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Synagogen im Kreis Fulda
Rothenkirchen
(Marktgemeinde Burghaun, Kreis Fulda)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(die Seite wurde erstellt unter Mitarbeit von Elisabeth
Sternberg-Siebert, Website
mit Seite
zu Rothenkirchen)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Rothenkirchen bestand eine kleine jüdische
Gemeinde bis um 1920. Ihre Entstehung geht mindestens in die Zeit des 18.
Jahrhunderts zurück. 1708 wird in einer Urkunde der "Schutzjude"
Löser genannt. Um 1774 gab es vermutlich drei jüdische Familien am Ort (damals
entrichteten Aron, Baruch und Samuel die zu bezahlenden Schutz- und
Neujahrsgelder).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1835 wurden 83 jüdische Einwohner gezählt, 1861 89, 1875 64.
Danach ging die Zahl durch Aus- und Abwanderung schnell zurück. 1887 war die Gemeinde
"nach Wegzug mehrerer Hauptfamilien bis auf etliche
7 bis 8 Haushaltungen reduziert" (vgl. Aufruf der Gemeinde unten aus der
Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. August 1887). Damals war Vorsteher
der Gemeinde Baruch Nussbaum. Die jüdischen Familienvorstände waren als Vieh-,
Waren- und Kleinhändler tätig, doch gab es (genannt um 1830) auch jüdische
Buchbinder und einen Schuhmacher.
1905 waren noch 40 jüdische Personen am Ort.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge s.u., eine
jüdische Schule und ein rituelles Bad. Im 19. Jahrhundert hatte die Gemeinde
zeitweise eine jüdische Elementarschule: 1842 wurde diese Schule von 14
Kindern besucht; 1879 konnte der "israelitische
Volksschullehrer" Levi Neumark sein 25-jähriges Ortsjubiläum feiern (siehe
Bericht unten). Das rituelle Bad befand sich in einem kleinen Fachwerkhaus (am
Ort "Badloch" genannt; das Gebäude wurde 1954 abgebrochen). Die Toten der
Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Burghaun beigesetzt.
1906 berichtete der Kreisvorsteher der israelitischen Gemeinden im Kreis
Hünfeld, dass die Synagogengemeinde Rothenkirchen nur noch aus zwei Mitgliedern
bestehen würde. Er beantragte die Auflösung der Gemeinde. Diese erfolgte vermutlich
kurze Zeit später; die noch in Rothenkirchen lebenden
jüdischen Personen der Gemeinde in Burghaun zugeteilt. Die
jüdischen Kinder der Gemeinde wurden von dem dortigen Lehrer unterrichtet (1915
von Lehrer Strauß berichtet, siehe unten).
Von den in Rothenkirchen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", hier teilweise unter
"Rothkirchen"): Rickchen
Bauer geb. Strauss (1886), Jette (Jettchen) Blumenthal geb. Fürst (1863),
Karoline Kaiser geb. Fürst (1864), Bertha Levi geb. Stern (1860), Fanny Löwenstein geb. Nussbaum (1885),
Johanna Lomnitzer (1869), Aron Nussbaum (1863), Selma Sander geb. Stern (1894), Carolina (Lina) Stern geb.
Strauss (1888), Lisette Stern geb. Nussbaum (1865), Abraham Strauss (1884),
Markus Strauss (1882), Nathan Strauss (1874).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer
25-jähriges Ortsjubiläum von Lehrer Levi Neumark
(1879)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Mai 1879: "Aus
dem Regierungsbezirk Kassel. Am 1. Mai dieses Jahres waren es 25
Jahre, dass der israelitische Volksschullehrer Levi Neumark seine Stelle
in Rothenkirchen Kreis Hünfeld angetreten hat, Da derselbe kein Freund
von öffentlichen Ehrenbezeugungen ist und deshalb diesen Tag wie jeden
andern vorübergehen lassen wollte, so war er umso mehr und freudiger
überrascht, als ihm am erwähnten Tag vom israelitischen Vorsteheramte zu
Fulda ein schöner Ruhesessel - begleitet von einem Glückwunsch- und
Anerkennungsschreiben in Anbetracht der überaus erfolgreichen Leistungen
in seiner Schule - verehrt wurde, - Neumark ist ein in jeder Hinsicht,
sowohl in den jüdischen als auch in den profanen Disziplinen praktischer
Lehrer und ein im Rabbinischen und in der jüdischen Literatur bewanderter
Gelehrter. Möge es ihm gestattet sein, noch recht lange bei steter
Gesundheit im Weinberge Gottes fortarbeiten zu können." |
Lehrer Strauß aus
Burghaun
unterrichtet auch in Rothenkirchen (1915)
Artikel in "Neue jüdische Presse / Frankfurter Israelitisches Familienblatt"
vom 10. Dezember 1915: "Fulda. Der in letzter Nummer erwähnte Fall
der zeitweiligen Auflösung der israelitischen Schulstelle zu
Wehrda steht
nicht vereinzelt da, sondern bildet im Bezirk Fulda die Regel.
Auch die
Stelle zu Mansbach hat dasselbe Schicksal ereilt, und hat der
Lehrer Stein
die evangelische Schule in Oberbreitenbach übernommen, während seine
Schüler der Ortsschule überwiesen sind und von ihm nur noch in Religion
unterrichtet werden. Genauso ist es in Tann, wo auch Lehrer Hecht wandern
muss, während in Burghaun Lehrer Strauß
außer an seiner Schule an der Ortsschule unterrichtet und auch nach Rothenkirchen muss. Dieser Herr
verrichtet, da er außerdem Religionsunterricht in
Eiterfeld und
Hünfeld
und die Schechita für den ganzen Bezirk hat, eine kaum zu bewältigende
Arbeit." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Aufruf zur Unterstützung einer armen Braut
(1887)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. August 1887: "Wohltätige,
edle Glaubensgenossen! In hiesiger Synagogen-Gemeinde, welche durch
Wegzug mehrerer Hauptfamilien bis auf etliche 7-8 Haushaltungen reduziert
ist, befindet sich auch eine sehr brave, fromme Familie, aber in sehr
dürftigen Verhältnissen; diese hat eine heiratsfähige Tochter, welche
schon längerer Zeit Braut ist, und die Hochzeit sollte in Kürze im
Monat Elul stattfinden. Jedoch fehlen noch einige Hundert Mark an der
versprochenen Mitgabe, die ohnehin nicht groß ist. Ich erlaube mir daher
den Hilferuf an Euch ergehen zu lassen. Edle Glaubensgenossen! Öffnet
auch diesmal Herz und Hand, wo es gilt diese große Weisung (Mizwa)
zur Bräutigamssuche (Hachnassat Kalla) in Ausübung zu bringen und
helfet, hier einem braven frommen Mädchen sein Lebensglück zu
begründen, damit es nun bald an das Ziel seines Vorhabens gelangen
kann.
Diese Angelegenheit wird durch den Herrn, Dein Gott gesegnet.
Gaben wolle man senden an Baruch Nussbaum, Synagogen-Ältester.
Rotenkirchen (Kreis Hünfeld, Regierungsbezirk Kassel),
17. Tammus 5647 = 9. Juli 1887).
Auch wir sind bereit, Gaben entgegenzunehmen und weiterzubefördern. Die
Expedition des 'Israelit'." |
Ergebnis der Spendensammlung für die arme
Braut
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. September 1887:
"Bei Unterzeichnetem sind für die arme Braut dahier eingegangen: von
H. Frank aus Mühlfeld bei Mellrichstadt 10 M., C.B. in Strelno (heute:
Strzelno, Polen), von einer Bade-Gesellschaft aus Baden-Baden 10 Mark, von
einem Brautpaare A. und M. aus Regensburg 54 Mark, M. Kahn aus Adelsheim 2
Mark, H. Levy aus Windecken 4 Mark, durch Rabbiner Dr. Koreff in Hanau: M.
Neuhaus aus Salmünster und von einem Ungenannten allda 8 Mark, von einem
Badegast aus Salzschlirf (Rosenthal aus New York; 5 Mark, von einem
Ungenannten aus Gelnhausen 10 Mark.
Baruch Nußbaum, Synagogenvorstand aus Rotenkirchen bei Hünfeld (Regierungsbezirk
Kassel).
Indem ich andurch den richtigen Empfang obiger Summen bescheinige, sage
zugleich namens der Braut den edlen Gebern meinen herzlichsten Dank mit
der Bitte um weitere
Berücksichtigung." |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine Synagoge unbekannten Baujahres war in der Ortsmitte vorhanden.
Es handelte sich um einen Lehmfachwerkbau.
Nach Auflösung der Gemeinde wurde das Synagogengebäude verkauft und 1908
zu einem bis heute bestehenden Wohnhaus umgebaut.
Adresse/Standort der Synagoge: Brunnenstraße
Fotos:
Das Gebäude
der ehemalige Synagoge
(alle Fotos aus der Sammlung von Elisabeth Sternberg-Siebert) |
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Festzug durch die
Brunnenstraße vorbei
an der ehemaligen Synagoge (links) |
Die ehemalige Synagoge -
vermutlich
in den 1920er-Jahren |
Das Gebäude der
ehemaligen Synagoge (2009) |
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Rechts: das Gebäude
der
ehemaligen Mikwe, 1954 abgebrochen
(Foto aus der Sammlung
Herbert Jacob, Rothenkirchen) |
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I, S. 104-105 unter "Burghaun". |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 393-394 (Artikel Burghaun). |
| Elisabeth
Sternberg-Siebert: Jüdisches Leben im Hünfelder Land: Juden in
Burghaun. Verlag Michael Imhof, Petersberg 2008. ISBN
978-3-932526-14-5 (2. erweitere Auflage). 320 Seiten mit zahlr.
Abb. Weitere
Informationen auf pdf-Datei.
vgl. auch Website von
Elisabeth Sternberg-Siebert. Seite
zur jüdischen Geschichte in Rothenkirchen |
| Juden in Deutschland
und 1000 Jahre Judentum in Fulda.
hrsg. von Michael Imhof. Zukunft Bildung Region Fulda e. V.
Erschienen im Michael Imhof Verlag
Petersberg 2011.
24 x 30 cm, 440 Seiten, 700 S/W und 200 Farbabbildungen, Hardcover. ISBN 978-3-86568-673-2
(D) 44,00 € CHF 62,90 (A) 45,25 €
Zu Rothenkirchen Beitrag nach Elisabeth Sternberg-Siebert S. 352-353.
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