Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Arnstadt (Kreisstadt, Thüringen)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:  

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bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Aus dem jüdischen Gemeindeleben 
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Sonstiges   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
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bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte     
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)   
   
In Arnstadt bestand eine jüdische Gemeinde bereits im Mittelalter. Die erste Erwähnung von jüdischen Einwohner liegt aus dem Jahr 1264 vor. Bei einer am 6. und 8. August 1264 stattgefundenen Judenverfolgung wurden fünf jüdische Einwohner ermordet: Joseph und Kascher (Sohne des Jechiel b. Chakim), David ha-Kohen aus Mainz; der Knabe Elieser (Sohn Simons des Franzosen) und der Gelehrte Schabbetai (Sabatai, Sohn Samuels). In der Stadtgeschichte werden Juden erstmals 1273 genannt in einem Verrat zwischen dem Abt von Hersfeld Heinrich V. und den Grafen von Käfernburg, den Brüdern Günther VII. und Günther VIII. Die Gemeinde hatte eine Synagoge (1347 in einem Teilungsvertrag zwischen Graf Günter XXI. und den Söhnen seines Bruder Heinrich genannt) und einen Friedhof an der Ichtershäuser Straße (oder Erfurter Straße?, doch ist unklar, zu welcher Zeit er im Mittelalter genannt wird - der Friedhof wird 1428 und 1521 genannt).  
 
Bei den Judenverfolgungen in der Pestzeit 1348-49 wurden fast alle der jüdischen Einwohner ermordet (in Arnstadt fand der Mord im Februar 1349 statt). Vielleicht waren die 1357 in Erfurt genannten Juden Cassel und Libonge von Arnstadt Überlebende der Verfolgung. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts oder spätestens seit 1418 ließen sich erneut Juden in Arnstadt nieder. 1412 wird ein "Judenberg" genannt, der sich wohl in der Nähe von Holzhausen westlich von Arnstadt befand. Die 1418 oder kurz vorher genannten jüdischen Personen waren aus Erfurt nach Arnstadt zugezogen. 1429 wurden 53 jüdische Einwohner gezählt. 1441 wird ein jüdischer Mann mit dem Herkunftsnamen "von Nordhausen" genannt. In diesem Jahr (1441) erfolgte eine weitere (nur vorübergehende?) Vertreibung der oder zumindest einiger Juden aus der Stadt. 1444 wird wieder ein aus Schmalkalden zugezogener Jude in Arnstadt genannt, 1445 ein Jude mit Namen Lehmann. Die jüdischen Einwohner lebten vor allem vom Geldhandel. Ein "Steinhaus in der Zimmergasse" (steynhusz in der Zcymergasse) war von Juden bewohnt. 1466 kam es zur Vertreibung aller Arnstadter Juden. 
 
Im 16./17. Jahrhundert lebten zeitweise jüdische Personen in Arnstadt. 1526 wird ein in Arnstadt wohnhafter Jude genannt. 1681 soll es zu einer weiteren Vertreibung der jüdischen Familien und Zerstörung ihrer Häuser gekommen sein.                
   
Erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts kam es wiederum zur Bildung einer jüdischen Gemeinde. 1874 zog eine erste jüdische Familie in der Stadt (Familie des Abraham Mendel, siehe Bericht unten von 1877) zu. 1877 lebten bereits 40 jüdische Personen in der Stadt. Die offizielle Gründung der Arnstadter "Synagogengemeinde" erfolgte am 1. Januar 1888, fünf Jahre, nachdem am 1. März 1883 15 jüdische Familienvorstände bei der Landesregierung die Gründung einer eigenen jüdischen Gemeinde für Arnstadt beantragt hatten.  Danach entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1883 65 jüdische Einwohner (in 15 Familien), 1905 104 jüdische Einwohner, 1910 218, 1913 137, 1921 145, 1925 125.  
   
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule, ein rituelles Bad und einen jüdischen Friedhof (Beisetzungen bis 1912 auf dem jüdischen Friedhof in Plaue, dann auf einem eigenen jüdischen Friedhof).  Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter (Kantor) und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibungen der Stelle von 1892 und 1893 unten). Unter den Lehrern sind bekannt: im 19. Jahrhundert Lehrer Ehrlich (1878 bei einem Gottesdienst im Betsaal der Gemeinde genannt, s.u.), Lehrer Levi Bacharach (vor 1886 bis 1908), der zeitweise ein Schülerpensionat unterhielt (siehe Anzeige unten) sowie im 20. Jahrhunderts (seit 1908) Lehrer Abraham Heilbrunn (geb. 1874 in Spangenberg, 1939 mit Familie nach Palästina emigriert). An jüdischen Vereinen bestand u.a. ein Israelitischer Frauenverein (gegründet 1899; Zweck und Arbeitsgebiet: Unterstützung hilfsbedürftiger Ortsansässigen; 1932 unter Leitung von Paula Ambach mit 22 Mitgliedern). Die Gemeinde gehörte zum Landrabbinat Sachsen-Meiningen (vgl. unten: Einweihung der Synagoge 1913 durch Landrabbiner Leo Fränkel aus Meiningen).  
  
Von den jüdischen Familien wurden mehrere Gewerbebetriebe und Handlungen eröffnet, darunter einige Textilgeschäfte und Viehhandlungen.      
  
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Siegfried Ehrlich (geb. 13.9.1896 in Arnstadt, gef. 1.10.1916) und Isidor (Julius) Spier (geb. 20.3.1895 in Zwesten, vor 1914 in Arnstadt wohnhaft, gef. 6.6.1918). Außerdem sind gefallen: Unteroffizier Julius Lind (geb. 9.3.1887 in Arnstadt, vor 1914 in Eisenbach wohnhaft, gef. 19.11.1914), Gefreiter Hermann Mendel (geb. 6.1.1882 in Arnstadt, vor 1914 in Offenbach am Main wohnhaft, gef. 17.1.1915) und Herbert Frank (geb. 3.10.1898 in Arnstadt, vor 1914 in Mühlhausen/Thüringen wohnhaft, gef. 29.3.1918).
    
Um 1924, als zur Gemeinde 115 Personen gehörten (0,6 % von insgesamt etwa 20.000 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Max Ledermann, M. Rosenbaum und M. Friedmann. Der Repräsentanz gehörten an: J. Jonas, L. Pommer, A. Mendel und Salli Rosenberg. Als Lehrer war (bereits seit vor 1913) Abraham Heilbrunn angestellt. Er unterrichtete damals in der Religionsschule der Gemeinde acht Kinder. 1932 waren die Gemeindevorsteher: Max Ledermann (1. Vors.), Sally Rosenberg (2. Vors.) und Max Friedmann (Schriftführer). Lehrer Abraham Heilbrunn (wohnhaft in der Fleischgasse 1a) unterrichtete im Schuljahr 1931/32 fünf Kinder an der Religionsschule.     
   
1933 wurden 121 jüdische Einwohner in Arnstadt gezählt. Auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien ist ein Teil von ihnen in der Folgezeit aus Arnstadt weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.) sowie Häuser und Wohnungen der jüdischen Familien überfallen und verwüstet. 30 jüdische Männer wurden verhaftet, im Keller des Rathauses eingesperrt und misshandelt, ein Teil von ihnen wurde in das KZ Buchenwald verschleppt (u.a. Arnold und Manfred Arendt, Walter Hirschmann, Adolf Mendel, Kurt Lindemann, Hermann Simon, Herbert Leopold und Hermann Stern), wo einer von ihnen - Alfred Gottfeld - ermordet wurde. Bis 1940 sind etwa 60 der jüdischen Einwohner emigriert. Im Frühjahr 1940 mussten die letzten jüdischen Einwohner in einigen "Judenhäusern" zusammenziehen (u.a. im Wohnhaus des Bankiers Siegmund Hirschmann in der Karolinenstraße 2), von wo sie später deportiert wurden. Im Sommer 1944 bestand keine jüdische Gemeinde mehr in der Stadt.             
  
Von den in Arnstadt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): David Ambach (1875), Paula Regina Ambach geb. Kahn (1879; für David und Paula Ambach befindet sich ein Gedenkstein auf dem Friedhof), Simon Appel (1866), Sophie Appel (1900), Irene Behrendt geb. Friedmann (1902), Frieda Bremer geb. Mendel (1879), Alfred Ehrlich (1899), Berta Ehrlich (1885), Bertha Ehrlich geb. Schloss (1860), Leo Ehrlich (1886), Lydia Ehrlich (1883), Rega Essinger geb. Rosenheimer (1898), Kurt Frank (1901), Meyer (Maier) Freudenberger (1860), Alfred Gottfeld (1873), Regina Gottfeld geb. Nathanson (1879), Werner Wolf Gottfeld (1905), Isidor Guthmann (1881), Emma Hirsch geb. Brüll (1868), Eugenie Hirschmann geb. Ordenstein (1863), Walter Hirschmann (1885), Sophie Jonas geb. Bloch (1872), Dagobert Katz (1909), Rosa (Röschen) Katz geb. Samuel (1880), Siegmund Katz (1877), Fanny Katzenstein geb. Mendel (1866), Brunhilde (Hilda, Hilde) Ledermann (1903), Friederike Ledermann (1862), Max Ledermann (1868), Minna Ledermann geb. Brüll (1874), Hanna Lehmann (1884), Betty Leopold geb. Schidlowsky (1881), Günther Herbert (Hubert) Leopold (1880), Edgar Lind (1888), Hedwig Lindemann geb. Reiter (1879), Margarete May (1909, "Stolperstein" in Eisenberg), Max Mendel (1871), Rosa Müller geb. Freudenberger (1883), Anna Pillwinsky geb. Moskowitz (1894), Berthold Pillwinsky (1922), Ella Pillwinsky (1930), Julius Pillwinsky (1882), Hermine (Minna) Rosenbaum geb. Weiss (1890), Joachim Rosenbaum (1911), Leo Rosenbaum (1879), Siegfried Rosenbaum (1912), Hans Rosenberg (1898), Rosa Rosenberg geb. Adelsdorfer (1874), Sally Rosenberg (1864), Minna Blume Salinger geb. Friedländer (1868), Max Samuel (1882), Rosa Samuel geb. Heldmann (1883), Dora Schaul (1910), Julia Schaul geb. Joseph (1879), Fanny Simon geb. Gutmann (1878), Georg Simon (1884), Hermann Simon (1872), Ilka Julia Simon geb. Brandt (1893), Inge Simon (1925), Arthur Stern (1901), Paula Stern geb. Schaul (1922), Erna Straus geb. Rosenberg (1902), Max Straus (1938), Hermann Vorräuter (1877).
  
Nur 12 jüdische Einwohner Arnstadt überlebten die Deportation beziehungsweise den Aufenthalt in einem Konzentrations- oder Vernichtungslager.   
  
Auf dem Friedhof am Parkweg befindet sich im jüdischen Friedhofsteil ein von der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen gestifteter Gedenkstein mit der Inschrift: "Dem Gedenken der jüdischen Bürger, die Opfer der faschistischen Gewaltherrschaft wurden". Im Neuen Friedhof findet sich ein symbolischer Grabstein zur Erinnerung an die zum christlichen Glauben konvertierte jüdische Bankiersfamilie Hirschmann. Die Inschrift besagt, dass das Ehepaar Siegmund und Eugenie Hirschmann im März 1943 im KZ Buchenwald starb. 1945 wurde der Sohn Walter im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.   
    
Ein Gedenkbuch zur Erinnerung an die früheren jüdischen Einwohner wurde 2009 fertiggestellt (siehe Pressebericht unten). Seit 2007 wurden in mehrfachen Aktionen "Stolpersteine" für jüdische Einwohner verlegt (siehe Presseberichte unten). Bei der Verlege-Aktion im September 2019 kamen zu den bisher verlegten 148 Steinen weitere 12 dazu. Zu weiteren Verlegungen in den Vorfahren siehe Berichte unten. 
   
Link zu einem Video über die "Stolpersteine" in Arnstadt auf youtube.com: "Weltoffene Geschichten aus dem Ilm-Kreis Teil 5: Jörg Kaps Gedenkprojekt "Stolpersteine" Arnstadt   
Eine Übersicht über die "Stolpersteine" in Arnstadt siehe im Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Arnstadt      
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1892 / 1893   

Arnstadt Israelit 14071892.jpg (47477 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Juli 1892: "Vakanz
Die hiesige Stelle des Kultusbeamten, als Religionslehrer, Chasan und Schochet ist per 1. Oktober dieses Jahres, eventuell auch früher wieder zu besetzen. Das fixierte jährliche Gehalt beträgt Mark 900 - nebst den Schechita- und Nebeneinkünften. Dem Gewählten werden die Reisekosten zum Probevortrag zurückvergütet. Qualifizierte, seminaristisch geprüfte, mit guten Stimmmitteln versehene Bewerber wollen sich unter Einsendung der betreffenden Zeugnisse wenden an den 
Vorstand der Synagogen-Gemeinde zu Arnstadt. J. Jonas."     
 
Arnstadt AZJ 28071893.jpg (59375 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 28. Juli 1893: "Vakanz
Die Stelle des Kultusbeamten bezüglich Religionslehrers, Chasan und Schochets in hiesiger Synagogengemeinde ist wieder zu besetzen. 
Das jährliche Gehalt beträgt 1.000 Mark Fixum, die Einkünfte der Schechita und sonstige Nebenverdienste. 
Geeignete, nur seminaristisch gebildete Bewerber wollen unter Beifügung ihrer Qualifikationszeugnisse sich baldmöglichst an den unterzeichneten Vorstand wenden. Dem Gewählten werden die Reisekosten zurückerstattet.
Arnstadt in Thüringen, 12. Juli 1893. Der Vorstand der Synagogengemeinde J. Jonas."      

      
Lehrer Levi Bacharach unterhält eine Schülerpensionat (1886)  

Arnstadt AZJ 26011886.jpg (51232 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Januar 1886: "Pensionat
Zöglinge, welche zu Ostern dieses Jahres die hiesigen sehr guten Lehranstalten (Gymnasium und höhere Realschule) besuchen wollen, finden in der Anstalt des Unterzeichneten bei liebevoller, familiärer Behandlung vollständige Pension und Überwachung in den Schularbeiten, sowie sorgfältige Aufsicht in körperlicher und geistiger Ausbildung. 
Lehrer Bacharach, Arnstadt (Thüringen)."          

     
Über den jüdischen Friedhof in Plaue und die Beisetzung des Lehrers Nathan Ehrlich (= Hermann Ehrlich; Arnstadt, 1880)  

Plaue AZJ 09031880.jpg (112626 Byte) Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. März 1880: "Bonn, 15. Februar (1880). Aus Erfurt vom 6. dieses Monats schreibt uns unser geschätzter Korrespondent: Die Juden in Arnstadt haben in Plaue (im Thüringer Wald), wo jetzt keine Juden mehr wohnen, ihren Friedhof. Derselbe liegt wunderbar schön auf einem hohen Berge des Thüringer Waldes, dicht am Fuße einer gewaltigen Schlossruine. In Arnstadt war der pensionierte Lehrer Nathan Ehrlich gestorben; als wir nun mit der Leiche, der nur 5-6 Juden folgten in Plaue angekommen waren, erwarteten uns die gesamten Schulkinder des Ortes in Reihen aufgestellt. Christliche Träger nahmen den Sarg in Empfang und mehr als 200 Männer und Frauen wandten sich mit uns den steilen Pfad nach dem Friedhof hinaus. Mit tiefer, aber ich muss gestehen freudiger Rührung sprach ich am Grabe des Ehrenmannes, vom Gipfel des Berges aber schweiften meine Blicke in die weite Gotteswelt und mehr als jemals ward es mir nach diesem Begräbnis zur Gewissheit, dass die Zeit kommen wird, in der 'Gotteserkenntnis und Menschenliebe die Erde bedecken wird, wie Wasser bedecket den Meeresgrund.'"       

  
  
Aus dem jüdischen Gemeindeleben     
Gemeindebeschreibung von 1877  

Arnstadt Israelit 03101877.jpg (153112 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Oktober 1877: "Arnstadt in Thüringen. Diese Stadt, das Herz von Thüringen, hat eine höchst angenehme, romantische Lager in der Nähe der drei Gleichen und besitzt vielerlei großartige Fabriken. Die schattenreichen, weithin erstreckenden Lindenalleen, die vielen Promenadenwege, Kunst- und Blumenanlagen, die freundlichen Badeanstalten mit ihren heilkräftigen Solbädern und weitberühmten Badeärzten, insonders auch die ganz gesunde Bergluft ziehen alljährlich nicht nur viele Badegäste, sondern auch sonst massenhafte Wanderer aus allen Ländern Europas herbei. Auch in dieser Stadt wütete der schreckliche Fanatismus gegen die Juden und eine hier wohnende große Gemeinde wurde bei Beschuldigung der Brunnenvergiftung im Jahre 1347 vertrieben und ihre große Synagoge, wovon noch Spuren zu sehen sind, zerstört. Als sie sich in dieser gewerbereichen Stadt wieder ansiedelten, so wurden sie von wilden Horden wegen Beschuldigung an der hier stark grassierenden Pest und Hungersnot im Jahre 1681 abermals vertrieben und ihre Wohnhäuser eingeäschert. Seit jener Schreckenszeit wurden, außer den Durchreisenden, keine Israeliten hier geduldet. Erst vor 3 Jahren, 1874, machte sich die erste Familie, namens Abraham Mendel, hier wieder ansässig und seit dieser Zeit wohnen wieder circa 40 Seelen hier, die nicht nur schöne Wohnhäuser sich erwarben, sondern auch einen freundlichen, großen Betsaal mit drei Torarollen besitzen. So gering auch noch die Zahl der israelitischen Mitglieder hier ist, so hat sich deren Wohltätigkeitssinn zur Unterstützung der Notleidenden Kinder unseres Volkes in der Türkei, wie Verzeichnis lautet, auf eine ruhmvolle Weise gezeigt. Wolle der Spender alles Guten sie dafür mit seinem himmlischen Segen erfreuen! H.A. Ehrlich"           

 
In Arnstadt ist die Schechitah (Schächten) verboten (1910)  

Arnstadt Israelit 20081910.jpg (112290 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20.August 1910: "Aus Thüringen, 15. August (1910). Es dürfte vielen Ihrer Leser unbekannt sein, dass in dem idyllisch gelegenen Städtchen Arnstadt - Schwarzburg Sondershausen - die Schechitah verboten ist. Man hat hier nicht etwa aus Humanitätsdusel gehandelt, man führt vielmehr das Verbot auf das verspätete Anmelden seitens der dortigen Synagogengemeinde zurück. Alle Bemühungen selbst hervorragender Rabbinen und sonstiger Männer von Ruf, ja selbst Audienzen beim Fürsten von Schwarzburg Sondershausen vermöchten nicht, die in das religiöse Leben der Arnstädter Gemeinde tief einschneidende Maßregel des dortigen Magistrates rückgängig zu machen. Die ja schon stark vorhandene Lauigkeit in allen religiösen Dingen bei einem großen Teile der Gemeindemitglieder, genährt durch den geringen Einfluss einzelner Kultusbeamten, fand durch das Schächtverbot neue Nahrung und so kam es, dass in dem sonst gut religiösen Arnstadt heute nur noch wenige Familien vorhanden sind, deren Haushalt streng koscher ist. Wenn Schreiber dieser Zeilen von den betrübenden Zuständen einer ziemlich großen Gemeinde weiteren Kreisen Kenntnis gibt, so geschieht es nur, um eine Anregung nach der einen oder anderen Richtung zu geben, hier ratend und helfend beizuspringen. Vielleicht gelingt es noch, das schreiende Unrecht wieder gutzumachen. S."     

  
 
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde   
Numa Czarnikow wird zum Finanzrat ernannt (1903) 
Anmerkung:  Numa Czarnikow ist am 26. Januar 1844 in Sondershausen geboren. Er war verheiratet mit Hedwig geb. Haenel (evangelisch) und trat im Dezember 1903 zur evangelischen Kirche über.  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juli 1903: "Arnstadt, 3.Juli (1903). Der Fürst von Schwarzburg hat dem israelitischen Bankdirektor Numa Czarnikow zu Arnstadt aus Anlass des 25-jährigen Jubiläums der von ihm gegründeten Arnstädter Bank den Titel 'Finanzrat' verliehen."      

  
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Anzeige der Eisenkurzwaren- und Holzwarenfabrik Gebr. Ledermann (1902)    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. November 1902: "Lehrling
Zum Eintritt auf Ostern 1903 gesucht, mit guter Schulbildung und aus guter Familie. 
Gebr. Ledermann,
Eisenkurzwaren- und Holzwaren-Fabrik, Arnstadt in Thüringen."       

   
Anzeige von Kaufhausinhaber Louis Pommer (1924)       

Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 24. April 1924: "Für meinen kinderlosen, nicht rituellen Haushalt (3 Personen) suche ich zum 1. Juni dieses Jahres oder früher tüchtige Hausdame, welche selbständig kochen kann und imstande ist, den Haushalt allein zu führen. Betreffende wird ganz zur Familie gerechnet. Dienstmädchen vorhanden. Angebote mit Bild, Zeugnisabschriften und Gehaltsansprüchen erbeten. 
Kaufhaus Louis Pommer, Arnstadt in Thüringen
."       

     
     
Sonstiges   
Der antisemitische Redakteur Gottesleben wurde aus der Reformpartei ausgeschlossen (1894)   
Anmerkung: zu Redakteur Gottesleben vgl. auch den Bericht aus dem Jahr 1894 in der Seite zu Völkershausen.      

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Juni 1894:  "Der Redakteur Gottesleben in Arnstadt, ein bekannter antisemitischer Agitator in Thüringen, ist durch Beschluss des Parteiausschusses aus der Reformpartei ausgeschlossen worden. Nach dem 'Reichsherold' (Nr. 703) waren die Gründe für den Ausschluss 'so schwerwiegende, dass der Ausschluss erfolgen musste'. Das lässt tief blicken."         

    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge  
   
Die im Mittelalter vorhandene Synagoge stand nach einem Bericht von 1521 "in der Erfurtischen Straße, wo anitzo das Bartolomäische Hintergebäude ist' (gemeint: das Grundstück Erfurter Straße Nr. 17, Hinterhaus). Es handelte sich vermutlich um ein Steinhaus, das auch jüdischen Familien als Wohnung diente.    
  
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnte zwischen 1874 und 1877 ein erster Betsaal im Haus der Familie des ersten Gemeindevorstehers Julius Jonas eingerichtet werden, bei dem es sich um einen "freundlichen, großen" Saal handelte (Bericht oben von 1877). 1877 gab es bereits drei Torarollen in der Gemeinde. Der Betsaal war im Haus Ritterstraße 7 (Gebäude ist noch vorhanden). 
   
Am 29. Dezember 1878 fand - nach einem Attentat und glücklicher Rückkehr des deutschen Kaisers - ein Dankgottesdienst statt. Lehrer Ehrlich hielt eine Ansprache, bei der es u.a. hieß: "Barmherziger Gott und Vater aller Menschen. Wir danken dir, dass du deinen beschützenden und rettenden Engel über unser gekröntes Oberhaupt gesandt, dass du die Tage der Sorgen und des Kummers in Tage der Wonne gewandelt und unsern allverehrten Monarchen wieder an die Spitze aller seiner getreuen Untertanen gestellt hast."  Als 1887 der Kronprinz schwer erkrankte, fand am 17. November 1887 im Betsaal ein Bitt-Gottesdienst um die Wiederherstellung seiner Gesundheit statt.   
   
  
Nach 1900 wuchs der Wunsch zum Bau einer neuen Synagoge. Eine solche konnte 1913 auf einem 600 qm großen Grundstück gegenüber der Himmelfahrtskirche nach den Plänen des Architekten Heinrich Martin Schwarz erbaut und am 26. September 1913 durch Landrabbiner Fränkel aus Meiningen eingeweiht werden.  
       
Einweihung der Synagoge (1913)  

Arnstadt AZJ 22101913.jpg (221088 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Oktober 1913: "Arnstadt, 15. Oktober (1913). Am 26. vorigen Monats fand hier die Einweihung der neuen Synagoge statt. Zur Einweihungsfeier versammelte sich nachmittags um 5 Uhr die Synagogengemeinde mit einer kleinen Zahl geladener Gäste, darunter die Herren Geheimer Oberregierungsrat Dr. Langbein als Vertreter Seiner Durchlaucht des regierenden Fürsten, Geheimer Regierungsrat Kammerherr von Bloedau als Vertreter des Fürstlichen Staatsministeriums, Geheimer Regierungsrat Oberbürgermeister Dr. Bielfeld und Kommerzienrat Kiesewetter als Vertreter der städtischen Kollegien, Landtagsabgeordneter Kommerzienrat Rieck, die Leiter der städtischen Schulen, Architekt Schwarz, der Schöpfer des Entwurfes, und die Handwerker des Baues vor der Tür des neuen Gotteshauses. Fräulein Käthe Rosenbaum begrüßte die Festgemeinde mit einem sinnigen, von Frau Ledermann verfassten poetischen Gruß, übergab dann auf seidenem Kissen Herrn Geheimen Regierungsrat Dr. Bielfeld den Schlüssel und bat ihn, das neue Gotteshaus der israelitischen Gemeinde in den Schutz der Stadt zu übernehmen. der Oberbürgermeister erklärte darauf, dass er dies gern tue und nur wünschen wolle, dass von der Synagoge für die Stadt und ihre Gemeinde reicher Segen ausgehen möge. Dann reichte er den Schlüssel dem Vorstand der Synagogengemeinde, Herrn Kaufmann Max Ledermann. Nachdem sodann Herr Geheimer Regierungsrat Kammerherr von Blödau die Wünsche der Staatsregierung übermittelt hatte, ergriff Herr Kaufmann Ledermann das Wort, um zunächst Seiner Durchlaucht dem Fürsten, der Staatsregierung und der Stadt warm zu danken für die Entsendung von Vertretern, die er namens der Synagogengemeinde herzlich willkommen hieß. Das Erscheinen der Herren bekunde aufs neue, dass Staat und Gemeinde ihren Angehörigen, gleichviel welcher Konfession, gleiches Recht zukommen lassen. Die hiesige Geistlichkeit habe dagegen mit Bedauern es abgelehnt, an der Einweihungsfeier teilzunehmen, was gleichfalls die israelitische Gemeinde lebhaft bedauere. Nach diesen Worten schloss Herr Ledermann die Synagogentür auf, und es erfolgte unter Orgelklang der Einzug der Festgemeinde, der die Torarollen vorangetragen wurden. Darauf wurden die Förmlichkeiten des Anzündens der ewigen Lampe und des Einhebens der Torarollen vollzogen. Als dann der Psalm 100 verklungen war, bestieg als erster Prediger Herr Landrabbiner Fränkel die Kanzel, um die Festpredigt zu halten: 'Das ist ein Tag, den Gott geweiht! Lasst uns fröhlich sein und uns freuen usw.' Die israelitische Gemeinde muss große Genugtuung und Freude fühlen, dass ihr ein eigenes Gotteshaus geworden ist. Ein schönes Werk ist geschaffen worden, das Gottes Hand sichtbar gefördert und gesegnet hat. Möge der Segen des himmlischen Allvaters stets auf diesem Hause ruhen, möge er segnen die Kinder, die in ihm aufgenommen werden in den heiligen Bund, und die ihr Gelübde, dem Glauben der Väter treu zu bleiben, hier vor dem Altar bekräftigen wollen. Unser Gotteshaus ist eine Kultstätte der Menschheit, eine Zierde der Stadt. Sie soll auch eine Stätte des Segens für die Stadt sein und in ihr stets Gerechtigkeit, Menschenliebe und Sittlichkeit gepredigt werden. Die Liebe zum Vaterhaus und engeren und weiteren Vaterland sei hier immer verkündet.' - Nach dieser eindrucksvollen Predigt sprach Herr Landrabbiner Fränkel das Weihegebet und erflehte Gottes Segen für die neue Synagoge und ihre Förderer. Nachdem alsdann der Psalm 150 gesungen war, sprach Herr Kantor Heilbrunn ein Gebet, das eine Fürbitte für Kaiser und Landesherrn, Fürstenhaus, Vaterland, Staat, Stadt und Gemeinde in sich schloss. Die neugebaute Synagoge hat nun in Gegenwart der Staats- und städtischen Behörden ihre Weihe empfangen. Gerade die Teilnahme der Behörden an dem Festakt beweist klar, dass die israelitische Gemeinde sich eines guten Ansehens bei ihnen erfreut. Möge dies schöne Verhältnis auch fernerhin bestehen, und die vielen Segenswünsche, die zur Einweihungsfeier des Gotteshauses zum Ausdruck gebracht wurden, in Erfüllung gehen!"          
 
Hinweis: Artikel von H. K. Abendroth über Architekt Martin Schwarz in der "Thüringer Allgemeinen" vom 19. Oktober 2010 (Artikel): "Architekt Martin Schwarz veränderte das Arnstädter Stadtbild" (eingestellt als pdf-Datei).   

Nur wenige Monate nach der Einweihung kam es im Sommer 1914 zu einem schweren Anschlag auf die Synagoge, bei dem mehrere der mit prächtigen Glasmalereien geschmückten Fenster zerstört wurden:      
   
Schüsse auf die Synagoge (1914)  

Arnstadt Frf IsrFambl 10071914.jpg (30553 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 10. Juli 1914: "Arnstadt. Während einer Chorprobe wurden mehrere Schüsse auf die Synagoge abgegeben, die die Fenster zertrümmerten und die in der Nähe stehenden Damen mit Glassplittern überschütteten. 
Der Behörde ist es bisher noch nicht gelungen, den Täter zu finden."    

Nur 25 Jahre war die Synagoge in Arnstadt Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens in der Stadt. Beim Novemberpogrom 1938 wurde sie - gegen zwei Uhr in der Nacht zum 10. November - durch SA-Angehörige niedergebrannt. Die Kosten für die Einebnung der Brandruine musste die jüdische Gemeinde übernehmen.    
   
Am 26. Oktober 1988 wurde ein Gedenkstein unweit des Standortes zur Erinnerung an ihre Zerstörung beim Novemberpogrom 1938 aufgestellt (Parkanlage Ecke Krappgarten/Bahnhofstraße bei der Himmelfahrtskirche). Der Gedenkstein trägt die Jahreszahlen 1938-1988 sowie die folgende Inschrift: "Unweit dieser Stelle befand sich die Synagoge der jüdischen Gemeinde Arnstadt, die am 27. September 1913 geweiht wurde. In der Pogromnacht am 9. November 1938 wurde sie durch die Faschisten zerstört. Vergeßt es nie!" Die Gedenktafel zeigt einen siebenarmigen Leuchter und die Umrisse der Synagoge.    
   
   
Adresse/Standort der Synagoge:    Krappgartenstraße 47    
   
   
Fotos    

Zeichnung der Synagoge 
(Quelle: Harold Hammer-Schenk, 
Synagogen in Deutschland Bd. II Abb.442) 
Arnstadt Synagoge 190.jpg (195182 Byte)  
     
     
Fotos der Synagoge  
(Quelle: Website drehkopf.de
Arnstadt Synagoge 191.jpg (18093 Byte) Arnstadt Synagoge 192.jpg (11654 Byte)
  Außenansicht   Innenansicht
     

Gedenksteine zur Erinnerung an die jüdische Geschichte und die Synagoge in Arnstadt
(Quelle: Peter Franz, Facebookseite des Prager-Hauses Apolda e.V." 

 
     
Oben: Fotos von einem Ausflug des Vereins "Prager-Haus Apolda e.V." im August 2016 mit Kurzbericht: "Prager-Haus Apolda e.V. 14. August 2016. Heute fuhren Vereinsmitglieder aus der Region Apolda nach Arnstadt, wo ihnen der Regionalforscher zum jüdischen Leben, Jörg Kaps, einen Einblick in die Schicksale der jüdischen Bürger der Stadt gab. Der Träger des Obermayer German Jewish History Award 2015 hat ein beeindruckendes Wissen über diese Menschen zusammengetragen und dabei zahlreiche Kontakte und Freundschaften zu jüdischen Nachkommen in vielen Teilen der Welt geschlossen. Eine Journalistin der Lokalzeitung interessierte sich ebenfalls für den Stadtrundgang zu Häusern, vor denen Stolpersteine liegen, zu denen Kaps viele bewegende Geschichten zu erzählen wusste. Der Besuch endete mit einem Gang zum jüdischen Friedhof, wo uns Lebensschicksale einzelner Familien vorgestellt wurden. Die Besucher bedankten sich bei Jörg mit der Überreichung eines Standardwerkes über jüdisches Leben in Apolda und luden ihn zum Besuch der Stadt ein, die 2017 die Thüringer Landesgartenschau ausrichtet."    
     

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    

November 2007: Gedenken an den Novemberpogrom 1938 - Übergabe eines Gedenkbuches über jüdische Bürger in Arnstadt   
Erschienen am 10. November 2007 in der Zeitschrift "Freies Wort"     
"Jüdische Schicksale 
Arnstadt – Die Kranzniederlegung am Gedenktag des Novemberpogrom erfolgte gestern im Beisein von Politikern, Schülern, Interessierten auf dem Alten Friedhof am Gedenkstein. Einen Tag zuvor übergab Ortschronist Klaus Reinhold ein Gedenkbuch über jüdische Bürger in Arnstadt. In seiner zweijährigen Recherche griff er auf standesamtliche Dokumente und Geburtsregister zu, nutzte Archive, Internet, Gespräche, Gedenksteine und Grabmale..."   
  
April/Mai 2010: In Arnstadt werden weitere "Stolpersteine" verlegt   
Artikel in der (Artikel): "Erinnerung an vertriebene und ermordete jüdische Mitbürger. 
Im Mai sollen in der Stadt Arnstadt 22 weitere Stolpersteine verlegt werden direkt vor den Häusern, in denen einst jüdische Mitbürger lebten, die in der Nazi- Zeit vertrieben und fast alle ermordet wurden. 

Arnstadt. Man findet sie bereits auf dem Markt, auf dem Riedplatz, in der Bahnhofstraße und an vielen anderen Stellen der Stadt - Stolpersteine mit den Namen, Geburts- und Sterbedaten von Männer, Frauen, Kindern. Viele von ihnen sind jüdischer Herkunft, die meisten haben die Nazi-Zeit nicht überlebt. Ganze Familien wurden ausgelöscht. Ihr Andenken will die Stadt Arnstadt wach halten, deshalb beteiligt sie sich seit 2007 an der Aktion "Stolpersteine...".  
   
Mai 2010: Weitere "Stolpersteine" wurden verlegt  
Artikel in der "Thüringer Allgemeinen" vom 30. Mai 2010 (Artikel): "Zwanzig weitere Stolpersteine in Arnstadt verlegt
Zwanzig weitere Stolpersteine erinnern seit Freitag im Eingangsbereich dreier Arnstädter Wohnhäuser an das Schicksal ihrer einstigen jüdischen Bewohner. 

Arnstadt. In der Kasseler Straße 31, der Thomas-Mann-Straße 15 und der Lessingstraße 3 lebten die jüdischen Familien Katzenstein, Ehrlich, Hirsch und Ledermann. Für deren Mitglieder, die Opfer im Krieg wurden, verlegte Künstler Gunter Demnig am Freitag im Beisein von Bürgermeister, Landrat, sowie Vertretern der AG Demokratie braucht Zivilcourage und interessierten Bürgern zum vierten Mal in Arnstadt insgesamt zwanzig neue Stolpersteine. Projektbeauftragter Jörg Kaps recherchierte im Vorfeld akribisch die Lebensläufe und Schicksale der Bewohner..." 
  
Oktober 2010: Ausstellung in Arnstadt zur "'Arisierung' in Thüringen"     
Artikel in der "Thüringer Allgemeinen" vom 6. Oktober 2010 (Artikel): 
"Ausstellung in der Sparkasse erinnert an jüdisches Leben.  
Mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte beschäftigt sich die gestern Abend eröffnete Ausstellung in der Sparkassen-Hauptstelle in Arnstadt. Ihr Titel: "Arisierung" in Thüringen. Ausgegrenzt. Ausgeplündert. Ausgelöscht. 

Arnstadt. Sie zeigt die systematische Verdrängung jüdischer Menschen aus dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben und die Bereicherung an ihrem Eigentum. Sie gibt Tätern und Opfern ein Gesicht. Erarbeitet wurde die Wanderausstellung von Geschichtsstudenten der Friedrich-Schiller-Universität unter der Leitung von Dr. Monika Gibas..."
    
Oktober 2010: Über die Forschungen von Jörg Kaps zur jüdischen Geschichte in Arnstadt  
Artikel von Antje Köhler in der "Thüringer Allgemeinen" vom 7. Oktober 2010 (Artikel): 
"Forschung zur jüdischen Geschichte in Arnstadt. 
Seit 2007 forscht Jörg Kaps zur jüdischen Geschichte in Arnstadt. Ein Vortrag von ihm gehörte gestern zum Begleitprogramm der am Dienstag eröffneten Ausstellung "Arisierung in Thüringen" in der Sparkassen-Hauptstelle Erfurter Straße. 
Arnstadt.
75 Stolpersteine erinnern inzwischen in Arnstadt an jüdische Mitbürger, die nach 1933 vertrieben und häufig ermordet wurden. Der Stadtrat hatte sich Ende 2006 zu dieser Aktion bekannt. Damals versprach Jörg Kaps als Mitglied der AG "Demokratie braucht Zivilcourage", sich um die Recherchen zu kümmern. Seitdem lässt ihn das Thema nicht mehr los..."
   
Juni 2011: In Arnstadt werden weitere "Stolpersteine" verlegt   
Artikel von Antje Köhler in der "Thüringer Allgemeinen" vom 10. Juni 2011 (Artikel): "Neue Stolpersteine werden in Arnstadt verlegt 
Bisher liegen in Arnstadt 75 Stolpersteine, die an ehemalige jüdische Mitbürger erinnern. Viele haben die Nazizeit nicht überlebt, sie wurden erschossen, vergast, erschlagen, verhungerten. Einigen gelang die Flucht. Auch an sie soll mit diesen ins Pflaster eingelassen Steinen erinnert werden. Nicht als großes Denkmal, eher als Erinnerungshilfe für den Alltag, dass so etwas Schreckliches nie wieder passieren darf. 
Arnstadt.
Am Montag, dem 20. Juni, werden ab 10 Uhr gemeinsam mit dem Künstler Gunter Demnig in Arnstadt erneut 19 Stolpersteine verlegt - alle in der Fleischgasse 1A und gleich um die Ecke in der Rankestraße 1. Jugendpfleger Jörg Kaps, der sich federführend um das Stolperstein-Projekt in der Stadt kümmert, hat zu allen recherchiert - weit mehr als Geburts- und Sterbedaten. Er wird beim Verlegen einiges aus dem Leben dieser Menschen erzählen, was sie von Beruf waren, wen sie heirateten, wie viele Kinder sie hatten, wo sie starben..."    
   
Artikel in der "dtoday.de" vom 22. Juni 2011 (Artikel): 
"Verlegung von 19 weiteren 'Stolpersteinen' in Arnstadt. Erinnern an jüdisches Leben in Arnstadt
Arnstadt
(ke) - Am Montag, 20. Juni 2011, wurden bereits zum fünften Mal im Gedenken an die Arnstädter jüdischen Opfer 'Stolpersteine' verlegt. In der Fleischgasse 1A erinnern nun 13 Steine an die Angehörigen der Familien Heilbrunn und Rosenbaum und in der Rankestraße 1 informieren sechs Steine über die Familie Rosenbaum und deren Lebens- bzw. Leidensweg..."   
   
Ein weiterer Bericht (von Eberhardt Pfeiffer) zur Verlegung der "Stolpersteine" am 20. Juni erschien in der "Thüringer Allgemeinen" vom 22. Juni 2011 (Link zum Artikel): auch eingestellt als pdf-Datei.   
 
April/Mai 2012: Weitere Verlegung von "Stolpersteinen" am 10. Mai 2012  
Artikel in der "Thüringer Allgemeinen" vom 11. April 2012: "Arnstadt verlegt weiter Stolpersteine für jüdische Mitbürger. 70 Jahre nach der Deportation in das Getto Belzyce werden erneut Stolpersteine für jüdische Mitbürger verlegt. Nun werden Spender gesucht, die das Projekt gegen das Vergessen unterstützen... 
Neue Stolpersteine werden verlegt für:
Adolf Mendel, geb. 1875, Flucht nach Chile 
Berta Mendel, geb. 1883, Flucht nach Chile 
Alfred Mendel, geb. 1906, Flucht nach Palästina 
Irmgard Strauss, geb. 1909, Flucht in USA 
Gertrud Weinstein, geb. 1915, Flucht nach Chile 
Julius Mendel, geb. 1883, Flucht nach Chile 
Max Mendel, geb. 1871, ermordet 1942 in Theresienstadt 
Frieda Bremer, geb. 1879, ermordet 1942 in Belzyce 
Käthe Aumann, geb. 1904, Flucht in die USA 
Hermann Vorreuter, geb. 1877, ermordet in Belzyce
Rosa Vorreuter, geb. 1874, gestorben 1933 
Viktor Vorreuter, geb. 1909, Schicksal unbekannt 
Hanna Lehman, geb. 1884, deportiert, in Belzyce ermordet 
Hermann Stern, geb. 1866, in Buchenwald eingesperrt, gestorben 1939
Recha Stern, geb. 1871, deportiert nach Theresienstadt, Freiheitstransport in die Schweiz 
Käthe Schwab, geb. 1896, Flucht nach England 
Arthur Stern, geb. 1901, deportiert, ermordet 1944 in Maly Trostinec 
Betty Leopold, geb. 1881, ermordet in Belzyce 
Günther Leopold, geb. 1880, Heilanstalt Bendorf-Sayn, Tod 1942." 
13 Steine werden Auf dem Ried 7 verlegt (Familien Mendel und Vorreuter sowie Hanna Lehmann), sechs Steine in der Marktstraße für Angehörige der Familien Stern und Leopold.  
Link zum Artikel    
Artikel in dtoday.de vom 27. April 2012: "Verlegung weiterer 'Arnstädter Stolpersteine'. Gegen das Vergessen..."  
Link zum Artikel    
 
Mai 2012: Berichte zur Verlegung der "Stolpersteine" in Arnstadt    
Artikel von Kerstin Engelmann in dtoday.de vom 14. Mai 2012: "Neue Stolpersteine in Arnstadt verlegt. 19 jüdische Schicksale...." 
Link zum Artikel      
Weitere Links zu Presseartikeln:
http://arnstadt.thueringer-allgemeine.de/web/lokal/leben/detail/-/specific/Weitere-Stolpersteine-in-Arnstadt-verlegt-597080086       
http://www.insuedthueringen.de/lokal/ilmenau/ilmenau/Wir-haben-die-Pflicht-zu-erinnern;art83439,1993154  
http://www.dtoday.de/startseite/videos/video-detail_mmid,10504.html  
http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=10475000   
 
Mai 2013: In Arnstadt werden Ende Juni 2013 weitere "Stolpersteine" verlegt     
Arnstadt TA 08052013.jpg (283160 Byte)Artikel in der "Thüringer Allgemeinen" vom 8. Mai 2013: "In Arnstadt werden weitere 14 Stolpersteine verlegt..." 
Interview mit Jörg Kaps - zum Lesen bitte Textabbildung anklicken  
oder Link zum Artikel        
  
Juni 2013: Berichte zur 7. Verlegung von "Stolpersteinen" in Arnstadt   
Es wurden Stolpersteine verlegt in der Karl-Marien-Straße 11 und 26 sowie Unter dem Markt 8. Erinnert wird an die Familien Katz, Wolfermann und Arendt. 
Arnstadt TA 25062013.jpg (101812 Byte)Artikel in der "Thüringer Allgemeinen" vom 25. Juni 2013: "Stolpersteine erinnern an die Opfer. Aufarbeitung wird noch Jahre dauern..."    
 
Artikel von Antje Köhler in der "Thüringer Allgemeinen" vom 28. Juni 2013: "Die Familien Katz, Wolfermann und Arendt sind nicht vergessen. Arnstadt (Ilmkreis). An 14 ermordete und vertriebene Juden erinnern seit Donnerstag neue Stolpersteine. Auch Schüler spendeten dafür...."  
Artikel eingestellt als pdf-Datei      
 
Arnstadt TA 12.07.2013.jpg (268351 Byte)Artikel in der "Thüringer Allgemeinen" vom 12. Juli 2013:  "Schüler spendeten für Stolperstein-Aktion. Arnstadt Bürgermeister bedankte sich gestern bei der Klasse 10c des Arnstädter Gymnasiums für ihr Engagement..." 
 
November 2014: Erinnerung an den Novemberpogrom 1938 und die jüdische Geschichte der Stadt       
Artikel in der "Thüringer Allgemeinen" vom 10. November 2014: "Gedenken der Opfer der Reichspogromnacht 1938 in Arnstadt. 
Arnstadt.
Etwa 100 Gäste hatten sich am Sonntag aus Anlass einer Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht vor 76 Jahren, am 9. November 1938, auf dem Alten Friedhof in der Bach-Stadt eingefunden..." 
Link zum Artikel    
Artikel in der Website der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Arnstadt: "Vortrag 'Jüdisches Leben in Arnstadt'"  
Anmerkung: Jörg Kaps hielt einen Vortrag am 12. November 2014. 
Video zu Jörg Kaps Stolperstein-Projekt: https://youtu.be/gcsObY8Kd5M     
 
Januar 2015: Jörg Kaps wird mit dem German Jewish History Award ausgezeichnet 
Artikel vom 9. November 2014 bei mdr.de: "German Jewish History Award - Preis für Recherchen zu Arnstädter Juden" 
Artikel in der "Thüringer Allgemeinen" vom 18. November 2014: "Arnstädter wird für seine Forschung zu jüdischen Familien geehrt..."   
 
März / Juni 2015: Im Juni 2015 wurden 14 weitere "Stolpersteine" in Arnstadt verlegt 
Artikel von Britt Mandler in der "Thüringer Allgemeinen" vom 7. März 2015: "Arnstadt: Geschichte in Familiengeschichten. 
Arnstadt (Ilm-Kreis).
Jörg Kaps will im Juni weitere 14 Stolpersteine in Arnstadt verlegen und Schülerprojekt fortsetzen..." 
Link zum Artikel       
Artikel von Britt Mandler in der "Thüringer Allgemeinen" vom 28. Mai 2015: "Stolpersteine geben Opfern ihre Namen zurück
Arnstadt
(Ilm-Kreis). Er gibt den Opfern ihre Namen zurück – und zum Teil auch ihre Gesichter. Und doch winkt Jörg Kaps bescheiden ab, wenn das Gespräch auf seine Verdienste gelenkt wird. Seit Jahren schon erforscht er die Geschichte jüdischer Familien in Arnstadt. Teils im Rahmen von Schülerprojekten. Jörg Kaps hat aber auch schon unendlich viele Stunden in Archiven und im Gespräch mit Zeitzeugen verbracht. Eine gute Grundlage für seine Arbeit lieferte der ehemalige Superintendent Wolfgang Tittelbach-Helmrich. Auf dessen Datensammlung baute Kaps auf und erweiterte sie seither stetig. 'Ich finde in den Archiven immer noch Leute, die uns bisher unbekannt waren', verrät er. An Menschen, deren Schicksal bekannt ist, erinnern an vielen Orten in Arnstadt so genannte Stolpersteine. 127 Stück wurden bislang vor den ehemaligen Wohnhäusern der Juden verlegt. Einige überlebten den Krieg nur knapp, anderen gelang die Flucht. Viele aber wurden deportiert und ermordet. Auf den Messingtafeln sind die Lebensdaten der Opfer vermerkt. Damit sie und ihr trauriges Schicksal nicht in Vergessenheit geraten.
Am 19. Juni will Jörg Kaps gemeinsam mit der Stadt 14 weitere Stolpersteine verlegen. Auch dieser Veranstaltung gingen viele Recherchen und persönliche Kontakte zu Überlebenden voraus. 'In Arnstadt schlummern noch viele Geschichten', weiß Jörg Kaps. Er würde sich daher wünschen, dass sich betagte Menschen ihm gegenüber öffnen, ihm erzählen, an was sie sich erinnern. Was wurde aus alten Schulkameraden? Wissen sie, wohin Familien geflohen sind? Ob sie anderenorts ein neues Zuhause fanden? Ob es Häuser gibt, in denen damals jüdische Familien zuhause waren? Jörg Kaps geht es nicht nur darum, Schicksale vor dem Vergessen zu bewahren. Ihm gelang es auch schon, Familien wieder zusammenzuführen, die sich Jahrzehnte nicht gesehen hatten. Und er erhielt alte Fotos von Opfern. Ihnen gibt er dadurch nicht nur ihre Namen, sondern auch ihre Gesichter zurück. 120 Euro kostet jeder dieser Stolpersteine. Finanziert werden sie über Spenden. Die Stadt hat dafür extra ein Konto eingerichtet.
Stolpersteine im Gedenken an die Opfer. 
In der Erfurter Straße 6 werden sechs Stolpersteine verlegt: Sie erinnern an Frieda Kaufmann, geborene Appel, die 1881 geboren wurde, 1940 nach Holland floh, 1943 in Westerbork interniert wurde und am 15.4.1943 starb.
Ihr Bruder Simon Appel wurde 1866 geboren. Am 19.9. 1942 wurde er nach Theresienstadt deportiert und dort am 4.10.1942 ermordet.
Mendel Konrad Appel ist ein Bruder von Frieda und Simon. Er wurde 1868 geboren. Gedemütigt und entrechtet blieb er in Arnstadt, wo er 1939 starb.
Seine Frau Laura Appel, geborene Jüngster, erblickte 1874 das Licht der Welt. Auch sie wurde gedemütigt und entrechtet und starb 1940 in Arnstadt.
Sophie Appel ist die 1900 geborene Tochter von Mendel und Laura. Sie wurde 1936 in Erfurter Krankenhaus eingewiesen und von dort nach Pfafferode gebracht. 1940 kam sie in die Heilanstalt Hildburghausen, wo sie 1942 ermordet wurde.
Ihr Bruder Max Appel kam 1905 zur Welt. Ihm gelang 1937 die Flucht in die USA.
In der Ritterstraße 7 lebte der 1868 geborene Lederhändler Julius Jonas. Er wurde gedemütigt und entrechtet und starb am 26.9.1938 in Arnstadt.
Seine Ehefrau Sophie Jonas, geborene Bloch, kam 1872 zur Welt. Sie wurde am 19.9.1942 nach Theresienstadt deportiert, zwei Monate später wurde sie dort ermordet.
Minna Heimann ist die 1899 geborene Tochter der Familie Jonas. Sie floh 1939 in die USA.
In der Ritterstraße 2 lebte Bernhard Wolf, Jahrgang 1867, der 1945 nach Theresienstadt deportiert wurde. Er wurde befreit und starb 1954 in Arnstadt.
Seine Frau Ida Wolf, geborene Laun, wurde 1877 geboren. Als nichtjüdische Frau eines Juden wurde sie gedemütigt, sie überlebte den Krieg zum Glück.
Bertha Wolf ist die 1898 geborene Tochter. Auch sie überlebte.
Sohn Siegfried Wolf kam 1901 zur Welt. Er wurde gedemütigt und entrechtet, sein weiteres Schicksal ist unbekannt.
In der Karl-Marien-Straße 26 lebte Leo Wolfermann, der im Jahr 1906 das Licht der Welt erblickte. Er flüchtete im Jahr 1936 nach Südrhodesien.
Die Stolpersteine werden ausschließlich über Spenden finanziert. Wer sich beteiligen möchte, sollte das Spendenkonto nutzen, das bei der Stadt eingerichtet wurde:
Sparkasse Arnstadt-Ilmenau. BLZ: 840 510 10 Kto.-Nr.: 18 300 002 64 IBAN: DE59 8405 1010 1830 0002 64 BIC: HELADEF1ILK Stichwort: Stolpersteine" 
Link zum Artikel    
 
November 2017: Erinnerung an den Novemberpogrom 1938 - Schändung der Gedenktafel - Täter werden von der Polizei gesucht    
Artikel von Britt Mandler in der "Thüringer Allgemeinen" vom 10. November 2017: "Stadt erinnert an die Reichspogromnacht
Helmut Hüttner hält eine emotionale Rede. Den Besuchern bietet sich am Denkmal ein unerfreuliches Bild, weil Unbekannte die Tafel beschädigt haben.

Arnstadt. Nur Mauerfragmente erinnern noch an den Ort in der Krappgartenstraße, in der einst Arnstadts Synagoge stand. Wenige Meter von dieser Stelle entfernt wurde vor Jahren ein Gedenkstein aufgestellt. Liebevoll pflegt die Stadt diesen Erinnerungsort – und lädt an jedem 9. November zum Gedenken ein. Denn die Synagoge wurde am 9. November 1938 angesteckt. Weder Polizei noch Feuerwehr griff damals ein, staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gab es nicht.
'Es war ein Ereignis, bestimmt von Hass und Vernichtungswillen gegen Menschen eines anderen Glaubens', erinnerte gestern Bürgermeister Alexander Dill (parteilos).
Auch Festredner Helmut Hüttner (parteilos), einer der Amtsvorgänger Dills, bezeichnete es als notwendig, das Gedenken an die Pogromnacht und die Judenverfolgung aufrecht zu erhalten. Heutige Generationen seien zwar nicht für die Verbrechen von einst verantwortlich, sehr wohl aber dafür, dass so etwas nie wieder geschieht. Die Gefahr, dass Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit wieder um sich greifen, wachse indes wieder, sagte Helmut Hüttner. Auch Arnstädter hätten dafür gekämpft, dass 1989 die Mauer fällt, das Meinungs- und Redefreiheit eingeführt werden. Doch heutzutage würden diese Freiheiten mitunter als Deckmäntelchen genutzt, um Antisemitismus und Rassismus wieder gesellschaftsfähig zu machen. Auch von den in Deutschland lebenden Muslimen wünsche er sich mehr Zivilcourage. Werde gegen aus ihrer Sicht Ungläubige gehetzt, müsse man dem deutlich entgegen treten. Die Besucher der Gedenkstunde legten im Anschluss Kränze und Blumen am Denkmal nieder. Dabei bot sich ihnen ein unerfreulicher Anblick: Die zweiteilige Gedenktafel war zuvor von Unbekannten beschädigt worden. Sie sollen massive Schläge auf die Tafeln ausgeübt haben, teilte gestern die Polizei mit. Wann genau die Zerstörung stattfand, ist unbekannt. Die Tat muss sich nach dem 1. September ereignet haben. Die Polizei bittet Zeugen um Hinweise." 
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September 2019: Weitere 12 "Stolpersteine" wurden verlegt - seitdem gibt es 160 "Stolpersteine" in Arnstadt     
Artikel von Britt Mandler in der "Thüringer Allgemeinen" vom 22. August 2019: "Arnstadt - Weitere Stolpersteine erinnern.
Arnstadt
Bislang erinnern 148 Stolpersteine an die Schicksale jüdischer Familien in Arnstadt. Am 19. September kommen zwölf weitere dazu
Mit Bleistift trug Jörg Kaps einst erste Rechercheergebnisse zum Schicksal jüdischer Familien in ein kleines Heft ein. Doch bald schon reichten die Seiten nicht mehr aus. Je mehr er sich in Archivmaterial vertiefte, umso umfangreichere Zeugnisse fand er. Er lernte ihm bisher unbekannte Familien kennen, traf Nachfahren und Überlebende, führte Verwandte und alte Freunde wieder zusammen, schloss Bekanntschaften, die in bis heute prägen. Mittlerweile füllen seine Erkenntnisse 14 Aktenordner. Irgendwann, sagt der Jugendsozialarbeiter, schreibt er ein Buch über das, was er über Jahre herausfand. Für sich behält er seine Erkenntnisse freilich aber nicht. Kaps ist oft in den Schulen Arnstadts unterwegs, spricht mit Jugendlichen darüber, was im Dritten Reich in Arnstadt geschah und was aus den Menschen, die damals verfolgt wurden, wurde.
Sein Ziel: er will den Opfern nicht nur ihre Namen, ihre persönliche Geschichte zurückgeben, sondern möglichst auch ihr Gesicht. Daher sammelt er alles – von Geburtsregister-Einträgen über Passagierlisten und Totenscheine bis hin zu Fotos. Parallel dazu widmet sich Kaps seit 2007 der Umsetzung eines Stadtratsbeschlusses. Seither wurden in Arnstadt 148 so genannte Stolpersteine verlegt. Sie werden vor den letzten Wohnadressen Arnstädter Juden eingelassen, tragen deren Namen und geben kurz Auskunft über ihr Schicksal. Finanziert wird dies seit Jahren über Spenden. Mehr als 21.500 Euro wurden seit 2007 gestiftet. Mit dem Geld werden die Stolpersteine hergestellt, in den Boden eingelassen und später auch gepflegt.
'Ich würde mich freuen, wenn weitere Spenden bei der Stadt eingehen', so Kaps. Denn mittlerweile sind weitaus mehr Opfer bekannt, als es Steine gibt. Am 19. September sollen ab 10 Uhr die nächsten zwölf Stolpersteine eingeweiht werden. Los geht es in der Bahnhofstraße 34. Hier wird an Hermann Simon, seine Frau Fanny und Sohn Walter erinnert. Mutter und Vater wurden 1942 nach Theresienstadt deportiert und ermordet. Walter gelang die Flucht in die USA. Er starb 1998 in New York. Nähere Informationen zu ihm hat Jörg Kaps bislang noch nicht. Doch hofft er, auch über seinen Lebensweg noch einiges zu erfahren.
In der Güntherstraße 15 wohnten Adolf Neuburger, seine Frau Marie Anna Flora und ihr Sohn Helmut Edmund. Adolf wurde von den Nazis als Halbjude eingestuft, seine Marie war keine Jüdin. Der Familienvater wurde zur Zwangsarbeit verpflichtet, alle Neuburgers mussten Demütigungen über sich ergehen lassen. Darüber schwieg Adolf Neuburger aber zeitlebens, so Kaps.
Enden wird die Tour in diesem Jahr in der Herzog-Hedan-Straße 16. Hier wohnte Max Schaul mit seiner Frau Julia und den Kindern Theodor, Dora und Paula sowie deren Mann Klaus. Max Schaul starb bereits 1937, Julia wurde in Belzyce ermordet. Auch Dora wurde deportiert und umgebracht. Theodor floh 1938 nach Australien, wo er 1981 starb. Paula indes begann eine Ausbildung im Landwerk Neuendorf, lernte dort Klaus kennen und heiratete ihn. Beide wurden 1943 nach Auschwitz deportiert. Beide überlebten – als einzige Arnstädter. In der Bachstadt trafen sie sich wieder, später wanderten sie in die USA aus.
In den nächsten Jahren sollen weitere Stolpersteine verlegt werden. Viele Schicksale liegen noch im Dunkeln, doch mittlerweile wird der Zugang zu Archivmaterial immer besser, so dass Kaps bei seinen Recherchen neue Erfolge verzeichnet. Die Verlegung der Stolpersteine beginnt am 19. September um 10 Uhr in der Bahnhofstraße 34. "
Link zum Artikel    
 
Artikel von Antje Köhler in der "Thüringer Allgemeinen" vom 20. September 2019: "Stolpersteine erinnern an verfolgte und ermordete Arnstädter. 
Arnstadt Die Namen im Pflaster holen die Opfer ins Bewusstsein der Stadt zurück und sind ein Beitrag im Kampf gegen das Vergessen.

Ulrike Kinitz spielt chassidische Musik auf ihrer Quintone, es wird eng vor dem Haus in der Bahnhofstraße 34. Hier, gleich neben dem ehemaligen Kino, lebte die Familie Simon, bis sie in ein Judenhaus umziehen musste. Am 19. September 1942 wurden Hermann und Fanny Simon von Weimar nach Theresienstadt deportiert und ermordet, ihrem Sohn Walter gelang die Flucht in die USA. Auf den Tag genau 77 Jahre nach der Deportation treffen sich Einwohner, Schüler und Politiker, um für sie Stolpersteine zu setzen – jene kleinen Betonklötze mit Namen und Lebensdaten auf einer Messingplatte. Man muss nicht zwingend über sie stolpern, aber vielleicht kurz innehalten.
Nur wenige haben überlebt. Diese Stolpersteine tragen das Schicksal der Menschen mitten in die Stadt, wo die Verbrechen stattgefunden haben, sagte Alexander Nachama, Rabbiner der Jüdischen Landesgemeinde. Inzwischen liegen Stolpersteine in der Erfurter Straße, in der Fleischgasse, in der Karl-Marien-Straße, in der Lindenallee, auf dem Markt, auf dem Pfarrhof und anderswo. 148 waren es bisher, am Donnerstag kamen zwölf weitere für Opfer des Nationalsozialismus hinzu – drei für die Familie Simon vor dem Haus Bahnhofstraße 34, drei für die Familie Neuburger vor der Güntherstraße 15 und sechs für die Familie Schaul/Stern vor der Herzog-Hedan-Straße 16. Dort hatte Klaus Stern nach dem Krieg einen Zettel hinterlassen für seine junge Frau Paula, die aus Auschwitz zurück nach Arnstadt kam. Beide fanden sich wieder, aber ein Überleben war die Ausnahme.
'Wir tragen keine Schuld an der Schoah', sagte Jörg Kaps, der seit 2007 zur Geschichte jüdischer Familie in Arnstadt forscht und das Stolperstein-Projekt betreut, 'aber wir haben Verantwortung für die heutige Gesellschaft und damit für die Zukunft'. Für die junge Generation steht die Klasse 9d des Melissantes-Gymnasiums, die an einem sozialen Tag Stolpersteine reinigte und später Geld sammelte. Robin übergab es in der Gedenkveranstaltung. Alle Steine sind mit Spenden finanziert.
Bürgermeister Frank Spilling (parteilos) betonte, stolz zu sein, dass sich Arnstadt an diesem größten dezentralen Mahnmal der Welt – mit mehr als 60.000 Stolpersteinen in 21 Ländern – beteiligt. Das sei für das Gewissen der Stadt unverzichtbar und jeder ein Puzzlestück im Kampf gegen das Vergessen – in einer Zeit, in der Hass und Fremdenfeindlichkeit zunehmen. Sein Opa habe nie über diese Zeit sprechen wollen, erinnert sich Peter Neuburger. Es ist um so wichtiger, es heute zu tun." 
Link zum Artikel 
 

   
    

Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite der Stadt Arnstadt  mit Informationen zu den in der Stadt verlegten "Stolpersteinen" 
bulletVideo bei youtube.com: "Weltoffene Geschichten aus dem Ilm-Kreis Teil 5: Jörg Kaps Gedenkprojekt "Stolpersteine" Arnstadt"     
bulletNetzwerk "Juden in Thüringen" mit Seiten zu Arnstadt  
bulletÜbersicht zu den "Stolpersteinen" in Arnstadt:  https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Arnstadt      

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,1 S. 21-23; III,2 S. 27-29. 
bulletKlaus Reinhold: Chronik Arnstadt. 704-2004 1300 Jahre Arnstadt. Online zugänglich (Teil 1), Teil 2.  
Daraus Abschnitte: Das Schicksal unserer jüdischen Mitbürger 1264-1945 (pdf-Datei, Abschnitt aus dem obigen Teil 2) und Die Synagoge zu Arnstadt (pdf-Datei, Abschnitt aus dem obigen Teil 3).       
bulletPeter Unger / Andrea Ziegenhardt: Kleine Chronik zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Arnstadt (1273-1944). In: Beiträge zur Heimatgeschichte Stadt und Kreis Arnstadt. Heft 10 1988 S. 11-27. 
bulletWolfgang Tittelbach-Helmrich: Arnstadt jüdische Mitbürger. Arnstadt 1995.
Englisch: Arnstadt's Jewish Citizens. Translated from German by Peter Niederloehner.  Online zugänglich.    
bulletIsrael Schwierz: Zeugnisse jüdischer Vergangenheit in Thüringen. Eine Dokumentation - erstellt unter Mitarbeit von Johannes Mötsch. Hg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen ( www.lzt.thueringen.de) 2007. Zum Download der Dokumentation (interner Link). Zu Arnstadt S. 45-49.     
bulletAndrea Ziegenhardt: Zur Genealogie jüdischer Einwohner in Arnstadt. In: Aus der Vergangenheit von Arnstadt und Umgebung 11/2001. S. 79-93.  
bulletAndrea Kirchschlager: Die jüdischen Gemeinden in Arnstadt und Plaue. In: Beiträge zur Geschichte der Juden Schwarzburgs - Juden in Schwarzburg Band 1. Festschrift zu Ehren Prof. Philipp Heidenheims (1814-1906) - Rabbiner in Sondershausen - anlässlich seines 100. Todestages. Sondershausen 2006 S. 19-34.   

   
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Arnstadt Thuringia. The community, which had a synagogue (mentioned in 1347), suffered persecutions in the mid-13th century and was almost entirely destroyed in the Black Death disturbances of 1348-49. A Jewish settlement devoloped only in the mid-19th century, with Jews founding department stores and banks of engaging in the local cattle trade. In 1883, 65 Jews (15 families) lived in Arnstadt. A synagogue was dedicated in 1913 and a new Jewish cemetery in 1921. The Jewish population was 125 in 1925 (total 20.000). During the Nazi boycott of 1 April 1933, the SA picketed Jewish shops and from summer 1935, Jews were limited to buying only in three specified shops. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue in Arnstadt was burned down and Jewish men deported in Buchenwald concentration camp, where one died. Only 39 Jews were left in Arnstadt by 1939. The remaining Jews were deported to the death camps in spring and autumn 1942 and again in June 1944.  
               
     

                   
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Stand: 15. Oktober 2013