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Bibergau (Gemeinde
Dettelbach, Kreis
Kitzingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
(english
version)
In Bibergau bestand eine jüdische Gemeinde bis 1907.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. 1691
waren die Juden von Bibergau und Schernau im Verdacht eines Ritualmordes (siehe
Texte unten). Bischof Johann Gottfried von Würzburg
schützte allerdings die Juden der beiden Orte vor ungerechtfertigten
Übergriffen von Seiten der christlichen Bevölkerung. Die Bluttat gegen das
Kind blieb unaufgeklärt.
Die Blütezeit der jüdischen Gemeinde war im 18. und bis zur Mitte des 19.
Jahrhunderts. Folgende Zahlen jüdischer Einwohner liegen vor: 1816 131
jüdische Einwohner (26,2 % der Gesamtbevölkerung von 499 Personen), 1833
33 jüdische Familien, 1867 91 Personen (16,6 % von 549 Personen), 1871 77, 1880 46, 1890 26, 1900 12. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts
ging die Zahl der
jüdischen Gemeindeglieder durch Aus- und Abwanderung stark zurück.
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 wurden in Bibergau auf
insgesamt 30 Matrikelstellen (einschließlich von vier Nachträgen
1820-24) folgende jüdischen Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen
und Erwerbszweig): Selig Lazarus Grubel (Kleinhandel), Baruch Eyssig Blau
(Kleinhandel), Samuel Baruch Pracht (Kleinhandel), Samuel Kuhn Steinreich
(Viehhandel), Witwe von Seligmann Leser Sonnemann (weibliche Handarbeit), Maier
Leser Riegel (Schmusen), Faust Isaac Bronner (Schmusen), Mannasses Goetz
Schulhöfer (Handel), Meier Löb Liebich (Handel), Wolf Lustig (Handel), Marx
Salomon Fernberg (Schmusen), Salomon Lazarus Grubel (Handel), Hirsch Mendel Jost
(Handel), Mendel Moses Jost (ohne Erwerb), Raphael Löb Maser (Viehhandel), Samuel
Salomon Feldmann (Handel), Moses Ascher Rheinmann (Metzger), Berlein Winklein
(Handel), Hirsch Salomon Fernberg (Handel), Witwe von Salomon Selig Grünebaum
(Handel), Selig Meier Gutfried (Handel), Haium Löb Rosenstock (Kramhandel),
Seligmann Löb Laubheim (Metzger), Marx Isaac Geisberg (Handel), Samuel Jacob
Lipzer (Handel), Abraham Salomon Fernberg (Handel), Jacob Samuel Schrotter
(Viehhandel), Abraham Loeb Scharlach (Viehhandel) Eissig Jacob Schrotter (Viehhandel),
David Löb Heuppert (Viehhandel), Löb Raphael Masser (Viehhandel und
Begüterung, seit 1820), Simon Geisberger (Feldbau, seit 1821), Janntof
Steinreich (Feldbau, seit 1824).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde ein Gemeindezentrum mit
Synagoge, jüdischer Schule, Lehrerwohnung und rituellem Bad (s.u.). Das
Gebäude, in dem sich die Einrichtungen befanden, ist 1930 abgebrannt. Die Toten
der jüdischen Gemeinde wurden im jüdischen
Friedhof Schwanfeld beigesetzt. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt,
der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe Ausschreibungen der
Stelle unten). Namentlich bekannt ist Lehrer Isak Weglein, der um 1870 Lehrer in
Bibergau war. Nachdem die Zahl der jüdischen
Einwohner in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückgegangen ist, wurde der
Unterricht durch den Lehrer aus Dettelbach übernommen (vgl. Anzeige von 1889
unten). Der Dettelbacher Lehrer übernahm auch das Schächten in der Gemeinde.
Zum Zeitpunkt der Auflösung der jüdischen Gemeinde (1907) waren nur noch
wenige jüdische Personen in Bibergau (1910: 6, d.h. 1,2 % der
Gesamtbevölkerung von etwa 500 Einwohnern, 1925 gleichfalls 6).
Zu Beginn
der NS-Zeit lebten in Bibergau noch fünf jüdische Personen. Sie gehörten
zur jüdischen Gemeinde in Dettelbach.
Einer verließ das Dorf vor 1939, zwei wurden am 24. April 1942 über Würzburg
nach Izbica bei Lublin deportiert. Am 10. September 1942 wurden die beiden
letzten jüdischen Einwohner in das Ghetto Theresienstadt verbracht.
Von den in Bibergau geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Frieda Goldstein geb.
Geißenberger (1867), Alfred Hennochstein (1910), Lina Hennochstein (1878),
Moritz Laubheim (1866), Rosa Laubheim (1872), David Maij (1912), Arnold
Schrotter (1868).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Zur Blutbeschuldigung 1691
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Februar 1927: "Eine
Blutbeschuldigung im alten Würzburgischen. Von Abraham Mannheimer in Dettelbach.
Nicht sehr weit von Würzburg liegt der sogenannte Rothof, in dessen Nähe das
unterfränkische Dort Euerfeld. Am ersten Ostertage des Jahres 1691 nach dem
Pfarrgottesdienstes vermisste Jakob Essenfelder zu Euerfeld sein dreijähriges
Söhnchen und am folgenden Mittwoch wurde dasselbe, mit vielen Wunden bedeckt,
auf dem sogenannten Etzfeld unweit Rothof, eine Stunde von Euerfeld, in einem
Kornfelde ermordet aufgefunden. Der Verdacht des Mordes wendete sich gegen die
Juden zu Schernau und Bibergau, welche das Blut des unschuldigen Kinder zu
religiösen Zeremonien gebraucht hätten. Fürstbischof Johann Gottfried von
Guttenberg zu Würzburg ließ alsbald die strengste Untersuchung einleiten und
warnte zugleich ernstlich die Untertanen vor eigenmächtiger Bestrafung der
Juden. Der Erlass des Bischofs hatte folgenden Wortlaut: 'Von Gottes Gnaden
Johann Gottfried Bischof zu Würzburg und Herzog zu Franken usw.
Demnach in der wegen eines den letzt verwichenen ersten Ostertag zu
Euerfeld verlorenen, und den Mittwochen darauf mit vielen Wunden auf dem
sogenannten Etzfeld ohnweit dem Rothoff, ermordet gefundenen Knäbleins gegen
die in Verdacht gezogenen Juden zu Scherbau und Bibergau gepflogener so güth
als peinlicher Inquisition der Täter dieses erschröcklichen Mords nit an Tag
zu bringen gewesen. Und dahero die Inquisition ferneres fortzusetzen, und alle
möglichen Mittel, damit solche an den armen unschuldigen Kind verübte
Grausamkeit herausgebracht werde, anzuwendet, vor nötig erachtet worden. Als
wird hiemit und in kraft dieses offenen Patents jedermänniglichen so Christen
als Juden kundt und wissendt gemacht, dass welcher wegen des Täters sothanen
verübten Mords die erste gebründte Nachricht gehörigen Orten anzeigen wird,
derselbe zu seiner recompens also balden huntert Dukaten bekommen, falls er aber
selbsten darzu geholen haben sollte, wann er jedoch die andern Complices und
Mittäter an Tag geben wird die zuverlässige Versicherung haben sollte, dass er
mit einiger Straf nit belegt, sondern als wann er darzu keine Hand angelegt oder
geholfen hätte, gehalten werden sollte. So hiemit jedermänniglich zur Nachricht
bedeutet wird. Datum Würzburg den 10ten Junii 1692. L.S.'
Das Eingreifen des gerechten Bischofs tat Not; denn die Tat hatte die
Landbevölkerung stark empört. Man begann das Grab des Kindes in der Kirche zu
Euerfeld wie das eines Märtyrers zu besuchen und dort zu beten. Ein Bild des
Kindes wurde verbreitet, mit Reimen, worin ausgesprochen war, es sei von den
blutdürstigen Juden mit einundzwanzig Wunden hingerichtet worden. Trotz der
Aussetzung von 100 Dukaten für denjenigen, der zur Entdeckung der Mörder
verhelfen werde, blieb die Untersuchung ohne Erfolg. Der Bischof erließ hierauf
eine erneute Mahnung an das Volk, die Bestrafung der Übertäter der
rechtmäßigen Obrigkeit zu überlassen. Die Täter blieben unentdeckt und die
allgemeine Aufregung legte sich allmählich. Eine blasse Erinnerung an jene
Blutbeschuldigung lebt aber heute noch unter der Bauernbevölkerung von Schernau,
Bibergau, Euerfeld, Esseldorf usw. fort." |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juli 1907:
"Historische Reminiszenzen Unterfrankens. Von A. Mannheimer
in
Dettelbach. Anlässlich der bereits gemeldeten Einverleibung der Gemeinde
Bibergau in die zu Dettelbach möchte ich auf eine historische Tatsache
zurückkommen, deren Erinnerung bis heute noch in der Gegend lebendig
blieb. Es handelt sich um ein Blutmärchen aus dem Jahre 1691, das auch
den Juden zu Bibergau viel Leid verursachen sollte. Die Chronik weiß
darüber folgendes zu erzählen: "Am ersten Ostertag des Jahres 1691
nach dem Pfarrgottesdienste vermisste Jakob Essenfelder zu Euerfeld sein
dreijähriges Knäblein, und am folgenden Mittwoch wurde dasselbe, mit
vielen Wunden bedeckt, ermordet in einem Kornfelde aufgefunden. Der
Verdacht des Mordes wandte sich gegen die Juden zu Schernau und Bibergau,
welche das Blut des unschuldigen Kindes zu ihren religiösen Zeremonien
gebracht hätten. Fürstbischof Johann Gottfried von Guttenberg zu Würzburg
ließ alsbald die strengste Untersuchung einleiten und warnte zugleich
ernstlich die Untertanen vor eigenmächtiger Bestrafung der Juden. Es tat
dies Not, denn die Mordtat hatte aller Herzen empört. Man begann das Grab
des Kindes in der Kirche zu Euerfeld wie das eines Märtyrers zu besuchen
und dort zu beten. Ein Bild des Kindes wurde verbreitet mit Reimen, worin
ausgesprochen war, es sei 'von den blutdürstigen Juden mit einundzwanzig
Wunden gemartert und hingerichtet worden.' Da nach Verlauf von zwei
Monaten die Untersuchung ohne Erfolg geblieben war, setzte der
Fürstbischof einen Preis von hundert Dukaten aus für denjenigen, der zur
Entdeckung der Mörder verhelfen werde. Zugleich aber erließ er die
erneute Mahnung an das Volk, die Bestrafung der Übeltäter der
rechtmäßigen Obrigkeit zu überlassen. Die Täter blieben unentdeckt und
die allgemeine Aufregung legte sich erst nach langer Zeit, während der
die Juden zu Schernau und Bibergau gerade genug seelisches und physisches
Leid zu ertragen hatten (Anmerkung: siehe Dr. Fr. Frank, kathol. Pfarrer
und Reichstags- ebenso bayerischer Landtagsabgeordneter: der Ritualmord
vor den Gerichtshöfen der Wahrheit und Gerechtigkeit. Regensburg 1901. G.
J. Manz.) - Die Tradition dieses 'Bilbul' ist in der jüngsten Generation
noch lebendig geblieben; man spricht von dem Grab und Denkmal in der
Kirche zu Euerfeld, und obwohl im allgemeinen nichts von Antisemitismus zu
merken ist, kann man doch die Empfindung haben, dass es manchen gibt, der
trotzdem heute noch glaubt, es sei 'etwas dran gewesen'. In Schernau
wohnen seit langer Zeit keine Juden mehr. Ein gewisser 'Jakob Schernau'
wird in jüdischen Dokumenten öfters erwähnt. Noch so manche Orte in der
Nachbarschaft hatten einzelne Juden oder Gemeinden, die mit der Zeit sich
auflösten, so Sommerach, wo vor mehreren Jahrzehnten die letzten
Juden fortzogen. Ein 'Schuld-Abtötungsbrief an Herrn Bischofen Rudolf zu
Würzburg und an Friedrich und Sigismund Markgrafen zu Brandenburg von den
Judenschaft zu Kitzingen, ausgestellt 1490, 4. Januar,' erwähnt
u.a. mit Namen die Juden Herman Isaac und Mosse zu Abtswindt, Aaron
Johel, Anshelm der Klein Nathan, Jakob, Fischlein, Eberlein, Ganssmann, Secklin und Samuel der Alt, Juden zu Schwarzach, Gerst, Plumlein,
Senderkein und Samuel der Klein, Juden zu Hurblach (jetzt Hörblach).
In all diesen Orten wohnen seit Menschengedenken keine Juden mehr (siehe
'*Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstentum Ansbach' von Haenle,
Urkunden und Regester.) -
Dass man beim Räumen des Inventars alter Synagogen ein wachsames Auge auf
ältere Urkunden haben soll, diese Mahnung kam dem Schreiber dieses auch bei
Übernahme der Synagoge zu Bibergau wieder ins Bewusstein. Unter alten
zerrissenen Büchern lag ein Memorbuch, fast nur lose Blätter, doch mit
tadellos schöner und gut erhaltener Schrift. Es scheint - eben wegen der
sauberen Schrift - eine Kopie des Memorbuchs zu Heidingsfeld zu sein.
... weiterer Text wird bei Gelegenheit übersetzt bzw.
abgeschrieben |
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Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers, Vorbeters und
Schochet (1876 allein für Bibergau / 1889 von Dettelbach aus)
1876 wurde die Religionslehrer- und
Vorsängerstelle noch allein für Bibergau ausgeschrieben. Dabei wurde die
Übernahme des Schächterdienstes in Dettelbach in Aussicht gestellt, was
freilich nicht klar mit der Dettelbacher Gemeinde abgesprochen war. In
diesen Anzeigen sah es noch eher nach einem anstehenden Anschluss von
Dettelbach an die Gemeinde Bibergau aus: |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. September 1876:
"Die Religionslehrer- und Vorsängerstelle Bibergau bei Dettelbach
mit Fixum 439 Mark, Schächterfunktion 600 Mark, inkl. Dettelbach,
beträchtliche Nebenverdienste, freie Wohnung, ist bis 17. Oktober dieses
Jahres zu besetzen. Der Kultus-Vorstand: Pracht." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Oktober 1876:
"Zur Berichtigung der Annonce im 'Israelit', Nr. 39 und 40, von Bibergau, die Aufnahme eines Lehrers und Schächters betreffend, wird
andurch den Reflektierenden (zur Darnachachtung) mitgeteilt, dass bei der
Gemeinde Dettelbach von einem Anschlusse an die Gemeinde Bibergau in
Beziehung der Schächterfunktion noch gar keine Rede war. Dettelbach, den
1. Oktober 1876. Der Kultusvorstand David Zunz." |
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1889 wurde die Religionslehrerstelle in
Dettelbach ausgeschrieben. Aus der Anzeige geht hervor, dass der
Dettelbacher Lehrer damals den Religionsunterricht und das
Schächten in Bibergau übernommen hatte. Nun zeichnete sich der
Anschluss von Bibergau an die Dettelbacher Gemeinde ab: |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1889:
"Israelitische Religionslehrerstelle. Bis zum 10. Juni diesen Jahres
ist die hiesige Religionslehrer-, Schächter- und Kantor-Stelle neu zu
besetzen.
Nur gut qualifizierte, streng religiöse, seminaristisch vorgebildete
Bewerber wollen Abschriften ihrer Zeugnisse unter Referenzangaben
baldgefälligst an Unterfertigten einsenden.
Fixer Jahresgehalt als Lehrer, Vorsänger und Schächter 740 Mark. Neue,
schöne, geräumige Wohnung mit Garten 125 Mark. Mitbesorger des
Unterrichtes und Schächtens in dem 3/4 Stunden entfernten Bibergau
per Jahr 200 Mark. Schlachtgebühren exklusive bedeutender Nebenverdienst
und exklusiver Privatunterricht mindestens 600 Mark.
Dettelbach am Main, 3. März 1889. Der Kultusvorstand." |
Nachruf auf den 1920 verstorbenen
Lehrer Isak Weglein (um 1870 Lehrer in Bibergau)
Lehrer Isak Weglein starb im Februar
1920 in Uffenheim und wurde im jüdischen Friedhof Ermetzhofen beigesetzt. Zu
seinem Tod erschien in der Zeitschrift "Der Israelit" am 1. April 1920
folgender Artikel: "Uffenheim, 1. März (1920). Vor einigen Tagen starb der
hier im Ruhestande lebende Lehrerveteran I.L. Weglein im 74. Lebensjahre. Er
amtierte in Bibergau, Untereisenheim und schließlich in Demmelsdorf bei
Bamberg; in letzterer Gemeinde wirkte er segensreich volle 40 Jahre und erwarb
sich Dank und Anerkennung der vorgesetzten Behörden. Der zur Beerdigung
herbeigeeilte Distriktsrabbiner Dr. Brader aus Ansbach, skizzierte das
Lebensbild des verstorbenen Lehrers, pries insbesondere seine innige
Frömmigkeit, Bescheidenheit und sein stets freundliches Wesen. Auf dem
Begräbnisplatz in Ermetzhofen widmete Herr Hauptlehrer Strauß von hier, dem
verstorbenen Kollegen herzliche Worte der Treue und Freundschaft und rief ihm
namens des israelitischen Lehrervereins sowie des paritätischen allgemeinen
bayerischen Brudervereins die letzten Abschiedsgrüße zu. Sein Andenken wird
ein gesegnetes und dauerndes sein. Seine Seele sei eingebunden in den Bund
des Lebens."
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Sonstiges
Erzählungen aus dem jüdischen Bibergau - gefunden im
Buch "Kleine Erlebnisse" von Siegfried Nassauer
Anmerkung: Siegfried Nassauer war ein Enkel des Lazarus Sonnemann aus
Biebergau (gest. 1882); Lazarus Sonnemann dürfte ein Sohn Seligmann Leser
Sonnemann sein, der bzw. dessen Witwe in der Matrikelliste von 1817
genannt wird (siehe oben). Seigfried Nassauer ist am 31. August 1868 in
Würzburg geboren und am 3. März 1940 in Frankfurt gestorben. Er war als
Zeitungsmann, Fachschriftsteller und Lokalhistoriker tätig. Weiteres zu ihm
siehe http://www.lagis-hessen.de/pnd/101968183.
Die Publikation "Kleine Erlebnisse" hat 135 Seiten und ist vermutlich
um 1930/35 im Verlag Voigt & Gleiber in Frankfurt am Main erschienen.
Die Scans erhielten wir von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries.
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Titel der Publikation
von
Siegfried Nassauer |
"Großvaters
Ehekontrakt" handelt von Lazarus Seligmann Sonnemann aus Bibergau und
Vogele Cohn aus Fürth
vom September 1833; beide haben sich in Zürndorf trauen lassen, im
Nachtrag unterzeichnet auch der Vorsänger Isaak aus Zürndorf |
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Die zweite
Erzählung handelt gleichfalls von Lazarus Sonnemann: "Der muntere
Lazarus";
rechts die Übersicht über weitere Erzählung aus dem Buch von Siegfried
Nassauer |
Zur Geschichte der Synagoge
Es ist nicht bekannt, wann die Synagoge in Bibergau erstellt wurde,
vermutlich Ende des 18. oder Anfang des 19. Jahrhunderts. Näheres zum Aussehen
der Synagoge erfährt man aus der Beschreibung von 1930 nach dem Brand des
Gebäudes (siehe unten).
Der letzte
Gottesdienst wurde bei der Auflösung der jüdischen Gemeinde am 12. Juni
1907 gefeiert. Berichte hierzu liegen aus der Zeitschrift "Der
Israelit" und dem "Frankfurter Israelitischen Gemeindeblatt" vor:
Bericht
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juni 1907: "Dettelbach
(Unterfranken), 18. Juni (1907): Am vergangenen Erew Rosch HaChodesch
(gemeint 12. Juni 1907) fand in dem dreiviertel Stunden von hier entfernten Bibergau
eine eigenartige Feier statt. Die dortige jüdische Gemeinde ist seit Jahren in
starkem Rückgang begriffen und hat sich jetzt aufgelöst. Von einst mehr als 40
Haushaltungen sind nur noch zwei verblieben. So wurde die Gemeinde Bibergau der
zu Dettelbach einverleibt. Am Erew Rosch HaChodesch fand man sich nun zu
einem feierlichen Abschiedsgottesdienste in der altehrwürdigen Synagoge
zusammen. Nach den üblichen Jom-Kippur-katan-Gebeten hielt Herr Lehrer Mannheimer von hier
eine Ansprache, in der er die Bedeutung der denkwürdigen Stunde hervorhob. Ein
Jahrhunderte altes Gemeindeleben fand seinen Abschluss. Bilder einer hehren
Vergangenheit zogen am geistigen Auge der Anwesenden vorüber, die jetzt zum
letzten Male die im altjüdischen Stil gehaltene Synagoge zum Ort ihrer
Gebetsversammlung machten. Als man die heilige Lade zum letzten Male zu den Schemot
öffnete und das Schma ("Höre Israel") ertönte, da fühlte
jeder den ergreifenden Ernst dieser Abschiedsfeier. Und in Friedensakkorden klang
sie aus: das älteste noch ortsansässige Mitglied verrichtete zum Schluss ein
Kaddischgebet: man verließ den geweihten Ort mit der schönen Bitte "Oseh
Schalom" usw. ("der Frieden schafft..."). - Kein Auge blieb
tränenleer. In seiner Ansprache betonte Lehrer Mannheimer, dass die Gemeinde
Dettelbach nicht ein 'froher Erbe' sei. Sie hätte gewünscht, dass die
Schwestergemeinde noch lange freundnachbarlich neben ihr blühte. Sie sei sich
wohl bewusst, ein heiliges Gut zu überkommen und damit auch heilige Pflichten.
Mit tiefer Wehmut entnahm man dann der heiligen Lade die sieben Torarollen und
brachte sie hierher. Der denkwürdige Akt wird jedem der Teilnehmer
unvergesslich bleiben".
|
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Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 21. Juni 1906: "Dettelbach, Unterfranken...
Ähnlicher Bericht wie oben im Israelit. |
Das Synagogengebäude ist im Januar 1930 abgebrannt. Bei der Brandbekämpfung
verletzte sich ein Feuerwehrmann aus Bibergau an einem rostigen Eisen und starb
einen Monat später an einer Blutvergiftung. Über den Brand wurde in der
Zeitschrift "Der Israelit" berichtet:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. März 1930:
"Bibergau bei Würzburg, 3. März (1930). Ein tragisches Ende fand
die seit 1907 geschlossene, später in eine Scheune umgewandelte Synagoge.
Sie wurde ein Raub der Flammen. Die vollgefüllte Scheune fiel rasch dem
verheerenden Elemente zum Opfer. Leergebrannt ist die Stätte, auf der
ehemals sich ein altehrwürdiges Bethaus erhob. Die Synagoge hatte den
altjüdischen Baustil, je drei hohe Fenster auf den Längsseiten, zwei auf
der Ostseite, den Steinalmemor in der Mitte, rückwärts die
engvergitterte Frauensynagoge mit Separateingang. Auch Lehrerwohnung und
Mikwah, ebenso die Kinderschule waren im Gebäude. Die massiven Steinlöwen
des schönen Oraun-Hakodesch (Toraschreines) befinden sich heute über dem
Eingang der Würzburger Nebensynagoge ('Mazzestub'). So ist mit dem Brande
zugleich das letzte Wahrzeichen einer ehemals blühenden Landgemeinde
erloschen. A.M." |
Vom Synagogengebäude ist nichts
mehr erhalten. Im Mainfränkischen Museum in Würzburg befindet sich (im Depot)
ein Steinlöwe, ein Teil des Aron Hakodesch (Toraschreins) der Synagoge, der
sich (nach obigem Bericht) nach 1907 in der Würzburger Synagoge (Nebensynagoge)
befand.
Adresse/Standort der Synagoge: Muckengasse 4.
Fotos / Darstellungen
Fotos oder Darstellungen sind
keine vorhanden, Hinweise gegebenenfalls
an den Webmaster von
"Alemannia Judaica", Adresse siehe Eingangsseite |
|
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 272. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 42. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 451. |
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 101-102. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Bibergau (in Jewish sources,
Biberich) Lower Franconia. Jews are known from the late 17th century and
numbered 131 (total 499) in 1816. The few remaining in 1907 were attached to the
Dettelbach community and the last two were
deported to Theresienstadt in September 1942.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|