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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Stuttgart (Baden-Württemberg)
Betsäle/Synagogen bis 1938/41
Hinweis auf weitere Seiten
mit Texten zur jüdischen Geschichte Stuttgarts im 19./20. Jahrhundert
(Texte aus jüdischen Periodika):
- Allgemeine Berichte sowie Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und
Vereinsleben (interner Link)
- Berichte zu den Rabbinern,
Lehrern und Kultusbeamten der Gemeinde (Hauptgemeinde) (interner
Link)
- Berichte zur orthodoxen
"Israelitischen Religionsgesellschaft" (interner
Link)
- Berichte zu einzelnen Personen aus
der jüdischen Gemeinde (interner Link)
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinden in Stuttgart und ihrer Betsäle/Synagogen
Übersicht:
I. Mittelalter
II. 16. Jahrhundert
III. 18. Jahrhundert
IV. 19./20. Jahrhundert
Die Hauptsynagogen
mit Fotos
Die Synagogen der orthodoxen Israelitischen Religionsgesellschaft
mit Fotos
Der Betsaal des ostjüdischen Vereins
"Linath Hazedek" mit Fotos
Der Betsaal des ostjüdischen Vereins "Esras Achim"
mit Fotos
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
I.
Mittelalter
In Stuttgart bestand eine kleine jüdische Gemeinde zunächst im
Mittelalter.
1343 wird der Jude Loew genannt, der unter Graf Ulrich III. eine bedeutende
Stellung einnahm. Die Judenverfolgung während der Pestzeit vernichtete im
November 1348 die kleine Gemeinde. Einige Jahrzehnte später (seit 1393) werden
wieder Juden in der Stadt genannt, die nun in der St.-Leonhards-Vorstadt ansässig
waren. 1488/98 wurden die Stuttgarter Juden ausgewiesen.
Synagogen im Mittelalter. Die jüdischen Familien wohnten zunächst im
Bereich der Dorotheenstrasse, wo sie auch eine "Judenschule" (Synagoge;
vermutlich auf dem Gelände des heutigen Innenministeriums Dorotheenstrasse 6)
hatten. Seit Ende des 14. Jahrhunderts war die jüdische Ansiedlung in der
heutigen Brennerstrasse, die bis zum 19. Jahrhundert "Judengasse" hieß. Auch
hier konnte wieder eine Synagoge eingerichtet werden. Zusammen mit einem
rituellen Bad befand sie sich auf dem Anwesen Brennerstrasse 12. Es sind keine
Spuren dieser mittelalterlichen Gemeinde mehr erhalten.
Darstellung von Juden an
der
Stiftskirche in Stuttgart
(Fotos: Hahn, 24. Juli 2007) |
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Darstellung von
Juden an der Stiftskirche in Stuttgart |
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Die älteste jüdische
Ansiedlung war
im Bereich der Dorotheenstraße |
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Straßenschild
"Dorotheenstraße" |
Blick in die Dorotheenstraße
- an das
Mittelalter erinnert hier nichts mehr |
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Die Brennerstrasse in Stuttgart,
frühere
"Judengasse"
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Straßenschild mit Erinnerung
an
die frühere "Judengasse" |
Blick in der Brennerstraße
von der Esslinger Straße |
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Blick in die
Brennerstraße Richtung Stadtmitte |
II.
16. Jahrhundert
Unter Herzog Friedrich I. wurden 1598 jüdische Kaufleute der Firma Gabrieli
& Co. in Stuttgart aufgenommen, deren Gründer Maggino Gabrielli eine
hervorragende Persönlichkeit war. Trotz des Einspruches der Landstände und des
Hofpredigers wurden Gabrieli und sieben Genossen in Stuttgart aufgenommen. Als
sie in dem ihnen angewiesenen "Armbrustschützenhause" am Marktplatz einen
Betsaal einrichteten, entstand jedoch eine große Erregung, sodass sich der
Herzog entschloss, Gabrieli den Kammerschreiberei-Ort Neidlingen bei Kirchheim
unter Teck als Wohnort zuzuweisen. Dort freilich war das Unternehmen nicht
lebensfähig, Gabrieli und Genossen zogen nach drei Monaten wieder ab und ließen
sich mit besserem Erfolg in Lothringen nieder.
| Literatur: Daniel Jütte: Abramo Colorni, jüdischer
Hofalchemist Herzog Friedrichs I. und die hebräische Handelskompagnie des
Maggino Gabrielli in Württemberg am Ende des 16. Jahrhunderts. In:
Aschkenas. Zeitschrift für Geschichte und Kultur der Juden 15/2005 Heft 2
S. 435-498.
|
III.
18. Jahrhundert
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde Stuttgart geht in die Zeit Anfang
des 18. Jahrhunderts zurück. Wie an fast allen Fürstenhöfen Europas hatten
auch in Stuttgart sogenannte Hofjuden und Hoffaktoren eine Anstellung gefunden.
1710 wird ein erster Hofjude genannt, 1712 vier weitere. 1721 waren es sieben
Hofjuden, unter denen sich David Uhlmann besondere Verdiente erwarb. Bis zu
seinem Tod 1782 stand er 55 Jahre im Dienst des Herzogs. Weitere unter dem persönlichen
Schutz des Herzogs stehenden Juden waren bis um 1800 zugezogen, darunter
Hofbankier Jakob Kaulla aus Hechingen. Von der Familie Kaulla wurde 1802 die Württembergische
Hofbank gegründet.
Betsaal im 18. Jahrhundert. Die Niederlassung der Hofjudenfamilien
wurde in Stuttgart insbesondere von den Kirchenvertretern misstrauisch
beobachtet. Konsistorialdirektor Johannes Osiander empfahl beim Synodus des
Jahres 1715, darauf Acht zu geben, ob die Juden beabsichtigten, eine Synagoge zu
errichten. Anfang 1717 kamen dem Konsistorium Gerüchte zu Ohren, dass die
Juden, die in Stuttgart beim Hirschwirt wohnten, dort Gottesdienste abhielten.
Die Untersuchung der Angelegenheit brachte jedoch kein Ergebnis. Da es sich
offenbar im Laufe der Jahre nicht verhindern ließ, dass die Juden in
bescheidenem, privatem Rahmen ihre Gottesdienste feierten, wurde von der Kirche
alsbald nur noch darauf geachtet, dass deren Religionsausübung möglichst
unauffällig vonstatten ging. So wurde 1748 erst reagiert, als die Lautstärke
des jüdischen Gottesdienstes zur Folge hatte, dass die Menschen auf der Strasse
vor einem jüdischen Haus stehen blieben und zuhörten. Einzelne württembergische
Theologen konnten dem jüdischen Gottesdienst damals sogar positive Aspekte
abgewinnen. Konsistorialrat Christian Friedrich Faber berichtete 1737 in einer
Predigt über einen jüdischen Gottesdienst: "Wie andächtig sind sie bei ihrem
Gottesdienst. Keiner unter ihnen verlässt die Versammlung mutwilliger Weise.
Sie beten mit großer Andacht und lassen sich durch nichts irre machen. Es mag
in ihre Synagogen kommen, wer da will, sie sehen sich nicht einmal um..."
Erinnerung an die Zeit der
Hoffaktoren des
18. Jahrhunderts in Stuttgart: der
"Joseph-Süß-Oppenheimer-Platz" lässt an
den Justizmord an Joseph Süß Oppenheimer
denken (1738)* |
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*Zu
Joseph Süß Oppenheimer siehe den Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Süß_Oppenheimer
Literatur: u.a. Hellmut G. Haasis: Joseph Süß Oppenheimer - Finanzier,
Freidenker, Justizopfer. Rowohlt Reinbek 1998.
ders.: Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer. Kultur- und
Veranstaltungs GmbH. Worms 2012.
vgl. auch http://haasis-wortgeburten.anares.org/
(zum Thema "Judenhass")
Jud Süß Oppenheimer hielt sich im Rahmen seiner geschäftlichen
Aktivitäten für Herzog Carl Alexander, dessen Geheimer Finanzrat er seit
1733 war, zunächst vor allem in Ludwigsburg auf, wo er ein bis heute
erhaltenes Haus in der Hinteren Schloßstraße erhalten hatte (heute
Mömpelgardstraße 18). 1736 erwarb Oppenheimer ein großes
Herrschaftshaus in Stuttgart (das ehemalige Katharinenstift). Oppenheimer
konnte mit Zustimmung des Herzogs noch weiteren jüdische Familien den
Zuzug nach Stuttgart und Ludwigsburg verschaffen. Der überraschende Tod
des Herzogs Carl Alexander am 12. März 1737 bedeutete die Katastrophe
für Oppenheimer. Er wurde verhaftet und aus allen Funktionen und Ämtern
verlassen. Nach einem zweifelhaften Gerichtsverfahren, in dem man ihm
freilich keine Rechtsbrüche schlüssig nachweisen konnte, wurde er am 4.
Februar 1738 in Stuttgart hingerichtet. Der Herzog-Administrator Karl
Rudolf unterschrieb das Todesurteil mit der Bemerkung: "Das ist ein
seltenes Ereignuß, daß ein Jud für einen Christenschelmen die Zeche
bezahlt".
Der baden-württembergische Landtag und die Israelitische
Religionsgemeinschaft in Württemberg verleihen seit 2015 in Stuttgart die
Joseph-Ben-Issachar-Süßkind-Oppenheimer-Medaille
Zur Preisverleihung 2017 an den Rabbiner Tovia Ben-Chorin und den
muslimischen Psychologen Ahmad Mansour vgl. http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/29738 |
IV.
19./20. Jahrhundert
1832 konnte eine neue Gemeinde gegründet werden, die im Laufe der folgenden
Jahrzehnte eine stürmische Entwicklung nahm. Von gerade 126 Gemeindegliedern im
Jahr 1833 stieg deren Zahl bis zum Jahr 1875 auf 2.291 an. Die starke Zunahme
war bedingt durch einen nicht aufzuhaltenden Zuzug der Juden aus zahlreichen jüdischen
Landgemeinden. Bis 1925/33 sollte die Zahl der jüdischen Einwohner Stuttgarts
auf ca. 4.500 Personen anwachsen, um danach zunächst langsam und infolge der
1933 erfolgten Machtübernahme durch die Nationalsozialisten immer schneller zurückzugehen.
Nach den Deportationen kamen in der NS-Zeit kamen von den 1933 in Stuttgart etwa
4.500 jüdischen Einwohnern mindestens 1.200 ums Leben.
Die Stuttgardia - Modell
für sie stand
1905 als "typisches Stuttgarter Mädchen"
die
jüdische Stuttgarterin Else Weil
(Fotos: Hahn, 24.7.2007) |
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Stuttgardia mit
Hinweistafel: "Plastik von Heinz Fritz (1905) für den Turm des 1944
zerstörten Rathauses, erneut angebracht 1968. Modell für die
'Stuttgardia' war Else Weil,
geboren in Stuttgart, in der NS-Zeit als
Jüdin in die USA geflüchtet, beerdigt auf dem
Pragfriedhof; Hinweis:
mehr zu Familie Weil aus Aufhausen: weitere
Informationen. |
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Gedenken am ehemaligen "Hospitalhof"
(inzwischen abgebrochen) in Stuttgart,
ehemals Standort des
Polizeigefängnisses
(Fotos: Hahn, 24.7.2007) |
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Inschrift:
"Im Gebäude des Stuttgarter Dominikanerklosters und späteren
städtischen Hospitals
war seit 1895 das Polizeigefängnis untergebracht.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden
hier viele Menschen gequält
und gedemütigt. Zum Gedenken an die Sinti und Roma,
Mitbürgerinnen und
Bürger, die dem nationalsozialistischen Völkermord zum Opfer fielen.
Dem
Gedenken an die jüdischern Mitbürgergerinnen und Mitbürger, die entrechtet,
deportiert und ermordet wurden. Zum Gedenken an alle, die aus politischen
und
religiösen Gründen verfolgt wurden. |
Betsäle/Synagogen im 19./20. Jahrhundert
Die
Hauptssynagogen
Im 19. Jahrhundert
wurden die Gottesdienste
zunächst in Privathäusern abgehalten, vor allem in der Häusern des Hoffaktors
Seligmann in der Kronprinzstrasse und der Familie Kaulla (Schmale Strasse 11
bzw. Königstrasse 35; alle Gebäude bestehen nicht mehr).
1808
wurde ein Betsaal
im "Alten Waldhorn" gemietet. Nachdem Ende 1832
eine neue Gemeinde in Stuttgart
offiziell gegründet worden war (am 11. Dezember 1832 wurde erstmals ein
Vorsteheramt gewählt), bemühte sie sich um die Einrichtung eines Betsaales.
Ein Baukomitee wurde gegründet, das zunächst nach einem geeigneten Grundstück
suchte. Im April 1837
konnte man ein geeignetes Gebäude kaufen und in dessen
Hintergebäude in der Langen Gasse 16
einen Betsaal beziehungsweise eine erste Synagoge einrichten. Im September
1837
wurde der Betsaal feierlich eingeweiht. Damals betrug die Zahl der jüdischen
Familien erst 15. Bei der
Einweihung des Betsaales wirkten neben Vorsänger Eichberg im musikalischen Teil
auch Mitglieder der Hofkapelle mit.
Die Einweihung der Synagoge (1837)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 21. Oktober 1837: "Stuttgart, 27. September (1837).
Heute wurde die neueingerichtete jüdische Synagoge eingeweiht. Das
Nähere darüber soll später erfolgen". |
1845 machte man den Betsaal heizbar. Durch
das schnelle Anwachsen der Gemeinde war nach wenigen Jahren und vor allem an den
Feiertagen zunächst ein Mangel
an Frauenplätzen in diesem Betsaal entstanden, da dieser im ganzen nur 220 bis
230 Sitzplätze hatte. Bereits 1850
musste man an den Neubau einer Synagoge
denken und wählte hierzu Baukommission in der Gemeinde. Eine Erweiterung der
bisherigen Synagoge wurde in einer Gemeindeversammlung im Oktober 1852 abgelehnt.
Über das
gottesdienstliche Leben in der
1837 eingeweihten Synagoge liegen einige Berichte vor, aus denen zu entnehmen
ist, dass der Gottesdienst in der traditionellen Weise abgehalten wurde. Das
Vorsteheramt lehnte noch um 1850 die Einführung von Reformen (deutscher
Gottesdienst, mit Chorgesang und Orgelbegleitung) ab. Nach Meinung von
Reformgesinnten war dies der Grund, warum in der Synagoge kaum religiöses Leben
stattfand und die Gottesdienste - vor allem zu Schabbat - so schlecht besucht
waren. Charakteristisch für die Einstellung der Reformgesinnten war die Meinung
von Adolph Levi, die im Bericht vom Oktober 1851 mitgeteilt wird. Aus dem
Bericht von 1852 erfährt man, dass vor allem die Predigten von Rabbiner Dr.
Maier auf ein großes Interesse in der Gemeinde stießen.
Über das gottesdienstliche Leben in Stuttgart
(1851)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. Juli
1851: "Stuttgart, im Juli (1851). Ordnung und Anstand beim
Gottesdienste ist das erste Bedürfnis, um andächtig vor Gott stehen zu
können. Leider wird häufig weder Ordnung noch Anstand in den
israelitischen Gebethäusern gefunden. Man sollte glauben, dass in einer
Gemeinde wie Stuttgart, dem Sitze der königlichen israelitischen
Oberkirchenbehörde, jenes erste Bedürfnis befriedigt würde. Doch weit
davon entfernt, wird selten eine Synagoge getroffen werden, in welcher es
- leider muss ich das scharfe Wort gebrauchen - so skandalös beim
Gottesdienste hergeht, wie eben hier. Während der Vorsänger andächtig
die Gebete verrichtet, sehen Sie Gruppen von Männern, welche sich ganz
gemütlich miteinander unterhalten, Sie hören ein Summen, gerade als ob
Sie auf dem Marktplatze stehen würden. Das 'erkenne vor wem Du stehst'
kommt da gar nicht in Betracht. Es ist hier bloß von dem Gottesdienste an
den Festtagen die Rede, denn am Schabbat ist Gruppierung und
Gesumme unmöglich, da - in einer Gemeinde von über 70 Familien - beinahe
kein Minjan (10 religionsmündige Männer) in der Synagoge zu treffen
ist.
'Woher kommt unsere Hilfe?' Von der Oberkirchenbehörde oder von dem
Kirchenvorsteheramte haben wir wenig zu erwarten; denn, wenn beide
Korporationen schon so lange Nichts für unser Bestes getan, was werden
sie jetzt, so spät noch ihre Kräfte für uns anstrengen? Hat ja die
Oberkirchenbehörde Nichts für uns geschaffen, so lange sie besteht, als
die 'Synagogenordnung', aber - keine Ordnung in der Synagoge. Stemmt sich
doch das Kirchenvorsteheramt und besonders das geistliche Mitglied
desselben mit allen Kräften gegen deutschen Gottesdienst, mit Gesang und
Orgelbegleitung, während andererseits die Knaben, um die Bracha am
Konfirmationstage sagen zu können, sich dieselben mit lateinischen
Lettern aufschreiben lassen. Das ist ein Gebet mit Andacht! Ich
könnte Ihnen noch manche hübsche Anekdote erzählen, welche Ihnen
gehörig die Lage der religiösen Angelegenheiten Stuttgarts ins Licht
setzen würden, aber vorderhand will ich noch schweigen!
Ich erwarte, wie ich schon oben bemerkte, nicht viel von der
autokratischen Verwaltung des geistlichen Mitgliedes der
Oberkirchenbehörde. Hoffen wir, dass dieses die hier gesagten wenigen
Worte beherzigen, damit uns viele erspart seien! Hoffen wir, dass man mit Ernst
zur Reform der Verhältnisse in und außer der Synagoge schreite! Hoffen
wir, dass die Oberkirchenbehörde der Mahnung unserer alten Weisen Gehör
gebe: 'Sage wenig und tue viel!' Jemand, der sich nennen will."
|
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Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. Oktober
1851: "... Eine sehr interessante Persönlichkeit ist der junge Literat
Adolph Levi, Schwager des Professors Dr. Gustav Weil in
Heidelberg. Ein Mann, der fast alle europäischen Sprachen wie die
Muttersprache handhabt. Aber eine zum Stolz gewordene Bescheidenheit
fesselt ihn in der Studierstube und als ich ihm darüber Vorwürfe machte,
und seinen Ausflüchten entgegenhielt, wenn er unter minder günstigen
Verhältnissen geboren, für seinen Erwerb sorgen müsste, er gezwungen
wäre, seine Studien der Mitwelt zu Nutze zu machen, erwiderte er mir:
lieber würde er dann Steine klopfen, als gegen seine Neigung den
literarischen Markt betreten. Derselbe junge Mann ist es, der für die
Einführung der Orgel beim jüdischen Gottesdienst mit Eifer kämpft; aber
der Indifferentismus der Gebildeten lässt dieses Streben nicht aufkommen.
Stuttgart, das jetzt vielleicht 80 bis 90 israelitische Familien zählt,
hat gar kein jüdisch-kirchliches Leben- Nur bei den Klubs in der
Garküche findet man historisches Judentum. Da fallen mit Heine's Verse
bei:
In Frankfurt kam ich am Schabbes an Und aß dort Schalet und Käse -
Ihr habe doch die beste Religion - Ich aß0 auch gern
Gänsegekröse..." |
Über den Gottesdienstbesuch und Rabbiner Dr.
Maiers "meisterhafte Vorträge" (1852)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 22. November 1852 (nur auszugsweise zitiert): "Aus
Württemberg, im November (1852). .... Stuttgart zählt jetzt
nahezu an 100 jüdische Familien, aber die Räume des Gotteshauses
stehen meistens leer, die wenigen Besucher sind Fremde, die der religiöse
Dran hintreibt und Maiers meisterhafte Vorträge anziehen. An den hohen
Festtagen 'sieht man zuweilen den Alten gerne', dann ist der Betsaal
überfüllt und fasst nicht die Gemeinde. Aus dem Grunde wünscht die
Minorität der Gemeinde den Bau einer neuen würdigen Synagoge und hofft
von ihr die Regeneration des kirchlichen Lebens, aber der nervus rerum
gerendarum gibt den Ausschlag, und wir haben keinen Rothschild, der
70.000 Gulden zu einem Synagogenbau zeichnet; freilich halten die Gegner
des Synagogenbaus mit Recht das entgegen, dass das religiöse Element
überhaupt brach liege, denn der Religionsunterricht liege im Argen. Wenn
auch Kirchenrat Maier die vorgeschriebenen Unterrichtsstunden erteilt, das
reicht nicht hin. Für's Land ist ein Reglement zur Erteilung des
jüdischen Unterrichts erschienen, da sollen die Schüler die heilige
Ursprache der Schrift und der Gebete verstehen, aber in der Residenz sei
der religiöse Indifferentismus patentisert. Das eifert auch der Stuttgarter
Geistliche in seinen Predigten, das hat er besonders am Versöhnungsfeste
gepredigt, und wurde deshalb von den Blasierten
angegriffen...." |
Über die alte Synagoge, die eindrucksvollen Predigten
von Dr. Maier und den Vorsänger Herrn Eichberg
(1857)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. August 1857 (nur
auszugsweise zitiert): "Reiseskizzen aus Württemberg (Schluss). Gehen wir
nun von diesem einfachen Provinzialstädtchen zur Residenz über und
beschauen uns das jüdische Wesen, so weit es in unsern Anschauungskreis
gekommen. Die israelitische Gemeinde in Stuttgart ist erst in ihrer
Entwicklung, weil seit der 1848ger Periode dieselbe im stetigen Wachsen
ist. Die bisherigen Institutionen der alten, aber kleinen Gemeinde sind in
bester Ordnung, für die vergrößerte Gemeinde bedürften sie der
Erweisung, und diese ist hauptsächlich dadurch angebahnt, dass der
Synagogenbau beschlossen. Die bisherige Synagoge ist ein kleines (für die
frühere Gemeinde geräumig genug, aber elegant eingerichtete Betlokal, in
welchem Herr Kirchenrat Dr. Maier bekanntlich seine eindrucksvollen
Predigten hält. Im Übrigen hat auch in dieser Synagoge keinerlei Reform
Platz genommen, als die Auslassung der Piutim; der dreijährige Zyklus (sc.
der Toralesungen) ist nicht eingeführt. Wohl aber herrscht darin Ordnung
und Anstand, wie es von gebildeten Leuten zu erwarten ist. Der Vorsänger,
Herr Eichberg, trägt die Gebete auf würdige Weise vor, scheint
überhaupt seinem Fache gewachsen zu sein, indem er auch Kenntnisse der
hebräischen Sprache besitzt..." |
1856 stand das der
Witwe des Legationsrates Reuß gehörige Haus Hospitalstrasse
36 samt
dem dazugehörigen Garten zum Verkauf frei. In diesem Haus hatte von 1851 bis
1855 der Dichter Eduard Mörike gelebt. Der jüdische Weinhändler Heinrich
Hirsch wollte zunächst das Anwesen erwerben. Als er vom Wunsch der jüdischen
Gemeinde hörte, auf diesem Grundstück gegebenenfalls eine Synagoge zu bauen,
trat er von dem Kauf zugunsten der Gemeinde zurück. Die jüdische Gemeinde
kaufte das Anwesen mit Kaufvertrag vom 9. Mai 1856 und beschloss, auf dem
Grundstück eine neue Synagoge zu bauen.
Für den Bau der Synagoge waren auf die Ausschreibung der jüdischen Gemeinde
vier Baupläne eingegangen. Unter
ihnen wurde derjenige des Baurates Gustav Breymann ausgewählt. Am 26. Mai
1859
konnte der Grundstein zur neuen Synagoge in der Hospitalstrasse gelegt werden.
Nach dem frühen Tod von Architekt Breymann im August 1859 setzte sein Schüler
Adolf Wolff den Bau fort. Neuislamische Elemente prägten das Äußere und
Innere der Synagoge. Die zur Hospitalstrasse gerichtete Ostfassade war von
maurischen Zinnen gekrönt. Diese fanden sich auch auf den kleinen Pavillons,
durch die der Weg zu den Eingängen führte. Im mittleren Teil der Fassade
zeigte eine Apsis den Standort des Toraschreines an; darüber erhob sich ein mit
islamischen Pflanzenornamenten reich geschmückter Rundbogen. Im Inneren waren
die Säulen und Bögen nach dem Vorbild der Alhambra im spanischen Granada
gestaltet. Vor allem fielen die Kapitelle mit den gezackten Bögen und den
Pflanzenornamenten auf, die Stilelemente des Löwenhofs der Alhambra imitierten.
Der maurische Stil war in Stuttgart schon von einem anderen Bauwerk her bekannt:
1842-1845 hatte König Wilhelm I. das Schloss Wilhelma in Cannstatt in
maurischem Stil nach dem Vorbild der Alhambra in Granada erbaut.
Synagogenarchitekt Adolf Wolff besuchte häufig die Wilhelma, um deren Form und
Zeichnung zu studieren. Auch die in Mannheim und Frankfurt am Main erbauten
Synagoge besuchte er, um Anregungen zur Ausführung der Stuttgarter Synagoge zu
bekommen.
Auf dem Hintergrund dieses Synagogenbaus ist die jüdische Gemeinde in
Stuttgart zu sehen, die überwiegend den Willen nach einer völligen Integration
hatte und ihr Judentum eher als Konfession auffasste, doch beim Wissen um
eine Akzeptanz und Gleichberechtigung in der Umwelt auch ihren eigenen Charakter
zu betonen wusste. Stuttgart war für die jüdische Gemeinde Heimat beworden. An
einer Stelle der vorderen Synagogenkuppel war Psalm 132,14 zitiert: "Das
ist für immer der Ort meiner Ruhe; hier will ich wohnen, ich habe ihn mir
erkoren".
Bei der Synagogeneinweihung am 3. Mai 1861 endete das
Schlussgebet der Einweihungspredigt des Rabbiners Dr. Maier mit den Worten:
"Ja, dir, geliebtes Stuttgart, unserem Jerusalem, wünschen wir Heil!".
Rabbiner Dr. Maier schuf für den neuen Gottesdienst auch eine neues Gebetbuch.
Die Verlesung der Tora wurde auf drei Jahre verteilt; traditionell wird die Tora
in einem Jahr gelesen. Das Prophetenwort (Haftara) sollte deutsch vorgetragen
werden. Eine Orgel und ein Synagogenchor gehörten alsbald zur Verschönerung
der Gottesdienste dazu. Die Baukosten der Synagoge betrugen über 110.000
Gulden, die überwiegend von den Gemeindegliedern erbracht wurden. Von
staatlicher Seite wurde eine Unterstützung von 2.500 Gulden bewilligt.
Presseartikel zur Geschichte der Synagoge
Bei einer Architektenversammlung in Stuttgart werden
die Pläne für die neue Synagoge präsentiert (1859)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. Januar
1859: "Bei der Architektenversammlung in Stuttgart waren auch die
Risse der neu zu erbauenden Synagoge in Stuttgart von Professor Breymann
entworfen, ausgestellt, und zogen die Aufmerksamkeit der Künstler auf
sich. wir werden später Gelegenheit bekommen, diese Angelegenheit
ausführlicher zu besprechen". |
Grundsteinlegung für die neue Synagoge
(1859)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Juni
1859: "Stuttgart, 27.Mai (1859). (Staats-Anzeiger für
Württemberg). Gestern fand die feierlich Grundsteinlegung der hiesigen
neu zu erbauenden Synagoge statt. Neben der israelitischen
Oberkirchenbehörde und den Vorständen der hiesigen israelitischen
Gemeinde wohnten der erhebenden Feierlichkeit die Mitglieder der Gemeinde
sehr zahlreich bei. Die Staatsbehörde war durch Herrn Stadtdirektor
Oberregierungsrat von Mejer, die Stadt durch Herrn Stadtschultheiß von
Gutbrod vertreten. Herr Kirchenrat Maier hielt die Festrede, in welcher er
mit ergreifenden Worten auf den Geist religiöser Duldsamkeit hinwies, der
unter unseres verehrten Königs segensreicher Regierung Württemberg
beglückt. Vor und nach der Rede wurde durch Mitglieder der Gardemusik ein
Choral abgeblasen. In dem Grundsteine wurden neben dem Risse und den sonst
üblichen Dokumenten Ähren und Wein vom letzten Herbste und sämtlich neu
geschlagene württembergische Münzen niedergelegt. Möchte der Geist
religiöser Duldsamkeit, welchem dieses Gotteshaus sein Entstehen verdankt,
stets mehr und mehr in allen Herzen Wurzel schlagen!" |
Die Synagoge geht ihrer Vollendung entgegen
(1860) S
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Dezember
1860: "(Stuttgart). Die Synagoge geht rasch ihrer Vollendung entgegen, sie
ist in reinem maurischen Stil ausgeführt und wird eine architektonische
Zierde der schwäbischen Residenzstadt bilden. Man hofft, dass sie bis zum
Wochenfeste dem frommen Zwecke der öffentlichen Gottesverehrung kann
übergeben werden." |
Besuch des Königs in der (fast fertigen) Synagoge und Bericht über die neue
Gebetordnung (1861)
Anmerkung: es handelt sich um einen Besuch des Königs Wilhelm I. in der
Synagoge (lebte von 1781 bis 1864, war von 1816 bis 1864 König von
Württemberg)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. Mai
1861: "...In derselben Woche noch war es dem Herrn Dr. Levi
gegönnt, in Gemeinschaft mit den Mitgliedern des israelitischen
Kirchenvorsteheramtes in Stuttgart, Seine Majestät den König in
den Räumen der neuen Synagoge zu empfangen und den achtzigjährigen
geistesfrischen, rüstigen Greis durch die frommen Hallen des Tempels zu
führen. Es ist dieses schon der zweite Besuch des Königs, der sich sehr
befriedigt und erfreut über die solide und geschmackvolle Bauart
aussprach. Er erkundigte sich huldvoll über die Gemeindeverhältnisse und
Kultangelegenheiten, freute sich über die Einführung der Orgel und des
Sängerchors. Dr. Levi, der den Bautechniker bei der Leitung des
Baugeschäftes assistierte, konnte Seiner Majestät mit eingehender
Sachkenntnis die ganze Architektur erläutern. Auf die Äußerung des
Dankes sagte Seine Majestät, dass er wohl wisse, dass die Israeliten des
Landes ihm immer anhänglich gewesen.
Die Stuttgarter Synagoge ist im maurischen Stil ausgeführt. Der Entwurf
für den Bau hat den verstorbenen Professor Baurat Breymann zum Verfasser,
die ganze Ausführung der Risse wie des Baues selbst hat dessen
talentvoller Schüler Architekt A. Wolff übernommen und mit seltener
Meisterschaft vollendet. Das Innere wird von nahe 200 Gasflammen
erleuchtet.
Die Synagoge kostet gegen 100.000 Gulden, ohne manche Gegenstände inneren
Schmuckes, die frommer Sinn gestiftet hat. In der lithographischen Anstalt
von B. Levi in Stuttgart in eine Abbildung der Synagoge in Farbendruch
erschienen, die Kunstfreunden zu empfehlen und durch jede Kunst- und
Buchhandlung zu 1 1/5 Thaler zu beziehen ist.
Für die neue Synagoge ist ein neues Gebetbuch erschienen:
|
Seder
Tefillah - Israelitische Gebetordnung für Synagoge und Schule,
wie zur häuslichen Gottesverehrung. Bearbeitet und im Auftrag des
Königlichen Württembergischen Ober-Kirchenbehörde herausgegeben von Dr.
Joseph Maier, Kirchrat und Rabbiner zu Stuttgart. In zwei Bänden.
Erster Band: Gottesdienst für Werktage, Sabbate und drei Feste. Stuttgart
- Metzler. Nur Esehu mekomon und bame madlikin sind neben dem Pijut dem
Untergang geweiht; sonst wird jeder gute Israelite seinen alten Sidur
wiederfinden und wenn das Halbhundert eingeflochtene deutsche Choräle
nicht stört und die Klänge der Orgel frommen Ohren kein Gräuel sind, so
würden auch die Orthodoxesten rufen: 'Hier gut Württemberg allewege!'.
Doch der dreijährige Zyklus des Sabbat-Vorlesungen, das ist der
leibhaftige 'Magnitsagen' nur eine Konzession zur Verkürzung des
Gottesdienstes und für die Lungen des Vorbeters, aber dem jüdischen
Kalender dadurch angepasst, dass jede Sidra dreigeteilt ist und das
Kirchenjahr mit Bereschis beginnt und mit Vesos habrocho schließt. Der
lange wehu ketum ist kurz geworden. Veränderungen, die das Dogma berühren
und Umgestaltungen der Agende sind nach der Vorrede von vornherein
ausgeschlossen. Ob die extremen Parteien von rechts und links sich mit
dieser Liturgie befreunden, muss die Folge lehren, jedenfalls legt sie das
Zeugnis von dem Streben des gelehrten Herrn Verfassers ab, das Gefühl
keiner Partei zu verletzen.
Seit einigen Jahren sind vier außerwürttembergische Rabbiner bei uns
nationalisiert und in unsern Staats- und Kirchendienst getreten und noch
zwei weitere Rabbinate sind erledigt. Am jüngsten Feste des Auszugs aus
Ägypten vom Sklavendienst zur Freiheit ist der Rabbiner Dr. Michael
Güldenstein in Buchau vom
Knechtesdienste des irdischen Lebens zur Freiheit des ewigen Leben
eingegangen. Es werde ihm die Erde leicht, auf der er 45 kurze Jahre
gewandelt und seiner Gemeinde ein treuer Hirte, seinen Schülern ein
emsiger Lehrer, seiner Familie ein teueres Glied und seinen Freunden ein
lieber Genosse gewesen ist. Fahre hin zum Frieden!!
Ich will die Worte des Friedens und das Fahrewohl, das ich mit
blutendem Herzen einem teuren Freunde nachgerufen, nicht durch einen
Misston entweihen und von einer unerquicklichen Polemik berichten, die
Herr Rechtskonsulent Alexander Bacher bei Gelegenheit der Wahl einiger
Kirchenvorsteher in Stuttgart, in die Gemeinde geschleudert. Die frivole
Heine'sche Schreibweise und die beißende Satire, mit der er seine
Glaubensgenossen und ihre Religion herabsetzt, kann selbst dadurch nicht
entschuldigt werden, dass er für einen werten Verwandten in die Schranken
tritt. Wer sich selbst als religiös indifferent bezeichnet, der sollte im
Schmähen auch nicht fanatisch werden.
Am 3. Mai wird die Stuttgarter Synagoge eingeweiht. Mein Nächstes
wird, so Gott will, darüber berichten. -
Es bilden sich bei uns allenthalben israelitische Almosenvereine zum
Zwecke der Verabreichung von Gaben an arme, notleidende, reisende
Israeliten; wodurch der Bettel in den Häusern völlig abgeschafft wird.
Die Rabbiner sind gewöhnlich sehr bereitwillig in der Legalisierung von
Bettelbriefen, und durch diesen Missbrauch wird den Zeugnissen mancher
dieser Herren gar kein Wert beigelegt. Dadurch, dass einer ein Lamden und
ein Pole ist und obgleich er auf zarat habat (?) reist, gewinnt er
kein Anrecht, den verschämten, heimischen Armen vorgezogen zu werden. Die
Bescheidenheit braucht keinen autorisierten Bettelbrief, sie empfiehlt
sich durch sich selbst. -
Die Stuttgarter Bürgerzeitung berichtet Folgendes: Der Verkauf der
Synagogenstände in der neuen Synagoge hat 53.000 Gulden abgeworfen
und es bleiben noch so viele Stände zu verkaufen, dass damit die Kosten
des wunderbar schönen Neubaus gedeckt werden können. Einzelne der Stände
wurden zu 500-600 Gulden ersteigert, da die patriotische Beteiligung der
Gemeindemitglieder sich opferfreudig aufs Glänzendste
bewährte..." |
Die Einweihung der Synagoge (1861)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. Mai
1861: "Stuttgart, 4. Mai (1861). Die feierliche Einweihung der
neuen israelitischen Synagoge ging gestern Abend um 6 Uhr unter
allgemeiner Teilnahme vor sich. Der Königliche Hof wurde durch den
Oberstallmeister Grafen von Taubenheim vertreten, der Geheime Rat durch
dessen Präsidenten Staatsminister Freiherrn von Neurath, das Ministerium
durch den Herrn Minister Freiherr von Linden und den Kult-Departementschef
Staatsrat von Golther. Außerdem waren die Bezirks- und Gemeindebehörden,
die evangelische und katholische Geistlichkeit, der Turnverein und der
Liederkranz vertreten, und auch viele christliche Bewohner Stuttgarts
hatten sich eingefunden, den herrlichen Tempel, der ein Meisterwerk der
Baukunst ist, zu beschauen und der schönen Feier anzuwohnen. Um 6 Uhr
folgte der feierliche Einzug mit den Torarollen, voran der Oberrabbiner
Kirchenrat Dr. Maier mit dem Vorsänger Eichberg und hinter ihm die
Rabbiner von Karlsruhe, Mannheim, Heidelberg, Frankfurt, Mainz, ferner von
Freudental, Mergentheim, Mühringen, Laupheim und Jebenhausen. Die
Festrede hielt Kirchenrat Maier, nachdem die Torarollen in die Bundeslade
im Allerheiligsten gebracht worden waren. Die Beleuchtung war feenhaft.
Nachher fand der gewöhnliche Abendgottesdienst
statt." |
|
Der nachfolgende Bericht aus der
konservativ-orthodoxen Zeitschrift "Der Israelit" enthält in
den ersten Zeilen Kritik am Stuttgarter
"Reformjudentum" |
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14.
Mai 1861: "Stuttgart, 7. Mai (1861). Am Samstag, den 4. Mai
wurde hier der prachtvolle Reformtempel eingeweiht; von weit und breit
hatten sich die Reformrabbiner zum 'Feste' eingefunden, das man auf den
Sabbat der Thochacha (Bechoktai) anberaumt hatte. Nachmittags wurde
tapfer gezecht und der Württembergische Staats-Anzeiger (Nr. 107)
berichtet von der mit allgemeinem Beifalle aufgenommenen Aufforderung des
Herrn Kirchenrats Maier, 'ein volles Glas zu leeren.'
(Wir wissen nicht, was unsern Korrespondenten zu dieser letzten bitteren
Bemerkung veranlasst; der Trinkspruch des Herrn Maier ist vollkommen
harmlos. Wir stellen den betreffenden Artikel des Württembergischen
Staats-Anzeigers hierher: Stuttgart, 5. Mai (1861). Gestern feierte die israelitische
Gemeinde die Einweihung ihres prachtvollen Tempels nachträglich mit einem
Festmahle, das sehr zahlreich besucht war. Kirchenrat Dr. Maier brachte
bei demselben folgenden mit allgemeinem Beifall aufgenommenen Trinkspruch
auf Seine Majestät den König aus: Von Augustus rühmt die Geschichte,
dass er das hölzerne Rom, welches er angetreten, seinem Nachfolger als
ein steinerner hinterlassen habe. Ein Ähnliches kann sich unser König
rühmen. Aus Stuttgart, das, als er zum Throne gelangte, eine kleine Stadt
mit meist hölzernen Häusern war, ist unter seiner Regierung eine große
Stadt mit monumentalen Gebäuden geworden, die mit den schönsten und
größten anderer Städte wetteifern können. Unter den Baudenkmalen,
welche unter der Herrschaft dieses Königs entstanden sind, wird das Haus,
dessen Weihefest uns hier beim heitern Mahle vereinigt, zu allen Zeiten
eine hervorragende Stelle einnehmen. Nun ist zwar unsere Synagoge nicht
auf Geheiß des Königs, sondern auf Befehl des Königs aller Könige
entstanden; allein so ganz ohne Einfluss ist unser geliebter König doch
nicht darauf geblieben. Zur Entstehung einer solchen Synagoge war vor
allen Dingen unbeschränkte Gewissensfreiheit nötig, d.h. das Recht,
nicht nur die Religion ungehindert auszuüben, sondern auch alle Anstalten
errichten zu dürfen, welche die Pflege und die Ehre derselben erfordert.
Diese Gewissensfreiheit verdanken wir aber unserm hochverehrten Könige,
welcher der Erste unter Deutschlands Fürsten die israelitische Kirche zum
Rande einer Staatskirche erhob und ihr alle Rechte und Befugnisse der
übrigen im Staate bestehenden Krchen einräumte. Aber nicht nur die
Gewissensfreiheit war nötig, wenn eine solche Synagoge entstehen sollte,
sondern auch die Gewerbefreiheit, das Recht, jeden ordentlichen Beruf und
jedes redliche Gewerbe an jedem Orte des Landes treiben zu dürfen. Diesem
Rechte verdankte die hiesige Gemeinde die numerische Größe und dne
Wohlstand, der es ihr möglich machte, ein solches Gotteshaus erbauen zu
lassen. Bei den gewerblichen Beschränkungen, wie sie früher bestanden,
wäre ihr ein solcher Aufwand unmöglich gewesen. Ist es aber nicht unser Körnig,
der auch diese Freiheit uns gewährte? Sie sehen, meine verehrten Festgenossen,
dass unser König ein volles Recht sich erworben und wir die volle Pflicht
haben, dass wir heute Seiner in Liebe und Verehrung gedenken und auf
höchstdessen eben und Gesundheit ein volles Glas leeren. Seine Majestät,
der König, lebe hoch!)." |
Schreiben der bürgerlichen Kollegien (Gemeinderat und
Bürgerausschuss) an Rabbiner Dr. Maier zur Synagogeneinweihung
(1861)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Juni
1861: "Stuttgart, im Mai (1861). Nachstehendes Schreiben,
welches in Folge der Einweihung der neuen Synagoge dahier von den bürgerlichen
Kollegien der Stadt an den Geistlichen der israelitischen Gemeinde, Kirchenrat
Dr. Maier, gerichtet wurde, verdient als ein schönes Zeichen der Zeit
allgemeine Beachtung, weswegen wir es hiermit der Öffentlichkeit
übergeben: 'Es haben Euer Hochwürden it Ihren israelitischen
Glaubensverwandten in den ersten Tagen dieses Monats eine Freude und eine
Befriedigung genossen, welche, wie sie selten in der Geschichte unseres
Vaterlandes vorkommt, so auch eine ungewöhnliche Wichtigkeit und
Bedeutung an sich trägt. Das erste Verdienst für die Erbauung der neuen
Synagoge in unserer STadt gebührt wohl der hiesigen israelitischen
Gemeinde, welche mit großer, durch den hohen Zweck gesteigerter
religiöser Begeisterung die sehr beträchtlichen Mittel hingegeben und
beschaffen hat, die zur Herstellung des Prachtbaues nötig waren, der
nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für die künftigen
Jahrhunderte eine Zierde der Königlichen Haupt- und Residenzstadt sein
wir, wie solcher ein ehrendes Denkmal der Frömmigkeit ihrer
israelitischen Bewohner und unserer Zeit ist. Gleichwie aber der Segen von
oben kommt, so hat bei der feierlichen Einweihung des neuen Gotteshauses
die Gemeinde mit Recht den ersten Dank dem allmächtigen Gott dargebracht,
der die menschlichen Dinge leitet und ordnet. Nach diesem Danke gebührt
unstreitig den Männern, welche die Vollstrecker des göttlichen Willens
gewesen, für ihre treue Pflichterfüllung, für ihren unermüdeten Eifer
und für ihre patriotische Aufopferung das dankbare Anerkenntnis ihrer
Nebenmenschen. Die Gemeindekollegien unserer Stadt, deren Mitglieder in
großer Anzahl zu der Ehre berufen wurden, an dem Einweihungsfeste Teil zu
nehmen, sehen sich nun besonders verpflichtet, diesem Danke Worte zu
verleihen. Es liegt klar vor Augen, dass Euer Hochwürden bei den
Vorbereitungen wie bei der Feststellung des Planes und bei der Ausführung
des schönen Werkes einen Mittelpunkt gebildet, und dass Hochdieselben in
Verbindung mit den sehr verehrlichen Mitgliedern des israelitischen
Kirchenvorsteheramtes die höchste Anerkennung verdient haben. Genehmigen
nun Euer Hochwürden unsere aufrichtigen Dankesäußerungen, welche wir
hiermit Hochdenselben und Ihren verehrten Kollegen im Kirchenvorsteheramte
gegenüber aussprechen für das wohl gelungene Werk, empfangen Sie unsere
herzlichsten Glückwünsche zu dem erstrebten Besitz des neuen prächtigen
Tempels, bei dessen Erbauung Sie von einem ausgezeichneten Architekten
unterstützt wurden, und seien Sie unserer aufrichtigen Teilnahme und
Freude versichert an dem wichtigen Ereignis, durch welches das religiöse
Bedürfnis Ihrer Gemeinde so schön und würdig befriedigt wurde. Möge
der Segen Gottes, welcher in diesem Tempel zunächst von Euer Hochwürden
in einer erhebenden Weise angerufen und gesprochen wird, reichlich
ausströmen in die Gemeinde und in dieser viele und gute Früchte tragen,
möge dieser Segen in derselben auch in den kommenden Zeiten seine
erfreulichen Wirkungen äußern, möge in solcher Eintracht und Friede,
die Grundlage des Wohlstandes, auch für die Zukunft erhalten werden. Wir
beharren etc. Stuttgart, den 13. Mai. Gemeinderat und
Bürgerausschuss.'". |
Näheres über das Publikum bei den Festlichkeiten zur
Einweihung der Synagoge sowie weitere Informationen (1861)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 25. Juni 1861: "Württembergische Briefe von Alexander
Elsäßer.
II. Der Monat Mai 1861 ist für die Israeliten Württembergs
epochemachend, durch die Einweihung der neuen Synagoge in Stuttgart, nicht
durch den herrlichen Bau, noch durch die Festlichkeiten, die im Gefolge
der Einweihung begangen wurden, sondern durch die Teilnahme, die das
gebildete Bürgertum der Residenz ihren israelitischen Mitbürgern bei der
Konsolidierung ihrer neuen Kultuszustände kundgab. Wir wollen darum auch
nicht über die Festlichkeit selbst uns ins Breite auslassen, denn der
Festzug, die Einweihung selbst und das Zweckessen, sie werden sich von
anderen derartigen Veranlassungen durch ihre Solennität, wie sie ein
Residenzpublikum mit sich bringt, ausgezeichnet haben, aber im Ganzen
werden sie |
anderen
derartigen Festlichkeiten ähnlich gewesen sein. Dass der Königliche Hof
durch den Generaladjutanten Grafen von Taubenheim, die Königliche
Regierung durch mehrere Minister, die Bezirks- und städtischen,
weltlichen und geistlichen Behörden vertreten waren, war unter den
bestehenden Verhältnissen in unserer schwäbischen Hauptstadt nicht
anders zu erwarten. Wenn Seine Majestät der König dem Geistlichen der israelitischen
Gemeinde, dem Kirchenrat Dr. Maier und dem Kirchenvorsteher Dr.
Adolph Levi durch den Herrn Grafen von Taubenheim seinen Dank
und seine Anerkennung ausdrücken ließ, so ist dieses ein Akt der
Courtoisie, der wohl anderwärts Bewunderung erregen kann, bei uns aber
bei dem greisen Ritter ohne Furcht und Tadel so natürlich gefunden
wird, dass wir es füglich unterlassen, es als etwas Außerordentliches
darzustellen. Was die Israeliten Württembergs ihrem Könige zu verdanken
haben, das drückt ein Toast des Kirchenrats Dr. Maier beim
Synagogeneinweihungsfestmahle in sehr beredten Worten aus. wir lassen den
Trinkspruch hier folgen:
Von Augustus rühmt die Geschichte, dass er das hölzerne Rom, welches er
angetreten, seinem Nachfolger als ein steinernes hinterlassen habe.
Ein Ähnliches kann sich unser König rühmen. Aus Stuttgart, das, als er
zum Throne gelangte, eine kleine Stadt mit meist hölzernen Häusern war,
ist unter seiner Regierung eine große Stadt mit monumentalen Gebäuden
geworden, die mit den schönsten und größten anderer Städte wetteifern
können. Unter den Baudenkmalen, welche unter der Herrschaft dieses
Königs entstanden sind, wird das Haus, dessen Weihefest uns hier beim
heiteren Mahle vereinigt, zu allen Zeiten eine hervorragende Stelle
einnehmen. Nun ist zwar unsere Synagoge nicht auf Geheiß des Königs,
sondern auf Befehl des Königs aller Könige entstanden; allein so ganz
ohne Einfluss ist unser geliebter König doch nicht darauf geblieben. Zur
Entstehung einer solchen Synagoge war vor allen Dingen unbeschränkte
Gewissensfreiheit nötig, d.h. das Recht, nicht nur die Religion
ungehindert auszuüben, sondern auch alle Anstalten errichten zu dürfen,
welche die Pflege und die Ehre derselben erfordert. Diese
Gewissensfreiheit verdanken wir aber unserm hochverehrten Könige, welcher
der Erste unter Deutschlands Fürsten die israelitische Kirche zum Range
einer Staatskirche erhob und ihr alle Rechte und Befugnisse der übrigen
im Staate bestehenden Kirchen einräumte. Aber nicht nur die
Gewissensfreiheit war nötig, wenn eine solche Synagoge entstehen sollte,
sondern auch die Gewerbefreiheit, das Recht, jeden ordentlichen Berufe und
jedes redliche Gewerbe, an jedem Orte des Landes treiben zu dürfen.
Diesem Rechte verdankte die hiesige Gemeinde die numerische Größe und
den Wohlstand, der es ihr möglich machte, ein solches Gotteshaus erbauen
zu lassen. Bei den gewerblichen Beschränkungen, wie sie früher
bestanden, wäre ihr ein solcher Aufwand unmöglich gewesen. Ist es aber
nicht unser König, der auch diese Freiheit uns gewährte? Sie sehen,
meine verehrten Festgenossen, dass unser König ein volles Recht sich
erworben und wir die volle Pflicht haben, dass wir heute Seiner in Liebe
und Verehrung gedenken und auf Höchstdessen Leben und Gesundheit ein
volles Glas leeren. Seine Majestät, der König, lebe hoch!
Wenn der Redner den Aufschwung der Stuttgarter israelitischen Gemeinde
nicht allein der Gewissens-, sondern der Gewerbefreiheit und dem Freizügigkeitsrechte
zuschreibt, so hat er vollständig Recht, denn am Ausgang des vorigen
Jahrhunderts hatte noch kein Israelit das Niederlassungsrecht in Stuttgart
und wenn Einer auch die Aufenthaltserlaubnis bekam, so durfte doch kein
jüdisch-religiöser Kausalfall, wie Trauungen, Beschneidungen etc.
dort vorgenommen werden. Der kaiserlich königliche Rath Jakob Kaulla mit
Familie war der Erste der vom König Friedrich das Stuttgarter
Bürgerrecht im Gnadenwege erhielt. Anders haben sich die Verhältnisse
mit dem Regierungsantritte des Königs Wilhelm gestaltet. Die numerische
Größe und ihren Wohlstand hat die Stuttgarter israelitische Gemeinde nur
der weisen Gesetzgebung ihres Landesherrn zu danken; den Zunftzopf und
Spießbürgertum sträubten sich stets gegen die Gleichstellung der Juden.
Die guten Städte - die Städter erster Klasse werden nach
altschwäbischem Brauch gute Städte genannt - machten prinzipiell
gegen jede Aufnahme auswärtiger Juden Opposition und dieselbe musste
stets auf dem Rekurswege durch das Königliche Oberamt, oder die
Königliche Regierung erzwungen werden. Es liefert das den Beweis, dass,
wenn auch das Gesetz für die Juden sprach, so war das Bürgertum doch
gegen sie. Anders hat jetzt die Sache sich gestaltet. Die Stuttgarter
bürgerlichen Kollegien, ausgezeichnet durch die Intelligenz und den
Besitzstand ihrer Chargierten, haben eine so freudige Teilnahme bei der
Synagogeneinweihung bewiesen und ihre bürgerfreundlichen Gesinnungen
gegen ihre israelitischen Gemeindegenossen in einem Schreiben an den
Kirchenrat Maier, als Vorsitzenden des israelitischen
Kirchenvorsteheramtes, niedergelegt, welche Sie bereits in No. 23 dieses
Blattes mitteilten. |
Dass
zu diesen schönen Anerkennungen, die dem jüdischen Kultus und seinen
Bekennern zuteil geworden, die Predigten des Rabbinen und die neue
Gebetordnung wesentlich beigetragen haben, darf nicht verkannt werden. Die
drei Reden, die zum Abschiede aus der alten und zur Einweihung der
neuen Synagoge in Stuttgart von Kirchenrat Rabbiner Dr.
Maier gehalten worden, sind soeben unter dem Titel: 'Die Synagoge'
im Metzler'schen Verlage erschienen. Diese homiletische Kundgebung ist
eine schöne Trilogie. Die erste Rede, am Sabbat Achre den 20. April 1861
beim Abschied aus der alten Synagoge gehalten, ist ein schönes 'Lebewohl'
an das alte Gotteshaus, und die Textesworte 2. Mose 20: 'An jeglichem
Orte, wo man meines Namens gedenken wir, will ich zu Dir kommen und Dich
segnen', legen dar, dass nicht der Ort den Menschen, sondern der Mensch
den Ort heiligt. Haus, Werk- und Berufsstätte, Vergnügungsplatz und
Tempel werden durch des Menschen Wandel geheiligt, und dann wird Gott an
jeglichem Orte, wo wir seines Namens gedenken, uns segnen. - Die zweite
Rede bei der Einweihung der neuen Synagoge am Vorabende des Sabbats Behar
den 3. Mai 1861 hat zum Texte Haggai 2,9: 'Größer wird sein die Ehre
dieses zweiten Hauses als die des ersten etc.' Der Text wird zuerst in
seiner geschichtlichen Bedeutung behandelt und eine Parallele zwischen Einst
und Jetzt gezogen und die Freiheit des Kultus gegen den früheren
Druck dankend gerühmt. Die Bestimmung des Hauses, ein Bethaus, in dem das
ganze Leben im Lichte der Religion verklärt wird. Ein Friedenshaus,
Friede dem Herzen, in der Sündennot, in der Drangsal des Lebens; Friede
dem Hause, wenn Zwietracht drinnen waltet; es bringt Friede unter
Nachbarn und Bürgern, Friede dem Nebenmenschen, Friede mit Gott. -
Die dritte Rede beim Frühgottesdienst desselben Sabbats spricht von der rechten
Liebe zum Gotteshaus, Text Psalm 26,8. Der neue Kultus mit deutschen
Gesang und zeitgemäßen Änderungen in der Gebetordnung wird
gerechtfertig; Heiligung des Sabbats und Liebe zum Gotteshaus müssen Hand
in Hand gehen, dann wird das Haus Gottes Sitz für die Dauer der Zeiten.
Gotteshaus und Lehrhaus ergänzen sich gegenseitig, die Schule ist der
Vorhof der Synagoge, doch nicht das Lernen ist die Hauptsache, sondern die
Tat. - Wir haben hier nur abrupte Gedanken gegeben, und
verstümmeln dadurch das herrliche rhetorische Meisterwerk, das von echt
jüdischem Geist beseelt, Bibel und jüdische Sentenzen fromm und sinnig
unterlegt und paraphrasiert. Den rechten Eindruck wird man aus der Schrift
selbst gewinnen. -
Herr Kirchenrat Maier, das theologische Mitglied unserer israelitischen Oberkirchenbehörde,
sagt ebenso schön als wahr: die Schule sei der Vorhof zur Synagoge: warum
fehlt aber in Württemberg jede Gelegenheit zur Vorbildung für das
rabbinische Wissen? Sollte in Stuttgart nicht von Amtswegen dafür gesorgt
werden, dass Gymnasiasten, die mosaische Theologie studieren wollen, auch
jüdisches Wissen sich aneignen können? - Dem vielbeschäftigten Rabbinen
Stuttgarts wird es nicht möglich sein, solchen Unterricht zu erteilen,
aber doch könnte eine passende Persönlichkeit dazu gefunden werden, die
aus Mitteln der Königlichen Zentralkirchenkasse bezahlt, amtlich
verpflichtet würde, täglich jungen Rabbinatskandidaten Unterricht im
rabbinischen Wissen zu erteilen. Wir kennen mehrere Fälle, in welchen
jungen Theologie-Kandidaten das Studium aus Mangel an Unterricht in
rabbinischem Wissen entleidet wurde und sie es verließen. Ob was damit
gedient ist, wenn die Oberkirchenbehörde ihre Rabbinen fertig aus dem
Auslande rekrutiert, wird die Folge lehren. - Ein weiteres 'ceterum censeo'
ist es, dass für unsere israelitischen Volksschulen für gleichmäßige
jüdische Schulbücher gesorgt werde. Was hebräische Bibeln betrifft, so
wird die hebräische Bibel aus der von Philippson gegründeten
Bibelanstalt abzuwarten sein und wäre nur eine größere Beteiligung von
Seiten unserer Stuttgarter Gemeinde bei der Anstalt*) zu wünschen. Wenn
die Bibelanstalt einmal ins Leben getreten ist, wäre vielleicht für die
unentgeltliche Verabreichung von Bibeln an arme Schüler eine jährliche
Subvention von Seiten der Königlichen Zentralkirchenkasse zu erzielen.
Aber eine Kalamität ist es mit den Gebetbüchern; da nun die Königliche
Oberkirchenbehörde das Maier'sche Gebetbuch approbiert und in Stuttgart
eingeführt hat, so ist dasselbe das Gebetbuch der Zukunft für ganz
Württemberg. In richtiger Konsequenz sollte es nun in den Schulen
eingeführt werden, besonders da es zugleich Gesangbuch ist..."
|
Kritische Artikel zur Stuttgarter Synagoge und dem von Rabbiner Dr. Maier
geprägten liberalen Judentum
"Stuttgart und Jerusalem"
(1862)
Anmerkung: der Beitrag ist von Eliahu Raphael Rosenbaum aus Zell
am Main, einem der einflussreichsten Vertreter der Würzburger /
unterfränkischen jüdischen Orthodoxie geschrieben. Vgl. den Bericht
zu seinem Tod 1886. Rosenbaum war einer der Hauptinitiatoren, dass sich in
Württemberg die Orthodoxie zu organisieren begann und schließlich auch in
Stuttgart eine orthodoxe israelitische Religionsgesellschaft entstand. Zitat aus
dem Artikel zu seinem Tod von 1886: Rosenbaum "hatte vielleicht damit den Impuls gegeben für die im Dezember des
Jahres 1869 stattgefundene Delegiertenversammlung zu Stuttgart, durch
welche, wenn auch nicht gerade Abhilfe geschaffen, wenigstens diese Zustände
durch geeignete Organe der königlichen Regierung zu Kenntnis gebracht
wurden und das echte Judentum in beredten Worten (durch den Delegierten für
Mergentheim, Ludwig Stern) seine Vertretung fand. Es hat sich seitdem auch
in dem von dem ehemaligen Oberkirchenamt bezeichneten ‚modernen
Jerusalem’ eine orthodoxe Gemeinde in Stuttgart gebildet."
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10.
Dezember 1862: "Stuttgart und Jerusalem.
Würzburg, den 3. Dezember. Sie werden sich, geehrtester Herr
Redakteur, gleich den geschätzten Lesern dieses Blattes, über diese
Aufschrift wundern, staunen aber werden Sie, wenn Sie die Veranlassung derselben
erfahren. Der Oberkirchenrat, Herr Dr. Maier, sprach am Schlusse seiner
Einweihungsrede in der Stuttgarter Synagoge, die denkwürdigen
Worte:
'Stuttgart unser Jerusalem.'
In Nr. 29 dieser Blätter wurde von der Tauber berichtet wie es in ganz
Württemberg mit der Schechita aussehe, und wie es in Stuttgart bei
Strafe verboten sei, Talit und Tephillin beim Gebete anzulegen, sodass die
wenigen, für welche die hohe Wichtigkeit dieser Mizwot besteht, gezwungen
sind, die Synagoge zu meiden. Ebenso ist in Stuttgart nicht einmal eine
Mikwah vorhanden. Von Seite der Redaktion wurde hierzu bemerkt: Ist ein
solches Haus, wo Tephillin verboten sind, noch eine Synagoge? Sind
diejenigen, welche solche Verordnungen erlassen, noch Juden? |
Wo,
geehrtester Herr Redakteur, kommt nun Ihre erste Frage hin? Ist Stuttgart
Jerusalem, so muss doch der dortige Tempel mehr als eine Synagoge sein, er
muss auch die Stelle des Beth Hamidrasch (Tempel) vertreten.
Umsonst wandertest du drei Tage, Stammvater Abraham, bis du zu dem von
Gott erwählten Heiligtume, bis du zu dem Berge Morijah gelangtest;
umsonst besiegeltest du, Erzvater Jizchak, durch deine
Opferbereitwilligkeit die erhabene Heiligkeit dieser Stelle; umsonst Vater
Jakob, zwangen dich heilige Schauer, diese Stätte zu verlassen, umsonst
lehrte dich diese heilige Scheu sprechen: 'Diese Stelle ist nichts anderes
als das Gotteshaus, und hier ist das Tor des Himmels; alles umsonst, denn
Stuttgart ist ja unser Jerusalem!
Es dürfen nicht mehr erklingen die traurigen Töne der Leier des
Psalmisten über den Verlust Jerusalems und des heiligen Tempels;
verstimmen muss unserer Klage Lied 'An den Bächen Babels saßen wir und
weinten ob der Herrlichkeit, die wir verloren'; denn in Stuttgarts Tempel
übertönt alle Samstag der Orgel Gebrause die einfache Leier und übt
eine solche Kraft aus, dass die Andächtigen erst nach ihrer Andacht, fast
alle, ihre Läden öffnen.
Arme Glaubensgenossen Württembergs! Wohin soll dies führen, wenn ein
Mann alle religiösen Anordnungen in Händen hat, welcher sich nicht
scheut, öffentlich die erwartete Ankunft des Erlösers zu leugnen, dessen
Trachten mehr als das aller Missionäre, dahin geht, systematisch die
Grundpfeiler des Judentums zu erschüttern, zu zerstören? Ein Mann,
welcher durch Gestattung des Wannenbades auch im ganzen Lande dafür sorgen
will, dass alle Kinder Benei ... (?) seien! Bei solch traurigen
Vorkommnissen glaube ich, dass es endlich doch Zeit sei, den
Glaubensbrüdern in Württemberg zu zeigen, welcher Autorität sie solche
das Judentum vernichtenden Anordnungen zu danken haben. Sie erließen bei
der bekannten ..-Angelegenheit von Amerika einen Aufruf an die
Hochwürdigen Herren Rabbiner und protestierten feierlichst gegen einen beabsichtigten
Eingriff in die heilige Religion, und mehr als hundert Herren Rabbiner
haben bereitwillig ihre Beistimmung dazu gegeben. Wäre eine ähnliche
Protestation nicht auch hier geboten? Freilich höre ich Sie antworten,
dass wenn man damit anfangen wollte, so könnte man das ganze Jahr und
allenthalben protestieren; allein dem ist nicht ganz so; hier handelt es
sich nicht um eine Gemeinde, sondern um ein ganzes Land.
Die hohe Königliche Regierung Württemberg ist vom besten Geiste beseelt,
sie war von jeher bestrebt, nur Gutes für die israelitischen Bürger zu
stiften, und glaubt sicher, dass die religiösen Verhältnisse in die
beste Hand gegeben seien. Würde nun aber ein solcher |
Protest
zustande kommen, so dürfte sowohl die hohe königliche Regierung als auch
das jüdische Publikum endlich einmal über die wahre Sachlage belehrt und
jedenfalls abändernde Verhältnisse angebahnt werden. Doch nicht
verwitwet ist Israel (Jeremia 51,5), es bedarf nur einer kräftigen
Unterstützung und die irregeführten Glaubensbrüder in Württemberg
werden zurückkehren und sich scharen um das Banner der heiligen Religion
unserer Väter, die wir mit unserem Herzblute in fast 1800-jährigem Exile
bis auf den heutigen Tage bewahrten; sie werden sich nicht vom Judentum
lostrennen wollen und Stuttgart als ihre Zukunft, als ihr Jerusalem sich
oktroyieren lassen; sie werden wohl patriotische Württemberger sein, ohne
ihre Nationalität sich rauben zu lassen, sowie der Grieche guter Bürger
seines Niederlassungsortes sein, und doch feurig an der Realisierung
seiner Nationalität hängen kann.
Ich bin mir wohl der schwierigen Aufgabe bewusst und sage auch nicht nehmt
meine Meinung an, bloß die Sache anzuregen fühle ich mich
verpflichtet, damit solche allgemein in ernste Erwägung gezogen werde. E.
R. Rosenbaum". |
Leserbrief: in der Stuttgarter Synagoge kann das
Tephillin-Gebot nicht mehr eingehalten werden
(1863)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
17. Juni 1863: |
Einbruch in der Synagoge (1869)
Anmerkung: auch die einfache Meldung des Einbruchs in die Synagoge in
Stuttgart wird in der konservativ-orthodoxen Zeitschrift "Der
Israelit" mit einer scharfen Polemik gegen die liberale Stuttgarter
Gemeinde ergänzt.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4.
August 1869: "Stuttgart, 6. Juli (1869). Samstag
nachts wurde der Opferstock in der Synagoge dahier erbrochen und
seines Inhaltes beraubt. Andererseits wird behauptet, die Diebe haben
mittelst Leimstäbchen das Geld herausgefischt. Wie man hört, soll man
die beiden Schwarzkünstler bereits haben. Da übrigens dieses Gotteshaus
fast nur an Sabbat- und Festtagen und auch an ersteren nur spärlich
besucht wird, so kann der Inhalt des Opferstocks nur klein gewesen, oder
es muss der Fall denkbar sein, dass die Synagogenbesucher auch an Sabbat
und Festtagen Geld in die Büchse werden, dann bewähren sich die
Prophetenworte in den Haftarot der jetzigen Nationaltrauer: 'Wie
ein Dieb beschämt ist, wenn er betroffen wird, so ist beschämt das Haus
Israel (Jeremia 2,26); Bringet nicht mehr Gabe der Lüge!
(Jesaja 1,13); Ihr Herren Sedoms (Jesaja 1,10), Eure Feste
hasset meine Seele (Jesaja 1,14), Dein Silber ist zu Schlacken
geworden (Jesaja 1,22), Ich läutere wie Lauge deine Schlacken und
schaffe fort all deinen Beisatz (Jesaja 1,25), Nachher wird dir
zugerufen: treue Stadt (Jesaja 1,26)" |
Kritischer Bericht über einen Besuch in der Synagoge
in Stuttgart (1871)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13.
September 1871: "Aus Bad Teinach bei Calw, im August
(1871, Württemberg). An einem der jüngsten Sabbate war es, - wir glauben
Paraschat Ki teze - als Schreiber dieses (Artikels) auf seiner
Durchreise durch Stuttgart die dortige Synagoge besuchte, nicht etwa, um
dort seine Andacht zu verrichten (denn dies war ihm nach seinen früheren
Erfahrungen in anderen Reform-'Synagogen' zum Voraus als unmöglich
erschienen), sondern um sich persönlich davon zu überzeugen, ob auch in
Stuttgart der Synagogenbesuch ebenso schwach sei, wie in anderen
Reformgemeinden, oder ob vielleicht Stuttgart besser als sein Ruf; wir
fanden, was wir gefürchtet oder erwartet hatten: eine verschwindende
Anzahl von talislosen Besuchern und auf der 'Loge' (Empore) einen Kranz
von 'sonntäglich' - wir wollten sagen - sabbatlich geputzten Damen, die
mir der gleichgültigsten Miene dem Orgeltone lauschten, sich nach dem
Kommando von Maier's Gebetbuch erhoben |
und
setzten, im Übrigen aber sich brav ruhig und still verhielten; da und
dort erblickten wir, gleichsam zu Erinnerung, dass wir uns in einem
jüdischen Tempel befanden, einen mit wirklicher Andacht betenden Mann,
der, unbeirrt von dem Rauschen der Orgel und dem Gleichklang des
Chorgesangs, stehend und mit jenem spezifisch jüdischen 'Schütteln' - alle
meine Gebeine werden sprechen: Ewiger, wer ist gleich dir? (Psalm
35,10) - seine Tephillah (Gebet) verrichtete. Nach dem Einheben und dem
Absingen eines 'Chorals' bestieg Kirchenrat Dr. Maier die Kanzel und hielt
eine Rede, in welcher er anknüpfend an den inneren Zusammenhang der drei
ersten Abschnitte der Sidre (Wochenabschnitt der Tora) den
Ausspruch des ... als Text benützte und ihn durch mannigfache Beispiele
schön exemplifizierte. Uns war nur leid, dass nicht die jüdische
Teinacher Badegesellschaft, die größtenteils aus Stuttgartern besteht,
zugegen war; sie hätte n sich vielleicht sonst ihres Gebarens im Bade
Teinach, einem christlichen Dorfe erinnert und wären nachdenklich
geworden wegen des großen sittlichen Zerfalls, der begonnen hat mit
kleinen Übertretungen der Gebote Gottes, dann fortgeschritten ist in der
völligen Missachtung des jüdischen Gesetzes und bereits so sehr jedes
religiöse Gefühl ausgemerkt hat, dass diese Stuttgarter Juden bereits
aufgehört haben, ihre Glaubensgenossen als Mitmenschen zu betrachten;
denn wo in aller Welt hat man schon gehört, dass ein Jude, der zu einem
Sterbenden gerufen wird, sich weigert, diese Liebespflicht zu erfüllen?
Und dies ist geschehen im Bade Teinach. Diese Erfahrung musste ein
Elternpaar aus Freudental machen, deren Tochter im Bade Teinach
ihrem Leiden erlegen ist. Beim Verscheiden derselben sahen sich die
unglücklichen Eltern nach den im Bade anwesenden Juden um und ließen sie
rufen, damit diese mit ihnen gemeinschaftlich die Sterbegebete
verrichteten; es waren Juden da aus Stuttgart, Frankfurt, Mannheim
etc. - aber, mögen sie nun ihre Nerven haben schonen wollen oder aus
irgendwelchem anderen Grunde, es erschien keiner, und so waren die Eltern
allein mit ihrer sterbenden Tochter, die in einem christlichen
Hause krank gelegen hatte. Eigentümlich ist es, dass der Vater des
verstorbenen Mädchens selbst zu den Reformjuden zählt; möge er und
alle, die sich einen Ruhm daraus machen, diesen Namen zu tragen, an diesem
Falle erkennen, wohin diese Reformsucht führt - zur vollständigen
Apathie gegen alles Göttliche und Menschliche; wo die Juden bisher
zusammenwohnten, getreu dem alten Gesetz und der alten Sitte, bildeten sie
gewissermaßen eine Familie, deren Glieder Freud' und Leid
miteinander teilten und in Unglücksfällen sich hilfreich gegenseitig
unterstützten und dies taten sie nicht aus menschlichen
Nebenrücksichten, sondern weil Wohltätigkeit ein göttliches Gebot
ist; erst wenn diese Familienbande sich lösen würden, wurden wir in
Wahrheit im Exil leben, dann erst würde die Diaspora unerträglich
werden und den bestand des Judentums wesentlich in Frage stellen. Hoffen
wir, dass dieser Fall vereinzelt bleiben möge; denn sonst müsste der
fromme Jude, ehe er ins Bad reist, neben den Rücksichten auf den Erfolg
der Kur, auch darauf sehen, ob er dort Glaubensgenossen trifft, die
eintretenden Falls zu Liebesdiensten bereit sind, und es gäbe dann eine
neue Kategorie von Bädern, 'orthodoxe' und 'Reformbäder'; oder man
müsste jüdische Feldbadgeistliche aufstellen, die dem alljährlichen
Heereszuge der badelustigen Judenheit mit in den Kampf folgen und den
Kranken und Sterbenden erforderlichenfalls zur Seite
stehen." |
25-jähriges Jubiläum der Synagoge
(1886)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Juni
1886: "Stuttgart, 15. Mai (1886). Der 'Staatsanzeiger für
Württemberg berichtet: 'Die Feier des 25-jährigen Jubiläums der
hiesigen Synagoge begann gestern mit dem Abendgottesdienste. Nach einem
einleitenden Gebete spielte Organist Fink eine Fantasie und ließ
dabei die schönen Klangwirkungen und die Machtfülle des Weigle'schen
Werkes hervortreten. Die rituellen Gesänge am Altar wurden von dem Kantor
Tannenbaum aus Karlsbad ausgeführt. Heute Vormittag 9 Uhr fand der
eigentliche Festgottesdienst in der mit Palmen und Lorbeerbäumen aufs
reichste dekorierten Synagoge statt, die in Hunderten von Lichtern
strahlte. Der Synagogenchor eröffnete die Feier mit einer Festmotette von
Abenheim, die rituellen Gesänge führte Kantor Gundelfinger aus, die
Festpredigt hielt um 10 Uhr Dr. von Wassermann. Heute Abend finden
sich die Mitglieder des Kirchenvorsteheramtes bei einem gemeinsamen Mahle
im Hotel Degginger zusammen." |
Trauergottesdienst für den verstorbenen König Karl
(1891)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
14. Oktober 1891: |
Wie schnell die Stuttgarter Gemeinde auch in der 2. Hälfte des 19.
Jahrhunderts gewachsen ist, zeigt die Tatsache, dass die Synagoge in der
Hospitalstrasse bereits 1875 nicht mehr für die Gemeinde ausreichte. Der
Gedanke eines Umbaus wurde erwogen und zu diesem Zweck eine Reihe Nachbargrundstücke
erworben. Als Notbehelf wurden seit 1894 an den Hohen Festtagen (Neujahrstag und
Versöhnungstag) Zweitgottesdienste im Festsaal des
Königsbaus (Königstraße 28), einige Jahre später im 1910-12
erbauten Gustav-Siegle-Haus (Leonhardsplatz 28) eingerichtet. Noch im
Herbst 1938 wurden auch am letztgenannten Ort zu den Hohen Feiertagen
Gottesdienste gefeiert. Die Rabbiner der Stadt teilten sich dabei die
Gottesdienste auf. Beispielsweise predigte am 1. Neujahrstag, 10. September 1934
in der Stadtsynagoge Rabbiner Dr. Rieger, im Gustav-Siegle-Haus Rabbiner Dr.
Auerbach, am 2. Neujahrstag war es umgekehrt.
Bei den immer wieder notwendigen Renovierungen der Synagoge verursachte der
spätere Einbau einer Heizungsanlage größere Schwierigkeiten, bis 1911 eine
technisch befriedigende Lösung gefunden wurde. Auch die Beleuchtung des Gebäudes
veranlasste mancherlei Sorgen, bis 1899 die Einrichtung der elektrischen
Beleuchtung durchgeführt wurde.
Feier zum 50-jährigen Bestehen der Synagoge (1912)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 19. Januar 1912: |
Patriotischer Kriegsgottesdienst in der Synagoge
(1917)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. März
1917: "Aus Stuttgart, 13. Februar, berichtet der 'Schwäbische
Merkur': Ein besonderer Kriegsgottesdienst fand am Sonntagabend statt. Die
kraftvolle Predigt hielt Oberkirchenrat Dr. Kroner. Der Organist
Mammel, der die neue Orgel mit tiefem Kunstverständnis meistert, schuf in
ergreifendem Vorspiel wehmutsvolle Stimmung, und der Chor brachte unter
glanzvoller Mitwirkung von Fräulein Elise Zwicky das von seinem
Dirigenten Kantor Tennebaum komponierte 'Es toben die Völker' sowie das
altniederländische Volkslied 'Wir treten zum Beten' ergreifend zum Vortrag.
Gebet für die Verstorbenen schloss den Gottesdienst. Die Spenden für
Kriegshilfe flossen reichlich." |
Einbruch in der Synagoge (1921)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juni
1921: "Stuttgart, 12. Juni (1921). In der Nacht zum 12.
Juni ist in der Synagoge zu Stuttgart eingebrochen worden. Es wurden die
silbernen Garnituren zu den Torarollen gestohlen, bestehend aus Schild,
Zeiger und Aufsatzstücke. Vor Ankauf der genannten Gegenstände werden
alle in Betracht kommenden Kreise gewarnt." |
Einweihung des Ehrenmales für die Gefallenen im
Ersten Weltkrieg in der Synagoge (1922)
Artikel
in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 4. August
1922: "Stuttgart. Enthüllungsfeier einer
Gedächtnistafel. In der hiesigen Synagoge fand Sonntag eine
schlichte, ergreifende Feier statt. Sie galt den im Weltkriege gefallenen
92 Söhnen der Stuttgarter israelitischen Gemeinde, deren Andenken man
durch Errichtung einer Gedenktafel ehren will. Eine stattliche Versammlung
hatte sich hierzu eingefunden. Als Ehrengäste waren erschienen: Staatspräsident
Dr. Hieber, Generalleutnant Reinhardt, Oberbürgermeister Dr.
Lautenschlager und viele andere hohe Beamten. Die israelitische
Oberkirchenbehörde und das Kirchenvorsteheramt waren nahezu vollständig
vertreten. Die andächtige Gemeinde füllte die Synagoge bis auf den
letzten Platz. Der Ehrendienst wurde von Mitgliedern des Bundes jüdischer
Frontsoldaten gestellt. Die Feier wurde mit einem weihevollen Psalm
eingeleitet. Hieran schloss sich die Enthüllung der Gedenktafel durch
Stadtrabbiner Dr. Rieger. Dieser hielt auch die Weiherede, in der er ausführte:
Die Tafel an der Wand lehrt uns den doppelten Idealismus, den Glauben an
das Vaterland und an das Bekenntnis der Väter. In den großen Kriegen
haben die deutschen Juden ihr Herzblut geopfert, deutsche Ehre wie ihre
eigene Ehre, deutsche Schmach wie ihre eigene Schmach empfunden, und doch
sei der Lästermund so vieler nicht verstummt. Der deutsche Jude sei
seinem Vaterlande treu mit der gleichen Treue, die er Jahrtausende seinem
Glaubensbekenntnisse wahrte. In der Stunde der gemeinsamen Not reichten
sich alle Deutsche, hoch und niedrig, arm und reich, ohne Rücksicht auf
Religion und Partei, die Hände zur Brudergemeinschaft, nun lodert neuer Hass,
lebt neuer Zwist auf. Die Tafel an der Wand soll mahnen.: Glaubt an das
Große, glaubt an den endlichen Frieden inmitten der Volksgemeinschaft.
Mit den rituellen Gebeten und erhebendem Schlussgesang schloss die von
tiefster Weihe erfüllte Feier. Die Gedenktafel, von Architekt Ritter von
Graf entworfen und von Bildhauermeister Josef Zeitler ausgeführt, trägt
den dem Liede Davids auf den Tod Sauls und Jonathans entnommenen Spruch:
'Wie sind die Helden gefallen.' Fürs Vaterland, 1914-1918 und auf drei
durch Säulen geschiedene Platten die Namen der Gefallenen. Gekrönt wird
die Tafel durch die stilisierte, von zwei Löwen flankierte Davidskrone
und Davidestern. In seiner Einfachheit macht das Ehrenmal einen würdigen Eindruck."
|
Während über mehrere Jahrzehnte zu den Gottesdiensten an den hohen Feiertagen die Synagoge nicht
ausreichte, konnten die Werktagsgottesdienste in einem im Gemeindehaus
Hospitalstrasse 34 eingerichteten Betsaal abgehalten werden. 1936/38 waren in
diesem Betsaal die Gottesdienste der Israelitischen Religionsgesellschaft (siehe
unten). Nach deren Auszug im Juni 1938 konnte dieser Betsaal renoviert und
einige Bänke neu angeschafft werden. Er wurde nun wieder für den täglichen
Gottesdienst der Gemeinde genutzt. Da dieser Betsaal im November 1938 nicht
zerstört wurde, konnten in ihm noch bis 1943 Gottesdienste stattfinden. 1944
wurde das Gemeindehaus bei einem Bombenangriff völlig zerstört.
In der Pogromnacht im November 1938 wurde die Synagoge in der Hospitalstraße
bereits um 3 Uhr in der Frühe des 10. November angezündet. Eine Stunde zuvor
war von SA-Leuten in Zivil und anderen Nationalsozialisten das Synagogentor
gewaltsam aufgebrochen worden. Im Inneren sind nach einem Augenzeugenbericht
mehrere Bänke übereinandergeschichtet, mit Benzin übergossen und angezündet
worden. Bei der Brandstiftung war die Feuerwehr bereits anwesend, möglicherweise
waren Feuerwehrleute an der aktiven Brandstiftung beteilt. Die Feuerwehr beschränkte
sich auf einen Schutz der Nachbargebäude und konnte, nachdem die Synagoge
ausgebrannt und die Ruine gelöscht war, bereits gegen 5 Uhr unter Zurücklassen
einer Brandwache abrücken. Die Synagoge musste wenige Tage später abgebrochen
werden. Unter der Leitung des Architekten Ernst Guggenheimer verrichteten 15
Juden, die man aus Konzentrationslagern geholt hatte, dieses zugleich gefährliche
und bedrückende Geschäft. Die Abbruchsteine der Synagoge wurden an Weingärtner
aus dem Remstal zum Bau von Weinbergmauern verkauft. Den Gelderlös strich die
Gestapo ein. Von der Synagoge blieben nur die Gebotstafeln vom Dach des Gebäudes
und das Gefallenendenkmal erhalten, die in der 1952 erbauten Synagoge
aufgestellt wurden.
Die Ereignisse beim Novemberpogrom
1938 -
Bericht im "Stuttgarter Wochenblatt" vom 22. Oktober 2008 über einen
Vortrag von Stadtarchivar Dr. Roland Müller (2008)
Was geschah in Stuttgart in der Reichskristallnacht? - Zum 70. Jahrestag ist ein Quellenheft vom Stadtarchiv herausgegeben.
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden in Stuttgart und ganz Deutschland Synagogen von nationalsozialistischen Gewalttätern angezündet, jüdische Geschäfte zerstört und an den darauf folgenden Tagen zahlreiche jüdische Bürger in Konzentrationslager verschleppt. Anlässlich des 70. Jahrestags dieses Pogroms hat das Stadtarchiv Stuttgart in Zusammenarbeit mit Lehrern des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums Stuttgart eine Quellensammlung zu den Ereignissen um den 9. November 1938 in Stuttgart zusammengestellt und speziell für den Einsatz in der Schule aufbereitet.
Der Leiter des Stadtarchivs, Dr. Roland Müller, hat pünktlich zum 70. Jahrestag ein neues Quellen- und Arbeitsheft über die "Reichskristallnacht" im November 1938 in Stuttgart vorgestellt. An dem Band mitgearbeitet haben die Geschichtslehrer Michael Hoffmann und Karin Winkler vom Eberhard-Ludwigs-Gymnasium sowie Jürgen Lotterer und Roland Müller vom Stadtarchiv. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, wurden in Stuttgart und Bad Cannstatt die Synagogen von nationalsozialistischen Gewalttätern angezündet.
Dies geschah mit Billigung und aktiver Unterstützung der staatlichen und kommunalen Behörden. Auf die Zerstörung und Plünderung zahlreicher jüdischer Geschäfte folgte die Verschleppung mehrerer hundert jüdischer Stuttgarter Bürger in das Konzentrationslager Dachau. Roland Müller hat den Verlauf der Reichskristallnacht in Stuttgart genau nachrecherchiert, das meiste mit Quellen aus dem Stadtarchiv: In Zivil gekleidete Männer sperrten den Bereich um die Synagoge noch während einer Sitzung im Gaupropagandaamt ab. Gegen 2 Uhr drangen SA-Leute und vermummte Gestalten in das Verwaltungsgebäude der jüdischen Gemeinde und in die Synagoge ein.
Sie schichteten Holzbänke übereinander, übergossen diese mit Benzin und legten Feuer. Den vom städtischen Branddirektor selbst alarmierten Feuerwehrleuten gebot ihr Chef, sich auf den Schutz der Nachbarschaft zu beschränken. Der gut informierte NS-Kurier wusste: "In Stuttgart war es gegen drei Uhr in der Frühe, als sich der mondbeschienene Himmel von Flammenschein rötete. Die Synagoge in der Hospitalstraße brannte lichterloh.". Zur gleichen Zeit brannte die Cannstatter Synagoge, eine leicht brennbare Holzkonstruktion, nieder. Der Leiter der dortigen Feuerwache gestand vor Gericht die Brandstiftung. Gleichzeitig hatten kleine Gruppen, meist in Räuberzivil, mit der Zerstörung von Ladengeschäften in der Innenstadt begonnen.
Offenbar wurden für bestimmte Straßenzüge und Geschäfte jeweils kleine Trupps gebildet, die systematisch nach einem einheitlichen Schema vorgingen. Ein Beispiel: Beim Cafe Haimann in der Seidenstraße 6 schlugen zwei junge, halb vermummte Männer die Scheiben ein und verwüsteten die Auslagen. Am nächsten Morgen sah man Schaufenster und Fenster des Cafes in Trümmern, Vorhänge teilweise heruntergerissen, Gebäck und Mobiliar lagen auf der Straße. Nach einem Bericht des US-Generalkonsuls waren vor allem die Geschäfte in der Königstraße und am Marktplatz demoliert. Zerstörungen und Plünderungen hielten entgegen den Befehlen auch am folgenden Tag an. Im Morgengrauen des 10. November begann auf Grundlage der nächtlichen Befehlen Heydrichs eine Verhaftungswelle.
Ziel der Verhaftungen war es, den Druck zur Flucht zu erhöhen. Viele änderten unter dem Eindruck des Pogroms ihre Meinung und entschlossen sich zur Emigration. Die Reichspogromnacht war auch faktisch das Ende der jüdischen Gemeinde in Stuttgart. Soziale Verelendung durch Berufsverbote und viele Selbstmorde folgten. Dieser Pogrom ist ein Schlüsselereignis der Deutschen Geschichte und als Stoff in den Lehrpläne der weiterführenden Schulen, im Gymnasium in den Klassenstufen 9, 10 und 12, verankert. Doch je weiter die Zeit voranschreitet, desto dringlicher stellt sich die Frage nach der geeigneten Form der Vermittlung an junge Menschen, die von der "Erlebnisgeneration" durch eine immer größere zeitliche Kluft getrennt werden.
Geschichtslehrer Michael Hoffmann hat bei seinen Geschichtsschülern die Erfahrung gemacht, dass gerade die Geschehnisse auf lokaler Ebene auf großes Interesse stoßen. Wenn der lokale Bezug da sei, seien ihre Schüler und auch Lehrer viel motivierter, sich mit den Geschehnissen auseinander zu setzen, hat auch Karin Winkler beobachtet. Authentische Zeugnisse eignen sich gut, die Erinnerung an die Verfolgung und Ermordung jüdischer Bürger lebendig zu halten. Insbesondere Erlebnisberichte entfalten ihre erschütternde Wirkung von ganz allein. Daher hat das Stadtarchiv Stuttgart, zu dessen zentralen Aufgaben auch die historische Bildungsarbeit zählt, die Quellensammlung zur Reichskristallnacht in Stuttgart zusammengestellt, kommentiert und für den Einsatz in der Schule aufbereitet.
Der Quellenteil enthält zahlreiche Dokumente zur Vorgeschichte des Pogroms seit 1933, zur Inszenierung und propagandistischen Begleitung der Gewalttaten, zum eigentlichen Verlauf und zu den Folgen sowie einschlägiges Bildmaterial. Die im Stadtarchiv aufbewahrten Zeitzeugenberichte jüdischer Bürger Stuttgarts, die der Verfolgung entkommen konnten, stellen hierbei die wichtigste Quellengruppe dar. Sie werden unter anderem durch amtliche Dokumente und zeitgenössische Pressetexte ergänzt. Die einzelnen Kapitel sind mit unterrichtspraktischen Fragen und Arbeitsanleitungen versehen.
Das Heft ist primär als Arbeitsmaterial für Lehrer an den weiterführenden Schulen Stuttgarts gedacht, ebenso für Menschen, die mit der Vermittlung des Themas beschäftigt sind. Diesen kann es unentgeltlich durch das Stadtarchiv zur Verfügung gestellt werden (Ansprechpartner Jürgen Lotterer, Telefon: 216-62 43). |
Fotos
der Synagoge Hospitalstraße
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Architekturzeichnung der
Synagoge in Stuttgart |
Holzstich der
Synagoge
um 1890 |
Lithografie von R. Geissler,
Berlin;
rechts das Gemeindehaus |
Abbildung
oben in hoher Auflösung |
Abbildung
oben in hoher Auflösung |
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Die Synagoge mit der
Apsis des Toraschreines
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Die Synagoge von der Hospitalstraße
aus gesehen -
Zeichnung, vermutlich
nach der Fotografie rechts |
dass., vermutlich Fotovorlage
für die Zeichnung links
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Abbildung
oben in hoher Auflösung |
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Innenansichten
der Synagoge
(das Foto rechts ist undatiert - aus dem
Photo Archiv von Yad Vashem Jerusalem) |
Blick von der
Frauenempore
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Die ehemals auf dem First der
Synagoge befindlichen
Gebotstafeln -
heute in der neuen Synagoge
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Das Gefallenendenkmal für die aus
Stuttgart und Cannstatt
gefallenen
jüdischen Soldaten des 1. Weltkrieg -
heute in der neuen
Synagoge |
Die brennende Synagoge in der
Pogromnacht November 1938 |
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Zur Seite über die neue Synagoge in Stuttgart (1952) an derselben Stelle: hier
anklicken
Die
Synagogen der orthodoxen Israelitischen Religionsgesellschaft
Am 15. Juni 1878 wurde von einer Reihe toratreuer (orthodoxer) Juden die "Israelitische
Religionsgesellschaft" gegründet. Ihnen war die Treue zu der von
Torageboten bestimmten Tradition wichtiger als die von der liberalen Gemeinde in
vielen Bereichen vollzogene Assimilation, vor allem im Bereich des
Gottesdienstes. Die Gründer der Religionsgesellschaft
waren zunächst zehn Männer, zu denen bald zwei weitere kamen. Zu ihrem
ersten Vorstand bestimmten sie Hermann Gutmann. Der erste Gottesdienst wurde am
Sabbat nach Schawuot (Wochenfest) 1878 in einem Betsaal in der Holzstrasse
abgehalten. Dieser erwies sich jedoch nach kurzer Zeit als zu klein, worauf ein
Betsaal in der Olgastrasse 68 bezogen wurde.
Einweihung einer von Hermann Gutmann gespendeten Torarolle im Betsaal der
Israelitischen Religionsgesellschaft (1890)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
28. April 1890: "Stuttgart, 22. April (1890). Es wird wohl
selten der Fall sein, dass der 'Israelit' aus unserer Stadt etwas
Erfreuliches zu berichten weiß, hat doch hier die Reform eine solche
Ausdehnung gefunden, wie kaum in einem anderen Orte Deutschlands. Wo solch
religiöse Zustände obwalten ist die Einweihung einer neuen Sefertora
(Torarolle) ein besonderes freudenvolles Ereignis, welches auch in
weiteren Kreisen bekannt gegeben zu werden verdient.
Herr Bankier Hermann Gutmann, ein echter Jehudi in des Wortes
weitester Bedeutung, ließ bei dem bekannten Sofer Grünebaum in Fulda
ein Sefer schreiben und vergangenen Samstag wurde dasselbe im Betsaal der
Religionsgesellschaft festlich eingeweiht. Unserem Prediger und Vorsänger
Herrn Abraham gebührt das Verdienst, den Gottesdienst zu einem besonders
erhebenden gestaltet zu haben; er hielt eine wohl durchdachte Rede, in
welcher er in gedrängter Kürze auf die Bedeutung unseres Festes hinwies
und im Namen der Gemeinde dem Spender Dank und Anerkennung aussprach. Nach
dem Gottesdienst vereinigten sich die Mitglieder bei Herrn Gutmann, wo bei
Becher, Gesang und Rede unsere Freude erneuten Ausdruck
fand.
Noch erwähnen möchte ich, dass die Schwester des Spenders eigenhändig
ein prächtiges Mäntelchen (Toramantel) stickte und damit eine Arbeit
leistete, dessen sich auch ein Sticker vom Fach nicht zu schämen
hätte.
Möge es Herrn Gutmann vergönnt sein, noch viele Jahre sein Interesse
für das Judentum zu betätigen." |
Spenden zur Ausstattung des Betsaales
der Israelitischen Religionsgesellschaft (1897)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 3. Juni 1897: "Stuttgart, 1. Juni (1897). In dem Betsaal
der israelitischen Religionsgesellschaft hier, fand vergangenen Schabbat
Paraschat Bechukotai eine erhebende Feier statt, die uns bewiesen hat,
dass auch in kleinen Gemeinden Großes geleistet werden kann. Anlässlich
der Barmizwah seines Sohnes spendete Herr S. Neumann im Verein mit Herrn
H. Gutmann einen neuen, prächtig ausgestatteten Aron Hakodesch,
der dann in würdiger Weise seiner Bestimmung übergeben wurde. Vor einer
großen Zahl Andächtiger hielt der der Prediger der Gesellschaft, Herr S.
Abraham, die Festrede, in beredten, feurigen Worten die Würdigung
eines solchen Geschenks zur Heiligung des göttlichen Namens hervorhebend.
Ein weiterer prächtiger Schmuck ist das schöne, in kunstvoller Stickerei
ausgeführte Parochet (Toraschreinvorhang), ebenfalls ein Geschenk
des Herrn Neumann. Herr D. Levy bekundete gleichfalls seinen
Sinn für religiöses Wohl tun durch das Spenden eines Ner tamid (ewiges
Licht). Möge es den Herren noch lange vergönnt sein, segensreich für
die Religionsgesellschaft zu wirken; sie beweisen uns, dass es in Israel
noch Männer gibt, die ihre höchste Befriedigung darin finden, für das
Gemeindewohl zu sorgen. Ehre und Dank ihnen! J.S." |
Einweihung einer neuen Torarolle im Betsaal der Israelitischen
Religionsgesellschaft (1898)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
10. März 1898: "Stuttgart, 28. Februar (1898).
Vergangenen Sabbat Paraschat Terumah fand in unserer
Religionsgesellschaft eine erhebende Feier statt, die den Tag zu einem
wahrhaft festlichen gestaltete. Es galt die Einweihung eines neuen Sefer
(Torarolle), das eines der Mitglieder, Herr David Levy schreiben ließ und
das nun seiner heiligen Bestimmung übergeben wurde. Wenn auch die
Mitgliederzahl eine beschränkte, ist es doch in kurzer Zeit das dritte
Mal, dass eine solche Feier stattfand, ein Beweis, wie sehr die Mitglieder
der Gesellschaft bemüht sind, das Festhalten an unserer heiligen Religion
auf solche Weise zu bekunden, wobei keine Opfer gescheut werden, welcher
Art sie auch seien. Mit Gebet und Gesang wurde die Feier in dem festlich
geschmückten Betsaale eingeleitet; dann sprach der Prediger der
Religionsgesellschaft, Herr S. Abraham, in schön durchdachten Worten
über die Bedeutung des Festes an die Worte anknüpfend: 'Diesen Tag
hat der Ewige geschaffen, lasset uns jubeln und uns freuen an ihm'
(Psalm 118,24) und weiter ausführend, dass es in Israel noch Männer
gibt, die für das Judentum wirken und einstehen. Wir sprechen dabei den
Wunsch aus, dass es Herrn Levy und seiner Gemahlin noch lange vergönnt
sein möge, in gleichem Sinne weiter zu wirken... Am Nachmittage folgten
alle Mitglieder, Herren und Damen, einer Einladung von Herrn und Frau Levy
in das Café Neumann, die auch Herr Kirchenrat Dr. Kroner mit seiner
Anwesenheit beehrte. Mit wohlgelungenen Reden von Seiten des Herrn
Kirchenrats, des Vorstehers Herrn H. Gutmann und des Herrn Abraham fand
der Tag einen schönen, würdigen Abschluss. S." |
Die
Religionsgesellschaft stellte einen eigenen Lehrer an, der für den Unterricht, das
Vorbeten und die Schechita (koschere Schlachtung) zuständig war. Jahre später
hatte man auch einen eigenen Rabbiner (Dr. Ansbacher von 1919-1935, danach Dr.
Bamberger seit 1925).
Ende der 1920er-Jahre umfasste die Religionsgesellschaft
etwa 50 Familien der Stuttgarter Gemeinde. Zu keiner Zeit kam es zu einer
Trennung von der Gesamtgemeinde; die Mitglieder der Religionsgesellschaft
blieben Mitglieder der großen Stuttgarter Gemeinde.
Die Betsäle scheinen bis Anfang des 20. Jahrhunderts mehrfach gewechselt zu haben, als Adressen werden auch Urbanstrasse 6 und
Alexanderstrasse 52 angegeben (Zelzer), bis 1906 ein Betsaal im Erdgeschoss des Hinterhauses der Rosenstrasse
37 eingerichtet wurde (davon haben sich keine Spuren erhalten; hier ist
heute ein kleiner Spielplatz angelegt).
Erster Gottesdienst in der neuen Synagoge der
Israelitischen Religionsgesellschaft (1906)
Anmerkung: es wird sich sicher um den Betsaal im Hinterhaus der Rosenstraße
37 handeln. Erstmals wird dieser im "Verzeichnis ... der israelitischen
Gemeinde" vom Januar 1909 genannt.
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 3. August 1906: "Stuttgart. In unserer
Religionsgesellschaft hatten wir am Schabbos Paraschat Pinchos
einen feierlichen Gottesdienst. Diese besondere Feierlichkeit galt dem
ersten Gottesdienst in dem neu gemieteten Lokale, welches von nun an als
Synagoge dienen soll. In beredten, ergreifenden Worten gab Herr Lehrer
Sulzbacher der Freude Ausdruck, dass die Religionsgesellschaft festen
Fuß fasse, wie dies aus der Vermehrung der Mitgliederzahl in jüngster
Zeit ersichtlich sei, und sprach den Wunsch aus, dass in nicht zu ferner
Zeit der gemietete Raum einem eigenen Haus weichen
möge." |
Stiftung eines Almemors und eines Chanukkaleuchters
für den Betsaal der Israelitischen Religionsgesellschaft (1908)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17.
Dezember 1908: "Stuttgart, 12. Dezember (1908). Sie
berichteten vor kurzem von dem 30-jährigen Jubiläum der
Israelitischen Religionsgesellschaft. Gewissermaßen als
nachträgliche Jubiläumsgabe wurde unserer Gesellschaft von den
Mitgliedern, Herrn K. Ehrlich und seinen 3 Söhnen ein neuer Almemor
gestiftet. Damit wandelte sie die primitive Stätte, von der bisher das
Gotteswort verlesen wurde, in eine wahrhafte Zierde unserer kleinen
Synagoge um. Der Almemor ist in Eichenholz ausgeführt und wird an den
vier Ecken von prachtvollen Kandelabern überragt. Der Familie Ehrlich,
welcher vom Vorstande eine kunstvoll ausgeführte Adresse überreicht
wurde, sei auch an dieser Stelle herzlichst gedacht. - Aus demselben
Anlasse stiftete Herr Veit Merzbacher eine große Chanukka-Menauroh
(Chunukka-Leuchter). Bei dieser Gelegenheit möchten wir nicht unerwähnt
lassen, dass sich die Israelitische Religionsgesellschaft auch in
andersdenkenden Kreisen einer immer zunehmenden Gunst und Anerkennung
erfreut. So wurden ihr in den letzten Tagen, von den Erben der früher in Hechingen
wohnhaften Familie Hayum eine größere Stiftung
überreicht." |
Um 1928 reichte der Betsaal in der Rosenstraße infolge der damals wachsenden Zahl der
Mitglieder jedoch nicht mehr aus. Man plante den Erwerb eines anderen Gebäudes
zur Einrichtung eines neuen Betsaales. Im Sommer 1930 konnte
Regierungsbaumeister Dr. Bloch in der jüdischen Abteilung der Stuttgarter
Ausstellung für kirchliche Kunst ein Modell einer neuen Synagoge für die
Israelitische Religionsgesellschaft in Stuttgart präsentieren. Zur Ausführung
eines Synagogenneubaus kam es jedoch erst 1933, als nach dem Plan von Architekt
Rasch in der Schlosserstrasse 2 "eine einfache, aber äußerst würdige
Synagoge entstand, deren Ausstattung ebenso stilvoll wie anheimelnd" war
(Beschreibung in der Gemeindezeitung vom 15.2.1934). Am 3. Februar 1934 wurde
dieser Betsaal mit einem Festgottesdienst eingeweiht. Die Torarollen wurden
dabei eingebracht. Rabbiner Dr. Bamberger hielt die Festpredigt in dem ansonsten
von Vorbeter Moses Zanger gehaltenen Gottesdienst. Stadtrabbiner Dr. Rieger
hielt eine Ansprache. Ein Männer- und Knabenchor der Religionsgesellschaft
umrahmte die Feier.
Einweihung der neuen Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft
(1934)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
8. März 1934: "Stuttgart, 28. Februar (1934). Ein lang
gehegter Wunsch der Israelitischen Religionsgesellschaft wurde mit Gottes
Hilfe am 1. Februar 1934 erfüllt. An diesem tage wurde nämlich die
Einweihung der neuen Synagoge festlich begangen. Man kann ruhig behaupten,
es war ein Ehren- und Freudentag für jedes einzelne Mitglied,
insbesondere aber für den allseitig verehrten Rabbiner, Herrn Dr.
SImon Bamberger. Der Einweihung voraus ging eine schlichte
Abschiedsfeier im alten Lokal in der Rosenstraße. In zu Herzen gehenden
Worten gedachte Rabbiner Dr. Bamberger vor dem Verlassen des alten
Betsaals jener braven und gottesfürchtigen Männer, die an dieser Stätte
gewirkt haben. Ferner dankte Rabbiner Dr. Bamberger den Mitgliedern der
Israelitischen Religionsgesellschaft für das ihm in so hohem Maße
entgegengebrachte Vertrauen. Den anwesenden Gästen kam es bei diesen
schlichten, tief bewegten Worten so recht zum Bewusstsein, was für ein
inniges Verhältnis zwischen Gemeinde und Rabbiner besteht. Anschließend
daran fand die Einweihung der Synagoge in der Schlosserstraße statt. Nach
einem von Frau Zippert einstudierten und Rechnungsrat Wißmann
dirigierten Männer und Knabenchor wurde nach den Umgängen
eingehoben (sc. die Torarollen wurden eingebracht). Alsdann begrüßte der
Vorsitzende der Vorsitzende der Religionsgesellschaft, Herr Abraham
Kulb, die Erschienenen, besonders die Vertreter des Israelitischen
Oberrats und die Vertreter der Israelitischen Hauptgemeinde in Stuttgart.
Der Redner dankte Rabbiner Dr. Bamberger für sein bisheriges
hingebungsvolles Wirken und bat ihn, auch in Zukunft der treue Führer der
Religionsgesellschaft zu sein. Nun richtete Dr. Bamberger tief empfundene
Worte an die Gemeinde. Seine Ausführungen gipfelten an der Feststellung 'Israel
chaj' (Israel ist lebendig) und wird auch weiterleben, wenn wir alle
am Glauben unserer Väter treu und stark festhalten werden. Herr Stadtrabbiner
Dr. Rieger sprach dann für den Israelitischen Oberrat und mit
besonders herzlichen Worten Herr Oskar Rothschild für das
Israelitische Vorsteheramt Stuttgart. Ferner sprachen noch Herr Rabbiner
Dr. Bamberger sen. (Kissingen)
und Rabbiner Dr. Neuwirth (früher Ichenhausen).
Für die Israelitische Religionsgesellschaft Heilbronn überbrachte Herr
Lehrer Flamm in gut gewählten, herzlichen Worten die Glückwünsche
der Israelitischen Religionsgesellschaft Heilbronn. Für den Verein Linath
Hazedek übermittelte David Horowitz die Glückwünsche. Ein
feierlicher Maariw-Gottesdienst mit Chorgesang beendigte die wohl
jedem in Erinnerung bleibende eindrucksvolle und würdige Feier. Herr
M. Zanger hat hier wiederum in hervorragender Weise, wie seit langem
ehrenamtlich als Vorbeter fungiert. Möge auch fernerhin Gottes Segen auf
dieser neuen Gebetsstätte der Religionsgesellschaft und auf allen, die
sich dort zum Gebet versammeln, ruhen.
Am Abend des 4. Februar vereinten sich nochmals die Mitglieder der
Religionsgesellschaft, um die Einweihung der neuen Synagoge abschließend
freudig zu begehen. Ansprachen mit heiteren vorträgen wechselten ab und
schufen bald eine Atmosphäre freundlicher Gemeinsamkeit. In freudiger
Stimmung blieben so die Anwesenden noch lange
zusammen." |
Aus nicht bekannten Gründen konnten die Gottesdienste der
Religionsgesellschaft seit 1936/37 nicht mehr in der Schlosserstrasse gefeiert
werden. Die Religionsgesellschaft benutzte für etwa anderthalb Jahre hierfür
den Betsaal im jüdischen Gemeindehaus in der Hospitalstrasse 34. 1938 wurde ein
neuer Betsaal im Haus Gartenstrasse 30 eingerichtet. Planung und
Bauleitung lag in den Händen von Regierungsbaumeister Guggenheimer. Am 2. Juni
1938 war die feierliche Einweihung dieses Betsaales. Nach dem von Lehrer Roberg
geleiteten Mah tauwu der Knaben wurden die Torarollen in die Heilige Lade
eingebracht. Adolf Kulb hielt die Begrüßungsrede; Rabbiner Dr. Bamberger entzündete
das ewige Licht. Von Oberrat war Präsident Dr. Siegfried Gumbel erschienen. Es
schloss sich das Abendgebet an, das der Vorbeter der Religionsgesellschaft Moses
Zanger leitete.
In der Pogromnacht im November 1938 blieb dieser Betsaal unzerstört. Das Gebäude
an der Ecke Gartenstrasse (heute Fritz-Elsas-Straße)/Hospitalstrasse wurde
jedoch im Krieg völlig zerstört. Nach 1945 ist das Grundstück neu bebaut
worden.
Fotos
zu den Betsälen der Religionsgesellschaft
Betsaal Rosenstraße 35/37
1906 bis 1934 |
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In der Zeit nach
dem Ersten Weltkrieg bis Anfang 1934 befand sich der Betsaal in
einem
Hintergebäude (ehemals auf der freien Fläche Foto rechts) zum
Gebäude
Rosenstraße 35/37 (Foto links) |
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Betsaal Schlosserstraße 2
1934 bis 1936/37
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Seit
1934 befand sich der
Betsaal der Religionsgesellschaft im Gebäude Schlosserstraße 2 |
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Blick auf die Fenster des
Erdgeschosses,
hinter denen der Betsaal lag |
Blick auf die östliche Wand
des Betsaales,
wo sich der Toraschrein befand |
Blick in den Betsaal vom
Bereich des Frauenabteils |
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Blick auf den abgegrenzten
Bereich
des Frauenabteils (nach 1945
vermutlich erneuert) |
Blick in den
Bereich des Betsaales des Männer. Die auf dem Foto rechts zu
sehende
Abgrenzung für ein weiteres Zimmer wurde nach 1945 vorgenommen. |
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Der
Betsaal des ostjüdischen Vereins "Linath Hazedek"
(Hinweis auf das Haus Kasernenstraße 13 von Wolfgang Kress, Stuttgart)
Um 1895 zogen in Stuttgart die ersten ostjüdischen Familien zu, darunter Mendel
Fußmann, der mit anderen ostjüdischen Glaubensgenossen den Verein "Linath
Hazedek" ("Stätte der Wohltätigkeit") begründete. Fußmann
war jahrelang der Vorsitzende dieses Vereins. Ein Betsaal befand sich
zeitweise (wann?) in der Geißstraße 1, dann nach den Verzeichnissen der
israelitischen Gemeinde 1914 in der Eberhardstraße 54, 1917/23 in der
Marienstraße 3.
Seit 1927 bemühte sich der Verein um die Einrichtung eines größeren Betsaales
mit geeigneten Nebenräumen für die Bibliothek und einen Lesesaal. Die
bisherigen Räumlichkeiten entsprachen "weder der Zeit noch der Würde
ihres Zweckes". Unter großen Opfern der Familien des Vereins wurde das
Geld für einen neuen Betsaal zusammengebracht. Am 30. März 1928 konnte hinter
dem Haus von Seeligmann Hirsch Kasernenstrasse 13 (Hinterhaus 1. Stock,
heute Leuschnerstraße)
dieser neue Betsaal feierlich eingeweiht werden. Unter den Klängen des Liedes
"Mah towu" wurden die Torarollen von den Gemeindeleitern und von
Ehrengästen in den Betsaal getragen. Der damalige Vorsitzende M. Pariser begrüßte
die zahlreichen Gäste, unter ihnen die Vertreter des Israelitischen Oberrates,
des Vorsteheramtes der Gemeinde und der Religionsgesellschaft. Stadtrabbiner Dr.
Rieger entzündete vor der Heiligen Lade das "ewige Licht" und hielte
die Weihepredigt. Nach drei Umzügen um den Almemor wurden die Torarollen in die
Heilige Lade gestellt. Das anschließende Nachmittags- und Freitagabendgebet
wurde von Oberkantor Schreiber aus Berlin geleitet.
Über die Geschichte dieses Betsaales nach 1933 ist nichts bekannt. Auf dem
Grundstück der früheren Kasernenstrasse (heute Leuschnerstrasse) 13 haben sich
keine Spuren erhalten. Das Grundstück wurde nach 1945 neu bebaut.
Fotos
zum Betsaal von "Linath Hazedek"
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Zeitweise war der
Betsaal von
Linath Hazedek im Gebäude Geißstraße 1
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Um 1917/23 befand sich
der Betsaal von
Linath Hazedek in der Marienstraße 3
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Stuttgarter Adress-Buch 1932
mit Nennung des Betsaales
von Linath Hazedek im Hinterhaus zur Kasernenstraße 13
(Haus des Seeligmann Hirsch) |
Der
Betsaal des ostjüdischen Vereins "Esras Achim"
1908 wurde der Verein "Esras Achim" von einer Reihe russisch-jüdischer
Zigarettenarbeiter und sonstiger Handwerker auf Veranlassung von Moses Rappoport
(1874-1924) gegründet. Ziel des Vereins war, für die russischen Juden in
Stuttgart "einen eigenen Gottesdienst nach heimatlicher Sitte einzurichten
und kameradschaftliche Gemeinsamkeit zu pflegen" (Gemeindezeitung IV,24 vom
16.3.1928 S. 736). "Heimatliche Sitte" bedeutete das Festhalten an
streng orthodoxen Traditionen, vor allem auch die Pflege des täglichen
Gottesdienstes. Es wurden nur Mitglieder zugelassen, die die Sabbatvorschriften
und rituellen Gebote streng beachteten. Rappoport stand bis zu seinem Tod an der
Spitze des Vereines. Sein Nachfolger war Heinrich Scher, der freilich bereits
1925 starb. In den folgenden Jahren waren die Leiter des Vereins H. Wikler und
S. Kleiners. Am 4. März 1928 konnte der Verein sein 20jähriges Bestehen mit
einer Feier im Bürgermuseum gehen. Stadtrabbiner Dr. Rieger hielt dabei die
Festrede. Der Betsaal von "Esras Achim" war zunächst in einem
Haus am Wilhelmsplatz (1912 eingestürzt, siehe Bericht unten), seit 1928 im Erdgeschoss der Marienstrasse
3 (früherer Betsaal von Linath HaZedek, siehe oben; Eigentümer des Betsaales war die Israelitische
Religionsgesellschaft).
Das Haus mit dem Betsaal der russischen Juden ist
eingestürzt (1912)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. September
1912: "Aus Stuttgart wird gemeldet: Am vorigen Sabbat stürzte unter
großem Krach plötzlich das Haus am Wilhelmsplatz ein, in welchem sich
der Betsaal der russischen Juden befang. Glücklicherweise waren
der Gottesdienst und auch der Jugendunterricht bereits beendet und die
Räumlichkeiten deshalb leer, sodass Menschen nicht verletzt wurden. Die
Synagoge wurde vollständig zerstört, nur die heilige Lade blieb
intakt." |
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
November 2018:
Erinnerung an den Novemberpogrom
1938
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Artikel von Heidemarie A. Hechtel
in der "Stuttgarter Zeitung" vom 5. November 2018:
"Stuttgart. 80 Jahre Reichspogromnacht in Stuttgart. Um 3 Uhr früh
brannten die Synagogen nieder. - Eine Stuttgarter Jüdin erinnert sich an den
9. November 1938 in Stuttgart: Am nächsten Morgen nach der Reichspogromnacht
wird ihr Vater verhaftet. Danach steht der Entschluss der Familie fest.
Stuttgart - Laut Nazi-Jargon hat sich in dieser Nacht vom 9. auf den
10. November 1938 spontan die Empörung der Bürger gegen die Juden Bahn
gebrochen. In gewalttätigen Ausschreitungen der SA und des braunen Mobs
unter den Augen der Polizei, die angewiesen war nicht einzuschreiten. Mit
unvorstellbarem Vandalismus wurden auch in Stuttgart jüdische Geschäfte wie
das Kaufhaus Tanne in der Tübinger Straße, das Radiogeschäft Jacobs in der
Hauptstätter Straße und das Schuhhaus Speier zerstört und geplündert, Juden
nachts aus den Betten geholt, geschlagen, misshandelt und verhaftet, und die
Synagogen in Brand gesetzt. Um 3 Uhr früh standen die Synagoge in der
Hospitalstraße und das zweite jüdische Gotteshaus in der König-Karl-Straße
in Bad Cannstatt in Flammen. Der Chef der Stuttgarter Feuerwehr,
Branddirektor August Bender, und sein Kollege aus Bad Cannstatt, Werner
Reutlinger, hatten das Benzin dafür bereitgestellt. Ihre Leute durften nicht
löschen, sondern lediglich ein Übergreifen des Feuers auf die Nachbarschaft
verhindern.
Ahnungslos in die Schule gegangen. In der Hohenstaufenstraße 17A
wohnte damals die 14-jährige Charlotte mit ihren Eltern Claire und Manfred
Nussbaum, ihrem Bruder Ernst und der Großmutter Siegmunde Friedmann.
Friedmanns besaßen ein Wäschegeschäft in der Adlerstraße, in dem auch der
Vater, ursprünglich als Dirigent ausgebildet, arbeitete. Die Mutter betrieb
eine Praxis als Heilgymnastin. 'Es ist kaum zu glauben, aber wir wussten in
dieser Nacht nicht, was sich in Luftlinie höchstens zwei Kilometer entfernt
abspielte und welche Gefahr drohte', erzählte die heute 94-Jährige vor zehn
Jahren anlässlich des 70. Jahrestages. Weder der Lärm klirrender Scheiben,
was den Volksmund zu der reichlich flapsigen Bezeichnung
'Reichskristallnacht' animierte, noch die Rauchwolken erreichten die stille
Straße im Stuttgarter Süden. Ahnungslos sei sie morgens in ihre
Charlotten-Realschule gegangen und dort sofort zum Direktor bestellt worden:
'Ein begeisterter Nazi mit Parteiabzeichen und Braunhemd', der Charlotte
erklärte, dass sie sofort die Schule verlassen und nie mehr wiederkommen
solle. Fassungslos habe sie gefragt, warum. Weil es für sie zu gefährlich
sei, habe er geantwortet. 'Niemand von meinen Mitschülern ist heute morgen
mit einem Gewehr in die Schule gekommen', reagierte Charlotte selbstbewusst
und wundert sich bis heute, 'woher ich die Nerven dafür hatte'. Sie habe die
Schule hoch erhobenen Hauptes verlassen. Aber es kam noch schlimmer: Ihr
Vater wurde am nächsten Morgen um 6 Uhr abgeholt und weggebracht. Manfred
Nussbaum hatte mehr Glück als 400 andere jüdische Männer aus Stuttgart, die
nach Dachau oder Welzheim ins Lager gebracht wurden, wo zwei Stuttgarter,
Nathan Fröhlich und Arthur Hirsch, die Torturen nicht überlebten. Nussbaum
kam nach ein paar Tagen wieder nach Hause. 'Vielleicht, weil er gerade eine
Operation hinter sich hatte und noch sehr schwach war. Vielleicht aber auch,
weil der Polizeichef kein überzeugter Nazi war und Mitleid hatte', rätselt
Charlotte, verheiratete Isler, noch heute. Aber eines sei nun klar geworden:
'Es war höchste Zeit für die Emigration.' Bis dahin habe ihr Vater immer
noch optimistisch auf eine Besserung der Lage gehofft, nun brachte nur noch
die Flucht aus Deutschland Rettung.
Attentat als Begründung für Volkszorn. Angeblich war diese Orgie von
Gewalt und Vandalismus die Reaktion der Bevölkkerung auf ein Attentat zwei
Tage zuvor in Paris. Der 17-jährige Hermann Grünspan alias Herschel
Grynszpan aus Hannover hatte in der deutschen Botschaft den
Legationssekretär Ernst vom Rath niedergeschossen und tödlich verwundet,
nachdem er erfahren hatte, dass seine Eltern, Juden mit polnischer
Staatsangehörigkeit, an die polnische Grenze zwangsverschleppt worden waren.
'Weil Polen sie', erklärt Roland Müller, der Leiter des Stuttgarter
Stadtarchivs, 'sie wie tausende andere, die einmal ins deutsche Reich
gezogen waren, ausbürgern wollte.' Auch in Stuttgart lebten 1933 373
jüdische Bürger mit polnischer Staatsangehörigkeit. Ihre Verhaftungen
begannen bereits am Morgen des 28. Oktober 1938, weiß Müller. Die
Deportationen und Aussetzungen an der polnischen Grenze folgten. 'Dieses
Attentat als Begründung für den angeblichen Volkszorn kam den Nazis wohl
gerade recht', sagt Müller, der vor 40 Jahren seine Zulassungsarbeit zum
Staatsexamen über dieses Pogrom schrieb. 'In Wirklichkeit', so Müller, 'war
dieser Auftakt zu systematischen Deportationen und Holocaust eine wohl
inszenierte Aktion.' Der 9. November habe sich dafür geradezu angeboten.
Denn an diesem Tag pflegte die NS-Bewegung die Toten des missglückten
Putsches am 9. November 1923 an der Münchner Feldherrnhalle zu ehren. Es sei
vor allem ein Feiertag der SA gewesen, die nach Kranzniederlegung und
abendlicher Kundgebung den Tag gemütlich in Bierhallen und SA-Heimen habe
ausklingen lassen. Dem sei die mitternächtliche Vereidigung der SS-Bewerber
im Hof des neuen Schlosses samt Übertragung der Reden Adolf Hitlers und
Heinrich Himmlers aus München gefolgt. Es war also, folgert Müller, ein
Leichtes, die professionellen Schlägertrupps für den angeblichen und von
Gaupropagandaleiter Adolf Mauer organsierten Volkszorn zu mobilisieren.
Anklage gegen Branddirektor. Es wird überliefert, dass der
christliche Hausmeister aus der brennenden Synagoge in der Hospitalstraße
eine Torarolle gerettet hat. Die Kuppel dieses im orientalischen Stil
erbauten Tempels stürzte ein, übrig blieb eine angekohlte Ruine. 15
Mitglieder der Gemeinde mussten unter der Leitung des Architekten Ernst
Guggenheimer die Mauern des Gotteshauses abtragen. Guggenheimer überlebte
und wurde mit dem Wiederaufbau der Synagoge, dem ersten Synagogen-Neubau in
der jungen Bundesrepublik, beauftragt. Die Synagoge in Cannstatt, eine
Holzkonstruktion, brannte total ab. An sie erinnert eine Gedenkstätte. Im
Mai 1946 erhob die Stuttgarter Staatsanwaltschaft Anklage gegen
Branddirektor August Bender, den Leiter der Feuerwache Bad Cannstatt, Werner
Reutlinger, und zwei weitere Angeklagte. Bender wurde 1947 in zweiter
Instanz zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Familie Nussbaum verließ
Stuttgart am 10. April 1939 für immer in Richtung New York, Verwandte in den
USA hatten gebürgt. Die Großmutter war in Stuttgart geblieben, 'weil sie
nicht zur Last fallen wollte'. Heute erinnert ein Stolperstein vor dem Haus
Hohenstaufenstraße 17A an Siegmunde Friedmann, die 1942 nach Theresienstadt
deportiert wurde und dort am 5. April 1944 mit 72 Jahren zu Tode kam. Ihre
Enkelin, Charlotte Isler, lebt in der Nähe von New York und hat viele
Beziehungen zu Stuttgart. Nachdem sie sich vehement für die Erhaltung des
Hotels Silber eingesetzt hat, will sie der Einladung zur Einweihung im
Dezember unbedingt Folge leisten."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Stuttgart |
In der Website des Landesarchivs
Baden-Württemberg (Hauptstaatsarchiv Stuttgart) sind die Personenstandsregister
jüdischer Gemeinden in Württemberg, Baden und Hohenzollern
einsehbar: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=5632
Zu Stuttgart sind vorhanden:
J 386 Bü. 533 Stuttgart Geburten 1866 - 1870 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446753
J 386 Bü. 534 Stuttgart Geburten 1878 - 1887 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446754
J 386 Bü. 535 Stuttgart Geburten 1871 - 1875 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446755
J 386 Bü. 536 Stuttgart Geburten 1875 - 1878 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446756
J 386 Bü. 537 Stuttgart Proklamationsschein, Geburtsregister,
Eheregister, Familienbuch, Schutzpockenimpfschein, verschiedene Urkunden,
Entlassungsschein 1869 - 1871 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446757
J 386 Bü. 538 Stuttgart Eheschließungen Trauungsurkunden 1875 -
1878 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446758
J 386 Bü. 539 Stuttgart Eheregister, Geburtsregister, Schulzeugnis,
verschiedene Urkunden, Impfschein 1872 - 1874 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446759
J 386 Bü. 540 Stuttgart Eheschließungen 1873 - 1874 verschiedene
Urkunden http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446760
J 386 Bü. 541 Stuttgart Eheschließungen 1880 - 1887 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446761
J 386 Bü. 542 Stuttgart Eheschließungen 1888 - 1893 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446762
J 386 Bü. 543 Stuttgart Eheschließungen 1891 - 1937 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446763
J 386 Bü. 544 Stuttgart Sterbefälle 1891 - 1895 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446764
J 386 Bü. 545 Stuttgart Geburten 1875 - 1901 - Einbruchsversicherung
- Verzeichnis schulpflichtiger Kinder 1854 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446765
J 386 Bü. 546 Stuttgart Leichenscheine 1913 - 1950 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446766
J 386 Bü. 547 Stuttgart Eheschließungen 1894 - 1897
Bescheinigungen aus verschiedenen Orten http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446767
J 386 Bü. 548 Stuttgart Eheschließungen 1908 - 1907
Bescheinigungen aus verschiedenen Orten http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446768
J 386 Bü. 549 Stuttgart Eheschließungen 1898 - 1905
Bescheinigungen aus verschiedenen Orte http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446769
J 386 Bü. 550 Stuttgart Geburten 1852 - 1867, Eheschließungen 1832
- 1867, Sterbefälle 1834 - 1867 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446770
J 386 Bü. 551 Stuttgart Familienbuch 1794 - 1814 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446771
J 386 Bü. 552 Stuttgart Geburten 1864 - 1869 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446772
J 386 Bü. 553 Stuttgart Trauscheine, Proklamationsscheine,
verschiedene Urkunden, Sonntagsschul-Entlassschein, Auszüge aus den
Registern http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446773
J 386 Bü. 554 Stuttgart Eheschließungen 1832 - 1859 verschiedene
Trauungsurkunden http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446774
J 386 Bü. 555 Stuttgart Familienbuch 1856 - 1863 Impfscheine,
Entlassscheine, Geburtsscheine, Eheregister http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446775
J 386 Bü. 556 Stuttgart Eheschließungen 1851 - 1860 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446776
J 386 Bü. 557 Stuttgart 1864 - 1865 Eintritt ins Bürgerrecht,
Verschiedene Urkunden, Bürgerbrief, Schulentlassschein, Trauscheine,
Eheregister http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446777
J 386 Bü. 558 Stuttgart 1868 - 1869 Geburtsregister, Eheregister,
Impfscheine, verschiedene Urkunden, Schulentlassungsscheine,
Bürgerbrief http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446778
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Hinweis auf
die Dokumentation der jüdischen Grabsteine in Baden-Württemberg des
Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg |
Im Bestand https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=24368
auf der linken Seite bei "Stuttgart" über das
"+" zu den einzelnen Grabsteinen.
Zum Hoppenlaufriedhof Israelitischer Teil sind 207 Grabsteine dokumentiert
(mit Fotos)
Zum Pragfriedhof Israelitischer Teil sind 2373 Grabsteine dokumentiert
(mit Fotos) |
Im Bestand EL 228 b I Bü. 11 finden sich zu
den jüdischen Friedhöfen in Stuttgart - Hoppenlaufriedhof, Pragfriedhof,
Hauptfriedhof Steinhaldenfeld, Friedhof Bad Cannstatt
Belegungspläne Belegungspläne http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1878336
|
Literatur (kleine Auswahl):
| Paul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und
Hohenzollern. 1966. S. 164-172. |
| Germania Judaica II,2 S.809ff
III,2 S. 1441-1443. |
| Festschrift zum 50-jährigen Jubiläum der Synagoge zu Stuttgart.
Hg. vom Israelitischen Kirchenvorsteheramt Stuttgart. 1911. |
| Maria Zelzer: Weg und Schicksal der Stuttgarter
Juden. Stuttgart 1964. |
| dies.: Stuttgart unterm Hakenkreuz. Chronik aus Stuttgart
1933-45. Stuttgart 1984² |
| Joachim Hahn: Hoppenlaufriedhof,
Israelitischer Teil (Friedhöfe in Stuttgart 2. Veröffentlichungen des
Stadtarchivs Stuttgart 40) Stuttgart 1988. |
| ders.: Pragfriedhof, israelitischer Teil
(Friedhöfe in Stuttgart 3. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Stuttgart
57) Stuttgart 1992. |
| Roland Müller: Stuttgart zur
Zeit des Nationalsozialismus. 1988. |
| Verschiedene Beiträge in der Reihe "Stuttgart im
Dritten Reich". Ausstellung des Projekts Zeitgeschichte. 5 Bde. 1984. |
| Siegfried Däschler-Seiler: Auf
dem Weg in die bürgerliche Gesellschaft. Joseph Maier und die jüdische
Volksschule im Königreich Württemberg. (Veröffentlichungen des Stadtarchivs
Stuttgart 73) 1997. |
| Paul Sauer/Sonja Hosseinzadeh:
Jüdisches Leben im Wandel der Zeit. 170 Jahre Israelitische
Religionsgemeinschaft. 50 Jahre neue Synagoge in Stuttgart. 2002 (hier
weitere Literatur) |
| Sigrid Brüggemann / Roland Maier: Auf den
Spuren jüdischen Lebens. Sieben Streifzüge durch Stuttgart. ISBN
3-89657-144-3. Erschien 2018. Weitere Informationen zum Buch:
http://www.schmetterling-verlag.de/page-5_isbn-3-89657-144-3.htm . |
| Melanie Elze / Rosemarie Godel-Gaßner /
Alfred Hagemann / Sabine Krehl (Hrsg.): Jenny Heymann
(1890-1996). Lebensstationen einer jüdischen Lehrerin mit
bildungsgeschichtlichen Streifzügen durch Württemberg. Transfer (Reihe der
Ludwigsburger Hochschulschriften) Band 18. PH Ludwigsburg - University of
Education 2020.
Inhaltsverzeichnis
(eingestellte pdf-Datei; darin auch ein Beitrag von Jonas Kreß und
Finn Tümmers: Jüdisches Leben in Stuttgart und die Familie Heymann S.
43-71; von Rosemarie Godel-Gaßner: Das Königin-Katharina-Stift und
die Entwicklung des höheren Mädchenschulwesens in Württemberg S. 71-87; Paul
Beck: Jenny Heymanns Wohnung in der Ameisenbergstraße in Stuttgart S.
301-311).
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