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Zu den Synagogen im
Kreis "Südliche Weinstraße" und Stadtkreis Landau
Venningen (VG
Edenkoben, Kreis
Südliche Weinstraße)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Venningen bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/40. Ihre Entstehung
geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. 1707 wurde
durch die hochfürstliche Regierung zu Speyer ein Jude am Ort angenommen. Ende
des 18. Jahrhunderts wird gleichfalls eine jüdische Familie am Ort genannt.
Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts gehörten die in Venningen lebenden
jüdischen Personen zur jüdischen Gemeinde Kirrweiler,
zeitweise zur Gemeinde in Altdorf, erst
in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde eine eigene Gemeinde in
Venningen gegründet.
Von besonderer Bedeutung war am Ort die Familie Teutsch, zu deren Geschichte
folgende Informationen vorliegen: Nicholas H. Sommers (Chicago, Information
vom 23.7.2012) schreibt: "Meine Vorfahren haben sich um 1650 in Mussbach
angesiedelt. Sie kamen aus Nikolsburg (Mikulov, Südmähren, heute Tschechische
Republik): Abraham Teutsch (Avroham bar Gerschon) war der Sohn des Landesrabbiners von
Mähren, Gerschon Aschkenazi. Sein Sohn Isak Teutsch und dessen Sohn Jakob Isak wohnten in Mussbach. Jakob Teutsch ist
um 1770 nach Venningen gezogen, nachdem seine erste Frau und drei von den
fünf Kinder gestorben sind.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1808 10 jüdische Einwohner (1,2 % der Gesamteinwohnerschaft), 1820
vier jüdische Haushaltungen, 1825 26 jüdische Einwohner (2,5 %), 1850 55 (in
zwölf Familien), 1875 78 (8,5 % von insgesamt 914 Einwohnern), 1887 71 jüdische
Einwohner, 1890 17 jüdische
Haushaltungen, 1892 75 (in 13 Familien), 1897 76 (in 14 Familien), 1900 59 jüdische Einwohner. Die jüdischen Familien lebten vor
allem vom Vieh- und Warenhandel, ein Teil war alsbald jedoch auch in der
Landwirtschaft tätig.
1809/10 waren die jüdischen Haushaltsvorstände am Ort: Aron Teutsch
(Metzger), Jacob Teutsch (Viehhändler) und Joseph Teutsch (Viehhändler).
Zunächst wurde der Familienname der jüdischen Familien "Deutsch"
geschrieben; ab wann daraus ein "Teutsch" wurde, ist nicht
bekannt.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine jüdische Schule (zeitweise israelitische Volksschule), ein rituelles Bad und
einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Als Lehrer werden genannt: Um 1874
Lehrer Strauß, 1887 Lehrer Samter, um 1892 J. Kayem (hatte 1892 12 Kinder zu
unterrichten), um 1896 Lehrer J. Haymann (hatte 1896 12 Kinder zu unterrichten,
1897 9 Kinder; vermutlich Jacob Haymann, ab 1898 in
Albersweiler tätig), 1906 Siegmund Löb (danach in
Obermoschel, siehe Bericht zu seinem Tod unten). Letzter
Lehrer der jüdischen Gemeinde war Siegfried Langstädter, der 1915 mit dem
Eisernen Kreuz ausgezeichnet worden war (siehe Bericht unten). Er hatte von
Venningen aus noch Ende 1936 den Unterricht in der jüdischen
"Sonderklasse" in Ludwigshafen zu übernehmen. Die Gemeinde gehörte zum
Bezirksrabbinat in Landau.
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1887 Aron Teutsch, um 1892 Aron
Teutsch und Jakob Teutsch.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Paul Löb (geb.
30.1.1895 in Venningen, gef. 26.4.1915) und Unteroffizier Maximilian Oskar
Teutsch (geb. 3.12.1890 in Venningen, gef. 2.6.1917).
Um 1924, als zur
Gemeinde noch 36 Personen gehörten (3,3 % von insgesamt etwa 1.100 Einwohnern,
waren die Gemeindevorsteher Jakob Teutsch, Heinrich Teutsch, Hermann Teutsch und
Ferdinand Teutsch. 1932 waren die Gemeindevorsteher weiterhin Jakob
Teutsch (1. Vors.), Heinrich Teutsch (2. Vors.) und Ferdinand Teutsch (3.
Vors.). Im Schuljahr 1931/32 gab es noch ein jüdisches Kind in der Gemeinde,
das Religionsunterricht erhielt.
Seit 1894 beziehungsweise 1916 gehörten auch die in den benachbarten Orten Altdorf (seit 1894 nach
Auflösung der dortigen jüdischen Gemeinde) und Kirrweiler
(seit 1916 nach Auflösung der dortigen jüdischen Gemeinde) lebenden jüdischen
Personen zur Gemeinde in Venningen. 1932 waren dies noch vier beziehungsweise
zehn Personen.
Anmerkung: bereits nach dem "Statistischen Jahrbuch des
Deutsch-Israelitischen Gemeindebundes" von 1887 werden die jüdischen Einwohner
aus Altdorf, Kirrweiler und Maikammer als "zu Venningen gehörig" genannt.
Nach 1933 ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder (1933: 29 Personen) auf Grund der Folgen des
wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1936 wurden jedoch noch
38, 1937 34 und 1938 27 jüdische Einwohner gezählt. Bis zum seinem Tod im März
1938 war der Viehhändler und Landwirt Heinrich Teutsch Synagogenrat
(stellvertretender Gemeindevorsteher). Im August 1938 verließ
Lehrer Langstädter die Gemeinde, die sich im Laufe des Jahres 1938 in der
Auflösung befand (siehe Bericht unten). Nach den Ereignissen beim
Novemberpogrom 1938 verließen die meisten der jüdischen Einwohner vollends den
Ort. Die letzten beiden jüdischen Einwohner (ein Ehepaar) wurden im Oktober 1940 nach Gurs
deportiert.
Von den in Venningen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Thekla Eisemann geb.
Teutsch (1902), Norma Heymann geb. Teutsch (1909), Emilie Kahn geb. Teutsch
(1905, "Stolperstein" in Wiesbaden-Schierstein s.u.), Thekla Katz geb. Teutsch (1881), Albertine Keusch geb. Löb (1883),
Flora Langstädter geb. Teutsch (1890), Heinz Justinus Isidor Langstädter
(1921), Siegfried Langstädter (1887), Elsa Levy geb. Teutsch (1888), Ernst Löb
(1891), Anna (Johanna) Löwenstein geb. Teutsch (1901, "Stolperstein" in
Bocholt s.u.), Emma Marx geb. Teutsch
(1886), Irma Nachmann geb. Teutsch (1889), Anna Simon (1878), Albert Teutsch
(1883), Arthur Teutsch (1875), Betti Teutsch (1928), Elisabeth (Babette) Teutsch
geb. Teutsch (1898), Friedrich Wilhelm Teutsch (1882), Hermann Teutsch (1891),
Hilde Teutsch geb. Rauh (1875), Isaak Teutsch (1857), Ludwig Teutsch (1857), Ludwig
Teutsch (1879), Maria Alwine Teutsch (1889), Martha Teutsch (1893),
Mathilde Teutsch geb. Triefus (1864), Pauline Teutsch geb. Teutsch (1880),
Theodor Teutsch (1867), Willy Teutsch (1890).
Exemplarisches Gedenken:
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1892 /
1898
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. September 1892: "Schuldienst-Erledigung.
Die israelitische Verweserstelle zu Venningen bei Edenkoben (Pfalz) ist
erledigt und wird andurch mit einem dreiwöchentlichen Meldetermin zur
Bewerbung ausgeschrieben.
Mit dieser Stelle ist zugleich der Schächter- und Vorbeterdienst
verbunden und verteilen sich die Gehaltsbezüge wie folgt: 1) Bar aus der
israelitischen Kultuskasse 685,71 Mark, 2) Anschlag eines Gärtchens bei
dem Schulhause 2.06, 3) Anschlag der Wohnung 20,60, 4) Anschlag der
Kasualien 171,43. Zusammen 879,80 Mark.
Bemerkt wird noch, dass, falls die Israelitische Kultusgemeinde Altdorf
der hiesigen Gemeinde zugeteilt werden sollte, vorstehende Gehaltsbezüge
dadurch nicht erhöht werden. Der Verweser muss das Seminar besucht haben,
damit er von der Regierung angestellt werden kann.
Venningen, den 14. September 1892. Der israelitische Kultusvorstand. Aron
Teutsch." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. August 1898:
""Schuldienst-Erledigung.
Die israelitische Verweserstelle zu Venningen, Bezirksamt
Landau, bayerische Pfalz, ist
erledigt und wird andurch mit einem Meldetermin von 14 Tagen zur
Bewerbung ausgeschrieben.
Mit dieser Stelle ist zugleich der Schächter- und Vorbeterdienst
verbunden und verteilen sich die Gehaltsbezüge wie folgt: 1) Bar aus der
israelitischen Kultuskasse 685,71 Mark, 2) Anschlag eines Gärtchens bei
dem Schulhause 2.06, 3) Anschlag der Wohnung 20,60, 4) Anschlag der
Kasualien 171,43. Zusammen 879,80 Mark.
Die Beheizung und Reinigung des Schulsaales besorgt die israelitische
Kultusgemeinde.
Venningen, 24. August 1898. Der israelitische Kultusvorstand. Aron
Teutsch." |
Zum Tod des Lehrers Siegmund Löb im
Ersten Weltkrieg (1918)
Anmerkungen: weitere Dokumente zu Siegmund Löb in der
Seite zu Obermoschel.
Artikel in "Israelitisches Familienblatt" vom 13. Juni 1918: "Siegmund Löb.
Am 4. Mai fand bei den schweren Kämpfen im Westen der Lehrer Siegmund Löb
aus Obermoschel den Heldentod. Löb wurde 1883 als der Sohn des
derzeitigen Kultusvorstandes Josef Löb in
Steinbach am Glan geboren. Er
besuchte die israelitische Volksschule seines Geburtsortes. Seine berufliche
Ausbildung erhielt er in der königlichen Lehrerbildungsanstalt
Kaiserslautern und fand nach Absolvierung derselben Anstellung in
Leimersheim, Venningen und
Obermoschel. In letzterem Orte wurde ihm 1914 bis
zu seiner Einberufung im Jahre 1916 die Führung der protestantischen Schule
übertragen. Im ersten Kriegsjahre verheiratete er sich, und Gattin und ein
Töchterchen betrauern schmerzlich den Verlust des teuren Gatten und Vaters.
Die Gemeinde verliert in ihm einen gewissenhaften, pflichttreuen Beamten,
der sich durch sein biederes, von echter Religiosität getragenes,
vorbildliches Verhalten die Wertschätzung all derer erwarb, die mit ihm in
Verkehr standen. Wir Lehrer beklagen den Verlust eines wackeren Kollegen,
dessen heiteres, offenes Wesen ihn jedermann lieb und wert machte. Sein
charaktervolles Interesse, sein pflichttreues Schaffen und sein stets
bewährtes Interesse an allen Standesfragen sichern dem jungen Helden ein
dauerndes Andenken in unseren Reihen." |
Die Schulstelle in Venningen ist
von der Auflösung bedroht (1907)
Artikel in
"Israelitisches Familienblatt" vom 13. Juni 1907: "Bericht über die
9. Jahresversammlung der Freien
Vereinigung israelitischer Lehrer und Kantoren der Pfalz. Die diesjährige
Versammlung, welche am 9. Mai in Landau stattfand, war sehr gut besucht. Von
42 Mitgliedern waren 31 anwesend. Diese erfreuliche, rege Anteilnahme darf
wohl zurückgeführt werden auf die reichhaltige Tagesordnung, welche diesmal
lediglich pfälzische Schul- und Anstellungsverhältnisse, sowie Verbandsangelegenheiten zur Beratung stellte...
Zu Punkt 2A der Tagesordnung:
'Über pfälzische Schul- und Anstellungsverhältnisse', hatte an Stelle des
erkrankten Kollegen Nakler - Kaiserslautern der stets hilfsbereite Kollege
Rosenwald - Steinbach das Referat übernommen. Referent ist der Meinung, dass
für die Erhaltung von Stellen nicht in dem Maße gearbeitet wurde, wie man
hätte erwarten sollen. Die Stelle in Niederkirchen ist aufgelöst worden,
jene in Haßloch und Venningen müssen erhalten werden. Die Gemeinde in
Venningen beabsichtigt nämlich die Auflösung der Schulstelle, wenn deren
Inhaber zum Militär einberufen wird. Betreffs des Falles 'Kaiserslautern'
verwies Referent auf seine Ausführungen im Verbandsorgan. Das Ministerium
muss unbedingt von der Notlage der jüdischen Lehrer der Pfalz Kenntnis
bekommen. Die Fachpresse muss diese Angelegenheit zur Erörterung bringen und
der Bayerische Lehrerverein muss hierzu Stellung nehmen..." |
Über Lehrer Siegfried Langstädter (1887-1942) und
seine Familie
Anmerkung: es konnte noch keine umfassende Biographie erstellt, sondern nur Angaben aus unterschiedlichen Quellen zusammengetragen
werden.
Über mehrere Jahrzehnte war die prägende
Gestalt im jüdischen Gemeindeleben in Venningen Lehrer Siegfried
Langstädter. Dieser ist am 21. März 1887 in Memmelsdorf
als Sohn von Isidor Langstädter geboren. Er erhielt seine Ausbildung am Israelitischen
Lehrerseminar in Würzburg und war bereits vor 1914 als Lehrer in
Venningen angestellt. Er heiratete in Venningen Flora geb. Teutsch (geb.
13. November 1890 in Venningen). Die beiden hatten ein Kind: Heinz
Justinus Isidor Langstädter (geb. 18. August 1921 in Obermoschel).
Am Ersten Weltkrieg nahm Siegfried Langstädter teil und wurde bereits
1915 mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet (siehe Bericht unten).
Langstädter blieb als Lehrer in Venningen bis nach 1933. Wieso Sohn Heinz
Justinus Isidor 1921 in Obermoschel geboren ist, ist noch unklar (war
Langstädter dort auch als Lehrer tätig, eventuell zeitweise dort
wohnhaft?). 1936 übernahm Siegfried Langstädter von Venningen aus auch
den Unterricht in der "jüdischen Sonderklasse" in Ludwigshafen
(siehe Bericht unten). Im August 1938 verzog er mit seiner Familie von
Venningen nach Ludwigshafen. Beim Novemberpogrom 1938 wurde er in
Ludwigshafen verhaftet und vom
12. November bis 17. Dezember 1938 im KZ Dachau festgehalten.
Am 22. Oktober 1940 wurde Siegfried Langstädter mit Frau und Sohn in das
KZ Gurs in Südfrankreich deportiert. Die weiteren Stationen nach dem
Gedenkbuch des Bundesarchives der Familie sind: 10. März 1941
Internierungslager Rivesaltes, 28. Dezember 1941 Sammellager Marseille.
Siegfried Langstädter starb am 15. Oktober 1942 in Marseilles. Sein Sohn
wurde am 7. September 1942 nach Auschwitz deportiert, Flora Langstädter
wurde am 16. September 1942 nach Auschwitz deportiert. Beide wurden
ermordet (für tot erklärt). |
Auszeichnung von Lehrer Siegfried
Langstädter mit dem Eisernern Kreuz (1915)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Juli 1915: "Würzburg,
9. Juli (1915). Der Armierungssoldat Siegfried Langstädter, Sohn des
Isidor Langstädter in Memmelsdorf,
Lehrer an der Israelitischen Volksschule Venningen (Pfalz),
früherer Schüler der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt
Würzburg,
wurde mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet, 'weil er seinen Kameraden
durch Fleiß und Unerschrockenheit ein leuchtendes Vorbild ward.' Er
befindet sich zur Zeit als Verwundeter im Israelitischen
Verwundetenlazarett zu Würzburg." |
|
Mitteilung in "Israelitisches Familienblatt" vom 22. Juli 1915: "Mitteilungen.
Würzburg. Der Armierungssoldat Siegfried Langstädter, Sohn des
Herrn Isidor Langstädter in Memmelsdorf,
Lehrer an der israelitischen Volksschule zu Venningen (Pfalz),
früherer Schüler des Israelitischen
Lehrerbildungsanstalt Würzburg, zur Zeit als Verwundeter im
Vereinslazarett Israelitisches Krankenhaus Würzburg, wurde mit dem Eisernen
Kreuz ausgezeichnet, weil er seinen Kameraden 'durch Fleiß und
Unerschrockenheit ein leuchtendes Vorbild' war. " |
Lehrer Siegfried Langstädter übernimmt die jüdische "Sonderklasse"
in Ludwigshafen (1936)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
Dezember 1936: "Sonderklassen. Im Nachtrage zu unseren
Mitteilungen vom 15. vorigen Monats berichten wir, dass die Sonderklasse
in Kaiserslautern nunmehr dem
Kollegen Bernstein in Zweibrücken
übertragen worden ist, während die zweite Stelle in Ludwigshafen
vom Kollegen Langstädter in Venningen übernommen
wurde." |
Hauptlehrer Siegfried Langstädter ist nach Ludwigshafen verzogen - die jüdische
Gemeinde ist im Auflösen begriffen
(1938)
Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet
der Rheinpfalz" vom 1. Oktober
1938: "Aus Venningen. Im August verzog Herr Hauptlehrer S.
Langstädter mit seiner Familie nach Ludwigshafen,
wo er seit zwei Jahren an der jüdischen Sonderklasse als Lehrer tätig
ist. In dem vollauf berechtigten Bewusstsein, dass mit seiner Person der
Bestand der israelitischen Gemeinde Venningen gewährleistet ist, scheute
er keine Mühe und keine Anstrengung, um jeden Tag aus einem Ort, der
nicht einmal an der Bahnlinie liegt, eine einstündige Bahnfahrt
zurückzulegen. Durch die Zeitverhältnisse ist auch über die Gemeinde
Venningen der Niedergang gekommen. Viele Familien werden auswandern.
Dasjenige, was Herr Lehrer Langstädter zusammenzuhalten suchte, bricht
die Zeit auseinander. Aus diesem Grunde hat Herr Lehrer Langstädter seine
mit ihm so sehr verbundene Gemeinde verlassen. Doch wird sein Konnex mit
den Gemeindemitgliedern nie gelöst werden, wie auch die israelitische
Kultusgemeinde mit ihm in steter Dankbarkeit verknüpft bleiben
wird." |
Berichte aus der jüdischen Gemeinde
Überfall durch Nationalsozialisten
auf das Haus von Jakob Teutsch (1932)
Artikel in "Israelitisches Familienblatt" vom 18. August 1932:
"Überfälle. Venningen, 14. August. Hier drangen gestern Nazis in das Haus
des 85-jährigen jüdischen Mitbürgers Jakob Deutsch an. Einige Nachbarn zahlen
dies und eilten Teutsch zu Hilfe. Die Nazis schlugen mit Drahtspiralen und
Gummiknüppeln um sich, und hieben im Hof des Teutsch alles kurz und klein.
Als die Gendarmerie von Altdorf, welche inzwischen angekommen war, ersucht
wurde, die Hooligans nach Waffen zu untersuchen, lehnte sie dies ab; es sei
'nicht nötig'." |
Antisemitischer Vorfall gegenüber
einem Viehhändler in Venningen (1910)
Artikel in "Israelitisches Familienblatt" vom 22. Dezember 1910: "Neustadt
an der Haardt (Protest gegen einen antisemitischen Bezirkstierarzt). In
der hier abgehaltenen Generalversammlung des Vereins der Vieh- und
Schweinehändler für die Pfalz wurde beschlossen, dass die Verbandsmitglieder
die Landauer Viehmärkte bis auf weiteres nicht mehr besuchen. Diesem
Beschluss liegt ein Vorfall in Venningen bei Landau zu Grunde, wo der
Bezirkstierarzt Feil aus Landau bei Gelegenheit einer amtlichen Untersuchung
gegenüber Familienmitgliedern eines jüdischen Viehhändlers den Ausspruch
tat: 'Wann ich norre keene Ungetaafte (= Ungetaufte) mehr ins Haus breischt.'.
Diese und andere Äußerungen veranlassten den betreffenden Händler, in der
Versammlung über den Fall eingehend referieren zu lassen, wobei Stürme des
Protestes entfesselt wurden. Es wurde eine Resolution angenommen, in der der
königlichen Regierung zu Speyer der Fall beschwerdeführend vorgetragen wird.
Es wurde zum Ausdruck gebracht, dass es die pfälzischen Viehhändler unter
ihrer Würde halten, mit einem Beamten in Berührung zu kommen, der bei
Verrichtung seines Dienstes eine Religion angriff." |
Kurze Gemeindebeschreibung 1930
Aus einem Artikel in "Israelitisches Familienblatt" vom 31. Juli 1930: "Heute
zählt Kirrweiler immer noch einige
Juden, die zur 3/4 Stunde südwärts gelegenen Gemeinde
Venningen gehören. Venningen hat noch circa 30 jüdische
Seelen, Synagoge und Sammelfriedhof, die beide auch von den Juden im 3/4
Stunde östlich von Venningen gelegenen
Altdorf benutzt werden. Hier
wohnen schon im 16. Jahrhundert mehrere jüdische Familien. Samuel und
Salomon aus Altdorf erkannten um jene Zeit an, dass sie verbotenen Wucher
getrieben haben, durch die Gnade des Pfalzgrafen aus dem Gefängnis entlassen
wurden und, sobald eine Ihnen gesetzte Bedenkzeit verstrichen sei, sich
entschließen werden, sich in Heidelberg taufen zu lassen und eine erlaubte
Hantierung zu beginnen. Andernfalls aber wolle sie Urfehde schwören. - Von
Kirrweiler eine halbe Stunde westlich liegt der Bahnhof, 10 Minuten davon
sehr hübsch, von Weinbergen umgeben, das staatliche Kirchdorf
Maikammer...." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Otto Teutsch lässt sich zum
Rabbiner ausbilden (1910 / 1916)
Aus einem Artikel in
"Bericht des Jüdisch-Theologischen Seminars Fränckelscher Stiftung" von 1910
S. 4 "Das Seminar zählt gegenwärtig 23 Hörer. Neu
eingetreten sind: Dagobert Nellhaus und Moritz Freier von hier (sc.
Breslau), Julius
Crailsheimer aus Friesenheim und Otto Teutsch aus Venningen."
Anmerkung: gemeint ist das jüdisch-theologische Rabbinerseminar in Breslau
https://de.wikipedia.org/wiki/Jüdisch-Theologisches_Seminar_in_Breslau
|
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Artikel in "Der
Gemeindebote" vom 7. April 1916: "Zweibrücken, 31. März. Nachdem vor fünf Jahren der Sitz
des israelischen Bezirksrabbinats von hier nach
Pirmasens verlegt werden
musste, fand am Samstag zum ersten Mal wieder ein Predigtgottesdienst in
der Synagoge statt, der in erster Linie für die zahlreich hier eingerückten israelitischen Soldaten bestimmt war. Die Predigt hielt selbst
ein Feldgrauer, Rabbinatskandidat Teutsch aus Venningen bei Landau, der
in längeren Ausführungen seine erschienenen Kameraden an ihre sittlichen
Pflichten gegen Gott und Vaterland erinnerte und mit einem ausdrucksvollen
Gebet um ein siegreiches Ende des Weltkrieges für Deutschland und seine
Verbündeten schloss. Kantor Bachenheimer (Zweibrücken) versah die Liturgie
des Militärgottesdienstes. " |
Goldene Hochzeit von Jakob und Johanna Teutsch (1928)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Mai 1928:
"Venningen, 1. Mai. Am 8. Mai feiert das Ehepaar Jakob und Johanna
Teutsch im Kreise seiner 6 Kinder und 19 Enkelkinder das Fest der goldenen
Hochzeit in geistiger und körperlicher Rüstigkeit. Die Jubilare erfreuen
sich allenthalben der größten Beliebtheit. Herr Teutsch, der jahrelang
Vorstand der Gemeinde war, ist heute noch die Seele der Gemeinde. - Möge
dem Jubelpaare noch ein langer und gesunder Lebensabend beschieden
sein!" |
|
Derselbe
Bericht - nur im Rückblick formuliert - in der "Bayerischen
Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Juni 1928. |
80. Geburtstag von Ferdinand
Teutsch (1937)
Mitteilung in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der Rheinpfalz" vom 1.
September 1937: "Aus Venningen. Am 28. Oktober wurde Herr Ferdinand Teutsch
80 Jahre alt. Wir wünschen dem Jubilar noch viele Jahre der Gesundheit und
Frische: (Alles Gute) bis 120 Jahre." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Verlobungs- und Hochzeitsanzeige
von Anna geb. Teutsch (Venningen) und Julius Löwenstein (Bocholt, 1933 / 1934)
Anzeige in "Israelitisches Familieblatt" vom 9. November 1933:
"Anna Teutsch -
Julius Löwenstein
Verlobte
Venningen (Pfalz) - Bocholt in Westfalen.
Zur
Zeit Krefeld, Hohenzollernstraße 43 11. November 1933" |
|
Anzeige in "Israelitisches Familienblatt" vom 9. Mai 1934:
"Julius
Löwenstein - Anna Löwenstein geb. Teutsch
Vermählte
Bocholt in Westfalen - Venningen (Pfalz)
Trauung: 15. Mai 1934, August-Lamey-Loge. Mannheim." |
Anmerkung:
Anna geb. Teutsch ist am 21. November 1901 in Venningen als Tochter des
Viehhändlers und Landwirts Heinrich Teutsch und der Mathilde geb. Triefus
geboren. Sie und ihr Mann Julius Löwenstein (geb. 1894) wurden zusammen mit
ihren Kindern Arnold (geb. 1935) und Franz (geb. 1938) von Bocholt 1943
deportiert und in Sobibor ermordet. Für sie wurden in Bocholt am 28. Januar
2008 im Hemdener Weg 11 "Stolpersteine" verlegt (links der "Stolpersteine"
für Anna geb. Teutsch; Quelle: wikipedia commons . Ausführlich Josef
Niebur: Buch der Erinnerung. Juden in Bocholt 1937-1945. S. 271-273.
Das Buch ist über die
Website der Stadt Bocholt online zugänglich. |
Hochzeitsanzeige für Otto Kahn und
Emmi geb. Teutsch (1936)
Zur Geschichte der Synagoge
Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurden noch die
Gottesdienste in den Nachbarorten Kirrweiler
beziehungsweise Altdorf besucht. 1815
gab es in Venningen zumindest eine Betstube. Ob sie bereits - wie 10 Jahre
später 1825 - im Haus des Jakob Teutsch I. war (damaliges Haus Nr. 133), ist
nicht bekannt.
Seit 1842 plante die jüdische Gemeinde den Bau einer Synagoge.
Ein eigenständiges Gebäude konnte freilich nicht erbaut werden. 1847
erwarb die Gemeinde für 1.400 Gulden das Haus des Georg Keiler in der
Schafsgasse. In dem Gebäude war bis dahin ein Gasthaus eingerichtet. Die
jüdische Gemeinde baute es zu einem Gemeindezentrum um. Im Erdgeschoss wurde
die Lehrerwohnung eingerichtet, im Obergeschoss, dem ehemaligen Tanzsaal, wurden
der Betsaal und ein Unterrichtsraum eingebaut. Es gab keine Frauenempore im
Betsaal - der Frauenbereich war durch einen Vorhang getrennt. Ein rituelles Bad
wurde im Hinterhaus oder im Hof errichtet.
1868 musste das Gebäude gründlich renoviert werden. Dabei wurde u.a.
die Decke des ehemaligen Tanzsaales durch eine gewölbte Decke, einen
"künstlerisch ausgestalteten Himmel" ersetzt. In der Synagoge hatte
es 70 Plätze für Männer, 50 für Frauen. Zur Ausstattung gehörten nach den
Restitutionsakten 1950 u.a. zwei Kronleuchter, der Toraschrein mit fünf
Torarollen, 20 Toramäntel, 30 Tora-Wimpel, vier Tora-Vorhänge, eine Ewige
Lampe, ein Chanukka-Leuchter, ein Trauhimmel, zwei Schofar u.a.m.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge verwüstet und geschändet.
Auf Grund der engen Bebauung wurde sie nicht angezündet. 1942 bis 1945 wurden
im Gebäude Kriegsgefangene untergebracht.
Nach 1945 wurde das als Wohnung vermietet. Im Zusammenhang mit dem
Restitutionsverfahren erfolgte eine Rückübertragung an die Jüdische
Kultusgemeinde der Rheinpfalz, von der das Anwesen am 5. Januar 1952 für
3.000 DM an einen Schneidermeister verkauft wurde. Seitdem wird das ganze
Gebäude als Wohnhaus verwendet. Bei einem Umbau vor 1988 wurde die Decke des
Betsaals entfernt. An die Zeit als Synagoge erinnert vor allem noch die Portalinschrift
(5. Mose 28,6: "Gesegnet bist du bei deiner Ankunft und gesegnet bist du
bei deinem Weggehen"), die 1990 bei Eingang angebrachte Gedenktafel
(Text: "In diesem Gebäude befand sich von 1847-1940 die jüdische
Synagoge Gemeinde Venningen 1990") und die drei Rundfenster am
Giebel.
Das Gebäude der früheren Mikwe wurde Anfang der 1950er-Jahre beseitigt.
Ein sieben Meter tiefer, mit Sandstein ausgemauerter Brunnen, der die Mikwe
speiste, ist noch erhalten.
Adresse/Standort der Synagoge:
Schafstraße 15 (früher Schafsgasse Gebäude Nr. 36)
Fotos
(Fotos: Michael Ohmsen, vgl. Seite
zu Venningen in der Fotoseite
von M. Ohmsen)
Das ehemalige
Synagogengebäude
im Sommer 2012 |
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Das Gebäude der ehemaligen
Synagoge im September 2012 |
Die Portalinschrift mit Zitat
aus
5. Mose 28,6 (siehe oben) |
Die Gedenktafel
von 1990 |
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Erinnerungen an die
Deportationen
(Fotos: Bernhard Kukatzki,
Aufnahmen von 2013) |
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Grabstein für
Thekla Katz geb. Teutsch (1881-1940) in Gurs; Thekla Katz wurde am
20./22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert, wo sie am 14. Dezember 1940
umgekommen ist. |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Albert Teutsch: Geschichte der Juden der Gemeinde
Venningen. Familie Teutsch von 1590-1936. Karlsruhe 1936. |
| Alfred Hans Kuby (Hrsg.): Pfälzisches Judentum
gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte des 19. und 20.
Jahrhunderts. 1992. |
| Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter
besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. Hg. von der
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau. 2005.
S. 155.201 (mit weiteren Literaturangaben). |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 374-375 (mit weiteren Literaturangaben).
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Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Venningen Palatinate.
Twelve families (55 Jews) were present in the mid-19th century, half of them
farming, the other half in trade. A synagogue was consecrated in 1849 and a cemetery
in 1887. In 1875, the Jewish population was 78 (total 914), dropping to 53 in
1900 and 29 in 1932. Most Jews left after Kristallnacht (9-10 November 1938),
about half emigrating and the ofther half moving to other places in Germany. The
last two Jews were deported to the Gurs concentration camp in October
1940.
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