateten und im gleichen Jahr das Schiff nach
Amerika bestiegen. Die jüngste Tochter von Marcus und Bertha Goldman
Louisa wurde die Ehefrau von Samuel Sachs, den im Jahr 1882 Marcus Goldman
in die Firma aufnahm, die den Namen 'M. Goldman Sachs' erhielt. Als im
Jahr 1896 Marcus Goldmann in den Ruhestand trat, übergab er die Forma
seinem Sohn Henry und seinem Schwiegersohn Samuel Sachs. Marcus Goldman,
der Bankier, der allmorgendlich zu Fuß im Gehrock und Zylinder, in dem er
sein Vermögen hinter dem Schweißband mit sich trug, seinen Rundgang
antrat, starb im Sommer 1904 in New York." Dieser
Artikel auch als pdf-Datei. |
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Artikel in der Mainpost (Ausgabe Hassfurt)
vom 12. März 2008:
Marcus Goldmann und der amerikanische Traum - Der Begründer der Investmentbank Goldman Sachs hat seine Wurzeln in Zeil und Trappstadt
In dem kleinen Dorf Trappstadt im Grabfeld kam 1821 Marcus Goldmann zur Welt. Er starb 1904 in New York. Er hat in seinem Leben Erstaunliches verbracht. Er ist der Begründer der Investment-Bank Goldman Sachs, die heutzutage zu den größten und einflussreichsten Banken weltweit gehört.
Sabina Lietzmann erwähnt in ihrem Artikel "Juden in New York" einen "Marcus Goldmann aus
Burgpreppach", der wie andere junge jüdische Einwanderer aus Deutschland in Amerika zu Wohlstand und Ansehen gelangte und bis heute im Bankwesen ein Begriff ist.
Katja Behling schreibt in ihrem Aufsatz "Goldman Sachs. Vom Familienunternehmen zum
Konzern": "Die Geschichte begann, als der 27-jährige deutsche Jude Marcus Goldman 1848 nach New York auswanderte. Er zog mit Pferd und Wagen als Hausierer über Land und eröffnete dann einen Laden in Philadelphia, bevor er, mittlerweile verheiratet und Vater von fünf Kindern, nach New York zurückkehrte. Dort eröffnete er 1869 in der Pine Street ein Ein-Zimmer-Kontor und machte lukrative Geschäfte mit den Diamantenhändlern: die Urzelle eines heute gigantischen
Unternehmens." Marcus Goldmann heiratete in Amerika Bertha Goldmann (sic), die ebenfalls im Jahr 1848 im Alter von 19 Jahren aus Bayern nach Amerika ausgewandert war. Er hatte sie im Hausiererviertel in Pennsylvania kennen gelernt, wo sie den Beruf einer Stickerin ausübte und sich damit ihren Lebensunterhalt verdiente. Mit Hilfe seiner Frau errichtete er dann in Philadelphia ein Bekleidungsgeschäft und gab später ihrem Drängen nach, den Wohnsitz nach New York zu verlegen.
Eng befreundet mit Joseph Sachs. Marcus und Bertha Goldmann waren eng befreundet mit Joseph Sachs und seiner Frau Sophia. Joseph Sachs, Sohn eines armen bayerischen Sattlers aus einem Dorf bei Würzburg
(siehe Anmerkung oben), hatte sich eine gute Bildung erworben. Im Alter von nur 19 Jahren erteilte er als Hauslehrer der Tochter Sophia des reichen Würzburger Goldschmieds Bär Unterricht. Beide verliebten sich ineinander, sehr zum Missfallen ihrer Eltern. Das Paar floh nach Rotterdam, wo sie im Jahr 1848 heirateten und noch im gleichen Jahr das Schiff nach Amerika bestiegen.
Zwei Töchter von Marcus und Bertha Goldmann heirateten zwei Söhne der Familie Sachs. Die jüngste Tochter Louisa wurde die Ehefrau von Samuel Sachs, den im Jahr 1882 Marcus Goldmann in die Firma aufnahm, die den Namen
"M. Goldman Sachs" erhielt. 1885 kamen der Sohn Henry und der Schwiegersohn Ludwig Dreyfuß als Juniorpartner in die Firma. Sie hieß nun
"Goldman Sachs & Co". 1894 trat Henry Sachs in die Firma ein. Als im Jahr 1896 Marcus Goldmann in den Ruhestand trat, übergab er die Firma seinem Sohn Henry und seinem Schwiegersohn Samuel Sachs.
Marcus Goldmann, der Bankier, der allmorgendlich zu Fuß im Gehrock und Zylinder, in dem er sein Vermögen hinter dem Schweißband mit sich trug, seinen Rundgang antrat, starb im Sommer 1904 in New York.
Marcus Goldmann kam nicht aus Burgpreppach und auch nicht aus Burgebrach. Woher kam er wirklich?
Marcus Goldmann wurde als "Mark" Goldmann am 9. Dezember 1821 in Trappstadt, im Landgericht Königshofen, dem heutigen Grabfeld, in Unterfranken geboren. Er war der älteste Sohn von fünf Kindern des Ehepaares Wolf und Ella Goldmann.
Sein Vater, "Handelsjud", Bauer, Viehhändler und Ökonom Wolf Goldmann, stammte nicht aus Trappstadt, sondern kam aus dem kleinen Fachwerkort
Zeil am Main im Landgericht Haßfurt-Eltmann mit 31 jüdischen Einwohnern im Jahr 1813. Er wurde am 16. Februar 1794 im Haus Nummer 57 (heute Kaulberg 6) in Zeil geboren, als Sohn von Jandorf Goldmann (1759-1841) und seiner Ehefrau Bella/Babette (gestorben am 4. Dezember 1825 in Zeil am Main, 66 Jahre alt). Möglicherweise stammte Familie Goldmann ursprünglich aus dem Ort
Knetzgau auf der gegenüberliegenden Mainseite.
Jandorf Goldmann hieß "Jandorf Marx", bis er nach dem bayerischen Judenedikt, das die Annahme von Familiennamen vorschrieb, 1817 den Namen
"Goldmann" annahm und in der Zeiler Judenmatrikel unter Nummer 1 als "Jandorf
Goldmann" eingetragen wurde, mit Viehhandel als Broterwerb.
Wolf Goldmann hatte Glück. Wolf Goldmann, sein Sohn, heiratete am 23. Mai 1820 im Ort Sternberg im Grabfeld die verwitwete Ella Oberbronner, die als Ella Goldschmied am 6. Mai 1792 in
Walldorf, Herzogtum Meiningen (Thüringen) auf die Welt kam. Durch die Heirat mit der bereits in Trappstadt ansässigen Ella Oberbronner erwarb Wolf Goldmann eine Ansässigmachung im Ort, denn nach dem bayerischen Judenedikt vom Mai 1813 war es Juden nicht erlaubt, den Wohnort zu wechseln. Nur wenn durch Tod eine Matrikelstelle frei geworden war, konnte ein anderer in den Ort ziehen. Dies war bei Wolf Goldmann der Fall. Er hatte Glück. Ob die Heirat eine Liebesheirat war, ist heute nicht mehr zu ergründen.
Familie Wolf und Ella Goldmann wohnte im Jahr 1821 in Trappstadt im Haus Nr. 16 (heute Hauptstraße 9), ab zirka 1825/26 im Haus Nr. 103 (heute Hauptstraße 50). Ein Bruder von Marcus, Sannel, geboren am 29. Dezember 1823, liegt auf dem jüdischen
Friedhof in Kleinbardorf begraben, auf dem so genannten
"Judenhügel". Wann und wo er starb ist unbekannt. Wolf Goldmann starb in Trappstadt am 19. April 1863 im Alter von 71 1/2 Jahren und wurde ebenfalls auf dem Judenhügel begraben, dem Begräbnisort der jüdischen Gemeinde Trappstadt. Wo sich sein Grab befindet, ist unbekannt. Seine Frau Ella starb am 10. September 1870 in
Maroldsweisach im Alter von 89 Jahren im Haus Nr. 39, bei ihrer dort verheirateten Tochter Bella.
Bella/Babette Goldmann war seit 1857 in Maroldsweisach mit dem Gerbermeister Emanuel Friedmann (1830-1915) verheiratet. Sie wurde am 14. Juli 1828 in Trappstadt geboren und starb 1912 in Würzburg, wo sie, wie ihr Ehemann, auf dem jüdischen Friedhof begraben ist.
Die jüdische Gemeinde Trappstadt im damaligen Großherzogtum Würzburg gehörte mit Königshofen zum Distriktsrabbinat Burgpreppach, wo im Auswanderungsjahr von Marcus Goldman 1848 der bekannte Distriktsrabbiner Dr. Josef Gabriel Adler wirkte. Möglicherweise erklärt sich daraus die allgemein gebrachte Herkunftsangabe Burgpreppach, die nicht richtig ist. Ebenso falsch ist Burgebrach als Geburtsort.
Im Jahr 1813 lebten in Trappstadt 53 gemischtherrschaftliche Schutzjuden, das heißt, die jüdischen Familien hatten verschiedene Schutzherren, an die sie ihr Schutzgeld und ihre sonstigen verschiedenen Abgaben zahlten. Durch das Schutzgeld erhielten sie Schutz und die Möglichkeit, im Ort wohnen zu dürfen. Sie wohnten zur Miete, in einem so genannten
"Tropfhaus" oder manchmal in einem eigenen Haus. Das jeweilige Pfarramt hielt im so genannten
"Jüdischen Standesregister" Ehen, Geburten und Sterbefälle der jüdischen Einwohner fest. Eine Kopie befindet sich heute im Staatsarchiv Würzburg. Durch seine Heirat konnte Wolf Goldmann in die Matrikelstelle des gestorbenen Mannes von Ella Oberbronner einrücken. Sonst hätte er wahrscheinlich nie eine Heiratserlaubnis bekommen, was im 19. Jahrhundert für viele junge Leute ein Grund war, nach Amerika auszuwandern.
Sein Sohn Marcus hatte in der Heimat, Trappstadt hatte im Jahr 1848 60 jüdische Einwohner, vermutlich auch keine berufliche Perspektive, erhielt deshalb auch keine Heiratserlaubnis und die fehlgeschlagene Revolution von 1848, in der eine politische Gleichberechtigung für den jüdischen Bevölkerungsteil nicht erreicht wurde, tat sicher ein übriges, dass er 1848 Deutschland verließ, um in Amerika sein Glück zu suchen. (Erst am 9. November 1861 kam in Bayern mit dem Emanzipationsgesetz die volle politische Gleichstellung für die jüdischen Bürger. Sie hätten nun die freie Wohnungswahl und kehrten langsam in die Städte zurück, aus denen sie vor ihrer Vertreibung im Mittelalter gekommen waren. Eine Auflösung der kleinen jüdischen Gemeinden, wie unter anderem auch Zeil und Trappstadt, war die Folge.)
Hausierer in Pennsylvania. Währenddessen ging Marcus Goldmann im Hausiererparadies, dem Kohlendistrikt von Pennsylvania, als Hausierer seiner Arbeit nach, zunächst zu Fuß, später mit Pferd und Wagen. Sein Bruder Simon war ihm nach Amerika gefolgt und Ende Mai/Anfang Juni 1855 wanderte auch Schwester Regina aus. Der Vater hatte ihr bei der Behörde in Königshofen, dem königlichen Bezirksamt, ein Leumundszeugnis besorgt und ihr ein Reisegeld von 250 fl. gegeben. Am 25. Mai bestätigte er mit seiner Unterschrift den Erhalt von Reisepass, der Auswanderungsurkunde und den
"Schiffsakkord" für seine Tochter. Sie war zu dieser Zeit 22 Jahre alt. Die Reise der Geschwister Goldmann in die Freiheit war sicher strapazenreich. Sie reisten im Zwischendeck, wo es am billigsten war und die Zustände am schlimmsten, wo Kinder
Hungers starben. Manche Auswanderer hatten versucht, wenigstens die Ausreisesteuer zu umgehen. Sie zogen zu Verwandten in einen anderen Ort in Deutschland und machten sich von dort auf die Reise in die Hafenstädte Bremerhaven oder Hamburg.
Aus Amerika schrieb ein Auswanderer nach Hause: "In ganz Deutschland geht es keinem Menschen so gut, das dürft ihr uns gewiss
glauben" und, vermutlich der gleiche Schreiber 1851: "Ich wünschte mir sonst gar nichts, als dass ihr alle bei uns währt, da dürft ihr euch nicht so plagen und auch nichts für die Herrschaft zu zahlen, weil alles frei ist, keinen Beamten und so Landrichter gibt es
nicht." So mag vielleicht auch Marcus Goldmann gefühlt haben, wenn er mit Pferd und Wagen durch Amerika fuhr, allein, verantwortlich für sich und seine Familie, frei zu tun und zu gehen, wohin er wollte. Er war später vor allem bei der schwarzen Bevölkerung beliebt, was sicher auf seiner Vergangenheit als Angehöriger einer rechtlosen Minderheit beruhte.
Die zahlreichen jüdischen Auswanderer aus Europa hatten sich in Amerika auf eine Einteilung der Berufszweige geeinigt. Die russischen Einwanderer besaßen die Industrien, die deutschen Einwanderer Kaufhäuser und das Bankwesen. Einer von ihnen war Marcus Goldmann. Die Bank
"Goldman-Sachs" ist heute eine berühmte Investmentbank an der Wall-Street, die aufkauft und verkauft und in der Welt mehr als 20 000 Mitarbeiter hat.
Goldman-Sachs rettete den Eurotunnel. Einer der größten Aufträge der Firmengeschichte war die Privatisierung der Telekom. Die Bank besitzt eine eigene Unternehmenskultur, die die fähigsten Mitarbeiter anzieht und ist ein Sprungbrett für Wirtschaftstudenten. Goldman-Sachs gründete eine eigene
"Goldman-Sachs Universität", in der Kurse individuelle Fähigkeiten der Mitarbeiter entwickeln.
"Wichtig ist die Einstellung, Wissenslücken können gestopft werden". "Goldman-Sachs ist offen für Überflieger" schreibt Katja Behling in ihrem Artikel.
Und im Jahr 2002 schrieb der Spiegel in Nummer 40: "Die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs setzt auf einen stärkeren Einfluss der Grünen in der Bundespolitik, um die Verkrustungen beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt aufzubrechen.
"Die Grünen haben einen größeren Appetit auf Reformen", heißt es in einem
Kommentar."
Marcus Goldmann gehörte zur ersten großen allgemeinen Auswandererwelle der Jahre zwischen 1846 bis 1857. In dieser Zeit verließen 1,1 Millionen Menschen Deutschland, davon 140 000 aus Bayern. Ursachen waren Missernten, Bevölkerungsexplosion, Industrialisierung mit riesigen Preissteigerungen, die verlorene Revolution 1848 mit dem Kampf um politische Gleichberechtigung.
Ein um 1848 entstandenes Auswandererlied gibt die Stimmung jener Tage wieder:
Ein stolzes Schiff, ein stolzes Schiff streicht einsam durch die Wellen. Und führt uns unsre deutschen Brüder fort. Die Fahne weht, die weißen Segel schwellen, Amerika ist ihr Bestimmungsort. Seht auf dem Verdeck sie stehen, Sich noch einmal umzusehen. Ins Vaterland, ins heimatliche Grün, Seht, wie sie übers große Weltmeer ziehn. Sie ziehn dahin, wer wagt sie noch zu fragen? Warum verlassen sie ihr Heimatland? O armes Deutschland, wie kannst du es ertragen, Dass deine Brüder werden so verbannt? Was sie hofften, hier zu gründen, Suchen sie dort drüben zu finden. Drum ziehen sie von deutschem Boden ab, Und finden in Amerika ihr Grab. |
|
Website von "Goldman Sachs":
http://www2.goldmansachs.com/
Wikipedia-Artikel zu
Goldman Sachs
Links: Goldman Sachs Tower in New Jersey (Foto aus englischem
Wikipedia-Artikel) |
Zur Geschichte der Synagoge
Die Synagoge in Trappstadt wurde noch im 18. Jahrhundert oder
spätestens um 1800 erbaut.
Um 1840 stand eine umfangreiche Reparatur der Synagoge an.
Da die eigenen finanziellen Mittel der wenigen jüdischen Familien dafür nicht
ausreichten, wurde die Durchführung einer Kollekte bei der Regierung beantragt.
Diese wurde im Januar 1842 genehmigt und in den folgenden Wochen im
Regierungsbezirk von Unterfranken und Aschaffenburg durchgeführt. Es konnten 116
fl. 25 Kr. gesammelt werden. Vermutlich alsbald nach Abschluss der Sammlung
wurde die Reparatur der Synagoge durchgeführt. Zur Kollekte selbst liegen zwei
Artikel aus dem "Intelligenzblatt von Unterfranken..." vor:
Kollekte zur Reparatur der Synagoge in Trappstadt (1842/44)
Artikel
im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs
Bayern vom 18. Januar 1842: "16. Januar 1842. An die fürstlich
Löwensteinische Regierungs- und Justizkanzlei zu Kreuzwertheim und an sämtliche
Distrikts-Polizeibehörden von Unterfranken und Aschaffenburg.
(Die Bitte der Israeliten zu Trappstadt um Bewilligung einer Kollekte zur
Reparatur ihrer Synagoge betreffend).
Im Namen Seiner Majestät des Königs.
Seine Majestät der König haben allergnädigst zu gestatten geruht, dass
zu Aufbringung der Kosten für die Reparatur der Synagoge in Trappstadt eine
Kollekte bei den Israeliten im Regierungs.Bezirke von Unterfranken und
Aschaffenburg veranstaltet werde.
Die Distrikts-Polizeibehörden werden daher angewiesen, die Kollekte in den
israelitischen Kultusgemeinden durch die Kultus-Vorsteher vornehmen zu
lassen und den Ertrag an das Expeditions-Amt der unterfertigten Stelle
einzusenden.
Über das Resultat der Sammlung ist binnen 3 Wochen Anzeige-Bericht zu
erstatten.
Würzburg, den 12. Januar 1842. Königliche Regierung von Unterfranken
und Aschaffenburg, Kammer des Innern. Graf Fugger. Hübner."
|
|
Artikel
im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs
Bayern vom 6. April 1844: "(20. März 1844) (Die Bitte der
Israeliten zu Trappstadt um Bewilligung einer Kollekte zur Reparatur ihrer
Synagoge betreffend).
Im Namen Seiner Majestät des Königs.
Mit Bezug auf das Ausschreiben vom 12. Januar 1842 (Intelligenzblatt Nr. 6)
wird das Ergebnis der angeordneten Kollekte in nachstehender Übersicht zu
öffentlichen Kenntnis gebracht.
Würzburg, 7. März 1844.
Königliche Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg, Kammer des Innern.
Graf Fugger.
Thaler.
Übersicht der durch Kollekte in Unterfranken und Aschaffenburg zur Reparatur
der Synagoge zu Trappstadt eingekommenen Beträge..."
Aus der Übersicht gehen die Erträge der Sammlung der einzelnen
Behörden/Ämter hervor. |
Im Frühjahr 1937 wurde die Synagoge in Trappstadt für 300 RM
verkauft. In der Folgezeit wurde das Gebäude zu einem Wohnhaus umgebaut.
Mehrfache Umbau- und Renovierungsarbeiten haben das Gebäude stark
verändert. Die Anbringung einer Gedenktafel durch den Markt Trappstadt ist
seit 1987 geplant. Ob sie inzwischen angebracht ist, konnte noch nicht
festgestellt werden (Hinweise bitte an den Webmaster, Adresse siehe Eingangsseite).
Adresse/Standort der Synagoge: Linsengasse
10
Fotos
Das Synagogengebäude - zu
einem Wohnhaus umgebaut
(Foto: Jürgen Hanke, Kronach, 2004) |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 411-412. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 2. Auflage 1992 S. 126 |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 561-562.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Trappstadt, Lower Franconia. Jews
are first mentioned in 1686 and a community existed in the mid-18th century,
maintaining a population of 60-65 (10 % oft the total) throughout the 19th
century and then declining steadily to ten in 1933. The 18th century synagogue
building was sold in 1937. The last four Jews were deported to Izbica in the
Lublin district (Poland) and Auschwitz in 1942-43.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|