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Wolfratshausen (Kreis
Bad Tölz - Wolfratshausen)
Jüdische Einrichtungen bis nach 1933
Jüdisches Landheim / Kinder-Erholungsheim / Wirtschaftliche Frauenschule
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen
Einrichtungen in Wolfratshausen
Die Idee, ein jüdisches Land- und Erholungsheim für Kinder in gut
erreichbarer Nähe zu München einzurichten, ging von mehreren engagierten
Persönlichkeiten der jüdischen Gemeinde in München aus, unter ihnen Rabbiner
Baerwald und der Arzt Dr. Karl Oppenheimer. Jüdische Erholungsheime für
kranke Kinder - vor allem aus Großstadtgemeinden - gab es auch schon andernorts
in Deutschland. So waren im süddeutschen Raum unter anderem 1892
die Israelitische Kinderheilstätte in Bad
Nauheim, 1905 die Israelitische
Kinderheilstätte in Bad Kissingen oder 1912 in
Bad Dürrheim das Friedrich-Luisen-Hospiz eröffnet worden, die eine
hervorragende Arbeit im Blick auf die Gesundung jüdischer Kinder einer jeweils
weiten Region leisteten. Die Notwendigkeit speziell jüdischer Erholungsheime
war schon aus dem Grund gegeben, dass die nichtjüdischen Erholungsheime meist
unter christlicher Leitung standen und keine - von vielen jüdischen Familien
gewünschte - jüdisch-rituelle Verpflegung leisten konnten. Eine weitere
Rolle spielt der seit den 1880er-Jahren immer stärker werdende Antisemitismus
in breiten Bevölkerungsschichten. So sollte das jüdische Erholungsheim
"eine Insel des Friedens inmitten des Meeres von Hass, das um uns
brandet" sein (Bericht aus dem "Israelit" vom
7.1.1921).
Das Heim wurde getragen von einem "Verein Jüdisches Landheim
Wolfratshausen", der sich um die für den Betrieb notwendigen Mittel
bemühte. Die ärztliche Leitung des Heimes wurde von Dr. Karl Oppenheimer
(München) übernommen; er kam mindestens einmal in der Woche nach
Wolfratshausen (gestorben 1926, nachdem er die letzten Monate seines Lebens im
Heim zugebracht hatte, siehe Bericht unten). Im Heim selbst sorgte für die
dauernde Überwachung der Gesundheit der Kinder eine Ärztin, die zugleich als
Lehrerin tätig war. Die rituelle Aufsicht über das Heim übernahmen beide
Rabbiner der jüdischen Gemeinde in München. Zum Tagesablauf gehörte auch die
Einhaltung von Gebeten wie dem Tisch- und Nachtgebet; auch nichtreligiöse
Kinder sollten hiervon geprägt werden. Selbstverständlich wurde auch auf die
Feier eines traditionellen Schabbat Wert gelegt.
Zur Einrichtung des "Jüdischen Landheimes" konnte das bisherige
"Hotel zur Kronmühle" in Wolfratshausen erworben und
umgebaut werden. Das Heim wurde 1921 erstmals belegt (Eröffnung am 15.
Mai 1921): im Sommer und Herbst 1921 fanden 184 Kinder mit durchschnittlich 20
Verpflegungstagen im Heim Aufnahme. Bis zu 60 Kinder konnten gleichzeitig im
Hause sein. Auch Kinder aus sozial schwächer gestellten Familien sollten
aufgenommen werden können. Der Trägerverein bemühte sich um Mittel zur
Finanzierung des Aufenthaltes solcher Kinder, die zumindest teilweise auch durch
das Wohlfahrtsamt des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden sowie
andere Wohlfahrtseinrichtungen oder die für ein Kind zuständige jüdische
Gemeinde übernommen wurden.
Mehrere Jahre wurde das Jüdische Landheim mit Erfolg betrieben. Gegen Ende der
1920er-Jahre ging das Interesse am Landheim zurück, möglicherweise auf Grund
der Schwierigkeiten der Finanzierung der Erholungsaufenthalte. 1930 wurden
Überlegungen zu einer Neukonzeption des Hauses angestellt. Sie endeten mit
einer Neueröffnung des Landheimes 1931 als eines allgemeinen jüdischen
Erholungsheimes, das nun für alle jüdischen Kreise, nicht mehr nur für Kinder
und Jugendliche geöffnet sein sollte. Das Heim wurde nun betrieben durch den
Jüdischen Frauenbund
München.
Der Jüdische Frauenbund München hat seit 1926 in Wolfratshausen - in
Verbindung mit dem Landheim beziehungsweise Erholungsheim - eine staatlich genehmigte
"Wirtschaftliche Frauenschule auf dem
Land" betrieben. Hier konnten Mädchen nach Abschluss der Schulzeit in einem
Lehrjahr eine hauswirtschaftliche Ausbildung bekommen. Die Schule stand bis 1931
unter
Leitung von Frau Hannah Bodenheimer, von 1931 bis 1934 unter Leitung von
Elisabeth Mirabeau, von 1934 bis 1938 unter Leitung von Caroline K. Meier. Die Schule bestand bis 1938.
Seit 1934 war die landwirtschaftliche Ausbildung in Wolfratshausen als "Hachscharah"
anerkannt. Nach den
Ereignissen beim Novemberpogrom 1938 musste sie geschlossen und das Haus 1939
von der Israelitischen Kultusgemeinde München verkauft werden.
Mehrere der ehemaligen Schülerinnen der Wirtschaftlichen Frauenschule auf dem
Land sind nach den Deportationen in der NS-Zeit ermordet worden. Im Buch von
Kirsten Jörgensen und Sybille Kraftt wird erinnert an die folgenden ermordeten
Schülerinnen S. 37): Frieda Bergmann, Marianne Bing, Margot Eichhorn, Minna
Fischl. Irene Frank, Anita Frank, Ruth Gittler, Ruth Lilli Goldmann, Eva
Hamburger, Lore Hanf, Bella Hess. Ilse Hohenberg, Rosa Joskowitz, Ingeborg
Kaufmann, Hanna Königsfeld, Ruth Ladenburger, Lotte Mainzer, Käthe Östreicher,
Elfriede Schuld, Susanne Schwab, Frieda Seligmann, Martha Seligmann, Sofie
Sommer, Hertha Spatz, Lore Speier, Lilo Stern, Lore Trolowitz, Adeline Wainschel,
Ilse Wartelski.
In die Gebäude der ehemaligen "Wirtschaftlichen Frauenschule" und des
früheren Erholungsheimes zogen 1940 Angestellte der Wolfratshauser
Munitionsfabriken ein.
Nach 1945 wurden vorübergehend jüdische "Displaced
Persons" untergebracht. vgl.
https://www.after-the-shoah.org/wolfratshausen-juedische-dp-gemeinde-jewish-dp-community/
sowie unten Links zum Lager Föhrenwald.
Nach 1955 richtete das Bayerische Rote Kreuz u.a.
eine Katastrophenschutz-Schule ein. 1979 kaufte eine Wolfratshauser Baufirma das
Gelände. Alle Gebäude wurden in den folgenden Jahren abgerissen und neue Wohnblöcke
erstellt.
Seit 2003 erinnert eine Hinweistafel des Historischen Vereins
Wolfratshausen an die Geschichte des Ortes.
Zum Lager Föhrenwald im Ortsteil Waldram, in der Kriegszeit einem Lager
für Zwangsarbeiter und nach 1945 einem Lager für Displaced Persons siehe
Informationen über
Website after-the-shoah.org:
https://www.after-the-shoah.org/?s=Foehrenwald und
https://www.after-the-shoah.org/foehrenwald-ein-juedisches-schtetl-in-oberbayern/
Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Lager_Föhrenwald
Zur Erinnerungsarbeit vor Ort siehe die Website des "Erinnerungsortes
Badehaus" https://erinnerungsort-badehaus.de/
Dazu:
https://www.antisemitismusbeauftragter.bayern.de/presse/mahnblumen-kunstinstallation-am-badehaus/
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Erholungsheime
Berichte zur Geschichte des "Jüdischen Landheimes Wolfratshausen"
/ Kinder-Erholungsheim
Über die Einrichtung des Landheimes in Wolfratshausen
(1919 / 1920)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 31. Dezember
1920: "Ein jüdisches Landheim bei München. Dem Ausschuss,
der im vergangenen Jahr (sc. 1919) unter dem Vorsitz des Münchener
Rabbiners Baerwald gegründet wurde, ist es nach langen Bemühungen
gelungen, ein geeignetes Anwesen für das jüdische Landheim zu erwerben: Das
Hotel zur Kronenmühle in Wolfratshausen. Das Landheim soll vor allem
Kindern aus dem Mittelstand einen Ferienaufenthalt, und schwächlichen
oder erkrankten Kindern einen langausgedehnten Genesungsurlaub mit der
Möglichkeit eines geordneten Schulunterrichtes bieten. Neben diesem
Hauptzweck soll das Landheim gleichzeitig der Ausbildung junger jüdischer
Mädchen in Kinderpflege, Küche, Haus- und Gartenarbeit dienen. Das Heim,
das eine den kindlichen Verhältnissen angepasste, d.h. einfache, aber
gute und reichliche Verpflegung bieten soll, wird auf streng ritueller
Basis geführt werden.
Das altbekannte Hotel zur Kronenmühle ist ein gut und solid gebautes,
geräumiges Haus, dessen prächtige Veranda zu einem parkähnlichen,
weitläufigen Gasten mit Obstbäumen, Fischweiher und Hühnerhof
hinunterleitet. An den Garten grenzen weite, sonnige Wiesen, die einen
herrlichen Tummelplatz bilden.
Dass das mit der Bahn in einer Stunde aus zu erreichende Wolfratshausen
als einer der reizvollsten Punkte im wunderschönen Isartal gilt, begreift
jeder, der einmal den Blick über das hügelige Vorlande zur nahen
Alpenkette hat schweifen lassen. Der bewaldete Berghang, der das Tal nach
Norden hin abschließt, hält alle rauen Winde fern. Die nahe Loisach mit
ihrem weichen Moorwasser gibt im Sommer Gelegenheit zu kräftigenden
Flussbädern, und im Winter lädt die Dicht hinter der Kronenmühle
ansteigende Rodelbahn zu fröhlichem Sport ein.
Das stille Wolfratshausen mit seiner köstlichen, kräftigen Luft, mit
seinen herrlichen Wäldern bietet in der Tat den denkbar besten Aufenthalt
für erholungsbedürftige Stadtkinder. Für manche Gruppen
rekonvaleszenter Kinder können im Winter die starke Besonnung und die
günstigen Schneeverhältnisse noch als besonders heilkräftige Faktoren
gelten. Die äußeren Bedingungen sind gegeben: Hoffen wir, dass es
gelingen möge, in der idealen Rahmen ein ideales Bild einzufügen - das
jüdische Landheim, wie es der Gruppe vor Augen steht, die unter recht
erheblichen finanziellen Opfern das Haus erworben hat. Eine Insel des
Friedens soll dieses Haus für unsere Kinder werden inmitten des Meeres
von Hass, das um uns brandet. Wenn die Wünsche der Gründer sich erfüllen,
dann soll auf dieser friedlichen Insel eine Pflanzstätte echten Judentums
entstehen." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Januar
1921:
weitgehend derselbe Text wie oben - zwei über den Bericht des
"Frankfurter Israelitischen Familienblattes" hinausgehende
Sätze wurden oben ergänzt. |
Anzeige
zur Eröffnung des Jüdischen Landheimes (1921)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Mai
1921: "Jüdisches Landheim Wolfratshausen (Isarthal).
Das unter pädagogischer Leitung stehende und streng rituell geführte
Heim für Kinder im Alter von 8 bis 16 Jahren wird am 15. Mai
eröffnet.
Bedingungen und Anmeldeformulare erhältlich beim Jüdischen Landheim
München, Richard-Wagner-Straße 16." |
Generalversammlung des "Vereins Jüdisches Landheim Wolfrathausen"
(1922)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Mai
1922: "München, 21. April (1922). Der 'Verein Jüdisches
Landheim Wolfratshausen' hat in seiner kürzlich stattgefundenen
Generalversammlung mit Befriedigung konstatieren können, dass das nunmehr
abgelaufene erste Geschäftsjahr eine erfreuliche Entwicklung des jungen
Unternehmens gebracht hat. Es haben im Sommer und Herbst 1921 184 Kinder
mit durchschnittlich 20 Verpflegungstagen im Heim Aufnahme gefunden. Von
diesen Kindern haben über ein Drittel halbe oder ganze Freiplätze
innegehabt. Der Verein hofft nun, seinem Ziel, gerade Kindern des
Mittelstandes die Wohltat einer Erholung zuteil werden zu lassen, immer
näher kommen zu können und hat zu diesem Zweck einen eigenen, besonders
verwalteten 'Fonds für Freiplätze' geschaffen. Aus diesem Fonds sollen
auch für solche, die einen Teil des Pensionspreises zahlen können, ein
entsprechender Zuschuss geleistet werden. Der Verein hofft, dass die
Gönner und Freunde, die er sich bisher erworben hat, gerade für diesen
menschenfreundlichen Zweck gerne und reichlich spenden werden. Jeder
Kinderfreund sollte es als eine besonders schöne Tat der Nächstenliebe
verzeichnen, einem schwächlichen und erholungsbedürftigem Kind einen
Aufenthalt im Landheim Wolfratshausen ermöglicht zu
haben." |
Bericht über das Jüdische
Landheim
(1923)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Oktober
1923: "Im Jüdischen Kinderheim, Wolfratshausen.
Haus und Garten liegen in tiefem Morgenfrieden. Wie still ist's in den
luftigen Sälen, in denen die Kinder bei offenen Fenstern schlafen. da
ertönt ein Glockenzeichen; rasch sind die Buben und Mädchen aus den
Betten, die Großen, d.h. die Buben und Mädchen über 11 Jahre, stürmen
bald in ihren Schwimmkleidern unter Lachen und Scherzen die Treppen
hinunter durch den Garten in das Nebengebäude, die 'Kronmühle'. Hier
erwartet punkt 7 Uhr die Gymnastiklehrerin ihre Schüler. Ein kurzes
Kommando, die Kinder beginnen ihre Turnübungen. So eilig wie sie
gekommen, verschwinden sie wieder nach einer halben Stunde und suchen nun,
die für Buben und Mädchen getrennten Waschräume auf. Die Mittleren und
Kleinen haben indessen ihre Toilette beendet, alle haben ihre
Morgenandacht verrichtet, da läutet die Glocke zum Frühstück. An einer
langen Tafel auf der glasbedeckten Veranda nehmen die Leiterinnen und die
Kinder Platz. Es gibt Milchkakao mit Semmeln und Hausbrot mit Marmelade
oder Butter in beliebiger Menge. Nach dem Frühstück schließen
sich die größeren Kinder nur allzu gerne der Gärtnerin an, um ihr bei
der Gartenarbeit zu helfen. Barfuss, im Schwimmkleid verrichten die Kinder
mit großem Vergnügen die Arbeit, die ihnen in der Großstadt so fremd
ist. Andere Kinder gehen unter Führung zum Beerensuchen in den nahen
Wald, wieder andere belustigen |
sich
durch eine Floßfahrt auf dem kleinen Teich im Garten, einem
leidenschaftlich betriebenen, völlig gefahrlosen Sport. Wer lesen oder
spielen will, zieht sich auf eine der schattigen Bänke im Garten zurück.
In einer traulichen Laube lauschen besonders die kleineren Kinder mit
Andacht den Geschichten, die eine der Aufsichtsdamen erzählt. Wiederum
ein Glockenzeichen unterbricht das Spiel der Kinder, und in nach Alter und
Geschlecht eingeteilten Gruppen eilen sie zum Baderaum, wo jedes Kind mit
Seife gewaschen, kräftig gebürstet und zuerst warm, dann kalt geduscht
wird. An dieser gründlichen, kräftigenden und abhärtenden Hautpflege
haben die meisten Kinder das größte Vergnügen. Ist das Wetter sehr
heiß, dann fällt das Duschen aus und die Kinder gehen, Buben und
Mädchen getrennt, ins Schwimmbad, das auf schattigem Wege in fünf
Minuten erreicht ist und an allen Vormittagen nur den Kindern des
jüdischen Landheims zur Verfügung steht. An das Baden schließen sich
ausgiebige Luftbäder an. Punkt 12 Uhr läutet's zum Mittagessen. Alle
Kinder müssen ihre Hände waschen, dann geht's in den großen Speisesaal.
Das Essen, das in Anwesenheit des Aufsichtspersonals eingenommen wird,
wird von der Küche in Kesseln von vertrauenerweckendem Umfang
hereingebracht, die Helferinnen versorgen rasch die ganze Tafelrunde und
es ist für Jeden, der ein Herz für Kinder hat, eine Freude zu sehen, wie
und was da gegessen wird. Die Kinder liefern täglich erneut den Beweis
dafür, dass die Zubereitung vortrefflich ist. Dass die rituellen Vorschriften
strengstens eingehalten werden, dafür bürgt die Aufsicht der beiden
Münchener Rabbiner.
Nach Tisch benscht einer der großen Jungen vor, dann trott eine
zweistündige Ruhepause ein. Um 3 Uhr ruft die Glocke die Gruppe der
Mittleren zum Turnen. Die anderen Kinder erscheinen auch bald ausgeruht
auf der Bildfläche, um ihre selbstgewählte Beschäftigung wieder
aufzunehmen. Um 1/4 4 Uhr turnen die Kleinen. Um 4 Uhr gibt's Vesper für
alle, bestehend aus Milchkakao mit Butterbrot in beliebiger Menge. Dann
werden, je nach Witterung, unter Aufsicht Spaziergänge in die nahen
Wälder oder in die weitere herrliche Umgebung unternommen. Um 7 Uhr
trifft sich alles wieder beim Abendessen.
Nach dem Tischgebet gehen die Kleinen schlafen und um 8 Uhr folgen ihnen
auch die Großen, die bis dahin allerhand Gesellschaftsspiele gespielt
haben.
Wenn alle Kinder glücklich in ihren Betten liegen, erscheint in jedem
Zimmer eine Aufsichtsdame, verrichtet mit den Kindern das Nachtgebet und später
darf nicht mehr gesprochen werden. In Frieden ruht nun das weite Haus und
der herrliche Garten. Die reine Nachtluft zieht durch die offenen Fenster,
die Kinder träumen einem neuen glücklichen Ferientag entgegen, die
Leiterinnen ruhen aus von ihrer mühevollen und anstrengenden
Arbeit.
In einem Hause, in dem bis 60 Kinder leben, gibt es naturgemäß auch hin
und wieder gesundheitliche Störungen, die Sorgen und Aufregung bringen.
Eine Ärztin, die zugleich das Amt der Lehrerin versieht, wohnt um Hause
und zwei bis dreimal wöchentlich, wenn nicht öfter nötig, erscheint der
leitende Arzt. Jedes Kind wird sofort nach Ankunft genau untersucht und
beim Kommen und Gehen gewogen und gemessen.
Der Sabbat bildet im Kinderheim einen weihevollen Ruhetag und gerade auf
Kinder, die nicht aus religiösen Häusern stammen, macht der Freitagabend
mit seiner festlichen Tafel, seinen ergreifenden Gesängen einen tiefen
Eindruck, der sicher bei vielen Kindern für das ganze Leben
nachwirkt.
Fast noch schöner als ein leuchtender Sommertag ist ein glanzvoller
Wintertag in Wolfratshausen. Die Luft ist im Winter in dem
schneebedeckten, durch die nahen Alpen vor rauen Nordwinden geschützten
Tal, ganz unvergleichlich rein und mild, die Sonnenstrahlung ist sehr
intensiv und den Kindern ist reiche Gelegenheit zum Rodel- und Skisport
gegeben: So erklärt es sich, dass gerade während der Wintermonate die
Heilerfolge bei schwächlichen oder rekonvaleszenten Kindern besonders
günstig sind. An sonnenlosen Tagen wird, wo das nötig erscheint, die
Bestrahlung mit Höhensonne angewandt.
Für ausgezeichneten Unterricht in den Elementar- und Gymnasialfächern
ist im Heim Sorge getragen.
Anfragen bitten wir zu richten an Herrn Benno Lewin, München,
Kaufingerstraße 34." |
Hinweise zur Aufnahme in das Landheim (1925)
Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 6. Juni
1925: "Bekanntmachungen des Verbandes Bayerischer Israelitischer
Gemeinden. Bekanntmachung über Unterbringung von
Kindern in der Israelitischen
Kinderheilstätte Bad Kissingen und dem Israelitischen Landheim
Wolfratshausen.
Der Verband hat Mittel bereitgestellt , um kurbedürftigen, unbemittelten
Kindern aus Verbandsgemeinden verbilligten oder, falls nötig,
unentgeltlichen Aufenthalt in der Israelitischen Kinderheilstätte in Bad
Kissingen zu ermöglichen.
Aufnahme in die Heilstätte finden Knaben und Mädchen, die schwächlich
oder kränklich sind und zu ihrer Gesundung einer Kur in Bad Kissingen
bedürfen. Von der Aufnahme ausgeschlossen sind Kinder mit ansteckenden
Krankheiten oder solche mit psychischen Leiden.
Die Unterbringung erfolgt nur in der Zeit vom 21. September dieses
Jahres ab für die Dauer von etwa 4 Wochen.
Wir stellen demgemäss den Gemeinden anheim, die Einreichung von Gesuchen
um Aufnahme von Kindern, bei denen die obigen Voraussetzungen zutreffen,
beim Wohlfahrtsamt des Verbandes, München, Herzog Maxstraße 7/0 zu
veranlassen.
Dem Gesuch ist eine ärztliche Begutachtung der Kurbedürftigkeit in Bad
Kissingen, sowie eine Beglaubigung der Mittellosigkeit der Gesuchsteller
durch den Gemeindevorstand beizufügen.
Für die Kosten des Erholungsaufenthaltes tritt der Verband im
Genehmigungsfall ein, insoweit die Gesuchsteller, beziehungsweise deren
Eltern oder sonstige unterhaltspflichtige Personen oder die
Wohnsitzgemeinde beziehungsweise in ihre bestehende Wohlfahrtseinrichtungen
oder Vereine die Mittel nicht aufzubringen vermögen.
Gleichzeitig weisen wir darauf hin, dass auch noch Gesuche für die
Aufnahme in das Israelitische Landheim Wolfratshausen (siehe Bekanntmachung
in Nr. 3 der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung) Berücksichtigung
finden können.
München, den 25. Mai 1925. Das Wohlfahrtsamt des Verbandes
Bayerischer Israelitischer Gemeinden." |
Anzeigen des Landheimes
(1925 / 1926)
Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 10.
März 1925:
"Jüdisches Landheim Wolfratshausen (Kinder-Erholungsheim)
auch während der ganzen Oster-Ferien
geöffnet. (Pensionspreis pro tag Mark 5.-, Pessachtage Mark 6.-).
Anmeldungen baldigst erbeten an B. Lewin, München, Kaufingerstraße
34." |
|
Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 6. Juni 1925:
"Jüdisches Landheim (Kinder-Erholungsheim)
Wolfratshausen (Isartal) streng rituell.
Das ganze Jahr geöffnet. Für die Monate Juli und August sind nur noch
wenige Plätze frei. Prospekt durch B. Lewin, München, Kaufingerstraße
34." |
|
Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 7.
August 1926: "Kinder-Erholungsheim
Jüdisches Landheim Wolfratshausen im Isartal bei München, 570
Meter über dem Meer. Sonniges, staub- und nebelfreier, alpines Klima.
Besonders günstige Erfolge im Herbst und Winter. Auf Wunsch Unterricht
in allen Fächern der Volks- und Mittelschulen. Tagessatz Mark
4.-
Prospekte kostenfrei." |
Zum
Tod von Geheimrat Dr. Karl Oppenheimer - des Initiators und ärztlichen Leiters
des jüdischen Landheimes (1926)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen
Gemeindezeitung" vom 7. August 1926: "Geheimrat Dr. Karl
Oppenheimer. Am 10. Juli ist Dr. Karl Oppenheimer im Jüdischen
Landheim in Wolfratshausen verstorben. Die Stadt München und die
jüdische Gemeinde im besonderen haben in Dr. Oppenheimer einen ihrer
besten Männer verloren. Karl Oppenheimer, geb. 29. August 1864 als Sohn
eines angesehenen Kaufmanns in Bruchsal (Baden), besuchte nach
Beendigung seiner Gymnasialzeit die Universitäten in Heidelberg und
München, war dann als Assistent im Hauner'schen Kinderspital in München
tätig und ließ sich hier im Jahre 1890 als Kinderarzt nieder und
zwar als erster Vertreter dieser Spezialität in München, der
ausschließlich dieses Fach vertrat und keinerlei andere Praxis ausübte.
Sofort bei seiner Niederlassung richtete er eine unentgeltliche
Sprechstunde für arme Kinder ein, die sich schon bald dank der
Persönlichkeit ihres Leiters unter dem Namen Ambulatorium für
Kinderkrankheiten einer großen Popularität in weiten Kreisen
erfreute. Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten gingen aus diesem
Ambulatorium hervor. Im ständigen Verkehr mit dem Proletariat erkannte
Oppenheimer immer mehr, dass die hohe Säuglingssterblichkeit bei
den unteren Volksklassen in erster Linie eine Folge der großen
Unwissenheit auf dem Gebiete der Säuglingspflege war. Er begann daher in
Wort und Schrift an der Aufklärung der Mütter über richtige
Säuglingsernährung zu arbeiten. Über 30 Vorträge und Abhandlungen
Oppenheimers sind in den medizinischen Fachzeitschriften erschienen und
haben Oppenheimers Namen weit über den Kreis seiner ärztlichen Klientel
hinaus bekannt gemacht. Im Jahre 1905 gliederte Oppenheimer seinem
Ambulatorium eine Mutterberatungsstelle an (die erste in
Deutschland). Schon nach Jahresfrist zählt München 19 solcher nach
Oppenheimers Vorbild geschaffener Stellen. Oppenheimer erwirkte für diese
Stellen von der Stadt die Berechtigung Stillprämien auszuzahlen.
Auf seine Veranlassung wurde das Institut der Fürsorgeschwestern
geschaffen. Im Jahre 1912 unternahm Oppenheimer auf Grund zahlreicher von
ihm in Münchener Schulen durchgeführten Körpermessungen einen Kampf
für die Speisung armer Schulkinder aus städtischen Mitteln. Er wurde im
Lauf der Verhandlungen zwar auf alle mögliche Weise angefeindet, setzte
aber schließlich die von ihm als notwendig erkannte und energisch
geforderte Einrichtung der Schülerspeisung durch. Bei
Kriegsbeginn richtete er an der Auerfeldstraße im Gebäude der ehemaligen
Irrenanstalt eine Krippe für Kinder arbeitender Frauen ein, die
sich zu einer kleinen Musteranstalt entwickelte und auswärtigen Besuchern,
die das Münchner Krippenwesen kennen lernen wollten, stets vom Magistrat
aus gezeigt wurde. Später übernahm er die ärztliche Leitung der Kinderherberge
an der Khidlerstraße, in der arme verlassene Kinder Aufnahme fanden. Im
Jahre 1925 wurde ihm die Leitung der städtischen Beratungsstelle
im Westend übertragen.
Oppenheimer war ein guter, treuer Jude. So war es für ihn
selbstverständlich, dass er - gemeinsam mit seiner gleichstrebenden
Gattin, die in beruflicher, wissenschaftlicher und sozialer Tätigkeit bis
zu seinem Lebensende ihm die beste Helferin und Genossin gewesen ist - den
sozialen Problemen und Nöten des Judentums sein warmherziges Interesse in
besonderem Maße zugewendet hat.
Als im Jahre 1918 Nachrichten aus dem Osten von dem furchtbaren Elend in
der jüdischen Bevölkerung in den von den deutschen Truppen besetzten
Gebieten zu uns drangen, wandte sich Oppenheimer an das Kommando von
Oberost, um die Erlaubnis zu erwirken zur Errichtung von
Säuglingsfürsorgen in Lemberg und Wilna, mit der er der furchtbaren
Kindersterblichkeit zu steuern gedachte. Leider wurde sein Plan nciht
verwirklicht, da das bayerische Sozialministerium Oppenheimer aus seiner
Tätigkeit als Fürsorgearzt nicht entlassen wollte, und das Kommando
Oberost die nachgesuchte Genehmigung verweigerte.
Einem anderen Gebiete jüdischer Fürsorgetätigkeit hat Dr. Oppenheimer
aber die letzten 5 Jahre seines Lebens den größten Teil seiner Kraft
gewidmet. Das jüdische Landheim in Wolfratshausen, dessen
ärztliche Leitung er seit der Gründung im Jahre 1921 in Händen hatte,
kann mit Fug und Recht als seine Schöpfung bezeichnet werden. Die
Einrichtung des Heims, seiner Verwaltung, der Pflege und ärztlichen
Betreuung der vielen Hundert von Kindern, die dort Erholung und Genesung
fanden, hat Oppenheimer in den letzten Jahren einen großen Teil seiner
Zeit und Arbeitstätigkeit gewidmet. Was dort geschaffen und erreicht
wurde, ist mit seinem Namen verknüpft. Dort im Landheim hat er auch die
letzten Monate seines Lebens verbracht; dort wurde er durch einen
plötzlichen Krankheitsanfall mitten herausgerissen aus seiner Arbeit. An
der Schwelle seines Kinderheims ist er einem Herzschlage erlegen.
Wer Dr. Oppenheimer persönlich gekannt hatte, musste ihn, den gütigen Menschen
lieben. So hat Oppenheimer einen großen Kreis von Verehrern und Freunden
in unserer Gemeinde, in der ganzen Stadt und weit über deren Grenzen
hinaus hinterlassen. Bei der Trauerfeier im alten jüdischen Friedhof
gaben Rabbiner Dr. Baerwald, ferner die Vertreter der jüdischen Gemeinde,
der Jesaias-Loge, des Landheims Wolfratshausen, sowie einer Reihe von
ärztlichen Berufsorganisationen dem Schmerze Ausdruck, den Oppenheimers
Hinscheiden bei allen verursacht hat, die ihn im Leben gekannt
hatten.
Ein Mensch, erfüllt von wahrer sozialer Gesinnung, hat Dr. Oppenheimer
seinen ärztlichen Beruf stets aufgefasst, als den eines Helfers der
Schwachen und Armen, als den eines Beraters und Volkserziehers. Tausende
verdanken Dr. Oppenheimer persönlich Rettung in Krankheit und Not,
unzählige aber von Müttern und Säuglingen haben durch die Einrichtungen,
die Oppenheimers Gedanken und Tatwillen entsprungen sind, Hilfe empfangen
und werden sie weiterhin empfangen, ohne den bescheidenen Mann auch nur
dem Namen nach zu kennen, auf dessen Pläne und Anregungen diese
Einrichtungen zurückzuführen sind.
So bewährt sich bei ihm im wahrsten Sinne des Wortes der alte
jüdische Spruch:
Sein Andenken wirkt fort zum
Segen!" |
Hinweise zur Unterbringung von Kindern im Landheim
(1927 / 1929)
Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Juli
1927: "Bekanntmachung über die Unterbringung von Kindern im
Jüdischen Landheim Wolfratshausen (Wiederholung der Bekanntmachung in
Nr. 4/1927 der Zeitung).
Der Verband hat Mittel bereitgestellt, um bedürftigen, unbemittelten
Kindern aus Verbandsgemeinden verbilligten oder, falls nötig,
unentgeltlicher Aufenthalt im Landheim Wolfratshausen zu
ermöglichen.
Aufnahme in der Anstalt finden Knaben und Mädchen, die schwächlich oder
kränklich sind und zu ihrer Gesundung eines Erholungsaufenthaltes in
Wolfratshausen bedürfen. Von der Aufnahme ausgeschlossen sind Kinder mit
ansteckenden Krankheiten oder solche mit psychischen Leiden. Altersgrenze:
4-14 Jahre.
Die Aufnahme kann ab 1. September erfolgen.
Wir stellen den Gemeinden anheim, die Einreichung von Gesuchen um Aufnahme
von Kindern, bei denen die obigen Voraussetzungen zutreffen, beim
Wohlfahrtsamt des Verbandes, München, Herzog-Max-Straße 7/0, zu
veranlassen.
Dem Gesuch ist eine ärztliche Begutachtung über die
Erholungsbedürftigkeit in Wolfratshausen sowie eine Beglaubigung der
Mittellosigkeit der Gesuchsteller durch den Gemeindevorstand beizufügen.
München, den 7. Juli 1927. Das Wohlfahrtsamt des Verbandes Bayerischer
Israelitischer Gemeinden. Dr. Elias Strauss." |
|
Mitteilung in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung"
vom 1. März 1929: "Bekanntmachung über Unterbringung von
Kindern in der israelitischen Kinderheilstätte Bad Kissingen und im
jüdischen Landheim Wolfratshausen.
Der Verband wird auch in diesem Jahr Mittel bereitstellen, um
unbemittelten Kindern aus Verbandsgemeinden verbilligten oder
unentgeltlichen Aufenthalt in Bad Kissingen oder Wolfratshausen zu
ermöglichen.
Aufnahme finden in beiden Anstalten Knaben und Mädchen, die schwächlich
oder kränklich sind und zu ihrer Gesundung einer Kur in einer der
Anstalten bedürfen. Ausgeschlossen sind Kinder mit ansteckenden
Krankheiten oder psychischen Leiden.
Während der großen Ferien kann unentgeltliche Aufnahme in Bad Kissingen
nur in ganz wenigen Ausnahmefällen, in Wolfratshausen gar nicht
erfolgen.
Den Aufnahmegesuchen ist ein ärztliches Attest über die Notwendigkeit
eines Kurgebrauchs in einer der Anstalten sowie eine Bescheinigung der
Mittellosigkeit der Gesuchsteller durch den Gemeindevorstand beizufügen.
F
ür die Kosten des Erholungsaufenthalts tritt der Verband im
Genehmigungsfalle ein, soweit weder der Gesuchsteller, ihre Eltern oder
sonstige unterhaltspflichtige Verwandten noch die Wohnsitzgemeinde und
ihre Wohlfahrtseinrichtungen und Vereine die Mittel hierfür aufbringen
können.
Gesuche um Aufnahme von Kindern bitten wir bis spätestens 15. März 1929
an das Wohlfahrtsamt des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden,
München, Herzog-Max-Straße 5/1 zu richten. München, den 24. Februar
1929.
Wohlfahrtsamt des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden.
Dr. Straus." |
Überlegungen zur Neukonzeption des Landheimes (1930)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1.
Oktober 1930: "Landheim Wolfratshausen.
Es wird erwogen, das Landheim Wolfratshausen so umzugestalten, dass in ihm
nunmehr vorschul- und schulpflichtige Kinder für kürzere oder längere
Dauer Aufnahme finden können. Es kommen besonders erholungsbedürftige
und schwächliche Kinder in Betracht, für die ein längerer Aufenthalt in
dem besonders gesunden Klima Wolfratshausens (auch für den
Winteraufenthalt, wegen reicher Besonnung und Höhenluft sehr geeignet)
wünschenswert ist oder Kinder, die aus irgendwelchen Gründen längere
Zeit aus dem häuslichen Milieu entfernt und unter gute pädagogische
Leitung gebracht werden sollen. Für Unterrichtsgelegenheit wird gesorgt
werden. Als Pensionspreis ist ein Betrag von RM 120.- in Aussicht
genommen.
Um einen Überblick zu erhalten, in welchem Umfang hier ein Bedürfnis
besteht, bitten wir Anfragen und Meldungen bis spätestens 15. Oktober an
das Jugendamt der Israelitischen Kultusgemeinde, München,
Herzog-Max-Straße 5/1, zu richten." |
Nach der Umgestaltung des Landheimes in ein
Erholungsheim der Israelitischen Frauenschule für Erwachsene (1931)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
Januar 1931: "Neueröffnetes jüdisches Erholungsheim in
Wolfratshausen. An die Stelle des bisherigen Landheimes für Kinder
tritt von jetzt ab ein jüdisches Erholungsheim, das allen jüdischen
Kreisen gegen mäßigen Preis volle Pension und ausgezeichnete Verpflegung
bietet. Zentralheizung, fließendes Wasser, Balkon, Liegehalle, die
besonders bekannt schöne Lage im Isartal werden das neue Heim in
Wolfratshausen zu einem begehrten Aufenthalt bei allen
Erholungsbedürftigen machen. Anfragen an Frau Carola Neu, München,
Hohenzollernplatz 1. Tel. 33934." |
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Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
Januar 1931: |
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Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs"
vom 16. Juni 1931: |
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Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
August 1931: "Wolfratshausen.
Ständig wächst die Zahl der alleinstehenden Frauen, wie auch der
Ehepaare, die sich außer Stande sehen, die Kosten für einen selbstständigen
Haushalt weiterhin aufzubringen und die daher in einer Familie oder in
einem Heim Wohnung und Verpflegung suchen, um auf diese Weise die gebotene
Verbilligung ihrer Lebensführung zu erreichen. Allerorts entstehen
Mittelstandsheime, meist natürlich in großen Städten. Die Münchner
Ortsgruppe des Jüdischen Frauenbundes hat vor Kurzem auf dem Lande,
freilich nur eine Bahnstunde von München entfernt, in reizvollster
Umgebung ein behagliches, streng rituell geführtes Mittelstandsheim
eröffnet. Im Landheim Wolfratshausen stehen schöne, luftige,
sonnendurchflutete Räume, leer oder hübsch möbliert für Damen oder
Ehepaare zum vorübergehenden oder dauernden Aufenthalt, bei mäßigen
Preisen zur Verfügung. Zentralheizung, schöne Bade- und Duschräume sind
vorhanden, Balkons sowie eine große gedeckte Glasveranda und eine
prächtige Liegehalle dienen dem Behagen der Gäste; der parkähnliche
Garten lädt zu beschaulicher Ruhe ein, während die nähere und weitere
Umgebung von Wolfratshausen eine ungewöhnliche Abwechslung in herrlichen
Spaziergängen bietet. Bei 570 Meter Seehöhe ist das Klima kräftig und
doch mild. Wichtiger noch als die Schönheit und der Komfort des Hauses
und die Reize der Umgebung mag für Menschen, die eine Heimat suchen, die
Tatsache sein, dass ein guter Geist im Hause waltet, dass die Dame, die
mit der Leitung betraut ist, nicht nur eine vortreffliche Hausfrau,
sondern auch eine besonders gütige und verständnisvolle Persönlichkeit
ist, die Behagen um sich zu verbreiten weiß." |
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Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
September 1931: |
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Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1.
Dezember 1931: |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Dezember
1931: "München, 26. November (1931). Alle, die dauernd oder
vorübergehend Erholung suchen, seien auf die Gründung des Jüdischen
Frauenbundes München, das Israelitische Erholungsheim Wolfratshausen
im Isartal bei München hingewiesen. Zu kurzem oder ganzjährigem
Aufenthalt bietet es durch seine luftigen Schlafzimmer, Zentralheizung,
Warmwasser, Bad, reichliche Nebenräume mit Radio, Telefon Nr. 18,
Terrassen, Liegehalle, parkartigen Garten, schöne freie gesunde Lage,
Bergnähe, alle Annehmlichkeiten. Dazu reichliche, gute, streng rituelle
Verpflegung unter Leitung einer vielseitigen Hausdame. Im Winter
Gelegenheit zum Skisport, im Sommer Schwimmbad. Mäßige Preise für 5
Mahlzeiten von 4-6 Mark. Prospekt durch Frau Carola Neu, München,
Hohenzollernplatz 1,1." |
Im Erholungsheim wird eine orthodoxe Wirtschafterin gesucht (1933)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. September 1933:
"Erholungsheim Wolfratshausen
sucht eine orthodoxe Wirtschafterin,
die gut kochen kann. Briefe mit Zeugnissen und Referenzen an
Frau Lotte Stern. München. Sendlingertorplatz 6a". |
Berichte
zur Geschichte der "Wirtschaftlichen Frauenschule auf dem Land" /
Haushaltungsschule
Anzeigen der Frauenschule (1927 / 1929)
Anzeige in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs"
vom 1. März 1927: |
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Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 13.
Dezember
1927: "Staatlich genehmigte
Wirtschaftliche Frauenschule auf dem Lande
Wolfratshausen im Isartal / 580 Meter über dem Meere (Gründung des
Jüdischen Frauenbundes, Ortsgruppe München) bildet junge Mädchen aus zu
tüchtigen Hausfrauen
und schafft die Grundlage zum Wirtschaftsberuf, zum Sozialberuf und
zum Lehrberuf.
Die Schule wird streng rituell geführt. Prospekte und Auskünfte durch
die Leitung der Schule: Hanna Bodenheimer, Wolfratshausen; Frau Recha
Stark, München, Rauchstraße 12/I. Anmeldungen für das kommende
Schuljahr schon jetzt erbeten." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar
1929: |
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Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. April
1929: |
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Anzeige
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 27. September
1929: |
Abschlussprüfung in der Schule
(April 1929)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Juni
1929: |
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Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27.Juni
1929: |
Beamtin für die Frauenschule gesucht (1929)
Anzeige
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 20. September
1929: |
Bericht über die Arbeit der Frauenschule von
Hannah Bodenheimer (1930)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. März
1930: "Wolfratshausen. 'Doch ist die Führung des
jüdischen Haushalts der Beruf unserer Töchter von je die
unentbehrlichste Kraft jüdischen Lebens gewesen'.
Dieser Satz fiel mir auf, als ich in einem Buche über jüdische
Gebräuche blätterte und brachte mich zum Nachdenken. Es konnte sich in
der Tat jüdische Religion nur dort erhalten, wo jüdische Frauen selbst
im Aufgabenkreis ihrer Wirtschaft standen und diese selbst ausfüllten.
Die peinliche Ausübung verschiedener religiöser Pflichten im Haushalt
wurde wohl von vielen Frauen oft auch als schwierig empfunden. Für das
Judentum war die Bindung der Frau an das Haus von unschätzbarem Wert. So
wurde der Hauptsinn des Frauenlebens nur auf das Wohl und das Glück der
Familie gerichtet. Es ist sicher für unsere jahrtausendalte Geschichte
von wesentlichster Bedeutung, dass der Kern unserer Gemeinschaft, das
Familienleben, gesund blieb.
In den letzten Jahrzehnten hat sich hier manches verschoben und geändert.
Neue Interessen der immer schneller lebenden Welt kamen auch in das
jüdische Haus und führten beinahe zur Geringschätzung alter, bisher ein
Leben glücklich ausfüllender Tätigkeiten. Wir beobachten nun die
bekannte Unsicherheit, die immer vorhanden ist, wenn Menschen in eine ganz
neue Lebensatmosphäre hineingestellte werden. Sie finden sich nicht
zurecht, finden den Mittelweg nicht mehr und gelangen immer in die mit
Gefahr verbundene Übertreibung.
Das Haus wurde vernachlässigt, damit andere Interessen zu ihrem Rechte
kamen. Die Folgen blieben nicht aus. Die Familie wurde immer mehr
auseinandergerissen, und die Töchter bekamen selbstverständlich mit dem
Verschwinden der Kenntnisse auf diesem Gebiet immer weniger Freude an den
häuslichen Pflichten.
Dieser Vorgang spielte sich ja in unserer christlichen Umgebung in viel
größerem Maßstabe, in den großen Städten auch ab. Auch hier
wird die Zerrissenheit des Familienlebens als gefährlich erkannt,
sie ist aber immerhin nicht so unheilvoll wie bei uns. Bekanntlich bekommt
die Großstadt immer noch den größten und den besten Teil ihrer Menschen
vom Lande, und so gesundet sie wieder durch ihre ländliche Umgebung. Für
uns Juden trifft dieses in dem Maße wohl kaum zu und daher ist die
Einstellung jüdischer Frauen für Interessen, die wesentlich außerhalb
des Hauses und der Familie liegen, viel unheilvoller.
Man erkannte, dass die Volksgesundung durch Ertüchtigung der Frauen zu
beeinflussen sei. Um die Frauen für die Dinge zu interessieren, wie man
sie im eigensten und im sozialen Interesse für sie für notwendig
erachtete, schuf man neue Schulen. Führender Gedanke bei diesen Schulgründungen
war, die jungen Mädchen zu tüchtigen Hausfrauen heranzubilden. Wenn jede
Frau das wäre, wäre das ganze Elend bedeutend geringer. Andererseits
wollte man aber auch die brachliegenden Frauenkräfte, die in vielen Familien
und für die Allgemeinheit vollständig nutzlos waren, sammeln und sie der
großen Gemeinschaft wieder nutzbar machen. Wurde doch aus irriger
Lebensauffassung so manches Leben mit schönen Künsten und rein Geistigem
ausgefällt, ohne dass es je für die Umwelt beachtenswerte Leistungen
brachte. Allen diesen wollte man die Freude an der Arbeit wieder eröffnen
und ihnen ein gediegenes handwerkliches Können neben wissenschaftlicher
Begründung verschaffen.
Die Zeiten haben sich heute so entwickelt, dass dieses Können Gott sei
Dank für jedes junge Mädchen wieder eine unerlässliche Notwendigkeit geworden
ist. Das ist auch in der jüdischen Gemeinschaft zum Ausdruck gekommen
durch die Gründung verschiedener Schulen, auf denen wir unsere jungen
Mädchen je nach ihrer Vorbildung wirtschaftlich weiter ausbilden
können.
Die Unsicherheit der materiellen Existenz zwingt die Mädchen heute wieder
dazu, sich nur auf eigenes Können und eigene Tüchtigkeit zu verlassen,
und bringt die Eltern dazu, ihren Töchtern mehr denn je das für das
Leben mitzugeben, wozu sie allein imstande sind, das sind Erziehung und
Ausbildung. Die wirtschaftliche Ausbildung ist ein Gebiet, das für die allermeisten
Mädchen von Bedeutung ist, da sie die hier erworbenen Kenntnisse in ihrer
eigenen Familie gebrauchen können. Diese Kenntnisse sind ja heute umso notwendiger,
je enger und unsicherer die materiellen Lebensverhältnisse werden.
Abgesehen von dem Beruf der Hausfrau, bringt die wirtschaftliche Ausbildung
viele junge Mädchen in andere sich darauf aufbauende Berufswege. Neigung
und Eignung dazu kann aber erst in einem grundlegenden Ausbildungsjahr
festgestellt werden. Die Ausbildung in dem Frauenlehrjahr einer
wirtschaftlichen Frauenschule auf dem Lande ist so vielseitig, dass sie
einem jungen Mädchen eine Vorstellung von den verschiedensten praktischen
und wissenschaftlichen Berufen gibt, die |
sich
darauf aufbauen können. Diese Vorstellungen fehlen meistens noch beim
Verlassen des Lyzeums mit Obersekundareife. Es liegt daher wohl in
dem Interesse vieler Eltern von jungen Mädchen, die die Schule Ostern
verlassen, ihren Töchtern ein wirtschaftliches Frauenlehrjahr am besten
auf dem Lande zu ermöglichen. Es dient zur allgemeinen weiteren Entwicklung,
zur körperlichen Kräftigung, seelischen Auffrischung und geistigen
Anregung, zur Klärung der Berufsziele und zur besten Vorbereitung des
Berufes der jüdischen Hausfrau. Hannah Bodenheimer." |
|
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. April
1930:
Der Bericht ist identisch mit dem oben zitierten aus der Zeitschrift
"Der Israelit". |
Berichte über die
Frauenschule von Elise Neumayer und Hannah Bodenheimer (1931)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Mai
1931: "Wolfratshausen.
1. Zur Ausbildung unserer Töchter. Wenn man mit der Bahn von
München aus sich Wolfratshausen nähert, so eröffnet sich dem Blick ein
wunderbares Landschaftsbild, mit dem sich wenig Gegenden in deutschen
Landen an Schönheit vergleichen können. Es ist das großartig erweiterte
Isarbett, im Hintergrund sind die nahen Berge, und die nächste Umgebung
bilden große Wiesenflächen, ausgedehnte Waldungen.
Es muss eine Freude sein für junge Menschen, hier eine Arbeitsstätte zu
finden, und es wirkt besonders für jüdische Mädchen in hohem Maße erzieherisch,
wenn sie auf so schöne Weise zurück zur Natur geführt werden. Denn es
ist wohl kein Zweifel, dass in dem starken geistigen Streben, das die
Juden vielfach auszeichnet, ein wenig die Verbundenheit mit der Natur
verloren gegangen ist. Und gerade die Natur ist und soll sein ein Trost in
unserer schweren Zeit. Sie erstrahlt in ewig gleicher Ruhe und Schönheit,
auch wenn Leidenschaften und Hass die Menschen quält; sie verjüngt sich alljährlich
in ewig gleicher Üppigkeit und Fülle und soll. uns hinleiten zur
Bewunderung und zum Staunen vor der Größe der Schöpfung und des
Werdens.
Es ist ein Grundgedanke unserer Schule gewesen, dass eben gerade die Haushaltungsschule
auf dem Lande ein besonderes Bedürfnis für jüdische Mädchen sein
müsste, und darum hat die Orts- |
gruppe
München des Jüdischen Frauenbundes sie hinausverlegt in diese schöne
Gegend. Und in unserem Hause und im Garten herrschen Freude und
Fröhlichkeit, aber es ist keine Frage, dass auch tüchtig gearbeitet
wird. Und es ist wohl nötig in dem schweren wirtschaftlichen Kampf, den
wir alle zu bestehen haben, dass unsere Töchter lernen, wie sie den
Haushalt praktisch zu führen haben nach theoretischen und wirtschaftlichen
Grundsätzen. Mir ist es am Schluss des Jahres immer eine Freude, den
Prüfungen beizuwohnen und Zeuge zu sein, was die jungen Mädchen alles
können. Sie wären imstande, das Festmahl zu ihrer eigenen Hochzeit zu
kochen, aber sie lernen auch Dinge für den einfachsten Haushalt, und sie
wissen einzuteilen und zu berechnen. Und sie können den Garten umgraben,
einen kleinen Geflügelhof versorgen, ihre Wäsche waschen und wenn
später die Umstände es ergeben, dass sie die Arbeit nciht selbst zu
leisten haben, so können sie die Hausangestellte anleiten und sich in
allen Verhältnissen zurechtfinden.
Die Arbeit in der wirtschaftlichen Frauenschule ist beste Grundlage für
jede weibliche Berufsausbildung, denn das Wissen und die Erfahrung in den
verschiedenen Gebieten der Hauswirtschaft werden stets das unentbehrlich
Rüstzeug einer tüchtigen Frau sein.
Erziehung zur Arbeit und innigste Verbindung mit der Natur sind die Vorzüge
unserer wirtschaftlichen Frauenschule in Wolfratshausen. Elise
Neumeyer.
2. Schlussfeier der Schülerinnen der wirtschaftlichen Frauenschule auf
dem Lande in Wolfratshausen.
Am Sonntag, dem 29. März, fand in der wirtschaftlichen Frauenschule die
diesjährige Abschiedsfeier der Schülerinnen statt. Aus diesem Anlass
hatten sich zahlreiche Gäste bei uns eingefunden. An langen, festlich
gedeckten Tischen saßen die Gäste, die von der ersten Vorsitzenden des Schulkuratoriums,
Frau Recha Stark, begrüßt wurden. Frau Stark dankte allen für ihr Erscheinen,
insbesondere den Mitgliedern der Gemeindeverwaltung, den Vertretern des
Rabbinats und den Angehörigen der Logen. es sei fast schon ein kleines
Jubiläum, das wir an diesem Tage feiern könnten, nämlich das erste
Jahrfünft des Bestehens unserer Schule sei nun verflossen. Für die
Schülerinnen allerdings sei heute kein Anlass zu einem Jubiläum, denn
unseren jungen Mädchen bedeutet der Besuch der Schule etwas Einmaliges in
ihrem Leben, etwas Einmaliges, aus dem sie für ihr ganzes Leben reichen
Nutzen nehmen möchten.
Dann sprach Herr Oberstlandesgerichtsrat Neumeyer in warmen Worten zur
Jugend.
Frau Erna Feuchtwanger-Kronenberger erfreute durch frische, reizende
gesangliche Darbietungen; ganz besonders freuten sich die jungen Mädchen
wieder über die netten Verse, die Frau Clem. Krämer über das
Tätigkeitsfeld der Schülerinnen gedichtet hatte und die von Frau
Feuchtwanger nach der lustigen Melodie des Max- und Moritz-Liedes
vorgetragen wurden.
Nun fühlten sich auch die jungen Mädchen ihrerseits berechtigt, ihren
Gästen neben Kaffee und Kuchen kleine Darbietungen zu geben, und so klang
der Nachmittag mit Musik, Tanz und Geplauder gemütlich
aus.
Trotz aller Lustigkeit haben die Schülerinnen durch die warmen Worte und
rege Anteilnahme der Münchener Gäste doch den ernsten Moment empfunden,
den der Abschied nach einer abgeschlossenen Tätigkeit mit sich bringt.
Wir hoffen, dass alle unsere Schülerinnen, die uns nun verlassen haben,
das schöne in der Natur, in jugendlicher Fröhlichkeit und in tüchtiger
Arbeit verbrachte Lehrjahr noch lange und immer mehr im Herzen
tagen. Hanna Bodenheimer." |
Berichte über
eine Ausstellung über die jüdische
Mädchenschule in Wolfratshausen (2008/09)
Juni -
August 2008: Ausstellung im
bayerischen Schulmuseum in Ichenhausen |
Artikel
von Wolfgang Risch in der "Südwestpresse"
vom 3. Juni 2008 (beim Anklicken den Datenumfang des relativ großen
Artikels beachten - längere Downloadzeit) über die Ausstellung im
bayerischen Schulmuseum. |
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Juni
2009: Ausstellung im Gabelsberger-Gymnasium
in Mainburg |
Artikel in der "Moosburger
Zeitung" (bzw. Hallertauer Zeitung", Artikel)
vom 19.6.2009:
"Ausstellung über jüdische Mädchenschule in Wolfratshausen am Gymnasium.
Mainburg. Es sind gerade die persönlichen Schicksale, die Zeitgeschichte häufig so lebendig machen. Ein außergewöhnliches historisches Projekt ist die Ausstellung "Wir lebten in einer Oase des Friedens...", die die Geschichte einer jüdischen Mädchenschule in den Jahren 1926 bis 1938 in dem oberbayerischen Provinzstädtchen Wolfratshausen nachzeichnet. Die Präsentation ist zurzeit am Gabelsberger-Gymnasium zu sehen.
Die "Wirtschaftliche Frauenschule auf dem Lande" war im Jahre 1926 eine Gründung des Jüdischen Frauenbundes. Die Mädchen sollten im beschaulichen bayerischen Oberland mit einem "Frauenlehrjahr" auf ihre späteren Aufgaben und Pflichten als Hausfrau und Mutter vorbereitet werden. Mit der Machtergreifung der Nazis im Jahre 1933 geriet das Internat zusehends in die politischen Wirren der Zeit. Der Druck vor allem von
Seiten der örtlichen Parteifunktionäre wuchs, ehe die Schule nach der Reichspogromnacht im November 1938 schließen musste.
Zusammen mit fünf Schülern des Gabelsberger-Gymnasiums, die die Besucher als "Scouts" durch die Ausstellung führen werden, steht Sybille Krafft vor einem der zahlreichen Bilder auf den Stellwänden. Die vergilbte Schwarz-Weiß-Fotografie zeigt eine Gruppe ausgelassener Mädchen vor dem Hintergrund einer malerischen Berglandschaft. Das Wissen um die Tatsache, dass drei der abgebildeten jungen Frauen später im KZ umgekommen sind, erweckt beim Betrachter tiefe Betroffenheit.
Doch gerade solche Gefühle wollen die Ausstellungsmacher um Sybille Krafft bei den Besuchern hervorrufen. Betroffenheit im Sinne einer persönlichen Erkenntnis, wie sie diese Einzelschicksale vermitteln. So treten die jungen Frauen von damals in einem Videomitschnitt ganz nah an den Betrachter heran. Die in Ehren ergrauten Damen - alle heute in den
Achtzigern und Neunzigern - erzählen mehr als 50 Jahre danach über ihre Erlebnisse und Gefühle von damals.
Zur Sprache kommt Alltäglich-Banales genauso wie das Wissen um die Gnade, anders als viele der Mitschülerinnen von damals mit dem Leben davongekommen zu sein. Aufgezeichnet wurden die Interviews in Kanada, England und Israel, wohin es die Jüdinnen nach ihrer Flucht aus Nazi-Deutschland verschlagen hatte.
Das Bemerkenswerte der Ausstellung: Auch die Opfer haben Gesicht und Stimme. So etwa Sofie Sommer, 1923 als einziges Kind des Getreidehändlers Isaak Sommer und seiner Frau Babette in München geboren. Zusammen mit ihrer Mutter wurde sie im November 1941 nach Kaunas in Litauen deportiert und dort wenige Tage später ermordet.
Die Schüler der Klasse 10d des Gabelsberger-Gymnasiums nahmen die Ausstellung als Ausgangspunkt für eigene Forschungen über jüdisches Leben in Mainburg. Viel fanden sie bei ihren Recherchen in den Archiven nicht, dafür waren die gewonnenen Erkenntnisse um so interessanter.
Bei damals 18 300 Einwohnern lebte 1939 nur eine Jüdin im Altlandkreis Mainburg. Paula Göring wurde von offizieller Seite lange gedeckt. Sogar der NS-Bürgermeister Josef Hien versuchte noch, ihre Identität als Jüdin zu verschleiern. Anfang 1944, drei Jahre nach dem Tod ihres Mannes, des evangelischen Spenglermeisters August Göring, wurde Paula Göring verhaftet und am 11. Januar ins Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt, wo sie am 20. Oktober 1944 umgekommen ist.
Und noch ein anderes interessantes Detail konnten die Schüler zu Tage fördern, das selbst die Ausstellungsmacher überraschte: Die im Anhang des Ausstellungskatalogs genannte Anna Leidig, Jahrgang 1908, aus Mainburg, die zwischen 1926 und 1930 als Hausmädchen in Wolfratshausen angestellt war, war nicht wie lange Zeit angenommen Jüdin, sondern katholischen Glaubens." |
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September
2011: Die Ausstellung über das
Mädchenheim in Wolfratshausen ist in Bad Homburg zu sehen |
Artikel im "Usinger
Anzeiger" vom 23. September 2011: "Begehbares Denkmal für 29
ermordete Schülerinnen".
Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei. |
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Fotos
Die Frauenschule
Wolfratshausen
(Foto aus der Sammlung von
Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries) |
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Das Foto zeigt das
Hauptgebäude des ehemaligen
"Hotels zur Kronmühle", in dem
sich das Erholungsheim befand;
die Frauenschule war in einem Nebengebäude |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
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Kirsten
Jörgensen / Sybille Krafft: "Wir lebten in einer Oase
des Friedens..." Die Geschichte einer jüdischen Mädchenschule
1926-1938. Mit zwei Beiträgen von Dagmar Bäuml-Stosiek. Ein Projekt der
Gruppe "Jüdische Spuren in Wolfratshausen". Historischer Verein
Wolfratshausen in Kooperation mit der Evangelisch-Lutherischen
Kirchengemeinde Wolfratshausen. Dölling und Galitz Verlag GmbH München
Hamburg 2009. 144 S. ISBN 978-3-937904-52-8.
Informationen zu diesem Buch auf einer
Seite
der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit.
Hinweis: eine ganz hervorragende Darstellung dieser jüdischen
Mädchenschule, basierend auf zahlreichen Interviews mit ehemaligen
Schülerinnen der Schule - mit zahlreichen
Illustrationen. |
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Erinnerungsart
Badehaus (Hrsg.): LebensBilder - Porträts aus dem jüdischen DP-Lager
Föhrenwald. Portraits of life in the Jewish DP camp Föhrenwald. 2020.
Mit 34 Porträts von Menschen, die nach dem Krieg im oberbayerischen
Isartal vorübergehend eine Bleibe fanden und heute in Deutschland, Israel
und USA leben. Erzählt vom ehrenamtlichen Team des Erinnerungsort BADEHAUS.
Mit Zahlreichen Fotos, Dokumenten und Karten. Zweisprachig (Deutsch &
Englisch). 176 Seiten. ISBN 978-3-00-066745-9.
Preis: 24,90 € zzgl. Versandkosten. Siehe Website https://erinnerungsort-badehaus.de/.
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