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zu den Synagogen in
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Pforzheim (Stadtkreis Pforzheim)
Jüdische Geschichte / Synagogen (bis 1938/40)
Übersicht
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
(english version)
In Pforzheim bestand eine jüdische Gemeinde im Mittelalter und in der Neuzeit
bis 1938/40. Im Mittelalter werden Juden erstmals 1260 im Zusammenhang
mit einem angeblichen Ritualmord und einer Judenverfolgung genannt. Die
Judenverfolgung während der Pestzeit 1348 vernichtete die Gemeinde. Vom 15.
bis 17. Jahrhundert waren Juden vereinzelt in der Stadt (1463 bezeugt). In
der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts waren unter den Juden in Pforzheim auch
einige Ärzte. 1614 wurden die Juden vertrieben. Zu einer Wiederansiedlung kam
es ab 1670.
Hinweis zur These der angeblichen Margarethenkapelle in der Schlosskirche
Pforzheim und ihres Bauschmucks, verbreitet im 1939 erschienenen Denkmalinventar
der Stadt Pforzheim. Diese wird nach neueren Recherchen inzwischen als
antisemitisch abgelehnt. Nach ikonologischer Recherche und Gesprächen mit
Anneliese-Seeliger-Zeiss (Forschungsstelle Deutsche Inschriften, Heidelberger
Akademie der Wissenschaften) hat Christoph Timm (vgl. Literatur) eine Gegenthese
entwickelt, die Eingang in die Denkmaltopographie der Stadt Pforzheim gefunden
hat (hrsg. Landesdenkmalamt und Stadtarchiv Pforzheim 2004). Anstelle von "Jude"
und "Margaretha" sind nach seiner Überzeugung Goliath und David gemeint, das
Untergeschoss der Kapelle wurde nach jüngeren bauarchäologischen Erkenntnisse
eindeutig als Beinhaus genutzt. Die Verehrung der Margaretha in einem vom
Markgrafen gestifteten Steinsarg (datiert 1260) fand nach den Schriftquellen als
Elevation im Langhaus statt (vgl. Jüdisches Leben im Nordschwarzwald, S. 58).
Im 18./19. Jahrhundert nahm die Zahl jüdischer Einwohner in Pforzheim,
auch durch Zuzug von Landgemeinden (u.a. Königsbach),
zunächst langsam, dann stark zu. 1709 waren es fünf, 1784 dreizehn jüdische
Familien.
Zwischen 1861 und 1925 wuchs die Gemeinde um mehr als das Fünffache: Die
höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um 1927 mit 1.000 Personen
erreicht.
Die Pforzheimer Juden lebten bis zum frühen 18. Jahrhundert vor allem vom
Handel und von Handlungen. 1739 betrieben sie in der Stadt sechs offene Kramläden
mit allen möglichen Waren. Im 19. Jahrhundert gab es viele jüdische Gold-,
Silber-, Perlen- Schmuckwaren- und Uhrengroßhändler. Auch entstanden
zahlreiche jüdische Schmuck- und Uhrenfabriken sowie andere Fabriken.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde insbesondere eine Synagoge
(s.u.), eine jüdische Schule (Konfessionsschule bis 1876, danach
Religionsschule), ein rituelles Bad und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Kantor tätig war.
Im
Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Otto Siegmund
Bloch (geb. 1880 in Pforzheim, gef. 1914), Leutnant Max Bonheim (geb. 1878 in
Schwerin, gef. 1916), Unteroffizier Hugo Emsheimer (geb. 1884 in Pforzheim, gef.
1918), Hans Fuld (geb. 1896 in Pforzheim, gef. 1916), Julius Heilbrunn (geb.
1888 in Nordhausen, gef. 1915), Louis Hilb (geb. 1880 in Aufhausen, gef. 1916),
Fritz Kahn (geb. 1895 in Pforzheim, gef. 1914), Bernhard Levide (geb. 1895 in
Pforzheim, gef. 1914), Moritz Maier (geb. 1883 in Pforzheim, gef. 1918),
Unteroffizier Julius Marx (geb. 1890 in Karlsruhe, gef. 1917), Karl Schlesinger
(geb. 1881 in Pforzheim, gest. an den Kriegsverletzungen 1912), Unteroffizier
Max Sternberg (geb. 1886 in Neustadtgödens, gef. 1917), Unteroffizier Fritz
Sundheimer (geb. 1891 Frankfurt am Main, gef. 1918). Außerdem sind
gefallen: Gefreiter Leopold Adler (geb. 1889 in Pforzheim, vor 1914 in Stuttgart
wohnhaft, gef. 1916), Ludwig Metzger (geb. 1895 in Pforzheim, vor 1914 in
Mannheim wohnhaft, gef. 1917), Max Edmund Schorsch (geb. 1897 in Pforzheim, vor
1914 in Bruchsal wohnhaft, gef. 1917).
Das Foto zeigt die Gedenktafel für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges auf
Pforzheim, die sich heute im jüdischen
Friedhof Haid- und Neustraße in Karlsruhe befindet.
Bis zu Beginn der NS-Zeit 1933 waren in jüdischem Besitz etwa
15 Textilwarengeschäfte, sieben Schuhgeschäfte, sieben Metallwaren- und
Eisenhandlungen, zwei Kaufhäuser und anderes mehr. Mehrere jüdische Ärzte und
Rechtsanwälte praktizierten in der Stadt.
Auf Grund der Judenverfolgungen und -ermordungen in der NS-Zeit kamen von den
1933 in Pforzheim wohnhaften 770 jüdischen Personen mindestens 190 ums Leben.
29 Schicksale sind ungeklärt/unbekannt.
Weitere Informationen siehe: Dokumentation
der zwischen 1919 und 1945 in Pforzheim geborenen bzw. ansässigen jüdischen
Bürgerinnen und Bürger und deren Schicksal (online zugänglich über
die Website der Stadt; Autor: Gerhard Brändle).
Online-Dokumentation siehe: https://www.pforzheim.de/kultur-freizeit/stadtgeschichte/juedische-buerger.html
Zur neuen Gemeinde nach 1945: hier
anklicken
Berichte/Texte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers und
Vorsängers (1874)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 17. November 1874: "Die Religionsschul- und
Vorsängerstelle bei der israelitischen Gemeinde Pforzheim (im
Großherzogtum Baden) ist durch einen musikalisch gebildeten Lehrer und
Vorsänger zu besetzen. Jährlicher fester Gehalt 800 Gulden (welcher bei
besonderer Tüchtigkeit des Bewerbers noch erhöht wird) bei freier
Wohnung, einem erhöhten Schulgelde und Gelegenheit zu einem nicht
unbedeutenden Nebenverdienste. Meldung unter Vorlage von Zeugnissen bei
der Bezirkssynagoge Karlsruhe binnen vier
Wochen." |
Werbung für die jüdische Knabenpension des
Kantors Emil Bloch (1878)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. August 1878: "Pension!
Knaben, welche die hiesigen Lehranstalten (Progymnasium, sechsklassige höhere
Bürgerschule, Kunstgewerbeschule) besuchen, finden beim Unterzeichneten
Aufnahme, gewissenhafte Pflege und Überwachung, Nachhilfe im Unterrichte,
sowie jede gewünscht Unterweisung in den israelitischen Religions- und
Schriftfächern. Nähere Auskunft haben die Güte zu erteilen: Herr Dr.
Schneider, Direktor des Progymnasiums und der höheren Bürgerschule hier;
Herr Dr. Schwarz, Stadt und Bezirksrabbiner in Karlsruhe. Kantor E.
Bloch,
Hauptlehrer an der höheren Bürgerschule in Pforzheim (Baden)." |
Zum Tod des Kantors und Lehrers Elias / Emil Bloch (Lehrer in
Pforzheim von 1875 bis zu seinem Tod 1893)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Juni 1893: "Pforzheim,
4. Juni (1893). Am 3. dieses Monats verschied nach nur sechstägiger
Krankheit in Folge einer Herzlähmung unser seit 1875 in hiesiger Gemeinde
als Kantor und an der hiesigen Realschule als Lehrer wirkende Herr Emil
Bloch, Reallehrer, im 59. Lebensjahre. Die israelitische Gemeinde verliert
an dem Verstorbenen einen in jeder Beziehung hochachtbaren, mit großem
Wissen begabten Lehrer und Kantor. Die große Beteiligung an seinem
Leichenbegängnisse seitens aller Konfessionen war ein beweis dafür. Sein
vielseitiges Wissen, seine Verdienste als Lehrer, als Kantor etc. wurden
von dem Rabbiner Herrn Dr. Sondheimer aus Heidelberg in ergreifenden
Worten geschildert. Der Direktor der hiesigen Realschule Herr Stocker
schilderte in beredten Worten seine guten Eigenschaften und seine eifrige
Tätigkeit. Ehre seinem Andenken." |
Zum Tod von Kantor Emil / Elias Bloch (1893)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Juni 1893: "Pforzheim. Kaum ist
unsere neue Synagoge eingeweiht, so raubt uns der Tod ganz plötzlich den
Mann, der berufen war, dort 'vor Gott zu dienen.' Kantor Elias Bloch
ist ganz plötzlich gestorben. Er war ein hervorragender Kantor mit außerordentlichen
Stimmmitteln begabt, ein sehr tüchtiger Religionslehrer. Da er auch das
Reallehrer-Examen bestanden hatte, wurde er gleichzeitig von der
Oberschulbehörde als Reallehrer am hiesigen Realgymnasium angestellt." |
Der Hauptlehrer und Kantor der jüdischen Gemeinde
Sommer wird zum Stadtverordneten gewählt (1911)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 21. Juli 1911: "In Pforzheim fanden in den letzten
Tagen die Wahlen für den Bürgerausschuss statt. Bei dieser Gelegenheit
wurde auch der Kantor der jüdischen Gemeinde, Hauptlehrer Sommer,
als Stadtverordneter in die städtischen Kollegien gewählt. Es ist
erfreulich, dass man in einer solch bedeutenden Industriestadt dem
Lehrerstand gebührend Rechnung trägt." |
Neueröffnung eines jüdischen Volksschule (1936/37)
Artikel
in der Zeitschrift des "Central-Vereins" (CV-Zeitung) vom 11. Januar 1936:
"Neuerungen im Schulwesen. Nachdem schon längere Zeit an den
Volksschulen, in Mannheim, Heidelberg, Bruchsal und Emmendingen die jüdischen
Schüler in besonderen Klassen zum Unterricht durch jüdische Lehrer
zusammengefasst worden sind, ist das gleiche Anfang September auch in
Karlsruhe geschehen. Die dortige jüdische Schulabteilung zählt etwa 210
Schüler. Nach den Herbstferien folgt die Eröffnung jüdischer
Schulabteilungen an den Volksschulen in Freiburg und Pforzheim. Für
einige andere Gemeinden ist die Gründung jüdischer Schulklassen zu
Ostern 1937 in Aussicht genommen: alsdann wird der größte Teil aller jüdischen
Volksschüler in Baden in solchen Klassen erfasst sein." |
Versammlung gegen den Antisemitismus (1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1891: "Pforzheim, 17.
November (1891). Vor einer Versammlung von etwa 450 Personen, die Herr
Fabrikant Ferdinand Kiehnle mit beifällig aufgenommener Ansprache eröffnete,
sprach Herr Pfarrer Gräbner gegen den Antisemitismus. Er nennt denselben
den Ausdruck mittelalterlicher Unduldsamkeit und eine Geschäftsmache
seiner Agitatoren. In zweistündigem Vortrag unterzog Redner die
verschiedenen bisher sich selbst befehdenden Richtungen des Antisemitismus
einer äußerst scharfen Kritik. Die programmatischen Forderungen
desselben seien weder liberal noch national, noch überhaupt durchführbar,
wie selbst die antisemitische Autorität, Heinrich von Treitschke,
nachweise. Die Judenfrage sei eine Rassen- und Religionsfrage. Als erstere
fehle ihr schon insofern jede Berechtigung, da heutzutage kein einziger
Deutscher mit Gewissheit sich zur reinen germanischen Rasse zählen könne.
Die Religion soll nicht trennend, sondern verbindend sein. Die jüdische
Religion entspreche durchaus dem Gesetz der christlichen Nächstenliebe.
Des Näheren sprach sich Redner aus über die Juden als Handwerker, als Träger
deutscher Sprache in dem Osten des Reiches, über den Wucher und die
gegenwärtig vom Antisemitismus ausgebeuteten Fallimente Berliner Bankhäuser,
deren Bloßstellung von jedem anständigen Juden mit Freunden begrüßt
werde, weil auf diese Weise an den Tag trete, wessen Geschäfte reell und
wessen unreell sind. dass die hohe Aristokratie, die erklärte Todfeindin
der Börse, doch auch im Stillen mit Papierchen arbeite, gehe aus dem Fall
Wolff (Christ) und Hirschfeld hervor. Bei Besprechung der antisemitischen
Presse, insbesondere der des Leipziger Fritsche, gab Redner eine Blütenlese,
die an Schmutz und Rohheit allerdings das Menschenmögliche leistet. Von
den Gegnern meldete sich niemand zu Wort. Mit einem begeistert
aufgenommenen Appell an die Einigkeit und den Frieden des Zusammenlebens
und einer Aufforderung, dem antisemitischen Treiben energischen Widerstand
zu leisten, was in der Stadt Reuchlins doppelte Pflicht sei, schloss
Redner mit einem Hoch auf das deutsche Vaterland. Herr Heinrich Bloch
forderte jeden auf, seine Klagen vorzubringen, die er gegen irgendeinen
der hiesigen Juden vorzubringen habe und erklärte es als eine Schmacht,
dass man an dem hiesigen Platz, wo doch bisher die Juden in Eintracht mit
anderen Konfessionen gelebt, diese wüste Agitation getragen habe. In
gleichem Sinne äußerte sich Herr Kantor Bloch, der seinem tiefsten
Bedauern Ausdruck gab, dass die jüdische Religionslehre, welche vom
Staate anerkannt sei, und in welche jedermann Einsicht nehmen könne, in
unqualifizierbarer Weise von jungen, lernbedürftigen Menschen in den Kot
gezogen werde, während ganz allein nur das gelehrt werde, was auch das
Christentum als Recht und Sitte vorschreibe." |
Berichte aus dem 20. Jahrhundert
In Pforzheim kleben Schüler antisemitische Zettel an
die Häuser (1920)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 19. Februar 1920: "Karlsruhe. Im Landtag erwähnte Stockinger
(Soz.), dass in Pforzheim Schüler, die dem Schutz- und Trutzbund
angehören, antisemitische Zettel an die Häuser klebten. Ferner lag eine
sozialdemokratische Interpellation über die Karlsruher Vorgänge gegen
die Berufung des Direktors Meyer der Auergesellschaft in Berlin vor.
Unterrichtsminister Hummel erwiderte, dass in einem Erlass erneut
auf das Verbot der Beteiligung von Schülern an Vereinigungen jeder Art
hingewiesen wurde, und dass die bedauerlichen Vorgänge an der Technischen
Hochschule zu Karlsruhe auf die Verhetzung durch die Rechtsparteien
zurückzuführen seien; doch werde die Regierung auch in Zukunft sich
nicht davon abhalten lassen, auf die Lehrstühle die Tüchtigsten zu
berufen; bei Wiederholung des Karlsruher Falles würde die Regierung
sofort die Hochschule schließen, um zu zeigen, dass sie der Herr im Hause
ist und nicht die Studenten". |
Gemeinsamer Ausflug der Jüdischen Jugendbünde
Pforzheim, Rottweil und Stuttgart (1931)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Mai 1931: "Stuttgart. Auf
Veranlassung des Pforzheimer jüdischen Jugendbundes trafen sich die
Jugendbünde Pforzheim, Rottweil und Stuttgart am Sonntag, den 12.
April, in Calw, um eine gemeinsame Fahrt nach dem Zavelstein-Teinach und
zurück nach Calw und Kloster Hirsau zu machen. Die Beteiligung an dieser
Trefffahrt war recht gut.
Wenn es eine Möglichkeit gibt, dem Geist der Zusammengehörigkeit und
nicht zuletzt den Anstrengungen des Alltages gerecht zu werden, so sind es
diese Treff- und Wanderfahrten der jüdischen Jugendbünde.
Abgesehen von der gesunden, herrlichen Wanderungen, wurde der Tag mit
Diskussionen über alle leid über allerlei Tagesfragen, mit Fußball- und
Handballspielen usw. ausgefüllt. Es wurde auch der Vorschlag gemacht, bei
derartigen Trefffahrten jeweils in einer ein- bis anderthalbstündigen
Arbeitsgemeinschaft ein vorher bestimmtes Thema zu behandeln, um dann die
Meinungen der verschiedenen Teilnehmer in einer Diskussion zu hören.
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass der Tag ein voller Erfolg war.
Allseits wurde der Wunsch geäußert, recht bald wieder so schöne und
vergnügte Stunden zusammen zu verbringen. S. W." |
Berichte
zu einzelnen Personen und persönliche Mitteilungen
Über den Dichter Leopold Landau in Pforzheim
(1894)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. August 1894: "Neue Dichtungen.
Es ist keineswegs gesagt, dass die Produkte eines Dichters nur dann von
Wert sind, wenn sein Name zu den vielgenannten gehört und die Muse ihn zu
ihren 'Lieblingen' zählt. Wir haben hier nicht die Gattung der 'verkannten Genies' im Auge, sondern diejenigen Poeten, die zu
bescheiden und zu – unpraktisch sind, um von sich reden zu machen und
doch Anspruch auf die Beachtung weiterer Kreise hätten. Zu diesen gehört
auch Leopold Landau in Pforzheim, von dem jüngst wieder, in einem Bändchen
vereinigt, zwei neue Dichtungen 'Der Irrenarzt' und 'Der erste
Prophet' erschienen sind. Im erstgenannten Poem schildert der Verfasser
das tragische Geschick eines israelitischen Arztes; im zweiten feiert er
Moses als den genialen Gesetzesüberbringer und den Mann mit dem eisernen
Willen, der die Sklavenketten seines Volkes gebrochen und ihm den Glauben
an seinen Gott wiedergegeben hat. Landau rechnet sich zu denjenigen
Autoren, 'welche von dem Zauber unserer heiligen Schriften angezogen,
forschend und träumend in denselben lustwandeln'. Darum behandelt er
auch mit Vorliebe biblische Stoffe, nicht in trockener geräumter Erzählung,
sondern in lebendiger Darstellung und in schöner, fast zu blumenreicher
Sprache, die er in schwungvolle Verse zu kleiden versteht. Seine
Dichtungen, ohne Vorurteil und ohne eigentliche Tendenz, atmen den überzeugungsfrohen
Glauben an den 'ewigen unveränderlichen Geist der Religion', und
dieser Glaube ist es auch, der ihm ein inniges Anschmiegen an seinen
Gegenstand gestattet und ihn begeistert für die Legenden vergangener
Jahrtausende. Dass die Schöpfungen Landaus auch mancherlei Unebenheiten
aufweisen, dass einzelnen Stellen kleine, sprachliche Gebrechen anhaften
und etliche Ausdrücke und Begriffe sich häufig wiederholen, die Lust am
Moralisieren mitunter überwiegt und Schiller'sches Pathos und
Heine'sche Reimvirtuosität nicht immer eine glückliche Mischung
bilden, - diese Nachteile werden reichlich ausgeglichen durch die
vorhandenen Vorzüge und die unleugbare dichterische Begabung des Autors.
Auf Letzteren die verdiente Beachtung zu lenken und zum Lesen seiner bis
jetzt im Selbstverlag erscheinenden Schriften anzuregen, ist der Zweck
dieser Zeilen." |
Privatier August Oppenheim wurde in den Synagogenrat
gewählt (1907)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 28. Juni 1907: "Pforzheim. Privatier August Oppenheim wurde
in den Synagogenrat gewählt." |
Auszeichnung der Witwe von Bankier Robert Block zum
25-jährigen Jubiläum als Vorsitzende des Jüdischen Frauenvereins (1912)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. Oktober 1912: "Der Frau Bankier Robert Bloch
Witwe in Pforzheim wurde aus Anlass ihres 25-jährigen Jubiläums als
Vorsitzende des Jüdischen Frauenvereins von Seiner Königlichen Hoheit
dem Großherzog von Baden die Friedrich-Luisen-Medaille verliehen". |
Leutnant Max Bonheim ist gefallen (1916)
Mitteilung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. Juli 1916:
"Pforzheim. Leutnant Max Bonheim, Inhaber des
Mecklenburgischen Verdienstkreuzes und des Eisernen Kreuzes, ist
gefallen." |
Das Kriegsverdienstkreuz und das Kriegshilfekreuz wird verleihen (1916)
Artikel
im Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 3. November 1916:
"Pforzheim. Das vom Großherzog von Baden gestiftete Kriegsverdienstkreuz
erhielten hier unter anderen Oberamtsrichter Dr. Levis, Oberlehrer und
Kantor David Sommer, Generalagent Julius Straus, Leiter des
Reservelazaretts Siloah Arzt Dr. Hermann Netter, praktischer Arzt Dr.
Wilhelm Rosenberg, Fabrikant Artur Schlesinger und sein Bruder
Unteroffizier Ludwig Schlesinger, beide zurzeit in
Karlsruhe.
Das Kriegshilfekreuz wurde verliehen an Frau Bankier Henriette
Bloch Witwe, Fabrikant Paul Joseph, Fabrikant Emil Zerninger, Fabrikant
Artur Schlesinger." |
Zum Tod von Sarah Metzger geb. Fröhlich (1927)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Dezember 1927: "Pforzheim, 20.
Dezember (1927). Am 20. Kislew wurde hier Frau Sarah Metzger geb. Fröhlich
zu Grabe getragen. Die Verewigte entstammte einer alten, angesehenen, württembergischen
Familie, deren Ahnen in Rexingen sich stets für die Pflege der Tauroh
(Tora) eingesetzt haben. Mit ihrem Gatten zusammen, Hermann Metzger –
seligen Andenkens -, der ihr bereits 15 Jahre im Tode vorausging, lebte
sie ein echt harmonisches Familienleben und war bestrebt, ihre Kinder für
die jüdischen Ideale zu begeistern. Bescheidenheit, Sinn für alles Gute,
Edle und Menschliche waren die hervorragendsten Züge ihres Charakters.
Schwere Schicksalsschläge sollten ihrem Leben nicht erspart bleiben, doch
vermochten sie alle ihre Hoffnung für die Zukunft nicht zu erschüttern.
So durfte sie noch im Sommer die Nachricht von der Ankunft eines Enkels
auf heiliger Erde in Jerusalem erleben. Die Beerdigung war ein beredtes
Zeugnis der Beliebtheit der Verstorbenen. In der Trauerhalle entwarf Herr
Kantor Sommer ein Lebensbild der Verblichenen. In schmerzbewegten Worten
nahm alsdann am offenen Grabe ein Verwandter im Namen der Angehörigen
Abschied von der Verewigten. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Geburtsanzeige für eine Tochter von Louis Reutlinger und
Else geb. Hamburger (1936)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Dezember 1936: "Gott
sei gepriesen. Louis Reutlinger und Frau Else geb. Hamburger zeigen
die glückliche Geburt einer Tochter hocherfreut an. Pforzheim 20.
Dezember 1936 (+ hebräisches Datum 6. Tewet 5697). Zurzeit
Privatklinik Dr. Hirsch, Karlsruhe, Karlstraße 52". |
Anzeigen
Anzeige der Goldwarenfabrik vom Emil Rothschild (1903)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 28. Mai 1903: "Emil Rothschild.
Telephon 1020. Pforzheim. Tel.-Adr.: Rothschild.
Goldwarenfabrik mit elektrischem Betrieb." |
Ausschreibung der Stelle des Schochet und Gemeindedieners
(1920)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juni 1920: "Zum 1. September
dieses Jahres suchen wir einen Schochet und Gemeindediener. Bewerber
wollen sich mit Zeugnisabschriften, Angaben bisheriger Tätigkeit,
Familienverhältnissen und Gehaltsansprüchen an den Unterzeichneten
wenden. Synagogenrat Pforzheim" |
Zwei Geburtsanzeigen von zwei Söhnen von Louis
Reutlinger und Else geb. Hamburger (1925/1929)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. November 1925:
"Die - Gott sei gepriesen -
glücklich erfolgte Geburt eines kräftigen Stammhalters zeigen
hocherfreut an
Louis Reutlinger und Frau Else geb. Hamburger.
Pforzheim, 31. Oktober 1925 / Schabbat Lech Lecha." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. April 1929: "Gott
sei gepriesen.
Louis Reutlinger und Frau Else geb. Hamburger
zeigen die glückliche Geburt eines zweiten Jungen in dankbarer Freude
an.
Pforzheim Schabbat Haggadol 5689 / 20. April
1929." |
Geburtsanzeige eines Sohnes von Siegmund und Johanna
Reutlinger geb. Hamburger (1925)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Juni 1925: "Die -
Gott sei gepriesen -
glückliche Geburt eines kräftigen Stammhalters zeigen in dankbarer
Freude an
Siegmund und Johanna Reutlinger geb. Hamburger.
Pforzheim, 8. Juni 1925. Kronprinzenstraße
25." |
Verlobungsanzeige von Edith Rosenbaum und Prof. Simon
Kassewitz sowie Geburtsanzeige ihrer Tochter Eva-Marianne (1929 / 1930)
Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 11. Januar 1929:
"Edith Rosenbaum - Professor Simon Kassewitz
Studienrat
Verlobte
Kassel Moltkestraße 9 - Pforzheim (Baden) Untere Au
45.
Zuhause: Sonntag, 3. Februar 1929." |
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Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 25. April 1930:
"Eva-Marianne. Die glückliche Geburt eines gesunden Mädels
zeigen hocherfreut an
Professor Kassewitz und Frau Edith geb. Rosenbaum.
Pforzheim, den 24. April 1930.
Bertholdstr. 24, z.Zt. Trudpert-Krankenhaus." |
Verlobungsanzeige von Helene Spira und Josef Spinat
(1930)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
30. Mai 1939: "Statt Karten
Helene Spira Josef Spinat. Verlobte.
Pforzheim Frankfurt am Main. Empfang in Frankfurt am
Main, Börnestraße 27, Montag, 2. Juni 1930." |
Sonstiges
(Dokumente - wenn nicht anders vermerkt - aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries;
Anmerkungen gleichfalls - wenn nicht anders vermerkt - von P. K. Müller)
Postkarte
an die Herren S.B. Schlesinger
in Pforzheim (1891) |
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Die Postkarte wurde aus Kopenhagen (Dänemark) an die Herren
S.B. Schlesinger & Co. in Pforzheim am 15. Dezember 1891 versandt. Kartenempfänger war die Bijouterie- und Kettenfabrik Samuel B. Schlesinger & Co.
Ein Miteigentümer der Schmuckfabrik war Arthur Schlesinger (geb. 19. Oktober 1875 in Pforzheim, verheiratet mit
Bertha geb. Kahn; das Ehepaar hatte eine Tochter: Elisabeth
Schlesinger, geb. 29. Dezember 1905). Die Familie emigrierte in der
NS-Zeit nach Großbritannien, wo Arthur Schlesinger bereits 1941 starb. Ein Grabstein auf dem
neuen jüdischen Friedhof in Pforzheim ist, erinnert an das Ehepaar.
Ein weiterer Mitinhaber der Fa. Schlesinger & Co war Ludwig
Schlesinger (geb. 10. Januar 1870), der am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert
wurde und dort am 19. September 1941 umgekommen ist. An sein Schicksal erinnert ebenso ein Grabstein auf dem
neuen jüdischen Friedhof.
Quellen: http://grabsteine.genealogy.net/tomb.php?cem=1026&tomb=121&b=a&lang=de
http://grabsteine.genealogy.net/tomb.php?cem=1026&tomb=387&b=a&lang=de
Gerhard Brändle: Die jüdischen Mitbürger der Stadt Pforzheim. 1985. S. 194. |
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Wertbrief
an Rechtsanwalt
Dr. Levy in Pforzheim (1908) |
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Abgebildet ist die Vorderseite
eines Wertbriefes, adressiert an Herrn Rechtsanwalt Dr. Levy, versandt
innerhalb von Pforzheim am 3. November 1908; über Dr. Levy liegen keine
weiteren Informationen vor. |
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Ansichtskarte:
Pforzheimer Marktplatz
mit den Geschäften von Daniel Fischl
und Gustav Feldmann (1911) |
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Die Ansichtskarte
zeigt den Marktplatz in Pforzheim mit dem Geschäften von Daniel Fischl und Gustav
Feldmann. Die Karte wurde am 29. Juni 1911 nach Paris versandt.
Daniel Fischl (geb. 13. März 1873 in Alt-Zedlisch, Altzedlich/Böhmen)
lebte in Freiburg. Erst im September 1939 zog er von Freiburg nach Pforzheim. Am 22. Oktober 1940 wurde er nach Gurs deportiert.
Gustav Feldmann (geb. 22. Mai 1870) heiratete 1897 Rosa geb. Fischl
von Alt-Zedlitsch (geb. 12. Oktober 1877; Schwester von Daniel Fischl).
Die beiden hatten vier Kinder: Gertrud (geb. 8. Januar 1898, später
verheiratete Baer), Irma (geb. 19. August 1899), Paul (geb. 28. August 1901 in Pforzheim) und
Erna (geb. am 21. April 1903, später verheiratete Santerre). Gustav
Feldmann starb in Freiburg am 3. Dezember 1938 wenige Wochen nach dem
Novemberpogrom an einem Herztod. Rosa Feldmann wurde am 22. Oktober 1940 ins Lager Gurs deportiert. Bereits am 19. November 1940 kam
sie wegen der dort herrschenden unmenschlichen Lebensbedingungen und fehlender medizinischer Hilfe im Alter von 63 Jahren zu Tode. In Freiburg erinnert ein Stolperstein an ihr Schicksal.
Quellen: https://www.pz-news.de/pforzheim_artikel,-Gedenkfeier-am-Hauptgueterbahnhof-Deportierte-sind-nicht-vergessen-_arid,1129486.html
https://www.pforzheim.de/kultur-freizeit/stadtgeschichte/juedische-buerger.html
http://stolpersteine-in-freiburg.de/rosa-feldmann.html |
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Ansichtskarte:
Pforzheimer Marktplatz mit dem Geschäft für Herren- &
Knaben-Bekleidung von Theodor Rindsberg sowie Spier's Schuhwarenhaus Fa.
Louis Loebenberg und dem Geschäft von Gustav Feldmann (versandt
1910) |
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Die Ansichtskarte
vom Marktplatz in Pforzheim mit den genannten Geschäften wurde am 7.
März 1910 von Pforzheim nach Rotterdam verschickt. Das Geschäft von
Theodor Rindsberg befindet sich auf der rechten Seite (links von
Spier's Schuhwarenhaus Fa. Louis Loebenberg) |
Ausschnittvergrößerungen:
links die Geschäfte von Theodor Rindsberg und Louis Loebenberg, rechts
das Geschäft von Gustav Feldmann (siehe oben) |
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Ansichtskarte:
Pforzheimer Marktplatz
mit dem Kaufhaus der
Geschwister Knopf (versandt 1908) |
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Die Ansichtskarte vom Pforzheimer Marktplatz
zeigt am linken Kartenrand das Warenhaus der Geschwister Knopf; die Karte wurde am 13. Juli 1908 nach Wiesbaden verschickt.
Bereits Anfang April 1933 berichtet der Pforzheimer Anzeiger vom Boykott jüdischer
Geschäfte in Pforzheim. Schon einige Zeit vor Beginn des Boykotts am 1. April 1933
um 10 Uhr hatten sich Menschenmengen vor dem Kaufhaus Geschwister Knopf und
dem Kaufhaus Landauer versammelt und sich Posten der SA vor den Eingängen der
Kaufhäuser als auch anderer jüdischen Geschäfte postiert. In einer Übersicht, die vom Badischen Finanz - und Wirtschaftsministerium erteilten
Genehmigungen zur "Entjudung" von Warenhäusern, Kaufhäusern usw. betreffend, als
Folge der Verordnung zur Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. April 1938,
findet sich zum Pforzheimer Kaufhaus Geschwister Knopf folgende Angabe:
"Warenhaus Geschwister Knopf, Einzelinhaberin Frau Marg. Levis, geb. Knopf in Karlsruhe.
Arische Erwerber - E. Laplow K.G. in Pforzheim, - erteilte Genehmigung - 19.11.1938".
Quellen: Gerhard Brändle: Die jüdischen Mitbürger der Stadt Pforzheim. 1985,
S. 72-73.83.
Michail Fundaminski: Aus der Vergangenheit Pforzheimer Warenhäuser. In:
Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. 155. Bd. Stuttgart 2007 S.
505-531.
http://de.wikipedia.org/wiki/Warenhaus_Geschwister_Knopf
http://de.wikipedia.org/wiki/Warenhäuser_Knopf
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Weitere
Ansichtskarten des Marktplatzes mit dem
Kaufhaus der Geschwister Knopf und dem Kaufhaus Wronker
(Karten zwischen 1899 und 1910) |
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Die zwischen 1899 und 1910 erstellte Ansichtskarte
(links) zeigt den Pforzheimer Marktplatz mit dem
Warenhaus Geschwister Knopf aus einer anderen Richtung (vgl.
oben). Links neben dem Warenhaus der Geschwister Knopf (erhöhter Bau;
vgl. Ausschnittvergrößerung oben) stand das Warenhaus Wronker (Hermann Wronker AG https://de.wikipedia.org/wiki/Kaufhaus_Wronker):
Hermann Wronker, jüdischer Unternehmer und Neffe der Gebrüder Leonhard
und Oscar Tietz, hatte mit seinem älteren Bruder Simon in Mannheim die Firma
S. Wronker & Co. gegründet. Das Foto im genannten Wikipedia-Artikel
zum Kaufhaus Wronker in Pforzheim zeigt rechts des Gebäudes noch das
Gebäude des "Gasthofes zum Schwarzen Adler", in das das Warenhaus Geschwister
Knopf eingezogen ist.
Die Ansichtskarte rechts (aus der Sammlung von Bernd Serger) ist
1907 gelaufen und zeigt eine ähnliche Situation wie die Karte
links.
Weitere Angaben (erhalten von Bernd Serger am 7.2.2018 und Tim
Christoph, Pforzheim am 8.2.2018):
1890 hat die jüdische Firma S. Wronker & Co. aus Mannheim am Marktplatz, an der Ecke zur Apothekergasse, in Pforzheim ein
Kurz-, Weiß- und Wollwarengeschäft eröffnet.
Die Firma Geschwister Knopf eröffnete gleichfalls um diese Zeit ein erstes Geschäft in späteren
"Wilhelmschen Geschäft" an der Südseite des Marktes (vgl.
unteres Foto im Artikel
in der "Pforzheimer Rundschau" vom 21. November 1931; auf
dem Foto ist links das Kriegerdenkmal von 1879 zu sehen).
1896 ist die Firma Geschwister Knopf zunächst in das Obergeschoss der Gaststätte
'Schwarzer Adler' umgezogen und erwarb schließlich das ganze Gebäude
für sich.
1899 ließ die Firma S. Wronker & Co. ihr bescheidenes Geschäftshaus abreißen und errichtete
an derselben Stelle nach den Plänen des Architekten Ernst Maler
(Pforzheim) ein fünfstöckiges Warenhaus-Gebäude im Jugendstil
(Marktplatz 13).
1911-13
erbaute die Firma Geschwister Knopf ihr neues Warenhausgebäude an der Stelle des alten
Gasthofs (Marktplatz 14). Architekt war Camill
Frei aus Karlsruhe, damals der Hausarchitekt von Knopf.
1914 zog die Firma S. Wronker & Co in ihren 1912-1914 errichteten Neubau an der Westlichen Karl-Friedrich-Straße, der heutigen Adresse von
"Galerie Kaufhof" (siehe das obere Foto links des Kaufhauses
Wronker 1931, Eckansicht; Quelle: Jüdisches Museum Berlin). Das bisherige Wronker-Warenhaus übernahm
noch 1914 Knopf und integrierte es in ihren Warenhaus-Komplex, der nun das ganze Quartier am Marktplatz umfasste.
1931 wurde ein Erweiterungsbau des Warenhauses Knopf
eröffnet (Vgl. Artikel in der "Pforzheimer Rundschau" vom 21.
November 1931).
Die Karte links (aus der Sammlung von Bernd Serger) ist nach 1931 entstanden und zeigt links das Warenhaus der Geschwister Knopf
(der linke Teil ist noch der Neubau des Wronker-Warenhauses von 1899,
anschließend der Bau von Architekt Camille Frei von 1911-13), rechts das Rathaus.
Hinweise auf die Geschichte der 1887 in Pforzheim geborenen Betty Knopf:
Betty Knopf wurde am 23.Februar 1887 in Pforzheim geboren. Die Eltern waren
Sally Knopf (gestorben 1922) und Rebekka Knopf (gestorben
1935). Nach einer Karriere als Konzertsängerin lebte sie wegen psychischer Probleme seit 1927
in der Heilanstalt Illenau. Ende Juli 1940 erfolgte Ihre Verlegung in die Badische Heil– und Pflegeanstalt Konstanz. Von dort wurde Sie am 10. Oktober 1940 nach
Grafeneck gebracht und ein Opfer der dortigen "Euthanasie"–Morde.
Sie besaß ein Haus in Freiburg in der Ludwigstraße, das Sie selbst nie bewohnte, da es erst 1927 fertiggestellt wurde. Bis zu Ihrer Einweisung in die Heilanstalt Illenau lebte Betty Knopf bei ihren Eltern in Freiburg, zuletzt bei der Mutter Rebekka Knopf.
In Freiburg erinnert ein "Stolperstein" an ihr Schicksal.
Quellen: https://di0pda1wg490s.cloudfront.net/fileadmin/user_upload/archiv/publikationen_veroeffentlichungen/namen_nicht_nummern.pdf
http://stolpersteine-in-freiburg.de/betty-knopf.html
https://edit.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/blick_geschichte/blick112/knopf.de
Buch: Über Mutter wird nicht gesprochen – 'Euthanasie'-Morde an Freiburger Menschen,
Hrsg.: Freiburger Hilfsgemeinschaft e.V., Seite 103–105.
http://www.wikiwand.com/de/Warenhaus_S._Knopf |
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Weitere
Karte des Marktplatzes mit den Kaufhäusern
S. Wronker und Geschwister Knopf
sowie dem Schuhhaus L. Loebenberg
(aus der Zeit um 1911 bis 1920) |
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Die Ansichtskarte zeigt den Marktplatz in
Pforzheim mit buntem Markttreiben, links den Kaufhäusern S. Wronker und
Geschwister Knopf sowie rechts dem Schuhhaus L. Loebenberg. Die Karte ist aus der Zeit um 1911 – 1920.
Louis Loebenberg war ab ca. 1897 Inhaber des Schuhwarenhauses Spier am Marktplatz 6.
1925 war er Besitzer eines Schuhgeschäft's an der Zerrennerstraße 9. Er wohnte in Pforzheim in der
"Westliche Karl–Friedrich-Straße 126.
Louis Loebenberg (geb. 10. Mai 1862 in Wächtersbach
als Sohn von David Loebenberg und Rebecca geb. Hamburger) war seit 14.
Dezember 1891 (in Ludwigsburg) verheiratet mit Bertha geb. Ottenheimer
(geb. in Ludwigsburg am 24. Oktober
1873 als Tochter von Isak Ottenheimer und Babette geb. Löwenthal). Das Ehepaar hatte
fünf Kinder: Paul Loebenberg (geb. 1892 in Frankfurt, 1943 in Auschwitz
ermordet), Antonie verheiratete Hellendag (geb. 1894 in Frankfurt, 1943 in Auschwitz
ermordet), Hermann Loebenberg (geb. 1895, gest. 1972 gestorben in Cleveland/USA).
Trude verheiratete Bodenheimer (geb. 27. April 1900 in Pforzheim,
gest. 1987 in Miami/ USA), Margarete verheiratete Einstein (geb. 27. April 1900 in Pforzheim
gest. 1983 in Miami/USA).
Louis Loebenberg starb im Dezember 1934. Bertha Loebenberg wurde am 19. Februar 1943 in Auschwitz ermordet
Quellen: https://www.pforzheim.de/kultur-freizeit/stadtgeschichte/juedische-buerger.html
https://www.geni.com/people/Louis-Loebenberg/6000000001576353603.
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Ansichtskarte:
Bahnhofstraße mit der
Autovermietung von N. Deutsch (um 1920) |
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Die Karte zeigt die
Bahnhofstraße in Pforzheim um 1920. Hier hatte Nikolaus Deutsch ein
Autogeschäft beziehungsweise eine Autovermietung (Adresse: Bahnhofplatz
2): Auf dem Schaufenster
ist zu lesen: "Auto-Vermietungsbüro" und auf dem Schild
darüber soweit lesbar: "N. Deutsch - Automobilgeschäft - Garage -
Benzin-Ölstation. Reparatur Werkstätte mit Elektr. Betrieb".
Nikolaus Deutsch wurde 1886 in Zsambek (Ungarn) geboren und war seit 1901
in Pforzheim. In der NS-Zeit
emigrierte er 1934 nach Ungarn, wurde 1944 nach Auschwitz deportiert und
ermordet (verschollen).
Quelle: Gerhard Brändle: Die jüdischen Mitbürger der Stadt
Pforzheim. S. 158.
Nach ergänzenden Recherchen von Gerhard Brändle (Mitteilung vom
8.12.2017) hat sich eine Schwester von Nikolaus Deutsch namens Charlotte
Deutsch (geb. 1. Juli 1890) Ende 1936 unvorsichtigerweise dahingehend geäußert, dass die Nazis
auch für das Durcheinander in Spanien verantwortlich seien. Sie wurde vorgeladen, verhört
und entging einer Strafe nur, weil sie ihren Auswanderungsplan nach Ungarn
erwähnte. Daraufhin wurde sie nach Ungarn abgeschoben und später von
dort gleichfalls nach Auschwitz deportiert. Die Eltern von Nikolaus und
Charlotte Deutsch waren Ignaz Deutsch und Ilka geb. Holzer. |
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Briefumschlag
Louis Kuppenheim
(1924) |
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Der Brief von Louis Kuppenheim in
Pforzheim wurde am 24. April 1923 an die Deutsche Bank Berlin verschickt.
Louis Kuppenheim und Heinrich Witzenmann hatten 1854 gemeinsam eine Schmuckwarenfabrik
gegründet. Louis' Sohn Albert Kuppenheim (gest. 1925) war viele
Jahre Mitinhaber der Schmuckwarenfabrik (zudem seit 1919 Mitglied des
Bürgerausschusses der Stadt, seit 1922 Stadtrat; im Ersten Weltkrieg EK I
und II; Quelle).
Die Familien Kuppenheim waren eng verbunden mit ihrer Heimatstadt
Pforzheim, was ihr Engagement im kommunalen Bereich der Stadt und im
Vereinsleben bestens dokumentiert; auch der Einsatz beim Militär während
des Ersten Weltkrieges ist hervorzuheben. Weitere Informationen siehe
über die nachstehenden Links:
http://de.wikipedia.org/wiki/Witzenmann_Gruppe;
http://www.pfenz.de/wiki/Rudolf_Kuppenheim
http://www.pforzheim.de/kultur-bildung/Geschichte/Juedische_Buerger/K/Kuppenheim,_Hugo
http://www.pz-news.de/pforzheim_artikel,-Denkmal-Rundfahrt-zur-Kuppenheim-Villa-und-Aussegnungshalle-_arid,373381.html
http://www.pfrv.de/cms3/editor/assets/buch_pfrv_web.pdf:
Seite 20 - 23 |
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Zur Geschichte der Betsäle / Synagogen bis 1938/40
Mittelalter.
Das mittelalterliche Wohngebiet war
vermutlich die (allerdings erst im 15./16. Jahrhundert genannte) "Judengasse",
der westliche Teil der heutigen Barfüßergasse (2002 wurde am Straßenschild
der Barfüßergasse eine Hinweistafel auf die "Judengasse" angebracht). Über
Einrichtungen der mittelalterlichen Gemeinde ist nichts bekannt.
18./20. Jahrhundert.
Die neuzeitliche Gemeinde hatte
spätestens seit 1784 einen Betsaal im Hasenmayer'schen Haus in der
Barfüßergasse. Vermutlich bestand dieser Betsaal bereits 1709, da in diesem
Jahr Abraham Lipmann von der Markgräflichen Regierung die Bestätigung der gewählten
Gemeindevorsteher erbat. Die Wahl zeigt, dass bereits damals eine jüdische
Gemeinde in Pforzheim bestand, die sicher auch einen Betsaal hatte.
Für den Neubau einer Synagoge hatte die jüdische
Gemeinde bereits im Jahr 1800 mit landesherrlicher Genehmigung einen Teil des
Stadtgrabens in der unteren Vorstadt gekauft. Es handelte sich offensichtlich um
einen begehrten Platz, da in den folgenden Jahren mehrere Interessenten bei der
Stadt ihr Interesse an diesem Grundstück für den Fall bekundeten, dass die jüdische
Gemeinde nicht bauen wollte. Nachdem 1808 immer noch nicht gebaut war, drängte
die Stadt auf eine Entscheidung der jüdische Gemeinde. Innerhalb eines Jahres
solle diese sich zum Bau entscheiden, sonst würde der Platz anderweitig
vergeben. Die Gemeinde entschied sich und ließ über ihre damaligen Vorsteher
Maier Bodenheimer' Sohn und Handelsmann Hochstetter der Stadt am 26. Juli 1809
mitteilen, dass man das auf dem früheren Stadtgraben liegende Grundstück nicht
mehr bebauen wolle. Man habe inzwischen die (damals schadhaft gewordene und
inzwischen überflüssige) herrschaftliche Zehntscheuer gekauft und wolle diese
zu einer Synagoge umbauen. Doch auch hier dauerte es bis zur Realisierung noch
einige Zeit. Ende Juni 1812 bat die jüdische Gemeinde die Stadt, "einige
Hindernisse", die bei dem Umbau der Zehntscheuer zu einer Synagoge noch im Wege
liegen würden, zu beseitigen. Das Heumagazin solle entfernt und dafür das "Kreuzkirchlein"
verwendet werden; der an die Zehntscheuer angebaute Eselstall solle abgebrochen
und die unmittelbar an der Mauer liegende Dunggrube entfernt werden. Vermutlich
konnte ab Herbst 1812 gebaut und die Synagoge 1813 fertiggestellt werden.
Sie stand auf dem Grundstück Metzgerstraße 27 (Ecke Untere Lammgasse; heute
ungefähr an der Nord-West-Ecke des Stadttheaters auf dem Waisenhausplatz). Von
diesem Gebäude – es wurde nach dem Verkauf an einen Schmied im Jahre 1893
abgebrochen – ist keine Ansicht erhalten.
Eines der letzten besonderen Ereignisse in der alten Synagoge war am Vorabend zu
Simchas Tora 1889 (22. Oktober 1889) die Einweihung einer neuen Torarolle:
Einweihung einer von Fabrikant Emanuel Joseph
gestifteten Torarolle (1889)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. November 1889: "Pforzheim. Am
Vorabend zu Simchas-Tora wurde eine von Herrn Fabrikant Emanuel Joseph
gestiftete Torarolle unter großer Feierlichkeit und Beteiligung der
israelitischen Gemeindemitglieder eingeweiht. Herr Kantor E. Bloch hat bei
dieser Gelegenheit eine der Feier entsprechende Rede gehalten, die
allgemein Beifall gefunden. Die hiesige Gemeinde ist im Begriffe, ein
neues Gotteshaus zu erbauen. Bereits haben die Gemeinde-Mitglieder
bedeutende Spenden zu Anschaffungen für die neue Synagoge gemacht." |
Im Frühjahr 1889 wurde ein Bauplatz für die
neue Synagoge gekauft. Die orthodox geprägte Zeitschrift "Der
Israelit" verband in ihrer Meldung die Hoffnung, dass die (liberal
geprägte) Pforzheimer Gemeinde keine Orgel in der Synagoge einbauen würde. Die
Grundsteinlegung war am 3. Juni 1891.
Kauf eines Bauplatzes für eine neue Synagoge
(1889)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. April 1889: "In Pforzheim wurde
ein Platz zum Bau einer neuen Synagoge für 25.000 Mark angekauft,
hoffentlich wird uns die Orgel erspart werden." |
Grundsteinlegung für die
neue Synagoge (1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juni 1891: "Am 3.
Juni ist in Pforzheim der Grundstein zu einer neuen Synagoge gelegt
worden. Das Gebäude, welches zugleich die Religionsschule und die Wohnung
für den Kantor enthalten soll, verspricht eine Zierde für die Stadt wie
für die israelitische Gemeinde zu werden." |
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Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 12. Juni 1891: "Am 3. Juni ist in Pforzheim der
Grundstein zu einer neuen Synagoge gelegt worden. Das Gebäude, welches
zugleich die Religionsschule und die Wohnung für den Kantor enthalten
soll, verspricht eine Zierde für die Stadt wie für die israelitische
Gemeinde zu werden." |
1891/92 wurde die neue Synagoge auf dem
Grundstück Zerrennerstraße 26/28 erbaut und am 27. Dezember 1892 feierlich
eingeweiht . Der Entwurf zu der im maurisch-gotischen Stil erbauten neuen
Synagoge stammte von Prof. Ludwig Levy (1854-1907) aus Karlsruhe; der
Pforzheimer Architekt Klein war für die Ausführung zuständig. An der
Einweihungsfeier nahmen Vertreter staatlicher und städtischer Ämter sowie
Geistliche der christlichen Kirchen teil. Diese hatte am Nachmittag des 27.
Dezember 1892 mit der Übergabe des Schlüssels durch Architekt Levy an Heinrich
Netter, den Vorstand der Gemeinde begonnen. Der Chor sang im Inneren zu Beginn
aus dem Oratorium "Samson" von Händel "Höre Jakobs Gott, o Ewiger, hör".
Kantor Bloch rezitierte die Gebete unter Mitwirkung eines Doppelquartetts des
Synagogenchors. Stadtrabbiner Dr. Adolf Schwarz aus Karlsruhe und die vier ältesten
Gemeindeglieder brachten die Torarollen zum Toraschrein. Auch Konferenzrabbiner
Dr. Hillel Sondheimer aus Heidelberg war anwesend. Die Festpredigt zum Thema "Die
dreifache Bestimmung des jüdischen Gotteshauses" hielt der Rabbiner Dr.
Schwarz. Im gottesdienstlichen Teil nach der Predigt folgten unter anderem noch
die Fürbitten für Kaiser und Großherzog, Reich und Heimatland, Stadt und
Gemeinde. Vor dem Schlussgebet des Rabbiners sang der Chor Beethovens "Die
Himmel rühmen des Ewigen Ehre".
Die jüdische Gemeinde hatte weder Geld noch Mühen
gescheut, um ein prächtiges Synagogengebäude zu errichten zu lassen. Die nach
damaligem Geldwert gewaltigen Baukosten von 200.000,- Mark finanzierte die
Gemeinde aus dem Verkauf ihres im Wert in den Jahrzehnten zuvor beträchtlich
gestiegenen Anwesens in der Metzgerstraße und aus Mitteln der
Gemeindemitglieder, deren Zahl bis zur Jahrhundertwende auf knapp 450
angestiegen war. Die Synagoge setzte einen architektonischen Glanzpunkt der
Stadt Pforzheim und fand starke überregionale Beachtung; sie diente auch als
Vorbild für den Synagogenneubau in Wuppertal-Barmen. Auch eine große Orgel
wurde eingebaut. Ein gemischter Synagogenchor, der spätestens seit Beginn des
20. Jahrhunderts bestand, bereicherte die Gestaltung der Gottesdienste. Die
Pforzheimer Synagoge gehörte zu den späten Vertretern des neoislamischen
Synagogenstils. Charakteristisch war die zentrale Kuppel. Das Mauerwerk wies
gestreifte Farbwechsel auf, wobei sich roter Sandstein mit grünen
Ziegelstreifen abwechselten. Der Davidstern auf der Kuppel und die stilisierten
Gebotstafeln mit den hebräischen Satzanfängen der Zehn Gebote über dem
Eingang am südwestlichen Eckturm wiesen das Gebäude als Synagoge aus. Hinter
der Synagoge stand ein Gemeindehaus mit Versammlungs- und Unterrichtsräumen,
der Gemeindeverwaltung und mit der Dienstwohnung des Synagogendieners.
Die Einweihung der Synagoge am 27. Dezember
1892
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Januar 1893: "Pforzheim,
2. Januar (1893). Am 27. Dezember dieses Jahres wurde die feierliche
Einweihung der nach den Entwürfen des Architekten Ludwig Levy, Professor
an der Baugewerkschule in Karlsruhe, neu erbauten Synagoge vollzogen. Zu
derselben waren als Vertreter des großherzoglichen Kultusministeriums
sowie des großherzoglichen Oberrats die Herren Ministerialrat Becherer
und Regierungsrat Dr. Mayer aus Karlsruhe, sowie außerdem Herr
Konferenzrabbiner Dr. Sondheimer aus Heidelberg erschienen. Als
Festprediger funktionierte Herr Konferenzrabbiner Dr. Schwarz von
Karlsruhe. Mehrere Nachbargemeinden, insbesondere diejenige zu Karlsruhe,
waren durch Abgeordnete vertreten. Die staatlichen und städtischen Behörden
beteiligten sich nahezu vollzählig an der Feier. Ferner waren die drei
Abgeordneten von Stadt und Bezirk in der zweiten Kammer der Landstände
anwesend. Die rege Beteiligung von Seiten aller Konfessionen, namentlich
auch der evangelischen und altkatholischen Geistlichkeit, sowie ganz
besonders die Mitwirkung von Sängern und Sängerinnen der beiden ersten
Gesangvereine der Stadt zeigten aufs Erfreulichste, in welcher Eintracht
die verschiedenen Bekenntnisse daselbst leben. – Die Feier begann um 3
½ Uhr mit der Zeremonie der Übergabe des Schlüssels durch den
Architekten Herrn Professor Levy an den Vorstand der Gemeinde, Herrn
Heinrich Netter, welcher solchen an Herrn Ministerialrat Becherer als
Vertreter der großherzoglichen Regierung weiter gab. Aus dessen Händen
empfing denselben Herr Rabbiner Dr. Schwarz, welcher nach einer kurzen
Ansprache an die Versammelten die Pforte des Tempels erschloss. Mit dem
Chor aus dem Oratorium 'Samson' von Händel: 'Höre Jakobs Gott, o
Ewiger, hör',' begann die Feier im Innern des Gotteshauses. -
Demnächst rezitierte der Kantor, Herr Reallehrer Bloch, das 'Matowu'
in hebräischer und deutscher Sprache. Hierauf folgte der Vortrag des
Minchagebets durch den Kantor unter Mitwirkung eines Doppelquartetts des
Synagogenchors. Während des Nachspiels zu dem alt Duett gewundnen 'S'n
scheorim rechochem' erfolgt alsdann die feierliche Einbringung der
Torarollen durch den Rabbiner und die vier ältesten Gemeindemitglieder.
– Hierauf folgte die Predigt des Rabbiners Dr. Schwarz. Ausgehend von
dem Mahnruf des sterbenden Patriarchen Jakob: 'Sammelt Euch und höret,
Ihr Kinder Jakobs, höret auf Israel, Eueren Vater (2. Mose 49,2)
beleuchtete Redner die dreifache Bestimmung der Synagoge als Stätte der
geistigen und gemütlichen Sammlung für den einzelnen Israeliten, als
Sammelpunkt für das religiöse Leben der Gemeinde und darüber hinaus als
die rechte Vorbereitungsschule für die Sammlung und Einigung des ganzen
Menschengeschlechts. Die formvollendete und inhaltlich bedeutende Rede,
welch auch des aktuellen Interesses nicht entbehrte, wird dem Vernehmen
nach im Druck erscheinen. – Prächtig erschallte danach von Solo und
Chor das Sulzer'sche 'Die Lehre des Ewigen ist ohne Tadel'. Es
folgte die Fürbitte für Kaiser und Großherzog, Reich und Heimatland,
Stadt und Gemeinde, dann das herrliche Beethoven'sche 'Die Himmel rühmen
des Ewigen Ehre' und das Schlussgebet des Rabbiners." |
Wesentlich zurückhaltender wurde über
die Einweihung der Synagoge in der Zeitschrift "Der Israelit"
berichtet, wobei eine Kritik an der "Orgelsynagoge" unterblieben
ist: |
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Januar 1893:
"Pforzheim (Baden). In diesen Tagen wurde die nach den Plänen des
Professors Levy in Karlsruhe mit einem Kostenaufwande von Mark 180.000
erbaute Synagoge eingeweiht. Bei der Feier waren die Regierung, die
Spitzen der Staats- und städtischen Behörden, die Geistlichkeit aller
Konfessionen und sonstige Körperschaften vertreten. Die Weiherede hielt
Herr Rabbiner Dr. Schwarz aus Karlsruhe." |
Über die Bedeutung eines Synagogen-Chorvereins
schrieb der Vereinsvorsteher Julius Straus 1893 einen Artikel in der
"Allgemeinen Zeitung des Judentums".
Artikel über "Synagogen-Chorvereine" des
Vorstandes des Synagogenchores Pforzheim Julius Straus (1893)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. Oktober 1893: "Die
Synagogen-Chorvereine. Es ist eine wenig bestrittene Tatsache, dass in den
Gemeinden, in welchen ein Synagogenchor wirkt, der Gottesdienst an
Feierlichkeit und Erhabenheit gewinnt und der Besuch des Gotteshauses ein
regerer wird. Wohl mancher, der zuerst durch den Klang der Töne angelockt
wurde, der vielleicht seit seiner Kindheit der Synagoge fern geblieben
war, hat bei dieser Gelegenheit erfahren, welch heilige, erhabene Handlung
ein jüdischer Gottesdienst ist, und ist wieder das geworden, was er hätte
immer bleiben sollen: 'Jude'. Deshalb muss der Gesang in der Synagoge
gepflegt werden; aber ohne die Schönheit und packende Wirkung der alten,
jüdischen Melodien unterschützen zu wollen, muss auch dem deutschen
Gesang ein breites Feld beim Gottesdienst geschaffen werden. Derselbe ist
Allen verständlich, den Großen und Kleinen, Orthodoxen und freier
Gesinnten, und kann deshalb den Weg zum Herzen eines Jeden finden.
Naturgemäß wirken in der Synagoge zum größten Teile gemischte Chöre,
und wird sich bei den meisten derselben ein empfindsamer Mangel dadurch
bemerkbar gemacht haben, dass bis jetzt keine größere Sammlung von
Liedern für gemischten Chor, speziell für den Gottesdienst in der
Synagoge zu haben ist. Dagegen hat jeder derartige Verein eine Anzahl oft
sehr schöner Lieder, durch Abschreiben usw. vervielfältigt, deren
Anschaffung mit größeren Kosten verknüpft war und doch nicht das
bietet, was eigentlich nötig wäre.
Sehr oft ist auch fehlendes Material der Grund, dass, der Ausgaben halber,
ein Studieren neuer Lieder unterbleibt, Sänger und Sängerinnen dadurch
die Lust zum Gesange verlieren und Chöre, die eine Zeitlang bestanden und
zu den besten Hoffnungen berechtigten, sich wieder auflösten.
Das in den verschiedenen Vereinen zerstreute Material zu sammeln, Neues
und Gutes dazu zu suchen, muss Aufgabe der bestehenden Chorvereine werden,
um auf diese Weise die Herausgabe eines jüdisch-deutschen Liederbuches für
gemischten Chor zu ermöglichen, das jeden Verein bei geringer Auslage in
die Lage versetzt, sich mit einer Anzahl für Jahre hinausreichender schöner
Chöre zu versehen. Der Unterzeichnete bitte daher die Herrn Kantoren,
Direktoren und Vorständen der Synagogenchorvereine, sowie Alle, die sich
für angeregte Sache interessieren, um Aufgabe ihrer Adressen, behufs
Verständigung über weiter vorzunehmende Schritte. Mit Sängergruß.
Julius Straus." |
Die Synagoge diente nicht nur den Gottesdiensten der Gemeinde. 1896 kam es in der Synagoge zu einem besonderen musikalischen Ereignis: Die Synagogenchöre aus Karlsruhe, Mannheim, Pforzheim und Bruchsal hatten sich am 31. Mai 1896 zu einer gemeinsamen Gesangsaufführung in der Pforzheimer Synagoge getroffen. Hofkapellmeister Langer aus Mannheim dirigierte den Gesamtchor. Zu dem Konzert waren auch die Rabbiner Dr. Appel und Dr. Sander aus Karlsruhe erschienen.
Sehr kritisch berichtete über die orthodox-geprägte Zeitschrift "Der Israelit" wenige Tage zuvor über das Konzert; im Artikel findet sich gleichfalls eine Kritik an den von Julius Straus im Artikel von 1893 geäußerten Ansichten:
Ankündigung des Konzertes in der Synagoge Pforzheim am
31. Mai 1896
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Mai 1896: "Aus Baden. Sonntag
den 31. Mai dieses Jahres findet in der Synagoge zu Pforzheim ein größeres
Konzert statt, vorbei die Synagogenchöre Pforzheim, Karlsruhe, Mannheim
und Bruchsal mitwirken. Auch habe (ich) in Erfahrung gebracht, dass nichtjüdische
Sänger sich hören lassen werden. Die Synagoge in Pforzheim wird an
diesem Tage von Zuhörern überfüllt sein, da der Eintrittspreis auf nur
2 Mark gestellt ist. Ganz abgesehen, von der Entweihung eines jüdischen
Gotteshauses durch Veranstaltung eines Konzerts in demselben, muss auch
noch konstatiert werden, dass die Pflege des Synagogengesanges, zu dessen
Zweck ja eigentlich diese Konzerte abgehalten werden, die
Gemeindemitglieder zu so 'regem Synagogenbesuch' anspornt, dass oft
Freitags Abend die vorgeschriebene Zahl (Minjan) nicht komplett wird.
Fragt man sich über die Ursache, dass eine solche Unsitte, die Synagoge
zu Konzertzwecken zu benützen, so einwurzeln konnte, so kann man dieselbe
nur darin finden, wenn man denkt 'Und das Alles hat in Ihrem Wahn, die
Orgel in der Synagoge getan'." |
Positiv berichtete die liberal geprägte
"Allgemeine Zeitung des Judentums" über das Konzert:
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Juni 1896: "Karlsruhe,
22. Juli (1896). Am 31. Mai dieses Jahres fand in der schönen neuen
Synagoge zu Pforzheim eine Gesangsaufführung der Synagogenchöre
Karlsruhe, Mannheim, Pforzheim und Bruchsal statt. Die Gesamtchöre, deren
vier zu Aufführung gelangten, wurden von Herrn Hofkapellmeister Langer
aus Mannheim, die vier Spezialchöre von den betreffenden Chordirigenten
geleitet. Die Leistungen verdienen als sehr gute, zum Teil als vorzügliche
bezeichnet zu werden. Unter dem anwesenden Publikum bemerkten wir als
Vertreter des Oberrats Herrn Regierungsrat Dr. Mayer und Herrn
Synagogenrats-Vorsteher Dr. Seeligmann aus Karlsruhe, von Rabbinern waren
Herr Stadtrabbiner Dr. Appel und Herr Rabbiner Dr. Sander aus Karlsruhe
erschienen. Wir können nur wünschen, dass derartigen Veranstaltungen,
die zur Förderung des Synagogengesanges bedeutend beitragen, sich in
jedem Jahre wiederholen. Den Mitgliedern der mitwirkenden Vereine aber gebührt
für ihre nicht geringen Bemühungen aufrichtigster Dank." |
Die Synagoge in Pforzheim
blieb 45 Jahre Zentrum des jüdischen Gemeindelebens in der Stadt. Bereits früh
wurde sie von Nationalsozialisten zu einem Angriffsziel: So wurden Anfang Dezember
1922 mehrere Scheiben
der Vorderfront der Synagoge durch Steine eingeworfen.
1930 wurde die Synagoge
renoviert, wobei die üppigen Wandmalereien dem sachlicheren Zeitgeschmack
entsprechend durch zurückhaltende Ornamente und wohl auch Farben ersetzt
wurden.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge am
Morgen des 10. November von SA-Männern und anderen NSDAP-Partei-Mitgliedern in
Zivil geplündert und zerstört. Am Vormittag wurden noch vor 9 Uhr die Fenster
eingeschlagen, Gebetbücher, Torarollen und Kultgegenstände in den Mühlkanal
geworfen. Wegen der Gefahr für die umliegenden Häuser wurde in der Synagoge
nur eine "kleine Sprengladung" gezündet. Hierfür wurde der Sprengmeister des
Steinbruchs Ispringen nach Pforzheim beordert. Die Verwüstungen dauerten bis in
die Mittagsstunden, zahlreiche Pforzheimer Schüler des Gymnasiums und der
Oberrealschule wurden Zeugen der Untaten. Ein Ersinger Unternehmer erfuhr von
der Aktion gegen die Synagoge, fuhr nach Pforzheim und nahm die drei südseitigen,
jeweils zweiflügeligen Eingangstüren mit sich auf seinem Lastwagen. Erst 2003
wurden die Türbeschläge bei einer Entrümpelung wieder entdeckt und der jüdischen
Gemeinde übergeben.
Das Synagogengebäude musste 1939 auf Kosten der jüdischen
Gemeinde in Höhe von 7.000 RM abgetragen werden. Das auswärtige
Abbruchunternehmen durfte das Kupferdach abmontieren und verkaufen. Das
Synagogengrundstück kaufte ein Fabrikant. Die jüdische Gemeinde konnte bis zu
der Deportation der Juden nach Gurs im Oktober 1940 noch ihr Gemeindehaus
nutzen. 1945 wurde das Synagogengrundstück beschlagnahmt und der jüdischen
Vermögensverwaltung übertragen. Auf Grund eines Restitutionsverfahrens wurde
es dem Fabrikanten gegen Nachzahlung von 25.000 Mark zurückgegeben.
Unweit des ehemaligen Synagogenstandortes wurde am 10.
November 1967 ein Gedenkstein aufgestellt. Das drei Meter hohe
Erinnerungsmal aus Muschelkalk wurde von Oberbürgermeister Dr. Weigelt in
Anwesenheit von mehr als hundert Bürgern enthüllt. Dr. Alfred Wachsmann,
Vizepräsident der Israeliten Badens, hielt eine Ansprache. 1989 wurde das Gelände
um den Gedenkstein neu angelegt (seitdem "Platz der Synagoge"
genannt).
Am 20. Januar 2014 wurde in Erinnerung an die Synagoge eine Skulptur von
Professor Jacobi aufgestellt ("Gedenkinstallation"). Die
Skulptur hat den Davidstern zum Thema und zeigt im Zusammenspiel mit einer
elektronisch gesteuerten Lichterfolge ihre Gesamtheit. Auf einer Platte ist die
Abbildung der früheren Synagoge zu sehen, ein Relief trägt einen Text von Dr.
Isabel Greschat (Kulturamtsleiterin Pforzheim).
Der Betsaal der Israelitischen
Religionsgesellschaft
Die orthodoxe Israelitische
Religionsgesellschaft "Adass Jeschurun"
(Gemeinde Israel; "Jeschurun" ist ein poetischer Name für "Israel",
vgl. 5. Mose 32,15 und 33,26) hatte einen eigenen Betsaal.
Sie entstand aus kleinen Anfängen 1905 und konnte zunächst einen kleineren Betsaal einrichten. Mitglieder der Gemeinde waren hauptsächlich
Ostjuden, die um die Jahrhundertwende (19./20. Jahrhundert) vor Pogromen aus
Osteuropa geflohen waren und auf eine strenge Einhaltung der Religionsgesetze
achteten.
Am 4. September 1926 konnte in der Rennfeldstraße ein neuer Betsaal
eingerichtet werden. Zur Einrichtung erhielt die Gemeinde die Inneneinrichtung
der nicht mehr verwendeten Synagoge in Menzingen:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. September 1926:
"Pforzheim, 5. September (1926). Am gestrigen Schabbat Nizawim
WaJelech (4. September 1926) wurde das neue Beit Haknesset
(Synagoge) der hiesigen Adaß Jeschurun in Benutzung genommen und damit
einem lange gefühlten Bedürfnis entsprochen, da die Räume, welche
bisher den Zwecken der Gemeinde dienten, in jeder Beziehung unzulänglich
waren und nur infolge der Wohnungsnot nicht aufgegeben werden konnten. Von
einer größeren Feier musste aus äußeren Gründen Abstand genommen
werden, und des freudigen Anlasses wurde deswegen beim Gottesdienst am Schabbat
gedacht. In seiner Ansprache gab der 2. Vorsitzende, Herr S. Puder, einen
geschichtlichen Überblick über die Entstehung des Minjan, welches
sich aus den kleinsten Anfängen im Jahre 1905 bis zu dem jetzigen
Bestande trotz der schweren Zeit des Krieges und der Nachkriegszeit
entwickelt hat und nur unter Aufwendung größter Energie und erheblicher
materieller Opfer für jedes Mitglied zu erhalten war. Herr Louis
Reutlinger gab alsdann in längerer Rede unter Anlehnung an den
Wochenabschnitt dem Geiste Ausdruck, welcher die Gründer und Erhalter des
Minjan beseelte und wies auf die Pflichten hin, welche die Idee des
Tora Im Derech Erez im Sinne S. R. Hirschs - das Gedenken an den
Gerechten sei zum Segen - jedem Einzelnen in Lehre und Leben
auferlegt, ganz besonders im Hinblick auf die Erziehung der Kinder zu
wissenden Juden. Herr J. Goldberg schloss die Reihe der Redner mit
geistvollen Zitaten aus Midrasch und Gemara.
Die Adaß Jeschurun verfügt jetzt über eine schöne und würdige
Synagoge mit 60 Männer- und 50 Frauenplätzen, welche bereits alle
vergeben sind. Der Badische Oberrat der Israeliten hat durch den
Synagogenrat in dankenswerter Weise eine sehr schöne Inneneinrichtung,
welche früher der leider eingegangenen Gemeinde Menzingen bei Bruchsal
gehörte, nebst einer herrlichen Sefer Tora (Torarolle) zur Verfügung
gestellt und damit das vorhandene Inventar ergänzt. Es ist zu wünschen,
dass die Adaß Jeschurun, welche das traditionell gesinnte Element in der
Pforzheimer, von jeher neologen Gemeinde darstellt, den vielen und
schweren Aufgaben, welche ihrer warten, mit Gottes Hilfe gerecht werden
kann. |
Am 10. November 1938 wurde auch dieser Betsaal geplündert und zerstört.
Die Torarollen wurden später auf einem Misthaufen gefunden.
Fotos
Historische Fotos:
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November
2009: Gedenken zum 71. Jahrestag des
Novemberpogroms 1938 |
Artikel von Olaf
Lorch-Gerstenmaier in der "Pforzheimer Zeitung" vom 10. November
2009 (Artikel):
"Brennende Synagoge vor 71 Jahren: Zivilcourage am Boden
PFORZHEIM. Mehr als 300 Menschen – darunter auch Schüler aus den umliegenden Gymnasien – haben am Montag am 71. Jahrestag der Reichspogromnacht der Diskriminierung, Verfolgung und Ermordung der Juden
gedacht..." |
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November
2010: Gedenken zum 72. Jahrestag des
Novemberpogroms 1938 |
Artikel im "Schwarzwälder Boten" vom 12. November 2010 (Artikel):
"OB Hager: Weg des Dritten Reichs führte in den Abgrund
Pforzheim. Der Historiker Uri Kaufmann und Oberbürgermeister Gert Hager haben an die brennenden Synagogen in der Pogromnacht vor 72 Jahren erinnert und aufgerufen, die Lehren aus den Geschehnissen zu ziehen..."
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Juli bis
September 2011:
Ausstellung "Jüdisches Leben in
Pforzheim" in der Galerie Pforzheim
(Bleichstraße 81:
Öffnungszeiten siehe auf der Website der Stadt Pforzheim: Seite
zur Galerie Pforzheim) |
Zum Lesen der Presseartikel:
bitte Textabbildungen anklicken |
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Oben: Artikel im
"Pforzheimer Kurier"
vom 1. Juli 2011 von Susanne Roth:
Alle Facetten eingefangen. Ausstellung
zum jüdischen Leben in Pforzheim"
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Artikel in der
"Pforzheimer Zeitung"
vom 1. Juli 2011 von Olaf Lorch-Gerstenmaier:
"Bestandteil der Stadtgeschichte. Vom
Mittelalter bis zur neuen Synagoge: Ausstellung:
Jüdisches Leben in Pforzheim" in der Galerie. |
Oben: Artikel in der
"Pforzheimer Zeitung"
vom 4. Juli 2011 von Olaf Lorch-Gerstenmaier:
"Zu Gast in der Stadt: der Historiker
Uri Kaufmann. 'Im Zentrum spiegelt sich
die Krise wider'". |
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März
2012: Neue Broschüren zur jüdischen
Geschichte in Pforzheim |
Artikel von Olaf
Lorch-Gerstenmaier in der "Pforzheimer Zeitung" vom 9. März
2012: "Jüdisches Leben dokumentiert. Eine Auswahl der wichtigsten
Exponate der letztjährigen Ausstellung 'Jüdisches Leben in Pforzheim'
ist in zwei Broschüren zusammengefasst worden, die druckfrisch auf den
Markt und auf Anfrage in die Schulen kommt...."
Link
zum Artikel |
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September
2013: Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" in Pforzheim |
Artikel in der
"Pforzheimer Zeitung" vom 6. September 2013: "'Stolpersteine' erinnern an Opfer des Nazi-Regimes
Pforzheim. Die Pforzheimer Initiative 'Stolpersteine' haben am Freitag 18 weitere Steine durch den Initiator dieser mittlerweile europaweiten Aktion, Gunter Demnig (Köln) verlegen lassen. Als er im Jahr 1993 sein Projekt startete, wollte er vor allem in der jüngeren Generation ein neues Bewusstsein schaffen für einen versöhnlicheren Umgang mit der Last der Vergangenheit."
Link
zum Artikel |
Zu den
"Stolpersteinen" in Pforzheim siehe den Artikel
"Stolpersteine" im Stadtwiki Pforzheim bzw.
http://stolpersteine-pforzheim.de/ |
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Januar
2014: Installation für das Volksbank
Foyer zum Gedenken an die Synagoge |
Artikel von Sandra
Pfäfflin in der "Pforzheimer Zeitung" vom 17. Januar 2014:
"Professor Peter Jacobi: Installation für das Volksbank-Foyer
Wie gelingt es, historische Fakten in moderne Kunst umzusetzen? Wie umgehen mit einem dramatischen Ereignis, wie der Zerstörung der Pforzheimer Synagoge bei der Reichspogromnacht?
'Mit Respekt und Würde', sagt Professor Peter Jacobi, der die nicht ganz leichte Aufgabe übernommen hat, mit einer Installation im unteren Foyer des Volksbankhauses an die im Jahr 1892 an dieser Stelle errichtete und am 10. November 1938 zerstörte Synagoge zu erinnern. Doch nicht nur rückwärtsgewandt sollte der Blick sein, sondern auch die Gegenwart bejahend, in der es wieder ein reges jüdisches Leben und eine vitale Gemeinde in Pforzheim gibt..."
Link
zum Artikel |
Artikel in der
"Siebenbürgischen Zeitung" vom 29. Januar 2014: "Gedenkinstallation
von Peter Jacobi in Pforzheim erinnert an zerstörte Synagoge..."
Link
zum Artikel |
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Januar
2016: Alte Zeichnung der Synagoge
wurde gefunden |
Artikel in der
"Pforzheimer Zeitung" vom 12. Januar 2016: "Alte
Synagogen-Zeichnung aufgetaucht..."
Link
zum Artikel |
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Dezember
2017: Tora-Rolle aus der früheren
Synagoge wird gesucht |
Artikel von Claudia
Kraus in der "Pforzheimer Zeitung" vom 19. Dezember 2017: "ÜBER GURS NACH ISRAEL GELANGT-
Hans Mann sucht nach einer Thora-Rolle aus der Pforzheimer Synagoge
Die Geschichte über eine Thora-Rolle aus Pforzheim ist so lang wie spannend. Der Pforzheimer Hans Mann trägt seit längerer Zeit Puzzlestücke zusammen, damit sie zu Ende erzählt werden kann.
Die Thora-Rolle aus der hiesigen Synagoge wurde bei der Deportation der Pforzheimer Juden ins südfranzösische Internierungslager Gurs mitgenommen. Irgendwann in den 80er Jahren gelangte sie nach Israel.
'Aber in welcher Synagoge sie sich heute befindet, ist bisher leider nicht geklärt', sagt Mann, der vor rund zehn Jahren die Initiative Stolpersteine Pforzheim mitbegründete.
Rolle vor Synagogenbrand geholt. Einem Zufall ist es zu verdanken, dass die Thora-Rolle nicht vernichtet wurde, als die Nazis im November 1938 die Synagoge niederbrannten. Louis Reutlinger hatte sie mit nach Hause genommen, damit sein Sohn Fritz vor seiner Bar Mitzwa-Feier daraus lesen konnte. Der Fritz von damals lebt heute als Shlomo Reutlinger in Israel. Mann hat den 92-Jährigen
kennengelernt.
Hans Mann trifft Shlomo Reutlinger. Auch so ein Zufall: Auf Reutlinger stieß Mann über das Internetportal
'Linked-in', bei dem es einen Bezug zu Pforzheim gab. Über seine Recherchen war Mann die Familie Reutlinger ein Begriff. Er wusste auch, dass es da einen Fritz gab, der sich seit der Flucht nach Palästina Shlomo nannte.
'Es konnte nur ein und dieselbe Person sein.' Mann nahm Kontakt auf und reiste mit seiner Frau Christa Ende 2016 nach Israel. Er traf Shlomo Reutlinger in Jerusalem und führte lange Interviews mit ihm, die er im Heft
'Stolpersteine Pforzheim 2008-2017' festgehalten hat.
Abtransport vom Güterbahnhof. Von der Existenz der Thora-Rolle jedoch erfuhr Mann erst, als im Februar Elana Mayerfeld, Shlomo Reutlingers Tochter, nach Pforzheim kam.
'Wir machten eine Fahrt durch die Stadt zu den Punkten, die während der Kindheit ihres Vaters von Bedeutung
waren', erzählt Mann. Als sie vor dem früheren Elternhaus der Reutlingers in der Kronprinzenstraße standen, begann die Tochter, von der Thora-Rolle zu sprechen. Aus den Erzählungen des Vaters wusste sie, dass an jenem 22. Oktober 1940 Familie Reutlinger mit den anderen Juden zum Abtransport auf dem Güterbahnhof zusammengetrieben worden war.
Da sei ihrem Großvater Louis Reutlinger eingefallen, dass er die bereits verpackte Rolle zu Hause vergessen hatte. Es gelang ihm, von der Gestapo die Erlaubnis zu bekommen, nochmals ins Haus zurückzukehren, um ein
'wichtiges Gepäckstück' zu holen. 'Die Türen waren versiegelt, doch er wusste, dass ein kleines Fenster offen stand. Und er durfte den elfjährigen Karl Leopold Landau
mitnehmen', erzählt Mann. Der Junge quetschte sich durchs Fenster und nahm das Schriftstück an sich.
Shlomo kann nach Palästina ausreisen. Seine Söhne Shlomo und den kleinen Erich hatte Louis Reutlinger zuvor zu seinem Bruder nach Belgien gebracht, damit sie sicher wären. Von dort kam Shlomo später über ein Programm für jüdische Jugendliche nach Palästina, Erich war zu jung dafür. Er wurde nach Auschwitz verschleppt und ermordet. Die Eltern, die lange vorher Ausreisevisen beantragt hatten, konnte der Onkel schließlich aus Gurs freikaufen. Kuba, das dringend Geld brauchte, nahm die Pforzheimer Juden auf.
Übergabe an Yad Vashem. Die Thora-Rolle blieb in Gurs. 'Aus einem Schreiben geht hervor, dass sie dort genutzt
wurde', berichtet Mann. Von Reutlingers Tochter weiß er auch, dass Uri Landau – der Elfjährige, der einst die Thora aus dem versiegelten Reutlinger-Haus holte – Anfang der 80er Jahre von Israel nach Deutschland kam. Er reiste auch nach Gurs, wo er sich nach der Thora-Rolle erkundigte.
'Er fand heraus, dass sie an eine christliche Gemeinde und später an die jüdische Gemeinde in Pau, nahe Gurs, übergeben
wurde.' Landau erwirkte schließlich, dass die Thora nach Israel geschickt und an Yad Vashem übergeben wurde.
Wo ist die Rolle heute? Hans Mann liegt ein Bild der Thora vor und ein Schreiben von Yad Vashem vor.
'Demnach befindet sich die Thora, da sie nicht mehr koscher ist, in einer separaten
Vitrine.' Doch in welcher Synagoge, das weiß Mann noch nicht. Auch Uri Landau, mit dem Mann korrespondierte, kann ihm auf diese Frage keine Antwort mehr geben. Er starb, bevor ein Besuch zustande kam."
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zum Artikel |
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November 2018:
Nach Schändung des Andenkens am
Synagogen-Denkmal: Erklärung des christlich-jüdischen Arbeitskreises
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Artikel in den "pf-bits"
vom 15. November 2018: "Erklärung des christlich-jüdischen
Gesprächskreises zur Schändung des Andenkens an die Reichspogromnacht
Nach der Schändung der Gedenkkränze am Platz der Synagoge regt sich Empörung
über die Tat.
Der christlich-jüdische Gesprächskreis der Evangelischen Kirche, der seit
1984 Themen des christlich-jüdischen Dialogs behandelt, hat bei seinem
Vortragsabend am gestrigen Mittwoch zur Entstehung des Alten Testaments mit
den Teilnehmern des Vortragsabends eine gemeinsame Erklärung zur Schändung
des Andenkens an die Reichspogromnacht abgegeben. Nach der
Gedenkveranstaltung am 9. November wurden nach der Veranstaltung die am
Platz der Synagoge abgelegten Gedenkkränze von Unbekannten zerstört. Das
jüdische Leben ist wieder Teil von Deutschland geworden und soll es
bleiben!', heißt es in der Erklärung, die von Gerhard Heinzmann und
Christoph Mährlein formuliert wurde. Die rund 40 Teilnehmer unterstützten
einstimmig den Aufruf gegen Judenfeindlichkeit. Die Erklärung wurde auch von
Rami Suliman und Andrew Hilkowitz von der jüdischen Gemeinde, sowie dem
muslimischen Vorsitzenden der Christlich-islamischen Gesellschaft Pforzheim
(CIGP), Fatih Aygün, unterstützt, die bei dem Vortrag ebenfalls anwesend
waren.
Die Erklärung im Wortlaut: Seit Jahrzehnten trifft sich in
Pforzheim der christlich-jüdische Gesprächskreis, um mit Vorträgen,
Diskussionen und Veranstaltungen den Dialog der Religionen zu pflegen und
wechselseitiges Verständnis und Toleranz zu fördern. Wir – die Teilnehmer an
diesen Gesprächen – sind verstört und empört über die Schändung des
Andenkens an die Reichspogromnacht 1938. Es zeugt von völligem Unverständnis
und Barbarei, dass die Gedenkkränze für diesen Exzess gegen die Juden in
Deutschland zerstört wurden. Wir rufen Alle in diesem Land und in dieser
Stadt auf, der Judenfeindlichkeit entgegenzutreten und jede Art von
Geschichtsfälschung zu bekämpfen. Das jüdische Leben ist wieder ein Teil von
Deutschland geworden und soll es auch bleiben! Wir wollen nicht zulassen,
dass sich Judenfeindlichkeit – offen oder versteckt – wieder Bahn bricht."
Link zum Artikel |
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März 2019:
Verlegung von weiteren
"Stolpersteinen" in Pforzheim |
Artikel von Olaf
Lorch-Gerstenmaier in der "Pforzheimer Zeitung" vom 28. März 2019: "Pforzheim.
Verlegung von 23 neuen Quadern: 'Stolpersteine' erinnern an Nazi-Verfolgte
Pforzheim. Insgesamt 270 'Stolpersteine' sind in Pforzheim bereits
verlegt worden. Am Freitag kommen weitere 23 'Stolpersteine' dazu. Es
handelt sich um ein Projekt, das in Kooperation aus Löblicher
Singergesellschaft von 1501 Pforzheim und der Privaten Pforzheimer
Initiative Stolpersteine realisiert wurde. Es erinnert an die Vertreibung
und Vernichtung der Juden, der Sinti und Roma, der politisch Verfolgten, der
Homosexuellen, der Zeugen Jehovas und der Euthanasieopfer während der
Diktatur der Nationalsozialisten lebendig erhält. Der Kölner Künstler Gunter
Demnig erinnert an die Opfer der NS-Zeit, in dem er vor ihrem letzten
selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln mit ihrem Namen und ihren Lebensdaten
aus Messing in den Gehweg einlässt. Mit den Stolpersteinen vor den Häusern
hält er die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst hier lebten.
Es beginnt um 9 Uhr: drei Steine an der Nagoldstraße 13 (je einen Stein für
Hermann Reinheimer, Mina Reinheimer und Werner Siegfried Reinheimer); der
Liedermacher Dieter Huthmacher trägt sein Lied 'Stolpersteine' während der
Verlegung vor. Der Abschluss ist um 11.10 Uhr: fünf Steine an der
Kronprinzenstraße 25 (je ein Stein für Louis Reutlinger, Elsa Reutlinger,
Fritz Reutlinger, Erich Reutlinger und Ruth Lea Reutlinger)."
Link zum Artikel
Weitere Informationen:
http://stolpersteine-pforzheim.de/
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November 2019:
Gedenken zum Novemberpogrom 1938
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Artikel in der
"Pforzheimer Zeitung" vom 5. November 2019: "Gedenkveranstaltung von
Stadt und Jüdischer Gemeinde zur Reichspogromnacht
Pforzheim. Am 9. November 2019 jährt sich das Datum der
Reichspogromnacht in Deutschland zum 81. Mal. Ein trauriges Datum, das in
die Geschichte eingegangen ist und in der Goldstadt traditionell mit einer
gemeinsamen Gedenkveranstaltung der Stadt Pforzheim und der Jüdischen
Gemeinde Pforzheim begangen wird. Diese findet am Freitag, 8. November, um
11.30 Uhr im Atrium des Volksbankhauses statt. Nach der Begrüßung durch
Oberbürgermeister Peter Boch liest Celina Zürcher zunächst Auszüge aus dem
Buch 'Spurensuche' von Annsophie Schmidt. Annsophie Schmidt recherchierte im
Geschichtsunterricht im Rahmen eines Projekts die Biographien jüdischer
Hilda-Schülerinnen und Lehrkräfte. Im Anschluss daran folgt eine
Gesprächsrunde zu der Frage, wie junge Menschen mit der Geschichte des
Nationalsozialismus umgehen. Musikalisch wird die Gedenkfeier vom Gemischten
Synagogenchor umrahmt, der gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern des
Reuchlin-Gymnasiums auftreten wird. Die gemeinsame Kranzniederlegung von
Stadt und Jüdischer Gemeinde erfolgt zum Abschluss der Veranstaltung direkt
an dem Gedenkstein auf dem 'Platz der Synagoge' an der Zerrenner-/Goethestraße.
Zudem lädt die Initiative Stolpersteine/Löbliche Singergesellschaft von 1501
Pforzheim anlässlich des 81. Jahrestages der Reichspogromnacht am Samstag,
9. November, um 15 Uhr zu einer Stolperstein-Führung ein. Treffpunkt ist auf
dem Marktplatz, Ecke Westliche Karl-Friedrich-Straße 1. Die Führung ist
kostenlos.
Die Gedenkveranstaltung wird jedes Jahr von der Stadt Pforzheim gemeinsam
mit der Jüdischen Gemeinde, der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Gemeinden (ACG)
und Vertretungen Pforzheimer Schulen vorbereitet und in Zusammenarbeit und
mit Unterstützung des Mall-Managements der Volksbank Pforzheim
durchgeführt."
Link zum Artikel |
Weiterer Artikel in
der "Pforzheimer Zeitung" von Jeanne Lutz vom 8. November 2019: "'Es liegt
nicht in unserer Verantwortung, was damals geschehen ist. Aber es liegt an
uns, dafür zu sorgen, dass so etwas nie mehr passiert' - Stadt und Schüler
gedenken den Opfern der Reichspogromnacht
Pforzheim. Die Erinnerungen an den NS-Terror wach halten: Das ist das
erklärte Ziel der Stadt Pforzheim, der jüdischen Gemeinde, aber auch der
Jugend. Bei der Gedenkveranstaltung anlässlich des 81. Jahrestags der
Reichspogromnacht am Freitagvormittag im Volksbank-Haus diskutierten Schüler
des Hilda-Gymnasiums darüber, wieso es an ihnen ist, die Vergangenheit nicht
in Vergessenheit geraten zu lassen und welche Wege man gehen sollte, um
Antisemitismus die Stirn zu bieten. 1938 zündeten die Nationalsozialisten in
der Nacht vom 9. auf den 10.November in ganz Deutschland Synagogen an,
verwüsteten jüdische Geschäfte, verhafteten, misshandelten oder töteten
deutsche Juden. Auch in Pforzheim brannte das Gotteshaus an der
Zerrennerstraße, 23 Männer jüdischen Glaubens wurden ins KZ Dachau
verschleppt. Der Terror der Reichspogromnacht bildete den Auftakt des
Massenmords an den europäischen Juden, dem sechs Millionen Menschen zum
Opfer fielen. 81 Jahre später sind diese Verbrechen nicht vergessen – doch
der Bezug dazu geht den nachfolgenden Generationen zunehmend verloren. Das
macht nicht nur den Erwachsenen Sorgen, sondern auch der Jugend selbst, wie
bei Gedenkveranstaltung zum 81. Jahrestag der Reichspogromnacht am
Freitagvormittag im Atrium des VolksbankHauses deutlich wurde. Denn diese
gestalteten in weiten Teilen Schüler des Hilda-Gymnasiums, die sich schon
länger intensiv mit der Aufarbeitung von Pforzheims NS-Vergangenheit
beschäftigen. 'Es liegt nicht in unserer Verantwortung, was damals geschehen
ist. Aber es liegt an uns, dafür zu sorgen, dass so etwas nie mehr
passiert', erklärte Celina Zürcher, die mit ihren Mitschülern Tamara Benhamo
und Leon Michel in der von Boris Karasik moderierten Runde mit Sami Wedde
von 'Likrat', einem interreligiösen Projekt des Zentralrats der Juden, über
Antisemitismus und Erinnerungskultur diskutierte. Die Verbrechen von damals
nicht zu vergessen, aber auch dem Antisemitismus von heute die Stirn zu
bieten, sei dabei nicht nur die Aufgabe von Politik und Jüdischen Gemeinden,
sondern die aller, 'denn das Thema betrifft uns alle, die ganze
Gesellschaft', unterstrich Benhamo. Das fange schon im Kleinen an, wie nicht
wegzuschauen, wenn antisemitische Parolen verbreitet würden. Um auch die
jungen Menschen ins Boot zu holen, müsse man Kanäle wählen, auf denen diese
auch erreicht würden – und verstärkt auf soziale Medien setzen. Nicht
zuletzt, um 'diesen Raum nicht jenen zu überlassen, die ihn missbrauchen, um
Hass und Hetze zu verbreiten', wie Hilda-Schülersprecher Michel sagte."
Link zum Artikel |
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März 2020:
Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" in Pforzheim
Anmerkung: es wurden weitere 26 "Stolpersteine" in Pforzheim verlegt;
damit wurden (seit Beginn der Verlegungen in der Stadt 2008) insgesamt 296
"Stolpersteine" in der Stadt verlegt. Es sind weitere Verlegungen geplant.
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Artikel von
Claudius Erb in der "Pforzheimer Zeitung" vom 26. Februar 2020: "Jeder
Stolperstein erzählt ein Schicksal: Pforzheim erhält kommende Woche weitere
wichtige Wegmarken
Pforzheim. Schritt für Schritt wird Geschichte lebendig, Stein um
Stein werden tragische persönliche Schicksale ins Heute geholt: Zum
wiederholten Mal macht der Künstler und Initiator Gunter Demnig in der
kommenden Woche in Pforzheim Station, um weitere Stolpersteine dort zu
platzieren, wo Menschen aus ihrem Umfeld gerissen wurden, weil sie unter der
Diktatur der Nationalsozialisten zu leiden hatten oder gar den Tod fanden.
Die Löblichen Singer und die private Initiative Stolpersteine machen es
möglich, dass Demnigs europaweites Kunstprojekt auch in der Goldstadt
wichtige Zeichen setzt. 26 Steine kommen unter der Schirmherrschaft von
Oberbürgermeister Peter Boch am Mittwoch, 4. März, hinzu, darunter jene für
Ursula Mayer und Julie Wallerstein, deren Lebensgeschichten am Tag der
Verlegung besonders präsent sein werden.
Vertrieben und versteckt. Ursula Mayer wurde am 31. März 1937 in
Pforzheim geboren. Als der Vater von einer Geschäftsreise im November 1938
nicht mehr nach Hause kam, beantragte die Mutter ein Visum zur Emigration
nach England. Da sie das Visum nur für sich selbst erhielt, entschloss sie
sich, die Tochter zu ihrer Schwester nach Sarrebourg in Lothringen zu
bringen. Als die Mutter zu ihrem Mann nach England floh, blieb Ursula bei
der Tante und Cousine. Zum Schutz nahm sie den Namen Yvonne an und erlebte
das Kriegsende versteckt in Paris. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs holten
sie ihren Eltern nach England. Heute ist sie verheiratet, heißt Ursula
Bernstein und lebt in London. Mit ihrem Ehemann wird sie die Verlegung der
Stolpersteine für sie und ihre Eltern vor dem Haus an der Güterstraße mit
der Nummer 18 mitverfolgen und auch am Empfang teilnehmen, den
Oberbürgermeister Boch und Sozialbürgermeister Frank Fillbrunn um 13 Uhr im
Rathausfoyer geben.
Projekt verbindet Generationen. Dort wird auch ein Urenkel von Julie
Snatager, geborene Wallerstein, erwartet. Sie war am 27. November 1881 in
Pforzheim zur Welt gekommen. Ihre Eltern Hermann und Sophie Wallerstein
hatten ein Wäschegeschäft in der Westlichen 42. Am 20. April 1909 heiratete
sie den Textilhändler Emanuel Snatager in Köln. Das Ehepaar bekam drei Söhne
und zog am 3. Mai 1909 von Kassel nach Zutphen in den Niederlanden. Julie
Snatager wurde am 20. Januar 1943 von Zutphen aus in das Lager Westerbork
geschafft und am 29. Januar 1943 nach Auschwitz deportiert. In den Akten ist
ein offizielles Todesdatum mit dem 1. Februar 1943 vermerkt. Aus 'nicht
einwandfrei zu klärenden Gründen kann beziehungsweise darf' in Zutphen, wo
sie zuletzt gewohnt hat, kein Stolperstein verlegt werden, heißt es in einer
Erläuterung der Initiative Stolpersteine. Deshalb werde nun mit Demnigs
Einverständnis ein Stein an jener Stelle verlegt, an der ihr Geburtshaus
stand.
Dass dieses Projekt, das die Erinnerung an die Vertreibung und Vernichtung
der Juden, der Sinti und Roma, der politisch Verfolgten, der Homosexuellen,
der Zeugen Jehovas und der Euthanasieopfer lebendig hält,
generationenübergreifend Unterstützung erfährt, führen die hiesigen Paten
vor Augen. Darunter sind Unternehmen wie die Firma Rutronik, Institutionen
wie die evangelische Kirchengemeinde Buckenberg-Haidach, Privatpersonen wie
der Mediziner und Stadtrat Ralf Fuhrmann mit seinem Mann Timur
Fuhrmann-Piontek, aber auch das Reuchlin-Gymnasium, das an die
Gestalttherapeutin Lore Perls, geborene Posner, erinnert, die einst jenes
Gymnasium besuchte, oder eine Konfirmandengruppe der evangelischen
Innenstadtgemeinden, die den Stolperstein für Bernd Kahn finanziert. Er war
vom Schulverbot für jüdische Kinder betroffen und musste 1938 mit seiner
Familie in die USA fliehen.
Alle Informationen zum europäischen Kunstprojekt von Gunter Demnig und
zum hiesigen Engagement der Löblichen Singergesellschaft von 1501 in
Kooperation mit der privaten Initiative gibt es auf
www.stolpersteine-pforzheim.de."
Link zum Artikel |
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Mai 2024:
Verlegung von 24 weiteren
Stolpersteinen in Pforzheim
Anmerkung: nach dieser Verlegung liegen zusammen 397 Stolpersteine in
Pforzheim |
Artikel von Jürgen
Peche in "Badische Neueste Nachrichten" am 15. Mai 2024: "Pforzheim.
Erinnerung an NS-Opfer. 24 neue Stolpersteine in Pforzheim verlegt
Vier der Stolpersteine sind der jüdischen Familie Sommer gewidmet, die aus
Pforzheim vor den Nazis fliehen musste.
Die 'Initiative Stolpersteine' der Löblichen Singergesellschaft von 1501
Pforzheim hat am Mittwoch 24 weitere Stolpersteine im Stadtgebiet verlegt.
Die Aktion, die vom Kölner Künstler Gunter Demnig 1993 ins Leben gerufen
wurde, soll an die Opfer der NS-Zeit erinnern, indem Gedenktafeln aus
Messing vor ihrem letzten frei gewählten Wohnort mit Namen, Schicksal und
Lebensdaten in den Bürgersteig eingelassen werden. Die Löblichen Singer
übernahmen 2007 die finanzielle Trägerschaft. Am 13. März 2008 wurden die
erste 13 Stolpersteine verlegt – vier davon am Platz der Synagoge. Heute
liegen in Pforzheim 397 dieser Gedenksteine. Inzwischen leitet Singer Hans
Mann das Projekt, bei dem es gilt, die Biografien der ehemals Pforzheimer
Mitbürger sorgsam zu ermitteln. Dabei helfen immer wieder auch Schulklassen,
wie auch jetzt zum wiederholten Mal eine Klasse des Hilda-Gymnasiums. Die
dritte Station der aktuellen Verlegeaktion war vor dem Kinderhort der
Caritas in der Dillsteiner Straße 3a. Als Gunter Demnig ankam, hatten
Mitarbeiter der Technischen Dienste der Stadt den Platz für die vier
Stolpersteine auf dem Gehsteig schon vorbereitet, sodass der routinierte
Künstler mit nur wenigen Schlägen mit dem Gummihammer die Messingwürfel im
Boden versenkte. Mit dabei waren die Paten der Stolpersteine, die mit ihrem
Beitrag die Kosten der Aktion finanzieren.
Erinnerung an Schicksal der Pforzheimer Familie Sommer. Hans Mann
schilderte das Schicksal der jüdischen Familie Sommer, an die hier erinnert
wird: David Sommer und seine Ehefrau Anna, sowie deren Kinder Gretel und
Helmut. David Sommer, geboren 1871, war Kantor der liberalen jüdischen
Gemeinde in Pforzheim und Hauptlehrer an der Volksschule in Brötzingen. 1911
wurde er als Stadtverordneter gewählt und im August 1933 von den Nazis in
den Zwangsruhestand versetzt. Im Januar 1939 floh er mit Ehefrau und Tochter
über England nach Indien. Seine Frau Anna starb 1947 in Mumbai, worauf er
1952 zurück nach England übersiedelte und bis zu seinem Tod 1958 dort mit
der Familie seines Sohnes lebte. Der Sein Sohn soll immer wieder gesagt
haben, dass seine Mutter Deutschland sehr vermisst habe, und sie letztlich
am Heimweh nach dem Schwarzwald gestorben sei. Tochter Gretel Sommer war
Musiklehrerin und emigrierte mit den Eltern nach Indien. Sie blieb
unverheiratet und kehrte mit dem Vater und der Familie ihres Bruders Helmut
nach England zurück. 1983 kam sie mit der Familie ihres Bruders auf
Einladung der Stadt nach Pforzheim als Holocaust-Überlebende. Helmut,
geboren 1906 in Pforzheim, besuchte das Reuchlin-Gymnasium und wurde zu
Beginn seiner Ausbildung als Jude ausgegrenzt und gedemütigt. Er emigrierte
bereits 1930 nach Mumbai, wo ihm eine Stelle angeboten wurde. Er wurde
britischer Staatsbürger und zahlte später die sogenannte
'Reichsfluchtsteuer', damit seine Eltern und seine Schwester aus Deutschland
ausreisen konnten. Helmut starb 1999 in London. Zur Verlegung der vier
Gedenksteine waren Nachfahren der Familie Sommer aus Israel angereist,
darunter die Enkelin von Helmut Sommer, die sich in einer kurzen Ansprache
für das Gedenken an ihre Familie bedankte."
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 231-237. |
| Germania Judaica II,2 S. 645f; III,2 S. 1106-1107. |
| Gerhard Brändle: Die jüdischen Mitbürger der Stadt Pforzheim.
Pforzheim 1985. |
| ders.: Jüdische Gotteshäuser in Pforzheim. Pforzheim 1990. |
| ders.: Jüdisches Pforzheim. Einladung zur Spurensuche. Haigerloch 2001. |
| Monika Preuß: Der jüdische Friedhof auf der Schanz in
Pforzheim. Pforzheim 1994. |
| Franz-Josef Ziwes (Hg.): Badische Synagogen. 1997 S. 56-59. |
| Jüdisches
Leben in Pforzheim - Dokumentation. Zwei Broschüren (der Ergänzungsteil
mit Unterrichtsmaterialien). Erschienen 2012.
Vorstellung
der Broschüre in der Website der Stadt Pforzheim. |
| Christiane
Twiehaus: Synagogen im Großherzogtum Baden (1806-1918). Eine
Untersuchung zu ihrer Rezeption in den öffentlichen Medien. Rehe: Schriften
der Hochschule für jüdische Studien Heidelberg. Universitätsverlag Winter
Heidelberg 2012.
Zur Synagoge in Pforzheim: S. 109-114.
|
|
Christoph
Timm, unter Mitarbeit von Olaf Schulze: Jüdisches Leben in
Pforzheim. Vom Mittelalter bis heute. Edition Papierblatt Band 3. J. S.
Klotz Verlagshaus 2021.
ISBN: 978-3-948968-51-9. 24,90 €.
Informationen auf Verlagsseite. Mehr zur Edition
Papierblatt:
https://www.papierblatt.de/edition/
Begleittext zum Buch: "Tauchen Sie ein in das Leben der Juden und
Jüdinnen in Pforzheim von 1260 bis heute. Ihre Geschichte wird nicht nur
fundiert besprochen, sondern anhand von Einzelschicksalen auch lebendig
erzählt. Die Beiträge präsentieren jüdisches Leben in Pforzheim aus dem
Blickwinkel von Juden und Jüdinnen selbst und zeigen deren großen Einfluss
auf die positive Entwicklung der Goldstadt. Im vorliegenden Werk lassen sich
zahlreiche bisher noch unveröffentlichte Abbildungen finden."
|
| Christoph Timm: Pforzheim - Kulturdenkmale im
Stadtgebiet. Denkmaltopographie Baden-Württemberg. Verlag Regionalkultur
2004. Insbesondere S. 206-207 ("Margarete - von Juden getötet?").
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Pforzheim Baden.
The 13th century Jewish community was victimized in a blood libel in 1267, with
Jews tortured on the rack and hanged. The Jews also suffered in the Black Death
persecutions of 1348-49.
Few Jews were present in Pforzheim until the 17th century. In 1614, they were
expelled together with all the Jews of Baden-Durlach and only began to settle
again in 1670. After the destruction of the city by the French in 1689 (in the
Nine Years War) Jews were invited back under a letter of protection to helb
rebuild it. In the late 1760s, Jews were among the founders of the gold and
jewelry industry that brought prosperity to the city. However, all through the
19th century the Jews were subjected to local agitation aimed at curtailing
their economic activity.
In the early 19th century, a number of special taxes
and disabilities were discontinued and Jews were permitted to purchase farm
land. Toward the end of the 19th century most of the Jews were well off, owning
banks and department stores as well as factories. A new synagogue was built in
1892, equipped with an organ and choir in keeping with the comumnity's Reform
and assimilationist tendencies. By 1910 the community had grown to 766 (total
69,066) and by 1927 to a peak of 1,000. After Worldwar I, community life
expanded, with the Zionists becoming active. An Adass Jeshurun congregation of
20 families was formed by Orthodox Jews of East European origin, with a separate
synagogue erected in 1926. From the 1920s on, antisemitism became rampant. At
the outset of the Nazi era, the Jewish population was 770. Persecution and the
ecconomic boycott were soon intensified. In March 1933, 18 Jewish families of
Polish origin were expelled from the public service and in 1935 a number of Jews
were arrested for "racial defilement". The remaining East European
Jews were expelled on 28 October 1938 and on Kristallnacht (9-10 November
1938), Jews were beaten, Jewish stores were looted, and the synagogue was set on
fire. Twenty-three Jewish men were sent to the Dachau concentration camp. Of the
514 Jews allowed to emigrate, 175 went to the United States, 102 to Palestine,
and 87 to Latin America. On 22 October 1940, 183 were deported to the Gurs
concentration camp where 20 died; 50 persished in Auschwitz and 66 in otter
camps; 46 survived the Holocaust. The 51 Jews remaining in Pforzheim were
deported mainly to Izbica (Poland) and to the Theresienstadt ghetto; 17 survived.
The community formed after the war numbered 120 in 1976.
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