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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Buttenhausen (Stadt Münsingen,
Kreis Reutlingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Hinweise:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts den Freiherren
von Liebenstein gehörenden Buttenhausen bestand eine jüdische Gemeinde bis
1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Erstmals
werden 1755 zwei Juden am Ort genannt. 1789 waren es 27 jüdische
Einwohner.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischer Einwohner
wie folgt: 1800 141 jüdische Einwohner (38 % von insgesamt 370 Einwohnern),
1827 251 (51,2 % von 490), 1847 334 (52 % von 640), Höchstzahl um 1870 mit 442 Personen
(53,0 % von insgesamt 834 Einwohnern), 1890 285 (40,0 % von 710).
Im 19. Jahrhundert wurde durch die Handelstätigkeit der jüdischen
Einwohner Buttenhausen zu einem Mittelpunkt des Handels und Verkehrs.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde insbesondere eine Synagoge
(s.u.), eine jüdische Schule, ein rituelles Bad und ein Friedhof. Ein rituelles
Badhaus wurde 1787 am Lauterkanal erstellt, 1804 wurde es durch einen Neubau
ersetzt (hinter Gebäude Mühlsteige 8). Später befand es sich im Erdgeschoss
des Rabbinats am Anfang der Mühlsteige (Gebäude Im Wiesengrund 2) - es wurde
bis nach 1933 benutzt (erhalten).
Eine jüdische Konfessionsschule bestand von
1823 bis 1933. Sie war zunächst im Erdgeschoss des Synagogengebäudes, später
im Erdgeschoss des Rabbinates, bis 1862 eine neue Ortsschule erbaut wurde, in
der neben der christlichen auch die jüdische Volksschule untergebracht war (das
Gebäude ist erhalten, derzeit als Handwerksbetrieb verwendet: Heimtalstraße
21). Nach 1933 fand der Unterricht der Kinder noch für wenige Jahre im Rabbinat
statt.
Die Bernheimer’sche Realschule (Zwiefalter Straße 30) wurde 1903 aufgrund einer Stiftung des
aus Buttenhausen stammenden, königlich-bayerischen Kommerzienrates Lehmann Bernheimer errichtet.
Die Stiftungsurkunde vom 6. März 1903 bestimmte: "Der Besuch der
Realschule darf nicht von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion oder
Konfession abhängig gemacht werden; auch sollen nicht Mädchen vom Schulbesuche
ausgeschlossen sein". Sie war von 1904 bis 1923 als vierklassige Realschule in Betrieb. Die Stiftung Bernheimers bestand bis 1968 als Kindergartenstiftung fort. Seit 1970 ist die Gemeindeverwaltung im Gebäude untergebracht. 1992 wurde das Gebäude umfassend renoviert; im 1. Stock sind seit 1994 zwei Räume als jüdisches Museum
eingerichtet.
Bei der Neueinteilung der württembergischen
Rabbinate 1832 wurde Buttenhausen Sitz eines Bezirksrabbinates. Rabbiner in Buttenhausen waren: Salomon Levi (bis
1835), Marx Kallmann (1835-1858), Samson Gunzenhauser (1859-1867), Dr. Michael
Silberstein (1868-1874), Dr. Jakob Stern (1874-1880) und Jonas Laupheimer
(1880-1887). Nach 1887 wurde das Rabbinat Buttenhausen mit dem Rabbinat Buchau
in Personalunion vereinigt und am 1. Juli 1913 ganz aufgehoben.
Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen
Einwohner durch Aus- und Abwanderung stark zurück: 1900 229 jüdische
Einwohner (33,8 % von insgesamt 677 Einwohnern), 1910 164 (25,0 % von insgesamt
650).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Gefreiter Moritz Isaak Levi
(geb. 3.4.1884 in Buttenhausen, gef. 26.8.1917), Samuel Levi (gef. 1916) und Sigmund Feigenheimer
(gef. 1917). Auf dem
Ehrenmal für die Gefallenen Buttenhausens im Park hinter der Bernheimer'schen
Realschule finden sich auch ihre Namen. Außerdem ist gefallen: Siegfried
Feldmann (geb. 13.2.1896 in Buttenhausen, vor 1914 in
Saarwellingen wohnhaft, gef. 1.12.1917).
Um 1925 waren die Vorsteher der jüdischen Gemeinde: Lehrer Nathali
Berlinger, Louis Adler, Hermann Tannhauser, Abraham Oettinger und Julius Levi.
Lehrer Berlinger erteilte damals 16 Kindern an der jüdischen Volksschule den
Unterricht. Als Synagogendiener wird Leopold Kirchheimer genannt. An jüdischen Vereinen
bestanden: der Israelitische Armenverein (gegründet 1839, 1924 unter
Leitung von Hermann Tannhauser, 1932 unter Leitung von Jos. Tannhauser mit 40
Mitgliedern; Zweck und Arbeitsgebiete: Unterstützung Hilfsbedürftiger,
Gewährung von Brennmaterial), der Wohltätigkeitsverein Chewra Kadischa (Israelitischer
Bruderverein, 1924/32 unter Leitung von Abraham Oettinger, Zweck und
Arbeitsgebiete: Krankenwache, Beihilfen für Beerdigungskosten,
Bestattungswesen), der Israelitische Frauenverein Chewra Noschim (1924/32
unter Leitung von Lotte Löwenthal mit 1932 41 Mitgliedern, Zweck und
Arbeitsgebiete: Unterstützung ortsansässiger Hilfsbedürftiger), der Verein Mattan
beseiser (1924 unter Leitung von Samuel Bernheimer, H. Einstein, 1932 unter
Leitung von Jos. Einstein mit 32 Mitgliedern; Zweck und Arbeitsgebiet:
Unterstützung verschämter Armer). 1932 war 1. Vorsitzender der
Gemeinde weiterhin Oberlehrer Berlinger. Im Schuljahr 1931/32 hatte er an der
jüdischen Volksschule noch acht Kinder zu
unterrichten.
Bis nach
1933 gehörten jüdischen Familien noch mehrere Viehhandlungen, ein
Manufakturwarengeschäft, eine Textilhandlung, ein Gasthaus und verschiedene
andere Betriebe. Im Einzelnen handelte es sich insbesondere um die folgenden Handels- und
Gewerbebetriebe (mit den alten Hausnummern - heutige Adressen werden noch
ergänzt): Manufakturwarengeschäft Adler & Neumann (Haus 70), Metzgerei und Viehhandlung Julius Dreifuß (Haus 48), Lumpenhandlung Josef Einstein (Haus 110), Flaschnerei und Blechwarenhandlung Siegfried Henle (Haus 97), Spezerei- und Kolonialwaren Berta Kahn (Haus 28, abgebrochen), Bäckerei und Mehlhandlung Leopold Kirchheimer (Haus 74), Viehhandlung Emanuel Levi (Haus 103), Wäscheartikel und Waschmaschinen Jakob Levi jun. (Haus 135), Seifen- und Viehhandlung Julius Levi (Haus 135),
Hutmacherei, Textilhandlung Sofie Löwenberg (Haus 37), Viehhandlung Gebr. Löwenthal (Zwiefalter Str.16), Viehhandlung Hugo Löwenthal (Haus 105), Viehhandlung Berthold Maier (Haus 94), Viehhandlung Hermann Marx (Haus 119), Viehhandlung Max Marx jun. (Haus 27), Viehhandlung Salomon Rothschild (Haus 8), Seifen- und Fettwaren Hanna Tannhäuser (Haus 102), Gasthaus
"Schweizerhof" (bis heute, Badgäßle 5, letzte jüdische Besitzer Julie und Sophie
Schweizer); bis 1928 bestand die Zigarrenfabrik S. Lindauer (heute Textilfabrik
Euchner, Kirchberg 1). Im "Kaleb-Haus" (Zwiefalter Straße 4) war im 19. Jh. zunächst eine jüdische Schildwirtschaft, danach eine Metzgerei, bis zu den Deportationen 1941 lebten hier jüdische Familien.
1933 lebten noch 89 jüdische Personen in Buttenhausen. Auf Grund der
Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien ging die Zahl der jüdischen Einwohner - zunächst nur langsam -
zurück. Nachdem 1940 am
Ort ein jüdisches "Altersheim" für zwangseingewiesene ältere
jüdische Personen aus anderen Orten eingerichtet worden war (Gebäude
Mühlsteige 30), stieg noch einmal die Zahl der jüdischen Einwohner, bis durch
die Deportationen 1941 bis 1943 alle noch in Buttenhausen lebenden jüdischen
Einwohner in die Vernichtungslager oder das Ghetto Theresienstadt verschleppt
wurden.
Von den in Buttenhausen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Julie Aleke geb. Maier
(1889), Adolf Bär (1871), Rosa Bär (1874), Tirza Bär geb. Maier (1881),
Naphtali Berlinger (1876), Leopold Bernheim (1866), Rudolf Bernheimer (1879),
Sofie Block (1862), Caroline Cahn geb. Frank (1869), Selma Dinkelmann geb.
Löwenberg (1884), Isidor Dreifuss (1876), Berta Dreifuss (1878), Selma Dreifuss
geb. Brodmann (1888), Thekla Feinberg geb. Goldschmidt (1870), Amalie Frank geb.
Levite (1871), Julie Frank (1882), Klara Frank (1884), Rosa Glaser geb. Feldmann
(1893), Berta Goldschmidt (1868), Siegbert Hallheimer (1924), Siegfried Henle
(1873), Berta Herz geb. Heiligenbrunn (1879), Max Herz (1886), Fanny Hilb
(1883), Lina Hirsch geb. Hofheimer (1856), Max Hirsch (1912), Robert Hoesel
(1879), Ludwig Baruch Hofmeier (1885), Louis Höchstetter (1866), Emilie Jüdell
geb. Mayer (1872), Emil Kahn (1879), Flora Katz geb. Neckarsulmer (1887), Judith
Kirchheimer geb. Schwab (1873), Alfred Levi (1904), Emanuel Levi (1871), Frieda
Levi geb. Löwenberg (1871), Frieda Levi (1878), Hermann Levi (1899), Ilse Rosa
Levi (1887), Julie Levi geb. Löwenberg (1878), Julius Levi (1877), Linda (Theodolinda)
Levi geb. Löwenthal (1863), Louis Levi (1864), Ludwig Levi (1898), Sofie Levi
geb. Frank (1860), Amalie Levy geb. Feldmaier (1871), Adolf Lewin (1879), Laura
Lewy geb. Löwenthal (1879), Selma Lichtenauer geb. Levi (1893), Moritz Lindauer
(1874), Diana Löb geb. Schweizer (1880), Mathilde Löwenberg (1865), Charlotte
Löwenthal geb. Levi (1858), Gerda Löwenthal geb. Kanter (1909), Hugo
Löwenthal (1905), Inge Löwenthal (1935), Julie Löwenthal geb. Levi (1879),
Karl Löwenthal (1906), Minna Löwenthal geb. Neckarsulmer (1892), Salomon
Löwenthal (1879), Berthold Maier (1878), Dora Maier geb. Goldschmidt (1871),
Clara Marx geb. Straßburger (1879), Ella Marx (1880), Heinrich Marx (1878),
Hugo Marx (1900), Mina Marx geb. Löwenthal (1887), Berta Mayer geb. Berlinger
(1909), Paula (Paulina) Mayer geb. Adler (1871) Fanny Neu geb. Hofheimer (1863),
Berta Neuburger geb. Neckarsulmer (1894), Luz Neumann (1934), Wolfgang Neumann
(1936), Flora Neumeyer geb. Höchstetter (1869), Clara Oettinger (1886), Ida
Oettinger (1891), Jerda Oettinger (1880), Karl Oettinger (1867), Minna Oettinger
(1878), Ilse Oppenheim (1920), Karoline Philipp geb. Block (1860), Klara Pilzer
geb. Hofheimer (1887), Selma Rosenberg geb. Levi (1883), Rosa Rosenberger geb.
Frank (1881), Karl Rothschild (1881, "Stolperstein" in
Schwäbisch Gmünd), Theodor Rothschild (1876), Babette
Schindler geb. Hofheimer (1862), Leopold Schlachter (1876), Marta Schwenzer geb.
Oppenheimer (1879), Bonna Strauß geb. Meier (1882), Hannchen Tannhauser geb.
Warschauer (1878), Eugen Ullmann (1916), Clara Weil geb. Levi (1867), Eugenie
Weil geb. Levi (1875), Flora Weil (1892), Jeanette Weil geb. Marx (1869), Moritz
Weinheim (1885), Lina Wolf geb. Feldmann (1886).
In der Ortsmitte wurde 1961 ein Mahnmal zum Gedenken an die in der Verfolgungszeit umgekommenen jüdischen Mitbürger eingeweiht (Namen von 45
Personen sind genannt, darunter 42 aus Buttenhausen). Auch im Gebäude der
früheren Bernheimer'schen Realschule findet sich eine Tafel mit den Namen der
aus Buttenhausen umgekommenen jüdischen Personen.
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge
Das jüdische Wohngebiet
konzentrierte sich zunächst außerhalb des Ortskernes jenseits der Lauter in
der "Judengasse" (heute Mühlsteige). Noch um 1825 lagen hier die meisten
jüdischen Häuser und alle Einrichtungen.
Zunächst war ein Betsaal
in einem Privathaus vorhanden. Dieser erwies sich jedoch für die schnell
wachsende jüdische Gemeinde in Buttenhausen bald als zu klein. 1795 bat Moses
Bernheimer die Ortsherrschaft um einen Platz am "Kolbenrain" zum Bau
einer Synagoge. Mit der Unterstützung des Freiherren von Liebenstein
konnte im Frühjahr 1796 mit dem Bau begonnen werden. Die Synagoge wurde
oberhalb der damals besiedelten Fläche im jüdischen Teil Buttenhausens erbaut.
Sie überragte damit die anderen Gebäude und stand auf gleicher Höhe mit der
christlichen Kirche auf der anderen Talseite. 1825 erhielt sie einen neuen
silbernen Toraschmuck, der bis zur Zerstörung 1938 vorhanden war.
Im Zusammenhang mit den württembergischen
Gottesdienstreformen wurde durch Rabbiner Dr. Michael Silberstein am Wochenfest
(Schawuoth) 1869 erstmals eine gemeinsame Konfirmationsfeier (Bar- und
Bat-Mizwa-Feier) in der Synagoge durchgeführt.
1871 bis 1872 wurde die Synagoge auf Grund ihrer "dürftigen
Ausstattung" und vor allem wegen des unzureichenden Raumes renoviert und
erweitert. Damals lebten 348 Juden in Buttenhausen von insgesamt 751
Einwohnern. Die Umbaukosten betrugen 4.139 Gulden, die unter anderem durch den
Verkauf der Synagogenstühle für 900 Gulden, einen Staatsbeitrag in Höhe von
300 Gulden und ein Darlehen aufgebracht werden konnten. Die feierliche
Einweihung der Synagoge war am 27. September 1872. Vom Ablauf der Feier ist
nicht viel überliefert. In den Kabinettsakten der württembergischen Regierung
findet sich immerhin ein Telegramm, das von der Feier an König Karl mit dem
Inhalt geschickt wurde: "An seine Majestät den König in Stuttgart. Die
Mitglieder der israelitischen Gemeinde Buttenhausen, versammelt, das Fest der
Einweihung der neu restaurierten Synagoge zu begehen, bringen Sr. Majestät dem
König den Ausdruck ihrer Verehrung aus treuem Herzen dar. Das israelit.
Kirchenvorsteheramt".
Seit 1874 war Nachfolger von Dr. Silberstein Rabbiner Dr.
Jakob Stern. Er machte es sich nach einem Bericht in der "Allgemeinen Zeitung
des Judentums" vom Juni 1876 seit Beginn seiner Tätigkeit in Buttenhausen zur
besonderen Aufgabe, "dem Gottesdienst durch energische Aufrechterhaltung der äußeren
Ordnung, durch Einführung des Geiger’schen Gebetbuches, durch Vorlesen der
Haphtarot (sc. Abschnitte aus den Prophetenbüchern) und Psalmen in deutscher
Sprache, durch deutsche Gebete eine edlere Gestaltung zu geben und Anstand und Würde
in demselben zu erhalten". Sein Bemühen hatte Erfolg: in demselben Bericht der "Allgemeinen"
wird die die Gemeinde Buttenhausen gelobt "wegen der ausgezeichneten Ordnung und
Ruhe, die in ihrem geschmackvoll neurestaurierten Gotteshause herrscht". Noch während
seiner Zeit als Rabbiner in Buttenhausen entwickelte sich Jakob Stern immer mehr
zum freigeistigen Denker. 1879 veröffentlichte er pseudonym sein "Lehrbuch der
Vernunftreligion". Unter anderem dieses Buch führte im folgenden Jahr zu seiner
Entlassung als Rabbiner.
Die Synagoge in Buttenhausen blieb gottesdienstlicher
Mittelpunkt der Gemeinde bis 1938. Im Zusammenhang mit den Ereignissen beim Novemberpogrom
1938 wurde die Synagoge zerstört. Allerdings bedurfte es zweier Anläufe,
da die Feuerwehr und der Bürgermeister einen ersten Brand im Treppenhaus des
Gebäudes schnell gelöscht hatten. Bei der zweiten Inbrandsetzung wurde der
Feuerwehr das Löschen verboten. Die SA-Leute aus Münsingen und Buttenhausen
zerschlugen die Bänke in der Synagoge, schichteten die Bücher auf einen
Haufen, übergossen sie mit Benzin und setzten damit die Synagoge in Brand.
Rabbiner Naphtali Berlinger war vor dem brennenden Gebäude zusammengebrochen
und wurde von SA-Leuten bis zu seinem Haus gezerrt. Die Torarollen konnten vor
der Inbrandsetzung gerettet werden. Auch die Bernheimer’sche Realschule sollte
niedergebrannt werden, was durch den Widerstand des Bürgermeisters verhindert
werden konnte. Nach der Zerstörung der Synagoge wurden bis zu den Deportationen
die Gebete und Gottesdienste im Rabbinatsgebäude abgehalten.
Nach 1945: Am Standort der Synagoge an der Mühlsteige
konnte am 4. September 1966 eine kleine Anlage der Öffentlichkeit übergeben
werden, deren Mittelpunkt ein von Boris Grünwald geschaffener Gedenkstein und
eine Gedenktafel ist. Der Bildhauer versah den Stein gegen die östliche
Talseite mit den Gebotstafeln, auf der gegenüberliegenden Seite mit dem
siebenarmigen Leuchter (Menora) unter dem Davidstern. Die Anlage des
Synagogengrundstückes um den Gedenkstein gestaltete der Berliner
Gartenarchitekt Walter Rossow. Die Gedenkstätte wurde auf Grund des großen
Engagement des aus Buttenhausen stammenden Professor Karl Adlers verwirklicht.
Er war auch Hauptredner bei der Feier zur Enthüllung des Gedenksteines, die von
Landesrabbiner Dr. Fritz Bloch vorgenommen wurde.
Standort der Synagoge: Mühlsteige
Fotos
Historische Fotos:
(Quelle: linkes Foto: Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe
in Württemberg 1932. S. 66; rechts: Stadtarchiv Münsingen)
Die Synagoge |
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Die Synagoge an der Mühlsteige; Eingang links vermutlich
zur Frauenempore mit Portalinschrift aus
Psalm 93,5: "Dein Haus ziert Heiligkeit". |
Innenaufnahme um 1930 mit Blick zum Schulchan
(Toralesetisch), dahinter Toraschrein; rechts
und links ist die Frauenempore erkennbar. |
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Inschrift über
Toraschrein: "Erkenne, vor wem du stehst"
(Talmud Berachot 28b) |
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Ansicht von
Buttenhausen
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
Kirchheim/Ries
Karte ist in hoher Auflösung eingestellt) |
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Blick auf
Buttenhausen: die Karte wurde am 14. November 1940 als Feldpost
verschickt.
Links unten ist am Rand die Bernheimer'sche Realschule
erkennbar; über dem Ort der
jüdische Friedhof (Ausschnittvergrößerung
rechts). Entlang der Hauptstraße sind mehrere
jüdische Häuser erkennbar
(u.a. das Haus Loewenthal); die Straße über die Brücke zur
Mühlsteige
führt zum Gebäude des Rabbinats / Mikwe / alte jüdische Schule.
Nicht
auf der Karte sind das Synagogengrundstück und das Schulgebäude
(der evangelischen
und jüdischen Schule) erkennbar. |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos vom 4. September 1966:
Veranstaltung zur Aufstellung des
Gedenksteines für die
zerstörte Synagoge
(Fotos: Landeskirchliches Archiv, Stuttgart) |
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Gedenkstein von Boris Grünwald:
Gebotstafeln
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Gegenüberliegende Seite zeigt die
Menora unter dem Davidstern |
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Zahlreiche Prominente und Vertreter
von Gemeinde, Parteien
und Kirche
waren anwesend |
Die Mühlsteige um den
Synagogenplatz war voll besetzt |
Rede von dem aus Buttenhausen
stammenden Prof. Karl Adler
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Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn) |
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Der Davidstern auf dem
Gedenkstein von Boris Grünwald |
Gedenkstein für die
zerstörte Synagoge
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Die Mühlsteige in Buttenhausen,
links der Synagogenplatz |
Blick vom Synagogenplatz in die
entgegengesetzte Richtung
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Fotos 2003:
(Fotos: Hahn,
Aufnahmedatum 13.10.2003) |
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Die Mühlsteige |
Der Synagogenplatz mit
Hinweistafel |
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Hinweistafel am Synagogenplatz |
Gedenkstein von
1966 |
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Das ehemalige Rabbinat/
Gebäude der Mikwe |
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Gebäude am Anfang der
Mühlsteige:
ehemaliges Rabbinat; im Keller
war die Mikwe |
Hinweistafel
am Gebäude |
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Die ehemalige Mikwe
(rituelles Bad)
(Fotos: Steffen Dirschka, Münsingen;
Fotos: September 2012)) |
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Das ehemalige rituelle
Bad |
Blick in das Tauchbecken |
Zu- und Abflüsse
für das Wasser der Mikwe |
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Gedenksteine für die Opfer
der NS-Zeit
(Fotos: Hahn, 2003) |
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Gedenksteine in
Ortsmitte mit den Namen der aus Buttenhausen
deportierten und ermordeten
Juden |
Hinweistafel neben
den
Gedenksteinen |
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2021:
neben dem Denkmal für die deportierten und ermordeten Juden aus Buttenhausen
wird das neue Feuerwehrhaus der Gemeinde erstellt.
Fotos vom Dezember 2021 (erstellt von Veit Feger, Ehingen)
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Buttenhausen
und die
Bernheimer'sche Realschule auf einer
historischen Ansichtskarte (1904) |
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Historische
Ansichtskarte von Buttenhausen (aus der Sammlung von Peter Karl
Müller,
Kirchheim / Ries), versandt von Buttenhausen nach Reutlingen am 11. August
1904.
Als Verlagsangabe findet sich am linken Kartenrand S. Lindauer,
Buttenhausen. |
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Die ehemalige Bernheimer'sche
Realschule, nach 1945
örtliche Verwaltungsstelle |
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Historische
Ansichtskarte von Buttenhausen (aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
Kirchheim/Ries). Die Karte ("Permat"-Karte) ist aus der Zeit um
1930. |
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Schlossgebäude,
Bernheimer'sche
Realschule und Gefallenendenkmal auf
einer historischen Ansichtskarte
(versandt 1916) |
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Die Ansichtskarte
wurde als Feldpost verschickt nach Stuttgart am 25. September 1916.
Die Absender der Karte (Nachnamen Reuss und Weiss) waren vermutlich auf
dem
Truppenübungsplatz Münsingen in einer Übungsbatterie
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries) |
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Karte
oben in hoher Auflösung |
Karte
oben in hoher Auflösung |
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Das Gebäude
der
Bernheimer'schen Realschule
(Fotos: Hahn, 2003) |
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Das
Gebäude von der Zwiefalter Straße
aus
gesehen, rechts die Eingangstüre |
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Das Denkmal für die Gefallenen: Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Moritz Isaak Levi
(gefallen 1917),
Samuel Levi (1916) und Sigmund Feigenheimer (1917). Auf dem
Ehrenmal für die Gefallenen Buttenhausens im Park hinter der
Bernheimer'schen
Realschule finden sich auch ihre Namen.
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Hinweistafel zur
Dauerausstellung
in der ehemaligen Realschule |
Hinweistafeln zum
"Geschichtlichen Rundgang" durch Buttenhausen mit Tafel
zur
Station an der "Bernheimer'schen Realschule" |
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Historische
Litho-Ansichtskarten
(aus der Sammlung von
Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries) |
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Die Karte oben
wurde 1896 von Buttenhausen nach München
verschickt wurde mit Abbildung des Wohn- und Geschäftshauses der
Zigarrenfabrik Salomon Lindauer (Ausschnitt Mitte); in der Ecke links
unten (Ausschnitt rechts, um 90 Grad gedreht) nach dem Verlagshinweis der
Name von Bertha Dreyfuss (geb. 1878, umgekommen nach Deportation in Riga
1941); auch eine Darstellung des Schlosses Grafeneck findet sich auf der
Karte - in der NS-Zeit Ort grausamer "Euthanasie"-Morde. |
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Weitere Karte von Buttenhausen von 1892 mit der
Abbildung der
Zigarrenfabrik Salomon Lindauer (Ausschnitt rechts). |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Dezember 2008:
Eine Chanukkia (Chanukka-Leuchter) in Buttenhausen zum
Chanukka-Fest 2008 |
Artikel
im "Alb-Boten"
(Südwest Presse - Regionalausgabe Münsingen) von Maria Bloching am 29.
Dezember 2008: mit Foto: Bringt dieses Jahr das Wunder von Chanukka auf die Alb: Martin Stoldt zündet an der jüdischen Gedenkstätte in Buttenhausen acht Lichter
an. Das Wunder von Chanukka in Buttenhausen - Martin Stoldt lässt alte jüdische Tradition wieder aufleben - Pfarrerin Marlies Haist: "Wunderbare Idee".
Das Aufstellen einer Chanukka ist eine alte jüdische Tradition und weckte in der vergangenen Woche auch das Interesse der Öffentlichkeit in Buttenhausen. Martin Stoldt zündete acht Tage lang Lichter an.
Buttenhausen Die Chanukka-Lichter erfreuen sich besonderer Beliebtheit, weil sie Erinnerung und Symbol für die Menora bedeuten, die im Heiligtum stand. Sie stellen ein Zeugnis für Israel dar, das eine göttliche Ausstrahlung in diesem Licht sieht. Das Licht der Kerzen erleuchtet die Häuser in ganz Israel während acht Tagen im Jahr.
Dieses Jahr leuchten sie auf Initiative von Martin Stoldt auch an der jüdischen Gedenkstätte in Buttenhausen, wo eine öffentliche Chanukka aufgestellt wurde, um an diese alte jüdische Tradition zu erinnern. Stoldt gehört der jüdischen Gemeinde in Ulm an und wohnt in Apfelstetten. Ihm war es ein Anliegen, nach 70 Jahren wieder öffentlich dem Chanukka-Wunder in Buttenhausen zu gedenken.
Rund 2100 Jahre ist es her, dass gemäß den Überlieferungen in Jerusalem ein Wunder geschah: Nachdem die griechischen Besatzer durch die Israeliten wieder aus dem Land gejagt worden waren, wollte die Jugend ihren Tempel erneut aufbauen. Für den großen Ölleuchter im Tempel, der nie ausgehen durfte, fand man aber nur einen einzigen verschlossenen Krug geheiligtes Öl. Alle anderen Krüge waren durch die Besatzer entweiht oder geraubt worden. Um neues Öl herzustellen, brauchte man aber acht Tage. Der eine Krug hätte dagegen nur einen Tag gereicht. Das Wunder war nun, dass dieser eine Krug die ganze Woche ausreichte, bis das neue Öl verfügbar war. Zur Erinnerung feiern die Juden in der ganzen Welt am 25. Tag des Monats Kislew das achttägige Lichterfest, das dieses Jahr zeitlich mit dem christlichen Weihnachten zusammenfiel. So entzündete Stoldt am vierten Adventssonntag nach Sonnenuntergang auf dem achtarmigen Leuchter Chanukka die erste Kerze. Jeden Abend kommt ein weiteres Licht hinzu, bis am achten Tag alle Kerzen entzündet sind.
Für die Juden ist diese Zeremonie ein lustiges, großes jüdisches Familienfest, an dem alle zusammenkommen, fröhlich feiern und tanzen. Die Kinder erhalten Geschenke und Geld, zum Essen gibt es als Erinnerung an das Ölwunder Fettgebackenes.
"Es ist doch eine schöne Geste, nach 70 Jahren wieder öffentlich in Buttenhausen auf das Wunder von Chanukka hinzuweisen", meinte Stoldt. Er freute sich, dass bisher an jedem Abend einige Buttenhausener Bürger an der Kerzenentzündung teilnahmen, ihn im Gebet begleiteten und sich interessiert an der jüdischen Tradition zeigten.
Pfarrerin Marlies Haist bezeichnete es als eine "wunderbare Idee" und begleitet diese Lichterzündung ebenfalls. Der Platz an der jüdischen Gedenkstätte erweist sich für die rund 1,80 Meter hohe Holz-Chanukka als perfekt, neben den acht Kerzen an den Armen leuchtet die mittig angebrachte "Dienerkerze" Chamasch den Platz feierlich aus." |
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August 2009:
Anregung für eine Neugestaltung des
Synagogengrundstückes |
Artikel im "Reutlinger Generalanzeiger" vom 31. August 2009 (Artikel):
"Mit Günter Randecker auf den Spuren der Buttenhäuser Juden. Künstler möchte Platz neu gestalten. Den Umriss der Synagoge sichtbar machen
MÜNSINGEN-BUTTENHAUSEN. Auch 88 Jahre nach der Ermordung von Matthias Erzberger und 67 Jahre nach der letzten Deportation der Buttenhäuser Juden in die Vernichtungslager ist es wichtig, die Erinnerung an diese dunklen Kapitel der Heimatgeschichte aufrechtzuerhalten. Günter Randecker vom Wilhelm und Louise Zimmermann- Geschichtsverein führte kürzlich Interessierte aus nah und fern auf einem Rundgang durch Alt-Buttenhausen. Randecker berichtete über die Schicksale der 1909 geborenen Berta Berlinger und Gerda Löwenthal, die von der SS in Riga und Sobibor ermordet wurden.
Der Pädagoge Theodor Rothschild war im Sommer 1944 Opfer der NS-Vernichtungsmaschinerie geworden. Randecker trug Lesebuch-Geschichten Rothschilds vor und las aus noch unveröffentlichten Briefen, in denen deutlich wurde, wie verwurzelt der Lehrer mit seiner Heimat auf der Rauen Alb war.
Am Geburtshaus des katholischen Zentrumspolitikers Matthias Erzberger wurden Werk und Wirken des Reichstagsabgeordneten in den Jahren 1903 bis 1921 vorgestellt. Bis 1933 war über der Eingangstür am Gebäude in der Mühlsteige 21 eine Erinnerungstafel des Reichsbanners
'Schwarz-Rot-Gold' angebracht, gewidmet dem 'Reichsminister in Deutschlands schwerster
Zeit'. Der für den Erzberger-Mord verantwortliche Chef der 'Organisation
Consul', Hermann Ehrhardt, ist zeitlebens nie für diese Tat gerichtlich verurteilt worden.
Mit beim Rundgang dabei war Boris Grünwald (Jahrgang 1933), der wegen seiner jüdische Herkunft und dem Schicksal seiner gesamten Familie persönlich und geschichtlich mit allen Juden verbunden ist, auch mit den Buttenhäuser Juden. Verständnis und Mitgefühl gaben ihm die Kraft und Entschlossenheit, 1966 einen Gedenkstein für die 1938 von den Nazis niedergebrannte Synagoge in Buttenhausen zu gestalten. Ein jüdischer sakraler Gedenkstein, so Grünwald, müsse für eine Synagoge unabdingbar einen Davidstern tragen, wurden doch die Juden mit diesem Symbol stigmatisiert und verfolgt. Die Menora, der siebenarmige Leuchter, auf der Vorderseite, und die zehn Gebote auf der dem Lautertal zugewandten Rückseite verdeutlichen zudem seine Intention.
Um den Erinnerungsort würdig zu gestalten, machte Grünwald den Vorschlag, am Boden um das Mahnmal mit Pflastersteinen den Grundriss der ehemaligen Synagoge wieder sichtbar zu machen. Er erklärte sich bereit, den Entwurf den er ins Gästebuch skizzierte mit auszuarbeiten.
Außerdem regte er an, die Erinnerungs-Steinplatte direkt an der Straße gegenüber dem Denkmal aufzustellen, dann allerdings mit einer korrigierten Inschrift:
'Hier stand die Synagoge. Nationalsozialisten zerstörten sie am 10. November
1938.' Denn die Buttenhäuser Synagoge in der Mühlsteige 25 wurde nicht, wie bisher zu lesen ist, am 9. November, sondern am helllichten Tag des 10. Novembers 1938 niedergebrannt. (fm) |
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Januar 2010:
Walter Ott wird für seine Arbeit mit dem
"German Jewish History Award" ausgezeichnet |
Foto
links von Christine Dewald: Walter Ott hinter einem Modell Buttenhausens im Museum in der Bernheimerschen
Realschule.
Artikel von Christine Dewald im "Reutlinger Generalanzeiger" vom
23. Januar 2010:
"Walter Ott aus Buttenhausen erhält für sein Lebenswerk einen hohen deutsch-jüdischen Geschichtspreis
Erinnern für die Menschen
MÜNSINGEN-BUTTENHAUSEN. Fast wäre buchstäblich Gras drüber gewachsen. Die Grabsteine des jüdischen Friedhofs in Buttenhausen waren umgestürzt, überwachsen, zum Teil so tief in der Erde versunken, dass immer noch nicht alle wiederentdeckt worden sind. Walter Ott war entsetzt,
'sprachlos' darüber, wie hier die Spuren eines entscheidenden Kapitels der deutschen Geschichte dem Vergessen preisgegeben waren.
Das gibt's doch nicht!' Aus dem spontanen Unverständnis des früheren Landwirts im Landheim Buttenhausen wurde jahrzehntelanges Engagement. Die Steine des Friedhofs, Dokumente, Bilder und vielfältige andere Spuren der jüdischen Geschichte in Buttenhausen hat Walter Ott hartnäckig und gewissenhaft für die Zukunft gesichert. Erinnerung statt Verdrängung ist die Botschaft, der sich der heute 81-Jährige zeit seines Lebens verpflichtet fühlte.
Stimme gegen die Verdrängung. Denn Versuche, zu verdrängen, gab es viele. Als Walter Ott 1946 als Landwirt und Betreuer im Landheim Buttenhausen anfing, wurde über die jüngste Vergangenheit nicht gesprochen. Dass in der Gemeinde im Lautertal jahrhundertelang jüdische Familien gelebt hatten, in enger, meist guter Nachbarschaft mit den christlichen Einwohnern, bis im Dritten Reich das Miteinander in Dorf, Schule und Vereinen schlagartig ein trauriges Ende fand - das erfuhr er erst so nach und nach.
'Ich habe immer mal wieder ein paar Brocken erwischt', schildert er seine mühsame Suche nach der Wahrheit.
Gefragt war solches Nachbohren damals nicht. Im Gegenteil. Noch in den Sechzigerjahren sollte eine Vereinschronik in Buttenhausen ganz ohne Hinweis auf die jüdische Geschichte geschrieben werden. Bis 1963 widersetzte sich der Gemeinderat des Dorfes auch dem Ansinnen, den jüdischen Friedhof herrichten zu lassen. Und die schließlich in Auftrag gegebenen Sanierungsarbeiten waren so oberflächlich, dass die Grabsteine
'alle wieder umgefallen' sind, wie Ott berichtet. Jetzt halten sie. Dafür sorgt Walter Ott seit Jahrzehnten. Ehrenamtlich. In seiner Freizeit. Er hat die Grabsteine gesäubert, die verblassten Inschriften nachgezogen und übersetzt. Er ist mit vielen tief bewegten Menschen an diesen Gräbern gestanden - mit den Nachfahren von Überlebenden aus Amerika oder der Schweiz, mit Jugendlichen, die Buttenhausens Geschichte berührt. Und auch selbst ist Walter Ott emotional stark beteiligt.
'Das waren doch Menschen von Buttenhausen', beschreibt er die Triebfeder seines Handels. Für die Menschen wollte er tätig sein, für die Toten und für die noch Lebenden.
Arbeit im Archiv. Das augenfällige Engagement auf dem Friedhof ist nur ein Teil von Otts Erinnerungsarbeit. Einen anderen, mindestens ebenso großen Teil hat er zu Hause erledigt, über Stapeln von Akten und anderen Dokumenten aus der Geschichte Buttenhausens, die unbeachtet in Kisten und Kartons lagerten.
'Ich habe jeden Abend einen Korb voll Akten in die Stube mitgenommen. Trotz fünf kleiner Kinder habe ich alles sortiert.'
Über die Geschichten Buttenhausens seit 1500 hat Walter Ott viel herausgefunden und dokumentiert. Und eben auch über die Geschichte der jüdischen Einwohner, die sich seit 1788 im Dorf ansiedelten, ermuntert durch den
'Judenschutzbrief' der Ortsherrschaft, der Freifrau von Liebenstein. Über den Friedhof und durch die Ausstellung über die Juden Buttenhausens, die Mitte der Neunziger in der Bernheimerschen Realschule eingerichtet worden ist, führt Walter Ott mit Leidenschaft, und besonders gerne Schulklassen. Im Dachgeschoss über dem kleinen Museum, das seit 1994 hier zu besuchen ist, hat der geschichtsbegeisterte Landwirt Dokumente seiner eigenen Forschung und Arbeit zu einer zusätzlichen Schau zusammengestellt.
'So war es wirklich', lautet eine Überschrift, unter der Ott Belege für Mitläufertum und Verdrängung zusammengetragen hat.
'Ich muss meinen Weg gehen.' So hat sich der aufrechte Mann aus Buttenhausen immer gegen diejenigen verteidigt, die ihm übel nahmen, dass er die Vergangenheit nicht ruhen ließ. (GEA)
Walter Ott erhält am Montag in Berlin eine hohe Auszeichnung. Mit den
'Obermayer German Jewish History Awards' werden deutsche Bürger geehrt, die auf freiwilliger Basis in ihren Heimatorten einen herausragenden Beitrag zur Bewahrung des Gedenkens an die jüdische Vergangenheit geleistet haben. Vorgeschlagen werden die Preisträger von Juden aus der ganzen Welt. Walter Ott bekommt den Preis zusammen mit vier weiteren Personen am Montag im Berliner Abgeordnetenhaus überreicht.
'Die Preisträger des Obermayer Awards sorgen dafür, dass die Welt sich erinnert, und tragen damit gleichzeitig dazu bei, dass eine Katastrophe wie der Holocaust nicht noch einmal passieren kann', sagt der Initiator des Preises, der amerikanische Unternehmer Arthur Obermayer. Unter den vielen Auszeichnungen, die er für sein Lebenswerk bereits bekommen hat (darunter das Bundesverdienstkreuz und die Otto-Hirsch-Medaille), ist dieser Preis für Walter Ott deshalb ein ganz besonderer. (GEA)" |
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Artikel zur Preisverleihung von Derbie
Shapiro in der "Jerusalem Post" vom 16.2.2010 (Artikel):
"Remembering their past mistakes"
(Artikel als
pdf-Datei). |
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September 2011:
Europäischer Tag der
Jüdischen Kultur |
Bericht von Maria Bloching in der
"Südwestpresse" (Lokalausgabe) vom 6. September 2011:
"Ein Ort mit vielen Spuren der jüdischen Gemeinde": Link
zum Artikel; auch
eingestellt als pdf-Datei. |
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Oktober 2012:
Das jüdische Museum wird neu gestaltet und
vergrößert |
Artikel von Ulrike Bührer-Zöfel in der
"Südwestpresse" vom 25. Oktober 2012: "Münsingen.
Gemeinderat gibt das "Okay" zum Umbau des jüdischen Museums. Laubhütte, Litfaßsäule, Grabplatten und Friedenslinde - spannende Installationen setzen Themen zum jüdischen Leben in Szene. Verbindendes Element im Museum: der Dokumentationsfries.
Aus zwei Räumen werden fünf, das Geschichtsmaterial wird aufgearbeitet - das ganze jüdische Museum in Buttenhausen bekommt eine zeitgemäße Gestaltung. 100 000 Euro sind dafür veranschlagt, 55 000 Euro davon sollten über Spenden beschafft werden, so der Gemeinderatsbeschluss in der Haushaltssitzung im April. Die sind jetzt zusammengekommen. Der Gemeinderat hat am Dienstag sein Okay für die Umsetzung der Neukonzeption gegeben..."
Link
zum Artikel |
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Juli 2013:
Das Museum in der Bernheimerschen Realschule wird neu eröffnet |
Artikel von Ulrike Bührer-Zöfel im
"Alb-Boten" vom 22. Juli 2013: "Viele Nachfahren jüdischer Mitbürger reisen aus den USA zur Museumseröffnung an.
Für Konrad Bernheimer, Urenkel, des Stifters der Bernheimerschen Realschule war es ein berührender Moment: Am Freitagabend wurde das neukonzipierte jüdische Museum in Buttenhausen eröffnet.
Martin Stoldt, in Apfelstetten lebender Jude, und Konrad Bernheimer, Urenkel des Haus-Stifters, haben sie gemeinsam und mit einem Gebet angebracht: Die Mesusa, eine Schrifthülse mit einem Torazitat, das in jüdischen Häusern am Türpfosten befestigt ist. Jetzt auch im Museum.
Und seit Freitag tragen dort alle fünf Räume, die jeweils einen Aspekt des jüdisch-christlichen Lebens in Buttenhausen beleuchten (wir haben ausführlich berichtet), einen Namen: Friedrich Freiherr von Liebenstein steht für den Anfang, für die Ansiedlung der Juden im 18. Jahrhundert. Im Michael Silberstein-Raum ist die jüdische Religion Thema; Silberstein war Rabbiner in Buttenhausen. Lehmann Bernheimer, Stifter der gleichnamigen Schule, die sowohl jüdische wie auch christliche Kinder besuchten, gibt Raum drei den Namen. In dem dreht sich alles ums Zusammenleben in Buttenhausen. Raum vier, der das Ende der jüdischen Kultur im Ort dokumentiert, ist dem Lehrer Naphtali Berlinger gewidmet; er wurde im KZ Theresienstadt ermordet.
Wer Namensgeber ist für den fünften Raum - Ereignisse unter dem NS-Regime werden da aufgearbeitet, zeitgenössische Gedenkarbeit vorgestellt - das ist eigentlich keine Frage: Walter Ott. Ohne ihn gebe es kein jüdisches Museum. Bürgermeister Mike Münzing lobte Otts Interesse an der jüdischen Geschichte, sein Engagement beim Zusammentragen und Bewahren von Dokumenten und Objekten. Und Stadtarchivar Steffen Dirschka bezeichnet Ott als "wertvollen Informationspool", auch bei der Neugestaltung des Museums. Ortsvorsteher Rudi Schustereder, der sich in den letzten Jahren "mehr Interesse der Buttenhausener am Museum" gewünscht hätte, erinnerte daran, dass Ott am Anfang " Ablehnung, Hohn und Spott geerntet hat. Aber er hat sich nicht beirren lassen".
Dem Museum kommt eine ganz besondere Bedeutung zu. Das zog sich als roter Faden durch die - letztlich neun - Reden. Denn Landesrabbiner Netanel Wurmser hatte sich kurzfristig doch noch fürs Kommen und eine Ansprache entschieden. Münzing betonte, wie wichtig es sei, "die zunehmend verblassenden Spuren jüdischen Lebens" lesbar zu machen und sichtbar zu halten. Stets auch vor Augen, dass die Zeitzeugen immer weniger werden, kein jüdischer Bürger aus Buttenhausen mehr lebt.
Aber deren Nachfahren - Kinder, Enkel und Urenkel - waren am Freitag sehr zahlreich vor allem aus den USA nach Buttenhausen gekommen. Ihre Anwesenheit, so Landrat Thomas Reumann, mache die Eröffnung "zu einem besonderen Ereignis." Es sei "ein Brückenschlag von einem guten Miteinander über den Wahnsinn des NS-Rassenhasses bis hin zu einer gemeinsamen Gegenwart und Zukunft". Genau das symbolisiere das Museum. Wichtig ist Reumann, dass "jede Generation das Recht und die Pflicht hat, eigene Formen des Gedenkens zu finden", so das kollektive Gedächtnis lebendig zu halten, eine Basis fürs Gespräch zu bieten. Kreisarchivarin Irmtraud Betz-Wischnath ging auf die Bedeutung der Juden für die enorme wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung des kleinen Albdorfs ein. Mit pädagogisch-didaktischen Zeugnissen im Museum könne man Schüler und junge Leute für die Geschichte interessieren, denn: "Das Gedenken darf nicht aufhören." Das ist auch Sybille Thielen von der Landeszentrale für Politische Bildung ein Anliegen. Sie sicherte Zusammenarbeit für künftige Projekte zu. Dirschka gab noch einen Überblick über die neunmonatige Bauzeit. Die Gestalter Stefan Hartmaier, Martin Mangold und Markus Ege erklärten vor dem Rundgang, was es mit der Dokumentations- und Inszenierungsebene auf sich hat.
Pfarrerin Marlies Haist erzählte von Gesprächen mit älteren Einwohnern, die immer noch um ihre jüdischen Nachbarn trauern. Und Konrad Bernheimer, der aus München angereist war, bezeichnet am Ende der Reden die Eröffnung des Museums als "Trost und Versöhnung". Klezmermusik gehörte ebenso zum Festprogramm wie koscheres Essen, zubereitet in der Landheimküche. Wie aufwendig es ist, dass Gläser, Teller und Besteck den jüdischen Speiserichtlinien entsprechen - das wissen jetzt Gerlinde Ulrich und ihr Team von der Stadtverwaltung."
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November 2013:
Gedenken am Synagogen-Mahnmal und neue
Dokumentation von Günter Randecker |
Artikel im "Alb-Boten" vom 16.
November 2013: "'Niemals wieder'.
Seit Sonntag ist auf dem Gedenkgesteck für die jüdische Gemeinde am Synagogen-Mahnmal zu lesen: "10. November 1938 - Niemals wieder!".
Günter Randecker, Autor des Gedenkbuches 'Juden und ihre Heimat
Buttenhausen', erinnerte am 10. November an das jüdische Leben in
Buttenhausen... Randecker präsentierte am Jahrestag des Novemberpogroms eine Dokumentation mit einer Reihe bislang nicht publizierter
Einzeltexte ...."
Info Die 100-seitige Dokumentation "Münsingen-Buttenhausen, 10. November 1938" ist erhältlich beim
Zimmermann-Geschichtsverein, Telefon: 07123/87710."
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Februar 2014:
Zum Tod von Boris Grünwald, der Schöpfer des
Synagogen-Mahnmal |
Artikel von Günter Randecker in der
"Südwest-Presse" vom 18. Februar 2014: "Buttenhausen. Bildhauer Grünwald
ist gestorben.
Boris Grünwald, der Bildhauer des Buttenhauser Mahnmals auf dem Platz der ehemaligen Synagoge, ist gestorben. Er wurde gestern in Bonlanden beerdigt. Der Gedenkstein war 1966 enthüllt worden..."
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September 2016:
Vortrag zum "Europäischen Tag der
jüdischen Kultur" über "Jüdischen Dialekt in Buttenhausen"
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Artikel von Torsten Pohling in der
"Südwest-Presse" vom 6. September 2016: "Im Zeichen der jüdischen Kultur.
34 europäische Länder begingen am Sonntag den 'Tag der Jüdischen Kultur
2016'. Auch in Buttenhausen gedachte man diesem Tag.
Wenn in Europa der Tag der Jüdischen Kultur gefeiert wird, darf der
Münsinger Ortsteil mit seiner stark jüdisch geprägten Vergangenheit nicht
fehlen. So war das jüdische Museum gratis zu besuchen. Im ehemaligen
Schulsaal fanden zwei Vorträge statt, es folgte ein Rundgang über den
jüdischen Friedhof und zum Abschluss gab es einen Liedabend in der
Michaelskirche. Das diesjährige Motto war 'Die Sprachen der Juden'. So
begann Bernd Requardt mit einem Vortrag zum Thema 'Jüdischer Dialekt in
Buttenhausen'. Der kleine Schulsaal war fast voll besetzt. Einige der
Zuhörer schrieben eifrig mit. Immer wieder stand im Mittelpunkt die
Vermischung und eigenständige Weiterentwicklung der lokalen Dialekte. Über
den Bereich von Buttenhausen hinaus erstreckte sich der Vortrag von Martin
Pöt Stoldt. Sein Thema war 'Hebräisch, Jiddisch, Schwäbisch – die drei
Sprachen der Juden auf der Alb'. Am Nachmittag lud Eberhard Zacher zu einem
geschichtlichen Rundgang durch Buttenhausen und dem Besuch des Jüdischen
Friedhofs. Getreu dem Tagesmotto des internationalen Tages erläuterte er die
'Symbolsprache jüdischer Grabsteine'. Am Abend präsentierte die
Gemeinschaftsveranstaltung der evangelischen Kirchengemeinde
Apfelstetten-Buttenhausen, der BruderhausDiakonie und der Stadt Münsingen
die Sängerin und Rezitatorin Esther Lorenz. 'Hebräische und sephardische
Lieder' spannten einen Bogen zwischen altem Liedgut und Moderne, zwischen
Israel und Spanien. Gewürzt mit Gedichten und Anekdoten verbreitete sie
jüdischen Humor in der Michaelskirche. 'Der Europäische Tag der Jüdischen
Kultur setzt sich seit mehr als zehn Jahren zum Ziel, die Geschichte des
Judentums, seine Bräuche und Traditionen bekannt zu machen.', erklärt der
Programmtext der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg
(LpB) den übergreifenden Gedanken. Mit dabei waren in Baden-Württemberg über
40 Orte, im Elsass etwa 30. Neben besonderen Dialekten wurden zum Beispiel
auch die Ausdrucksformen jüdischer Viehhändler thematisiert. Ein Beispiel
darf nicht fehlen: seit 1987 im Duden zu finden ist das Wort 'malochen'.
Wikipedia erklärt dazu: 'Das Wort geht auf hebräisch (mel (‚) (h) – meläkä),
'Arbeit', in aschkenasischer Aussprache mal ch, zurück. Wie viele andere
Jiddismen fand es über das Westjiddische sowie das Rotwelsche, wo es seit
dem 18. Jahrhundert bezeugt ist, Eingang in die deutsche Umgangssprache.'"
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Januar 2020:
In Buttenhausen sollen
"Stolpersteine" verlegt werden |
Artikel von Ulrike Bührer-Zöfel in der
"Südwest-Presse" vom 17. Januar 2020: "Gedenken an Opfer des NS-Regimes 35
Stolpersteine für Buttenhausen.
Zwei Stolpersteine gibt es in Münsingen, 35 weitere sollen dazu kommen und
an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Hierzu sind auch
einige weitere Veranstaltungen mit jüdischen Themen geplant.
Die Stadtverwaltung plant, für alle 35 jüdische Mitbürger, die von den
Nationalsozialisten aus Buttenhausen verschleppt und umgebracht wurden,
einen Stolperstein verlegen zu lassen. Es gebe keinen Grund, da sind sich
Bürgermeister Mike Münzing und Stadtarchivar Yannik Krebs einig, lediglich
einige auszuwählen. In diesem Jahr sollen vier oder fünf Stolpersteine vor
den jeweiligen Häusern beziehungsweise Wohnungen eingelassen werden. Früher
sei kein Termin mit dem Künstler Gunter Demnig, der die Aktion ins Leben
gerufen hat, zu bekommen, so Krebs.
Lesungen, Konzerte und Vorträge. Bereits im Frühjahr startet dazu
eine begleitende Serie von Veranstaltungen, die sich übers ganze Jahr
erstreckt. Vorgesehen sind unter anderem Lesungen, Konzerte und Vorträge
über jüdische Riten und Bräuche. Außerdem ist ein Auftritt des
Lindenhof-Ensembles mit seinem Stück 'Chaim und Adolf' geplant. Ein Flyer zu
den einzelnen Angeboten ist in Arbeit. Übrigens: Es gibt bereits zwei
Stolpersteine, und zwar einen in Münsingen Im Glack für Särle Levi. Der
andere Stein ist für Andreas Bückle verlegt worden in der Tragolfstraße 2 in
Trailfingen.
Kriegsende und Truppenübungsplatz. Neben der zentralen Ausstellung
zum Ende des Zweiten Weltkriegs, der sich jetzt zum 75. Mal jährt, sowie
einer Vortragsreihe dazu wird es im Stadtmuseum im Schloss eine weitere
Ausstellung geben, und zwar zum Truppenübungsplatz/Altes Lager. Auf dem
Münsinger Militärgelände fiel vor 125 Jahren der erste Schuss, die ersten
Planungen für die dazugehörige Garnison liefen an. Der Journalist und
Buchautor Joachim Lenk wird dazu Postkarten aus seiner Sammlung
präsentieren.
Weniger Museumsbesucher. Krebs hofft, dass die Ausstellungen auch
wieder viele Besucher ins Museum locken. 666 Gäste haben sich 2019
'Rückblick ins 20. Jahrhundert. Was geschah vor 90, 80, 70, 50, 30 Jahren'
angeschaut. Im Schloss wurden letztes Jahr insgesamt 790 Besucher
registriert, 2018 waren es 810. Enttäuscht zeigte sich der Stadtarchivar,
dass die Zahl der an den städtischen Museen Interessierten gesunken ist. Im
jüdischen Museum in Buttenhausen wurden 680 Besucher gezählt, das Jahr zuvor
waren es noch 859. Auch in die Erzberger-Erinnerungsstätte kamen 2019
lediglich 580 Menschen, das Jahr zuvor waren es noch 723 gewesen. Zu
Führungen hatten sich in beiden Einrichtungen jeweils 18 Gruppen angemeldet,
der geschichtliche Rundgang in Buttenhausen war 14 Mal gefragt..."
Link zum Artikel |
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Ergänzend zu einer
Publikation von 2010
von Anne Hagenmeyer über Briefe aus Amerika - geschrieben 1949 bis 1980 von
Irene Adler an eine nichtjüdische Freundin in Deutschland
Dazu Beitrag von
Veit Feger (Ehingen, Juli 2020): "Irene Adlers Briefe aus Amerika -
Briefe aus New York an eine nichtjüdische Freundin im Schwäbischen.
Wenn von der jüdischen Geschichte des Albdorfes Buttenhausen (heute zur
Stadt Münsingen gehörend) die Rede ist und von besonderen Menschen aus
dieser einstigen jüdischen Gemeinde, dann wird oft an den
Musikwissenschaftler Karl Adler (1890 – 1973, vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Adler_(Musikwissenschaftler))
erinnert. Hier, im folgenden Text, wird an eine seiner beiden Schwestern, an
Fanny und insbesondere an Irene, erinnert und daran, dass
Irene nach dem NS-Reich über 31 Jahre hin Briefe an eine (bundes-)deutsche
Familie schrieb. Solche Briefe sind bisher wenig gesammelt und
veröffentlicht worden. Hier soll eine solche Brief-Veröffentlichung
vorgestellt werden.
Adressaten von etwa fünfundsiebzig Briefen in den genannten drei Jahrzehnten
waren eine einstige Klassenkameradin der in den USA lebenden
Ex-Buttenhauserin Irene Adler und die Schwiegertochter dieser
Klassenkameradin, beides Frauen mit dem Nachnamen Hagenmeyer; die
Adressen waren Ulm und später Ehingen (Donau). Die Briefe wurden teils
hand-, teils maschinenschriftlich verfasst. Irene Adler war beim Verfassen
ihres ersten Briefs an ihre einstige Klassenkameradin Maria Hagenmeyer geb.
Riessler im Jahre 1949 schon 51 Jahre alt. Den letzten Brief schrieb die
Ex-Buttenhauserin kurz vor ihrem Tod im Jahr 1980, mit 82 Jahren.
Eine Enkelin der ersterwähnten Adressatin, Anne Hagenmeyer, Ehingen,
hat die 75 Briefe transkribiert und mit Unterstützung des Stadtarchivs
Münsingen im Jahr 2010 zum Druck gebracht, in sehr kleiner Auflage. Immerhin
aber befinden sich Exemplare dieses Druckwerks von über hundert Seiten nicht
nur im Buttenhauser Museum zur (jüdischen) Geschichte des Orts, also in der
einstigen 'Bernheimerschen Realschule' (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bernheimersche_Realschule), und im
Stadtarchiv Münsingen, sondern auch im Leo-Baeck-Institut in New York:
Bestandsübersicht zu den Briefen
von Irene Adler im Leo Baeck Institut New York siehe
http://search.cjh.org/permalink/f/1o7aamh/CJH_ALEPH000405055.
Weiter über
https://archives.cjh.org//repositories/5/resources/17280 und auf dieser Seite rechts weiterklicken u.a.
Correspondence 1948 bis 1964
https://archives.cjh.org/repositories/5/archival_objects/1033282
View the folder klicken
Correspondenz 1964-1980
https://archives.cjh.org/repositories/5/archival_objects/1033283
View the folder klicken
Transcripts of the Correspondence 1949-1980
https://archives.cjh.org/repositories/5/archival_objects/1033284
View the folder klicken.
Other material 1956 - 2009
https://archives.cjh.org/repositories/5/archival_objects/1033285
View the folder klicken da finden zahlreiche Fotos u.a.m.
Das Leo-Baeck-Institut zeigte sich auf Anfrage der in Ehingen wohnenden
Herausgeberin Anne Hagenmeyer interessiert gerade an Briefen von emigrierten
jüdischen Menschen aus der Zeit nach 1945. A. Hagenmeyer hat daher die von
ihrer Familie aufbewahrten Originalbriefe dem Baeck-Institut vor einem
Jahrzehnt übergeben.
Irene Adler war 1936 in die USA geflüchtet, zusammen mit ihren Eltern. Ihrem
Bruder Karl, dem Stuttgarter Musikwissenschaftler, und seiner Frau Margarete
geb. Marx gelang Jahre später, 1940 noch, mit knapper Not die Flucht aus dem
Deutschen Reich. Wie kam es zu den Briefen nach Deutschland nach dem Ende
des NS-Reichs?
Irene Adler und Maria Riessler (spätere Hagenmeyer, 1900 – 1987) hatten
zwischen 1915 und 1917 gemeinsam eine Kaufmännische Schule in Stuttgart
besucht und sich angefreundet. Nach dem Ende des Dritten Reichs begannen in
der Bundesrepublik erste zaghafte Versuche finanzieller Wiedergutmachung.
Maria Hagenmeyer hörte davon und wollte ihre einstige Klassenkameradin auf
ein entsprechendes Angebot der Bundesregierung hinweisen. Auf dem Umweg über
den sehr viel bekannteren Bruder Karl, der inzwischen an einer jüdischen
Hochschule in New York eine Stelle gefunden hatte, konnte Maria die Adresse
von Irene ermitteln; so erzählt die Familienforscherin Anne Hagenmeyer dem
Verfasser dieser Notiz.
Die Briefe von Maria in die USA haben sich nicht erhalten, aber die Briefe
von Irene nach Deutschland. Die Briefe von Irene sind in ausgezeichnetem
Deutsch verfasst; später schleichen sich vereinzelt Anglizismen ein. Häufig
wurden auch zwischen New York und dem Schwabenland Geschenke ausgetauscht.
Für die Briefe-Herausgeberin waren in ihrer Kindheit die Weihnachtsgeschenke
von der 'Tante aus Amerika' eine große Freude.
Zum Inhalt. Irene fragte beispielsweise ihre in Deutschland gebliebene
Freundin Maria (und später deren Schwiegertochter Annemarie 1926-1995), wie
es ihnen und den Angehörigen geht. Sie erzählt (ohne alle Larmoyanz) von
ihrem Alltag, der nicht leicht war: Sie lebte in einer kleinen
Souterrain-Wohnung mitten im Stadtteil Bronx, ihr Verdienst als Sekretärin
reichte anfangs kaum fürs Nötigste, so dass sie versuchte, über abendliche
Kunststickerei ein wenig hinzuzuverdienen. Sie musste zu ihrem Arbeitsplatz
täglich eine Stunde lang fahren und sie scheint keine so angenehmen Chefin
gehabt zu haben. Sie berichtet von großen Ereignissen in den USA und fragt
auch nach politischen Vorgängen in der BRD, wie etwa der Wahl des einstigen
NS-Rundfunkmannes Kiesinger zum Bundeskanzler. – Irene erzählt von Kontakten
zu anderen aus Deutschland geflüchteten jüdischen Menschen; sie erzählt (im
Jahr 1956) von einem 'Württemberger Judentreffen' in New York. Sie trifft
auch mehrfach aus Haigerloch geflüchtete jüdische Menschen (in Haigerloch
hatte Irene einige Zeit eine Schule besucht). Die aus Buttenhausen
Geflüchtete freut sich, dass sie in einem Chor, den ihr Bruder Karl in NewYork leitet, mitsingen darf und sie kümmert sich sehr um ihre innig
geliebten Neffen und Großneffen. - Irene freut sich, dass ihre Brieffreundin
in Deutschland nach dem Grab der Verwandten auf dem Buttenhäuser jüdischen
Friedhof schaut und sie erzählt bereits Mitte der fünfziger Jahre, es gebe
schon viele Gräber von aus Deutschland Geflüchteten in New York.
'Große Sprünge' waren ihr mit ihrem Einkommen nicht möglich. Nach
Deutschland wollte Irene (anders als ihr Bruder Karl) nicht noch einmal
fahren; so wurde eine Reise nach Israel, wenige Jahre vor ihrem Tod, zu
einem ganz großen Erlebnis für sie. - Ab 1963 (sie war damals 65 Jahre alt)
erhielt sie eine kleine Rente aus Deutschland für jene Jahre, in denen sie
in Deutschland in die Rentenversicherung eingezahlt hatte.
Dass Irene im Jahr 1980 starb, das teilte ihre Cousine Martha Levi am 30.
April jenen Jahres an die Adresse in Deutschland mit. Martha Levi schreibt
u.a., dass trotz Streik bei den Verkehrsbetrieben der Großstadt die
Beerdigung 'eine enorm große war. Jeder wollte ihr die letzte verdiente Ehre
erweisen.' - Die Todesanzeige für Irene wurden von ihrer Schwester Fanny
Neumann und deren Kindern unterzeichnet; Fanny war damals bereits 89 Jahre
alt; der Bruder Karl war 1973 gestorben.
Im Jubiläumsjahr 1987 gab die Stadt Münsingen mit Unterstützung von Günter
Randecker eine Broschüre heraus unter dem Titel 'Juden und ihre Heimat
Buttenhausen'. Darin ist ein Foto der Großfamilie 'Adler (Neumann / Levi /
Löwenberg)' abgedruckt, das noch in gewissermaßen besseren Zeiten
Buttenhausen entstanden sein dürfte; es zeigt in der hinteren Reihe von
links Irenes Schwester Fanny Neumann (geb.1891), ihren Ehemann Simon Neumann
(geb. 1882), Irene Adler (1898-1980), Karl Adler (1890 – 1973). – Das hier
besprochene Briefe-Buch enthält zahlreiche andere Fotos aus Irenes späteren
Jahren, Fotos, die sie an ihre Freundin Maria und deren Schwiegertochter
schickte; meist ist Irene allein auf dem Bild, mal auch mit ihrer Schwester
Fanny Neumann und ihren Neffen. Zu einem Foto mit ihrer Schwester aus dem
Jahr 1977 merkt sie an: 'zwei alte Weible'. Die letzten in Deutschland
eingetroffenen Fotos stammten von Irene Adlers Israel-Reise Ende der
Siebziger Jahre.
In unserem Zusammenhang 'Briefe von jüdischen Buttenhäusern' sei auch auf
den (in der Lit. s.u. genannten)
Aufsatz im 'Münsinger Jahrbuch 2012/13' aus der Feder eines der besten
Kenner der jüdischen Geschichte Buttenhausens, Christoph Knüppel, Herford
(Nordrhein//Westfalen) hingewiesen : 'Von Buttenhausen nach Palästina:
Briefe der schwäbischen Jüdin Fanny Levi an ihre Kinder und Enkelkinder' S.
79 bis 142. Die Briefe stammen aus dem Zeitraum 1936 bis 1943. Der
Herausgeber C. Knüppel hat mit unvorstellbarem Engagement die verschiedenen
verwandtschaftlichen Beziehungen dieser Buttenhauser Großfamilie und die
(über viele Länder) verstreuten (oft schweren) Lebensläufe erforscht und in
einem Anhang zu dieser Briefedition dargestellt. Veit Feger, Ehingen,
Juli 2020. |
Fotos
(Quelle: von links Fotos 1-2: Stadtarchiv Münsingen, 3-5: Familienarchiv
Hagenmeyer) |
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Familie
Adler in Buttenhausen um 1925 (die Personen sind im Untertext des Fotos
beschrieben) |
Prof. Dr.
Karl Adler 1966 in Buttenhausen zur Einweihung des Synagogendenkmals |
Irene Adler
in Manhattan
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Irene und
Fanny Adler
in Manhattan
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Irene Adler in den
1970er-
Jahren in Jerusalem
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Die
Fotos wurden entnommen aus "Juden und ihre Heimat Buttenhausen" - Ein
Gedenkbuch zum 200. Jahrestages des Buttenhausener Judenschutzbriefes am 7.
Juli 1987, herausgegeben von der Stadt Münsingen. |
Zur
Familie Louis Adler (geb. 21. Januar 1862 in Buttenhausen als Sohn
von Maier Adler [1823-1903] und der Sara geb. Lily [1824-1910]; umgekommen
1944) war seit 23. September 1889 verheiratet mit Mathilde geb. Löwenberg
(geb. 28. Mai 1865 in Buttenhausen als Tochter von Leopold Löwenberg
[1832-1900] und der Sophie geb. Oettinger [1843-?]; gest. 1963) hatten
folgende Kinder:
- Karl Adler (geb. 1890, gest. 1973)
- Fanny Adler (geb. 1891), verheiratet mit Simon Neumann (geb.
1882): Sohn Walter Neumann (geb. 1920)
- Irene Adler (geb. 1898, gest. 1980)
Auf dem Foto noch zu sehen: eine Schwester von Mathilde Adler geb.
Löwenberg: Julie Levi geb. Löwenberg (geb. 9. August 1878 in
Buttenhausen, umgekommen im Vernichtungslager Treblinka 1942), verheiratet
mit Emanuel Levi (geb. 1871, umgekommen im KZ). Die beiden hatten
eine Tochter Martha Levi (geb. 1904). |
Juli 2019:
Bildübergabe im Rathaus Riedlingen
zur Erinnerung an Ludwig Walz - "Gerechter unter den Völkern" wegen seines
Einsatzes für Juden in Buttenhausen in der NS-Zeit |
Artikel von Waltraud Wolf in der "Schwäbischen Zeitung" vom 27. Juli 2019: "Bild
eines 'Gerechten unter den Völkern'.
Malerin Marlis Glaser und Sponsor Veit Feger wollen Erinnerung an Ludwig
Walz wach halten.
Riedlingen. Sehr berührend war die Bildübergabe im Riedlinger
Rathaus, die am 30. Todestag zur Gedenkstunde für Ludwig Walz wurde. Nicht
die Entstehung der Eichenau, die seiner Initiative und seinem Einsatz als
Riedlinger Bürgermeister von 1947 bis 1954 zu verdanken ist und 150
Flüchtlingen Heimat bot, stand dabei im Mittelpunkt. Gewürdigt wurde sein
Einsatz für jüdische Mitbürger und hier insbesondere für die jüdische
Gemeinde in Buttenhausen während des Dritten Reiches.
Zwischen 1934 und 1942 brachte er einmal wöchentlich bei Nacht Lebensmittel
auf die Alb. Und er scheute sich trotz der Gefahr für sich und seine Familie
auch nicht, Juden noch während ihrer Deportation mit Essen zu versorgen.
Eine davon war die Familie des Rabbiners Naphtalie Berlinger. Er selber
starb im Konzentrationslager in Theresienstadt an Auszehrung. Seine Tochter
Jette Gut-Berlinger war es, die Ludwig Walz zur Ehrung als 'Gerechter unter
den Völkern' in Israel vorschlug, dem Ehrentitel für nichtjüdische Personen,
die während der nationalsozialistischen Diktatur ihr Leben für verfolgten
Juden einsetzten.
Und hier kommt Marlis Glaser ins Spiel, die Malerin aus Attenweiler, die es
sich in ihrem Abraham-Projekt zur Aufgabe gemacht hat, Portraits von
jüdischen Verfolgten und Überlebenden zu malen und sie so dem Vergessen zu
entreißen. Sponsoren, wie der einstige Verleger und Redaktionsleiter der
schwäbischen Zeitung in Ehingen, Veit Feger sorgen dafür, dass diese Bilder
im öffentlichen Raum gezeigt werden können. So auch in Riedlingen, wo jetzt
das Portrait von Ludwig Walz im Sitzungssaal seinen Platz gefunden hat. Dazu
das Werk 'Und Ludwig pflanzte einen Baum', gehört durch das Pflanzen eines
Baumes mit zu der Auszeichnung als 'Gerechter unter den Völkern'.
Eine Video-Botschaft von Aaron Berlinger aus New York machte den Anwesenden
im Sitzungssaal auf eindrucksvoller Weise deutlich, welche Wertschätzung
Ludwig Walz ob seines Einsatzes genoss. Begegnungen mit der Familie Berliner
gab es nach dem Krieg in Israel und Deutschland..."
Zum weiteren Lesen bitte Textabbildung anklicken.
Link zum Artikel (für Abonnenten der "Schwäbischen Zeitung") |
Rechts die
Bilder von Marlis Glaser:
Portrait Ludwig Walz und zu
"Und Ludwig pflanzte einen Baum"
(Foto: Veit Feger) |
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Rechts bei
der Video-Botschaft
von Aaron Berlinger,
im Vordergrund Marlis Glaser
(Foto: Veit Feger) |
|
Informationen zu
Ludwig Walz vgl. Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Walz |
Juni 2023:
Die Denkmale zur jüdischen
Geschichte müssen saniert werden - die Stadt hat es in Auftrag gegeben
Bericht von Günter Randecker
anlässlich einer Führung auf den Spuren der jüdischen Geschichte in
Buttenhausen an Fronleichnam 2023: "Rundgang auf jüdischen Spuren in
Buttenhausen. Mehr Pflege für Mahnmal-Umgebung ist nötig.
Buttenhausen. 'Wir wollen diese Gedenkstätte stets in Ehren halten'.
Das sagte 1961 der damalige Bürgermeister Otto Gräter bei der Einweihung des
jüdischen Mahnmals in der Ortsmitte von Buttenhausen, und: 'Wir wollten von
den Opfern das zurückbringen, was zurückgebracht werden konnte: die Namen
der Toten.' 44 Namen stehen auf drei Gedenkstelen. Aber: mehr als hundert
Namen fehlen noch, so Günter Randecker beim jüngsten Rundgang auf jüdischen
Spuren in Buttenhausen am Fronleichnamstag 2023. Um diese Namen zu
verewigen, so Randecker, müsste eine weitere Gedenktafel aufgestellt werden.
Indes ist auf dem benachbarten Platz, wo früher das Lindauersche Anwesen
sich befand, ein neues Feuerwehrmagazin errichtet worden. Und ein Teil der
Gedenkstätte (nämlich die Hälfte des Begrenzungsmäuerchens samt Sitzbank)
wurde beseitigt; an dieser Stelle wurde ein Geldautomat aufgestellt. Einen
gepflegten Eindruck macht die unmittelbare Umgebung des Mahnmals derzeit
nicht. Die Gedenkstätte, gewidmet den 'Brüdern und Schwestern der jüdischen
Gemeinde Buttenhausen, die als Opfer nationalsozialistischer Verfolgung ihr
Leben lassen mussten', befindet sich an diesem Fronleichnamstag des Jahres
2023 in einem unwürdigen Zustand, wie mehrere Teilnehmer kritisierten.
Im Zuge der Straßensanierung an der Mühlsteige ist der Platz der ehemaligen
Synagoge von der Stadt Münsingen neu gestaltet worden, mit Pflasterung und
mächtigen Randsteinen. Das wurde von den Besuchern als positiv empfunden. :
Die Umrisse der 1938 von den Nazis niedergebrannten Synagoge sollten - wie es
der Künstler Boris Grünwald schon vor 15 Jahren wünschte - durch Pflasterung
sichtbar gemacht werden. Man darf erwarten, dass die Stadt Münsingen noch
eine Hinweistafel aufstellen lässt, etwa so: 'Nationalsozialisten zerstörten
am 10. November 1938 dieses jüdische Gotteshaus.' Das Häuschen direkt
gegenüber der ehemaligen Synagoge gehörte einst dem
Metzinger Strickwarenfabrikanten
Adolf Herold: 1933 war er gezwungen worden, aus dem Metzinger 'Schwäbischen
Albverein' auszutreten. Er wurde 1938 in einer Regionalzeitung 'Metzingens
einziger Jude' genannt. Adolf Herold wurde mit seiner Ehefrau 1941 ins
Vernichtungslager Riga-Jungfernhof verschleppt. In Metzingen gibt es bisher
keine dingliche Erinnerung an die Familie, keinen Stolperstein, keine
Straße, keinen Platz.
Im Rahmen des Rundgangs wurde die 15. Auflage des Gedenkbuches 'Juden und
ihre Heimat Buttenhausen' vorgestellt; ein Anhang des Buchs beschäftigt sich
mit dem Thema: 'Vor 100 Jahren: Echaztal - Lautertal. Über die Anfänge des
Naziterrors auf der Alb'." |
NACHTRAG: Die
Gemeindeverwaltung Münsingen teilte auf Anfrage am 16.Juni 2023 mit, dass
der Platz beim Mahnmal hergerichtet wird; der Auftrag dazu sei bereits vor
langem an eine Firma erteilt worden. |
Der derzeitige (Mitte
Juni 2023)
Zustand bei den Denkmalen
(Fotos: Veit Feger) |
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Die neu gepflasterte
Grundfläche der ehemaligen Synagoge an der Mühlsteige |
Das Mahnmal
in Ortsmitte und seine Umgebung: der Platz wird dominiert vom benachbarten
neuen Feuerwehrgerätehaus |
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August 2024:
Eberhard Zacher bewahrt die
Erinnerung an die jüdische Geschichte |
Artikel in tagesschau.de vom 31.
August 2024: "Baden-Württemberg: Juden in Buttenhausen: Eberhard Zacher
bewahrt ihre Geschichte
Das kleine Buttenhausen auf der Schwäbischen Alb wurde durch jüdische Kultur
geprägt. Die Geschichte der Juden wurde nach dem Krieg lange verschwiegen.
Eberhard Zacher erzählt sie. Dort, wo einst die Synagoge stand, feiert
Buttenhausen (Kreis Reutlingen) am ersten September den Europäischen Tag der
jüdischen Kultur. An das frühere Gotteshaus erinnert heute ein Gedenkstein.
Der heutige Teilort von Münsingen wurde lange von Juden geprägt. Wer mit
Eberhard Zacher durch die Gemeinde geht, merkt das schnell. An fast jeder
Ecke erzählt der 85-Jährige eine Geschichte der Buttenhausener Juden. Diese
wurden lange verschwiegen, doch der pensionierte Geschichtslehrer hat viele
davon wieder ausgegraben.
Heute gibt es in Buttenhausen keine Juden mehr. 'Die Synagoge mussten
sie zweimal anzünden. Beim ersten Mal waren sie viel zu besoffen und die
Feuerwehr konnte den Brand löschen', beschreibt Zacher die Ereignisse der
Reichspogromnacht 1938 in Buttenhausen. Heute leben in der Gemeinde keine
Juden mehr. Wer noch konnte, floh. 44 Jüdinnen und Juden wurden deportiert
und starben in Konzentrationslagern oder auf dem Weg dorthin. Wie an so
vielen Orten endete durch die Nazis auch die Geschichte der jüdischen
Landgemeinde Buttenhausen.
Juden suchen und finden Schutz in Buttenhausen. Dabei kamen schon die
ersten jüdischen Familien 1787 nicht ganz freiwillig auf die Schwäbische
Alb. Damals galt noch ein Jahrhunderte altes Testament des Herzogs und
Gründers der Tübinger Universität, Eberhard im Bart, dass sich Juden nicht
in Württemberg niederlassen dürfen. 'Und da waren die Menschen froh, wenn
ihnen ein Freiherr Schutz angeboten hat', sagt Zacher. Genau das tat der
Freiherr von Liebenstein, der im 18. Jahrhundert über Buttenhausen
herrschte. Anfangs lebten die Buttenhausener Juden und die christlichen
Einwohner noch streng getrennt. 'Wenn wir hier über die Brücke über die
Lauter gehen, kommen wir ins damalige jüdische Ghetto', sagt Zacher. Der
pensionierte Geschichtslehrer braucht keine Zettel, wenn er die Geschichten
erzählt. Er hat sie im Kopf.
Zacher kennt fast jede Lebensgeschichte der Juden. Bei fast jedem
Haus weiß der 85-Jährige, wer dort wohnte, welchen Beruf er oder sie hatte,
wie die Menschen gelebt haben. Teilweise hat er selbst die Stolpersteine als
Erinnerung an sie vor den Häusern angebracht. Zum Europäischen Tag der
jüdischen Kultur gibt es zwei neue Steine in Buttenhausen. Sie erinnern an
Berthold und Dora Maier, die eine Viehhandlung betrieben. 'Sie sind beide im
letzten Transport im Oktober '42 nach Theresienstadt gekommen', sagt Zacher.
Wenige Monate später starben beide im dortigen Konzentrationslager. Den
kurzen steilen Anstieg zum Gedenkstein für die Synagoge geht Zacher mit
festem Schritt recht locker hoch. Sein Alter ist dem Engstinger nur
anzumerken, wenn er von seiner Kindheit in der rheinland-pfälzischen Stadt
Worms und der Nachkriegszeit in Tübingen spricht. Nur wenige Meter weiter
oben befindet sich der jüdische Friedhof mit gut 400 Gräbern. 'Das ist
eigentlich der einzige Grund, warum Nachfahren hierher kommen. Um ihren
Toten zu gedenken', sagt Zacher, der mit vielen von ihnen in Kontakt steht.
Buttenhausener Juden: 'Eine fast vergessene Erfolgsgeschichte. 'Fast
150 Jahre herrscht in Buttenhausen Zacher zufolge ein 'gutes Miteinander
zwischen Juden und Christen'. Der kleine Ort wird aufgrund von neuen
Geschäften sehr wohlhabend. Es gab sogar eine zu dieser Zeit eher seltene
Realschule in Buttenhausen. Für Historiker Zacher eine Erfolgsgeschichte
jüdischen und christlichen Zusammenlebens, die nach dem Krieg gerne
verschwiegen wurde.
Exkursion nach Buttenhausen bringt Zacher zum Thema. Der Engstinger
gräbt sie seit 50 Jahren wieder aus. Damals machte er mit einer Handvoll
Schülern eine Exkursion nach Buttenhausen. 'Aber über jüdische Kultur wollte
keiner mit uns sprechen. Zufällig haben wir aber die Frau von Walter Ott
getroffen', sagt Zacher heute. Der habe sich damals um den jüdischen
Friedhof gekümmert und habe selbst schon einige Lebensgeschichten
recherchiert gehabt. Mit den Aussagen von Ott konnten Zacher und seine
Schüler damals ihre Arbeit über die jüdische Landgemeinde Buttenhausen
schreiben. 'Aber wenn ich heute darauf gucke, wussten wir eigentlich gar
nichts', so der 85-Jährige. Gemeinsam mit Ott sammelt er über die Jahrzehnte
immer mehr Briefe aus Konzentrationslagern, Sterbeurkunden und die
Lebensgeschichten der Buttenhausener Juden."
Lass uns doch mit den Juden in Ruhe "Vor knapp zehn Jahren ist Ott
verstorben, Zacher hält seine Totenrede. Weil sie gute Freunde wurden, aber
auch weil Walter Ott zeitlebens angefeindet wurde, so Zacher: "Da haben
schon einige gesagt, lass uns doch mit den Juden in Ruhe." Den Engstinger
hat das nie abgeschreckt. Für ihn gehört die Erinnerung zur Aufarbeitung
dazu. Im Geschichtsverein Münsingen, der vor fast genau 20 Jahren gegründet
wurde, kümmert er sich federführend um die Buttenhausener Juden. Seine
Recherchen haben Zacher das Bundesverdienstkreuz eingebracht. Trotz der
Aufarbeitung der jüdischen Geschichte in Buttenhausen sieht er heute aber
noch Problematisches. Laut Zacher leben die Nachfahren auf einem geklauten
oder geraubten Wohlstand.
Die Kinder und Enkel der einstigen Vorfahren, die zur Nazi-Zeit hier
gelebt haben, sitzen nun auf einem geklauten oder geraubten Wohlstand von
Bildern, von Teppichen, (...) Schmuck, den ihre Vorfahren damals den Juden
aus den Häusern geraubt haben. Eberhard Zacher, pensionierter
Geschichtslehrer.
Zacher möchte Antisemitismus entgegenwirken. Heute gehen die Menschen
mit dem Thema jedoch deutlich besser und offener um, meint Zacher. Auch,
wenn er nicht versteht, dass Antisemitismus wieder salonfähig geworden ist.
Mit seiner Arbeit möchte er dem entgegenwirken. Doch auch er wird kürzer
treten, was bei seinem Alter von 85 Jahren verständlich ist. Dann müssen
andere die Geschichte der Buttenhausener Juden erzählen. Sendung am So.,
1.9.2024 6:00 Uhr, Sonn- / Feiertagmorgen, SWR1."
Link zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und
Hohenzollern. 1966. S. 54-58. |
| G. Jahn u.a.: Alltag im Nationalsozialismus, dargestellt am
Schicksal der Juden von Buttenhausen. Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte
(Klasse 10b der Freibühlschule Engstingen) 1980/81. |
| Juden und ihre Heimat Buttenhausen. Hg. von der Stadt Münsingen. Bearbeitet
von Günter Randecker. 1987. |
| Paul Sauer: Zweihundert Jahre Judenschutzbrief Buttenhausen, in:
Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 47 (1988) S. 309ff. |
| Juden in Buttenhausen. Ständige Ausstellung in der Bernheimer'schen
Realschule Buttenhausen (Hg. Stadt Münsingen), Schriftenreihe des
Stadtarchivs Münsingen Band 3. 1994. 2004². |
| Publikation zu Gustav Landauer und seine zeitweise
Beziehung zu der aus Buttenhausen stammenden Clara Tannhauser
(Abbildungen unten von der Buchvorstellung im Landratsamt Reutlingen am
15.4.2013):
|
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Irmtraut Betz-Wischnath (Hg.): Gustav Landauers Briefe an Clara Tannhauser 1892.
Bearbeitet von Christoph Knüppel. Documenta suevica Bd. 22. Edition
Isele. Konstanz - Eggingen 2013.
276 Seiten mit 14 Abb. ISBN 978-3-86142-569-4.
Informationen
auf Verlagsseite.
|
Beschreibung:
1892, im Königreich Württemberg: Gustav und Clara, er 22-jähriger Sohn eines jüdischen Schuhhändlers und sie 21-jährige Tochter eines jüdischen Viehhändlers, entdecken ihre Liebe zueinander und versprechen sich ohne Wissen ihrer Eltern die baldige Ehe. Was die Beziehung schwierig macht: Clara hatte zwar ihre Jugendjahre in einem Heidelberger Töchterpensionat verbracht, wohnt aber seitdem wieder bei ihren konservativen Eltern im schwäbischen Judendorf Buttenhausen, während Gustav zuletzt in der Reichshauptstadt Berlin Philosophie und neuere Philologie studierte, sich dort dem radikalen und betont religionsfeindlichen Flügel der Arbeiterbewegung angeschlossen hat und gerade an seinem ersten, von Nietzsche und Stirner inspirierten Roman schreibt. Später wird er ein bekannter Vortragsredner, Theater- und Literaturkritiker, zeitweise auch Dramaturg, bleibt jedoch vor allem eins: ein Anarchist, der leidenschaftlich für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit kämpft, der die Verhältnisse zum Tanzen bringen will und das Himmelreich auf Erden herbeisehnt, Brot, Schönheit und Lust. Weil Gustav bewusst ist, dass diese unterschiedlichen Welten nur schwer zu überbrücken sind, ruft er seiner Geliebten immer wieder die Notwendigkeit ihrer meist heimlich geführten Korrespondenz ins Gedächtnis und fordert sie auf, all ihre Eindrücke, Gedanken und Urteile mit ihm zu teilen. Zum Glück für den heutigen Leser beherzigt er diese Aufforderung auch selbst – und so tauschen die Verlobten bald sogar ihre Tagebuchaufzeichnungen aus.
'Freiheit ist heute schon da' erklärt der eifrige Schreiber Clara und bestärkt sie in ihrem Versuch, die dörfliche Enge hinter sich zu lassen. Allen Bemühungen und Beteuerungen der Liebenden zum Trotz findet die Geschichte kein Happy End. Gustav verbindet sich in Berlin Hals über Kopf mit einer klassenbewussten und bildungshungrigen Proletarierin, Clara heiratet daraufhin rasch einen gemeinsamen Vetter aus Buttenhausen, der im Ländle geblieben war und sich redlich als Kaufmann und Teilhaber der Textilgeschäfte
'Brüder Landauer' nährt.
Der vorliegende Band dokumentiert die bislang unveröffentlichten Briefe und Tagebuchaufzeichnungen Gustav Landauers aus dieser bewegten Zeit (die Mitteilungen seiner Briefpartnerin, die leider verloren sind, spiegeln sich in ihnen wider) und versieht sie mit ausführlichen Kommentaren. Ergänzt werden diese Kommentare durch eine kenntnisreiche Einleitung, die auch Landauers literarische Verarbeitung der Erlebnisse behandelt, sowie durch 32 Stammtafeln zu den weitverzweigten Familien Landauer und Tannhauser aus dem schwäbischen Landjudentum. Die Stammtafeln erleichtern dem Leser die Orientierung bezüglich der in den Briefen und im Kommentar genannten Personen, verdeutlichen aber auch exemplarisch die Kohäsion der jüdischen Familien, die sich nach der Ausstellung eines Schutzbriefes (1787) in Buttenhausen niedergelassen hatten, ihre Abwanderung in die größeren Städte nach der rechtlichen Gleichstellung und den damit verbundenen Rückgang der Kinderzahl, den Wandel der Vornamen als Ausdruck wachsender Assimilation, sowie die erzwungene Emigration aus einem feindlich gewordenen Heimatland. Und sie setzen all jenen Familienmitgliedern ein Denkmal, die im Holocaust ermordet wurden. |
|
| Christoph Knüppel: Von Buttenhausen nach
Palästina. Briefe der schwäbischen Jüdin Fanny Levi an ihre Kinder und
Enkelkinder. In: Münsinger Jahrbuch, Jg. 5/6 (2012/13), S. 79-141
[erschienen Mai 2014]. |
|
Publikation der Landeszentrale für politische Bildung
zu Buttenhausen (2013)
Materialien: "Wir als Juden können diese Zeit nie
vergessen". Die Juden von Buttenhausen - Vom Leben und Untergang
einer Landgemeinde in Württemberg.
Hrsg. von der Landeszentrale für politische Bildung
Baden-Württemberg.
Stuttgart 2013.
Nähere Informationen über www.gedenkstaetten-bw.de/publikationen0.html
Link
zum Download der Publikation (pdf-Datei, 2,6 MB) |
| Stadt Münsingen (Hrsg.): Geschichtlicher Rundgang
Buttenhausen, Münsingen 2019. |
| Eberhard Zacher: Jüdisches Leben in Buttenhausen,
hrsg. von der Stadt Münsingen, 2023, ISBN 978-3-9813648-7-3. |
| ders.: Der Pogrom des 9./10. November 1938 in
Buttenhausen, in: Münsinger Jahrbuch, 2009, S. 71-77. |
| ders. mit M. Kreye, Die Juden von Buttenhausen. Materialien
zur Landeskunde und Landesgeschichte (hg. vom Oberschulamt Tübingen) Heft
13, ohne Jahr (ca. 1997). |
| ders.: Ludwig Peter Walz, Helfer bedrängter Juden in
Buttenhausen, in: Mut bewiesen. Widerstandsbiographien aus dem Südwesten.
Landeszentrale für politische Bildung Stuttgart, hrsg. von Angela Borgtet
u.a., Stuttgart 2017, S. 259-267. |
| ders.: Die Geschichte der Juden dem Vergessen entrissen.
Walter Ott und seine Erinnerungsarbeit in Buttenhausen. In: Münsinger
Jahrbuch, 2018-21, S. 25-32. |
| ders.: Der Jüdische Friedhof in Buttenhausen, in:
Münsinger Jahrbuch, 2018-21. S. 109-131. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Buttenhausen Wuerttemberg.
Jewish settlement began in 1787 when 25 families received residence rights from
the local ruler. By the mid-19th century the Jews formed the majority of the
total and constitued its wealthy class, reaching a peak population of 442 in
1870. Buttenhausen became one of the region's centers of commerce and culture,
with the Jews remaining prominent even as their number began to dwindle,
primarily due to emigration to the United States and the larger German cities
and a sharply declining birthrate (from 10.3 per family in 1850 to 2.1 in 1925).
Most Jews were engaged in the cattle trade; the wealthiest owned a cigarette
factory. Throughout the period relations with the local population were
excellent and little cooperation was extended to the Nazi authorities, with
local residents removing the contents of the synagogue for safekeeping when SA
troops set it on fire on Kristallnacht (9-10 November 1938). Few of the
town's 89 Jews had left at that point; 39 emigrated by 1941; 109, including
refugees from Stuttgart and Heilbronn-Sontheim,
were expelled to the Riga ghetto on 16 December 1941 and to the Theresienstadt
ghetto on 22 August 1942. After the war, local townsman erected monuments to
commemorate the fallen and mark the site of the razed synagogue.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|