Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Zeltingen (Gemeinde Zeltingen-Rachtig, Kreis Bernkastel-Kues)
Jüdische Geschichte / Synagoge 

Übersicht:

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Zur Geschichte der Synagoge   
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Links und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)     
    
In Zeltingen bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/39. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts bildeten die in Zeltingen, Rachtig, Lösnich und Ürzig lebenden jüdischen Personen eine gemeinsame Kultusgemeinde mit Synagoge in Zeltingen. Bereits in den 1830er-Jahren bemühten sich die Orte Rachtig und Lösnich um Selbständigkeit, da die Wege zur Synagoge und zur Schule nach Zeltingen vor allem im Winter zu beschwerlich waren. Die Bemühungen waren erfolgreich: nach 1853 bestanden drei Gemeinden in Zeltingen, Rachtig und Lösnich mit teilweise eigenen, teilweise gemeinsamen Einrichtungen. Um 1920 schlossen sich auf Grund der zurückgegangenen Zahl der Gemeindeglieder die jüdischen Gemeinden von Zeltingen und Rachtig wieder zu einer Gemeinde zusammen.
        
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: in Zeltingen 1808 fünf jüdische Familien mit 33 Personen (drei Ehepaare, zwei Witwen, 25 Kinder), 1833 47 jüdische Einwohner, 1843 55, um 1850 46 (etwa 4 % der Gesamtbevölkerung), 1895 in Zeltingen und Rachtig zusammen 78 jüdische Einwohner. 
   
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (Religionsschule), ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibung der Stelle 1886). Als Lehrer werden u.a. genannt (gewöhnlich für Lösnich, Rachtig und Zeltingen zuständig): Salomon Haas (um 1838), Nathan Moses aus Niedermendig (seit etwa 1860 bis um 1874, wohnte in Rachtig). Als die Zahl der jüdischen Einwohner zurückgegangen ist, unterrichteten auswärtige Lehrer die Kinder der Gemeinde.      
        
Um 1924, als zur Gemeinde etwa 25 Personen in Zeltingen gehörten (1,3 % von insgesamt etwa 2.000 Einwohnern, in Rachtig lebten 39 jüdische Personen), war Vorsteher der Gemeinde Jacob Schömann. Damals erhielten 12 Kinder der Gemeinde Religionsunterricht, der durch Lehrer Hugo Friedmann aus Bernkastel erteilt wurde. 1932 war Gemeindevorsteher Hermann Levy. Als Kantor wird Max Marx genannt. Im Schuljahr 1931/32 erhielt nur noch ein Kind aus Zeltingen und eines aus Rachtig Religionsunterricht, weiterhin durch Lehrer Hugo Friedmann aus Bernkastel. An jüdischen Vereinen gab es den Israelitischen Frauenverein mit Sitz in Rachtig (1932 unter Leitung von Frau Bach; Zweck und Arbeitsgebiet: Wohltätigkeit und Bestattungswesen).       
    

Nach 1933
sind alle jüdischen Gemeindeglieder (1933: 17 in Zeltingen, 31 in Rachtig) auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1938 wurden zwar noch 18 jüdische Einwohner gezählt, die inzwischen der Gemeinde in Neumagen zugeteilt worden waren (1937), 1939 verließ jedoch der letzte jüdische Einwohner seinen Heimatort.   
         
Von den in Zeltingen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; Angaben von Marie-Luise Conen): Alfred Bach (1882), Ella Bach geb. Bach (1868), Gutella (Gudella) Ermann geb. Bach (1858), Rosa Grünhut geb. Marx (1876), Rosa Herz geb. Ermann (1879), Rosa Herz geb. Ermann (1879), Hedwig Hirsch geb. Bach (1869), Ludwig Kaufmann (1865), Sibilla Kaufmann (1874), Sophie Löb geb. Ermann (1880), Oskar Schömann (1891), Amalie Spanier geb. Kaufmann (1871). 
  
  
  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1886

Zeltingen Israelit 06051886.jpg (49068 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Mai 1886: "Israelitische Gemeinde Zeltingen an der Mosel sucht zum 1. Mai einen Religionslehrer und Kantor (unverheiratet). Russen und Polen ausgeschlossen. Einkommen Mark 600 bei freier Wohnung mit circa 30 Mark Nebenverdiensten. Bewerber wollen sich mit Einsendung ihrer Zeugnisse melden. 
Jacob Bach."

   
   
   
Zur Geschichte der Synagoge          
   
Eine Synagoge in Zeltingen wird erstmals 1821 genannt. Sie wurde damals auch von den in Rachtig, Lösnich und Ürzig lebenden Juden besucht. Die jüdischen Einwohner dieser Orte bemühten sich jedoch seit etwa 1835 um die Einrichtung eigener Betsäle. So gab es in Lösnich ab 1835 einen eigenen Betraum. Nach einem Brand der Zeltinger Synagoge im Jahr 1837 konnte sie nochmals repariert und weiter benutzt werden. 1842 war das Gebäude allerdings in sehr schlechtem Zustand. Ein Neubau war erforderlich, der nach 1850 erstellt werden konnte. Am 19. August 1853 wurde die neue Synagoge feierlich eingeweiht. Es gab dabei musikalische Darbietungen; in besonderer Weise werden unter den Musikern die Herren Gebrüder Hirsch aus Bernkastel genannt, die bei der Einweihung in Zeltingen mitgewirkt haben. Dies geht aus einem Bericht von 1855 hervor, in dem vom Bau und der Einweihung dreier neuer Synagogen im Regierungsbezirk Trier - in Zeltingen, Bernkastel und Müstert-Emmel die Rede ist:   
       
Über die Einweihung der Synagogen in Zeltingen, Bernkastel und Müstert-Emmel (Bericht von 1855)

Zeltingen AZJ 02041855.jpg (195479 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. April 1855: "Regierungsbezirk Trier, 15. März (1855). Mit Recht erkennt man in den vielen, in neuerer Zeit erbauten Synagogen den Beweis für die wieder neu erwachte Liebe und Begeisterung für unsere Religion und deren Institutionen. Aus welchen anderen Motiven sonst würden die Gemeinden die so großen Opfer darbringen, wenn nicht der religiöse Drang sie hierzu antreiben sollte? Aus unserem Regierungsbezirke wäre in jedem Jahre über eine oder mehrere neu erbaute Synagogen und deren feierliche Einweihung zu berichten und zwar meistens in kleinen und unbemittelten Gemeinden. So haben denn auch drei kleine Gemeinden im Kreise Bernkastel, nämlich Bernkastel, Zeltingen in neuerer Zeit und am verflossenen Sabbat Ki tissa (Schabbat mit der Toralesung Ki tissa = 2. Mose 30,11 - 34,35, das war Samstag, 10. März 1855) Müstert-Emmel recht hübsche Synagogen durch unseren Oberrabbiner, Herrn Kahn aus Trier, auf die feierlichste Weise eingeweiht. Letzterer Gemeinde muss dieses noch umso mehr anerkannt werden, als sie aus nur zehn unbemittelten Familien besteht, welche alle durch mehrjährige Sammlungen über 1.000 Taler aufbrachten und mit gutem und frohem Herzen Alles aufboten, um auch die Einweihung auf schöne und erhabene Weise zu feiern. Besonders Anerkennung und Dank verdienen die intelligenten und religiösen Kaufleute, die Herren A. Marx und Schews aus Bernkastel, die dort den Gottesdienst durch Leitung eines hübschen Chores verherrlichen, auch bei dieser Gelegenheit wieder wie früher bei den Einweihungen zu Bernkastel und Zeltingen in Gemeinschaft mit den Musikern, den Herren Gebrüder Hirsch aus Bernkastel, ohne Zeit- und Geldopfer zu scheuen - erschienen und zur Hebung der Feierlichkeit sehr viel beitrugen. Durch dieses ihr gottgefälliges Wirken verursachen sie nicht nur eine Heiligung des Gottesnamens bei dem bei solchen Gelegenheiten anwesenden zahlreichen christlichen Publikum, da es hierdurch eine bessere Ansicht über Judentum und jüdischen Gottesdienst bekommt, - regen vielmehr auch die jüdischen Gemeinden an und bestimmen sie, einen geregelteren und anständigeren Gottesdienst in der Zukunft einzuführen. Dank, innigen Dank daher diesen Biedermännern! Die genannten Gebrüder Hirsch, die gewöhnlich auch die bei solchen Festen stattfindenden Bälle leiten, können wir für derartige Feierlichkeiten allen Gemeinden bestens empfehlen; wie sie denn auch wegen ihrer Tüchtigkeit, Anspruchslosigkeit und, obgleich sie sich und ihre zahlreichen Familien von ihrer Musik ernähren müssen - Uneigennützigkeit in unserer ganzen Gegend bekannt und beliebt sind und seit vielen Jahren von unserem Herrn Oberrabbiner den betreffenden Gemeinden auch anempfohlen werden."

Aus der Geschichte der Synagoge in Zeltingen ist ansonsten nur wenig bekannt. Etwa 80 Jahre war sie Zentrum des gottesdienstlichen Lebens der jüdischen Gemeinde in Zeltingen, zeitweise auch der Gemeinde in Rachtig, die mit Zeltingen in enger Beziehung stand. Nach 1920 wurden offenbar Gottesdienste abwechselnd in der Synagoge in Zeltingen und der in Rachtig abgehalten.     
  
Nachdem auf Grund der nach 1933 weiter zurückgegangenen Zahl der jüdischen Gemeindeglieder kein Gottesdienst mehr abgehalten werden konnte, wurde die Synagoge bereits vor dem Novemberpogrom 1938 an einer Privatperson verkauft. Dennoch soll sie beim Novemberpogrom 1938 verwüstet worden sein. Zunächst wurde das Gebäude als Lagerschuppen und Scheune verwendet.     
   
In den 1950er-Jahren
wurde - nach Klärung des Restitutionsverfahrens mit dem neuen Eigentümer (Nachzahlung eines Betrages) - die ehemalige Synagoge großenteils abgebrochen und an ihrer Stelle eine Wohnhaus erstellt. Die Grundmauern der Synagoge blieben beim Neubau erhalten. Eine Gedenk- oder Hinweistafel ist nicht vorhanden. 
    
    
 
Adresse/Standort der Synagoge:    Fährstraße 22   
    

    
Fotos    

Historische Ansicht 
der Zeltinger Synagoge 
(Quelle: Publikation des Landesamtes
 s.Lit. S. 412)
Zeltingen Synagoge 010.jpg (70402 Byte)
    Blick auf die Synagoge - ein Bruchsteinbau mit Walmdach. Das von der Fährstraße aus 
über das Gittertor zugängliche Gebäude hatte einen kleinen Vorplatz ("Synagogenhof"). 
      
 Synagogenstandort im Frühjahr 2006
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum April 2006)
     
Zeltingen Synagoge 102.jpg (69183 Byte) Zeltingen Synagoge 101.jpg (62009 Byte) Zeltingen Synagoge 100.jpg (86836 Byte)
Blick auf das an Stelle der ehemaligen Synagoge erstellte Wohnhaus, das auf den Grundmauern der ehemaligen Synagoge steht.  

    
     

Links und Literatur  

Links:   

Website der Gemeinde Zeltingen-Rachtig     
Seite bei der Kulturdatenbank Trier zur Synagoge in Zeltingen   
Zur Seite über die jüdischen Friedhöfe in Zeltingen (interner Link)    

Literatur:  

Hubert Gessinger: Die Juden von Zeltingen-Rachtig. 1984.  
Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 412-413 (mit weiteren Literaturangaben).
Marie-Luise Conen / Hilde Weirich: Jüdische Familien von der Mittelmosel. Lebensläufe von 1714 bis zur Gegenwart. Paulinus Verlag Trier 2010. € 24.90. 
Informationen auf der Verlagsseite.   

  
   


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Zeltingen-Rachtig  Rhineland. In 1808, 33 Jews lived in Zeltingen and 17 in Rachtig. In 1895, the combined population was 78. The community in Zeltingen, which had a synagogue by 1821, constituted the center for the two. In 1853, however, the Rachtig community formed its own congregation, building a synagogue c. 1910. A common cemetery was opened in 1876. In 1933, the combined population was 45, dwindling to 18 by 1939. In 1937, the community attached itself to the Neumagen congregation. The synagogue in Zeltingen was sold before Kristallnacht (9-10 November 1938), while the one in Rachtig was desecrated during the pogrom. By August 1939, the last Jews left the town. However, 23 met their deaths after being trapped by the Nazis in their places of refuge.  
         
           

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 15. Oktober 2016