Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Ludwigsburg (Kreisstadt, Baden-Württemberg) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge

    
Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Persönlichkeiten und auf sie bezogene Erinnerungsmale  
Anzeigen      
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 
bulletSonstige Berichte    
bulletLinks und Literatur   

         

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)    
   
In der Anfang des 18. Jahrhunderts durch den württembergischen Herzog Eberhard Ludwig gegründeten Residenzstadt Ludwigsburg wurden trotz der in Württemberg seit dem Ende des 15. Jahrhunderts geltenden Ausschließungsgesetzgebung alsbald mehrere Juden mit ihren Familien aufgenommen. Es handelte sich dabei durchweg um jüdische Handelsleute, die zu Dienstleistungen für den Herzog bestellt worden waren und unter dessen persönlichem Schutz standen. Einige davon wurden zu Hoffaktoren ernannt, darunter Joseph Süßkind Oppenheimer (genannt "Jud Süß"), der um 1735 unweit des Ludwigsburger Schlosses ein Haus erwerben konnte. Die wichtigste Erinnerung an die Aufnahme von Hofjuden und Hoffaktoren im 18. Jahrhundert ist das ehemalige Haus von Joseph Süß Oppenheimer (Mömpelgardstraße 18; Haus um 1726 erbaut; Hinweistafel vorhanden). 
        
Die Entstehung der jüdischen Gemeinde des 19./20. Jahrhunderts begann mit der Aufnahme jüdischer Familien seit 1800/03. Die Gemeinde bestand bis 1938/41, zwischen 1832 und 1849 als gemeinsame Gemeinde mit Aldingen
    
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule, ein rituelles Bad (seit 1817 im Keller des Hauses des Wolf Judas in der Mömpelgardstraße 18 eingerichtet, wurde bis um 1840 genutzt; danach gab es in Ludwigsburg keine Mikwe mehr) und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Die Gemeinde gehörte seit 1832 zum Bezirksrabbinat Stuttgart. 
    
Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um 1900 mit 243 Personen erreicht. 
     
Im 19. Jahrhundert lebten die jüdischen Familien überwiegend von Handels- und Gewerbebetrieben. Auch leisteten sie wichtige Beiträge zur Industrialisierung der Stadt. 
  
An ehemaligen, bis nach 1933 bestehenden Handels-, Dienstleistungs- und Gewerbebetrieben sind bekannt (Auswahl): Pferdehandlung Leopold Beretz (Leonberger Straße 17), Kaufhaus Ebstein, Inh. Julius Ebstein (Wilhelmstraße 22), Mech. Buntweberei Elsas & Söhne GmbH, Familie Elsas und prakt. Arzt Dr. Ludwig Elsas (Gebäudekomplex Marstallstraße 4), Fabrikant Hans Frischauer (Asperger Straße 34), Württembergische Papierzentrale (Jakob) Greilsamer & Co. (Myliusstraße 15), Kaufhaus Gebr. Grumach (Kirchstraße 1), Schuhhaus Katz & Cie. 'Im Zentrum' (Körnerstraße 8/1), Sportschuhfabrik (Julius Erwin) Kaufmann & Cie. (Mathildenstraße 32), Pferdehandlung sowie Handlung mit Textilwaren und Futtermitteln Salomon Kusiel (Bahnhofstraße 13), Manufakturwarengeschäft Emma Laupheimer (Holzmarkt 6), Vieh- und Pferdehandlung Max Marx (Landhausstraße 1/Alleenstraße 4), Pferdehandlung Josef Neuburger (Leonberger Straße 18), Damenkleiderfabrik Ottenheimer (Hohenzollernstraße 3), praktischer Arzt Dr. Walter Pintus (Mathildenstraße 6), praktischer Arzt Dr. David Schmal (Mathildenstraße 12), Rechtsanwalt Julius Schmal (Bahnhofstraße 29), Altpapier- und Alteisenhandlung Samuel Schlit (Hospitalstraße 37), Kaufhaus Gebr. Stern (Körnerstraße 9/11, kriegszerstört), Pferdehandlung Alfred Strauß (Seestraße 49 mit dekorativem Pferdekopf an der Außenfassade), Rechtsanwalt Dr. Dr. Jakob Waitzfelder (Alleenstraße 8), Wachsfabrik/Chemische Fabrik Weil & Eichert AG. (Osterholzallee 2+6), Metallwarenfabrik Fa. Karl Weis & Co. (Alleenstraße 46, abgebrochen).    
     
1933 wurden noch 163 jüdische Einwohner gezählt. Ein großer Teil von ihnen konnte in den folgenden Jahren emigrieren. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.), die Schaufenster von mehreren bis dahin bestehenden jüdischen Geschäften wurden eingeschlagen.   
    
Auf Grund der Judenverfolgungen und -ermordungen in der NS-Zeit kamen von den 1933 in Ludwigsburg wohnhaften 163 Personen mindestens 56 ums Leben.  
      
      
      
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
          
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer     

25-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer Schmal (1903)
    

Mitteilung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 4. September 1903: "In Ludwigsburg feierte Herr Lehrer Schmal sein 25-jähriges Dienstjubiläum."   

          
Abschied von Lehrer Adelsheimer und Stellenantritt von Lehrer Metzger (1925)  

Artikel in der "Liberalen jüdischen Zeitung" vom 15. Mai 1925: "Ludwigsburg. Mit Beginn des neuen Schuljahres wird Religionslehrer Adelsheimer einem ehrenvollen Rufe als Religionslehrer nach Stuttgart Folge leisten. Die zahlreich erschienenen Gemeindemitglieder, die seinen Abschiedsworten am letzten Samstag lauschten, legten Zeugnis ab von dem Vertrauen und der Achtung, die sich Herr Adelsheimer in 17-jährigem Wirken in der hiesigen israelitischen Gemeinde erworben hat. In gewohnter, formvollendeter Weise schilderte Herr Adelsheimer seine Hoffnungen, mit denen er seinerzeit die Stelle angetreten, welch aufstrebende und blühende Gemeinde er damals angetroffen habe, und wie der Weltkrieg durch den Verlust sechs hoffnungsvoller Söhne den aufstieg jäh unterbrochen habe. Nur langsam erhole sich die Gemeinde von diesem schweren Verluste. Die bleibenden Verdienste, die sich Herr Adelsheimer in seiner Stellung als Vorsitzender des Kirchenvorsteheramtes und als Gemeindepfleger erworben hat, wurden in einer vorangegangenen Sitzung des Vorsteheramts durch Vorsteher Dreyfus gewürdigt. Die besten Wünsche begleiten den Scheidenden in seine neue Stellung. Herr Adelsheimer hat sich in seiner langjährigen Tätigkeit in hiesiger Stadt auch weit über seinen eigentlichen Wirkungskreis hinaus viel Achtung und Wertschätzung erworben. - Der Nachfolger, Hauptlehrer Metzger von Hohebach, wird sein Amt nächster Tage antreten."   

   
   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben 
Kritik an einem jüdischen Mann, der am Versöhnungstag als Zeuge zum Schwurgericht nach Stuttgart mit dem Zug gefahren ist (1881)       

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Oktober 1881: "Aus Ludwigsburg musste am Versöhnungstag ein Israelit als Zeuge vor dem Schwurgericht in Stuttgart erscheinen, obwohl derselbe zuvor an eine Königliche Staatsanwaltschaft die Bitte um Verlegung der Verhandlung gerichtet hatte. Der betreffende Mann fuhr nun am Versöhnungstag mit dem Frühzug in die Residenz und nach seiner Vernehmung wieder retour.   
Warum der betreffende Israelit sich nicht an eine höhere Behörde als an die Königliche Staatsanwaltschaft gewendet hatte, ist dem Einsender dieser Zeilen nicht bekannt. Jedenfalls hätte das Fahren am Versöhnungstag vermieden werden können."   

  
      
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Über den in Frankreich gefallenen Sigwart Wertheimer aus Ludwigsburg (1915)        

Ludwigsburg Israelit 04021915.jpg (85537 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Februar 1915: "Straßburg, 22. Januar (1915). Ein christlicher Soldat schreibt über den in Nord-Frankreich unlängst gefallenen Siegwart Wertheimer aus Ludwigsburg an seine eigenen Eltern: 'Weitere Lieder sangen wir bei der Weihnachtsfeier nicht, weil unser Kamerad tot im Schloss lag. Unser lieber Kamerad war ein Jude, Wertheimer aus Ludwigsburg, Inhaber des Eisernen Kreuzes und der Verdienstmedaille, ein leuchtendes Vorbild von Tapferkeit und Unerschrockenheit. An jenem Unglückstag ging er morgens weg in einen Unterstand der 7. Batterie. Da schlug eine Granate ein und tötete ihn. Gestern holten wir ihn ins Schloss und gruben ihm bei mondheller Nacht das Grab. Alle Offiziere kamen heraus und der Hauptmann hielt eine Ansprache, pries seine Treue und seinen Opfermut. So wurde uns unser lieber Kamerad entrissen; es ist wirklich schad um ihn, aber er hat den Heldentod erlitten.' - Auch der Militärarzt und der Kompaniechef schrieben an die Eltern und drückten ihre Bewunderung aus über den seltenen Heldenmut."   

  
Zum Tod des Fabrikanten Simon Wertheimer (1931)       

Artikel in "Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Mai 1931: "Ludwigsburg. Wiederum so ist unerwartet tiefe Trauer über unsere Gemeinde gekommen. Am 18. April wurde Fabrikant Simon Wertheimer durch einen Herzschlag im Alter von 67 Jahren aus dem Leben gerissen. Simon Wertheimer war erst im vorigen Jahre als Nachfolger des verstorbenen Vorsitzenden Max Dreyfus seligen Andenkens in das Vorsteheramt eingetreten und hat jederzeit seine Persönlichkeit und sein reiches Wissen der Gemeinde zur Verfügung gestellt. Der Verstorbene ward in Bodersweier geboren und zog bald nach seiner Verheiratung nach Ludwigsburg, wo er gemeinsam mit seinem Schwager eine Metallwarenfabrik gründete. Das Unternehmen erfreut sich überall des besten Rufes; seine Angestellten und Arbeiter schätzten den verstorbenen Chef im höchsten Maße. Die Trauerfeier schloss mit einem Gebet des Religionsoberlehrers Metzger. Das Andenken Simon Wertheimers wird stets in treuen Ehren gehalten werden."      

  
Zur Geschichte der Familie Salomon Kusiel 
(vgl. Hahn s.Lit. S. 451-452; ergänzende Recherchen und Korrektur durch Wim van Stiphout, Rotterdam)   

Salomon Kusiel (geb. 1866 in Hochberg), war seit 1905 in Ludwigsburg als Pferdehändler tätig (zugleich Inhaber einer Handlung mit Textilwaren und Futtermitteln). Er war verheiratet mit Fanny geb. Gutmann (geb. 1869 in Ichenhausen). Die beiden hatten drei Kinder: Alice, Peppi (Peggy) und Siegfried. Salomon Kusiel war in der NS-Zeit gezwungen, zum 1. Oktober 1938 seine Handlung in Ludwigsburg aufzugeben. Das Ehepaar ist im Januar 1939 nach Rotterdam ausgewandert, wo der Sohn Siegfried bereits seit 1922 lebte (zunächst in Amsterdam, 1926 und danach abwechselnd in Amsterdam und Rotterdam, vgl. Verlobungsanzeige unten). Salomon Kusiel starb am 20. Juni 1940 in Schiebroek (im Norden von Rotterdam) und wurde im dortigen Friedhof beigesetzt (die Angabe bei Hahn - "im KZ Schiebroek umgekommen" ist zu korrigieren, da es in Schiebroek kein KZ gab!). Fanny Kusiel wurde 1943 über das KZ Westerbork deportiert und am 14. Mai 1943 in Sobibor ermordet. Die drei Kinder haben die NS-Zeit überlebt: Alice und Peppi (Peggy) emigrierten in die USA; Siegfried lebte nach 1945 in Rotterdam.   
  
Vgl. Beiträge von Wim van Stiphout
- Wie is Salomon Kusiel
? Het verhaal achter de grafsteen van Salomon Kusiel. In: Vereniging Stedebouwkundig Wijkbehoud. Tussen Wilgenplas en Rotte. Hillegersberg - Schiebroek - Terbregge. Ausgabe Nr. 70 November 2012. S. 18-19. (Beitrag ist online als pdf-Datei eingestellt; in niederländischer Sprache)  
- Het verhaal achter de grafsteen van Salomon Kusiel (Deel 2). Er bestond geen concentratiekamp 'Schribriek' In: Vereniging Stedebouwkundig Wijkbehoud. Tussen Wilgenplas en Rotte. Hillegersberg - Schiebroek - Terbregge. Ausgabe Nr. 72 November 2013. S. 22-23 (Beitrag ist online als pdf-Datei eingestellt; in niederländischer Sprache)   
Zusätzlich eingestellt: Schreiben der Deelgemeente Hillegersberg Schiebroek vom 28.3.2013 zum Tod von Salomon Kusiel (pdf-Datei)      
     
 Das Grab von Salomon Kusiel im 
Allgemeinen Friedhof am Ringdijk 
in Rotterdam-Schiebroek 

(Fotos von 2012: Wim van Stiphout,
 Rotterdam) 
LB Kusiel Salomon G010.jpg (262203 Byte) LB Kusiel Salomon G011.jpg (167958 Byte)
   Das Grab von Salomon Kusiel im Allgemeinen Friedhof von Schiebroek 
   

Verlobungsanzeige für Kitty geb. Montanjees und Siegfried Kusiel (1928)    

Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 14. September 1928: 
"Statt Karten!  
Kitty Montanjees  -  Siegfried Kusiel. Verlobte.  
Amsterdam - Rotterdam, Noordblaak 43 / Ludwigsburg (Württemberg)"      

     
     
Persönlichkeiten und auf sie bezogene Erinnerungsmale 

bulletMax Elsas (1858 Ludwigsburg – 1942 Theresienstadt), Fabrikant; lange Jahre Stadtrat, im Ersten Weltkrieg versah er die Amtsgeschäfte des Oberbürgermeister, seit 1918 Seniorchef der Buntweberei Elsas & Söhne. Nach ihm ist die Max-Elsas-Straße benannt.  
bulletWalter Pintus (1880 Berlin-1938 KZ Dachau), 1905 bis 1933/38 prakt. Arzt mit Geburtshilfe in Ludwigsburg. Nach ihm ist die Walter-Pintus-Straße benannt.    
bulletSigmund Lebert (geb. als Seligmann Levi, 1821 Ludwigsburg - 1884 Stuttgart), nach musikalischen Studien in Stuttgart und Prag seit 1850 Klavierlehrer in München; 1857 Hauptinitiator bei der Gründung der Stuttgarter Musikschule, die 1865 zum "Königlichen Konservatorium für Musik" wurde; seitdem Klavierpädagoge von internationalem Ruf (1868 Professor, 1873 Ehrendoktor der Universität Tübingen); Verfasser zahlreicher Werke;  
bullet Jakob Levi (Bruder von Sigmund Lebert; 1816 Ludwigsburg - 1883 in Stuttgart); nach musikalischen Studien in Stuttgart seit 1840 Hofmusiker ebd.; später Prof. des Stuttgart Konservatoriums.   

      
Über die jüdische Lehrerin Jenny Heymann (1890-1996)   

JENNY-HEYMANN-PORTRAIT.jpg (45961 Byte) links: Jenny Heymann (Jugendbildnis). 
Jenny Heymann ist am 28. Oktober 1890 in Stuttgart geboren als Tochter des Bankiers Heinrich Heymann (Familie aus Steinhart) und der Helene geb. Brüll. Sie wuchs in Stuttgart auf, wo sie die Höhere Töchterschule und das Königin-Katharina-Stift besuchte. Danach Ausbildung im Höheren Lehrerseminar mit Prüfung 1910 und verschiedenen Anstellungen. Ab 1916 Studium der Philologie, verzögert durch den Ersten Weltkrieg: anschließend praktische Lehrtätigkeiten. 1922 Staatsexamen in Tübingen; Anstellung als Referendarin an Schulen in Stuttgart und Göppingen. Seit 1928 Studienrätin an der Mädchenoberschule in Ludwigsburg (wohnhaft Königsallee 79), Mitarbeit in der Redaktion der württembergischen Lehrerzeitung. Am 6. September 1933 wurde sie als Nichtarierin aus dem Schuldienst ohne Aussicht auf Ruhegehalt entlassen, entgegen dem Antrag der Ministerialabteilung für die Höheren Schulen, die die tüchtige Lehrerin halten wollte. Von Oktober 1933 bis März 1939 unterrichtete Frau Heymann am jüdischen Landschulheim in Herrlingen. Danach Auswanderung nach England, wo sie von Juli 1939 bis Dezember 1946 in London teils als Lehrerin (u.a. englische Kurse für Emigranten), teils als Hausgehilfin tätig war. Am 1. Januar 1947 kehrte sie nach Stuttgart zurück und wurde wieder Lehrerin in Ludwigsburg am Goethe-Gymnasium; sie organisierte 1949 einen der ersten Schüleraustausche mit einer englischen Schule. Ab 1950 war sie Oberstudienrätin am Hölderlin-Gymnasium in Stuttgart. 1955 trat sie in den Ruhestand, erteilte jedoch noch Privatunterricht und übernahm einen Teilauftrag in einem katholischen Gymnasium. 1956 wurde sie Geschäftsführerin der neugegründeten Stuttgarter Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und wirkte insbesondere im Erzieherausschuss mit. Für ihren Beitrag zur Versöhnung zwischen Juden und Christen wurde ihr 1990 die Otto-Hirsch-Medaille verliehen. Frau Heymann lebte bis ins hohe Alter von fast 106 Jahren in Stuttgart (Ameisenbergstraße 39) und starb hier am 13. Juni 1996. Sie wurde im israelitischen Teil des Pragfriedhofes beigesetzt.
(Quelle: Joachim Hahn: Jüdisches Leben in Ludwigsburg. Geschichte, Quellen und Dokumentation. 1998 S. 405).      
   Grab von Jenny Heymann im israelitischen Teil
des Pragfriedhofes in Stuttgart
; auch ihre Eltern
Heinrich Heymann und Helene geb. Brüll sowie ihr
Bruder Otto sind hier beigesetzt (Urnengräber) 
(Fotos: Rolf Hofmann)  
 
Dazu Beitrag von Marie Chiara Rehm: "'Sie hat uns für unser Leben geistig neugierig gemacht' - Das bewegte Leben der jüdischen Lehrerin Jenny Heymann.  Marie Chiara Rehm erhielt für Ihren Beitrag 2016 einen "Jenny Heymann Preis", gestiftet von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Stuttgart. 
Der Beitrag ist online eingestellt.   
Weitere Ergänzungen: Ahnentafel von Jenny Heymann, erstellt 2018 von Mouna El Kassemi, Stefanie Jurk, Vithushan A. und Cornelia Egger (stud. PH Ludwigsburg);
Rolf Hofmann: Familie Heymann aus Steinhart, Schematische Teilübersicht (als pdf-Datei eingestellt).  
Melanie Elze/Rosemarie Godel-Gaßner/Alfed Hagemann/Sabine Krehl: Jenny Heymann (1890-1996). Lebensstationen einer jüdischen Lehrerin mit bildungsgeschichtlichen Streifzügen durch Württemberg. Transfer (Reihe der Ludwigsburger Hochschulschriften) Band 18. PH Ludwigsburg - University of Education. 1. Auflage. 2020. 357 S.  ISBN: 978-3-8340-2067-3.
Erschien im Schneider-Verlag Hohengehren. Link zur Verlagsseite.
Inhaltsverzeichnis (pdf-Datei). 39,80 € inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten (Info). .
Zum Inhalt:  Der vorliegende Sammelband ist der engagierten Lehrerin Jenny Heymann (1890-1996) gewidmet: Er verbindet die Biographie Heymanns mit bildungshistorischen und regionalgeschichtlichen Entwicklungen. Jenny Heymann öffnet u. a. den Blick für vier Epochen, vom Kaiserreich bis zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland, sie repräsentiert das liberale Judentum der Weimarer Republik, lässt die Diskriminierung und Verfolgung durch den Nationalsozialismus greifbar werden und zeigt die Schwierigkeiten und Chancen des Exils in Großbritannien. Der vielschichtige gesellschaftliche Neuanfang nach 1945 wird durch Heymann anschaulich, sie beweist Engagement für europäische, grenzüberschreitende und interreligiöse Anliegen. Ihre Biographie verbindet sich immer wieder mit den Themen Frauenstudium, Emanzipation und Mädchenbildung, sie steht für einen Lebensentwurf, in dem Bildung die zentrale Rolle spielt – und die Gabe eines behutsamen Dialogs. Jenny Heymanns Dienst für die Versöhnung und Toleranz scheint in der wieder aufflammenden Diskussion über den Antisemitismus an Relevanz zu gewinnen.  

        
     
   
Anzeigen  
Werbung für die Koscher-Cichorie der Fa. Heinrich Frank Söhne (1869)
   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Dezember 1869: "Freudental (Württemberg). 
Empfehlung
. Den unter der Aufsicht des königlichen württembergischen Rabbinats Freudental von der berühmten Cichorien-Fabrik von Heinrich Frank Söhne in Ludwigsburg gefertigten Löwenkaffee in Rosapapier mit Koscher-Briefchen, empfehle ich dem verehrlichen jüdischen Publikum und besonders den Herren Wiederverkäufern als das Beste, was in dieser Art fabriziert werden kann, zu den billigsten Preisen en gros & en detail. H. Stern
Bezüglich der Koscher-Fabrikation obiger Cichorien bezeuge ich, dass dieselbe streng überwacht und beaufsichtigt wird. Freudental, 1. Dezember 1869. Rabbiner Haas."     
 

Dazu eingestellt: Schreiben aus Bretten (Bezirksrabbiner Schlessinger?) an die Zichorienfabrik H. Frank Söhne in Ludwigsburg (1898)  (aus der Sammlung von D. Silbermann, Berlin)  

 
     
Im Schreiben geht es um die Frage der Überwachung der Koscher-Zichorien der Firma H. Frank Söhne. Die Fabrikation der Zichorien war zuvor (zeitweise?) in Lahr (Firma Daniel Volker) unter Aufsicht des Schmieheimer Bezirksrabbiners Rawicz. Rabbiner Schlessinger ist bereit, die Aufsicht zu übernehmen und die rituelle Zubereitung zu bescheinigen. Die mit hebräischen Buchstaben geschriebenen (deutschen) Worte sind: "Koscher Zigorie unter (unter) Aufsicht des Bezirksrabbiners Bretten".

     
Hochzeitsanzeige von Willy Hirsch und Ruth geb. Ottenheimer (1935)  
Anmerkung: Willy Jakob Hirsch (geb. 29. März 1898 in Karlsruhe) war als Kaufmann und Vertreter tätig, wohnte 1931 in Lahr, Luisenstraße 14. Er heiratete am 22. August 1935 Ruth geb. Ottenheimer (geb. 15. Februar 1908 in Ludwigsburg als Tochter von Adolf Ottenheimer und Henriette geb. Eichengrün, die beide nach der Deportation in Maly Trostinec ermordet worden), als Kontoristin tätig, angestellt in der Kanzlei von Rechtsanwalt Dr. Julius Schmal in Ludwigsburg (1933 geschlossen), dann beim jüdischen Oberrat in Stuttgart und schließlich in Feuerbach. Nach der Eheschließung wohnte das Paar in Lahr; beide waren beim Einheitspreisgeschäft tätig; beide sind 1937 in die USA emigriert. 1939 ist Sohn Ernest geboren. Um 1964 lebte das Ehepaar Hirsch in Brooklyn, seit 1968 in Kalifornien (noch um 1980 in Albany, CA.). Sohn Ernest hat den Grad eines Ph.D. in physikalischer Chemie erworben (verheiratet in Kalifornien, drei Töchter). Quelle: Hahn, Jüdisches Leben in Ludwigsburg S. 493-494. 
Ruth Hirsch geb. Ottenheimer starb am 22. Januar 1989 in Alameda Ca.  http://www.geni.com/people/Ruth-Hirsch/6000000027649880019 
Willy (William) Hirsch starb am 4. Januar 1985 in Contra Costa County, Ca  http://www.geni.com/people/William-Willy-Hirsch/6000000027649938215   

Artikel in der "Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. August 1935: 
"Ihr Vermählung geben bekannt  
Willy Hirsch - Ruth Hirsch geb. Ottenheimer  
Lahr i. Baden  Amtmann-Stein-Str. 12  - Ludwigsburg
Trauung: 25.8., 1 Uhr, Synagoge Ludwigsburg. 
Hochzeit: Restaurant Bloch, Stuttgart".        

 
Nach der Deportation: Todesanzeige für Max Elsas (1945)       

Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 20. Juli 1945: "Nach einem selbstlosen, arbeitsreichen Leben ist unser treuer Vater und Großvater 
Max Elsas
(früher Ludwigsburg
in Theresienstadt verstorben. 
 Wir machen diese Mitteilung seinen vielen Freunden, von denen er sich bis ins hohe Alter getragen wusste.  
Bernard und Della Elsas geb. Plaut   2405 Roanoke Avenue   Dallas, Texas.  
Dr. med. Ludwig Elsas  
Pfc. Oskar Leo Elsas
(zur Zeit Pacific)  
Mary Elsas."        

   
   
Weitere Dokumente 
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries) 

Postkarte des Warenhauses der 
Gebr. Stern in Ludwigsburg (1915) 
Ludwigsburg Dok 810.jpg (126903 Byte) Ludwigsburg Dok 810b.jpg (86751 Byte) Ludwigsburg Dok 810a.jpg (149017 Byte)

Die Postkarte des Warenhauses der Gebr. Stern wurde am 20. Februar 1915 an eine Korbwaren-Manufaktur in Küps verschickt. Das Warenhaus Stern war 1904 als erstes in Eisenbeton ausgeführtes Gebäude Ludwigsburgs erstellt worden und prägte, da es die Nachbarhäuser weit überragte, jahrzehntelang das Stadtbild. Gründer und Inhaber des Warenhauses waren die Brüder Heinrich und Ludwig Stern. Heinrich Stern (geb. 1879 in Heddesheim/Nahe) ist nach der Deportation 1941 nach Riga umgekommen; seine Frau wurde 1942 deportiert und ist gleichfalls umgekommen. Ludwig Stern (geb. 1872 in Heddesheim) konnte emigrieren und starb 1954 in den USA. Weiteres zur Familiengeschichte bei Hahn s.Lit. S. 523-528.   

     

       
      
Sonstiges       

Dokumente von 1922: Antisemitismus in der Stadt 
Anmerkung: zum Referenten siehe  https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Rohm  
  
Auf die Anzeige hin erfolgte - nach Mitteilung von Christa Lieb, LB vom 4.4.2020 - heftiger Protest von Ludwigsburgern, die sich auf die Seite der jüdischen Personen der Stadt stellten.   
Anzeige mit Hakenkreuzen in der "Ludwigsburger Zeitung" vom 18. März 1922:
"Deutschvölkischer Schutz- und Trutzbund. Ortsgruppe Ludwigsburg.
Dienstag den 21. März 1922, abends 8 Uhr in der 'Brauerei Fischer' Ludwigsburg 
Vortrag  Karl Rohm - Lorch über
Das tragische Schicksal der Zarenfamilie und was es uns lehrt.... 
Juden haben keinen Zutritt."   

       
       
       
Zur Geschichte des Betsaals/der Synagoge     
       
Schon die jüdischen Hofjuden des 18. Jahrhunderts hatten einen Betsaal eingerichtet. 1739 wird berichtet, dass die Juden sich eine Kammer "wie eine Synagoge" eingerichtet hätten. Wo sich diese Kammer befand, wird nicht mitgeteilt. Vermutlich wurden in ihr die Schabbat- und Werktagsgottesdienste wie auch die Jahresfeste gefeiert. Andere Feierlichkeiten wie Beschneidungen, Bar Mizwa-Feiern oder Hochzeiten waren in Ludwigsburg während des 18. Jahrhunderts nur zeitweise oder mit Sondergenehmigungen erlaubt. Gewöhnlich mussten diese in Aldingen oder Freudental durchgeführt werden.   
       
Auch 1817 wird wieder ein Betsaal genannt, möglicherweise im Haus des Wolf Jordan (früher Jud Süß’sches Haus in der Mömpelgardstraße 18). 1824 stellte Wolf Jordan den Antrag, in einem Hintergebäude im Hof seines Hauses ein heizbares Zimmer und einen unheizbaren Betsaal einrichten zu dürfen. Dies wurde von der Stadt genehmigt. Nach Ausführung der Umbauten vermietete Jordan die Synagoge an die israelitische Gemeinde. 1832 findet sich der Hinweis, dass diese Synagoge "schön und vollständig ausgestattet, sehr geräumig" sei. Ein neben dem Betsaal befindliches Zimmer wurde für den Religionsunterricht der jüdischen Kinder benutzt, stand jedoch dem Lehrer außerhalb des Unterrichts für Wohnzwecke zur Verfügung. Seit 1848 hat Familie Jordan der Gemeinde den Betsaal unentgeltlich überlassen. Zum 1. September 1883 hat jedoch ein Erbe den Synagogenraum gekündigt. Hierauf stellte Rebekka Elsas, die Witwe des 1876 verstorbenen Ludwigsburger Fabrikanten Benedikt Elsas, ein Zimmer ihres Hauses Marstallstraße 4 der Gemeinde vorläufig für Gottesdienste zu Verfügung. Die alte Synagoge diente fortan als Lager und Packraum von Militärbekleidungsartikeln. In späteren Jahren war das Gebäude Pferdestall und Heustadel, bis es 1919/20 abgebrochen wurde. 1863 wurde in der Ludwigsburger Synagoge die Stuttgarter Liturgie mit deutschem Gebet, Choralgesang und Harmoniumbegleitung eingeführt. 
        
In der Ludwigsburger Synagoge wird die Stuttgarter Liturgie eingeführt (1863) 

Ludwigsburg AZJ 27011863.jpg (25469 Byte)Mitteilung in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 27. Januar 1863: "Auch in Esslingen und Ludwigsburg ist die Stuttgarter Liturgie eingeführt worden, die aber in den größeren Gemeinden des Landes noch nicht zur Geltung gekommen ist."  

Bereits 1876 war für einen möglichen Neubau einer Synagoge in Ludwigsburg ein Synagogenbauverein gegründet worden. Mit Hilfe der angesparten Gelder war es möglich, im Dezember 1883 ein Grundstück "in den äußeren Seegärten" (insgesamt 7 Ar 28 qm an der Alleen- und Solitudestraße; Parzelle Nr. 558) zum Preis von 3.348,80 Mark zu erwerben. Werkmeister Paul Baumgärtner und dessen Sohn Fritz zeichneten Baupläne für die neue Synagoge. Im Februar 1884 wurde der Neubau von der Israelitischen Oberkirchenbehörde genehmigt. Am 17. März 1884 erfolgte der erste Spatenstich. Die Finanzierung des Synagogenbaus war für die israelitische Gemeinde eine schwer zu bewältigende Aufgabe, zumal die Gemeinde zur Zeit des Synagogenbaus nur knapp 200 Gemeindeglieder in etwa 46 Familien umfasste. Nur mit Hilfe eines Darlehens, das innerhalb von 40 Jahren zurückzuzahlen war, konnte schließlich die Bausumme von etwa 35.000 Mark zusammengebracht werden.
       
Staatsbeitrag zum Bau der Synagoge (1884)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. April 1884: "Ludwigsburg, 1. April (1884). Der hiesigen israelitischen Gemeinde wurde, wie die Ludwigsburger Zeitung erfährt, zu ihrem Synagogenbau ein Staatsbeitrag von 2.500 Mark bewilligt."    

Ankündigung der Synagogeneinweihung (1885) 
Anmerkung: der Artikel erschien verspätet.

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Januar 1885: "Nächsten Samstag findet in Ludwigsburg die Einweihung der dortigen neuen Synagoge statt; die Festrede hält Kirchenrat Dr. von Wassermann."    

Am 19. Dezember 1884 konnte die neue Synagoge eingeweiht werden. Ein feierlicher Umzug vom provisorischen Betsaal in der Marstallstraße zur neuen Synagoge wurde veranstaltet. Bezirksrabbiner Kirchenrat Dr. Moses von Wassermann aus Stuttgart nahm die Einweihung vor. Über fünf Jahrzehnte blieb die Synagoge das geistige und religiöse Zentrum der Ludwigsburger jüdischen Gemeinde. An Reparaturen war nicht viel notwendig geworden. In den 1920er-Jahren erhielt das Dach einen neuen Schieferbelag. Im Frühjahr 1934 wurde im Blick auf das anstehende Jubiläum das Innere der Synagoge außer der Kuppelwand einer Renovierung unterzogen. Das 50-jährige Bestehen der Synagoge konnte am 15. Dezember 1934 mit einem festlichen Morgengottesdienst begangen werden. Die Festpredigt in der mit vielen Pflanzen geschmückten Synagoge hielt Rabbiner Dr. Tänzer aus Göppingen. Oberlehrer Metzger sprach die Gebete; der Synagogenchor umrahmte den auch von vielen auswärtigen Gästen besuchten Gottesdienst.   
        
50-jähriges Bestehen der Synagoge (1934)         

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Januar 1935:          

      
Beim Novemberpogrom 1938 ist die Synagoge am 10. November völlig zerstört worden. Am Vormittag wurde die Aktion vom Leiter des Sicherheitsdienstes des Kreises Ludwigsburg gemeinsam mit anderen NSDAP-Partei-Mitglieder vorbereitet. Jugendliche der Hitlerjungend halfen dabei, Gebetbücher, Torarollen, Kultgegenstände und anderes Inventar aus der Synagoge zu tragen und mit einem Lastwagen in ein städtisches Gebäude zu transportieren. Die Brandstiftung erfolgt zwischen 13.15 Uhr und 13.30 Uhr. Damit sich die Flammen schneller im ganzen Gebäude ausbreiten konnten, wurde zuvor das obere runde Fenster der Synagoge zerschlagen. Das am Vormittag bei einer örtlichen Tankstelle besorgte Benzin ist unter Leitung eines SA-Sturmführers von mehreren Personen in der Synagoge vergossen worden. Nach der Brandstiftung stand das gesamte Innere des Gebäudes in wenigen Minuten in Flammen. Die rechtzeitig herbeigerufene Feuerwehr konzentrierte sich von vornherein nur auf den Schutz der Nachbargebäude. Am 14. November 1938 wurde die Brandruine der Synagoge gesprengt; in den folgenden Tagen wurden die Mauerreste entfernt. Der Bauschutt wurde verkauft; die Steine sind teilweise zur Erhöhung der Zuchthausmauern des Ludwigsburger Gefängnisses verwendet worden. Auf dem Synagogenplatz, der in den Besitz der Stadt übergegangen war, wurde in den folgenden Monaten ein kleiner Kinderspielplatz angelegt.  
   
Nach der Zerstörung der Synagoge und dem Wegzug vieler Familien war jüdisches Gemeindeleben nur noch in sehr bescheidenem Rahmen möglich. Zum wichtigsten Treffpunkt wurde seitdem das jüdische Gemeindehaus, das von der israelitischen Gemeinde im Frühjahr 1938 im ehemaligen Wohnhaus von Josef Ottenheimer in der Seestraße 75 (heute: Hohenzollernstraße 3) eingerichtet worden war. Im Januar 1939 bat Vorsänger Samuel Metzger den Oberbürgermeister in einem Schreiben um Erlaubnis, in diesem Gebäude "am Freitag Abend und am Samstag Gottesdienste abhalten zu dürfen". Vermutlich war dies dann bis zu den beginnenden Deportationen und Zwangsumsiedlungen der letzten Ludwigsburger jüdischen Einwohner (1941) möglich.  
       
Der Synagogenplatz an der Ecke Alleen- und Solitudestraße blieb in den Jahren nach 1945 unbebaut, wenngleich 1952 im Gemeinderat der Antrag eines Ludwigsburg Architekten diskutiert wurde, den Platz mit einem sechs- bis achtstockigen Appartementhaus zu bebauen. Am 15. Dezember 1959 wurde ein im Jahr zuvor beschlossener Gedenkstein aufgestellt. Seit 1985 wurde im Gemeinderat eine Neugestaltung des Synagogenplatzes diskutiert, die 1988 umgesetzt wurde. Seitdem wird durch Bodenplatten der Grundriss des Synagogengebäudes nachgezeichnet; Kugelakazien deuten das Gebäudevolumen an. Die Idee war, einen "Hain der Besinnung" zu gestalten. Seit dieser Neugestaltung des Synagogenplatzes finden jährlich im November Gedenkstunden zur Zerstörung der Synagoge statt. 
  
Zur bisherigen und aktuellen Gestaltung des Synagogenplatzes, vgl. Website www.synagogenplatz.de  
   
   
   
Fotos 
Historische Fotos / Pläne / Skizzen: 

Plan der ersten Synagoge in der Mömpelgardstraße
(Quelle: Stadtarchiv Ludwigsburg)

Ludwigsburg Synagoge a06.jpg (64359 Byte)    
   Rechts das Haus von Wolf Jordan 
(Jud Süß'sches Haus). Der Eingang 
zum Synagogenhof ist erhalten 
(siehe Fotos 2003 unten)
   

 

   

Die Synagoge von 1883/84:
(Quelle: Stadtarchiv Ludwigsburg)

Ludwigsburg Synagoge 001.jpg (35338 Byte) Ludwigsburg Synagoge 004.jpg (52024 Byte)
 

Bauzeichnung der Synagoge 1883/84

Grundriss der Synagoge 1883/84
     

Die Synagoge um 1930
(Quellen: links: Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe 1932 S. 98; 
Mitte und rechts: aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries) 

    

Ludwigsburg Synagoge 001.jpg (81752 Byte)      Ludwigsburg Synagoge 190.jpg (102844 Byte)   Ludwigsburg Synagoge 190a.jpg (323681 Byte)
Die Synagoge an der Ecke Alleen-/Solitudestraße; das Foto rechts ist ein - in hoch aufgelöster Form - eingestellter 
Ausschnitt aus der historischen Karte in der Mitte.  
     

Fotos von Brand und Zerstörung 1938
(Quelle: Stadtarchiv Ludwigsburg)

Ludwigsburg Synagoge 070.jpg (83239 Byte)   
    Am 10. November 1938, 13.30 Uhr: 
die Synagoge brennt
  
        
Ludwigsburg Synagoge 073.jpg (68389 Byte) Ludwigsburg Synagoge 072.jpg (64365 Byte) Ludwigsburg Synagoge 074.jpg (70906 Byte)
  Zahlreiche Zuschauer sind am Ort Die Feuerwehr sprüht auf ein Nachbarhaus
     
Ludwigsburg Synagoge 071.jpg (69909 Byte) Ludwigsburg Synagoge 075.jpg (78631 Byte) Ludwigsburg Synagoge 076.jpg (78516 Byte)

Die ausgebrannte Ruine

Der Abriss ist im Gange
   
   
Ludwigsburg Torarolle 010.jpg (95376 Byte)

Zu dieser Torarolle schreibt Shari Spark vom Holocaust Resource Center - Jewish Federation of the Lehigh Valley (https://www.jewishlehighvalley.org/) in Allentown, PA 18104 / USA am 25.3.2009 an den Webmaster: "Our community member, Eduardo Eichenwald’s grandfather was Samuel Metzger. Eduardo has a photo taken from Kristallnacht in Ludwigsburg, and the story he got along with the photo was from his mother, Samuel Metzger’s daughter. She had already emigrated from Germany to South America prior to Kristallnacht. The story she related to her children was that when Metzger returned from Dachau (to where he was deported on Kristallnacht), a ‘righteous gentile’ returned a Torah that ‘he had rescued on Kristallnacht from the burning synagogue’, and also presented the photo along with the Torah. 
From your information it seems more plausible that the Torah may have been rescued from the valuables taken from the building prior to the burning, but I think that’s a small detail – clearly, someone went to great lengths to hide the Torah while Metzger was away and then give it back to him.
I have one photo, a scan, from a newspaper clipping from Colombia showing Cantor Metzger holding the Torah. I have attached it for you." 

Oben: die aus Ludwigsburg durch den 
letzten Lehrer Samuel Metzger 
gerettete Torarolle

  
Fotos nach 1945/Gegenwart:   

Fotos um 1985:
(Quelle: Hahn)
Ludwigsburg Synagoge 100.jpg (79353 Byte) Ludwigsburg Synagoge 101.jpg (87275 Byte)
  Der Synagogenplatz ist 
noch ein Kinderspielplatz
Links im Hintergrund der 
Gedenkstein von 1959
     
  Ludwigsburg Synagoge 102.jpg (91012 Byte) Ludwigsburg Hohenzollernstr.jpg (64256 Byte)
  Gedenkstein 
von 1959
Das Haus Hohenzollernstraße 3, letztes
 Gemeindezentrum und Betsaal 1938-41
     
Fotos 2003 vom Platz der ersten 
Synagoge und dem neu gerichteten
 Synagogenplatz der zweiten Synagoge:
(Quelle: Hahn, Aufnahmedatum 7.8.2003)
Ludwigsburg Synagoge a01.jpg (58160 Byte) Ludwigsburg Synagoge a02.jpg (50044 Byte)
  Haus des Jud Süß Oppenheimer, 
um 1820 im Besitz des Wolf Jordan 
Eingang zu diesem Haus (Mömpelgardstraße
 18). In ihm befand sich möglicherweise 
vor 1824 ein Betsaal
   
     
Ludwigsburg Synagoge a04.jpg (39844 Byte) Ludwigsburg Synagoge a03.jpg (59376 Byte) Ludwigsburg Synagoge a05.jpg (49140 Byte)
Hinweisschild am Haus 
Mömpelgardstraße 18 
Mauer entlang des Grundstückes an der
 Rosenstraße, worin 1824 die erste
 Synagoge gebaut wurde (vgl. Plan oben)
Eingang zum Synagogenhof der 
ersten Synagoge (vgl. Plan oben) 
      
     
Ludwigsburg Synagoge 150.jpg (60198 Byte) Ludwigsburg Synagoge 155.jpg (63194 Byte) Ludwigsburg Synagoge 151.jpg (61454 Byte)
Hinweistafel 
"Synagogenplatz"
Der Grundriss der ehemaligen 
Synagoge ist nachvollziehbar
Markierung der Apsis 
des Toraschreines
      
Ludwigsburg Synagoge 152.jpg (60478 Byte) Ludwigsburg Synagoge 153.jpg (65998 Byte) Ludwigsburg Synagoge 154.jpg (80737 Byte)
Der Gedenkstein von 1959 blieb erhalten  Darstellung der ehemaligen Synagoge  Die Gedenkinschrift  
     
     
 Der Synagogenplatz im Juli 2020
(Fotos: Michael Ohmsen)
   
         
     
           
     
     
     
          
Gedenken an den Gefallenen Siegwart Wertheimer 
im deutschen Soldatenfriedhof Menen (Belgien) 
 
Eine der Grabplatten im Soldatenfriedhof 
Menen mit jeweils mehreren Namen,
 unter ihnen Siegwart Wertheimer 
Ludwigsburg Siegwart Wertheimer D01.jpg (303585 Byte) Ludwigsburg Siegwart Wertheimer D01a.jpg (82271 Byte)
 Siegwart (Sigward) Wertheimer ist am 27. Februar 1897 in Straßburg (Strasbourg) als Sohn von Simon Wertheimer und Selma geb. Weis; der Vater stammte aus Bodersweier bei Kehl, die Mutter aus Ludwigsburg. Nach der Heirat 1896 lebte das Ehepaar in Ludwigsburg. Siegwart ließ sich zum Bankkaufmann ausbilden. Im Ersten Weltkrieg diente er im Württembergischen Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 54. Er wurde mit dem EK II ausgezeichnet und fiel bereits am 29. Dezember 1914 bei Gheluvelt in Flandern.    

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   

Oktober 2010: Eine Broschüre zu den bisher in Ludwigsburg verlegten "Stolpersteinen" ist erschienen   
Ludwigsburg Lit 018.jpg (13898 Byte)Abbildung links: Der Titel der neuen Broschüre der Stolperstein-Initiative Ludwigsburg. Sie erzählt die Geschichte der ersten 31 Stolpersteine in der Stadt. Foto: Privat.
Artikel in der "Bietigheimer Zeitung" vom 12. Oktober 2010 (Artikel): "LUDWIGSBURG- Schicksale in der NS-Zeit
Infotag der Stolperstein-Initiative am Samstag in Ludwigsburg. 

Die Ludwigsburger Stolperstein-Initiative veranstaltet am Samstag, 16. Oktober, einen Informations- und Aktionstag in der Fußgängerzone. Dabei wird auch eine neue Broschüre vorgestellt. 
Von 10 bis 15 Uhr wird es am Samstag in der Fußgängerzone bei der Evangelischen Stadtkirche einen Informationsstand geben. Dort können Interessierte die druckfrische Broschüre _Zu Besuch bei verfolgten Nachbarn' erwerben, in der die Geschichten der ersten 31 Stolpersteine in Ludwigsburg erzählt wird. Außerdem gibt es auch eine anschauliche Übersicht darüber, wo in Ludwigsburg bisher Stolpersteine an wen erinnern.
Ein besonderes Angebot sind die Führungen zu einzelnen Stolpersteinen an diesem Tag. Eine ausgewählte kleine Tour bringt den Teilnehmern die Schicksale von Menschen aus der Stadt nahe, die wegen ihrer Gesundheit, wegen ihrer Herkunft oder wegen ihres politischen Engagements verfolgt und ermordet wurden. Die Führungen sind kostenfrei. Am Informationsstand und bei den Führungen werden Mitglieder der Stolperstein-Initiative Fragen beantworten.
Wer sich für eine Beteiligung an der Stolperstein-Initiative interessiert, findet ebenfalls Anknüpfungspunkte, teilt die Initiative mit. Solches Engagement kann ganz verschiedene Formen haben - von der Aufgabe als "Putzpate" für einen bestimmten Stolperstein bis hin zur inhaltlichen Mitarbeit beim Recherchieren der Biografie eines NS-Opfers aus Ludwigsburg,
Die ersten Stolpersteine wurden in Ludwigsburg im September 2008 verlegt, im Oktober 2009 folgte eine weitere Reihe. Neue Steine wird der Initiator des europaweiten Projekts, der Kölner Künstler Gunter Demnig, im April 2011 in Ludwigsburg verlegen. bz"  
 
Februar 2011:  Weitere "Stolpersteine" sollen verlegt werden      
Artikel von Kathrin Haasis in den "Stuttgarter Nachrichten" (Lokalausgabe) vom 7. Februar 2011 (Artikel): 
"Verfolgte Nachbarn wieder ein Stück zurückgeholt.   
Ludwigsburg. Die Stolperstein-Gruppe hat ihre Arbeit in einem Buch veröffentlicht. Im April folgt die nächste Aktion.  
Das Buch an einem Stück durchzulesen, ist eigentlich kaum zu ertragen. Das Schicksal der Familie Frischauer steht an erster Stelle: Der jüdische Lackfabrikant konnte zwar noch aus seiner Villa in der Asperger Straße fliehen. Doch in Prag lief er den Nationalsozialisten praktisch in die Arme - mit seiner Ehefrau und den beiden Söhnen. Nur die Tochter Gertrud überlebte den Holocaust, sie war rechtzeitig nach England geschickt worden. Mit den Szylits aus der Hospitalstraße geht es weiter. Der Hutmacher Samuel Szylit wurde 1938 von der Gestapo verhaftet, die komplette Familie musste wenig später nach Polen ausreisen. Er, seine Frau Meta und der Sohn Max wurden vermutlich in Auschwitz oder Treblinka umgebracht. 
Die Schicksale von 20 Familien und Einzelpersonen stecken in der Broschüre: "Zu Besuch bei verfolgten Nachbarn" heißt das 110 Seiten dicke Werk, das mit vielen Fotografien von früher und heute angereichert ist. Sie ist eine Art Zwischenbilanz der Ludwigsburger Stolperstein-Initiative, die im Oktober 2007 ihren Auftakt hatte. Seither recherchierten deren Mitglieder zwei Dutzend Lebensgeschichten von Ludwigsburgern, die von den Nationalsozialisten aus ihren Häusern gejagt und ums Leben gebracht wurden. "Wir wollten sie zugänglich machen", sagt Jochen Faber, der die Stolperstein-Initiative in der Stadt angestoßen hat. "Es gab immer wieder Nachfragen." Außerdem sei für jeden Stolperstein viel mehr Stoff zusammengekommen, als auf einen Zettel passen würde. 
Mit ihrer Arbeit ist die Gruppe auch noch lange nicht fertig. Jochen Faber schätzt, dass etwa 50 bis 60 jüdische Bürger aus der Stadt deportiert wurden. Zehn bis 20 politische Fälle hat es wahrscheinlich gegeben, darunter der kommunistische Stadtrat Wilhelm Bader. Er kam 1938 ins Konzentrationslager Dachau und starb dort im März 1945, wenige Monate vor der Befreiung. Ebenfalls schwer zu schätzen ist laut Jochen Faber die Zahl der gesundheitlich Verfolgten, zu denen Margarete Michelfelder zählte. Das Mädchen hatte mit ihrer Familie in der Benzengasse 10 gelebt, als Kleinkind war sie an einer Hirnhautentzündung erkrankt, die zu einer geistigen Behinderung führte. Sie wurde nur achteinhalb Jahre alt. 
Etwa 24 Rechercheure, vom Schüler bis zum Rentner, suchen nach den immer im Tod endenden Lebensläufen von Ludwigsburgern, die Opfer der Nazi-Verfolgung wurden. Am Goethe-Gymnasium leitet der Geschichtslehrer Uwe Jansen eine Arbeitsgruppe, die sich mit diesen Schicksalen beschäftigt. Vor allem im Stadtarchiv und im Staatsarchiv suchen die Geschichtsforscher nach den Spuren der einstigen Nachbarn, mündliche Quellen sind selten. "Um die 100 Geschichten gibt es bestimmt", schätzt Jochen Faber. Am 15. und 16. April werden die nächsten Stolpersteine in Ludwigsburg verlegt. Und in zwei bis drei Jahren soll schon die nächste Broschüre veröffentlicht werden. Dann wollen die Stolperstein-Forscher auch von Ludwigsburgern erzählen, die sich anständig verhalten haben. Zum Beispiel von einem Gärtner, der sein Schnittgut vor dem jüdischen Friedhof abgeladen und damit eine Barriere geschaffen hat. Die Anlage ist deshalb nicht verwüstet worden. 
Kapitel für Kapitel holt das Buch die verfolgten Nachbarn wieder zurück. Wer über den Stein vor der Mathildenstraße 6 stolpert, kann darin zum Beispiel den Leidensweg von Walter Pintus nachlesen. Der beliebte Arzt ist wohl nach seiner Verhaftung 1938 zum Selbstmord gezwungen worden. 
Die Broschüre "Zu Besuch bei verfolgten Nachbarn" kostet neun Euro und ist im Buchhandel (ISBN 978-3-931112-28-8) oder beim Info & Idee MedienVerlag in der Schillerstraße 13/1 in Ludwigsburg erhältlich. Mehr zur Aktion unter www.stolpersteine-ludwigsburg.de."    
  
März 2011: Zeitzeugen zum Synagogenbrand gesucht      
Ludwigsburg PA 09032011.jpg (22905 Byte)Foto links (Quelle: Stadtarchiv Ludwigsburg): Die brennende Synagoge am 10. November 1938
Artikel in der "Ludwigsburger Kreiszeitung" vom 9. März 2011 (Artikel): "LUDWIGSBURG - Suche nach den letzten Zeugen
Wer hat die am 10. November 1938 abgefackelte Synagoge noch mit eigenen Augen gesehen? Wer hat den Brand oder die Brandstiftung durch die Nazis beobachtet? Wer hat noch Erinnerungen an jüdische Mitbürger und das jüdische Gemeindeleben in Ludwigsburg? Der Arbeitskreis Synagogenplatz bittet die Bürger bei einem einmaligen Erinnerungsprojekt um Unterstützung.
Mehr als 72 Jahre liegen zwischen dem furchtbaren Verbrechen und der Gegenwart. Am 10. November 1938 steckten Ludwigsburger Nazis die Synagoge in Brand. Einige Hundert Schaulustige, darunter auch viele Schüler der angrenzenden Schulen, haben damals gesehen, wie die Synagoge erst ausgeräumt und dann niedergebrannt wurde. Ein Großteil der Zeitzeugen ist mittlerweile gestorben. Allerdings dürfte es in Ludwigsburg und Umgebung noch einige Menschen geben, die als Kind oder Jugendlicher erlebt haben, wie die Synagoge brannte und die Ludwigsburger Juden schikaniert, verfolgt und schließlich deportiert wurden. Diese letzte Chance, mit Zeitzeugen ins Gespräch zu kommen, will der Arbeitskreis Dialog Synagogenplatz jetzt nutzen. 'Wir wollen diese Erinnerungen für die Jungen erhalten, weil dieses Thema auch sie angeht', sagt Jochen Faber vom Arbeitskreis.
Die Gruppe diskutiert derzeit unter Beteiligung der Bevölkerung eine Neugestaltung des Synagogenplatzes (Text unten). Bei Infoveranstaltungen in der Fußgängerzone seien den Mitgliedern immer wieder ältere Menschen begegnet, die sich noch an Einzelheiten des Synagogenbrandes oder an die Synagoge selbst erinnern konnten, so Faber. Es sei nun die letzte Chance, diese Erinnerungen für die Nachwelt festzuhalten. In einigen Jahren wird es niemanden mehr geben, der diese Zeit miterlebt hat.
Menschen, die das Dritte Reich als Erwachsene erlebt haben, gibt es heute nur noch wenige. Die letzte Generation der Zeitzeugen sind die damaligen Kinder und Jugendlichen, die nach 1920 geborenen. In dieser letzten Generation sieht Faber aber auch einen erheblichen Vorteil für die Erinnerungsarbeit. Diese Menschen seien meist frei von persönlicher Schuld. Sie haben das faschistische System nicht aufgebaut. Dementsprechend dürfte es ihnen auch leichter fallen, über das Erlebte und Gesehene zu sprechen.
Jochen Faber betont, dass es dem Arbeitskreis nicht darum gehe, Menschen anzuklagen oder zu verdächtigen. 'Uns interessiert einzig und allein wie die Menschen das damals erlebt haben.'
Die Erinnerungen sollen gesammelt und an das Stadtarchiv übergeben werden. Wer nicht will, dass sein Name öffentlich wird, dem sichert Faber Vertraulichkeit zu.
Der Arbeitskreis versteht seine Aufgabe auch darin, die letzten Erinnerungen an die Judenverfolgung in Ludwigsburg festzuhalten. Damit sollen die Nachgeborenen zur Wachsamkeit gemahnt werden. Faber: 'So etwas darf nie wieder geschehen.'

Info: Wer Erinnerungen an den Synagogenbrand oder das Leben in und um die jüdische Gemeinde in Ludwigsburg und deren Synagoge hat, kann unter folgenden Adressen mit dem Arbeitskreis Synagogenplatz und Jochen Faber Kontakt aufnehmen: Schillerstraße 13/1 in 71638 Ludwigsburg, E-Mail, Telefon (0 71 41) 8 54 77 55. Weitere Informationen unter www.synagogenplatz.de."  
 
Weiterer Artikel in der "Ludwigsburger Kreiszeitung" vom 9. März 2011 (Artikel): "Wie soll man heute an das Unfassbare erinnern?
(wa) – Der Arbeitskreis Dialog Synagogenplatz steht kurz davor, in die nächste Phase der Diskussion einzutreten. Denn inhaltlich ist man sich einig, was der Platz zukünftig bieten könnte. Die entscheidende Frage wird sich dann um die Neugestaltung drehen.

Ludwigsburg besitzt eine Besonderheit gegenüber anderen Städten in Deutschland. Zwar waren die politisch Verantwortlichen und genügend der Bürger während des Dritten Reichs nicht weniger grausam als anderswo. Auch hier wurden die jüdischen Mitbürger schikaniert, ausgeschlossen, fortgejagt und in den Tod geschickt. Auch hier haben die örtlichen Nationalsozialisten unter den Augen der Bevölkerung im November 1938 die Synagoge angezündet und anschließend dem Erdboden gleichgemacht.
Doch im Unterschied zu den meisten anderen Städten ist der Synagogenplatz bis heute nicht wieder bebaut. Solche Pläne gab es zwar, sie wurden aber nie verwirklicht. Die Stadt und ihre Bürger haben dadurch eine einmalige Chance erhalten. Die städtebauliche Leerstelle Synagogenplatz kann für die Erinnerungsarbeit und für das Gedenken an die Ludwigsburger Juden genutzt werden.
Seit Jahren herrscht Einigkeit, dass die derzeitige Gestaltung des Platzes aus den 80er Jahren nicht mehr zeitgemäß ist. Da Verwaltung und Gemeinderat in den vergangenen Jahren aber kein Geld für die Neugestaltung aufbringen konnten, hat der Arbeitskreis eine Diskussion über die Zukunft des Platzes angeregt. Im April stellt der Arbeitskreis erste Ergebnisse dieser Auseinandersetzung zur Diskussion. Danach soll der Platz zukünftig als Ort der Erinnerung und Information, als Ort des Gedenkens und als Ort der Begegnung erfahrbar sein.
Der Arbeitskreis lädt alle Ludwigsburger dazu ein, sich nun über die Gestaltung des Platzes Gedanken zu machen. Im September werden die Ideen der Öffentlichkeit vorgestellt. Bis zum nächsten Gedenktag am 10. November wird ein Meinungsbild über die eingegangenen Vorschläge erstellt. Danach möchte der Arbeitskreis das Staffelholz an die Kommunalpolitik übergeben.
Die soll dann über die endgültige Neugestaltung entscheiden. Wer will, kann sich an der Finanzierung dieses einmaligen Erinnerungsprojektes beteiligen. Der Arbeitskreis möchte bald ein Spendenkonto für die Umgestaltung des Platzes eröffnen. Wie in den Vorjahren ist nämlich zu befürchten, dass die Stadt kein oder zu wenig Geld für die Umgestaltung bereitstellt.
Info: Die Vorstellung der inhaltlichen Ziele für den Synagogenplatz findet am Freitag, 8. April um 19.30 Uhr im Staatsarchiv statt."   
 
April 2011: Weitere Verlegung von "Stolpersteinen" in Ludwigsburg     
Artikel von Christian Walf in der "Ludwigsburger Kreiszeitung" vom 9. April 2011 (Artikel): 
"LUDWIGSBURG - Gedenken an die Vergessenen
Es sind die Stolpersteine Nummer 25 bis 31 die ab Mittwoch an sieben weitere Ludwigsburger Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Bereits zum dritten Mal kommt dafür der Künstler Gunter Demnig in die Stadt. Die Arbeit der Stolperstein-Initiative ist aber noch lange nicht vorbei.
Der Kampf gegen das Vergessen geht weiter. Die Ludwigsburger Stolperstein-Initiative hat sieben weitere Schicksale von Opfern des Nationalsozialismus recherchiert. Ab Mittwoch werden vor den letzten Wohnungen dieser Menschen Stolpersteine an ihre Schicksale erinnern.
Insgesamt sind damit 31 vertriebene und ermordete Ludwigsburger in das Bewusstsein der Stadt zurückgekehrt. Doch noch warten Dutzende weitere Schicksale darauf, von der Stolperstein-Initiative aufgedeckt und recherchiert zu werden.
Auch dieses Mal sind es nicht nur die Schicksale jüdischer Mitbürger, die in die Gegenwart zurückgeholt wurden. Gleich zu Beginn der Aktion werden zunächst zwei Stolpersteine für Ludwigsburger verlegt, die in Grafeneck ermordet wurden.
Um 13 Uhr wird in den Tiergärten 8 in Neckarweihingen der Stolperstein für Marie Betz verlegt. Die psychisch kranke Frau wurde ebenso in der Tötungsanstalt Grafeneck umgebracht wie der zwölfjährige Albert Imle. Sein Stolperstein wird um 13.45 Uhr an der Niedersachsenstraße 19 in Oßweil verlegt.
Um 14.30 folgt der Stein für Siegmund Meyer an der Richard-Wagner-Straße 1. Der Viehhändler Meyer starb 1943 in Theresienstadt.
Eine halbe Stunde später, um 15 Uhr, werden die Gedenksteine für das Ehepaar Kusiel an der Seestraße 49 verlegt. Die beiden wurden ebenfalls in Konzentrationslagern umgebracht.
Um 16 Uhr werden an der Kirchstraße 1 die Steine für das Ehepaar Kaufmann verlegt. Dabei wird auch eine Nachfahrin der Familie teilnehmen. Julie und Salomon Kaufmann betrieben bis zum Verbot wegen ihrer jüdischen Herkunft ein Kaufhaus an der Ecke Kirchstraße/Wilhelmstraße. Das Ehepaar wurde 1943 in Auschwitz ermordet. 
Zur Verlegung der Steine werden jeweils Mitglieder der Stolperstein-Initiative die Biografien der einzelnen Opfer vortragen. Für viele der Ermordeten wird außerdem Musik gespielt."  
 
November 2011: Gedenkstunde zum Jahrestag des Novemberpogroms 1938 mit dem Landesrabbiner    
Artikel von Wolf-Dieter Retzbach in der "Ludwigsburger Kreiszeitung" vom 11. November 2011: "Ludwigsburg - Herz der jüdischen Gemeinde herausgerissen. 'Es ist, als ob den Ludwigsburger Juden das Herz herausgerissen worden wäre.' Das sagte Landesrabbiner Netanel Wurmser gestern Abend auf jenem Platz, auf dem Nazis am 10. November 1938 die Synagoge in Brand gesetzt hatten. Mit Wurmser gedachten mehr als 150 Bürger der Tat..."  
Link zum Artikel - auch eingestellt als pdf-Datei.      
 
November 2011: Vorschläge zur Neugestaltung des Synagogenplatzes    
Artikel in der "Ludwigsburger Kreiszeitung" vom 24. November 2011: "Ludwigsburg. Wunsch nach einem Ort der Erinnerung. 
Am Dienstagnachmittag kamen noch welche dazu: Damit sind jetzt 33 Vorschläge von Bürgern eingegangen, die sich Gedanken über den Synagogenplatz an der Ecke Alleen-/Solitudestraße gemacht haben..." 
Link zum Artikel - auch eingestellt als pdf-Datei.     
  
April 2012: Weitere Verlegung von "Stolpersteinen"   
Mitteilung der "Stolperstein"-Initiative Ludwigsburg vom 9. April 2012: 
"Am Donnerstag, 12. April 2012, werden neue Stolpersteine in Ludwigsburg verlegt.
Fast jedes Jahr kommen neue Stolpersteine hinzu: 44 mal werden von nun an diese kleinen Denkmale an Nachbarinnen und Nachbarn aus unserer Stadt erinnern, die in der Zeit des Nazi-Terrors von 1933 bis 1945 keinen Schutz mehr fanden – nicht bei den Behörden, nicht bei ihren Mitmenschen. 
Die meisten von ihnen wurden ermordet. Sie passten nicht in das Weltbild der Nazis, die wiederum von der großen Mehrheit der Menschen in Deutschland gestützt wurden. Es waren politisch Verfolgte, es waren Menschen, denen eine geistige oder seelische Krankheit attestiert wurde. Es waren Menschen jüdischer Herkunft. Es waren Menschen, die den Dienst in Hitlers Kriegsarmee verweigerten. Es waren Männer, die Männer liebten, oder Frauen, die Frauen liebten. Es waren Menschen mit religiösen Ansichten, die den Faschisten nicht ins Weltbild passten und viele mehr. Insgesamt rund zwölf Millionen Menschen wurden ermordet, viele weitere ausgegrenzt, verfolgt, beraubt, verjagt. 
Die Ludwigsburger Stolperstein-Initiative wird weiter dazu beitragen, sich an diese Opfer zu erinnern. Auch, damit neue Täter keine Chance bekommen.
Folgender Termine sind für Donnerstag vorgesehen:
Stolpersteine für
• Emma, Frieda und Regine Laupheimer  Holzmarkt 6 • 11 Uhr
• Dr. David und Selma Schmal   Myliusstraße 6 • 11.30 Uhr
• Adolf und Henriette Ottenheimer   Hafenstraße 34 • 12.00 Uhr
• Hermann und Selma Katz   Mörikestraße 14 • 12.30 Uhr
• Lina Richter    Leonberger Straße 18 • 14.30 Uhr
• Fanny Meyer    Richard-Wagner-Straße 1 • 15.00 Uhr
• Johanna Grünewald    Goetheplatz 2 • 15.30 Uhr "   
Dazu Artikel in der "Ludwigsburger Kreiszeitung" vom 10. April 2012: "Ludwigsburg. Zwölf Steine gegen das Vergessen. Es sind die Stolpersteine Nummer 33 bis 44, die am kommenden Donnerstag an zwölf weitere Ludwigsburger erinnern..."  
Link zum Artikel    Siehe www.stolpersteine-ludwigsburg.de     
 
Artikel in der "Schwäbischen Zeitung" vom 26. April 2012: "Die Geschwister Laupheimer bleiben unvergessen. In Ludwigsburg erinnern jetzt vier Stolpersteine von Gunter Demnig an NS-Opfer aus Laupheim..."  
Link zum Artikel.   
 
Februar 2014: Die Neugestaltung des Synagogenplatzes kommt voran - Zur Finanzierung werden Spender gesucht     
Artikel von Benjamin Büchner in der "Stuttgarter Zeitung" vom 26. Februar 2014: "Synagogenplatz in Ludwigsburg Die Spendenbüchse geht herum
Ludwigsburg - Nach fünf Jahren Arbeit hat den Mitgliedern des Fördervereins Synagogenplatz die Entscheidung des Gemeinderats im November nicht ganz gefallen. Obwohl sie mit der Gestaltung zufrieden waren, beschlossen die Ludwigsburger Räte, nur zwei Drittel der 360.000 Euro Baukosten aus der Stadtkasse zu finanzieren. Der Rest soll über Spenden gesammelt werden, womit der Förderverein jetzt offiziell anfängt. 'Wir finden, dass es den Gemeinderäten auch 100 Prozent hätte wert sein können', sagt der Vereinsvorsitzende Jochen Faber. Es hilft ihm nichts: Er und seine Mitstreiter müssen 120.000 Euro sammeln, und zwar schnell..." 
Link zum Artikel     
 
November 2014: Einweihung des neu gestalteten Synagogenplatzes  
Siehe Bericht in der Website der Stadt Ludwigsburg    

  

2014/15: Bitte um Spenden für den im November 2014 eingeweihten, neugestalteten Synagogenplatzes in Ludwigsburg   
Ludwigsburg Synagogenplatz 012.jpg (109960 Byte) Weitere Informationen in der Website www.synagogenplatz.de  
Bericht zur Einweihung in der Website der Stadt Ludwigsburg   
  
 
September 2015: Ein neuer Belag markiert den Standort der Synagoge 
Artikel in der "Südwestpresse" vom 11. September 2015: "Belag zeigt Ort der Synagoge
Am Synagogenplatz bringt die Stadt zurzeit einen neuen Bodenbelag auf. Dafür wurden die Nachbildungen der Koffer vorübergehend abgebaut.

Am Synagogenplatz bringt die Stadt zurzeit einen neuen Bodenbelag auf. Dafür wurden die Nachbildungen der Koffer vorübergehend abgebaut. Der sogenannte Possehlbelag ist eine zusätzliche Beschichtung der Asphaltdeckschicht, um farbliche Belagsgestaltungen zu ermöglichen, dies teilt die Stadtverwaltung mit. So kann deutlich gemacht werden, wo früher die Synagoge stand: Der Innenbereich der ehemaligen Synagoge wird mit einem rötlichen Natursteinsplitt beschichtet, der Außenbereich mit einem hellgrauen Natursteinsplitt. Zusätzlich werden der Außen- und Innenbereich gestalterisch durch die Nachzeichnung der ehemaligen Fundamente der Synagoge mit Muschelkalkplatten getrennt. Die Arbeiten werden bis Samstag, 12. September, dauern. Am Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 13. September, präsentiert sich der Platz dann in seiner endgültigen Form. Auch das Display der Informations-Stele funktioniert wieder. Der defekte Touch-Controller wurde ausgetauscht. Hier gibt es laut Mitteilung Informationen über die Synagoge."
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Juni 2016: Über den neu gestalteten Synagogenplatz - Interview mit Jochen Faber vom Förderverein  
Artikel von "tim" in der "Stuttgarter Zeitung" vom 10. Juni 2016: "Ludwigsburger Synagogenplatz. 'Der Platz macht deutlich, dass hier eine Wunde ist'
Die Debatte um die Finanzierung, der Spendenmarathon, der zähe Umbau – die Neugestaltung des Synagogenplatzes in Ludwigsburg hat viel Staub aufgewirbelt. Im Interview zieht Jochen Faber, der Vorsitzende des Fördervereins, Bilanz.
Es hat lange gedauert: die Debatte über die Finanzierung, der Spendenmarathon, der Umbau. Fertig ist der Synagogenplatz erst seit vergangenem Sommer, wobei fertig das falsche Wort ist. Ziel sei gewesen, dass erkennbar werde, 'dass hier etwas fehlt', sagt Jochen Faber, der Vorsitzende des Fördervereins, der das Projekt maßgeblich vorangetrieben hat. Gegen alle Widerstände. Am Freitag bedankte sich der Verein mit einem Fest bei allen Helfern und Spendern.
Herr Faber, wenn Sie auf den Synagogenplatz schauen, auf die Kofferinstallation, die Umrisse der zerstörten Synagoge: Hat sich die Mühe gelohnt? Unbedingt. Endlich wird daran erinnert, wie Ludwigsburger jüdischen Glaubens beraubt, vertrieben und ermordet wurden. An Menschen, die in der Synagoge ihr Zentrum hatten – das war vorher nicht so.
Um die Gestaltung wurde lange gerungen. Das Ergebnis ist sehr gut geworden, finde ich. Sie macht deutlich, dass hier etwas fehlt, dass hier eine Lücke ist, eine Wunde. Die Koffer mit den Namen der Opfer zeigen, dass etwas nicht stimmt, dass dies ein spezieller Ort ist. Die Synagoge, die Menschen und ihre Nachfahren fehlen – das wird ganz deutlich.
Wie wird der Platz angenommen? Wir tauschen uns über diese Frage im Verein häufig aus, und alle sagen das Gleiche: Es ist faszinierend, dass Menschen über den Platz gehen, die gar nicht vorhatten, sich zu informieren – und dann stehen bleiben, die Koffer betrachten, miteinander ins Gespräch kommen. Ich glaube und hoffe, dass manche den Platz anders verlassen, als sie ihn betreten haben. Natürlich nicht ­immer: Man muss nicht jeden Tag in tiefer Ergriffenheit hierherkommen. Aber es kommt immer wieder vor.
Über die Finanzierung des Umbaus ist lange gerungen worden. Als der Gemeinderat entschied, dass ein Teil der Kosten in Höhe von 360.000 Euro über Spenden finanziert ­werden muss, war dies umstritten. Mit etwas Abstand: Wie sehen Sie das heute? Ich finde nach wie vor, dass das völlig unangemessen war. Dass eine einzelne Maßnahme mit einer Extraforderung an die Bürger belegt wurde, viele andere Projekte aber nicht – das war verheerend.
Inwiefern? Der Beschluss kam auf Betreiben der konservativen Mehrheit im Gemeinderat zustande. Ich hoffe, dass manche nicht kapiert haben, was für ein Signal sie damit aussenden. Wenn die Stadt sagt, wir finanzieren das nicht vollständig, heißt das ja: Das ist unwichtiger Schnickschnack, lästig. Dabei war damals schon erkennbar, wie die Ressentiments gegen Minderheiten in bestimmten Kreisen wieder zunehmen.
Hilft ein Gedenkort wie dieser, dass sich Geschichte nicht wiederholt? Ich halte es jedenfalls für unglaublich wichtig, dass sich die Öffentlichkeit hier in einer breiten Aktion hingestellt und erklärt hat: Die Erinnerung an die NS-Verbrechen ist wichtig. Und diese Erinnerung muss auch auf die heutige Zeit bezogen werden.

Information zum Förderverein: Jochen Faber, 56, ist Vorsitzender des Fördervereins Synagogenplatz und im Vorstand des Fördervereins der Zentralstelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen. Außerdem engagiert er sich für die Stolperstein-Initiative.
Synagoge: Die Synagoge an der Alleenstraße wurde am 10. November 1938 von den Nazis angezündet. Lange war der Gedenkplatz kaum als solcher zu erkennen, erst 2013 wurde die Umgestaltung beschlossen. Rund 110.000 der insgesamt benötigten 360.000 Euro kamen durch Spenden zusammen." 
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November 2017: Gedenkstunde zur Erinnerung an den Novemberpogrom 1938  
Artikel von Uwe Roth in der "Sudwestpresse" (Lokal: Bietigheimer Zeitung) vom 13. November 2017: "LUDWIGSBURG. Erinnerung an die Zerstörung der Ludwigsburger Synagoge
Bei der Gedenkfeier des Arbeitskreises Dialog Synagogenplatz hat der Ludwigsburger Stadtarchivar Simon Karzel am Freitag an das jüdische Leben vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 erinnert. Die jüdischen Bürger seien über viele Jahrzehnte voll integriert gewesen, betonte er und belegte dies an historischen Dokumenten und Biografien einzelner Persönlichkeiten, die es zu hoher Anerkennung gebracht hätten.
Dazu gehörte der 1858 geborene Max Elsas, der später Unternehmer wurde und es bis zum Stellvertreter des Oberbürgermeisters brachte. Das hohe Ansehen bewahrte ihn aber nicht davor, am 10. November 1938, als Nazis in Ludwigsburg die Synagoge niederbrannten, trotz seines hohen Alters von 80 Jahren in seiner Wohnung verhaftet zu werden. Vier Jahre später starb er im Konzentrationslager Theresienstadt an Entkräftung. Heute erinnert ein Straßenname in Ludwigsburg an Max Elsas.
Nur vier Juden überlebten. Das Pogrom der Nazis überlebten bis Kriegsende lediglich vier Juden aus Ludwigsburg, sagte der Stadthistoriker bei der Veranstaltung. Der Synagogenplatz erinnert mit zwei Dutzend Koffer-Skulpturen an die Zeit der Deportierung und sei dennoch 'eine Narbe im Stadtbild'. Das jüdische Gotteshaus sei etwas Besonderes gewesen. Nicht zuletzt die von der Ludwigsburger Firma Walcker gekaufte Orgel zeige, dass die jüdische Gemeinde weltoffen gewesen sei, da ein solches Instrument in einer Synagoge ungewöhnlich war. Übrig geblieben ist eine einzige Orgelpfeife, die im Stadtmuseum zu sehen ist.
Zur Gedenkfeier waren zahlreiche Ludwigsburger gekommen. Oberbürgermeister Werner Spec zeigte sich in seiner Rede als engagierter Europäer und Demokrat, der dazu aufrief, 'Rechtspopulismus und Rassisten keinen Raum zu geben'. Eine Zeit wie im Nationalsozialismus dürfe es nie wieder geben. Musikalisch gestaltete das Ensemble 'Café Dünya' die Veranstaltung. Die vierköpfige Gruppe aus Rottenburg, Böblingen und Remseck hatte jiddische Lieder im Programm."  
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Sonstige Berichte         

Dezember 2019: Von der Ludwigsburger Orgelfabrik Walcker wurden vor 1933 Orgeln in Synagogen geliefert - nur wenige sind erhalten                                        

Artikel in der "Neuen Musikzeitung" vom 4. Februar 2016: "Walcker-Orgel in Synagoge in Buenos Aires wird restauriert
Buenos Aires - Eine deutsche Orgel in der ältesten Synagoge von Buenos Aires soll mit Unterstützung der Bundesregierung restauriert werden. Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Maria Böhmer, teilte bei einem Argentinien-Besuch am Mittwoch (Ortszeit) in der Synagoge der Congregación Israelita mit, dass über das Programm Kulturerhalt Mittel bereitgestellt worden seien, um die 1932 gebaute Orgel wieder zum Klingen zu bringen.
'Der Klang der Musik überschreitet alle Grenzen, Musik verbindet die Menschen', sagte Böhmer. Die in Ludwigsburg vom Orgelbauer Walcker hergestellte Orgel sei eine der drei letzten noch bestehenden in der Welt, die von dem traditionellen Orgel-Unternehmen vor 1933 an Synagogen geliefert wurden. Das Instrument wird seit 15 Jahren nicht mehr gespielt. Es soll von lokalen Technikern mit Unterstützung von Walcker repariert werden. Die auf ein Jahr angesetzte Restaurierung soll umgerechnet knapp 28 000 Euro kosten. Die restaurierte Orgel soll nicht mehr zur Liturgie gespielt werden, sondern eine Attraktion bei den wöchentlichen Konzerten in der Synagoge darstellen, sagte der Musikdirektor des Tempels, Carlos Vitas, der Deutschen Presse-Agentur. Das Programm wird in Zusammenarbeit mit dem Teatro Colón, der berühmten Oper von Buenos Aires, veranstaltet. In Argentinien hat sich seit Ende des 19. Jahrhunderts eine der größten jüdischen Gemeinden der Welt angesiedelt. Mit der Flucht vor dem Nazi-Terror erreichte sie nach dem Zweiten Weltkrieg einen Höchststand von einer halben Million Menschen."
Link zum Artikel   
Wikipedia-Artikel https://es.wikipedia.org/wiki/Sinagoga_de_la_Congregación_Israelita_Argentina  

  
    

Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite der Stadt Ludwigsburg  
bulletSeite www.stolpersteine-ludwigsburg.de 
bulletLudwigsburg AK logo.jpg (18136 Byte)Seite www.synagogenplatz.de  
bulletWebsite des "Fördervereins Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen e.V."    
bulletÜbersicht über die in den "Central Archives for the History of the Jewish People" (CAHJP) in Jerusalem vorhandenen Archivalien der jüdischen Gemeinde Ludwigsburg: pdf-Datei hier anklicken  
bulletZur Seite über die jüdischen Friedhöfe in Ludwigsburg: hier anklicken (alter Friedhof) und hier anklicken (neuer Friedhof) 

Quellen:  

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Ludwigsburg 
In der Website des Landesarchivs Baden-Württemberg (Hauptstaatsarchiv Stuttgart) sind die Personenstandsregister jüdischer Gemeinden in Württemberg, Baden und Hohenzollern einsehbar: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=5632     
Zu Ludwigsburg sind vorhanden:    
J 386 Bü. 361 Ludwigsburg  Familienbuch 1805 - 1867  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445969   
J 386 Bü. 362 Ludwigsburg  Geburten 1898 - 1938  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445970 (nicht online einzusehen)   
J 386 Bü. 363 Ludwigsburg  Sterbefälle 1870 - 1901  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445971   
J 386 Bü. 364 Ludwigsburg  Sterbefälle 1897 - 1939  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445972  
J 368 Bü. 628 Ludwigsburg  Familienbuch 1820 - 1860 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-684274 (nicht online einzusehen)             
 
Hinweis auf die Dokumentation der jüdischen Grabsteine in Baden-Württemberg des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg   
Im Bestand  https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=24368  auf der linken Seite bei "Ludwigsburg" über das "+" zu den einzelnen Grabsteinen; es sind 98 (alter Friedhof) bzw. 86 (neuer Friedhof) Grabsteine dokumentiert (mit Fotos).     
Im Bestand EL 228 b I Bü. 4 finden sich zum Alten Friedhof Ludwigsburg Belegungspläne, Belegungslisten und eine Dokumentation Grabstein 1 bis 98  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1878025   
Ebd. Bü. 1 finden sich zum Neuen Friedhof Ludwigsburg Belegungspläne, Belegungslisten, Dokumentation Grabstein 1 bis 86  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1873704       

Literatur:  

bulletPaul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. 1966. S. 121ff. 
bulletBeate Maria Schüßler: Das Schicksal der jüdischen Bürger von Ludwigsburg während der Zeit der nationalsozialistischen Verfolgung. Ludwigsburger Geschichtsblätter 30 (1978). 
bulletWerner Heinrichs (Hg.): Geschichte der jüdischen Gemeinde Ludwigsburg. 1989.  
bulletludwigsburg.jpg (25665 Byte)Joachim Hahn: Jüdisches Leben in Ludwigsburg. Geschichte, Quellen und Dokumentation. Hg. von der Stadt Ludwigsburg - Stadtarchiv - und vom Historischen Verein für Stadt und Kreis Ludwigsburg e.V.  Karlsruhe 1998 (Lit.). 
Das Buch ist in Restbeständen beim Stadtarchiv Ludwigsburg zu erhalten. Bestellmöglichkeit auch per online möglich.  
bulletAlbert Sting: Spuren jüdischen Lebens. Ein Rundgang durch Ludwigsburg. Haigerloch 2001.  
bulletRuth "Sara" Lax - 5 Jahre alt - deportiert nach Riga. Deportation und Vernichtung badischer und württembergischer Juden. Katalog zur Wanderausstellung. Wanderausstellung des Bundesarchiv - Außenstelle Ludwigsburg, des Staatsarchiv Ludwigsburg und des Stadtarchivs Ludwigsburg. Ludwigsburg 2002. (hierin auch die Fotos von Brand und Zerstörung 1938 s.o.).   
bulletStolpersteine in Ludwigsburg: Zu Besuch bei verfolgten Nachbarn - Geschichten von Menschen aus Ludwigsburg, die Opfer der Nazi-Verfolgung wurden.   
108 S. Erschienen im Info & Idee MedienVerlag Ludwigsburg 2010. 9 €. Bestellmöglichkeit über Mail an Verlag.   

       
         


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.   

Ludwigsburg  Wuerttemberg. The first Jews to settle in 1725 were Court Jews providing supplies to the local garnison and luxury items to the local account. The small community was attached to neighboring Aldingen until the mid-19th century. It began to grow after emancipation in 1864, reaching a peak of 243 in 1900 (about 1 % of the total). A synagogue was dedicated in 1884. The master-weaver Benedikt Elsas helped set up one of Wuerttemberg's first textile factories, which employed 70-80 workers in the 1880s and remained in the family until the Nazi era. There were 187 Jews in Ludwigsburg in 1933, with 57 subsequently joining the community. All were subject to increasing social and economic isolation. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was burned and Jews were soon forced to close or sell their businesses. Until 1941, at least 146 managed to leave Germany, half for the United States; 62 were deported to the camps, of whom four survived. In 1958, the Ludwigsburger Zentralstelle was established as the central office in Germany for the investigation of Nazi crimes.  
      
       

                   
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Stand: 30. Juni 2020