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Norderney (Kreis
Aurich, Ostfriesland)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Norderney bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/41, wobei es sich um eine Filialgemeinde der Synagogengemeinde
in Norden, nicht um eine selbständige Synagogengemeinde handelte. Im
"Führer durch die jüdische Gemeindeverwaltung" von 1932 wird
Norderney zwar in der Liste der jüdischen Gemeinden separat aufgeführt, doch
gleichzeitig betont: "keine selbständige Gemeinde. In steuerlicher Beziehung gehört
(Norderney) zur
Synagogengemeinde Norden".
Seit den 1820er-Jahren wurde die Insel in ständig zunehmender Zahl von
jüdischen Feriengästen besucht. Zu ihrer Versorgung mit koscherer Küche bekam
in den 1840er-Jahren der Konditor David Benedix Goldstein aus Norden die
Erlaubnis, während der Badesaison auf der Insel eine koschere Garküche zu
betreiben (vgl. unten die Anzeige von Goldstein
1845). Wenig später erhielt
auch der Schlachter Abraham van der Wall eine Konzession (siehe unten
Anzeigen van der Walls).
1871 wurde das Restaurant Cohn eröffnet, das 1912 durch Noë Berlin aus Köln
übernommen wurde.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt (ohne Kurgäste): 1867 6 Personen, 1871 9, 1885 31, 1895 35, 1905
35. Um 1900 waren die jüdischen Haushaltsvorstände: Hotelbesitzer Heinrich
Hoffmann (seit 1892 Inhaber des früheren Hotels van der Walls), Witwe Bertha
Weinberg geb. Meyer, Kaufmann Heymann Weinberg, Kaufmann Moritz Klompus,
Schlachter Isaak van der Wall, Schlachter M. Lemmersmann, Händler H. Weinthal,
Kaufmann Moses von der Wall, Witwe G. Cohn (frühere Inhaberin des Restaurants
Cohn).
In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg betrug der Anteil der jüdischen
Kurgäste mindestens ein Drittel der Erholungssuchenden auf Norderney (Angabe nach
einem Bericht von
1912:
gut ein Drittel der damaligen Gesamtbesucherzahl von ca. 46.000). Unter den
jüdischen Kurgästen waren bis 1914 auch Gäste aus Russland und anderen
osteuropäischen Ländern. Die - zumindest teilweise orthodox geprägten - jüdischen Kurgäste
schätzten vor allem die unter strenger koscherer Aufsicht stehenden beiden
jüdischen Restaurants (Hotel - Restaurant Falk in der Bismarckstraße 4
- Neubau von 1905 -, und Restaurant Cohn in der Friedrichstraße 37). Jüdische Kurgäste, denen die Einhaltung der rituellen
Vorschriften nicht so wichtig war, waren in anderen Kureinrichtungen
untergebracht.
Unter den jüdischen Kurgästen Norderneys waren auch prominente
Persönlichkeiten wie Heinrich Heine, Franz Kafka, Felix Nussbaum und Sergei
Michailowitsch Eisenstein.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule
("Filial-Religionsschule" zu Norden nach 1902) und ein rituelles Bad (1932 im Bau). Beisetzungen wurden auf dem jüdischen Friedhof
in Norden vorgenommen. Bemühungen 1887, einen jüdischen Friedhof auf der
Insel (geplant war eine Fläche von 1,8 ar an der Nordseite des evangelischen
Friedhofes) anzulegen, blieben ohne Erfolg. Kurgäste, die auf Norderney verstarben, wurden meist
in ihre Heimatorte überführt (vgl. unten den Bericht zum Tod von Rechtsanwalt
Dr. Weil aus Prag 1904), doch sind auch einige jüdische Kurgäste auf dem
Friedhof in Norden beigesetzt worden. Gemeinsam mit Norden wurde Norderney durch den
Landrabbiner aus Emden betreut.
Seit 1911 (Einweihung am 9. Juli 1911) bestand als Einrichtung der Zions-Loge
U.O.B.B. Hannover ein Kindererholungsheim (am Nordstrand,
Benekestraße 44; siehe Berichte unten).
Das Heim war gedacht für erholungsbedürftige sechs- bis vierzehnjährige Juden
und Mädchen. Dazu gab es auch private jüdische Kinderheime
(u.a. Norderneyer Kinderheim von Rosa Golde, siehe Anzeige unten). Das Kindererholungsheim bot 100 Plätze für erholungssuchende
jüdische
Kinder. Dem Kindererholungsheim angegliedert war in den 1920er-Jahren das "Otto-Haus",
ein Heim für 16-19-jährige Schülerinnen, die hier während der Kursaison eine
hauswirtschaftliche Ausbildung bekamen.
Nach dem Ersten Weltkrieg kam ein Teil der ausländischen Kurgäste nicht
mehr nach Norderney (u.a. russische Juden). Durch den sich in den 1920er-Jahren
immer mehr verbreitenden Bäder-Antisemitismus auf den meisten ostfriesischen
Inseln (Borkum!) und zahlreichen Kurorten Deutschlands stieg die Zahl der jüdischen
Badegäste im insgesamt liberal geprägten Norderney weiterhin an, da sich hier der
Antisemitismus erst langsam bemerkbar machte. Bis 1933 waren jüdische
Badegäste auf der Insel willkommen.
Um 1924, als zur Gemeinde etwa 20 ständige jüdische Einwohner Norderneys gehörten, war
"Vorsteher" der Filialgemeinde (beziehungsweise "Verwalter der
Synagogenstiftung") M. van der Wall. Als Kantor während der Saison wird um
1924/32 B. Fellner aus Wien genannt, der sich während der Badesaison in
Norderney aufhielt und in der Synagoge die Gottesdienste leitete. 1932
wird als "Verwalter der Synagogenstiftung" Julius Hoffmann genannt, Inhaber von
"Hoffmanns
Hotel Falk". Vorsitzender der Synagogenstiftung war Landrabbiner Dr. Blum
(Emden). Im Schuljahr 1931/32 wurde sechs jüdischen Kindern aus den jüdischen
Familien Norderneys Religionsunterricht
erteilt.
1933 lebten als ständige Einwohner Norderneys etwa 15 Personen auf der
Insel. In den folgenden Jahren wurden sie zum Verlassen Norderneys gezwungen.
Bereits 1934 war der Besuch jüdischer Kurgäste auf Norderney nicht mehr
erwünscht (vgl. Artikel unten).
1935 wurden noch neun jüdische Einwohner gezählt, 1939 noch drei, 1941 noch
eine Person. Beim Novemberpogrom 1938 wurden sieben jüdische Einwohner
von bewaffneten SA-Leuten auf einem umzäunten Platz vor Richters Hotel
gefangengehalten und vor der Öffentlichkeit den ganzen Tag (10. November) zur
Schau gestellt. Die letzte jüdische Einwohnern, die mit einem Nichtjuden
verheiratet war, verließ im April 1941 Norderney.
Von den in Norderney geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", dazu Namen aus der
Gedenkstätte im Friedhof Norden): Elfriede (Elli) Falk geb. Klompus
(1904), Friedrich Hoffmann (1889), Heinz (Henry) Hoffmann (1924), Rebekka (Rebecka)
Hoffmann geb. Wallheimer (1893, Aurich), Susanne Hoffmann geb. Stodel (1889),
Georg Klompus (1896),Rosette Klompus geb. Jacoby (1863), Clementine Lemmersmann
geb. Fröhlich (1863), Ekiba Karl
Müller (1872), Julie Müller geb. Klein (1876), Rosa Rose geb. van der Wall
(1875), Lina Rosenkötter geb. Weinberg (1895), Engeline Rosenstamm (1863),
Goldine Schönthal geb. van der Wall (1867), Julius van der Wall (1872), Hermann
Moses Weinberg (1889), Max Weinberg (1890), Rahel Weinberg (1892).
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Links: Die Namen der aus
Norderney
umgekommenen jüdischen Personen in
der Gedenkstätte im Friedhof Norden |
Nach 1945 ist nur eine Frau von den früheren jüdischen Einwohnern nach
Norderney zurückgekehrt. Sie verzog später nach Augsburg, verbrachte jedoch
ihre letzten Lebensjahre wieder auf Norderney. Das bekannte frühere
jüdische Hotel Falk der Familie Hoffmann wurde nach 1945 einige Zeit als Hotel
"Düsseldorfer" Hof betrieben und verkam zu einer Bauruine.
Im "Haus der Insel" wurde 1988 zum 50. Jahrestag des
Novemberpogroms 1938 eine Gedenktafel mit der Inschrift angebracht:
"Zum Gedenken an die jüdischen Mitbürger der Stadt Norderney, die durch
nationalsozialistischen Terror eines gewaltsamen Todes sterben mussten oder
vertrieben wurden. Den Lebenden zur Mahnung 9.11.1988
Der Rat der Stadt Norderney".
Am 22. Februar 2013 wurden von Gunter Demnig in Norderney acht "Stolpersteine"
verlegt: vor dem Gebäude Bismarckstraße 4 für Friedrich Hoffmann, Henry
Hoffmann, Rebecka Hoffmann geb. Wallheimer; Bismarckstraße 8 für Julie Müller
geb. Klein, Engeline Rosenstamm; Karlstraße 6 für Christine Lemmersmann geb.
Fröhlich; Strandstraße 10 für Rosette Klompus geb. Jakoby. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Norderney
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Links: Gedenktafel im
Innenbereich des
"Hauses der Insel" (Nebeneingang) mit
der oben zitierten Inschrift
(Foto: Hahn, Aufnahme vom 9.8.2010) |
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Links: "Stolperstein"
für Rosette Klompus geb. Jakoby
(1863-1942) vor dem Gebäude Strandstraße 10
(Fotos: Hahn, Aufnahme vom 13.8.2015) |
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeine
Berichte über jüdisches Leben auf Norderney - in chronologischer Reihenfolge
von 1874 bis 1934
Eine jüdische Berlinerin rettet einem Kind das Leben
(1874)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 14. September 1874: "Von der Insel Norderney schreibt man
der 'Magdeburger Zeitung' unter dem 25.: 'Gestern Vormittag hatte das
neunjährige Töchterchen einer zur Kur hier weilenden Familie sich bis an
das äußerste Ende einer Bühne am Damenstrande gewagt und war, durch
einen Fehltritt wahrscheinlich, in die See gestürzt. Es war noch
Badezeit und daher befanden sich Herren nicht in der Nähe. Eine junge
israelitische Dame aus Berlin hatte aber kaum den Unfall
wahrgenommen, als sie mit Todesverachtung sich dem Kinde nachstürzte,
ohne jedoch ihren schönen Zweck zu erreichen; auch sie ging unter, da die
See an jener Stelle 40 Fuß tief. Inzwischen waren einige Herren und die
Stranddiener aufmerksam geworden, und während Erstere die junge Dame noch
lebend ans Land brachten, gelang es den Letzteren, mittelst eines Bootes
das bereits erstarrte Kind hervorzuholen. Glücklicherweise sind die
Wiederbelebungsversuche gelungen und das Kind gerettet. Heute Morgen wurde
der jungen Berlinerin ein Ständchen
gebracht.'" |
Veranstaltung der Bne-Brith-Loge im Hotel Falk
(1900)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
2. August 1900: "Norderney, 27. Juli (1900). Zu einem
gemütlichen Abendessen waren in der vergangenen Woche auf Anregung der Herren
Marx und Maier die hier anwesenden Brüder und Schwestern
der Bne Beritloge im Hotel Falk versammelt. Zur Erhöhung der festlichen
Stimmung, welche schon durch das von dem Inhaber des Hotels, Herrn Hoffmann,
vortrefflich hergestellte Essen bewirkt wurde, trugen auch nicht wenig
zwei Reden bei, die beide auf der Basis der Loge, die Menschenliebe
hinwiesen. Herr Rabbiner Dr. Weiße - Berlin führte eine
Erzählung aus dem Midrasch an, in der es heißt, dass vor Erschaffung der
Welt die Wahrheit und Gerechtigkeit vor dem göttlichen Throne erschienen
seien, um Gott von seinem Unternehmen abzuraten. Die Menschen, meinten
sie, würden ja doch nur lügen und betrügen, das Recht beugen und
Gewalttaten verüben. Da aber habe sich dem göttlichen Throne die Liebe
genaht, habe zu Gunsten der Menschen versprochen, dass diese nur Gutes tun
würden und habe so Gott bewogen, die Welt zu erschaffen. Es sei also,
führte der Redner aus, Pflicht des Menschen, Liebe überall da zu üben,
wo man ihrer bedürfe, besonders natürlich in den kreisen der Armut und
des Elens. Das sei das Prinzip der Loge, auf deren Blüte und Gedeihen Dr.
Weiße sein Glas leerte. Dann sprach Herr Marckwald - Berlin. Er
meinte, dass man der Liebe nicht nur draußen in Hammer und Not begegnen
müsse, sondern dass sie auch in der Welt eines jeden Menschen, in seinem
Heim, tief eingewurzelt sein müsse und erhob sein Glas auf das Wohl
derer, die es am besten verstehen, innige Liebe im Hause zu verbreiten,
auf das Wohl der Damen. Nach dem Essen sprach Oberkantor Herr Kirschner
- München in seiner wundervollen Vortragsweise auf Wunsch der Gäste
das Tischgebet, in das er ein 'Der Barmherzige segne unsere Brüder und
Schwestern' einschallte. Spät in der Nacht zerstreuten sich die Gäste,
die wohl ausnahmslos mit dem vergangenen Abend höchst zufrieden gewesen
waren; denn Küche und Keller hatten das Beste hergegeben, was sie hatten,
und auch für mannigfache Unterhaltung der Gäste war
gesorgt." |
Bei einem Ärzteausflug zu den ostfriesischen Inseln wird Borkum auf Grund der
dortigen antijüdischen Stimmung nicht besucht (1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. September 1901: "Norderney,
5. September (1901). Dreihundert Ärzte besuchen Anfang kommenden Monats
auf zehntägiger Dampferfahrt sämtliche ostfriesischen und Nordseeinseln.
Die in großer Zahl eingeladenen jüdischen Ärzte wollten sich von der
Teilnahme ausschließen, da sie befürchteten, in Borkum als Juden
Insulten ausgesetzt zu sein. Professor Leyden, der die Sache arrangiert
und leitet, gab daraufhin telegraphisch die Weisung, dass, wenn die
jüdischen Kollegen sich auf diesem Grunde ausschließen wollten, lieber
der Besuch von Borkum unterbleiben solle, was auch geschehen wird. H.
Hoffmann". |
Über die jüdischen Besucher Norderneys
- verbunden mit dem Bericht über den Todesfall eines Kurgastes (1904)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
8. August 1904: "Norderney, Ende Aw. Die anhaltende heiße
Witterung führt in diesem Jahre eine wahre Völkerwanderung an die
Gestade der Nordsee, insbesondere aber nach Norderney. Liest man die
täglich erscheinende Kurliste durch, dann findet man das 'Heilige
Volk' am stärksten vertreten. Doch in den jüdischen, gut geleiteten
Restaurants (Hoffmann's Hotel Falk und Hirsch's Restaurant Cohn) wird
dieser Andrang nicht in gleichem Maße verspürt, wenngleich zum Klagen
für die Inhaber keinerlei Veranlassung vorliegt. Würden die jüdischen
Kurgäste alle auf rituelle Kost reflektieren, was sie ja leider nur zum
geringeren Teile tun, dann gäbe es hier ein dankbares Feld für den
Verein zur Errichtung ritueller Speisehäuser. Im Konsum von
Koscherfleisch ist der stärkste Schutz für die vielfach bedrohte Schechita
zu erblicken - man vergleiche die Berichte aus dem seinerzeit in Rostock
stattgefundenen Fleischerkongress - das sollten sich die Herren
Staatsbürger jüdischen Glaubens wie die Zionisten merken. Und nun gar
die Synagoge, deren Vergrößerung, respektive Neubau schon seit mehreren
Jahren geplant wird, sie müsste in Anbetracht der Statistik vielleicht
zehn Mal größer wie die jetzige, die etwa hundert Stände enthält,
gemacht werden.
Im Ganzen aber leben hier, namentlich am Strande, alle Schattierungen in voller
Eintracht friedlich nebeneinander. Ein trauriges Ereignis, welches sich
dieser Woche hier am Strande zugetragen, legte beredtes Zeugnis davon dab.
|
Ein
Herr Dr. jr. Weil, Rechtsanwalt aus Prag, der am Montag hier
eingetroffen, benutzte Tags darauf die neu eingerichteten sogenannten
Sonnenbäder mit Turnübungen, als er plötzlich zusammenbracht und nach
kaum fünf Minuten seinen Geist aufgab. Drei Ärzte der Badegesellschaft
waren unmittelbar zur Stelle, doch war ihre Kunst vergebliche Mühe, auch
der offizielle Badearzt, Sanitätsrat Dr. Vissering, war per Rad
herbeigeeilt, fand doch bereits eine Leiche vor. Sonnenstich war als die
unmittelbare Ursache festgestellt worden. Die Leiche fand bereitwillige
Aufnahme in der Leichenhalle auf dem evangelischen Friedhofe, während bei
früheren Anlässen weniger Toleranz zur Geltung kam; weshalb auch,
merkwürdiger Weise in einer am Montag, also Tags zuvor, stattgefundenen
Sitzung die Errichtung einer jüdischen Leichenhalle beschlossen worden
war, wofür die nötigen Gelder, etwa tausend Mark, durch Veranstaltung
einer Festvorstellung (?) beschafft werden sollten. Der leider gemeldete
Trauerfall war dem Unternehmen eo ipso zu Hilfe gekommen, und die Felder
flossen schnell.
Zur Vornahme der Tahara (Leichenwaschung) usw. fanden sich sofort
einige Chewra Kadischa - Herren (Mitglieder der dortigen
Bruderschaften) aus Hamburg, Halberstadt und Frankfurt bereit, und so
wurde am Mittwoch die Leiche unter Observierung aller
religionsgesetzlichen Vorschriften und sanitären Anordnungen ans Schiff
geleitet, um ab Norderney per Bahn nach Prag überführt zu werden.
Herr Kaiserlocher Rat Sigmund Kann aus Prag hatte die Ordnung des nicht
unbedeutenden finanziellen Teils der Überführung, inklusive der lokalen
Kosten übernommen, sodass die geplante Beteiligung der Kurgesellschaft
nach dieser Richtung sich als unnötig erwies. Mögen die so hart
betroffenen alten Eltern des so jung Dahingeschiedenen - Dr. Weil hat nur
ein Alter von 33 Jahren erreicht und war unverheiratet - ihren Trost in
dem tiefen Beileid der gesamten Norderneyer Badegesellschaft finden,
welches hier an dieser Stelle zum besonderen Ausdruck gebracht wird. H.W."
|
Badebrief aus Norderney (1909)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. August
1909: "Brief aus Norderney. Das Wetter und Tischo-be-Aw. - Das
religiös-jüdische Leben in Norderney - Gedenkgottesdienst auf Professor
B. Badt s.A. - Die Loge Benei Brith.
Sehr geehrter Herr Redakteur! Ihr Brief, worin Sie mich auffordern, Ihnen
einen - selbstverständlich nur kurzen - Badebrief aus Norderney zu
senden, traf mich am Tischo-be-Aw, also in einer Stimmung, die
nichts weniger als stimmungsvoll sein sollte. Dazu motivieren Sie Ihre
Aufforderung auch noch mit dem selbstverständlichen Regenwetter, das dem
allgemeinen Sommerprogramm entsprechend, auch auf unserer Insel dominieren
und den Entschluss zu schriftlichen 'Ergüssen' erleichtern müsste.
Unglücker- oder richtiger gesagt erfreulicherweise stand der Fasttag
jedoch ganz im Zeichen des heuer so seltenen Sonnenscheines. Der Himmel
zeigte sein reinstes Blau und schien alle die Hoffnungen bestätigen zu
wollen, welche das am Morgen vernommene Prophetenwort von Jahr zu Jahr
gerade an diesem 'nationalen' Trauertag als das zu erstrebende und zu
erreichende Ziel unseres Volkes und der gesamten Menschheit mit den
innigsten Worten vor unserem geistigen Auge erstehen lässt.
Ach, die Entwicklung vollzieht sich nur in Kurven, denn heute, am Tage
nach Tischo-be-Aw zeigt der Himmel jene berühmte, in diesem Sommer nicht
gerade seltene Färbung des Grau in Grau, unaufhörlich ergießt sich ein
sanfter Regen, als wollte der Himmel alle jene Tränen herabsenden, die
gestern von so vielen nicht geweint wurden. Vielleicht wird das
Verhältnis zwischen inniger Trauer am neunten Aw und dem daraus
resultierenden Verhalten des Himmels in künftigen Jahren ein besseres,
denn Optimismus heißt ja die Fahne, auf die uns Juden der große
Heermeister von Geburt an verpflichtet hat.
Alles in Allem genommen, können wir hier auf Norderney mit den jüdischen
Verhältnissen wohl zufrieden sein, denn unter den zahlreichen
Glaubensgenossen, welche in der Badesaison unsere Insel bevölkern,
befindet sich doch eine erkleckliche Anzahl solcher, die nicht nur als
Juden geboren, sondern auch als solche zu leben bestrebt sind. Der zweimal
täglich stattfindende Gottesdienst erfreut sich - von den Owelim ganz
angesehen - eines guten Zuspruchs, und am Freitag Abend beziehungsweise
Sabbat-Vormittag ist die Synagoge viel zu klein für die Zahl der
Besucher, die dicht gedrängt, selbst den Vorhof füllen. Entspräche die
Opferwilligkeit der jüdischen Kurgäste ihrer Zahl, so müsste schon
längst ein größeres Gotteshaus erstanden sein, aber mit der
Opferwilligkeit hapert es eben, und vor allem fehlt es an der starken
Hand, welche durch zielbewusstes und planmäßiges Vorgehen Erfolge
erzielen könnte. Ist doch das aus mehr oder weniger regelmäßigen
Besuchern zusammengesetzte Kuratorium für die Interessen der Synagoge
gegenwärtig nur durch einen Herrn vertreten. Wenn aber erst die Saison
verrauscht und Jeder wieder in seine Berufssphäre zurückgekehrt ist,
dann treten an jeden Einzelnen wieder so viele andere Anforderungen heran,
dass mit der Erinnerung an Norderney meist auch die Energie zu gemeinsamem
Vorgehen sich verflüchtigt.
Der vergangene Schabbos - Chasaun (sc. Schabbat Chason, der
Schabbat vor dem 9. Aw, also Schabbat, 23. Juli 1904)- welcher alljährlich dem ehrenden
Gedächtnis aller der Edlen geweiht ist, welche sich um die Gründung und
Erhaltung der hiesigen Synagoge verdient gemacht haben, gab dieses Mal dem
Kuratorium Gelegenheit, einer Ehrenpflicht gegen sein im April leider
verstorbenes Mitglied, Professor B. Badt, Breslau, seligen
Angedenkens, zu erfüllen, indem auf die Aufforderung des Kuratoriums und
im Einverständnis mit dem abwesenden Landrabbiner Dr. Loeb, Emden, der
zur Kur hier weilende Herr Rabbiner Dr. Freund, Hannover, sich in
liebenswürdiger Weise bereit erklärte, dem Verstorbenen eine Gedenkrede
zu halten. Mit großem |
Geschick
entledigte sich der Redner der übernommenen Aufgabe, indem er in kurzen,
treffenden und ergreifenden Worten auf die Verdienste des Heimgegangenen
um die Norderneyer Synagogenstiftung hinwies und daran die Aufforderung
knüpfte, in dem Sinne des Verklärten für die jüdischen Interessen auf
Norderney weiter zu wirken.
Zum Schluss noch etwa Satirisches. Die Loge Benei Brith (U.O.B.B.)
veranstaltet regelmäßige Zusammenkünfte im jüdischen Hotel Falk. Heute
Abend findet ein 'Fischessen' der Loge statt, und zwar in einem
nichtjüdischen Etablissement (Kurhaus) unter Ausschaltung der beiden
hiesigen großen jüdischen Restaurants. Wir wollen von der religiösen
Seite hierbei ganz absehen und möchte uns nur die Frage gestatten, ob das
Vorgehen der Loge als taktvoll zu bezeichnen ist. Vor zwei Jahren
arrangierte die Benei Brith-Loge hier ein Gartenfest, bei welchem der
Festredner, ein Berliner Rechtsanwalt, den jüngeren Glaubensgenossen
Mangel an Takt vorwarf und ihnen als Lehranstalt die Loge empfahl!
Difficile est satyram non scribere!"
|
Gedenkveranstaltung für den verstorbenen Landrabbiner
Dr. Jonas Löb (Emden) (1911)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
10. August 1911: "Norderney, 2. August (1911). Am verflossenen
Schabbos Chason, welcher nach Norderneyer Gebrauch dem Gedächtnis all
derer gewidmet ist, die sich um die religiösen Institutionen der Insel
verdient gemacht haben, hielt der als Badegast anwesende Herr Rabbiner
Dr. Freund aus Hannover auf Veranlassung des Kuratoriums der
Synagogenstiftung auf Norderney eine Gedenkrede auf den jüngst
verstorbenen Vorsitzenden des Kuratoriums, Herr Landrabbiner Dr. Jonas
Löb - Emden, zu dessen Bezirk bekanntlich Norderney
gehörte.
Von dem Seebilde ausgehend, das uns von dem Propheten Jona entrollt wird,
schilderte der Redner in gedrängter Kürze die Persönlichkeit und den
Charakter des Entschlafenen, der in allen Stürmen des Lebens sich als 'Iwri
onauchi' gefühlt und glänzend bewährt habe, und dem auch das
Norderneyer jüdische Publikum so außerordentlich viel zu verdanken habe.
Die überaus zahlreich erschienenen Synagogenbesucher waren tief bewegt
von der herzlichen Ansprache, durch welche Herr Rabbiner Dr. Freund sich
den aufrichtigen Dank des Kuratoriums sowie der Zuhörer erworben
hat." |
Beginn des Ersten Weltkrieges - Flucht der
ausländischen jüdischen Kurgäste (1914)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 28. August 1914: "Die Flucht der ausländischen Juden aus
Norderney bei der Mobilmachung. Von Lehrer Adolf Rothschild -
Achim-Bremen.
Die Saison auf Norderney begann mit einem guten Besuch. Trotz der
allgemeinen, schlechten, wirtschaftlichen Lage sag man unter den
Kurgästen viele in- und ausländische Juden. Auch russische Chassidim in
langen Kaftans, schwarzen Bärten, Pajes gewährte man zu bestimmten
Zeiten auf der Promenade. Als die Zeitungen die Kriegsnachrichten aus
Österreich brachten, trat plötzlich eine Wendung in der angeregten
Stimmung der Kurgäste ein. Von Tag zu Tag wuchs die Erregung, doch an
einen europäischen Krieg mochte niemand glauben. Die beiden
Zeitungshallen Scherl und Ullstein waren fast den ganzen Tag von
Kurgästen förmlich umlagert, auf Telegramme lauernd. Als schließlich
als erste Zeichen ungünstige Banknachrichten einließen, rüsteten viele,
größtenteils Männer, zur Abreise. Vom 25. Juli an kamen täglich
Telegramme an die zurückgebliebenen Frauen und Kinder aus der Heimat an:
'Lage ungünstig, sofort zurückkommen!' Es war doch noch eine ganze
Anzahl Gäste, die sich nicht aus ihrer Ruhe bringen ließ und immer auf
eine gütliche Wendung der Geschicke hoffte. Am 30. Juli schwand die
Hoffnung der Menschheit. Schnellstens wurde gepackt und abgereist.
Panikartig war der Ansturm zu den Dampfern, die die Gäste, die so
plötzlich die Kur abbrechen mussten, in die Heimat beförderten. Mir fiel
ganz besonders die Ruhe der ausländischen Juden auf. Verschiedentlich
fragte ich russische Juden: 'Nun, wollen Sie nicht auch abreisen?' 'Warum
sollten wir abreisen, es wird schon alles gut werden.' Am Freitag wurde
Norderney als im Kriegszustand befindlich erklärt. Auch dieser
Umstand |
vermochte
unsere ausländischen Juden, in der Mehrheit Russen, nicht aus ihrer Ruhe
zu bringen. als aber am Sonnabend morgen der Mobilmachungsbefehl bekannt
gegeben wurde, mit dem Vermerk, dass alle Ausländer binnen 24 Stunden die
Insel zu verlassen hätten, sah man unsere ausländischen Juden nach
Beendigung des Gottesdienstes auf den Straßen etwas flinker dahineilen.
Der größte Teil kam zu mir und bat mich um Rat und Beistand. Ich
sicherte ihnen meine Hilfe zu und begab mich alsbald zum Kommissar, der
sich aber nicht sprechen ließ, sondern durch seinen Portier auf die
Bestimmung hinweisen ließ, dass sich alle Ausländer um 11 Uhr zur
Entgegennahme besonderer Verhaltungsmaßregeln vor dem Polizeigebäude
einzufinden hätten. Besonders hart traf die Bestimmung der Ausweisung
Bele Rosenzweig, die seit 20 Jahren eine österreichische Küche für
ausländische Juden unterhält. Trotz guter Fürsprache musste sie ihre
Restauration sofort schließen und am gleichen Tage Norderney verlassen!
Schon vor 11 Uhr war das Polizeihaus von ausländischen Juden umlagert.
Einen Trost erblickten sie in der Bestimmung einer 24-stündigen Frist.
Brauchten sie doch den Schabbes nicht zu entweihen. Als aber der Kommissar
verkündete, dass alle Ausländer um 6 Uhr mit dem letzten von Norderney
fahrenden Dampfer die Insel zu verlassen hätten, entstand eine
tumultartige Aufregung unter den Juden. Sie sollten den Schabbes
entweihen? Auf keinen Fall! Einer aus der Menge wagte laut dem Herrn
Kommissar zuzurufen: 'Herr Kommissar, wir sind strenggläubige Juden und
fahren am Sonnabend unter keiner Bedingung! Die Sabbatentweihung gilt uns
als eine der größten Sünden.' Einige versuchten den besonders Erregten
zu beruhigen mit dem Hinweis: 'Wenn der Kaiser befiehlt, so muss jeder
gehorchen, und das Fahren wäre in diesem Falle keine Sabbatschändung'.
"Was?' schrie mit fester Stimme der russische Juden, 'über dem
Kaiser steht Gott, und dessen Gebote müssen wir zuerst befolgen. Es mag
kommen, was da wolle, ich werde am Schabbes nicht fahren.' Der Kommissar
vernahm die Worte, gebot in energischer Weise Ruhe und verkündete nach
kurzer Beratung mit dem Inselkommandanten Herrn Oberleutnant Schütze und
dem Polizeikommissar Herrn Freiherr von Solemacher: 'Meine Herren, ich
werde für Sie um 10 1/2 Uhr nach Sabbatausgang einen Extradampfer fahren
lassen.' Mit großer Befriedigung nahmen die Juden das Entgegenkommen auf.
Um 11 Uhr brachte sie der Dampfer nach Norddeich. Ob sie noch alle vor
Sperrung der Grenze in ihre Heimat gekommen sind, möchte ich bezweifeln.
Wer weiß, wo die Bedauernswerten geblieben sind. Einige beabsichtigten,
nach Holland zu reisen. Sie verspürten wenig Lust, in ihre nun im
Kriegszustande befindliche Heimat zu reisen." |
Vortragsabend des "Centralvereins"
auf Norderney (1922)
Anmerkung: zu den Aktivitäten und Zielen des "Central-Vereins" siehe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Central-Verein_deutscher_Staatsbürger_jüdischen_Glaubens
Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 24.
August 1922: "Bäderversammlungen. In den letzten beiden Monaten fanden
in einer großen Anzahl von Badeorten Versammlungen der Kurgäste und
Ortsansässigen statt. So sprachen in
Friedrichroda und
Oberhof Dr. Ismar Freund, in
Harzburg, Stolberg, Polzin, Swinemünde Rabbiner Dr. Solomonski, in
Norderney Dr. Ludwig Holländer,
in Kissingen Dr. Alfred Wiener.
Die Versammlungen, die durchweg gut besucht waren, sollten unsere Freunde
über die Lage aufklären und dem C.V. neue Freunde gewinnen. Beide Aufgaben
sind erfüllt worden. In einigen Versammlungen wurden in Erkenntnis der
ernsten Lage und der Wichtigkeit unserer Arbeit auf Wunsch der Anwesenden
Sammlungen vorgenommen." |
Zum 125-jährigen Bestehen des Nordseebades Norderney
(1922)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Oktober
1922: "Norderney, 20. August (1922). Das weltbekannte
Nordseebad Norderney blickt in diesem Jahre auf sein 125-jähriges
Bestehen zurück. In dieser Zeitspanne hat sich die Perle der
Nordseebäder aus einer unscheinbaren Holzbude zu einem eleganten Modebad
entwickelt. Norderney war das erste Seebad am Nordseestrand, das der
erholungsbedürftigen und kranken Menschheit die wohltätigen Wirkungen
der Seebäder erschloss. Seitdem haben Tausende und Abertausende die reine
mit Sauerstoff geschwängerte Luft Norderneys genossen und die heilsame
Wirkung der Seebäder verspüren können." |
Allgemeiner Bericht von 1930 Teil I
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
7. August 1930: "Aus dem Reiche der See und Sonne. Das große
Wunder.
'See und Sonne, Wellen und Wolle!' Mit diesem Reime lockt im Hafen zu
Norddeich ein farbiges Riesenplakat der Norddeutschen Lloyd zur
Dampferfahrt nach den Inseln der Nordsee und der Perle der Inseln,
Norderney. Er hat sein Versprechen nur zur Hälfte gehalten, der gute
Lloyd. An Wasser und Wellen hat es hier wahrlich keinen Mangel; was aber
die Sonne und die Wonne betrifft! ...
Die Sonne hat sich im Juni und in der ersten Hälfte des Juli so
angestrengt und verbraucht, dass sie nun in Ferien gegangen ist. Und als
wir hier landeten, mussten wir zu unserem Schmerze wahrnehmen, dass sie
leider nicht an die Nordsee gegangen ist.
Etwas anders steht es aber mit der Wonne, Eine höchst individuelle Sache,
gehört zum Innenressort unserer Verfassung. Wo sie von innen heraus
quillt, ist sie wetterfest wie ein alter Schiffer und unabhängig von
Sonne und Regen. Noch nie habe ich das Psalmwort von den 'mächtigen
Stimmen der Wellenbrüche' so tief und innig empfunden wie am ersten
Morgen, da ich die See in Flut und Wut sah, da bei strömendem Regen sich,
vom Orkane gepeitscht, die Wellen haushoch erhoben und schneeschlagend an
den grauen Quadern des Dammes sich brachen, und es weit im Horizonte, wo
Himmel und Wasser ineinander fließen, so aussah, als würde es zugleich
von oben nach unten und von unten nach oben regnen....
Und jetzt, nach kaum einer Stunde? Alte Verse treten aus dem Dunkel meiner
kleinen Bibel, gleiten über die Fluten, rollen mit den Wellen und sind
warmes, rauschendes Leben: 'Was ist dir, Meer, dass du fliehest?... 'Du
zerbröckelst mit Deiner Macht das Meer!' ' 'Siehe, mit meinem Drohrufe
trockne ich die Meeresfläche aus!' 'Zurück, bis hierher kommst du
und nicht weiter!' Der Sturm schweigt. Langsam, seine letzte Wut
austobend, zieht sich das Wasser zurück. Wo die Flut vorhin noch kochte
und zischte, als wollte sie die Welt verschlingen, gehen wir auf
trockenem, warmem, graugelbem, muschelnbesätem Sande. 'Das ist die Ebbe',
belehrt mich der barfüßige Mann in der roten Hose fachmännisch. ein
dummer, plattes Wort, wollte es mich bedünken, für ein Wunder der
göttlichen Allmacht, das der Binnenländer zum ersten Male so erlebt, wie
ein plötzlich aus Blindheit Genesender den ersten Sonnenaufgang erleben
würde...
Die 'Gemeinde' zu Norderney. Wer sich da Norderney als ein graues
Pünktchen im Meere denkt, das mit den ersten Herbstwinden sich von einem
Paradiese in eine Teufelsinsel verwandelt, ist nicht wenig überrascht,
bei der Landung von sauberen, gut gepflegten und rot gepflasterten
Straßen empfangen zu werden, durch die zwar der Pferdeomnibus aus
Altväterzeiten gemütlich torkelt, die aber von schönen, modern
aufgemachten Geschäftsauslagen flankiert sind. Das Inseldorf zählt auch
im Winter mehr als 5.000 Einwohner, hat gute Schulen, Kirchen, Denkmäler
und alle denkbaren Einrichtungen einer modernen Kultur und Unkultur.
Selbstverständlich auch Kinos, Cafes und Varietes. Alle Häuser haben
weite Erker, Veranden und Balkone mit rotem oder gelbem Hintergrund und
sind, wenn sie nicht gerade Hotels, Geschäfte oder Cafes sind, mindestens
'Pensionen mit oder ohne Logis'. Dieses Weiß-Rot-Gelb ergibt im
Zusammenklang mit dem Backsteinpflaster und mit dem Blumenmuster des
Veranda- |
verputzes,
wenn die Sonne das Ganze überglänzt, ein Farbenspiel von fast südlicher
Schönheit.
Am Scheidepunkt, von dem mehrere Straßen nach rechts und links
ausstrahlen, steht ein eigenartiges Denkmal. Einfach, primitiv und doch
bedeutsam. Eigentlich nur ein Steinhaufen, aber von der Art der 'zwölf
Steine im Jordan, nach den zwölf Stämmen Israels'. Denn jede Stadt der
deutschen Lande hat einen mehr oder weniger schönen Stein mit Aufschrift
und Wappen dazu geliefert. So ist ein Städtedenkmal entstanden,
vielleicht in symbolischer Anspielung an den Namen des Mannes, der
Deutschland die Städteverordnung gegeben hat. Es ist ein pazifistischer
Steinhaufen und sollte wohl heißen: Hier sind alle Städte und alle
Stämme in Frieden und Eintracht vereinigt. Hier auf dieser Insel der
Seligen schon...
Und rechts von diesem Steinhaufen, in einem kleinen, schmalen Gässchen,
ein Überraschung für den Juden. Ein länglicher, rotgelber Bau, der sich
mit seinen schmalen, bunten Fenstern und sauberem Vorgärtchen so
harmonisch und selbstverständlich in das Straßenbild einfügt, als
hätte ihn der Schöpfer der Welt schon am ersten Tage, da er das fest
Erdkrüstchen Norderney mitten in das große Meer warf, mitgeschaffen.
Diese Synagoge hat bereits ihre fünfzigjährige Geschichte und
ihre Tradition. Damals war noch Baron Willy von Rothschild hier zur Kur
und andere mehr denn 'fünf Frankfurter', und große Berliner und
Hamburger und Breslauer, die dafür sorgten, dass bei den später
entstandenen vortrefflichen Hotels am Platze die jüdischen Gäste auch
geistig und religiös nicht unterernährt werden. So entstand dieses
hübsche Gotteshaus mit 88 Männerplätzen und mit allen heiligen
Utensilien, die zu einem Gotteshause gehören. Viele Mäntelchen und Decken
tragen in Goldlettern auf rotem Samt bekannte Frankfurter Namen. Aus einem
Anschlage im Vorraum erfährt man, dass Synagoge und Gemeinde heiliges
Exterritorium unter dem Schutze eines Allerweltkuratoriums sind, in dem
Frankfurt mit Jacob Besthoff gut vertreten ist. Die Synagoge ist nicht ein
Denkmal nur, sondern sie führt ihr tägliches Leben. Morgens und abends
ist Gottesdienst. Am Freitagabend und Sabbatmorgen ist sie bis auf den
letzten Stehplatz voll gefüllt. Im Vorraume steht im Schranke sogar eine
komplette Talmudausgabe, die auch benutzt wird. Von der ersten Lenzessonne
wird der heilige Raum aus seinem Dornröschenschlaf wachgeküsst und er
erreicht mit den hohen Feiertagen, da die ansässigen fünf Norderneyer
noch einmal für Minjangottesdienst sorgen, seinen Höhepunkt, um für ein
halbes Jahr in den Winterschlaf überzugehen.
Betreut wird diese Synagoge mit Liebe und Eifer von einem zuverlässigen,
torakundigen Manne, der zugleich als Vertrauensmann des Emdener Rabbinates
seit drei Jahrzehnten schon hier Sommer für Sommer das Kaschrutwesen in
unserem Hotel (Hoffmanns Hotel Falk) überwacht und auch sonst alle
religiösen Bedürfnisse der Kurgäste aufs Beste zu befriedigen weiß.
Ein etwas herrischer Mann, mit dem sich in Dingen des Kultus und Ritus
nicht spaßen lässt. In der Umsicht und Energie des Mannes liegt aber die
größte Gewähr auch für die Ängstlichsten. Er steht auf exponiertem
Posten, wie auf einem religiösen Leuchtturm im Meere, und muss auch
danach gewürdigt werden.
Im Hotel. In unserem Hotel wickelt sich ein buntes und im Ganzen
jüdisches Leben ab. Am Sabbat waren auf der rund um das schöne Haus
herum sich schlängelnden Veranda sämtliche Tische für gut zweihundert
Personen gedeckt. Freitagabend brannten Sabbatlichter fast auf jedem
Tische. Das Lied 'zur Begrüßung der Engel' umsummte manches Licht. Jeder
Tisch eine Familie für sich, ein trautes Sabbatheim mit Licht, Lied und
Liebe. Vor dem Tischgebet erhebt sich das Zionslied in drei verschiedenen
Melodien, die ineinander kreuzen, und es mutet an wie ein Kampf zwischen
Zionismus und Aguda in Tönen. Gebenscht wird aber gemeinsam... Auf den
Häuptern der Männer sitzen die Hüte darunter bei manchen
Dreiwochenbärte üppig wuchern. Es ist alles gut jüdisch.
Natürlich auch die gute Sabbatkost. Der Apparat, von geschultem Personal
bedient, funktioniert tadellos. Und der Hausherr, wie ein Kapitän auf der
Kommandobrücke, weiß mit geübtem Blicke und fester Hand das Schifflein
so sicher durch die Fluten des Hochbetriebes an allen Klippen vorbei zu
leiten, dass sich alles wie am Schnürchen abwickelt. Zur Führung eines
Hotels, und gar eines jüdischen Hotels, gehören nicht allein Wissen und
Technik, sondern auch Herz. Es ist längst ein dummes- und böswilliges -
Märchen, von der 'Unfähigkeit jüdischer Wirte und Minderwertigkeit
jüdischer Hotels' zu sprechen. Erstklassige jüdische Hotelbetriebe sieht
man heute überall in Stadt und Kurort. Auch in Norderney darf sich kein
Jude, und wäre er von Haus aus noch so verwöhnt, darauf berufen, dass er
durch Komfortmängel im jüdischen Hotel gezwungen sei, in nichtjüdischen
Häusern Logis zu nehmen.
Das Strandleben. Selbstverständlich gibt es hier außer
Synagoge, Hotels und 'Schirhamaalous' auch das, was man, die einen etwas
lästern, die anderen voll sittlicher Entrüstung, mit Strandleben
bezeichnet. Wer aber Norderney einzig von der Perspektive der Badehose
wertet, tut dem Bade Unrecht und verstößt gegen die Tatsachen.
Phantastische Gewandung sieht man hier in Fülle, viel Geschmacklosigkeit,
aber - auf der Straße wenigstens - wenig Anstößigkeit. Wenn ich morgens
nach sieben den kleinen Weg in die Synagoge mache, tauchen aus allen
Straßenecken Menschen auf, Frühaufsteher, in geblümten und gestreiften
Schlafröcken, in weißen, dunklen und buntfarbigen Pyjamas, dass man sich
mit einiger Phantasie ganz gut nach Japan versetzt fühlen könnte. Die
weißverzierten Balkone vor roten Mauern könnten Pogodas sein, der
Steinhaufen der Städte ein japanischer Götzenaltar. Eine braune Rasse,
diese Japaner, und lieben es, sich in buntes, lang und formlos
geschnittenes Zeug zu hüllen... Und die Worte, die sich Portiers, Scheuerfrauen,
'Kulis' und Rikschakutscher von Pogoda zu Pogoda in schnarrenden unverständlichen
Rachenlauten zurufen, könnte ganz gut ein japanischer Dialekt sein.
Europäer, die sich einzeln zwischendurch bewegen, stören das Bild ganz
wesentlich...
Und am Strande?
Wenn ich so gegen elfe vom Promenadenstrande aus einen Blick rechts nach
Norden werfe, dann hat sich das Bild schon gründlich geändert. Dann bin
ich wie im Fluge von Japan in ein Indianerland in einem noch unentdeckten
Teile Amerikas hingelangt! ... Dieser Haufen menschlicher Nacktheit, der
sich da auf einer verhältnismäßig kleinen Wasserfläche tummelt,
hüpft, tanzt und sich aus- und ineinander wälzt! Karl May ist zwischen
Urwald und Wasser wieder auferstanden! Siehe da, wie sie jetzt mit der Armbrust
ausholen, sich im schäumenden Wasser aufeinander stürzen, Pfeile, wohl verhaftete,
gegeneinander schleudern! Und der Mann in der knallroten Hose auf dem
Podium, der unausgesetzt tutet und eine rote Fahne schwingt, dürfte der
Häuptling sein, dem seine Mannen Beute samt Skalp zutragen. Was die heute
wohl zu Mittag essen werden, könnte man begierig sein... Alle haben sie
nämlich kannibalischen Hunger, behaupten sie, wenn sie aus dem Wasser
kommen....
Leute, die angezogen sind, schämen sich, dahin zu
gehen....
Das ist alles, was sonst noch von den "Schrecken' des Strandlebens
erzählt wird, ist Märchen, Meeresfabel. Und wer dieses Treiben nciht
mag, bleibt eben auf der Strandpromenade oder geht ins geschlossene
Herrenbad. Für eine bestimmte Kategorie gesetzter Menschen, zu der auch
Schreiber dieses gehört, wird die Nordsee sogar 'extra gewärmt' und in 'Einzelkabinen
serviert'. Mehr kann man wahrlich nicht verlangen.
Wer aber in Nachtstunden, wenn so gegen elfe die Lichter am Strande
verlöschen und die Menschenstimmen verstummen, einsam auf dem Damme sitzt
und besinnlich, mit Augen für die grandiose Unendlichkeit des Alls, in
die schwarz kochenden Fluten sieht, hellhörig für die Stimme der
Schöpfung vernimmt, wie 'Abgrund zu Abgrund ruft'; wer solchermaßen in
nächtlicher Stile dem gewaltigen Wunder Auge in Auge gegenüber steht,
dem kommt ohnehin alles menschliche Gehaben und Getue so winzig, so klein,
so komisch und so lächerlich vor, dass es auf das bisschen Narretei am
Vormittag gar nicht mehr ankommt...
'Wir bauen eine Burg'. Das Schönste an Norderney sind seine
Kinder. Norderney ist ein großes Kinderheim. Aus allen Ecken und Enden,
aus allen Gassen und Gängen, in den Gärten und Vorhöfen und
Spielplätzen, schreien, lachen, johlen, singen und jubilieren Kinder. Sie
beherrschen die Strauße, sie beherrschen den Strand, sie beherrschen mit
Fahne, Ball, Schaufel und Eimer, mit Lärm und Lachen die Insel. Wer da
klagt über Geburtenrückgang in Deutschland, der komme nach Norderney und
werde eines Besseren belehrt., Schwarzgebrannt, in Eskimogewändern, in
Turngewändern oder gar keinen Gewändern kommen sie aus den vielen
Kinderheimen und ziehen mit selbstverfertigten Fahnen, mit Sang und Klang
durch die Straßen. Viele blasse, kränkliche Gesichtchen sind schon nach
wenigen Tagen wie auf Kupfer. Auch jüdische Kinder aus dem Heime der
Zionsloge, aus Privatheimen, so unter bewährter Leitung der Frankfurter
Frau Golde, aus Schulen und Ferienkolonien sieht man frisch und froh und
frei /von einem vierten 'f', auf das die Kinder ein gewisses Ferienrecht
haben, wollen wir hier höflicherweise schweigen...) sch am Strande
tummeln, im Spiel mit Bällen und Wellen. Kinder, Kinder, überall Kinder!
...
Und zieht unsereiner einmal den Rock aus, um mit den Kleinen und Kleinsten
hinter dem Balle herzukugeln, wird es ihm doch plötzlich ganz sonderbar
frei und weit zumute. Kommt ihm doch mit dem Balle ein bald vergessenes
Stück seiner eigenen Kindheit wieder zugeflossen...
Schade nur, dass mit Ball mit der Illusion ebenso rasch wieder
fortrollt...
Halt, der Onkel hat ja gar nichts gekonnt. Er muss noch einmal
werfen!...' 'Auf, Kinder! Her mit Hacke und Schaufel, wir wollen
graben, wir wollen bauen. Wir bauen eine Burg. Haufen um Haufen. So, was
eine herrliche Burg! Jetzt noch einen Wall davor, gegen Wind und Wetter
nämlich. Und eine Grube mit einer Rinne, nein, einem Kanal bis zum Meer.
Seht wie sich die Grube durch den Kanal mit weißem Schaumwasser füllt,
weiß wie Schnee. Herrlich!'
Und nun rasch eine Fahne darauf. Meinetwegen schwarz-weiß-rot,
meinetwegen mit dem Davidsstern. Was liegt daran? Der Teufel hole die
Politik...
Wer ist Brüning? Was soll die 'Notverordnung und die neugebildete
Staatspartei? Der Reichstag auseinander? Haben die aber schlecht gebaut!
'Sammlung wozu?' hieß es mit großen Lettern in einer Überschrift der
'Frankfurter Zeitung' vom Dienstag, die wir am Freitag erst erhielten.
'Wozu?' fragen auch wir. Mehr als die Überschrift hat keiner von uns
gelesen. Tuen sich was, die Menschen da draußen. Und sind doch, so wie
hier, nur ein winzig Häuflein Nacktheit im großen, gewaltigen und
endlosen Meere...
In London haben sie einen neuen Chassidismus verkündet. Großartig!
Chassidimtanz mit Orgelbegleitung! Schinken-Schirajim... Wir bauen
weiter!...
'Vorsicht, die Flut!' 'Sie macht uns nichts, wirft unsere
Burg nicht um.'
'Hierher, Kinder. Werde euch eine schöne Geschichte erzählen. Sie steht
im Talmud und fiel mir eben gerade so ein: War da ein großer Kaiser in
Rom, der meinte, er sei auch ein Gott. Sprach zum Rabbi: 'Möchte gar zu
gerne euren Gott, den Gott Israels, kennen lernen und ihn an meiner Tafel
bewirten.' 'Gut', schlug der Rabbi ein, 'Er kommt aber nicht allein, kommt
mit großem Gefolge, wo willst du sie alle setzen?' 'Hier am weiten
Strande ist Platz für alle', bestimmte der Kaiser.
Und nun kamen die Stranddiener in den blauen Jacken und roten Hosen, und
die Kurdiener im gelben Rock, und all die Fischer und Matrosen mit den
schönen Backen- und Rundbärten und stellten Tische auf, Tische von
Nordstrand bis zum Weststrand und noch weiter hinaus bis zum Hafen. Und
durch die Sperre durfte jetzt keiner mehr, auch nicht mit Kurkarte. Und
auf die Tische kamen Speisen und Getränke vom Besten, was das Kaiserhotel
auf seiner Speisekarte hatte, frischgeräucherte Flundern und Wein und
Sprudel und Eis, ja Eis! Das alles für den Gott Israels und seine
Scharen. Und alle die badenden Menschen am Nord- und Weststrang
versteckten sich im Busch, wie einst Adam und Eva im Paradies, und
schämten sich, dieweil sie nichts an hatten, und der liebe Gott nahe
war...'
'Und???...' 'Und wie das alles fertig war, erhob sich ein Sturm,
ganz wie am letzten Dienstag morgen, als alle Strandkörbe umfielen, und
dieser fegte alle Tische mit Speis und Eis in Meer und all dieses wurde
von den Wellen fortgetragen. Ei, freuten sich die Möwen...'
'Was ist das?' erschrak der große Kaiser von Rom. 'Nichts besonderes',
sagte der fromme Rabbi. 'Es waren nur die ersten Diener unseres lieben
Gottes, die sich ihren Teil holten, die anderen kommen nach. Heißt es
doch in den Psalmen: 'Er macht zu seinem Boten die Winde, seine Diener
sind Feuerflammen...' Nun wollte der Kaiser nicht mehr mitmachen, sagte
auch nicht mehr, er sei ein Gott...
'Und weiter, weiter???' drängten die Kleinen. 'Ja, die Geschichte geht
wohl weiter, aber das versteht ihr, Kinder, noch nicht. So viele haben in
allen Zeiten gebaut und gebaut, Tische gedeckt, als gälte es für Gott
und die Ewigkeit. Und sie bauten doch in Sand und in Wasser... Das werdet
ihr alles erst später begreifen...' 'Und nun, Kinder, auf,
mit Schaufel und Spaten. Wir bauen weiter!...'
' |
Allgemeiner Bericht von 1930 Teil II
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
28. August 1930: "II. Morgengebet am Meere. Als in der letzten
Woche die Zahl der jüdischen Gäste in Norderney allmählich
zusammenschrumpfte, gab es in der kleinen Synagoge keinen
Minjangottesdienst mehr. Ich ging dann morgen an den Strand, und die
kleine, wie ein Zigeunerwagen auf vier in den Sand gesenkten Rädern
ruhende Kabine ward Gotteshaus.
Hast Du, lieber Leser, schon einmal auf oder am Meere Dein Morgengebet
gehalten, so ganz allein, nur Gott, Du und die Wellen? Am Strande weit und
breit um diese frühe Stunde keine Menschenseele. Das Meer ein Kessel voll
kochenden Bleis, versilbert am Rande. Wellen kommen von hinten
nacheinander gestürmt, wie Untiere, die einander in den Rücken fallen,
Feinde, die über die Leichen der Vordermänner ins Land eindringen und
doch am harten Damme das Genick brechen. Und darüber ein Himmel, hellgrau
mit weißem und rotem Besatze, der schon im nahen Horizonte sich wie eine
Rückwand aus blindem Glas zum Meereskessel herabneigt. Und hier, wo
Wolken, wasser und Erde sich im Ringen umschlingen, stehst du ganz allein;
eine starke Brise weht dich an, weht die Fäden, die Dich im Gebete an
Gott binden, nach allen vier Enden, und die Zeichen des Gottesbundes ruhen
Dir an Stirn und Arm. Und Du schaust in die grüngraue Unendlichkeit und
lobpreisest Ihn, der 'erschuf Himmel und Erde, das Meer und alles, was
darin ist, der hütet die Treue immerdar -'. 'Dir, Gott, die Größe, die
Macht und die Pracht und die Ewigkeit und die Schönheit, wie alles, was
im Himmel und auf Erden ist... Du schufest sie alle - - - und Du belebest
sie alle, - und des Himmels Heere bücken sich von Dir - - -' Es ist die
Zeit und der Ort, da auch der Andacht Wogen ihren Hochgang erfahren
können...
Wenn Du ein kleines Tillim (Psalmen-) oder Mischnabuch bei Dir hast, tue
es nun zur rechten Zeit heraus, der Worte manch dunkler Sinn wird Dir
jetzt klar werden.
Dann gehst Du zum Frühstück. Die Veranda des Hotels ist zu dieser Stunde
noch leer und Du wirst rasch und gut bedient. Mählich erwacht das Hotel.
Kinder lärmen die Treppe hinunter, Schlafröcke schieben sich dazwischen
wie Sandsäcke. Bademäntel und Pyjamas schillern in allen Farben. Die
Tische sind besetzt von Efendis (Herren), Mandarinen, Maharadschas
und den Frauen der Maharadschas. Jeder fragt jeden, was er vom Wetter
halte, ob er gut geschlafen habe, ob er nach Helgoland fahre. Dann ist's
Zeit, dass Du gehest, dahin, wo die Wellen rauschen und 'Abgrund zu
Abgrund' mit mehr Geräusch und dennoch diskreter spricht.
Noch ist der Strand wenig belebt. Der einäugige Diener fegt mit großem
Besen Abfälle menschlicher Kultur: Zeitungsblätter, Fähnchen, leere
Pralinenschachteln in die Fluten und gibt mit ostfriesischer Trockenheit
dem Kurgast Auskunft über das Wetter: 'Wind dreht nach Ost. Wenns heute
nicht regnet, gibt's das schönste Wetter!...' Bei der Sperre schreibt der
Portier mit Kreide an die Tafel: 'Hochflut 9.20 Uhr, Wassertemperatur 17
1/2 Grad'. Eine Schwester in weißem Häubchen, selbst noch halb ein Kind
mit großen Augen, führt eine Kolonie blasser, hohlwangiger Buben und
Mädels an den Wasserrand und heißt sie, Arm hochhalten und tief atmen.
Die Jungen öffnen den Mund und vergessen vor Staunen, ihn zu
schließen.
Vom Hafen fahren ein paar Fischerboote mit geschwellten Segeln aus. Auf
der weit in die See hinauslangenden |
Buhne
steht ein dünner Jüngling in Schülermütze und angelt. Ein Idyll, ein
Stilleben bei rauschenden Wellen.
Dann aber, so gegen elfe, rauscht eine Welle des Lebens heran, ist der
Menschenhaufen am Nordstrand beisammen, wälzt sich im Sande, tanzt mit
den Wellen; die Zigeunerlager in der Sonne vor den Wagenkabinen sind
aufgeschlagen. Indianergeheul wetteifert mit den Wogen. Bälle rollen
durch die Luft und den Sand und in die Brillengläser kurzsichtiger Zeit-
und Badegenossen. Dann ist der Zeitpunkt da, der Dich auch hier
verschwinden heißt.
Du gehst durch den Kurgarten zu deinem Warmbade oder, wenn Lust und
Notwendigkeit vorhanden, an stille Arbeit bis zur
Mittagstafel.
Am Nachmittag. Am Nachmittag holen die Menschen alles, was sie am
Vormittag an Toiletten versäumt haben, so gründlich nach, wie man am
Mittag des neunten Aw die morgens ausgelassenen Segenssprüche
nachträgt... Der Strand ist ein Korso mit großer Modeschau. Aus den
Strandcafes grölt das Saxophon und lärmt das Schlagzeug. Wilde
Jazzbandwogen und blonde Dauerwellen, und die See zieht sich, etwas
belustigt, langsam und majestätisch zurück.
Man geht dann besser in den Kurgarten, wo eine Kapelle gute Musik
macht, bequeme Klubsessel zum beschaulichen Ausruhen einladen und ein
Lesesaal mit seinem vornehmen Schweigen die von den Wogen benommenen Sinne
wie in sanften Ruhekissen einbettet.
Die Regale bieten erlesene Zeitungslektüre, es ist ein zweites Städtedenkmal
in Papier. Da liegt die 'Frankfurter' neben dem 'Lokalanzeiger', Ullstein
ruht neben Scherl und Hugenberg. 'Der Stahlhelm' und die 'C.V. Zeitung'
(Zeitung des jüdischen Central-Vereins) teilen oft das gleiche Fach.
Extreme Blätter fehlen.
Ein schöner Alleenweg, der durch die Baumlücken den Blick auf den
weißen Dünensand frei lässt, führt zur Napoleonschanze
hinunter. Woher dieser Platz seinen heroischen Namen bezieht, wann und
für wen der große Korse hier eine Schanze geschlagen hat, ist mir nicht
bekannt. Heute bewegt sich auf dem Platz ein Kleinkinderkarussell und an
einer winzigen Schaukel taumeln die Kleinen, indes die Großen auf der
Veranda ihren Kaffee schlürfen. Daneben bewegen sich aber die Flügel
einer Windmühle im Winde. Keine Windmühle etwa wie der Spindel in
Großmutters guter Stube, zu Schmuck und Zier, sondern eine richtige
Mühle, in der Roggen oder Weizen vom Winde gemahlen wird. Wenn dort auf
der See bei günstigem Winde die Segel aufgezogen werden und die
Fischerboote ausfahren, beginnt auch hier der Riesenkäfer seine Schwingen
zu bewegen. Im Rundraum drinnen sind die dickbauchigen Säcke
hochaufgestapelt und wir steigen die halsbrecherische Holztreppe hinauf,
wo der Geselle mit Bolzen und Schrauben diesen primitivsten Apparat zur
Gewinnung von Brotmehl bedient . Und draußen wartet Müllers Esel;
beladen mit Sack und Pack, ganz wie es im Märchenbuche geschrieben steht.
Ich habe Kinder gesehen, auf die dieses lebende Windmühlenbild mehr
Eindruck machte, als die Nordsee mit dem wilden Spiele ihrer Wellen.
Im Busche davor hatte ich oft Gelegenheit, Kinder beim Spiele zu
belauschen, Kinder der Heime und des Golde-Kreises (sc. privates
jüdisches Kinderheim von Rosa Golde). Wie hier Kinder verschiedenen
Alters und aus verschiedenem Milieu mit fester Hand geleitet und
behütet werden, ohne dass sie den Zwang einer in offiziellen Heimen
unvermeidlichen Hausordnung zu spüren bekommen, musste ich immer
bewundern. Luft, Licht, Lied und Liebe schaffen den Kleinen eine
Zauberwelt, in der es keinen Raum für Heimweg oder derartiges
gibt... |
Nacht.
Abends sind die Stimmen der Menschen am Strande gedämpft. Das dunkle
wilde Element ist allüberwältigend. Zu Paaren und in Scharen wandeln die
Menschen auf dem Steinparkett, angeregt, gut aufgelegt, vom Winde
angeweht, gehemmt oder angetrieben, mit fliegenden Gewändern und fest
sitzenden Mützen, hinauf und hinunter. Von der Landseite her schimmert
der bunte Flitter der, wie es scheint, noch leeren Cafes und Tanzdielen
auf den kleinen Anhöhen. In der nach dem Meere geöffneten Halle singt
ein fahrendes Bajazzopaar bei Laute und Zupfgeige und vorgehaltenem
Sammelteller Romanzen (oder ist es ostfriesisches Platt? Man versteht die
Worte nicht.). Alles Singen und Klingen, Rauschen und Reden wird von dem
gewaltig monotonen Sange der hochgehenden Wellen restlos verschlungen. Am
westlichen Himmel hängt ein voller, runder, blanker Mond und spiegelt
sich in gleicher Größe und Helligkeit unten im kristallblauen Wasser.
Weit im Horizonte, wo es nach England gehen soll, schwimmen über dem
großen Wasser große und kleine pechschwarze Wolkenrisse, die sich suchen
und finden und dann von roten Streifen umwandet sind. Blitze leuchten
plötzlich in geringer Höhe über dem Meere auf, als wollten sie den
Himmel spalten. Weit in Meeresferne blinken verlorene Lichter, leuchten
auf, verlöschen, bewegen sich, winken und blinken. Sind es Schiffe,
Leuchttürme, die diesen den Weg zeigen oder kleine Inseln? Vielleicht
auch Irrlichter, die Menschen samt Schiffen ins Verderben locken?
Menschen von schwacher Nervenkraft sollen abends dem Strande fern bleiben,
sagt man. ich fand etwas ungemein Beruhigendes in der gigantischen Symphonie
der nächtlichen Flut. Menschliche Kleinheit verliert ihre
Bedeutungslosigkeit, wenn sie angesichts des Gewaltigen als solche erkannt
wird und sich dann willig als winziges Glied in das treibende Rad des Alls
einreiht. Ich pflegte nach solchen abendlichen Spaziergängen ein
Psalmwort in mein Nachtgebet einzuflechten: 'Ich sehe Deine Himmel, Deiner
Finger Werk, Mond und Sterne, die Du errichtet und frage: Was ist der
Mensch... Allein, Du hast ihn um ein Weniges nur hinter Gott gestellt und
mit Ehre und Pracht hast Du ihn bekrönt...'. tz." |
Norderney möchte "judenfrei" sein
(1933)
Artikel
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 14. Dezember 1933: "Norderney
will 'judenfrei' sein.
Die Badeverwaltung von Norderney hat der Schriftleitung der 'CV-Zeitung'
nachstehendes Schreiben zugesandt:
'Die Badeverwaltung Norderney hat die am Kopf dieses Schreibens
aufgeklebte Briefverschlussmarke anfertigen lassen und sie der
Einwohnerschaft Norderney's für den Briefverkehr zur Verfügung gestellt.
Durch den Text der Verschlussmarke wird einwandfrei ausgedrückt, dass
jüdische Kurgäste auf Norderney nicht erwünscht sind. Sollten Juden
trotzdem versuchen, im kommenden Sommer in Norderney unterzukommen, so
haben sie selbst die Verantwortung dafür zu tragen. Bei vorkommenden
Reibereien müsste die Badeverwaltung im Interesse des Bades und der
anwesenden deutschen Kurgäste die anwesenden Juden sofort von der Insel
verweisen.
Wir bitten Sie, in ihrem Leserkreise durch entsprechende Hinweise in Ihrer
Zeitung aufklärend zu wirken." |
|
Links: Ein Original der Briefverschlussmarke findet sich noch in der
ständigen Ausstellung im Bademuseum Norderney.
http://www.museum-norderney.de/ |
Jüdische
Personen sind im staatlichen Nordseebad unerwünscht (1934)
Artikel
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins"
vom 5. April 1934: "Ostfriesische Bäder gegen jüdische Badegäste.
Der 'Ostfriesische Kurier, Norden' vom 8. März 1934 berichtet in einer
Notiz 'Die Ostfriesischen Inseln und die Judenfrage' über eine Sitzung
des Werbeausschusses des Verkehrsverbandes Ostfriesland, in dem u.a. die
Judenfrage für die Inseln besprochen worden ist. 'Es ergab sich dabei',
so schreibt der Ostfriesische Kurier', 'dass Borkum an seiner
traditionellen Einstellung selbstverständlich festhält. Juist,
Langeoog und Spiekeroog haben auch früher nie Juden als
Kurgäste bei sich beherbergt. Norderney legt großen Wert darauf,
durchaus judenfrei zu bleiben. Der Ruf der Insel soll nciht mehr
gefährdet werden. Es wird deshalb auch der Besuch einzelner Juden nicht
mehr geduldet werden.'" |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Juni 1934:
"Norderney, 12. Juni (1934). Vom Staatlichen Nordseebad
Norderney Betriebsgesellschaft m.b.H. wird uns geschrieben:
'Obwohl wir bereits seit langer Zeit stets darauf hingewiesen haben, dass
der Besuch nichtarischer Gäste im staatliche Nordseebad Norderney nicht
erwünscht ist, werden aus diesen Kreisen in letzter Zeit wiederholt
Versuche unternommen, die Genehmigung für einen Kuraufenthalt auf
Norderney zu bekommen.
Im Interesse aller Nichtarier bitten wir Sie, in Ihrer Presse darauf
hinzuweisen, dass es zwecklos ist und nur unnötige Kosten verursacht,
wenn von diesen Personen eine Reise nach Norderney unternommen wird.' (Es
ist geradezu unbegreiflich, dass es immer noch aller Selbstachtung bare
Juden geben soll, die um solche Ausnahmen nachsuchen, statt von ihnen,
würden sie gewährt werden, keinen Gebrauch zu machen. Redaktion des
'Israelit'.)" |
|
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Juli 1934:
Mitteilung wie in der Zeitschrift "Der Israelit" siehe
oben. |
Anzeigen und
Berichte zu jüdischen Kureinrichtungen
Anzeige von Konditor David Goldstein (Norden, 1845)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 30. Juni 1845: "Diejenigen Israeliten, welche während der
Badesaison, auf der Insel Norderney da zu speisen wünschen, wollen sich
dieserhalb gefälligst frühzeitig in frankierten Briefen an mich wenden.
D. Goldstein, Konditor. Norden in Ostfriesland im Juni
1845." |
Anzeigen der Restauration von Abraham van der Wall
(1859 - 1869)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 6. Juni 1859: "Seebad Norderney.
Meine auf Norderney ganz neu erbaute Restauration empfehle ich hiermit den
geehrten jüdischen Badegästen mit der Bitte um recht zahlreichen
Zuspruch.
Für gute Speisen ist durch perfekte Köchinnen bestens gesorgt, ebenso
für die Verabreichung von Getränken durch einen gewandten Kellner.
Auch ist ein passendes Betlokal, versehen mit einer Tora,
hergerichtet. Abraham van der Wall." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
12. Juni 1861: "Nordseebad Norderney.
Den geehrten, die Seebäder besuchenden israelitischen Familien erlaube
ich mir hierdurch meine durch Neubau verbesserte, nach rituellen
Vorschriften streng gehandhabte und den höchsten Ansprüchen sicher
genügende Restauration und Table d'hôte bestens empfohlen zu halten. Abraham
van der Wall." |
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Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 16. Juni 1863: "Nordseebad Norderney.
Den geehrten israelitischen Badegästen empfehle ich meiner
Koscher-Restauration und table d'hôte. - In meiner Behausung befindet
sich auch ein zum Gottesdienst eingerichtetes Lokal. - Abraham van der
Wall." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
7. Juni 1865: "Nordseebad Norderney.
Den geehrten israelitischen Badegästen empfehle ich meiner
Koscher-Restauration und table d'hôte. - In meiner Behausung befindet
sich auch ein zum Gottesdienst eingerichtetes Lokal. - Abraham van der
Wall." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Juni 1865:
"Nordseebad Norderney.
Den geehrten israelitischen Badegästen empfehle ich meiner
Koscher-Restauration und table d'hôte. - In meiner Behausung befindet
sich auch ein zum Gottesdienst eingerichtetes Lokal. - Abraham van der
Wall." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Mai 1869:
"Nordseebad Norderney.
Den geehrten, die Seebäder besuchenden israelitischen Familien erlaube
ich mir meine durch Neubau verbesserte, nach rituellen Vorschriften streng
gehandhabte und den höchsten Ansprüchen sicher genügende Restauration
und Table d'hôte bestens empfohlen zu halten. In meiner Behausung
befindet sich auch ein zum Gottesdienst eingerichtetes Lokal. - Abraham
van der Wall." |
Das Hotel "van der Wall" wird von Herrn Hoffmann
übernommen (1892)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
31. März 1892: "Norderney. Wie uns von befreundeter Seite
mitgeteilt wird, ist das weit über die Grenzen Deutschlands hinaus
bekannte Hotel van der Wall, welches viele Jahre von dem verstorbenen
Herrn Abraham van der Wall und später von seinem Sohne Moses
van der Wall geführt worden ist, durch Kauf in den Besitz des Herrn
Hoffmann, welcher zugleich Inhaber vom Hotel Falk in Elberfeld ist,
übergegangen. Das Hotel und Restaurant wird nach streng orthodoxer Weise
weitergeführt und hat Herr Hoffmann, was viele das hiesige Seebad
besuchende Kurgäste mit Freuden begrüßen werden - einen von streng
orthodoxen Rabbinen approbierten Schächter engagiert, welcher außer der
Schechita, die Aufsicht über die Küche zu führen hat. - Bedeutend
vergrößert wird das Hotel durch Herstellung einer eisernen, mit Glas
verdeckten Veranda." |
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Die 1899 erschienene Anzeige wirbt für
das Hotel noch unter dem Namen von "M. (Moses) van der
Wall" |
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 12. Juni 1899:
"Nordseebad Norderney.
Hôtel M. van der Wall.
Haus I. Ranges. Restaurant." |
Anzeige von J. van der Wall (1912)
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 2.
August 1912: "Zur Führung meines kleinen, gutbürgerlichen,
frauenlosen Haushaltes suche mit Antritt zum 15. August eventuell
früher oder später
einfaches, tüchtiges Fräulein
von 25-30 Jahren, welches ähnliche Stelle bekleidete. Dienstmädchen
vorhanden. Gehalt monatlich 30 Mark. Offerten nebst Zeugnisse und Bild
erbeten. Nordseebad Norderney, J. v. d. Wall." |
Anzeigen des Hotels Falk (1892 / 1897 / 1903 / 1912)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
23. Juni 1892: "Nordseebad Norderney.
Streng Koscher. Hôtel Falk. Streng Koscher.
Unmittelbar am Strande - Elegante Zimmer. Neue große Veranda.
Table d'hote = Restaurant à la carte
empfiehlt ergebenst H. Hoffmann zugleich Besitzer vom 'Hotel Falk',
Elberfeld.
Für die Schechita und zur Beaufsichtigung der Küche ist ein eigener,
streng orthodoxer, von den Ehrwürdigen Herren Rabbiner Dr. Horowitz,
Frankfurt am Main, Dr. Buchholz, Emden, Dr. Koref, Hanau, Dr. Kottek,
Homburg v.d.H. und Dr. Mannheimer, Oldenburg empfohlener Schochet.
angestellt." |
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Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 16. Juni 1897:
Koscher Nordseebad Norderney, Hotel Falk Koscher.
Saison vom 1. Juni - 10. Oktober. Mäßige Pensionspreise.
Referenz Seiner Ehrwürden Herr Landesrabbiner Dr. Löb,
Emden." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 28. Mai 1903:
"Norderney. Koscher Hôtel Falk Koscher.
Eröffnung 25. Mai. Illustrierte Prospekte gratis und franco." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 10. August 1903:
"Norderney. Koscher Hôtel Falk. Koscher.
Aufsichtsperson und Schochet von Seiner Ehrwürden Herrn
Landrabbiner Dr. Löb in Emden angestellt. Illustrierter Prospekt gratis.
Einziges, rituelles Hôtel am Platze."
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Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 2.
August 1912:
"Norderney. Hofmanns Hotel Falk. Haus I. Ranges, 80
Zimmer.
Einziges rituelles Hotel auf den Nordseeinseln. Mäßige
Pensionspreise." |
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Anzeige von
Hoffmann's Hotel Falk (1929)
(übernommen aus Tielke s. Lit. S. 207) |
Anzeige
im Norderneyer Jahrbuch 1929 S. 57: "Hoffmann's Hotel Falk.
Altrenommiertes Haus, Stammhaus gegründet 1844.
Koscher - streng rituell - Koscher.
Einziges Hotel auf den Nordsee-Inseln unter Aufsicht des Hamburger
Vereins. Fernruf 248 und 159. Telegramm-Adresse: Falk-Norderney.
Besonders bekannt durch die vorzügliche Verpflegung.
Hotel /Restaurant / Pension. Große und kleine Diners in verschiedenen
Preislagen. Speisen nach der Karte zu jeder Tageszeit. eigene Wurstlerei,
Räucherei und Konditorei. Verkauf von Aufschnitt, kalten Platten,
Konditoreiwaren usw. außer dem Hause. Vollpension. Reichhaltige
Abendkarte. Mäßige Preise. Jeden Freitag abend: Fischessen.
In der Vor- und Nachsaison bedeutend ermäßigte Preise. Jede Auskunft
bereitwilligst." |
Hinweis: das Hotel Falk befand sich in
der Bismarckstraße 4. |
Das Hotel Falk wurde bereits 1933
"arisiert". Julius Hoffmann musste die Insel verlassen und
verzog nach Leipzig, von wo er 1938 nach Palästina emigrieren konnte.
Vergeblich hatte er von Leipzig aus versucht, sein Hotel
wiederzubekommen. |
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Foto des Hotels /
Restaurant / Pension H. Hoffmann / Hotel Falk
auf einer historischen
Ansicht um 1900 ("Historisches Schaufenster"
Nr. 13 am Eingang
in die Bismarckstraße; rechts Blick in die
Bismarckstraße im August 2010
(Fotos: Hahn, 9.8.2010) |
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Werbung für Norderney und das Hotel Falk
(1898)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
28. Juli 1898: "Norderney. Schön ist es hier am Strande,
selbst wenn das Wetter besser sein dürfte: das Meer ist ewig reizend und
hier verjüngt und erfrischt man sich in der Salzflut, die umso kräftiger
und gewaltiger wird, je mehr der Himmel sich trübt. Für den religiösen
Juden wird der Aufenthalt doppelt angenehm, als hier Gelegenheit geboten,
im vollen Umfand seinen religiösen Pflichten leben zu können. Morgens
und nachmittags sammeln sich regelmä0ig die Andächtigen zum Gottesdienst
in der kleinen freundlichen Synagoge und noch nie hat es am Minjan
gefehlt. Die Verpflegung in den jüdischen Restaurants ist eine
musterhafte. Es gibt deren zwei hier, von denen ich das eine nur von
Hörensagen kenne. Das andere, das ich aus eigener Anschauung kenne, und
das sich mit den ersten Restaurants an Güte und vornehmer Einrichtung
messen kann, steht an Kaschrut den besten in Deutschland gleich.
Die strenge Aufsicht, die hier geübt wird, die vortreffliche Einrichtung
in der Küche selbst, geben reichliche Gewähr jüdischer
Gewissenhaftigkeit. Hier trifft man mit Gästen zusammen, deren
religiöser Ernst anerkannt ist, man brauchte nur Namen zu nennen, um
überzeugt zu sein, dass man den Kaschrut-Verhältnissen dieses
Restaurants, des Hotel Falk, unbedingt vertrauen darf." |
Anzeige zum Verkauf des Restaurants Cohn
(1898)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
28. Juli 1898: "Verkauf!
Das sich im flotten Betriebe befindliche
Restaurant Cohn
auf Norderney
ist wegen vorgerückten Alters der Besitzerin unter sehr günstigen
Bedingungen sofort zu verkaufen.
Nähere Auskunft erteilt.
Frau G. Cohn, Norderney." |
Anmerkung: im allgemeinen Bericht von
1904 (oben) ist von "Hirschs Hotel Cohn" die Rede; vermutlich
wurde es von einem Herrn Hirsch übernommen, bis es 1912 weiterverkauft
wurde: |
Das Restaurant Cohn geht in den Besitz von Herrn
Noë Berlin in
Köln über (1912)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 14. Juni 1912: "Das altbekannte Restaurant Cohn in Norderney
ist mit Beginn dieser Saison in den Besitz des Herrn Noë Berlin aus Köln
übergegangen. Als es im Jahre 1871 gegründet wurde, betrug die Zahl der
Besucher von Norderney etwa 8.000 Personen jährlich. In den letzten
Jahren hat die Besucherzahl die gewaltige Höhe von etwa 46.000 Personen
im Jahr erreicht. Dass unter diesen ein ganz erheblicher Teil unserer
Glaubensgenossen sich befindet, den man mit etwa ein Drittel der
Gesamtbesucherzahl sicherlich nicht zu hoch veranschlagt, und dass weiter
unter diesen Glaubensgenossen ein sehr großer Prozentsatz rituell lebt,
braucht kaum besonders hervorgehoben zu werden.
Diesem gewaltigen Anschwellen des Verkehrs und den gesteigerten
Ansprüchen des modernen Reisepublikums vermochte das alte Restaurant Cohn
vielleicht nicht mehr vollauf zu genügen. Es war daher ein glücklicher
Gedanke, dass der neue Besitzer das Haus in moderner, geschmackvoller
Weise hat umbauen und neu einrichten lassen, und dass er auch für eine
vollständige Erneuerung des Inventars Sorge getragen hat. Und dass der
neue Besitzer alle Ansprüche seiner Gäste befriedigen wird, dass er
ihnen den Aufenthalt in seinem Lokal gemütlich zu machen, verstehen wird,
dass Küche und Keller ihnen das Beste bieten werden, dafür bürgt der
Ruf, der Herrn Berlin von seiner langjährigen Tätigkeit als Ökonom der
Rheinland-Loge in Köln vorangeht. Diejenigen unserer Leser, die sich
durch einen eigenen Versuch überzeugen werden, werden uns Recht geben,
dass wir dem neuen Unternehmen ein so günstiges Prognostikon gestellt
haben, sie werden ihm mit uns reichen Erfolg
wünschen." |
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Anzeige des Restaurants
Berlin (1929)
(übernommen aus Tielke s.Lit. S.
207) |
Anzeige
der "Norderneyer Badezeitung" vom 6. Juni 1914:
"Restaurant Berlin - Koscher.
Friedrichstrasse 37.
Unter Aufsicht des Hamburger Vereins und des Rabbinats. Pension mit und
ohne Zimmer. Diner, Souper, Speisen nach der Karte. Gleiches Geschäft in
Köln, Albertusstraße 37, an der Breitestraße.
Fernsprecher 423." |
Anzeige von H. Weinberg (Frankfurt) für seine
Logierhäuser auf Norderney (1919)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 14. März
1919: "Zukunftsreiches Pensionat im Nordseebad Norderney!
Meine in Norderney gelegenen Logierhäuser und zwar:
I. Ein neuerbautes Logierhaus (Pensionat) mit vollständigem Inventar (50
Betten) als einziges streng rituelles Pensionat am Platze mit bestem
Erfolg geführt.
II. Ein neuerbautes Logierhaus (Pensionat) mit vollständigem Inventar (30
Betten)
habe ich unter äußerst günstigen Bedingungen zu verkaufen.
Kriegsanleihe und gute Papiere nehme in Zahlung.
Der Eigentümer: H. Weinberg, Frankfurt am Main, Melemstraße 22.
Tel. Hansa 8599." |
Weitere Anzeigen
(übernommen aus Tielke s.Lit. S. 207)
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Anzeige in der Norderneyer
Badezeitung
vom 27.6.1929: "Koscher Wurst und
Fleischwaren empfiehlt M. Lemmersmann,
Schlachtermeister, Karlstraße
6" |
Anzeige im Norderneyer
Jahrbuch
1929 S. 52: "Koscher. Der rituelle
Mittags- und
Abend-Tisch befindet
sich Herrenpfad 2". |
Anzeige in der Norderneyer
Badezeitung vom 2.7.1914:
"Abt's Koscher Speisehaus - vorzüglicher
Mittagstisch in
bekannter Gte. Gute und reichhaltige Abendrestauration...
Louis Abt, Friedrichstr. 9 vis à vis Hotel Phönix" |
Über das jüdische
Kindererholungsheim der Zions-Loge U.O.B.B. Hannover und private Kinderheime
Einweihung des Kindererholungsheimes (1911)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. Juli
1911: "Norderney. Das von der 'Zion-Loge' - Hannover
hier ins Leben gerufene Kindererholungsheim wurde am 9. Juli (1911)
eingeweiht.
Viele Brüder der Zion-Loge unter Führung ihres Präsidenten, ebenso
viele Mitglieder anderer Logen waren erschienen. Die Großloge des U.O.B.B.
hatte einen Vertreter in der Person des Landtagsabgeordneten Dr. Cohn -
Dessau entstandt. In dem Speisesaale der Anstalt, welcher für diesen
Zweck besonders geschmückt war, hatten sich ca. 200 Personen eingefunden, um an der Feier teilzunehmen.
Nach der Übergaberede des bauleitenden Architekten, Baurat Mackensen -
Hannover, begrüßt der Präsident, Dr. Heinrich Strauß -
Hannover, die Anwesenden und dankte zunächst Herr Mackensen für die
großen Dienste, die er der Loge bei Ausführung des Baues in selbstloser
Weise unter Verzicht auf jede materielle Vergütung geleistet hatte. Ein
besonders herzlicher Dank wurde den Brüdern des Komitees für kur- und
pflegebedürftige Kinder zuteil, die in elfjähriger rastloser Tätigkeit
das Werk zu dieser Vollendung geführt haben. Neben der jährlich nach
Salzhemmendorf zu entsendenden Ferienkolonie von 80 Kindern hat das
Komitee es verstanden, nur aus den Kreisen der Loge die großen Mittel,
welche zur Errichtung des Kindererholungsheims auf Norderney erforderlich
waren, zu beschaffen; aber, so führte der Präsident aus, der
Grundgedanke, den jüdischen Kindern, die zum Teil unter ungünstigen
Verhältnissen in der Grpßstadt aufwachsen, eine Erholungsstätte zu
schaffen, sei doch aus der großen Ordensidee heraus geboren. Mit dem
Wunsche, dass das Heim seinen Insassen, der Zion-Loge und dem ganzen Orden
zum Segen gereichen möge, schloss der Redner, welchem Rabbiner Dr.
Freund, da Landrabbiner Dr. Gronemann wegen dienstlicher Geschäfte
verhindert war, mit einer tief empfundenen religiösen Weiherede
folgte.
Als erster der Gratulanten sprach namens der Regierung der Königliche Badekommissar
Graf von Oeynhausen. Für die Gemeinde Norderney gratulierte Bürgermeister
Dr. Uhde. Sodann kam der Vertreter der hochwürdigen Großloge zu
Worte, dem sich noch fünf Redner anderer Logen und Logenverbände
anschlossen. Nach einem Schlussworte des Herrn Dr. Katzenstein -
Hannover schloss die Feier mit dem von einem Teile der Kinder
vorgetragenen Choral 'Lobe den Herren', um 1 1/4 Uhr.
Ein Teil der Gäste unterzog nunmehr das Heim einer eingehenden Besichtigung.
Die geräumigen Schlafsäle, in welchen für jeden Insassen in die Wand
ein Schrank eingelassen ist, die außerordentlich praktischen
Waschvorrichtungen, der große Spielplatz mit den Liegestühlen, sowie die
vorzüglich angelegten Küchenräume zeigten den Besuchern, dass für die
Kinder in jeder Beziehung bestens gesorgt ist. Die Leitung des Hauses
liegt in den Händen |
mehrerer
junger Damen, die Töchter beziehungsweise Angehörige von Mitgliedern der
Zion-Loge sind. Die Damen haben sich zu ihrer schweren Aufgabe durch einen
Kursus im Fröbel-Pestalozzi-Hause in Berlin vorbereitet. Das Haus bietet
Platz für die gleichzeitige Aufnahme von 86 Kindern. Der Betrieb ist
zunächst für die 4 Monate vom Mai bis September vorgesehen. Sollten
genügend Anmeldungen für eine Winterkur vorliegen, so könnte auch diese
eingerichtet werden; die nötigen Heizungsanlagen sind vorhanden.
Allen Eltern, denen es die Zeit nicht erlaubt, mit ihren Kindern
gleichzeitig an der See sein zu dürfen, kann das Heim nur
angelegentlichst empfohlen werden. Sie können ihm ihre Lieblinge in dem
Bewusststein anvertrauen, dass für dieselben mit größter Sorgfalt
gesorgt wird, und haben außerdem die Gewissheit, ihre Kinder in einem
streng rituell geleiteten Hause untergebracht zu wissen. Wie uns die Loge
mitteilt, ist es nach den Erfahrungen dieser Saison dringend erforderlich,
die Anmeldungen schon in den Frühjahrs-Monaten vorzunehmen. Alle Zuschriften
sind bis auf weiteres an die Adresse des vorgenannten Präsidenten der
Loge, Dr. med. Heinrich Strauß, Hannover, Alte Celler Heerstraße 42, zu
richten.
Eines besonderen Hinweises bedarf der Vorzug, den dieses Heim dadurch hat,
dass es auf einer Insel gelegen ist. Nach Ansicht der führenden
Persönlichkeiten auf dem Gebiete der Kinderpflege ist das ein
wesentlicher Vorteil gegenüber denjenigen Anstalten, welche sind an den
Küsten befinden." |
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An der Stelle des
Kindererholungsheimes
heute: Das "Haus Thomas Morus", Benekestraße 44
(Fotos: Hahn, 9.8.2010) |
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Artikel in der "Allgemeinen
Zeitung
des Judentums" vom 4. August 1911 |
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Über das Erholungsheim der Zionsloge Hannover (1912)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 23. August
1912: "Bremen. Gelegentlich meines diesjährigen Aufenthaltes
auf Norderney habe ich mich zu wiederholten Malen von der
vorzüglichen Einrichtung des Erholungsheims der Zionsloge Hannover überzeugen
können.
Wohl jeder Kurgast kennt den großen, herrlichen Neubau in der besten Lage
des Ortes. Seine innere Einrichtung entspricht dem äußeren Anblick.
Prachtvolle, lichte Schlafräume bieten den vom Spielen und Tollen
ermüdeten Kindern willkommene Ruhestätten. In einem großen, schönen
Speisesaal stärken sie sich, und ein großer Spielplatz und weite, offene
Liegehallen tragen dem Charakter des Hauses als Erholungsheim und Kurhaus
Rechnung. Man sieht den Kindern, Knaben und Mädchen, die aus allen Teilen
Deutschlands hier zusammenkommen, an, dass nichts unterlassen wurde, ihnen
den Aufenthalt angenehm und nutzbringend zu gestalten.
Besondere Erwähnung verdient die umsichtige und gewissenhafte Leitung der
beiden hannoverschen Damen, Frl. Frankenberg und Frl. Frensdorf,
die es mit bewunderungswürdigem Talent verstehen, ganz allein eine so
große Menge der verschiedensten Temperamente im Zaum zu halten und sich
doch die Zuneigung und Liebe all der ungleich gearteten Kinder zu erwerben
und zu erhalten. Als deus ex machina aber muss hier auch Herr Rudolf
Herzberg - Hannover genannt werden, der in selbstloser,
uneigennütziger Weise als Vorstand des Komitees der Loge seine Kräfte
und seine Zeit zur Verfügung stellt, Ist er auch nicht selbst auf
Norderney anwesend, so lebt doch sein Name in der Dankbarkeit der vielen
Kinder, die in ihm denjenigen erblicken, der ihnen die Pforten dieses
Paradieses erschlossen, da alle Aufnahmeanträge durch seine Hände
gehen.
Aber wie es nun einmal kein Ding in der Welt gibt, das ganz vollkommen
wäre, ein Mangel haftet auch dem Erholungsheim an. Es fehlt ein
Gegenstand, der speziell für Kinder nicht leicht entbehrlich und der
geeignet ist, einmal über die Leere verregneter Ferientage
hinwegzuhelfen. Ich meine ein Klavier. Vielleicht findet sich bis zur
nächsten Kursaison ein Menschenfreund, der dem Hause ein solches
Instrument zum Geschenk macht. Der größten Dankbarkeit der Kinder
dürfte er gewiss sein. Lehrer Adolf
Rothschild." |
Besuch des Königlichen Regierungspräsidenten im
Kindererholungsheim (1911)
Hinweis: von 1910 bis 1917 war Dr. Karl Mauve Regierungspräsident von
Aurich
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
14. September 1911: "Norderney, 27. August (1911). Am Sonntag,
den 20. August, stattete der Königliche Regierungspräsident von
Aurich Herr von Mauwe mit seiner Gemahlin dem von der Zionloge U.O.B.B.
in Hannover jüngst hier erbauten Kindererholungsheim einen Besuch
ab.
Der gerade zur Erholung auf der Insel weilende Jacob Berliner aus
Hannover begrüßte namens der Loge den Vertreter der Königlichen
Regierung und dankte dem Präsidenten für die Ehre, welche dem jungen
Unternehmen schon nach kurzem Bestehen zuteil wurde. Die beiden
Leiterinnen des Hauses, zwei junge aus den besten jüdischen Häusern Hannovers stammende Damen übernehmen nunmehr die Führung durch das seit
dem 15. Mai mit fast regelmäßig 80-90 Kindern bevölkerte Haus und
bekundeten sowohl der Regierungspräsident als dessen Gemahlin eine bis
ins Kleinste gehende Sachkenntnis sowie großes Interesse für den Bau wie
für die inneren Einrichtungen." |
Über das Kindererholungsheim der Zionsloge Hannover (1913)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 19. September 1913: "Erholungsheim der Zionsloge von
Hannover auf Norderney. Von Lehrer Adolf Rothschild - Achim -
Bremen.
In unseren Blättern findet man jetzt häufig den so sehr beliebten
Badebrief. Dort wird uns erzählt, wie die Juden aus allen Gegenden der
Welt mit den mannigfaltigsten Zwecken und Zielen zusammenkommen, ihre
Erfahrungen austauschen, über Welt- und Religionsanschauung plaudern, wie
man ihre Fehler bekrittelt und auch ihre Vorzüge preist. Soviel Menschen
soviel Meinungen: darum zählen oft hitzige Wortgefechte nicht zu den Seltenheiten.
Nur von Norderney wagt niemand etwas zu berichten, und von dort, wo
sozusagen der größte Teil der Kurgäste Juden sind, währe doch so viel
zu erzählen. Da sieht und hört man so manches - Erfreuliches und auch
Betrübendes; doch ich will der Briefschreiber nicht sein, nur eins
möchte ich feststellen: vielen Juden, die gerne nach Norderney ging,
wählen einen anderen Badeort. Nach der Ursache befragt, antworten sie: Es
sind uns zu viel Juden dort. Diesen Grund geben auch die Antisemiten für
ihr Fernbleiben an. Wohin soll das führen? Noch eine Reminiszenz darf ich
hier wohl kurz anführen. Ein preußischer Offizier fand eines Tages in
seiner Burg am Strand einen Schüler, der in seiner Lektüre vertieft war.
Der Junge entschuldigte sich sofort in recht höflicher Weise; der Offizier
verwies ihn in ziemlich barscher Art aus seiner Burg und schimpfte
fortwährend von jüdischer Zugdringlichkeit, bis ich schließlich den
Herrn bat, sich endlich zu beruhigen. Man sollte doch annehmen, dass die
Sache erledigt sei, nachdem der Junge in solch höflicher Weise um
Entschuldigung gebeten hat. Unterstützt noch durch einen hinzukommenden
Bekannten, brummte er immerzu: jüdische Zudringlichkeit ... Nein, Herr Leutnant,
sagte ich schließlich, das ist christliche Nächstenliebe ... Und kein
Wort hörten wir jemals wieder von ihm...
Und nun zum eigentlichen Zweck meines Berichtes: Ich möchte nämlich die
Aufmerksamkeit der geschätzten Leser auf eine schon in weiten Kreisen
bekannte, seit 3 Jahren auf Norderney bestehende Institutionen hinlenken,
deren weittragende Bedeutung auch in diesem Jahre besondere Würdigung
verdient. Es ist dieses das am Nordstrande gelegene Kindererholungsheim
der Zionsloge von Hannover.
Nur wer den herrlichen Bau mit seinen komfortablen Einrichtungen: die
großen luftigen Schlafräume, den freundlichen Speisesaal, den
geräumigen, mit den erforderlichen Turngeräten ausgestatteten Spielhof,
die Liegehallen usw. mit eigenen Augen gesehen hat, weiß zu ermessen,
welch eminent großes Werk die Loge hier geschaffen hat.
Es ist eine Freude zu sehen, wie heimisch sich die Kinder in dem Heime
fühlen, mit welcher Verehrung und Dankbarkeit sie ihren Leiterinnen
begegnen, wie sie des Morgens in den nervenstärkenden blaugrünen Fluten
des Meeres herumplätschern und des Nachmittags geschäftig an ihren
Burgen bauen oder bei fröhlichen Kriegsspiel die Dünen durchwandern,
oder auch bei regnerisch kaltem Wetter durch ernste und heitere Spiele mit
kindlichem Frohsinn ihre Zeit angenehm zu verbringen wissen.
Nicht nur für Speise und Trank, für Spiel und sonstigen Zeitvertreib
wird Sorge getragen, sondern auch unsere religiösen Gebräuche finden
gebührende Berücksichtigung. In Ermangelung eines Kantors hat ein Junge
mit prachtvoller Stimme recht verständnisvoll vorgebetet, und das
herrliche L'cho daudi hat in allen Kindern und Zuhörern wahre
Sabbatstimmung hervorgerufen. Ein etwas größerer Junge machte in recht
würdiger Weise den Kiddusch und fühlte sich sehr geehrt in seiner Rolle
als stellvertretender Hausherr, und seine große Kinderschar machte ihn
durchaus nicht wirr.
Den Morgengottesdienst am Sabbat leiteten abwechselnd die gerade auf
Norderney anwesenden Rabbiner und Lehrer.
Besondere Erwähnung verdient noch das von der derzeitigen Leiterin, Frl.
Meyer, in recht sinniger Weise inszenierte Kinderfest. Es verdient diese
Veranstaltung umso mehr ganz besonders hervorgehoben zu werden, als es
wirklich ein Fest für die Kinder war. Die sonst abgehaltenen Kinderfeste
sind doch - genau besehen - eigentlich Feste für die Erwachsenen. Die
armen Kleinen verbringen zitternd und zagend den für sie bestimmten Tag
(und nicht minder die vorhergehende Vorbereitungszeit); ihr zartes
Herzchen ist mit Furcht und Schrecken erfüllt. Sie leben immer in der
Befürchtung, in ihren Darbietungen stecken zu bleiben, von anderen
übertroffen zu werden, kurz sich zu blamieren. Ein solches Fest stellt
wahrlich große Anforderungen an die Nerven unserer Kinder und ist darum
von rein menschlichem und ganz besonders vom pädagogischen Standpunkt aus
für alle Zeiten, ganz besonders aber für die Erholungszeit, zu
verwerfen. Aus diesen Erwägungen heraus hat man deshalb in diesem Jahre
von der Einladung Erwachsener abgesehen, um das Fest, wie schon gesagt, zu
einem Kinderfest im engsten Sinne des Wortes zu gestalten. Und das war es
auch. Da gab es kein Hangen und kein Bangen, kein Zittern und kein Zagen,
sondern nur Jubel ohne Maßen. Die Kinder, auch diejenigen ohne besondere
Stimmmittel, sangen ungeniert, deklamierten, tanzten und spielten nach
Herzenslust und zollten sich gegenseitig für die gelungenen Darbietungen
die höchste Anerkennung. Da gab es keine Bevorzugung und keine
Zurücksetzung , keine Tränen, sondern nur lachende Gesichter... Alles
war Harmonie.
Die beiden vorjährigen Leiterinnen, Frl. Frensdorff und Frl. Frankenberg,
die sich inzwischen verlobt beziehungsweise verheiratet haben, haben in
Frl. Meyer aus Berlin und Frl. Schloß aus Dresden vortreffliche und
würdige Nachfolgerinnen erhalten.
Zum Schluss möchten wir noch lobend hervorheben, dass auch die jetzigen
geschäftlichen Leiter, die Herren Rosenberg und Heineberg aus Hannover,
echte |
und
rechte Kinderfreunde (gleich ihrem Vorgänger Herrn A. Herzberg), ihre
Kräfte in selbstloser Weise in den Dienst der guten Sache gestellt
haben.
Leider hat sich trotz meiner vorjährigen Anregung noch kein
Klavierspender gefunden. Ich nehme an, dass sie übersehen worden ist und
gestatte mir, sie zu wiederholen.
Die Loge hat ganz ohne Frage mit der Einrichtung des Erholungsheimes
Segensreiches geschaffen; mehrere hundert Kinder aus allen Gegenden des
deutschen Vaterlandes kehren alljährlich gestärkt und gekräftigt in
ihre Heimat zurück. Leider kommt die Einrichtungen nicht denjenigen zu
gute, die in erster Linie infolge ungünstiger Verhältnisse Erholung und
Kräftigung bedürften. Möchten doch die Logen mehr als bisher ihr
Augenmerk auch auf diese Kinder richten - ihre Zahl ist wahrlich nicht
klein.
Es gibt für uns kein schöneres Bewusstsein, als unsere Schuldigkeit an
der Jugend getan zu haben." |
Dem Kindererholungsheim wird eine Abteilung für zehn
schulentlassene Mädchen angegliedert (1921)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 11. Februar 1921: "Hannover. Das von der Zionloge in
Norderney unterhaltene Kindererholungsheim hat vom Mai bis Oktober
jeden Monat 86 Kindern Kur gewährt. Es soll in einer benachbarten
neuerworbenen Villa eine Abteilung für 10 schulentlassene Mädchen
angegliedert werden, um einerseits einen halbjährigen Erholungsaufenthalt
zu bieten und andererseits in Hausarbeit, Kochen und Kinderpflege
einzuführen. Adresse: Zionloge, Hannover, Theaterplatz
14". |
Bericht über die Kindererholungsheim (1921)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 8. Juli 1921: "Hannover, 1. Juli (1921). Das in dem
heilkräftigen Seebade Norderney gelegene Kindererholungshaus der Zionloge
XV (Hannover), hofft auch in dieser Saison die Fürsorge für kur- und
pflegebedürftige Kinder von Mai bis Ende September durchführen zu
können. Im abgelaufenen Berichtsjahre begann die erste Ferienkolonie,
bestehend aus 18 Knaben und 31 Mädchen, bereits am 4. Mai ihre Kur in Norderney
im eigenen Kindererholungsheim der Zionloge. Während der ganzen Saison
von Mai bis September gebrauchten 376 an 10.500 Verpflegungstagen die Kur
in dem von Frl. G. Feiertag mit einer Anzahl pflichtgetreuer
Helferinnen geleiteten Kindererholungshaus in Norderney, nachdem wir
unsere Ferienkolonie in Salzhemmendorf aufgehoben hatten. Ein von den
Badegästen Norderneys veranstaltetes Wohltätigkeitsfest brachte uns
einen Betrag von 6.000 Mark. Erfreut hat das Erholungshaus der Besuch
einer Kommission aus dem Kultusministerium und von Abgeordneten, die sich
in anerkennender Weise über das Heim der Zionloge XV aussprachen. Ein
benachbartes Grundstück hat unsere Bne Berith-Loge, dank einer Zuwendung
von 25.000 Mark durch unseren Bruder Sternheim, zur Erweiterung des
Betriebes erwerben können. Von dem Schwesternbund der Zionloge, von der
Synagogengemeinde Hannover und von dem Wohltätigkeitsverein der
Synagogengemeinde erhielten wir je 1.000 Mark. Von Freunden aus Holland
kamen 100 Zentner Kartoffeln und konnten wir durch Fürsorge der Herrn A.
Spanjaard im Haag 10 Kinder zur Erholung nach dem Haag schicken. Für diese
Wohltat gebührt unseren holländischen Glaubensbrüdern herzlicher Dank." |
Die jüdischen Kindererholungsheime
auf Norderney in einer Liste der U.O.B.B.-Logen (1928)
vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/B'nai-B'rith-Schwesternverbände
und
https://de.wikipedia.org/wiki/B'nai_B'rith
Artikel in der "Monatsschrift der Berliner Logen UOBB" vom Juli 1928:
"Kinder-Erholungsfürsorge des Schwesternverbandes der U.O.B.B.-Logen.
Die Erholungsfürsorge für unsere Logenkinder hat eingesetzt. In der Vor- und
Nachsaison sind die Preise bedeutend ermäßigt. Sämtliche Meldungen sind
schriftlich an die Vorsitzende der Schwesternvereinigung, an den
Präsidenten der Loge oder an Schwester Else Schwabe, Charlottenburg,
Mommsenstraße 52 zu richten.... Else Schwabe, Vorsitzende.
An folgenden Orten stehen uns Heime zur Verfügung:
Norderney: Erholungsheim der Zion-Loge, Hannover, ganzjährig
geöffnet. August besetzt.
Ferienheim Bielschowsky-Eichwald, Juni-September.
Kinderheim Weiler-Abt: Juli-August geöffnet.
Ferienheim von Frau Sanitätsrat Dr. Simon, Medizinalrat
Simonsohn: Mai-September geöffnet..." |
Bericht über das Kindererholungsheim (1929)
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom
4. Januar 1929: "Norderney. (Kinder-Erholungsheim der
Zion-Loge). Das Kinder-Erholungsheim der Zion-Loge auf Norderney hat
seit seinem Bestehen vielen Tausenden von Kindern während der warmen
Jahreszeit Erholung und Kräftigung gebracht. Es wurde im Jahre 1910 in
einem kleinen Bau, der etwa 20 Kindern Aufnahme bieten konnte, eröffnet.
1911 wurde es erheblich erweitert, sodass 80 Kinder Aufnahme finden
konnten. Das Jahr 1926/27 brachte eine erneute Vergrößerung. Jetzt ist
es möglich, 100 Kinder aufzunehmen. Der Einbau der Heizungsanlage hat die
Möglichkeit geschaffen, Winterkuren einzurichten. Diese
auszubauen, ist eine dringende Notwendigkeit für die erholungssuchenden
Kinder. Immer mehr kommt die Ärzteschaft zu der Überzeugung, dass die
Winterkur für Bronchialasthma, chronische Katarrhe der Bronchien und
aller Schleimhäute, Skrofulose, Rachitis, Knochen- und Gelenktuberkulose,
allgemeine Schwäche und Nervosität, bei Neigung zu Erkältungen usw. von
ganz besonderem Vorteil ist. Der Staat, welcher sich für die
Wohlfahrtspflege, insbesondere für die Kräftigung der heranwachsenden
Generation in ganz besonderer Weise einsetzt, empfiehlt die Winterkuren an
der See: er fördert sie in gleicher Weise wie die städtischen und
anderen Entsendestellen, indem er durch seine Vertrauensärzte Kinder in
einer Zahl, die von Jahr zu Jahr steigt, in die Kinderheime auf Norderney
entsendet. Das Kinderheim selbst bietet unter der gleichen bewährten
Leitung wie in der Sommerzeit auf Grund der eingangs geschilderten
technischen Einrichtungen einen ganz hervorragenden Aufenthaltsort.
Versäumnisse im Unterricht können durch den Unterricht, den eine in der
Anstalt ständig anwesende geprüfte Lehrerin erteilt, wettgemacht werden.
Die mit dem Neubau geschaffenen Tagesräume sind nach modernsten
pädagogischen Erfahrungsgrundsätzen ausgestattet; sie bieten den Kindern
einen angenehmen Aufenthalt in familienhafter Gruppierung. Die
Verpflegungssätze werden je nach der Länge der Kuraufenthalte bzw. unter
Berücksichtigung etwaiger Bedürftigkeit der Aufzunehmenden gestaffelt.
Entsendestellen genießen ohne weiteres Vorzugspreise.
Die Loge bittet daher die Eltern, die Entsendestellen, insbesondere aber
auch die Ärzte, sie in ihrem Bestreben, diese Winterkuren auszubauen, zu
unterstützen.
Anfragen erbeten an das Kinder-Erholungsheim der Zion-Loge, Hannover,
Körnerstraße 5." |
|
Artikel
in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 4. Januar 1929:
Derselbe Artikel wie in der "Jüdisch-liberalen Zeitung"
siehe oben. |
Zur Anmeldung für das Kindererholungsheim
(1930)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
13. März 1930: "Norderney, 11. März (1930). Vom
Kindererholungsheim Norderney wird uns geschrieben. Die Anmeldung für die
Monate April, Mai, Juni bitten wir jetzt vorzunehmen. Aufgenommen werden
alle Arten erholungsbedürftiger Kinder. Das Heim ist modern ausgebaut und
mit neuzeitlichen Einrichtungen für Hygiene und Kinderpflege
ausgestattet. Warme und kalte Seebäder im Hause. Den Entsendestellen
(Logen, Schwesternverbänden usw.) werden für Wohlfahrtskinder
entsprechende Ermäßigungen erteilt. Etwaige Schulversäumnisse können
durch unsere im Heim angestellte Lehrerin ausgeglichen werden. Die Leitung
des Heimes liegt in den Händen von Frl. Gertrud Feiertag. Anfragen, denen
stets Rückporto beizufügen ist, sind zu richten an die Verwaltung des
Kindererholungsheims der Zion-Loge U.O.B.B. Hannover, Körnerstraße
5.
In unserem Ottohaus in Norderney, das unserem Kindererholungsheim
angegliedert ist, werden junge Mädchen im Alter von 16-19 Jahren als
Schülerinnen für die Zeit von 5 Monaten (Mai - September) aufgenommen.
Bevorzugt werden die Töchter von Logenangehörigen. Es wird gebeten, die
Anmeldung bis Ende Februar vorzunehmen, da nur eine beschränkte Anzahl
Plätze zur Verfügung steht. Leitung Frl. Gertrud Feiertag. Alle
Anfragen, denen Rückporto beizufügen ist, sind zu richten an die
Verwaltung des Kindererholungsheims der Zion-Loge U.O.B.B. Hannover,
Körnerstraße 5." |
Hinweis zu den Anmeldungen für das Kindererholungsheim
(1931)
Artikel
in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 6. März 1931: "Kindererholungsheim der
Zion-Loge UOBB. auf Norderney.
Das Kinderheim der Zionloge UOBB Hannover teilt mit, dass die
Anmeldungen für die besonders heilkräftigen Monate Mai und Juni jetzt
sofort vorzunehmen sind. Aufgenommen werden alle Arten
erholungsbedürftiger Kinder. Den Schwesternlogen und Entsendestellen
werden erhebliche Preisermäßigungen gewährt. Das Heim ist mit allen
neuzeitlichen Einrichtungen ausgestattet. (Warme Seebäder im Hause,
gymnastischer Unterricht, Lehrerin usw.). Alles Nähere durch die
Verwaltung des Kindererholungsheims der Zionloge UOBB. auf Norderney,
Hannover, Körnerstr. 5." |
Über das Kindererholungsheim (1931)
Artikel
in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 5. Juni 1931: "Kindererholungsheim der Zion-Loge
Hannover auf Norderney.
Das Heim ist mit allen neuzeitlichen Einrichtungen, wie warme Seebäder
usw., versehen. Gymnastischer Unterricht wird durch eigene Lehrerin allen
Kindern regelmäßig erteilt; besonderer Wert wird auf Atemübungen
gelegt. Nachhilfeunterricht kann in unserem Heim erteilt werden. Die
Verpflegung ist streng rituell. Die Kinder stehen unter täglicher
ärztlicher Aufsicht. Alle Anfragen sind an die Verwaltung, Hannover,
Körnerstraße 5, Fernsprecher 36308, zu
richten." |
Anzeigen und Anmeldehinweis für das Kinderheim von Rosa Golde
(1929)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. April 1926:
"Ferien
auf Norderney! streng rituell.
Ab 1. Juli eröffne wieder mein Ferienheim. Schüler(innen) erhalten beste
reichliche und liebevolle Verpflegung und fachmännische Aufsicht. Beste
Lage am Nordstand mit großer gedeckter Glasveranda. Beste Referenzen.
Gefällige Anmeldungen bis Ende Mai erwünscht.
Auch für Frankfurt am Main nehme noch Ganz- und Halb-Pensionäre
auf.
Frau Rosa Golde.
Frankfurt am Main. Obermainstraße
10." |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
10. Mai 1929: "Wie alljährlich bietet sich auch dieses Jahr den
um ihre Kinder besorgten Eltern die beste Gelegenheit, diese im
bestrenommierten Norderneyer Kinderheim der Frau Rose Golde (hier =
Frankfurt, Obermainstraße 10) die denkbar gesündeste Ferienerholung im
Seebad zu bieten, mit dem angenehmen Gefühl, nebenbei seine Kinder
glänzend verpflegt und untergebracht zu wissen und dem angenehmen
Endresultat, sie nach Schluss der Ferien frisch und gut erholt, gerüstet
für ein neues Arbeitsjahr, im Empfang zu nehmen. (Siehe
Inserat)." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Mai
1929: "Ferien auf Norderney.
Vornehmes Schülerheim. Streng rituell. Mehrjährige und beste ärztliche
Referenzen. Eventuell Fahrtermäßigung. Erbitte möglichst baldige
Anmeldungen. Frau Rosa Golde, Frankfurt am Main, Obermainstraße
10." |
Berichte zu einzelnen Personen
Zum Tod von Dr. David Rosin, dem "Begründer der Synagoge auf
Norderney" (1895)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
17. Januar 1895: "Gott, dem Allmächtigen, hat es gefallen, den
Dozenten am jüdisch-theologischen Seminar zu Breslau, Herrn Dr. David
Rosin in seinem 72. Lebensjahr sanft und plötzlich in die Ewigkeit
abzurufen. Wir beklagen in dem Verklärten mit der Gesamtheit den edlen
Menschen und anerkannten Gelehrten, insbesondere aber den verdienstvollen,
eigentlichen Begründer der Synagoge auf Norderney, dessen unermüdlicher
Tätigkeit die Beschaffung der Mittel wie der Fortgang des Werkes und
seine Vollendung vor Allen zu danken ist, den lieben und hochverehrten
Kollegen, dessen weiser Tat und hohe Einsicht uns stets geleitet und
dessen grpße Bescheidenheit, seltener Pflichteifer und wahrhafte
Frömmigkeit uns bei der Erhaltung und Fortführung des von ihm
begründeten heiligen Werkes immer zum Vorbild dienen soll. Sein Verlust
ist für die Stiftung unersetzlich, sein Andenken bleib ihr jedoch für
alle Zeiten zum Segen.
Das Kuratorium der Synagogenstiftung auf Norderney.
Landrabbiner Dr. Löb - Emden, Vorsitzender, Bankier Joseph Levy -
Hamburg, Bankier Sieskind Sieskind - Leipzig, Bankier Emil Meyer -
Hannover." |
Todesanzeige für Professor Dr. B. Badt
(1909)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
29. April 1909: "Gott dem Allmächtigen, hat es gefallen, Herrn
Professor Dr. B. Badt
in die Ewigkeit abzuberufen. Wir trauern mit der gesamten Judenheit um den
edlen, frommen, aufopferungsvollen und gelehrten Mann, insbesondere aber
um den um die Synagoge zu Norderney hochverdienten Kollegen, der über 18
Jahre für deren geistige und materiellen Interessen eifrig gewirkt hat.
Sein Verlust ist für dieselbe ungemein groß. Sein leuchtendes Vorbild
und sein Andenken bleiben ihr aber zum Segen.
Das Kuratorium der Synagogenstiftung auf Norderney
i.A.: Landrabbiner Dr. Löb in Emden,
Vorsitzender." |
Zur Geschichte der Synagoge
Seit Ende der 1850er-Jahre gab es in der Restauration von
Abraham van der Wall einen Betraum. 1859 findet sich in seinen in
jüdischen Periodika erscheinenden Werbeanzeigen erstmals die Bemerkung (siehe
Anzeigen oben):
"Auch ist ein passendes Betlokal, versehen mit einer Tora, hergerichtet."
In den 1870er-Jahre gab es unter den jüdischen Kurgästen Bestrebungen,
eine Synagoge zu erstellen. 1874 gab es ein erstes Gesuch mehrerer
Israeliten an das Finanzministerium in Berlin zur Förderung des Baues
einer Synagoge auf Norderney für die das dortige Seebad besuchenden Juden.
Man wollte dafür ein Grundstück zur Verfügung gestellt bekommen. Das Gesuch
wurde jedoch abgelehnt. 1877 wurde ein Komitee zur Beförderung des
Synagogenbaus gebildet, das unter dem Vorsitz von Kaufmann Moritz Bargebuhr aus
Harburg sowie von Dr. David Rosin aus Breslau (Dozent am Jüdisch-Theologischen
Seminar in Breslau) stand.
Die Bemühungen des Komitees führten dieses Mal - jedoch erst nach Überwindung
zahlreicher bürokratischer Hindernisse - zum Erfolg. Die Hauptschwierigkeit
war, dass Norderney nicht den Status eines selbständigen jüdischen Gemeinde
hatte. Im Laufe des Jahres 1878 konnte die Synagoge dann erbaut und am 9.
August 1878 in Anwesenheit von Justizminister Dr. Adolf Leonhardt aus Berlin
eingeweiht werden.
Einweihung der Synagoge (1878)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 27. August 1878: "Von der ostfriesischen Insel Norderney
wird unterm 9. dieses Monats berichtet: Das alltäglich auf 'hübsche
Wellen' und 'schönes Bad' konzentrierte Interesse der Badegäste war
heute von einer hier nicht oft vorkommenden öffentlichen Feier in
Anspruch genommen. Es wurde der durch ausdauerndes Bemühen der Herren
Bargebour (sc.: Bargebuhr) in Harburg und Dr. Rosin in Breslau zur Vollendung
gebrachte Tempel für israelitische Kurgäste festlich eingeweiht. Von dem
kleinen, aus Ziegeln zierlich ausgeführten, mit grünem Laubgewinde
geschmückten Gebäude erwartete eine zahlreiche Versammlung die
Ehrengäste, nach deren Erscheinen Herr Bargebour die Feier mit einer
kurzen Ansprache und Überreichung des Tempelschlüssels an den Landrat
eröffnete. Letzterer reichte den auf einem Kissen ruhenden Schlüssel dem
Landdrost, welcher mit den Worten: 'Im Namen des Staates und des Kaisers
übergebe ich dieses Haus seiner Bestimmung zur Erhebung der Herzen' das
Tempeltor erschloss und den Justizminister Dr. Leonhardt zum
Eintritt einlud. die ihm zugedachte Funktion der Tempel-Erschließung
hatte Herr Dr. Leonhardt mit der launigen Bemerkung: 'Ich bin von der
Justiz' abgelehnt. Die zur Tempelweihe vorgebrachten Choralgesänge wurden
von Mädchen gut ausgeführt und von dem hiesigen Küster lobenswert
dirigiert. Die Festpredigt hielt der Seminardirektor Dr. Prager aus
Hannover; das Schlussgebet für die Kaiserfamilie und Staatsbehörden
sprach Dr. Rosin. Der Justizminister, der Landdrost, sowie die anderen
Vertreter der Behörden waren mit ihren Orden geschmückt. Der hiesige Pastor
Herr Rodenbeck allein verweigerte seine Teilnahme an dem Feste,
welchem beizuwohnen - wie er erklärte - seinem evangelischen Gewissen
widerstreitet.
(Wir maßen uns nicht an, besser als Pastor Rodenbeck zu wissen, was ein
'evangelisches Gewissen' sei. Da wir aber obiger Feier so viele gute
evangelische Christen anwohnen sahen, so dürfen wir schließen, dass es
mehrere 'evangelische Gewissen' gibt; z.B. ein verknöchertes und ein
humanes, wohlwollendes, welches letztere mit Jesus das mosaische Gesetz:
'Liebe deinen Nächsten wie dich selbst' (3. Mose 19.18) als das höchste
anerkennt. Redaktion)." |
Gottesdienste fanden in der Synagoge nur während der Kurzeit
(Mai bis September) statt. In den vorliegenden Berichten wird hervorgehoben,
dass sogar zweimal täglich Gottesdienst abgehalten wurde und es mit dem Minjan
(zehn jüdischer Männer beim Gottesdienst) keine Probleme gab.
Nach 1933 konnten mit dem erzwungenen Ausbleiben der jüdischen
Kurgäste keine Gottesdienste mehr in der Synagoge abgehalten werden. Das
Gebäude wurde am 11. Juli 1938 für 3.500 RM an einen nichtjüdischen
Eisenwarenhändler verkauft und entging dadurch der Zerstörung beim
Novemberpogrom 1938. Das Gebäude wurde daraufhin zu einem Lagerraum
umgebaut.
Nach 1945 wurde das Synagogengebäude
als Diskothek, argentinisches Steakhaus und später als italienisches Restaurant
zweckentfremdet. Seit April 2000 ist im Gebäude ein Restaurant für regionale
Spezialitäten untergebracht (Restaurant "de Leckerbeck", Website). Durch mehrere Umbauen ist nur die nördliche Mauer
des Gebäudes im ursprünglichen Zustand erhalten.
Seit 1996 befindet
sich - auf Grund einer Initiative der Evangelischen Jugend von Norderney - eine Gedenktafel
an der Fassade mit der Inschrift: "Ehemalige Synagoge (1878-1933). Dieses
Gebäude wurde als Bethaus für jüdische Bürger und Gäste errichtet. Im Juli
1938 verkauft, entging es der Zerstörung in der Pogromnacht vom 09. November
des Jahres. Zur Erinnerung und zum
Gedenken."
Auf der Website des
gegenwärtigen Eigentümers des Restaurants in der ehemaligen Synagoge wird
an die Geschichte des Hauses in angemessener Weise erinnert.
Adresse/Standort der Synagoge: Schmiedestraße
6
Fotos
(Quelle: Plan: Bademuseum Norderney, historische Fotos aus M. Tielke s. Lit. S. 203-204 mit dortiger
Quellenangabe: um 1880: L. Herzog / Stadtarchiv Norderney; 1904: P. Paulsen -
Privatbesitz; neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 9.8.2010)
Plan von
Norderney (um 1900) mit
Eintragung der Synagoge in der Schmiedestraße |
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Fotos der Synagoge in Norderney |
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Vorderansicht des
Synagogengebäudes um 1880 |
Vorderansicht des
Synagogengebäudes
1904 |
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Das ehemalige
Synagogengebäude im August 2010 |
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Vom
Gebäude der alten Synagoge ist nichts mehr zu erkennen |
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Gedenktafel
mit der Inschrift: "Ehemalige Synagoge (1878-1933.
Dieses Gebäude wurde als Bethaus für jüdische Bürger und Gäste
errichtet. Im Juli 1938
verkauft, entging es der Zerstörung in der
Pogromnacht vom 09. November des Jahres.
Zur Erinnerung und zum Gedenken". |
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Begräbnisstätte
der verstorbenen Juden
aus Norderney: der Friedhof
in Norden |
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Grabstein für
Aron Weinberg aus Norderney,
gest. am 23. März 1896 |
Grabstein für
Auguste Cohn aus Norderney
(1834-1918) |
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Andernorts
entdeckt:
"Stolperstein" für Max Weinberg
in Minden
(Weitere
Informationen auf der Website friedenswoche-minden.de) |
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An den 1890 in
Norderney geborenen
Max Weinberg erinnert ein "Stolperstein"
am Haus Heidestraße 14 in Minden |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Dezember 2006 bis
April 2007:
Bericht über die Ausstellung "Juden auf
Norderney" im Bademuseum vgl. http://www.museum-norderney.de/html/juden_auf_norderney.html |
Bericht aus die Ausstellung im
"Ostfriesischen Kurier" vom 21. Dezember 2006 (Quelle: Bademuseum
Norderney):
"Flucht nach Palästina.
Ausstellung über Juden auf Norderney im Bademuseum. Im Mittelpunkt steht Chaim Bar-Tikva, der 1936 noch Heinz Hoffmann hieß und nach Palästina emigrierte.
Norderney/ert - 'Es geht nicht um Schuld und Sühne', sagt der Norderneyer Stadtarchivar zu der Ausstellung
'Juden auf Norderney' im Bademuseum, die jetzt eröffnet wurde. Sie wird bis Ende April gezeigt. Bis zum 7. Januar können sich Interessierte sogar täglich von 11 bis 16 Uhr darüber informieren, wie jüdische Mitbürger auf der so genannten
'Judeninsel' lebten, bis auch sie ausgegrenzt und vernichtet wurden. 'Akzeptanz - Ausgrenzung
-Vernichtung' heißt entsprechend der Untertitel.
Bei der Eröffnung erinnerten Friedrich Fischer, Vorsitzender des Fördervereins Museum Nordseeheilbad Norderney, und der Norderneyer Stadtarchivar Manfred Bätje daran, dass sich Norderney im 19. Jahrhundert einen Namen als
'Judenbad' erworben hatte. Bei der Einweihung der Synagoge in der Schmiedestraße (heute ist dort das Restaurant Leckerbeck) war gar der preußische Justizminister zugegen gewesen.
Von jüdischen Gästen bevorzugt wurde Hoffmann’s Hotel Falk, das zu den größten und bekanntesten jüdischen Beherbergungsbetrieben an der deutschen Nordseeküste gehörte. Die Großeltern von Heinrich Hoffmann, dem letzten noch lebenden Norderneyer Juden, hatten den großen Hotelkomplex mit 80 Zimmern vor rund 100 Jahren erbaut, nachdem sie 1905 das von ihnen in einem ehemaligen Wohnhaus an der Bismarckstraße 4 eingerichtete Hotel Falk abreißen ließen. Es wurde nach dem Krieg als
'Düsseldorfer Hof' betrieben und verkam zu einer Bauruine.
An die vergangene Pracht und die zerstörte jüdische Kultur auf Norderney erinnern heute nur noch historische Aufnahmen, die in der Ausstellung gezeigt werden. Bätje und der Förderverein widmeten sie Heinz Hoffmann, der heute Chaim Bar-Tikva heißt und am 6. November in Haifa seinen 90. Geburtstag feierte. Er kam in Schreiberhau, einem kleinen schlesischen Kurort im Riesengebirge, als Sohn von Julius und Clara Hoffmann zur Welt und zog 1921 mit seinen Eltern nach Norderney.
Dort betrieben die Geschwister Julius, Fritz und Johanne Hoffmann gemeinsam Hoffmann’s Hotel Falk. 1933 musste Julius Hoffmann, der im öffentlichen Leben Norderneys eine bedeutende Rolle spielte und die Synagoge verwaltete, alle öffentlichen Ämter niederlegen. Daraufhin verließ die Familie Norderney. Heinz Hoffmann emigrierte 1939 nach Palästina und arbeitete 30 Jahre lang bei einer israelischen Schifffahrtsgesellschaft. Er hat den Kontakt zu Norderney aber nie abgebrochen. 2004 besuchte ihn Ingeborg Pauluhn, deren Buch über die Geschichte der Norderneyer Juden der Ausstellung zugrunde liegt." |
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Hinweis: im Bademuseum
Norderney wird auch in der ständigen Ausstellung an die Geschichte der
Juden in Norderney erinnert http://www.museum-norderney.de/
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Erinnerung an
jüdische Badegäste |
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Philosoph und Dichter
Salomon
Friedländer (Mynona; 1871-1946) |
Geigenvirtuose und Komponist
Joseph Joachim (1831-1907) |
Kaufhaus-Gründer
Georg Wertheim (1857-1939) |
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Informationstafel zur
jüdischen Geschichte |
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Einführung
mit Synagoge |
Anzeigen aus Zeitungen
(Synagoge und Gewerbebetriebe) |
Artikel über den
"Bäder-Antisemitismus" |
Blick auf das Geschäft
Koppel-Weinberg (links) |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Martin Tielke: Judeninsel Norderney.. In: Frisia
Judaica. Beiträge zur Geschichte der Juden in Ostfriesland (Hrsg. Herbert Reyer
und Martin Tielke). Reihe: Abhandlungen und Vorträge zur Geschichte
Ostfrieslands. Bd. 67. Aurich 1988. S.
191-213. |
| Ingeborg Pauluhn: Zur Geschichte der Juden auf
Norderney. Von der Akzeptanz zur Desintegration, mit Dokumenten und historischen
Materialien. Oldenburg 2003. 240 Seiten.
Hinweis: das Buch ist 2009 in 2. Auflage erschienen.
Rezension des Buches.
Hinweis: das Buch kann teilweise über Google-Books gelesen werden (Link). |
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dies.: Jüdische Migrantinnen und Migranten im Seebad Norderney 1893-1938: Unter besonderer Berücksichtigung des
Kinder-Erholungsheimes U.O.B.B. Zion-Loge XV. No. 360 Hannover und
jüdischer Geschäftsbetriebe. Erschien 2011.
Buchvorstellung
in der Website der Stadt Norderney. |
| Daniel Fraenkel: Norden / Norderney. In: Herbert Obenaus (Hrsg. in Zusammenarbeit mit David
Bankier und Daniel Fraenkel): Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen.
Göttingen 2005. Bd. 2 S. 1122-1139. |
| Reise
ins jüdische Ostfriesland. Hrsg. von der Ostfriesischen Landschaft -
Kulturagentur Georgswall 1-5 26603 Aurich. Tel.
04941-179957 E-Mail:
kultur[et]ostfriesischelandschaft.de. Erschienen im Juli 2013. 67 S.
Kostenlos beziehbar.
Internet: www.ostfriesischelandschaft.de
"Reise ins jüdische Ostfriesland" ist ein gemeinsames Projekt im Rahmen des dritten kulturtouristischen Themenjahres
"Land der Entdeckungen 2013". Am 9. November 2013 jährte sich zum 75. Mal die Pogromnacht von 1938 in Deutschland. Dies haben 17 Einrichtungen, davon neun Museen und fast alle ehemaligen Synagogengemeinden zum Anlass genommen, sich unter dem Titel
"Reise ins jüdische Ostfriesland" zusammenzuschließen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verschwand die jüdische Kultur im Vergleich zum übrigen Deutschland hier bemerkenswert schnell aus dem bis dahin gemeinsamen Alltagsleben von Juden und Nichtjuden.
"Reise ins jüdische Ostfriesland" will an das einst lebendige jüdische Leben in der Region erinnern.
Die Projekte zeigen in beeindruckender Weise, wie ein Thema aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden kann. Allen jedoch geht es insbesondere darum, dem vielfältigen jüdischen Leben in Ostfriesland bis zur Shoah und darüber hinaus wieder ein Gesicht zu geben. Denn Erinnerung ist ein Weg zur Heilung und damit zur Versöhnung. |
n.e.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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