Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia
Judaica
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und
bestehende) Synagogen
Übersicht:
Jüdische Kulturdenkmale in der Region
Bestehende
jüdische Gemeinden in der Region
Jüdische
Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur
und Presseartikel
Adressliste
Digitale
Postkarten
Links
| |
Zurück zur Übersicht: "Jüdische
Friedhöfe in der Region"
Zurück zur Übersicht: "Jüdische Friedhöfe in der Oberpfalz"
Neumarkt in der Oberpfalz
(Kreis
Neumarkt)
Der jüdische Friedhof
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Siehe Seite zur Synagoge in
Neumarkt (interner Link)
Zur Geschichte des Friedhofes
Zunächst wurden die Toten der in
Neumarkt 1862 gegründeten jüdischen Gemeinde in Sulzbürg
beigesetzt. Ein eigener Friedhof in Neumarkt wurde 1879/80 angelegt. Er umfasst
eine Flüche von 9,40 ar. Zur Straße hin liegt ein kleines Taharahaus, das als
Wohnhaus genutzt wird. Eine massive Mauer umgibt den Friedhof mit seinen etwa
100 Gräbern (18 Kinder- und 84 Erwachsenengräber). Auch nach 1945 gab es wenige Beisetzungen.
Lage des Friedhofes
Der Friedhof liegt innerhalb der Stadt an der
Gießereistraße 3.
|
Die Lage des Friedhofes ist eingezeichnet
im Stadtplan Neumarkt - links anklicken und über
das Straßenverzeichnis
zur "Gießereistraße" (der Friedhof ist nur als Grünfläche
eingetragen) |
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 23.6.2006)
|
|
|
Eingangstor mit dem als
Wohnhaus
verwendeten ehemaligen Taharahaus |
Hinweistafeln am
Eingang |
|
|
|
|
|
weitere Fotos werden
bei
Gelegenheit erstellt |
|
Blick vom Eingangstor in den
Friedhof |
|
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
April 2011:
Führung über den jüdischen
Friedhof |
Artikel von wof aus nordbayern.de vom 29. April 2011 (Artikel):
"Lehrreicher Tag auf unbekanntem Gräberfeld
Hans Georg Hirn führte über den jüdischen Friedhof in Neumarkt — Geschichten von Familien erzählt - 29.04.11
NEUMARKT - Es war ein Ausflug tief in die Geschichte der Stadt: Die Zeitreise endete am jüdischen Friedhof in Neumarkt. Der Seniorenkreis der Stadtpfarrei St. Johannes hatte geladen, Hans Georg Hirn, der Chronist der jüdischen Geschichte Neumarkts, referierte. Ein lehrreicher Nachmittag.
Sie habe ihr Leben in Neumarkt verbracht, erklärte eine staunende Frau, aber hier sei sie noch nie gewesen: Mit großen Augen musterte sie die dunklen Grabsteine des jüdischen Friedhofs, versuchte, die Inschriften zu entziffern. Eine andere hatte als Kind vom städtischen Friedhof auf der anderen Seite der Mauer herüber gelinst auf dieses unbekannte Gräberfeld, von dem niemand etwas wissen wollte. Aber in den jüdischen Friedhof selbst hatte sie nie einen Fuß gesetzt. Bis gestern.
Vor dem Besuch auf dem Gottesacker hatten sich rund 35 Frauen und Männer im Gasthaus getroffen; dort wartete Hans Georg Hirn. Der Neumarkter hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die Geschichte der im Dritten Reich ausgelöschten jüdischen Gemeinde Neumarkts zu erforschen. Heuer soll das Werk in zwei Bänden in der Schriftenreihe des historischen Vereins erscheinen.
Profund führte Hirn durch die Jahrhunderte, die wechselvolle Geschichte der jüdischen Neumarkter. Die erste Erwähnung, dass es in Neumarkt Juden gab, findet sich
'im Ried', dem bisher einzigen umfassenden Werk zur Stadtgeschichte, ausgerechnet in Verbindung mit den Rindfleisch-Pogromen: Damals, am 27. Juli 1298, töteten und verbrannten die Neumarkter ihre jüdischen Mitbürger und auch katholische Neumarkter, die sich schützend vor sie gestellt hatten, in der Synagoge am heutigen Residenzplatz. 65 Tote zählte man.
Im Jahre 1348 durfte sich erneut ein Jude in Neumarkt ansiedeln. Das Schreiberhaus, heute Neumarkts ältestes Wohnhaus, 1430 errichtet, muss ebenfalls einmal einen jüdischen Besitzer gehabt haben. Im Keller des Gebäudes fand sich bei der Sanierung eine Mikwe, ein Ritualbad.
Am 1. August 1886 war die Einweihung der jüdischen Synagoge in der Hallertorstraße, die die Nazis am 9. November 1938 schändeten und zerstörten. Zu ihren besten Zeiten stellte die jüdische Gemeinde 2,8 Prozent der Bevölkerung. Von der Pogromnacht bis in die Konzentrationslager war der Weg dann nicht mehr weit: Über 40 jüdische Neumarkter wurden in den Todesfabriken ermordet.
Beispielhaft stellte Hans Georg Hirn die Schicksale einiger jüdischer Neumarkter vor, auch der Familien Haas oder Neustädter.
'Schauns, was wir zuhause haben', sagte eine Zuhörerin und holte aus einem Einkaufsbeutel einen Kleiderbügel heraus: Der war mit dem Namen von Adolf Baruch verziert, einem jüdischen Geschäftsmann, der ein Bekleidungshaus in Neumarkt besessen hatte.
Danach ging es auf den jüdischen Friedhof. Hier erklärte Hirn die Bestattungsrituale, zeigte die Gräber. Der Friedhof war 1879 angelegt worden. Die erste Beerdigung war 1883, Lina Oettinger wurde beigesetzt. Weil es keine jüdische Gemeinde mehr gibt in Neumarkt, ist der Friedhof heute ein stiller Fleck, den kaum einer mehr kennt." |
|
Juli 2016:
Führung über den jüdischen Friedhof |
Artikel von Christine Anneser in
nordbayern.de vom Juli 2016 (Artikel):
"Friedhof als beredter Zeuge jüdischen Lebens
Neumarkter Seniorenbeirat lud zu Führung ein — Die Gläubigen wurden immer wieder verfolgt und vertrieben - 09.07.2016 15:47 Uhr
NEUMARKT - Auf Zeitreise in die Geschichte der Neumarkter Juden begaben sich knapp 30 Senioren bei einer spannenden Führung über den jüdischen Friedhof, der ziemlich versteckt und idyllisch in der Gießereistraße liegt.
Mit großem Interesse verfolgten die Neumarkter Senioren die Ausführungen von Georg Ziegler über den jüdischen Friedhof in der Gießereistraße.
Die Teilnehmer waren sich hinterher einig: 'Das war eine klasse Idee', dass Sieglinde Harres, die Vorsitzende des Neumarkter Seniorenbeirates, zum Rundgang über den jüdischen Friedhof eingeladen hatte. Denn eine Umfrage unter den älteren Menschen hatte ergeben, dass fast 87 Prozent dieses Gräberfeld nicht kennen.
Die 18 Kinder- und 84 Erwachsenengräber liegen überwiegend schön schattig unter einer 100 Jahre alten Linde und einigen jüngeren Eichen. Auch der Friedhof ist noch relativ jung, wurde er doch erst 1880 angelegt. Die erste Beerdigung hier fand drei Jahre später statt, die letzte wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Salomon Oettinger, Julie Feuchtwanger — die Namen auf den Grabsteinen, die meist noch gut lesbar sind, zeugen von den jüdischen Familiendynastien, die einst in Neumarkt lebten.
Jüdisches Leben, so führte Georg Ziegler, Leiter der Stadtgärtnerei und Gästeführer, aus, gab es in Neumarkt bereits im 13. Jahrhundert. Das erste Pogrom fand freilich bereits 1298 statt, als fanatisierte Christen unter Führung des verarmten Reichsritters Rintfleisch begannen, die jüdischen Gemeinden in Nordbayern zu vernichten. Auch in der Jurastadt wurden die Juden aus ihren Häusern verjagt. Der Überlieferung nach kamen damals etwa 75 Menschen — nicht nur Juden, sondern auch katholische Neumarkter, die sich schützend vor sie gestellt hatten — am heutigen Residenzplatz, wo sich wahrscheinlich eine Synagoge befand, ums Leben.
Ritualbad zu besichtigen. 1348 durfte sich erneut ein Jude in Neumarkt ansiedeln. Das Schreiberhaus, heute das älteste Wohnhaus der Stadt, 1430 errichtet, muss ebenfalls einen jüdischen Besitzer gehabt haben. Im Keller des Gebäudes ist heute noch eine Mikwe, ein Ritualbad, zu besichtigen. 1391 und 1556 wurden die Juden abermals aus Neumarkt verbannt und flüchteten sich nach Sulzbürg, das auf eine über 600-jährige Geschichte der jüdischen Gemeinde zurückblicken kann.
Erst ab 1862 seien wieder Juden in Neumarkt 'geduldet' worden, erklärte Georg Ziegler. Salomon Oettinger bekam das Bürgerrecht, zwölf weitere jüdische Familien zogen von Sulzbürg nach.
'Das waren durch die Bank honorige Geschäftsleute, die Stadt hat davon
profitiert', weiß Ziegler. Ihren höchsten Stand erreichte die jüdische Bevölkerung in Neumarkt um 1890, wo sie mit rund 170 Personen etwa drei Prozent der Einwohnerschaft stellte. Danach gingen die Zahlen zurück, bis die Nazis die letzten 19 Juden 1942 in die Konzentrationslager im Osten deportierten, wo sie alle umkamen. Das Schicksal der Shoah-Opfer ist dank der Arbeit des inzwischen verstorbenen Hans Georg Hirn, Autor des Buches
'Jüdisches Leben in Neumarkt und Sulzbürg', gut dokumentiert. Damit endete das jüdische Leben in Neumarkt. 1945 kehrte nur noch Siegfried Rindsberg hierher zurück. Georg Ziegler ist sich nicht sicher, ob dessen Nachfahren noch hier leben, und vermutet, dass diese längst zum evangelischen Glauben konvertiert sind.
Auf dem 940 Quadratmeter großen jüdischen Gräberfeld in der Gießereistraße, das heute in städtischem Besitz und von der Israelitischen Kultusgemeinde gepachtet ist, befindet sich außer den Gräbern noch ein kleines Taharahaus, wo sich einst der Schomil um die Toten kümmerte und das heute als Wohnhaus genutzt wird.
Die meisten Gräber haben noch Steine, die — wie es im jüdischen Glauben Brauch ist — eine einheitliche Form und Beschriftung haben. Auf allen steht als Schlussformel der Spruch:
'Er möge eingebettet sein in das Buch des Lebens.' Im Gegensatz zu anderen jüdischen Friedhöfen, die mit ihren umgestürzten Steinen oft einer Steinwüste gleichen, macht das Neumarkter Gräberfeld einen sehr aufgeräumten und naturnahen Eindruck. Anders als auf heutigen christlichen Gottesackern ist die Liegezeit auf jüdischen Friedhöfen nicht begrenzt. Bunte Blumen sucht man hier vergeblich. Besucher legen allenfalls kleine Kieselsteine auf das Grab.
Der jüdische Friedhof in Neumarkt, Gießereistraße 4, ist normalerweise verschlossen. Georg Ziegler von der Stadtgärtnerei hat den Schlüssel, den er auf Wunsch an interessierte Besucher herausgibt
(Tel. 09181/2638-30). Wesentlich größer ist der Friedhof in Sulzbürg.
" |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens
in Bayern. 1988 S. 276. |
| Michael Trüger: Der jüdische Friedhof in
Neumarkt.
In: Der Landesverband der Israelit. Kultusgemeinden in Bayern. 13. Jahrgang
Nr. 77 vom September 1998 S. 29. |
vorheriger Friedhof zum ersten
Friedhof nächster Friedhof
|