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"Synagogen im Kreis Germersheim"
Oberlustadt mit
Niederlustadt (Gemeinde Lustadt, Kreis Germersheim)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(erstellt unter Mitarbeit von Karl Erhard Schuhmacher,
Römerberg)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Oberlustadt bestand eine jüdische Gemeinde bis 1940. Ihre Entstehung
geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts zurück.
1809/10 werden als jüdische Haushaltsvorsteher am Ort genannt: in Oberlustadt
Jacques Frank (Gebrauchtwarenhandel), Salomon Frank (Metzger), Abraham Haber
(Gebrauchtwarenhandel), Josef Haber, Aron Mayer, Emanuel Mayer
(Gebrauchtwarenhandel), Jacques Reinach (Gebrauchtwarenhandel), Moses Reinach
(Gebrauchtwarenhandel), Abraham Weill (Weyl; Gebrauchtwarenhandel) David Weill (Weyl),
Jacques Weill (Weyl, Kleinhändler), Jesaias Weill (Weyl; Kleinhändler), Moses
Weill (Weyl, Viehhändler); in Niederlustadt Samuel Holzmann
(Gebrauchtwarenhandel), Michel Mohr (Gebrauchtwarenhandel) und Abraham
Silbernagel (Gebrauchtwarenhandel).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: in Oberlustadt 1800 53 jüdische Einwohner, 1801 63 (7,7 % der
Gesamteinwohnerschaft), 1808 49 (5,3 %), 1825 132 (13,1 %), höchste Zahl 1848
mit 188 Personen in 43 Familien, 1875 108 Personen, 1900 71; in Niederlustadt 1801
40 (7,1 % der Gesamtbevölkerung), 1808 17 (2,9 %), 1825 26 (3,6 %), 1875 26
Personen, 1900 7.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule (jüdische
Konfessions-/Elementarschule von 1836 bis 1905 im jüdischen Schulhaus neben der
Synagoge, s.u.) ein rituelles Bad und ein Friedhof.
Die Einrichtungen wurden auch von den im benachbarten
Niederlustadt lebenden Juden benutzt, die mit Oberlustadt eine gemeinsame
Gemeinde bildeten. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war zeitweise ein Lehrer in der Gemeinde angestellt (1836 bis 1905
Elementarlehrer). Er war zugleich als Vorbeter und Schochet tätig. Unter den
Lehrern ist Lazarus Waldbott bekannt (gest. 1869), der ein Werk über "Die
traditionellen Synagogengesänge der Juden" herausgegeben hat. Aus dem
Jahr 1908 wird der Tod von Lehrer Eigner berichtet (siehe Artikel unten).
Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat
Landau.
Um 1924 lebten noch 40 jüdische Einwohner in Oberlustadt (3,5 % von
insgesamt etwa 1.150 Einwohnern) und sechs in Niederlustadt. Damals waren Salomon Frank und Heinrich
Mayer (= Meier?, siehe Bericht zu seiner Auswanderung 1938) die
Synagogenvorstände. Den jüdischen Religionsunterricht, den Lehrer Adolf Maier
aus Niederhochstadt hielt, besuchten noch vier Kinder. 1932 waren
die Gemeindevorsteher Salomon Frank (1. Vors.), Heinrich Mayer (2. Vors.) und
Isidor Mayer (3. Vors.).
Von den 1933 in Oberlustadt wohnhaften etwa 25 jüdischen Einwohnern (dazu
drei in
Niederlustadt) konnte in den Jahren der NS-Zeit gut die
Hälfte emigrieren. Die Synagoge wurde beim Novemberpogrom 1938
niedergebrannt (s.u.).
Die letzten zehn jüdischen Einwohner wurden im Oktober 1940 nach Gurs deportiert.
Von den in Oberlustadt geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Helene Emsheimer geb.
Meyer (1876), Kurt Frank (1911), Salomon Frank (1873), Johanna Grünebaum geb.
Weil (1901), Flora Kaufmann geb. Meier (1898), Regina Kern geb. Behr (1866),
Frieda Mayer geb. Krämer (1862), Johanna Mayer geb. Mayer (1882), Lina Mayer
(1889), Martha Mayer geb. Frank (1907), Emanuel Meier (1886), Heinrich Michel
(1884), Isidor Weil (1880), Julius Weil (1864), Selma Weil (1896), Siegfried
Weil (1871), Wilhelm Weil (1880), Wilhelm Weil (1882).
Aus Niederlustadt ist umgekommen: Hermine Mayer geb. Mohr (1876).
An Salomon Frank, der 1939 über Ettlingen nach Karlsruhe verzogen war,
erinnert ein "Stolperstein" in Karlsruhe, Schlößleweg 2
Link
zur Seite der Stolpersteine Karlsruhe Schlößleweg 2.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer und der Schule
Klärung finanzieller Fragen
bezüglich der israelitischen Schule in Oberlustadt (1898)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Juli 1898:
"Aus Anlass der Beschwerde des Gemeinderates Niederlustadt gegen den
Bescheid der pfälzischen Kreisregierung wegen Leistung eines jährlichen
Beitrags von 122 Mark zu den Kosten der israelitischen Schule in
Oberlustadt wurde vom Verwaltungsgerichtshof der Regierungsbescheid dahin
abgeändert, dass der Anspruch der israelitischen Kultusgemeinde
Oberlustadt gegen die politische Gemeinde Niederlustadt auf eine
jährliche Beitragsleistung als unbegründet zurückzuweisen sei. Nach den
Entscheidungsgründen kann der Anspruch auf Artikel 1 des
Schuldotationsgesetzes nicht gestützt werden, da keine Gemeindeanstalt in
Frage steht, vielmehr die Schule lediglich für israelitische
Elementarschüler mit obligatorischem Charakter bestimmt ist.
Beiträge wurden zwar von der Gemeinde Niederlustadt geleistet, und zwar
für die diese Schule besuchenden israelitischen Elementarschüler dieser
Gemeinde, ohne dass jedoch eine rechtliche Verpflichtung in dieser Richtung
übernommen wurde. Ebenso wenig besteht ein anderweitiges
Vertragsverhältnis zwischen politischer Gemeinde und Kultusgemeinde
rücksichtlich regelmäßiger jährlicher
Beitragsleistungen." |
Lehrer Lazarus Waldbott übernimmt den Vertrieb eines
von ihm mitherausgegebenen Werkes zu Synagogen-Gesängen (1868)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 21. Januar 1868: "Hierdurch den Herren Lehrern und Kantoren die
ergebenste Anzeige, dass die Subskription auf 'die traditionellen
Synagogen-Gesänge' eröffnet, und Bestellungen von Herrn L.
Waldbott, Lehrer und Kantor in Oberlustadt (Bayerische Pfalz),
und von mir franko entgegengenommen werden. Gleichzeitig die Bemerkung,
dass ich für Hannover, Nassau, Württemberg, Preußen usw., Agenten für
den Verkauf gedachten Werkes gegen gute Provision suche, und können sich
Reflektierende an uns wenden.
Brilon, im Januar 1868. N. H. Katz". |
Bei
dem oben angezeigten Werk handelt es sich um die gemeinsam von N. H. Katz
(Lehrer und Kantor in Brilon) und Lazarus Waldbott (Lehrer und Kantor in
Oberlustadt, Bayrische Pfalz) herausgegebene Publikation "Die
traditionellen Synagogen-Gesänge". Sie erschienen im Selbstverlag
von N. H. Katz in Brilon (Westfalen).
Das
Werk ist online einsehbar (Freimann-Sammlung -
Universitätsbibliothek der Goethe-Universität Frankfurt am Main) |
Die israelitische Lehrerstelle ist "durch große Opfer der Gemeinde"
gesichert (1908)
Anmerkung: neben dem Verstorbenen Lehrer Eigner in Oberlustadt wird
im nachstehenden Artikel auch der aus Oberlustadt stammende Lehrer Leo Waldbott
(siehe unten) in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der freien Vereinigung
israelitischer Lehrer und Kantoren der Pfalz genannt.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juni 1908: "Kaiserslautern,
29. Mai (1908). Die freie Vereinigung israelitischer Lehrer und Kantoren
der Pfalz hielt gestern hier im Lokale der Julius Plotke-Loge ihre
Jahresversammlung ab. Der Vorsitzende Lehrer Waldbott in Speyer eröffnete
die Versammlung, die von etwa 30 Mitgliedern besucht war, mit Dankesworten
an die Verwaltung der Loge für die Überlassung ihres Lokales zur
Abhaltung der Versammlung, begrüßte alsdann die anwesenden Vertreter der
Loge, sowie der israelitischen Kultusgemeinde Kaiserslautern, welche durch
den Bezirksrabbiner Dr. Landsberg und ein Vorstandsmitglied vertreten war.
Das Andenken der im Laufe des Vereinsjahres verstorbenen Kollegen Eigner -
Oberlustadt und Weil - Edenkoben
ehrten die Anwesenden durch Erheben von den Sitzen. Rechtsanwalt Dr.
Rheinheimer begrüßte hierauf die Versammlung im Namen der Julius
Plotke-Loge, Bezirksrabbiner Dr. Landsberg namens der Israeliten-Gemeinde.
Der Jahresbericht der Vorsitzenden erwähnte zunächst die Umwandlung der
israelitischen Lehrerstelle in Edenkoben in eine Verweserstelle,
was weder den Interessen noch den Erwartungen der israelitischen Lehrer
der Pfalz entspreche. Die Erhaltung der israelitischen Lehrerstelle in Haßloch
sei durch große Opfer der dortigen Synagogengemeinde erfreulicherweise
gesichert. Dagegen harren die Verhältnisse in Kaiserslautern noch immer
der definitiven Entscheidung..." |
Zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Über Leo Waldbott (1867 Oberlustadt - 1940 in Cincinatti/USA)
Leo Waldbott wurde am 28. Januar 1867
in Oberlustadt als zweiter Sohn des Lehrers und Autors Lazarus Waldbott
(siehe Anzeige oben) geboren.
Nach dem frühen Tod seiner Vaters (1869) wuchs er bei seinem Großvater, dem Lehrer und Kantor
Levi Waldbott (1809 - 1889), auf, dessen vier Söhne alle Lehrer waren.
Auch Leo Waldbott ließ sich zum Lehrer ausbilden (am protestantischen Lehrerseminars in Kaiserslautern):
von 1885 bis 1890 war er als Lehrer in Hagenbach tätig,
seitdem als
Lehrer mit Rabbinerfunktionen und als Kantor in Speyer. Er war Mitglied der Speyerer Liedertafel, Organist und Dirigent des Synagogenchors. Mit dem in Königsberg tätigen berühmten Kantor Eduard Birnbaum (1855 - 1920), der als weltweit führender Experte auf dem Gebiet der Synagogalmusik galt, war Leo Waldbott eng befreundet. Bei der Eröffnung der neuen Speyerer Synagoge im Jahr 1894 hatte Leo Waldbott die Ehre, die Festansprache halten zu dürfen. 1911 wurde er Hauptlehrer, 1916 Oberlehrer.
Leo Waldbott galt als eine der angesehensten Persönlichkeiten des pfälzischen Judentums vor dem 2. Weltkrieg. Jahrzehntelang war er Vorsitzender des Vereins der jüdischen Lehrer und
Kantoren der Pfalz sowie Vorstandsmitglied im Reichsverband jüdischer Lehrervereine in Deutschland. Besonders engagiert war Leo Waldbott auch im sozialen Bereich. Auf seine Initiative ging die Gründung des ersten Jüdischen Altersheimes für die Pfalz (in
Neustadt) zurück. Zu seinem 70. Geburtstag im Jahr 1938 wurde ihm vom Bezirksrabbinat der altehrwürdige Ehrentitel
"Chaver" (Ehrenrabbiner) verliehen.
Die beiden Söhne Leo Waldbotts, Emil und George, wanderten in jungen Jahren in die USA aus und folgten damit den Spuren ihrer Tante Flora Waldbott, die bereits im 19. Jahrhundert ebenso wie ihr Bruder, der Botaniker Dr. Sigmund Waldbott, in die USA ausgewandert war. Leo Waldbott, der stolz auf die jahrhundertelange Geschichte seiner Familie in der Pfalz und am Rhein war, wollte eigentlich in Deutschland bleiben, doch bewogen ihn, den deutschjüdischen Patrioten, die Ereignisse der "Reichskristallnacht", schweren Herzens in seinen alten Tagen noch zu emigrieren. Er starb am 26. Mai 1940 in
Cincinnatti/Ohio.
Obige Informationen nach der Website www.angelfire.com/art/gregorbrand/bios/LeoWaldbott.html;
hier finden sich als Literaturangaben:
Reinhold Herz: Gruß für Leon Waldbott. In: Israelitisches Gemeindeblatt 1937 (15. Jg.), Nr. 3, S. 12
Katrin Hopstock: Leon Waldbott. In: Speyerer Vierteljahreshefte, 1988, S. 24 - 25
George Waldbott: Memories (Mschr., unveröffentlicht, o. O., o. J.)
Leo Waldbott: Mein Leben in Deutschland vor und nach dem 30. Januar 1933 (Mschr., Detroit/USA 1940, unveröffentlicht). |
|
Würdigung von Leon
Waldbott zu seinem 70. Geburtstag (1937 in Speyer) |
Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung"
vom 15. Januar 1937: "Gruß für Leon Waldbott. Am 28.
Januar vollendet in Speyer Oberlehrer a.D. Leon Waldbott in
ungewöhnlicher Schaffenskraft das 70. Lebensjahr. Leon Waldbotts
Tätigkeit in der Speyerer Gemeinde reiht ihn in die bewährte Tradition
'unserer Lehrer von Speyer' ein, wie es in alten Dokumenten heißt. Von
1890 bis 1923 wirkte er hier als Leiter der Schule und als 1. Kantor, seit
1923 als Dirigent des Synagogenchors. In ihm verbinden sich pädagogische
und musikalische Begabung, Lauterkeit des Charakters und des
Gemeinschaftssinnes zu einer Wirkungskraft, die sich weit über Speyer
hinaus Sympathie und Begehrtheit erwarb. So zählte ihn die Vereinigung
israelitischer Lehrer und Kantoren der Pfalz und der Reichsverband
jüdischer Lehrer in Deutschland 26 Jahre zu ihrem Vorstandsmitglied. Aber
die zentrale Leistung Leon Waldbotts liegt in seiner sozialen Arbeit: Das
pfälzische Judentum verdankte seiner Initiative im Jahre 1908 die
Gründung des israelitischen Altersheims für die Pfalz in Neustadt
a.d.H. und eine seitdem unermüdliche Arbeitsliebe für dieses Werk,
die ihn immer wieder von seinen zahlreichen Reisen nach den Vereinigten
Staaten hierher zurückrief. - Sein 70. Lebensjahr vollendet Leon Waldbott
als ein Unermüdlicher. Er schließt gerade in diesen Tagen eine
literarische Arbeit ab, in der er die Geschichte des israelitischen
Altersheimes für die Pfalz niedergeschrieben hat und seine Sorge für die
Alten findet neuerdings wieder ihre Ergänzung in einer zukunftsbahnenden
Bemühung um die Jugend. Alle, die Leon Waldbotts Lebenswerk kennen,
verbindet an diesem Tage der Dank für das Geleistete und der Wunsch für
seine weitere Vollendung in ungebrochener Lebenskraft. Reinhold
Herz." |
Verlobungsanzeige von Erna Meier und Hugo Frank (1938)
Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der
Rheinpfalz" vom 1. April 1938: "Aus Oberlustadt. Fräulein
Erna Meier - Oberlustadt hat sich mit Herrn Hugo Frank -
Oberlustadt verlobt." |
Der Gemeindevorsteher Heinrich Meier (Mayer?) wandert
in die USA aus (1938)
Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der
Rheinpfalz" vom 1. Juni 1938: "Aus Oberlustadt. Am 30.
Mai wanderte der bisherige Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde
Oberlustadt, Herr Heinrich Meier nach USA aus. Er führte das
Vorstandsamt in treuer Pflichterfüllung und zur Zufriedenheit seiner
Gemeindemitglieder mehrere Jahre hindurch. Die besten Wünsche begleiten
ihn auf seinem Lebenswege in seiner neuen Heimat!" |
Erinnerung an die Deportation in das
südfranzösische Internierungslager Gurs im Oktober
1940: Grabstein für Julius Weil in Gurs
Grabstein für Julius Weil (geb. 19. Oktober 1864 in Oberlustadt), wohnte
in Speyer und Heidelberg.
Wurde am 22. Oktober 1940 in das
Internierungslager Gurs deportiert, wo er am 17. August 1941 umgekommen
ist. |
Erinnerung an die Deportation in das
südfranzösische Internierungslager Gurs im Oktober
1940: Grabstein für Wilhelm Weil in Gurs
Grabstein
für Wilhelm Weil (geb. 7. November 1882 in Oberlustadt), wohnte in
Walldorf und Langenlonsheim.
Wurde am 22. Oktober 1940 in das
Internierungslager Gurs deportiert, wo er am 17. August 1941 umgekommen
ist. |
Anzeigen
Schwester Lina Mayer empfiehlt sich als Wochenpflegerin
(1929)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Juni 1929: "Wochenpflegerin,
ärztlich geprüft. Ia Referenz. Streng rituell, empfiehlt sich:
Schwester Lina Mayer
Oberlustadt (Pfalz)." |
Zur Geschichte der Synagoge
1815 wird erstmals eine
Synagoge genannt. 1846 sollte diese wegen Baufälligkeit geschlossen werden.
Nach Einziehung von zwei Stützpfosten konnte sie bis zur Erstellung einer neuen
Synagoge weiter verwendet werden.
1846 kauften jüdische Gemeindeglieder aus Nieder- und Oberlustadt als
vereinigte Synagogengemeinde Oberlustadt einen Bauplatz zum Neubau einer
Synagoge. 1851 konnte eine (neue) Synagoge neben der Schule (das heutige
Gebäude Obere Hauptstraße 140) in der Rosengasse erbaut werden. Sie war
Mittelpunkt des jüdischen Lebens in den beiden Orten bis zu ihrer Zerstörung
1938. Die Synagoge war architektonisch geprägt von romanischen und
neuorientalischen Stilelementen. An der Westseite hatte es ein Eingangsportal
mit einem Hufeisenbogen, darüber ein Drillingsfenster sowie im Giebelfeld ein
als Davidstern ausgebildetes Fenster. Im Inneren gab es 120 Männersitze; auf
der Empore 70 Frauensitze. Acht Bronzeleuchter beleuchteten den Raum.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge durch ein SA-Kommando aus
Landau in Brand gesteckt. Das Gebäude ist dabei weitgehend ausgebrannt, zumal
sich die Feuerwehr auf den Schutz der Nachbargebäude beschränkte Die aus der
Synagoge herausgeschafften Ritualien, auch die Torarollen und der Toraschrein
wurden vor der Synagoge verbrannt. Eine Frau legte sich das liturgische Gewand
des Vorbeters an und äffte einen jüdischen Gottesdienst nach.
Die Ruine der ehemaligen Synagoge blieb nach 1945 stehen. 1971
wurde das Anwesen von der Jüdischen Kultusgemeinde verkauft. Der neue Besitzer
baute die Ruine unter Verwendung erhaltener Außenmauern zu einem bis heute
erhaltenen Wohnhaus um. Das Gebäude ist wie die ehemalige Synagoge etwa 15 m
von der Straßenfront zurückgesetzt und übernimmt augenscheinlich deren großes
Flächenmaß und die Firstposition und -richtung Ost - West. Das heute flache
Satteldach mit den flachen Giebeln, der breite moderne Eingang, die
Fenstergestaltungen, die Balkongestaltung an der Ostwand wie die Glasbausteine
sind erst beim Umbau entstanden.
Adresse/Standort der Synagoge: Röderstraße
3, daneben das Gebäude der ehemaligen jüdischen Schule (Röderstraße
5)
Fotos
(Quelle: Historische Karte: Gemeinde Lustadt; Foto 1963:
Landesamt s.Lit. S. 241; Fotos von 2011: Karl Erhard Schumacher, Römerberg)
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
November 2023: Zwei Presseartikel erinnern an die Ereignisse beim
Novemberpogrom 1938 in Oberlustadt |
1. Artikel von Hartwig Humbert in der
"Rheinpfalz" vom 9. November 2023: "Synagoge verbrannt, Wohnung verwüstet.
Geschichten aus der Geschichte: Nach der Machtergreifung nahmen Nazis auf
brutale Weise vor allem Juden ins Visier - auch die Familie Frank..."
Artikel ist als pdf-Datei eingestellt.
2. Artikel von Hartwig Humbert in der "Rheinpfalz" vom 12. November 2023: "Urteile
zehn Jahre nach Synagogenbrand. Geschichten aus der Geschichte: Im April
1948 kam es vor der Strafkammer des Landgerichts Landau zu einem Verfahren,
das Einblicke in die Vorgänge beim Brand der Synagoge im November 1938 in
Oberlustadt erlaubt. Fünf Lustadter saßen auf der Anklagebank..."
Artikel ist als pdf-Datei eingestellt. |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Liste 1809/10: Alfred Hans Kuby: Pfälzisches
Judentum gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte. Beitrag von
Wilhelm Kreutz: Die pfälzischen Juden der napoleonischen Ära:
Bevölkerungsentwicklung, regionale Ausbreitung und Sozialstruktur. S.
33-84. Zu Oberlustadt und Niederlustadt. S. 63. |
| Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis
heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz.
2005 S. 113.124. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 240-241 (mit weiteren Literaturangaben).
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Oberlustadt Palatinate.
The Jewish population was 188 in 1848 and 108 (total 1.370) in 1875. A cemetery
was opened in 1824 (and desecrated in 1828) and a synagogue in 1851 (together
with Niederlustadt). The two communities also operated a joint elementary school
in 1836-1905. In 1932, the Jewish population was 26. Most Jews left in the Nazi
era. From among the last ten deported to the Gurs concentration camp in October
1940, seven perished. Three others from the community also died in the
Holocaust. The synagogue was burned down on Kristallnacht (9-10 November
1938).
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|