In Ermreuth bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938. Ihre
Entstehung geht in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden
1554 Juden am Ort genannt. Die ritterlichen Landsherren in Ermreuth
nahmen jüdische Familien gegen Bezahlung von "Schutzgeldern" auf.
Bereits im 17. Jahrhundert lebten die jüdischen Familien vor allem vom Handel
mit Vieh und Pferden.
Die Blütezeit der Gemeinde war zwischen der Mitte des 18. und der Mitte des
19. Jahrhunderts. 1809/10 wurden 164 jüdische Einwohner gezählt (24,9 %
von insgesamt 659), 1811 180 (26,1 % von insgesamt 689), 1822 die Höchstzahl
von 194, davon 35 Familienväter, 124 Kinder, ein Witwer und ein Lediger. 1832 betrug die Zahl der
christlichen Familien 98, die der jüdischen 38, insgesamt 187 Personen, ein
gutes Drittel der Gesamtbevölkerung. 1843 wurden 43 jüdische Haushaltungen
registriert.
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgte ein starke Abwanderung der
jüdischen Familien, u.a. nach Erlangen. 1867 waren es 132 jüdische Einwohner
(19,6 % von insgesamt 673), 1880 87 (13,7 % von 635) und 1900 66 (10,8 % von
609). Die Haupterwerbstätigen der jüdischen Gemeindemitglieder
beschränkten sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts auf den Vieh-, Hausier- und
Schnittwarenhandel, ehe um die Mitte des Jahrhunderts neue Erwerbszweige
hinzukamen. Die zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch in Ermreuth ansässigen
Juden betrieben Vieh-, Schnittwaren- und Hopfenhandel. Nach 1874 waren die
jüdischen Einwohner vollständig im allgemeinen Gemeindeleben integriert. Sie waren Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr,
des Gemeinderates sowie der Soldatenkameradschaft.
An
Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), einen Friedhof
(seit 1711), eine Schule (Elementarschule, zuletzt noch Religionsschule) sowie ein rituelles Bad. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Elementarlehrer bzw.
ein Religionslehrer
angestellt. Dieser war zugleich als Vorbeter (Kantor) und als Schächter tätig.
Bei anstehenden Neubesetzungen war die Stelle immer wieder auszuschreiben (siehe
unten Ausschreibungstexte).
Die jüdische Gemeinde Ermreuth gehörte bis 1894 zum Bezirksrabbinat in Hagenbach.
Bei der Besetzung des dortigen Rabbinates traten die Ermreuther teilweise sehr
selbstbewusst auf. Es kam mehrfach zu Spannungen zwischen den Gemeinden Ermreuth
und Hagenbach. Zeitweise (um 1840/60) bemühten sich die Ermreuther um Verlegung
des Rabbinatssitzes von Hagenbach in ihre Gemeinde. 1866 bat der Hagenbacher
Rabbiner Dr. Jonas Königshöfer unter dem Druck der Ermreuther Gemeinde um
seine Entlassung. Nach der Auflösung des Bezirksrabbinates Hagenbach wurde
Ermreuth dem Rabbinatsbezirk Bamberg zugeteilt.
1910 wurden 44 jüdische Einwohner gezählt (7,2 % von 615); 1915 bestand die israelitische Kultusgemeinde noch aus 10
jüdischen Haushaltungen. Im Ersten Weltkrieg fiel aus der
jüdischen Gemeinde Moritz Hönlein (gefallen 1917 Arras). Sein Name steht auf
dem Kriegerdenkmal für die Gefallenen beider Weltkriege aus Ermreuth
unmittelbar vor der Kirche des Ortes.
Um 1925, als noch 22 Gemeindeglieder gezählt wurden (3,5 % von insgesamt 630
Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Wilhelm Schwarzhaupt, Gustav Hönlein
und Leopold Goldner. Die Gemeinde war weiterhin dem Distriktsrabbinat Bamberg zugeteilt.
1932 wurden 25 Gemeindeglieder gezählt (von insgesamt 558). Die
Gemeindevorsteher waren Wilhelm Schwarzhaupt und Gustav Hönlein. Als Lehrer der
drei schulpflichtigen jüdischen Kinder kam aus Erlangen Lehrer Julius Fränkel
regelmäßig nach Ermreuth.
1933 gab es nur noch fünf jüdische Haushalte mit insgesamt 21
Personen im Ort. Trotz der zunehmenden Repressalien und der Auswirkungen des
wirtschaftlichen Boykotts verließen bis zum September 1938 nur vier Personen
den Ort. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge stark beschädigt
(s.u.), ebenso die jüdischen Privathäuser. Bei den Ausschreitungen wurde das
Gemeindemitglied Max Wassermann vom Ortsgruppenleiter der NSDAP brutal
misshandelt. Wassermann verzog Mitte 1939 mit seiner Familie nach Nürnberg und
verstarb 1942 im jüdischen Krankenhaus in Fürth verstarb. Noch im
Jahr 1939 gelang es einer jüdischen Familie aus Ermreuth in die USA zu fliehen.
Die übrigen 15 Personen jüdischen Glaubens mussten ihren Wohnsitz nach Nürnberg
in vorherbestimmte Unterkünfte verlegen, ehe sie 1942 in
Konzentrationslagern verschleppt und ermordet wurden.
Von den in Ermreuth geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Frieda Dachauer geb.
Hönlein (1913), Kathie (Katie) Dingfelder geb. Schönberger (1893), Hermann
Dorn (1865), Karoline Frank geb. Herzfelder (1873), Juli Goldbach
geb. Hönlein (1880), Jakob Gönninger (1891)*, Ida Grau geb. Wassermann (1886, vgl. Kennkarte unten), Bertha
Guthmann geb. Wassermann (1884), Jeanette Gutmann geb. Oberndorfer (1856), Klara Hess (1875),
Regina Heß (1881), Frieda Hönlein geb. Götter (1886), Gustav Hönlein (1882), Herrmann Hönlein
(1878), Louise Hönlein (1869), Martin Hönlein (1904), Sofie Hönlein geb. Erlanger
(1879), Rosa Kohn geb. Dorn (1889), Therese Neu geb. Bauer (1876), Regina
Satzmann geb. Wimmelbacher (1880), Getti (Geeta) Schloß (1887), Maria Schloss (1886),
Ida Schönberger (1885, "Stolperstein" in
Forchheim), Max Schönberger (1882), Ida Stark geb. Schönberger
(1885), Betty Strauß geb.
Schönberger (1875), Pauline (Paula) Steinhart geb. Wassermann (1884), Clara Teutsch geb. Holzinger (1884),
Rosa Uhlfelder (1896), Betty Wassermann geb. Wolf (1893),
Bella Wassermann (1929), Betty Wassermann geb. Wolf (1893), Hugo Wassermann (1896),
Karl Wassermann (1891), Kurt Joseph Wassermann (1927), Rosa Wassermann geb. Kohn (1854),
Sofie Wassermann (1886), Werner
Wassermann (1925), Wilhelm Wassermann (1885).
*Lehrer Jakob Gönninger (1891) ist mit seiner ganzen Familie, das heißt
seiner Frau Lina Gönninger geb. Veilchenblau (1894) und den in Zirndorf
geborenen Töchtern Adele Gönninger (1927), Elisabeth Gönninger (1924) und Susanne
Gönninger (1930) nach der Deportation ermordet worden.
Informationstafel zur jüdischen
Geschichte des Ortes
Die Informationstafel befindet sich an der Dachstadter Straße (Ostseite
der Synagoge) in Ermreuth.
Zum Lesen bitte Abbildung anklicken oder als pdf-Datei anschauen (erhalten
von Jürgen Hanke, Kronach).
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers (Elementarlehrer bzw. Religionslehrer),
zugleich des Vorbeters und Schächters 1871 / 1907 / 1909
1871
war die Stelle wieder einmal ausgeschrieben. In der Zeitschrift "Der
Israelit" erschien am 19. April 1871 folgende Anzeige: "Erledigte
Stelle. Bei der israelitischen Kultusgemeinde Ermreuth, Post Gräfenberg
(Bayern), ist die Stelle eines Elementar- und Religionslehrers, verbunden mit
Kantordienst, in Erledigung gekommen. Der Gehalt besteht in 350 Gulden fix,
freier Wohnung und 150 Gulden Nebenverdienste. Auch wird mit dieser Stelle der
Schächterdienst verbunden, welcher sicher 150 Gulden einträgt und wird
bemerkt, dass nur solche Bewerber berücksichtigt werden, welche letztgenannte
Funktion versehen können. Die israelitische Kultusverwaltung Ermreuth. Max
Reichold. Isaak Wimmelbacher".
Damals konnte die Stelle mit Lehrer Isak
Heß besetzt werden, der 36 Jahre lang in der Gemeinde tätig sein sollte und
große Anerkennung und Beliebtheit genoss (siehe weitere Artikel zu ihm unten).
Nach der Pensionierung von Isak Heß
erfolgte eine Neuausschreibung:
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Oktober 1907:
"Infolge Pensionierung des bisherigen Lehrers wird die israelitische Elementarverweser-,
Religionslehrer-, Kantor- und Schächterstelle zur Wiederbesetzung
ausgeschrieben. Der fixe Hegalt beträgt 1.000 Mark, die Nebenverdienste
circa 39 Mark nebst freier Wohnung im Schulhause. Geeignete religiöse
Bewerber wollen ihre Gesuche nebst Zeugnissen innerhalb 14 Tagen bei dem
Unterzeichneten einreichen. Ermreuth, den 6. Oktober 1907. Oberfranken.
Die Kultusverwaltung: E. Wimmelbacher, Vorstand."
Ein Lehrer Goldschmidt, der im
Zusammenhang mit der Beisetzung von Isak Heß (s.u.) genannt wird, wurde
nach Ermreuth versetzt. Er blieb freilich nur bis Ende 1909. Dann musste
die Stelle wiederum ausgeschrieben werden:
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Dezember 1909: "In
unserer Gemeinde ist die Stelle eines Elementar-Verwesers, Religionslehrers,
Kantors und Schächters bis 1. Februar 1910 zu besetzen. Der fixe
Gehalt beträgt 1.000 Mark, die Nebenverdienste ca. 400 bis 500 Mark, nebst
freier Wohnung im Schulhause. Geeignete religiöse Bewerber wollen ihre
Gesuche nebst Zeugnissen innerhalb 14 Tagen an den Unterzeichneten
einsenden. Ermreuth, 4. Dezember 1909 (Oberfranken). E. Wimmelbacher,
Vorstand."
Über den jüdischen Lehrer Isak Heß
Das 25jährige Dienstjubiläum von Lehrer Isak Heß im
April 1896
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juli 1896: "Ermreuth,
27. Juni 1896. Am gestrigen heiligen Schabbat wurde die 25jährige hiesige
Amtstätigkeit unseres allverehrten Lehrers, Herrn Isak Heß gefeiert. Wie sehr
es derselbe verstanden hat, während seiner 25jährigen Ausübung seines Berufes
die Herzen, die Anerkennung und die Hochachtung aller Gemeindemitglieder,
Ortsbürger, Vorgesetzten, Schüler und Bekannten durch unübertreffliche treue
Berufsauffassung und -Erfüllung ohne Unterschied zu erwerben, davon gab der
gestrige Tag den herrlichsten Beweis. Schon Tage vorher wurden von allen
Himmelsrichtungen dem Jubilar von Seiten seiner ehemaligen Schüler, Kollegen,
Bekannten und Freunde die herzlichsten Gratulationen und Glückwünsche, sowie
ansehnliche Geschenke übermittelt. Wiewohl der Jubilar in seiner stets
bescheidenen Weise eine größere Feier sich nicht wünschte, fanden sich doch
schon vor Beginn des Morgengottesdienstes sämtliche Gemeindemitglieder, an
deren Spitze die beiden Herren Vorstände, Seiner Hochwürden Herr Pfarrer
Seeberger, Lokalschulinspektor dahier, Herr Kantor Köhrl, Herr Bürgermeister
Ziegler und mehrere Mitglieder der Gemeindeverwaltung in dessen Wohnung ein, um
ihre herzlichsten Wünsche und Gratulationen zu entbieten und dabei von der
Gemeinde eine goldene Kette, vom Talmud Thoraverein ein goldenes Medaillon mit
entsprechender Inschrift und vom Bürgermeister für sich ein wertvolles
Weinservice als Ausdruck des Dankes und der Hochschützung zu überreichen. In
der herrlich und reichlich geschmückten Synagoge leitete Herr E. Heß jr.,
Lehrer in Poppenlauer, ein Sohn des Jubilars, mit seltenem Talente und gutem
Geschicke den Gottesdienst. Vor Beginn des Mussaph-Gebetes betrat unser
Vorstand, Herr Jakob Schönberger, die Rednerbühne und brachte in
schwungvollen, herzlichen Worten dem Herrn Jubilar den Dank, die Anerkennung und
Wertschätzung aller Gemeindemitglieder aus. Unter Anderem betonte der Redner
besonders, wie viele großen Verdienste Herr Lehrer Heß während seines
Hierwirkens um die Schule, der die Schläge seines Herzens geweiht sind
und Gemeinde sich erworben hat, dass in hiesiger Gemeinde noch keine den
herkömmlichen religiösen Vorschriften zuwiderlaufenden Neuerungen, mit welchen
leider manche Gemeinden zuprunken suchen, sich Eingang verschaffen konnten und
die der felsenfesten Energie, mit welcher Herr Lehrer Heß stets eintrat und der
wachenden Sorgfalt, dass unsere heilige Thora soviel als möglich beobachtet und
deren Gebote gehandhabt werde, zu verdanken sei.
Mit recht herzlichen bedeutungsvollen Worten antwortete der Jubilar, dass er
heute noch wie vor 25 Jahren auf demselben Standpunkte betreffs der Ausübung
seines Berufes als Lehrer und Kultusbeamter mit derselben Gesinnung stehe und
weder rechts noch links von dem, was Beruf und göttliche Religion fordert,
abweiche. Nach beendetem Gottesdienste überreichten im Schulzimmer Namens der
früheren Mitschüler Herr H. Dorn einen wertvollen Schreibpult, Fräulein
Wimmelbacher namens der jetzigen Schüler einen mit entsprechender Inschrift
versehenen silbernen Pokal, beide mit entsprechenden, allgemeinen Beifall
findenden Ansprachen. Bei dem hierauf erfolgten Frühstücke schilderte Seiner
Hochwürden Herr Seeburger, Pfarrer und Lokalschulinspektor dahier, nach einem
begeistert aufgenommen Toast auf Seiner königlichen Hoheit den Prinzregenten
als Förderer und Beschützer der Schule und wohlwollender Landesfürst aller
seiner Untertanen, in trefflich gewählten, von Herzen kommenden und zu Herzen
gehenden Worten die überaus segensreichen Leistungen in Schule, Gemeinde und im
bürgerlichen Leben unseres Jubilars. Herr Pfarrer Seeberger sprach mit einer
Wärme und Liebe, dass der Eindruck seiner meisterhaften Worte nie verwischen
wird. Es war für uns in der jetzigen von Antisemitismus angehauchten Zeitströmung
doppelt wohltuend, solche vorurteilsfreie, aufrichtig gut gemeinte Worte eines
Edeldenkenden zu vernehmen.
Herr Kultusvorstand Wimmelbacher jr. bot durch seinen inhaltsreichen Vortrag
einen geschichtlichen wertvollen Überblick der hiesigen Schule seit ihrem
Bestehen bis heute. Es wechselten Toast auf Toast, Vorträge ernsten und
heiteren Inhalts. Nachmittags versammelten sich im Lokale des Casino-Vereins die
Lehrer der Umgegend, um ihren Kollegen zu feiern. Herr Lehrer Förster in
Gräfenberg hielt namens derselben und des Bezirkslehrervereins Gräfenberg eine
längere Ansprache an Herrn Heß und schilderte in zutreffender Weise die guten
Tugenden und edlen Eigenschaften unseres Herrn Jubilars als Kollege.
Es bleibt uns noch der Wunsch: Vom Lenker aller Geschicke möge es bestimmt
sein, dass Herr Lehrer Heß noch recht, recht lange im Glück mit seiner Familie
bei vollster Gesundheit bis an die äußerste Grenze des menschlichen Lebens zum
Wohle der Schule, zum Nutzen und Frommen der Gemeinde, zum Ruhm und Ehre des wahren
Judentums seine bisherige Tätigkeit entfalte und seine redliche Arbeit
fernerhin vom himmlischen Segen begleitet sein möge.
Zurruhesetzung von Lehrer Isak Heß im August 1907
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" 29. August 1907: "Ermreuth, 25.
August (1907). Herr Lehrer Isak Heß scheidet, zum großen Leidwesen der ganzen
Gemeinde, nachdem er in den Ruhestand getreten ist, demnächst von hiesigem
Orte. Er hat 36 Jahre lang die hiesige Elementarstelle zur allgemeinen
Zufriedenheit verwaltet und in jeder Beziehung das Möglichste geleistet. Möge
Heß der wohlverdienten Ruhe sich recht lange bei gutem Ergehen zu erfreuen
haben."
Verabschiedung
von Lehrer Isak Heß im Oktober 1907
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Oktober 1907:
"Ermreuth, 18. Oktober. In den nächsten Tagen wird unser Lehrer,
Herr Heß (für falsch: Schoß), nach 37-jähriger Tätigkeit von Ermreuth
scheiden, um sich in den Ruhestand zurückzuziehen. Mit einer zu Herzen
gehenden Ansprache nahm er am vergangenen Sabbat von seiner Gemeinde
Abschied, indem er allen Mitglieder für die ihm bei seiner Amtstätigkeit
entgegengebrachte Unterstützung dankte und zur Aufrechterhaltung des
religiösen Sinnes und zur steten Erfüllung des jüdischen Gesetzes
mahnte. Für die israelitische Gemeinde bedeutet das Scheiden des Herrn
Heß (für falsch: Schloß) einen schweren Verlust; denn er hat mit
seltener Hingebung sich seinem Beruf gewidmet und auch außerhalb seiner
Lehrtätigkeit den Gemeindemitgliedern immer mit Rat und Tat zur Seite
gestanden. Dieselbe Hochschätzung, wie in der israelitischen
Kultusgemeinde, hat sich Herr Heß in der politischen Gemeinde erworben;
erwähnt sei, dass er viel zur Gründung der freiwilligen Feuerwehr
beigetragen und später auch als deren Kommandant Verdienstliches
geleistet hat. Die Verwaltung, an deren Spitze Herr Bürgermeister
Müller, sowie Lokalschulinspektor Pfarrer Seeberger und Kantor Stumpf,
besuchten am Sabbat Herrn Heß und brachten unter Überreichung eines
wertvollen Andenkens den Dank der Mitbürger und deren beste Wünsche für
die Zukunft zum Ausdruck.
Die Meldung von der
Zurruhesetzung kam auch im Frankfurter Israelitischen Familienblatt:
Kurzbericht im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt vom 25.
Oktober 1907: "Ermreuth in Oberfranken. Nach 36jährigem
Wirken in hiesiger Gemeinde ist Herr Lehrer Isak Heß in den Ruhestand
getreten."
Beisetzung
von Lehrer Isak Heß am 1. August 1909
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit " vom 19. August 1909:
"Nürnberg, 5. August (1909). Am Sonntag, den 15. Av (= 1. August
1909) wurde hier unter zahlreicher Beteiligung Herr Isaak Heß, Lehrer
a.D. zu Grabe getragen. Der Verstorbene wirkte länger als 40 Jahre
als Lehrer, Chasen (Vorbeter) und Schochet (Schächter), darunter 36 Jahre
in der Gemeinde Ermreuth (Oberfranken). Vor zirka zwei Jahren trat er in
den Ruhestand und zog nach Nürnberg, um hier seinen Lebensabend zu
verbringen. Mit ihm ist ein Vertreter der alten Zeit, wie sie leider immer
seltener werden, aus dem Leben geschieden. In hohem Maße hat sich der
Verstorbene stets der Tora, dem Gottesdienst und der Wohltätigkeit
gewidmet und durch seine Pflichttreue, durch sein zu jeder Zeit
hilfsbereites Entgegenkommen sich die Liebe aller, die mit ihm in
Berührung kamen, erworben. Als Lehrer und Erzieher gab er der Jugend sein
Bestes und blieb ihnen auch über die Schule hinaus der väterliche Freund
und Berater. Am Grabe hielt nun zunächst Herr Rabbiner Dr. Freudenthal in
Nürnberg eine tiefdurchdachte Predigt, in der er ein treffliches
Lebensbild des Verstorbenen, der als echter Jehudi gelegt und gewirkt,
entwarf. Lehrer Heß in Burghaslach, der Sohn des Verblichenen, sprach in
schmerzbewegten, rührenden Worten den Dank der Familie aus und Lehrer
Goldschmidt sprach im Namen der Kultusgemeinde Ermreuth, deren Mitglieder
fast vollzählig zur Beerdigung erschienen waren. Wie allgemein
geachtet und beliebt Herr Lehrer Heß auch bei Andersgläubigen war,
bewies die Beteiligung des früheren und jetzigen Bürgermeisters von
Ermreuth an seiner Beerdigung. letzterer schilderte die großen
Verdienste, die sich der Verstorbene als langjähriger Gemeindeschreiber
in der politischen Gemeinde erwarb. Seine Seele sei eingebunden in den
Bund des Lebens."
Aus einem Artikel in "Der Schild" vom 24. Januar 1926: "Diese
Liste ist zu ergänzen durch jene uns vorliegenden Meldungen, bei denen fünf
Brüder und mehr lediglich als Frontkämpfer ausgewiesen, nähere Angaben über
Verluste und so weiter uns jedoch nicht gemacht sind. Es sind dies: mit fünf Söhnen: Familie Wassermann (Ermreuth) und Familie Jakobsohn (Marwitz),
mit
sechs Söhnen: Familien Ephraimsohn (Strehlitz), Buchsbaum (Öhringen
-
Württemberg), Heymann (Gelsenkirchen), Wertheimer (Altdorf
in Baden),
Stiefel (Birklar),"
70. Geburtstag des Kultusvorstandes Jakob Schönberger (1921) - Lehrer
Jakob Gönninger verlässt die Gemeinde Anmerkung: Im nachfolgenden Abschnitt wird der Name
des Lehrers falsch mit "Gröninger" angegeben
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. April 1921:
"Ermreuth bei Nürnberg, 7. April (1921). Am 27. März feierten wir
den 70. Geburtstag unseres allverehrten Kultusvorstandes Jakob
Schönberger. Derselbe amtiert seit 40 Jahren, nebenbei als Baal Tokea
(Schofarbläser), Baal Tefila (Vorbeter) und Baal Kore (Toraleser), mit
bestem Erfolge in unserer Gemeinde und hat sich allzeit ernstlich bemüht,
für das Wohl und Gedeihen der Gemeinde zu sorgen. Als Ausdruck unserer
großen Dankesschuld überreichte Herr Lehrer Gönninger ein
sinnreiches Geschenk und entbot dabei den Gruß der Gemeinde. Herr
Schönberger dankte tief bewegt und versprach, seine Dienste noch ferner
seiner Gemeinde zu widmen.
Mehr als je benötigen wir jetzt dieselben, denn am 4. dieses Monats
übersiedelte unser allgeehrter Lehrer J. Gönninger nach seinem
neuen Wirkungskreise Zirndorf. Er hat
auch außerhalb der Kultusgemeinde für Schule, Synagoge, Gemeinde, sowie
auch als Sekretär das Bestmöglichste geleistet. Unsere besten Wünsche
begleiten ihn in seinem neuen Wirkungskreis."
Zum Tod des Beschneiders Leopold Ermreuther
(1923)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juni 1923: "Aufseß
(Oberfranken), 25. Juni (1923). Am zweiten Tag Schebuoth (Laubhüttenfest)
starb hier Leopold Ermreuther, nachdem er erst vor 4 Wochen von Ermreuth
hierher übersiedelte, an den Folgen einer schweren Krankheit. Der
Verklärte war ein in der weiteren Umgegend bekannter Mohel (Beschneider),
und scheute er bis vor einigen Jahren, wo ihn ein Augenleiden an der
weiteren Ausführung dieses Gebotes hinderte, weder Zeit, noch Geld, um
sich aus innigster Überzeugung dieser edlen Aufgabe zu widmen. Auch war
er ein echter, streng und überzeugt gläubiger Jehudi, dessen
unerschütterliches Gottvertrauen verdient, der Nachwelt als Beispiel
empfohlen zu werden. Er musste kurz nach seiner Übersiedelung hierher
seine edle Schwester, Frau Rosa Aufseeser und seinen Schwager, Herrn
Salomon Aufseeser, zur letzten Ruhe betten. So waren ihm auf dieser Welt
die Prüfungen nicht erspart geblieben und wie unser Stammvater Abraham
bestand er sie alle. Wir und seine Heimatgemeinde Ermreuth beklagen
den Heimgang dieses wahrhaften Zadik sehr. Seine Seele sei eingebunden in
den Bund des Lebens."
Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de
Kennkarten
zu Personen,
die in Ermreuth geboren sind
Kennkarte für Ida
Grau geborene Wassermann (geb. 8. November 1886
in Ermreuth, später wohnhaft in Mainz und Rüsselsheim): wurde im
September 1942 ab Darmstadt in das Ghetto Theresienstadt deportiert,
Ende Januar 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz und
ermordet.
Kennkarte für Berta
Guthmann geb. Wassermann
(geb. 18. Januar 1884 in Ermreuth, später wohnhaft in Mainz):
im März 1942 ab Mainz über Darmstadt in das Ghetto Piaski
deportiert und umgekommen.
Eine erste Synagoge wurde 1738 auf einem von der Gutsherrschaft
als Lehen erworbenen Platz erbaut. Dafür musste die jüdische Gemeinde 3 Gulden
jährlichen Grundzins bezahlen.
Mit der Vergrößerung der Zahl der jüdischen Gemeindeglieder war nach dem
Anfang des 19. Jahrhunderts der Neubau einer Synagoge dringend geboten. Von 1819
bis zur Einweihung1822
wurde eine neue Synagoge erbaut, die
Maurermeister Conrad M. Wörner entworfen hatte. Der Neubau - an Stelle der
älteren Synagoge - kostete die jüdischen
Familien etwa 10.000 Gulden. Über 110 Jahre war diese neue Synagoge
gottesdienstlicher Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde in Ermreuth.
Auf Grund des Wegzuges der jüdischen Familien war bereits um 1930 kein
Minjan (zehn religionsmündige jüdische Männer) vorhanden, sodass keine regelmäßigen
Gottesdienste mehr gefeiert werden konnten. 1931 wandte sich die jüdische
Gemeinde an den Verband der Bayrischen Israelitischen Gemeinde mit der Bitte,
ihr zu den Hohen Feiertagen (Rosch Haschana, Neujahrsfest) und Jom
Kippur (Versöhnungstag) drei Männer zu schicken, um das Minjan zu
vervollständigen.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge geschändet, Einrichtungen
und Ritualien zertrümmert. Auf Grund der engen Bebauung wurde das im Ortskern
gelegene Gotteshaus kein Raub der Flammen. Bis zum Zusammenbruch des
Nationalsozialismus blieb die Synagoge im Besitz der mittlerweile nicht mehr
existierenden Kultusgemeinde Ermreuth. Am 23 Juni 1948 ging das
Besitzrecht der Synagoge auf die Jewish Restitution Successor Organisation (JRSO)
in New York über. Am 31. August 1953 wurde das Gotteshaus dem Freistaat
Bayern übereignet. Dieser verkaufte es am 21. April 1954 an die
Raiffeisenbank Ermreuth. Bis zu seinem Weiterverkauf am 1. März 1974 an
den Markt Neunkirchen am Brand wurde es als Lagerraum für wirtschaftliche
Maschinen u.ä. zweckentfremdet und erfuhr massive architektonische Veränderungen.
Im November 1989, 51 Jahre nach der Pogromnacht, gründeten der Landkreis
Forchheim einen Zweckverband zur Sanierung und Erhaltung dieses Bauwerkes. 1988
war eine umfangreiche Genisa in dem Gebäude entdeckt worden. 1992 wurde
mit der Restaurierung des Hauses begonnen. Am 19. Juni 1994 fand die
feierliche Wiedereinweihung des Gotteshauses statt. Die Restaurierung wurde
anhand von Befunduntersuchungen, Jugenderinnerungen jüdischer und Ermreuther
Mitbürger, sowie einiger Archivalien so gut als möglich, getreu dem Original,
vollzogen.
Artikel in der Nürnberger Zeitung vom 20. Juni
1994: "Synagoge von Ermreuth jetzt in neuem Glanz wiedergeweiht - Die
Narben blieben - auch Mitglieder der einstigen jüdischen Gemeinde bei der
Feier. Ermreuth. - Für die jüdischen Gemeinden in Nordbayern hat sich gestern
ein Traum erfüllt: Die siebte Synagoge zwischen Nürnberg, Würzburg und Hof
wurde geweiht. Als ein bedeutsames Zeitereignis würdigten Redner die
Wiederweihe der Synagoge in Ermreuth im Landkreis Forchheim, die als steinerner
Zeuge im neuen Glanz an das soziokulturelle Wirken von Landjuden in Franken,
vornehmlich gegen Ende des vorigen (19.) Jahrhunderts erinnert. Die unter großen
Sicherheitsvorkehrungen durchgeführte feierliche Handlung begann mit dem Einzug
der Sefer Thora, der fünf Bücher Mose und der Anbringung des Haussymbols an
der Eingangspforte zum jüdischen Gotteshaus.
Zahlreiche Gäste, unter ihnen Landesbischof Hermann von Loewenich, der für die
christlichen Konfessionen Grüße überbrachte, Bayerns Innenminister Günther
Beckstein, Bezirkstagspräsident Edgar Sitzmann, der amerikanische Generalkonsul
und der stellvertretende US-Botschafter bekundeten durch ihre Präsenz ihre
Verbundenheit mit dem jüdischen Volk. Für die Nachkommen der ehemaligen jüdischen
Bewohner Ermreuths, an ihrer Spitze Minna Hoenlein, die extra aus den USA
anreiste, war es ein besonderer Augenblick in ihrem leben. Von Geschichte geprägt. Von Erinnerungen geprägt war die Festrede von
Arno S. Hamburger, Vorsitzender der israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg,
der das Wirken jüdischer Mitbürger in Ermreuth schilderte, unter anderem im
gesellschaftlichen Leben als Feuerwehrleute und Nachbarn, der an die
israelitische Schule, den Friedhof aus dem Jahr 1711 und an das 1822 erbauten
Gotteshaus erinnerte.
'Verblende Menschen'. Hamburger nannte die Brandstifter der
'Reichskristallnacht' vom 9. November 1938 'verblendete Menschen', die sich von
einer unseligen Regierung einhämmern ließen, dass ihnen Juden Unglück bringen
würden. Die Wunden jener Zeit seien geheilt, deutete Hamburger die
Geschehnisse, die Narben seien aber geblieben. Minister Beckstein meinte in
seinem Grußwort, das Zusammenleben von Juden und Christen in unserem Land habe
nicht nur Geschichte, sondern auch eine Zukunft. Der Innenminister forderte alle
Bürgerinnen und Bürger zum 'entschiedenen Eintreten gegen alle Formen von
Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus' auf.
Gedenktafel enthüllt. Für 'Achtung, Toleranz und Verständnis für anders
geartete Kulturen und Religionen' plädierte Landrat Otto Ammon, Vorsitzender
des Zweckverbandes Synagoge Ermreuth, der zusicherte, die Relikte jüdischer
Infrastruktur zu erhalten und das nicht nur aus Gründen des Denkmalschutzes.
Weitere Höhepunkte der Neubelebung des israelitischen Bethauses, künftig eine
weitere Begegnungsstätte zwischen Menschen verschiedener Nationen in
Oberfranken, war die Enthüllung der Gedenktafel für 15 deportierte und schließlich
ermordete jüdische Bürger aus Ermreuth. An den Außenwänden des Bethauses
weisen Davidsterne und eine Marmortafel mit der Jahreszahl 1822 und den Worten
'Geschändet 9.11.1938 - wiedergeweiht 19.6.1994' auf die Geschichte des Gebäudes.
Musikalisch umrahmten der Nürnberger Hans-Sachs-Chor die Feierstunde mit dem
92. jüdischen Psalm, den Frank Schubert in seinem Todesjahr komponierte und
Teilen aus der 'Synagogen-Musik' von Louis Lewandowski, ferner der Ermreuther
Posaunenchor mit geistlichen Werken."
Seit der Einweihung im Juni 1994 ist die Ermreuther Synagoge als
Ort der Begegnung und Versöhnung für die Öffentlichkeit zugänglich.
Auf der Empore und im Treppenhaus wurde eine Dauerausstellung über das jüdische
Leben auf dem Lande am Beispiel Ermreuths eingerichtet. Alle ausgestellten
Papier- und Textilobjekte stammen aus der Genisa vom Dachboden der Synagoge und
geben neben anderen Gegenständen, Texttafeln und Photos Aufschluss über das
kulturelle und religiöse Leben der Ermreuther Judengemeinde.
Adresse/Standort der Synagoge: Wagnergasse 8, D-91077 Ermreuth.
Besichtigungsmöglichkeit (Stand: März 2014):
Publikumsverkehr von April bis Oktober jeden 3. Sonntag im Monat von 14 bis 17
Uhr.
Eintritt: Erwachsene € 2.- Kinder € 1.-
Führungen durch die Synagoge jeweils am ersten Sonntag im Monat um
15.00 Uhr sowie nach vorheriger Vereinbarung:
Eintritt: Schulklassen € 15.- Gruppen € 30.- (ab 21 Personen € 2.- pro
Person).
Kontakt über Zweckverband Synagoge
Ermreuth, Klosterhof 2-4, D-91077 Neunkirchen am Brand (telefonisch: Verwaltung der
Marktgemeinde Neunkirchen am Brand, Tel. ++(0)-9134 - 705-13 beziehungsweise
705-41; Fax - 705-80; E-Mail).
Fotos (Aufnahme Harburger in: Th. Harburger: Die Inventarisierung
jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern. Hg. vom Jüdischen Museum
Franken Bd. 2 S. 177; Fotos vor und nach der Restaurierung: Jürgen Hanke,
Kronach)
Historische Ansichtskarte
von Ermreuth mit der Synagoge
Synagoge untere Reihe
in der
Mitte
Das Memorbuch von Ermreuth
(historische
Aufnahme vor 1930 von Th. Harburger)
Quelle für die Abbildung der
Karte rechts: Website von Frantisek Banyai
(mit freundlicher Genehmigung übernommen)
Ausschnittvergrößerung: die
Synagoge
Die ehemalige Synagoge vor
der
Restaurierung in den 1980er-Jahren
Blick auf die Westfassade mit
der
eingebrochenen Zufahrtsmöglichkeit
an Stelle des früheren
Männereinganges
Blick von Süden /
Südwesten
Ostseite mit Ausbuchtung
des
Toraschreines
Der frühere
Fraueneingang
Nordseite
Über dem Eingang
(Westfassade)
Südseite
Die ehemalige Synagoge
nach
der Restaurierung
Blick auf die Synagoge
(Ostfassade)
Blick auf die Synagoge
(Westfassade)
mit Eingangsbereich
Hinweistafeln
Eingangsbereich für
Männer
und Frauen
Der frühere Eingang für die
Männer
mit Jahreszahl "1822")
Blick von Süden /
Südwesten
Synagoge von Osten
(Ausbuchtung
für den Toraschrein)
Die ehemalige
Synagoge im Frühjahr 2007 (Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 12.4.2007)
Das
Synagogengebäude von Westen
Hinweistafeln;
rechts neue Tafel (2013;
Foto erhalten von Jürgen Hanke, Kronach)
Ehemals getrennte
Eingänge für Männer und Frauen
Jahre der Erbauung der
Synagoge
(Neue) Mesusa am Eingang
Türgriff
Seitenansicht (Südseite)
Synagogengebäude
von Osten mit Ausbuchtung des Toraschreines
Offenbar leider notwendig:
Überwachungskameras
Innenaufnahmen
der ehemaligen Synagoge
(Fotos: Jürgen Hanke, Kronach, Fotos vom 27.10.2013)
Blick nach Osten über
die
rekonstruierte Bima
Blick nach Westen über die
Bima zum Eingang
und der rekonstruierten Frauenempore
Der rekonstruierte
Toraschrein
mit Parochet (Toraschrein-Vorhang)
Führung durch die Synagoge - anlässlich einer Vernissage am Tag des Offenen
Denkmals am 9. September 2012
Der Film ist bei YouTube eingestellt
März 2014: Broschüre
zum Schicksal der letzten Ermreuther Juden
Juni
2014: Jubiläumsfest anlässlich des
20. Jahrestages der Wiederweihe der Synagoge Ermreuth
Rechts: Programm zur
Veranstaltung am 22. Juni 2014
Weitere Presseberichte
Januar 2016:
Neues Ausstellungskonzept für die
ehemalige Synagoge
Arbeit in den "Erlanger Nachrichten" vom 28.
Januar 2016: "Neues Ausstellungskonzept für Synagoge in Ermreuth
Leidvolle Geschichte bleibt unvergessen — Rückblick auf Jahrhunderte
jüdischen Lebens.
NEUNKIRCHEN - Die 1994 wiedereröffnete Synagoge im Neunkirchener
Ortsteil Ermreuth, die auch als Veranstaltungs- und Ausstellungsstätte
dient, soll zusätzlich aufgewertet werden. Der Landkreis Forchheim und die
Gemeinde Neunkirchen bauen das Ermreuther Synagogen-Museum, das auch für
Kulturveranstaltungen dient, zum lokalen Dokumentationszentrum aus. Das
betrifft vor allem das Museum für jüdische Kultur in dem zweistöckigen
Gebäude, dessen Exponate noch wirkungsvoller ins Licht gerückt werden. Die
Verschönerungsaktion wird vom 'Zweckverband Synagoge Ermreuth' vorgenommen,
den der Landkreis Forchheim und die Marktgemeinde Neunkirchen seit mehr als
20 Jahren bilden. Die Partner hatten das Baudenkmal von einer Genossenschaft
erworben und vorbildlich saniert. Nun steht eine weitere Renovierungsaktion
an. Schicksal lebendig machen. Die Verbandsräte von Landkreis und Kommune
befürworteten am Montag einstimmig das Umgestaltungskonzept, das in einer
Rohversion schon im letzten Sommer vorgestellt worden war. Nun lag ein
detaillierter Umsetzungsplan vor, der unter anderem folgende Maßnahmen
vorsieht: Die Ausstellung jüdischer religiöser Schriftstücke und Dokumente
wird durch Fotos, Postkarten, Haushaltsgegenstände jüdischer Familien,
Berichte von Zeitzeugen, Filme und Mitschnitte von Radiosendungen ergänzt.
Dadurch soll die Geschichte der Vertreibung und das Schicksal der früheren
jüdischen Gemeindemitglieder näher gebracht werden. Bei der in den 1990er
Jahren erfolgten Sanierung des Sakralgebäudes, das aus dem Jahr 1822 stammt,
waren Spuren von Zerstörung und Zweckentfremdung beseitigt worden. Das war
sinnvoll und gut, lässt aber äußerlich nicht mehr die wechselhafte und
leidvolle Geschichte der Synagoge erkennen. Durch Gegenüberstellung in
Bildern aus jüngerer und älterer Zeit soll die Bau- und Nutzungsgeschichte
wieder sichtbar werden. Zusammengefasst: Das Synagogenmuseum, in dem die
Leiterin Rajaa Nadler eng mit Schulen und Erwachsenen-Bildungsstätten
zusammenarbeitet, soll didaktisch neueste Standards erfüllen. Einschließlich
konservatorischer und baulicher Maßnahmen (Restaurierung von
Ausstellungsstücken, Lichtschutz, Behebung eines Saaldeckenrisses und auch
einer Drainage-Verlegung um das Gebäude) sind 180 000 Euro aufzubringen.
Anton Eckert, Kulturreferent des Landkreises, zeigte die vielen Geldquellen
auf, mit denen gerechnet werden kann. Nicht weniger als 108 000 Euro sind
aus dem 'Leader-Programm Kulturerlebnis Fränkische Schweiz' zu erwarten, das
aus EU-Fördertöpfen gespeist wird, je 22 000 Euro steuern wohl die
Oberfrankenstiftung Bayreuth und die Landesstelle für nichtstaatliche Museen
bei. Hinzu kommen 1250 Euro Spenden eines Geldinstituts und einer Firma und
8750 Euro Zuwendung des Freundeskreises der Synagoge Ermreuth. Somit muss
der Zweckverband nur 18 000 Euro Eigenmittel aufbringen. Bis Mai könnten die
endgültigen Finanzmittelzusagen vorliegen und möglicherweise schon gegen
Jahresende das Museum umgestaltet sein. Kulturreferent Eckert lobte vor
allem die Unterstützung durch den Freundeskreis. Solche Kultur-Fördervereine
leisteten wertvolle Hilfe bei der Umsetzung von Projekten..."
Link zum Artikel
Mai 2016:
Artikel über das reiche jüdische
Erbe in Ermreuth
Artikel von Scott Johnston in den "Erlanger
Nachrichten" vom 28. Mai 2016: "Synagoge Ermreuth gab es schon im 17.
Jahrhundert. Reiches jüdisches Erbe für das das Dorfleben in der Gemeinde.
ERMREUTH - Jahrhundertelang prägte die jüdische Gemeinde das
Dorfleben in Ermreuth maßgeblich mit. Ein anschauliches Bild von dieser Zeit
konnten sich die Besucher am Museumstag in der ehemaligen Synagoge machen.
Als 1648 die Familie von Künsberg die Herrschaft in Ermreuth übernahm,
siedelten sich wenig später die ersten Juden an. Die Zahl der Familien stieg
kontinuierlich auf über 40 im Jahr 1840. 1738 baute die jüdische Gemeinde am
Ortsrand die erste Synagoge mit einer Fachwerk-Konstruktion. In ihr wurde
nicht nur der Gottesdienst gehalten, sondern auch Gemeindeangelegenheiten
besprochen und vermutlich auch die Kinder unterrichtet. Da sich die
Gemeinschaft sukzessive vergrößerte, reichte der Platz gut acht Jahrzehnte
später nicht mehr aus, so dass der alte Bau abgerissen und ein neuer aus
ockerfarbenem Sandstein errichtet wurde. Eine Empore unterteilt den stilvoll
ausgemalten Innenraum in einen Männer- und einen Frauenbereich. Zentrales
Element ist in der Mitte das Pult für die Toralesungen. Fünf Stufen führen
zum Schrein für die Pergamentrolle mit den fünf Büchern Mose. Er ist in die
Ostwand eingelassen, wird von einem ultramarinblauen Himmel mit goldenen
Sternen gerahmt und von einem rubinroten, Vorhang bedeckt. Von 1829 bis 1915
unterhielt die jüdische Gemeinde eine eigene Schule. In dem Gebäude befand
sich auch die Mikwe, in der das rituelle Tauchbad vorgenommen wurde. Ein
Schachthaus und jüdische Metzgereien existierten ebenfalls im Ort. Auf dem
Heinbühl war 1711 ein Friedhof angelegt worden. Die meisten Familienväter
verdienten als Hausierer oder durch Vieh- und Hopfenhandel ihr Brot. Manche
waren Bauern, andere hatten Läden für Stoffe und Spezereien oder arbeiteten
als Metzgermeister, Seifensieder, Seilmacher, Buchbinder, Schneider, Bäcker,
Musiker Weber, Gerber, Lehrer, Gemeindeschreiber oder Vorsänger. Viele Auswanderer. Eine große Veränderung brachte das Gesetz zur
Gleichberechtigung 1871, wodurch sich die Chancen für Juden auf dem
Arbeitsmarkt erhöhten. Viele wanderten in die Großstädte ab oder verließen
Deutschland vor allem in Richtung USA. 1933 wurde die für den Gottesdienst
notwendige Zahl von zehn religiös mündigen Männern in Ermreuth nicht mehr
erreicht. Die grausame Verfolgung im Dritten Reich brachte endgültig das Aus
für die jüdische Gemeinde. Wegen ihrer Lage inmitten von Wohnhäusern wurde
die Synagoge in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 weder angezündet
noch durch Sprengsätze beschädigt. Allerdings zerstörten die
Nationalsozialisten die innere Ausstattung und verbrannten das bewegliche
Gut außerhalb des Dorfes. Die Torarollen bewahrten die Nazis einige Zeit im
Ermreuther Schloss auf, bevor sie spurlos verschwanden. Bis 1945 stand die
Synagoge die meiste Zeit leer, später wurde sie als Lager vornehmlich für
landwirtschaftliche Produkte, Maschinen und Dünger benutzt. Mitte der 1970er
Jahre übernahm der Markt Neunkirchen das Gebäude. Nach der Sanierung
entstand 1994 ein 'Haus des Gebets, der Begegnung und Kultur' mit einem
Museum für jüdische Geschichte und Kultur in der Region. Während der
Erneuerung des Daches entdeckten Mitglieder des Neunkirchener Vereins für
Kunst und Kultur die sogenannte Genisa, Kultgegenstände und andere
Utensilien aus dem Leben der jüdischen Gemeinde. Diese sind heute ein
wichtiger Bestandteil der Ausstellung im Museum. Auch Gebetsriemen. Unter anderem zählen dazu Gebetbücher und -riemen,
Scheiben sowie Aufstecker für die Tora, ein Teil des Samtvorhangs und eine
Ketubba, ein Vertrag, der die Pflichten des Ehemanns gegenüber seiner Gattin
festhält. Zahlreiche Fotos und Informationstafeln runden neben Kissenbezügen
und Textilien die Ausstellung ab. Möglichst noch in diesem Jahr soll mit der
Modernisierung des Museums begonnen werden. Vorgesehen ist hierbei auch eine
Multimedia-Ausstattung mit Audio-Guide und Filmen. Museumsleiterin Dr. Rajaa
Nadler hofft sehr, dass noch ein weiteres Gebäude hinzugewonnen werden kann,
um dort nicht zuletzt das dringend benötigte Depot unterzubringen."
Link zum Artikel
Januar 2017:
Früheres jüdisches Wohnhaus bei der ehemaligen
Synagoge wird saniert Anmerkung: es handelt sich um das Haus der früheren
jüdischen Familie Schwarzhaupt, die hier bis zur NS-Zeit einen Laden für
Stoffe, Nähzubehör und einen Stoffhandel betrieb. Beim Novemberpogrom
1938 wurde das Haus und die daneben stehende Synagoge von SS-Männern
gestürmt und demoliert. Die Familie Schwarzhaupt verkaufte das Haus zu
einem Spottpreis an einen Nürnberger Geschäftsmann und konnte gerade
noch rechtzeitig in die USA emiogrieren.
Artikel in nordbayern.de vom 2. Januar 2017:
"Gute Fachwerkhaus-Sanierung in Ermreuth. Das Beispiel Schwarzhaupthaus zeigt Idealismus und Kompetenz ERMREUTH - Die Sanierung eines alten Fachwerkhauses kann sehr aufwändig werden. Ein gehöriger Schuss Idealismus ist unabdingbar, aber zum Schluss wird man mit der Schönheit einer alten Baustruktur belohnt, die das Ensemble eines historischen Ortes sehr aufwertet. Diesen Sanierungsidealismus konnten die Besucher des Schwarzhaupthauses im Neunkirchener Ortsteil Ermreuth, der Neunkirchener Verein
'Freundeskreis für Kunst und Kultur e.V.', deutlich erleben.
Hermann Stengel, ein Erlanger Bürger, stammend aus dem Neunkirchener Weiler Wellucken, ist solch ein Idealist. Er hat große Freude an der Sanierung und dem Erhalt alter Fachwerkbauten.
Dabei hatte er in Ermreuth zuerst ein anderes Haus in der Wagnergasse neben dem Schwarzhaupthaus erworben, in dem er derzeit auch mit der Familie wohnt. Auch dieses Haus verbirgt unter dem Außenputz ein Fachwerk, und auch hier hat er innen schon viele Balken freigelegt und saniert. Die Besucher merkten ihm die Freude und Liebe für den Erhalt solcher alten Baustrukturen und insbesondere des Schwarzhaupthauses an, wenn er leidenschaftlich von der Hausgeschichte und den Sanierungsarbeiten erzählte..." Link
zum Artikel
September 2018:Am "Tag des Offenen Denkmals"
können die Synagoge und das Schwarzhaupthaus besucht werden
Artikel von Harald Hofmann in den "Erlanger
Nachrichten" vom 10. September 2018: "...
Mit der Synagoge und dem Schwarzhaupthaus luden in Ermreuth gleich zwei
Baudenkmale zum Besuch. 1822 erbaut, wurde die Synagoge 1938 geschändet und
verwüstet und wurde jahrelang als Lagerraum benutzt, bis sie der Markt
Neunkirchen 1975 erwarb. Nach mehrjähriger Restaurierung wurde die Synagoge
1994 als Gotteshaus wiedergeweiht und als Begegnungsstätte mit Museum für
jüdische Geschichte und Kultur eröffnet. Das Schwarzhaupthaus war bis zum
Zweiten Weltkrieg in jüdischem Besitz und bildet mit der direkt daneben
stehenden Synagoge ein einmaliges Ensemble. Erbaut wurde es Mitte des 18.
Jahrhunderts von Jacob Joel Levi und Moses Gönninger und trägt heute noch
den Namen seines letzten Besitzers "Schwarzhaupt". Neben Live-Musik mit
französischen Chansons bot Eigentümer Hermann Stengel Führungen durch das
Anwesen, das er mit hohem Eigeneinsatz unter denkmalschutzrechtlichen
Gesichtspunkten aufwändig restauriert..."
Link zum Artikel
Juli 2019:
Über den "Lernort Synagoge
Ermreuth" zum 25. Jubiläum der Wiedereinweihung des Gebäudes
Artikel von Timo Lechner im "Sonntagsblatt"
vom Juli 2019: " Lernort in Oberfranken. Dauerausstellung: Synagoge
Ermreuth macht jüdisches Dorfleben wieder lebendig
Ein Lernort ist sie schon lange, die Synagoge in Ermreuth bei Gräfenberg.
Mit der neu gestalteten Dauerausstellung im dazugehörigen Museum, die am 28.
Juli zum 25. Jubiläum der Wiederweihe eröffnet wird, soll dieser Ort aber
für Schüler und interessierte erwachsene Besucher aufgewertet werden. Und
Leiterin Rajaa Nadler setzt dabei nicht nur auf neue Exponate, sondern auch
auf moderne Technik.
Das kleine Dorf im oberen Schwabachtal liegt nicht unbedingt an einer
touristischen Hauptverkehrsschlagader. Das weiß auch Rajaa Nadler, die für
den Zweckverband der Synagoge Ermreuth seit 1994 das von der Marktgemeinde
Neunkirchen am Brand restaurierte Gotteshaus und das Museum betreut. Dabei
ist der Lernort Synagoge Ermreuth auch einer zum Erleben: Der zweistöckige
Sakralbau mit Thoraschrein, Bima mit Vorlesepult, Sitzbänken für 94 Männer
und einer an drei Seiten umlaufenden Frauenempore wird nach wie vor für
Gottesdienste genutzt. Diese werden in der Ermreuther Synagoge aber nicht
mehr so häufig gefeiert. Ein fester Tag im Kalender, zu dem dann aus
vorwiegend Mittel- und Oberfranken Juden nach Ermreuth reisen, ist natürlich
der 9. November, Tag der Reichspogromnacht 1938. Damals fiel auch die 1822
eingeweihte Synagoge den Nazis zum Opfer.
Ein gutes Dutzend jüdischer Bürger lebte zu dieser Zeit noch in dem Dorf, in
dem einmal über 40 Häuser verstreut über das Gemarkungsgebiet standen, die
von jüdischen Familien bewohnt waren.
Der Museumsteil hebt sich auf der Empore auch räumlich vom Gebetsraum ab.
'Wir erzählen hier die Geschichte der Landjuden, insbesondere derer vor Ort,
erklären aber auch vor Ort, wie jüdischer Glaube gelebt wurde und was er
eigentlich beinhaltet', sagt Nadler, die unter anderem Islamwissenschaften
und aramäische Sprachen studiert hat und daher breite Kenntnisse der
Religionen mitbringt. Eine Karte zeigt in der neu gestalteten Ausstellung
nun, wo diese gelegen waren. Die Vertreibungsgeschichte dreier Familien wird
minutiös nacherzählt. An originalen Werkzeugen jüdischer Schuster oder
Metzger, die beispielsweise für das Schächten von Tieren zur Gewinnung
koscheren Fleisches verwendet wurden, leben fast in Vergessenheit geratene
Berufe wieder auf. Raum für Gottesdienst und Ausstellung. 'Die Ausstellung muss sich in
den historischen Rahmen einfügen, der respektvolle Umgang mit den Exponaten
gewährleistet sein', erklärt der Nürnberger Architekt Christian Koch, der
zusammen mit seinem Kollegen Alexander Kubatzky für die Umsetzung
verantwortlich zeichnet. Dass der Raum für den Gottesdienst und der Platz
für die Schau auch räumlich gut getrennt seien, haben dieses Vorhaben
erleichtert. Im Lauf der vergangenen Jahre wurden immer wieder Interviews
mit Zeitzeugen der letzten Jahre des jüdischen Lebens in Ermreuth geführt
und auch gefilmt. Da nun mit der neuen Dauerausstellung auch das digitale
Zeitalter Einzug in die Synagoge hält, kommt per Bildschirm unter anderem
Hans Häfner, ehemals in Ermreuth lebender Korbmacher, zu Wort, der seine
Erinnerungen an die Kristallnacht schildert. Oder Inge Schmidt, deren
jüdische Mutter Ida Goldner noch vor dem Zweiten Weltkrieg einen Christen
geheiratet hatte, was wiederum in den Reihen ihrer Gemeinde zu Unmut führte. Dachbodenfunde und Schenkungen. Von vielen Juden aus Ermreuth sind
Briefe und Fotos erhalten, die nun in den neuen Vitrinen zur Schau gestellt
werden. Einige der Exponate, die ab sofort zu sehen sind, wurden auf dem
Dachboden gefunden, andere hat das Museum als Geschenk erhalten. Wie ein
über 100 Jahre altes Gebetsbuch, das ein anonymes Ehepaar auf der Durchreise
zur guten Aufbewahrung der Kuratorin in die Hände gedrückt hat. Oder ein
Exemplar des antisemitischen, von Julius Streicher herausgegebenen
Kinderbuchs 'Der Giftpilz'. Aus dem Staatsarchiv Nürnberg wurden originale
Pässe ehemaliger jüdischer Ermreuther beigesteuert.
Die Neukonzeption ist noch nicht am Ende. In Zusammenarbeit mit der
Landesstelle für nichtstaatliche Museen, die das Projekt mitfinanziert und
begleitet hatte, und dem Bayerischen Rundfunk entstanden zudem Aufnahmen für
Audioguides mit Schülern des Emmy-Noether-Gymnasiums in Erlangen. Diese
werden dann ab dem nächsten Jahr das Museum bereichern. 'Dann unterhalten
sich zwei Objekte einer Vitrine miteinander und erzählen dabei von sich',
macht Nadler neugierig.
Öffnungszeiten: Von April bis Oktober jeweils am dritten Sonntag im Monat
von 14 bis 17 Uhr. Mehr Informationen unter
www.synagoge-museum-ermreuth.de"
Link zum Artikel
November 2019:
Gedenken in der ehemaligen
Synagoge
Artikel von Judith Bar-Or in hagalil.com vom
15. November 2019: "Gedenken in der Synagoge Ermreuth.
In Ermreuth – heute ein Ortsteil von Neunkirchen am Brand im oberfränkischen
Landkreis Forchheim – gab es vom Beginn des 18. Jahrhunderts bis ca. 1938
eine Jüdische Kultusgemeinde. Sie besaß eine 1819 erbaute Synagoge (eine
erste Synagoge war bereits 1738 errichtet worden), einen 1711 angelegten und
1797 sowie 1862 erweiterten Friedhof und eine Schule. Im Verlaufe der
'Reichskristallnacht' – eigentlich ein paar Tage später – wurde die Synagoge
beschädigt, das Inventar und die Ritualien vernichtet. Das Gebäude blieb
jedoch erhalten. Bis 1974 wurde es von der Raiffeisenbank als Lagerhaus
genutzt, danach als Lagerhalle für Streusalz des Winter-Straßendienstes. Im
Jahre 1974 kaufte der Markt Neunkirchen am Brand das Bauwerk von der
Raiffeisenbank und rettete es so vor einem weiteren Verfall. 1994 wurde das
inzwischen restaurierte und wiedereingeweihte Synagogengebäude der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Eine Dauerausstellung – betreut von Dr.
Rajaa Nadler – informiert über jüdisches Leben auf dem Land und erinnert an
die einstige Jüdische Kultusgemeinde des Ortes. Heute wird die Synagoge in
Ermreuth als Museum, Kulturzentrum und Begegnungsstätte genutzt.
Am 9. November 2019 veranstaltete das Kulturzentrum Synagoge Ermreuth
und der Freundes- und Förderkreis Synagoge Ermreuth gemeinsam eine
Gedenkfeier zur Erinnerung an die Verschleppten und ermordeten Juden aus
Ermreuth. Diese Gedenkveranstaltung am 81. Jahrestag der als
'Reichskristallnacht' bekannt gewordenen Pogromnacht der Nationalsozialisten
zog viele Besucher an. Auch eine große Anzahl von Mitgliedern der Liberalen
Jüdischen Gemeinde Mischkan Ha-Tfilah aus Bamberg unter Leitung ihrer
Rabbinerin, Frau Dr. Antje Yael Deusel und des Vorsitzenden, Rektor i.R.
Israel Schwierz waren anwesend. Der Vorsitzende des Freundes- und
Förderkreises Winfried Gerum-Nees und Vorstandsmitglied Christine
Becher-Kuphal erinnerten an die brutalen Geschehnisse vor 81 Jahren.
Vorstandsmitglied Franz Renker rezitierte Paul Celan, den Lyriker, dessen
Gedicht 'Todesfuge' die Morde in den deutschen Konzentrationslagern vor
Augen führt. Cellistin Elena Ivanova Ebert aus Heroldsbach spielte Bach.
Christine Becher-Kuphal sagte, dass es auch nach 81 Jahren unbedingt
notwendig sei, an das schreckliche Unrecht zu erinnern. Ein Stück des
spanischen Cellisten Pablo Casals führte hin zur Geschichte der jungen
Fürtherin Elisabeth Herz, die aus einer alteingesessenen jüdisch-fränkischen
Familie stammte und den brutalen Terror der Nazis schon früh zu spüren
bekam: Im Alter von 20 Jahren wurde sie im KZ ermordet. Nach dem kulturellen
Teil der Gedenkfeier folgte der religiöse, ausgeführt von Rabbinerin Dr.
Antje Yael Deusel. Nach dem Abendgebet (Maariv) gedachte sie aller Opfer der
Pogromnacht in Ermreuth, aller Opfer der Schoa und all derer, die ihr Leben
lassen mussten, weil sie Juden geholfen haben, aller, die ihr Leben hingaben
und immer noch hingeben, um den Staat Israel zu errichten und zu erhalten.
Für sie alle sagte sie gemeinsam mit den Mitgliedern ihrer Gemeinde das
Kaddisch. Nach dem Ende der Gedenkveranstaltung konnten sich die z.T. von
weither angereisten Teilnehmer an Kuchen und Getränken, im Vorraum der
Synagoge liebevoll angeboten, stärken. Mit Sicherheit wird dieser 9.
November 2019 allen, die daran teilgenommen haben, für immer in dankbarer
Erinnerung bleiben." Link zum Artikel
Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 131.
Klaus Kirschner: "Da brennt's in Ermreuth". Juden
und Nazis in einem fränkischen Dorf. In: Frankfurter Hefte 34,10 1979 S.
37-44.
Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 203-204.
Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 202-203.
Artikel von Thomas Delekat: Schwarzhaupts Haus in:
Die Welt vom 2.7.2003 (online
zugänglich)
Klaus Guth (Hg.) u.a.: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken
(1800-1942). Ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988. zu
Ermreuth S. 152-160 (mit weiteren Quellenangaben).
Eva Groiss-Lau: Jüdisches Kulturgut auf dem Land.
München/Berlin 1995.
Georg
Knörlein: Jüdisches Leben im Forchheimer Land. Verlag Medien
und Dialog. Haigerloch 1998.
"Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern.Band I:
Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben.
Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hg.
von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz.
Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und
herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu.
ISBN 978-3-98870-411-3.
Abschnitt zu Ermreuth S. 126-143 (die Forschungsergebnisse
konnten auf dieser Seite von "Alemannia Judaica" noch
nicht eingearbeitet werden).
Artikel von Thomas Greif: "Nichts mehr
zu sagen und nichts zu beweinen - Auf den Spuren des fränkischen
Landjudentums". In: "Jüdische Zeitung" (www.j-zeit.de)
vom September 2008. Zugänglich
als pdf-Artikel.
Rajaa Nadler: Die Synagoge Ermreuth. Sakralraum
und Museum. 2., überarbeitete Auflage. Hrsg. vom Zweckverband Synagoge
Ermreuth. Kulturamt des Landkreises Forchheim. 2010.
dies.: Die jüdische Schule Ermreuth. Mit einem Beitrag
zur Ortsgeschichte. Hrsg. vom Zweckverband Synagoge Ermreuth. 2006.
dies.: Ermreuth - eine jüdische Landgemeinde in
Oberfranken. Zeitschrift der Geschichtswerkstätten in Bayern. Heft 14.
2009.
dies.: Ermreuth - eine jüdische Landgemeinde in
Oberfranken. In: Mitteilungen der Nicolas-Benzin-Stiftung. Beiträge zur
Kulturgeschichte des Judentums und der Geschichte der Medizin. Nr. 2 -
August 2009. Seite 4-17.
dies.: Auf den Spuren einer jüdischen Familie, Familie
Schwarzhaupt und ihr Haus. Begleitheft zur gleichnamigen Ausstellung
(Manuskript). Juni 2004.
Hans-Peter
Süss: Jüdische Archäologie im nördlichen Bayern. Franken und
Oberfranken. Verlag Dr. Faustus Büchenbach 2010 (Reihe: Arbeiten zur
Archäologie Süddeutschlands Band 25). Zu Ermreuth S. 59-61.
Rolf K. Kiessling: Teures Gotteshaus. Bau der
Synagoge kostete Gemeinde 12000 Gulden. Artikel in den "Erlanger
Nachrichten" vom 28. August 2013. Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei.
ders.:
Die letzten Juden von Ermreuth. Entrechtet - deportiert - ermordet. Hrsg.
vom Freundes- und Förderkreis Synagoge Ermreuth e.V. . Forchheim 2014. 43
S.
ders.:
"So wollen wir unser Glück in Nordamerika versuchen.". Jüdische
und christliche Auswanderer aus Ermreuth im 19. Jahrhundert. Hrsg. vom
Weilersbacher Kreis. Forchheim 2015. 64 S.
Ermreuth Upper Franconia. Jews
were present in the mid-16th century, engaging in the cattle trade. A synagogue
was erected in 1738 (replaced in 1823). The Jewish population declined from a
peak of 180 in 1812 (total 689) to 21 in 1933. In 1937-39, 15 left for Nuremberg,
six for the United States.
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