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Gemünden (VG
Westerburg) mit Rennerod (VG Rennerod)
(Westerwaldkreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Gemünden bestand eine jüdische Gemeinde bis um 1910. Ihre
Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Bereits vor 1337
sollen Juden am Ort gelebt haben. Im 17. Jahrhundert werden weitere jüdische
Einwohner genannt. 1610 lebte mindestens ein Juden am Ort. Damals baten zwei
weitere Juden um die Aufnahme am Ort, um dem Pferde-, Vieh- und Kramhandel
beziehungsweise ärztlichen Künsten ihren Lebensunterhalt verdienen zu können.
1615 hatte er mehrere, 1728 drei, 1791 neun und 1801 zehn jüdische
Haushaltungen. 1760 waren es 31 jüdische Einwohner (von insgesamt 533
Einwohnern). Ein "Judenvorsteher" wird erstmals 1768 genannt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1843 37 jüdische Einwohner, 1895 und 1905 jeweils 39. Die jüdischen
Familienvorsteher waren um 1890/1910 vor allem als Handels- und Kaufleute,
Viehhändler und Metzger tätig. Genannt werden zu dieser Zeit die folgenden
Familienvorsteher: Ahsor Blumenthal (Handelsmann, verh. mit Fanny geb. Mayer,
drei Kinder), William Blumenthal (verh. mit Franziska geb. Wolf, zwei
Kinder), Max Hecht (Handelsmann, verh. mit Blandine geb. Rosenthal, zwei
Kinder), Gumprecht Adolf Hirsch (verh. mit Cornelie geb. Simon, ein Kind),
Schilo Meyer (Handelsmann, verh. mit Karoline geb. Beifuß, sieben Kinder),
David Neumann (Viehhändler, verh. mit Zippora geb. Adler, ein Kind), Moses
Neumann (Handelsmann, verh. mit Gütchen geb. Löwenstein, zwei Kinder), Salomon
Neumann (Handelsmann, verh. mit Mina geb. Thalheimer, drei Kinder), Isaac
Rosenthal (Handelsmann, verh. mit Hannchen geb. Stern, ein Kind), Joseph
Rosenthal (Metzger, verh. mit Johanna geb. Saalberg, zwei Kinder), Ferdinand
Schaumburger (verh. mit Bertha geb. Rosenthal, vier Kinder), Heimann Simon
(Kaufmann, verh. mit Karoline geb. Lichtenstein, vier Kinder).
Zur jüdischen Gemeinde in Gemünden gehörten auch die in Rennerod
lebenden jüdischen Familien, wenngleich diese in der Mitte des 19. Jahrhunderts
ihre Unabhängigkeit wollten und eigene Gottesdienste abhielten.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine jüdische Schule, vermutlich ein rituelles Bad und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. 1840 wird als Vorbeter Abraham
Meier genannt, letzter Vorbeter war Heymann Simon. In der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts war fast 40 Jahre Vorsteher der Gemeinde Herr Neumann (siehe
Bericht unten von 1906).
Um 1924 gehörten die in Gemünden noch lebenden vier jüdischen Personen
zur Gemeinde in Westerburg. Die jüdischen
Familien waren in den Jahren davor von Gemünden weggezogen, vor allem, nachdem
in den Jahren 1907 bis 1910 das benachbarte Westerburg
immer mehr zum Eisenbahnknotenpunkt ausgebaut wurde.
Nach 1933 sind die letzten jüdischen Einwohner auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Die letzten jüdischen
Einwohner waren das Ehepaar Heimann und Karoline Simon, das sich am 23. August
1934 nach Rotterdam abmeldete.
Von den in Gemünden geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach der Liste von Uli Jungbluth s. Lit. S. 164-165; in
den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und im "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945" ist eine Recherche nur
schwer möglich, da es in mehreren Orten mit Namen Gemünden jüdische Gemeinden
gab): Max Hecht (1864), Blandine Hecht geb. Rosenthal (1867), Gumprecht Adolf
Hirsch (1885), David Neumann (1873), Salomon Neumann (1877), Bertha Schaumburger
geb. Rosenthal (1864), Siegmund Friedrich Schaumburger (1888), Karoline Simon
geb. Lichtenstein (1863), Minna Simon (1894).
Aus Rennerod sind umgekommen: Leopold Hecht (1862), Rosa Wallenstein geb.
Hecht (1867) und Clothilde Weinberger geb. Stern (1909)
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
90. Geburtstag von Herrn Neumann
(langjähriger Gemeindevorsteher in Gemünden) (1906)
Artikel
in der Zeitschrift 3. August 1906: "Herborn. Seinen 90. Geburtstag
begeht dieser Tage Herr Neumann, früherer langjähriger
Bürgermeisterstellvertreter und Gemeinderatsmitglied in Rennerod, der bis
zum Jahre 1896 als einziger dortselbst wohnende Jude sich dieser Ämter
erfreuen durfte; auch war er 38 Jahre Vorsteher der israelitischen
Gemeinde Gemünden (Westerwald), welches Amt er von seinem Vater,
der gleichfalls 42 Jahre Gemeindevorsteher war,
erbte." |
Zur Geschichte der Synagoge
1801 wird eine Synagoge ("Judenschule")
genannt. Dabei handelte es sich um ein zweigeschossiges, altes Bauernhaus mit
einer Stallung, das zu einem Bethaus umgebaut worden war. 1848 wird das
Gebäude wie folgt beschrieben: "ein zweistöckiges Haus mit Stallung
daran. In der oberen Etage des Hauses wird Schule und Versammlung gehalten, und
die untere Etage nebst Keller, Speicher und Stall wird von einer armen Familie
gratis bewohnt. Das Hausgärtchen ist für die Jahre 1838, 1839 und 1840 an den
Juden Adam Schardt zu jährlich 1 Gulden 50 Kreuzer verpachtet". Das
Gebäude hatte einen Grundriss von 6 m mal 8 m. In dem genannten Jahr 1848
war die Synagoge in einem baufälligen Zustand, doch konnte sie von der Gemeinde
auf eigene Kosten repariert werden: die gröbsten Schäden an Dach und den
Fenster wurden beseitigt. Die nächste Renovierung stand 1860/61 an.
Damals wurde die Decke zwischen den Wohngeschossen entfernt, um den Betsaal zu
vergrößern und eine Empore für die Frauen einrichten zu können. Allerdings
tauchten statische Probleme auf, die eine nötige Verstärkung des gesamten
Fachwerks zur Folge hatten. 1874 wurde der in der Beschreibung von 1848
genannte Keller zugeschüttet und der Fußboden mit grauen und schwarzen Steinplatten
belegt. 1879 verkaufte aus nicht näher bekannten
Gründen die Witwe von Simon Rosenthal eine Torarolle aus der Synagoge
Gemünden:
Verkauf einer Torarolle aus der Synagoge Gemünden
(1879)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juli 1879: "In der
Synagoge zu Gemünden, Amt Rennerod, steht ein Sefer (Torarolle),
noch so gut wie neu, Abteilung wegen, preiswürdig zu verkaufen. Liebhaber
können sich bei Simon Rosenthal Witwe in Holzappel, Amt Diez
melden". |
Die Synagoge in Gemünden wurde bis nach 1918/19
genutzt und dann aufgegeben, weil nicht mehr ausreichend Gottesdienstbesucher
(d.h. Minjan = 10 religionsmündige Männer) vorhanden waren. 1919 wurde das Gebäude an einen örtlichen Stuckateur
verkauft, der sie 1924/25 zu einem bis heute erhaltenen Wohnhaus umbaute.
Adresse/Standort der Synagoge: Judengasse
6
Fotos
(sw-Foto aus Jösch/Jungbluth s.Lit. S. 23; Neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 23.8.2009)
Ganz rechts - zum Vergleich
über dem neueren Foto: das
Gebäude der ehemaligen Synagoge |
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Die ehemalige Synagoge - nach
1919
zu einem Wohnhaus umgebaut |
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Straßenschild
"Judengasse" |
Blick in die
"Judengasse" |
Gebäude der ehemaligen
Synagoge |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 164-165 (mit weiteren Literaturangaben).
|
| Uli Jungblut: Gemünden. In: Juden im Westerwald.
Leben, Leiden und Gedenken. Hrsg. von Joachim Jösch, Uli Jungbluth u.a.
(Hrsg.). Montabaur 1998 S. 160-165 u.ö.. |
n.e.
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